Deutscher Drucksache 15/473

15. Wahlperiode 19. 02. 2003

Gesetzentwurf der Abgeordneten Jörg van Essen, , Rainer Brüderle, , , Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. , Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Dr. , Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, , Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, , Gisela Piltz, Dr. , Dr. , Jürgen Türk, Dr. und der Fraktion der FDP

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“

A. Problem Homosexuelle waren im Nationalsozialismus schweren Verfolgungen ausge- setzt. Bei den Verfolgungsmaßnahmen handelte sich um typisches nationalsozialisti- sches Unrecht. Zur nationalsozialistischen Homosexuellen-Verfolgung zählte auch die Zerschlagung der schwulen und lesbischen Infrastruktur, für die es bislang keinen Ausgleich gab.

B. Lösung Der Entwurf schlägt die Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ vor und greift damit eine Initiative aus der 14. Wahlperiode auf. Dadurch soll im Sinne eines kollektiven Ausgleichs das von den Nationalsozia- listen an den Homosexuellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle Bürger- und Menschenrechtsarbeit gefördert werden. Der Entwurf sieht vor, die „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ als bundesunmittelbare rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin zu errichten. Die Stiftung soll nach dem Berliner Arzt und Sexualwissenschaftler Dr. Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935) benannt werden, der neben seiner wissenschaft- lichen Tätigkeit auch als Streiter für die Rechte der Homosexuellen hervorgetre- ten ist. Zweck der Stiftung soll es sein, homosexuelles Leben im Gebiet der Bundes- republik Deutschland wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen, die na- tionalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, durch Öffentlichkeitsarbeit einer gesellschaftlichen Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen in Deutschland entgegenzuwirken, Bürgerrechtsarbeit zu fördern, Menschenrechtsarbeit im Ausland zu unterstützen sowie das Gedenken an Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen. Drucksache 15/473 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

C. Alternativen Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte Durch das Gesetz wird der Bundeshaushalt in den Jahren 2004 bis 2007 mit je- weils 3,75 Mio. Euro belastet.

E. Sonstige Kosten Keine. Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf die Einzelpreise und auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/473

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: 3. der Fachverband Homosexualität und Geschichte e. V. ein Mitglied, § 1 4. die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e. V. ein Mitglied, Errichtung und Sitz 5. der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (1) Unter dem Namen „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ e. V. ein Mitglied, wird eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts er- richtet. Die Stiftung entsteht mit dem Inkrafttreten dieses 6. die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Gesetzes. Kirche e. V. ein Mitglied, 7. der Lesbenring e. V. ein Mitglied, (2) Der Sitz der Stiftung ist Berlin. 8. der Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehöri- § 2 gen von Homosexuellen e. V. ein Mitglied, Stiftungszweck 9. die International Gay and Lesbian Association (ILGA) Zweck der Stiftung ist es, homosexuelles Leben im Europe ein Mitglied, Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wissenschaftlich zu 10. Deutsche Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Se- erforschen und darzustellen, die nationalsozialistische Ver- xualforschung ein Mitglied, folgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, durch 11. Jugendnetzwerk Lambda ein Mitglied. Öffentlichkeitsarbeit einer gesellschaftlichen Diskriminie- rung homosexueller Männer und Frauen in Deutschland ent- (2) Die entsendenden Stellen können die von ihnen ent- gegenzuwirken, Bürgerrechtsarbeit zu fördern, Menschen- sandten Mitglieder abberufen und durch neue Mitglieder er- rechtsarbeit im Ausland zu unterstützen sowie das Geden- setzen. ken an Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen. (3) Für jedes Mitglied kann von der entsendenden Stelle in gleicher Weise ein Stellvertreter beziehungsweise eine § 3 Stellvertreterin berufen werden. Teilnahmeberechtigt an den Stiftungsvermögen Kuratoriumssitzungen ist jeweils nur der Kurator oder sein (1) Die Stiftung wird einmalig mit einem Stiftungsver- Stellvertreter. mögen in Höhe von 15 Millionen Euro ausgestattet. (4) Das Kuratorium kann abweichend von der Vorschrift (2) Das Stiftungsvermögen wird vom Bund in vier Teil- des Absatzes 1 mit einer Mehrheit von vier Fünfteln seiner beträgen von 3,75 Millionen Euro pro Jahr ab 2004 einge- Mitglieder einer der in Absatz 1 Nr. 3 bis 11 genannten Or- bracht. ganisationen das Entsenderecht auf Dauer aberkennen. In diesem Fall verliert das von diesen Organisationen ent- (3) Die Stiftung ist berechtigt, Zuwendungen von dritter sandte Mitglied seinen Sitz im Kuratorium, eine Nachbeset- Seite anzunehmen. zung findet nicht statt. Diese Vorschrift findet entspre- (4) Im Jahre 2004 können bis zu 3 vom Hundert des Stif- chende Anwendung auf nach Absatz 2 bestimmte weitere tungsvermögens gemäß Absatz 1 für laufende Ausgaben Organisationen. verwendet werden. Im Übrigen ist das Stiftungsvermögen (5) Die Entsendung und Abberufung der Mitglieder und zur dauerhaften Erfüllung des Stiftungszwecks zu erhalten. ihrer Stellvertreter ist dem Bundesministerium für Familie, Erträge des Stiftungsvermögens und sonstige Einnahmen Senioren, Frauen und Jugend anzuzeigen. Bei Streitigkeiten sind nur im Sinne des Stiftungszwecks zu verwenden. über die Rechtmäßigkeit einer Entsendung oder Abberufung von Kuratoriumsmitgliedern entscheidet das Ministerium § 4 durch Verwaltungsakt. Hiergegen ist innerhalb eines Mo- Organe der Stiftung nats unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin Organe der Stiftung sind zulässig. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung findet entspre- 1. das Kuratorium, chende Anwendung. 2. der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsfüh- (6) Das Kuratorium wählt mit einer Mehrheit von zwei rerin. Dritteln seiner Mitglieder aus seiner Mitte einen Vorsitzen- Das Kuratorium kann Fachbeiräte berufen. den beziehungsweise eine Vorsitzende sowie einen stellver- tretenden Vorsitzenden beziehungsweise eine stellvertre- § 5 tende Vorsitzende. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre. Die Kuratorium Wiederwahl ist zulässig. Eine Abwahl ist mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums möglich. (1) In das Kuratorium entsenden: Scheidet der Vorsitzende beziehungsweise die Vorsitzende 1. die im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen nach § 5 Abs. 2 aus dem Kuratorium aus, verliert er bezie- pro angefangene 150 Mitglieder je ein Mitglied, hungsweise sie den Vorsitz. 2. das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen (7) Das Kuratorium entscheidet in allen Angelegenhei- und Jugend drei Mitglieder, ten, die für die Stiftung und ihre Entwicklung von grund- Drucksache 15/473 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode sätzlicher und besonderer Bedeutung sind. Dazu gehören § 7 insbesondere die Grundzüge der Vergabe der Stiftungsmittel Satzung und der Förderung von Projekten, die Grundsätze der Ver- (1) Die Stiftung gibt sich eine Satzung, die vom Kurato- mögensverwaltung, der Haushaltsplan sowie Personalent- rium mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder scheidungen. Das Kuratorium, kann sich weitere Entschei- beschlossen wird. Änderungen der Satzung bedürfen einer dungen vorbehalten. Es kann Personalentscheidungen auf Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums. den Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführerin übertragen. Das Kuratorium überwacht die Tätigkeit des Geschäftsfüh- (2) Die Satzung sowie Änderungen der Satzung bedürfen rers oder der Geschäftsführerin. der Zustimmung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (8) Das Kuratorium fasst seine Beschlüsse mit der Mehr- heit seiner Mitglieder, soweit nicht in diesem Gesetz etwas § 8 anderes vorgesehen ist. Abstimmungsberechtigt sind nur Aufsicht, Haushalt, Rechnungsprüfung anwesende Kuratoren beziehungsweise deren Vertreter. Außer in den Fällen, in denen eine Mehrheit von mindestens (1) Die Stiftung untersteht der Rechtsaufsicht des Bun- zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums erforderlich desministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. ist, kann eine Beschlussfassung im schriftlichen oder fern- Dieses beruft auch das Kuratorium zu seiner ersten Sitzung schriftlichen Umlaufverfahren erfolgen, sofern nicht min- ein und führt die Geschäfte bis zur ersten Wahl eines Ge- destens ein Viertel der Kuratoriumsmitglieder widerspre- schäftsführers beziehungsweise einer Geschäftsführerin. chen, und sich mindestens zwei Drittel der Mitglieder an der (2) Die Stiftung hat rechtzeitig vor Beginn eines jeden Abstimmung beteiligen. Geschäftsjahres einen Haushaltsplan aufzustellen. Der (9) Die Mitglieder des Kuratoriums sind ehrenamtlich tä- Haushaltsplan bedarf der Genehmigung des Bundesministe- tig. Die Erstattung von Reisekosten und sonstigen Auslagen riums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. richtet sich nach Maßgabe der Richtlinien des Bundes für (3) Für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen so- die Abfindung der Mitglieder von Beiräten, Ausschüssen, wie für die Rechnungslegung der Stiftung finden die für die Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen im Bereich des unmittelbare Bundesverwaltung geltenden Bestimmungen Bundes in der Fassung vom 31. Oktober 2001 (GMBl. entsprechende Anwendung. Die Haushalts- und die Wirt- 2002, S. 89). schaftsführung der Stiftung unterliegen der Prüfung durch (10) Das Nähere regelt die Satzung. den Bundesrechnungshof.

§ 6 § 9 Geschäftsführer oder Geschäftsführerin Beschäftigte (1) Der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäfts- Für Beschäftigte der Stiftung sind die für Beschäftigte führerin wird vom Kuratorium mit einer Mehrheit von zwei des Bundes geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Bestim- Dritteln seiner Mitglieder berufen. Das Kuratorium kann mungen entsprechend anzuwenden. den Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin mit einer Mehrheit von zwei Dritteln abberufen. Die Vertre- § 10 tung des Geschäftsführers beziehungsweise der Geschäfts- Tätigkeitsbericht führerin regelt die Satzung. Die Stiftung legt jährlich einen Bericht über ihre bishe- (2) Der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäfts- rige Tätigkeit und ihre Vorhaben vor. führerin führt die Geschäfte der Stiftung. Er beziehungs- weise sie entscheidet in allen Angelegenheiten der Stiftung, § 11 soweit dafür nicht das Kuratorium zuständig ist oder sich Inkrafttreten eine Entscheidung vorbehalten hat. Er beziehungsweise sie Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2004, frühestens am Tag vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich. nach seiner Verkündung, in Kraft.

Berlin, den 19. Februar 2003

Jörg van Essen Dr. Christel Happach-Kasan Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Rainer Funke Klaus Haupt Dirk Niebel Rainer Brüderle Dr. Werner Hoyer Gisela Piltz Ernst Burgbacher Dr. Heinrich L. Kolb Dr. Hermann Otto Solms Otto Fricke Jürgen Koppelin Dr. Max Stadler Hans-Michael Goldmann Sibylle Laurischk Jürgen Türk Joachim Günther (Plauen) Harald Leibrecht Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion Dr. Karlheinz Guttmacher Ina Lenke Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/473

Begründung

A. Allgemeines fähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin errichtet. Am 7. Dezember 2000 verabschiedete der Deutsche Bun- destag einstimmig eine Erklärung, die u. a. klarstellte, dass es sich bei der Verfolgung von Homosexuellen während des Zu § 2 Nationalsozialismus um typisches nationalsozialistisches Unrecht gehandelt hat (Bundestagsdrucksache 14/4894). Der Zweck der Stiftung ist ein dreifacher: Ein Schwerpunkt Zur nationalsozialistischen Homosexuellen-Verfolgung soll die weitere historische und wissenschaftliche Aufarbei- zählte auch die Zerschlagung der schwulen und lesbischen tung der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung Infrastruktur. Durch die Gründung der „Magnus-Hirschfeld- und des späteren Umgangs mit den Opfern sein. Das Aus- Stiftung“ soll nunmehr im Sinne eines kollektiven Aus- maß der Verbrechen der Nationalsozialisten in diesem Be- gleichs das von den Nationalsozialisten an den Homosexu- reich soll mehr als bisher öffentlich dokumentiert und wahr- ellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle Bür- genommen werden. Hierzu kann die Stiftung z. B. Archive ger- und Menschenrechtsarbeit gefördert werden. Die Stif- und wissenschaftliche Forschungsprojekte fördern, an das tung ist nach dem Berliner Arzt und Sexualwissenschaftler Lebenswerk von Magnus Hirschfeld anknüpfen und die Er- Dr. Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935) benannt. Er war ei- innerung hieran wachhalten. Daneben soll sich die Stiftung ner der ersten, der das homosexuelle Leben erforscht und für die weitere Emanzipation Homosexueller in der heuti- dokumentiert hat. Als Begründer und langjähriger Vorsit- gen Gesellschaft einsetzen und gesellschaftlicher Diskrimi- zender der weltweit ersten Vereinigung für die Rechte der nierung entgegenwirken. Hierzu kann sie insbesondere Homosexuellen hat er sich in Wort und Tat gegen Vorurteile durch Öffentlichkeitsarbeit, eigene wissenschaftliche For- sowie gegen Diskriminierung und Verfolgung eingesetzt. schungsprojekte und die Unterstützung entsprechender Pro- Hirschfelds Einfluss reichte weit über Deutschlands Gren- jekte anderer Hilfe bei der Überwindung von bestehenden zen hinaus. Sein Leben und seine Arbeit sollen historisch Vorurteilen leisten und die Bürgerrechtsarbeit fördern. Zu- untersucht und im Bewusstsein der Öffentlichkeit wachge- sätzlich soll die Stiftung Menschenrechtsarbeit im Ausland halten werden. Eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen fördern. In vielen Staaten der Welt ist Homosexualität straf- Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit gewährleistet bar, werden Homosexuelle von staatlicher Seite offen ange- durch ihre Selbstständigkeit eine unabhängige Arbeit. feindet und verfolgt. Die Stiftung kann Hilfsprojekte, Perso- Durch die Rechtsform der Stiftung ist es möglich, in das nen oder Gruppen in diesen Staaten unterstützten. leitende Entscheidungsgremium, das Kuratorium, Vertreter verschiedener Gruppen zu integrieren. Schließlich ermög- Zu § 3 licht die Rechtsform der Stiftung private Zustiftungen. Der Stiftungszweck, über den es in der 14. Wahlperiode eine Zur Erfüllung des Stiftungszwecks wird die Stiftung einma- fraktionsübergreifende Einigung gab, wird zu einem Teil, lig mit einem Betrag in Höhe von 15 Mio. Euro aus dem soweit es um die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Bundeshaushalt ausgestattet. Um die Belastung des Haus- Homosexuellenverfolgung geht, historisch orientiert, zu sei- halts möglichst gering zu halten, wird das Stiftungsvermö- nem überwiegenden Teil (Emanzipations-, Bürgerrechts- gen in vier Jahresraten, beginnend mit dem Jahr 2004, ein- und Menschenrechtsarbeit) aber zukunftsgerichtet sein. gebracht. Nach Absatz 3 kann die Stiftung Zuwendungen (Geld oder Sachzuwendungen) für ihre in § 2 genannten Das Stiftungsvermögen beträgt 15 Mio. Euro. Zwecke von dritter Seite entgegennehmen. Absatz 4 stellt Im Kuratorium werden neben Vertretern der Fraktionen des sicher, dass das Stiftungsvermögen (Absatz 2) zur dauerhaf- Deutschen Bundestages und des Bundesministeriums für ten Erfüllung des Stiftungszwecks erhalten bleibt und Er- Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterschiedliche Ver- trägnisse und Einnahmen ausschließlich dem Stiftungs- bände und Organisationen und damit ein breites Spektrum zweck zugute kommen. Für das Jahr 2004 gilt eine Über- von Meinungen und Interessen vertreten sein. Alle entsand- gangsregelung, nach der bis zu 3 % des Stiftungsvermögens ten Verbände und Organisationen sind gleichberechtigt mit von 15 Mio. Euro für laufende Ausgaben verwendet werden je einem Mitglied vertreten. Die ordnungsgemäße Arbeit dürfen. In den Folgejahren wird ein Teil der Erträge zur wird durch die Rechtsaufsicht des Bundes und die Prü- dauerhaften Sicherung des Stiftungsvermögens thesauriert fungsmöglichkeit durch den Bundesrechnungshof gewähr- werden müssen. leistet. Durch das Gesetz wird der Bundeshaushalt, verteilt auf vier Jahre, mit insgesamt 15 Mio. Euro belastet. Sons- tige Kosten entstehen nicht. Auswirkungen des Gesetzent- Zu § 4 wurfs auf die Einzelpreise und auf das Preisniveau sind In dieser Vorschrift werden die Stiftungsorgane abschlie- nicht zu erwarten. ßend benannt. Es sind dies das Kuratorium und der Ge- schäftsführer bzw. die Geschäftsführerin. Dem Kuratorium B. Zu den einzelnen Vorschriften wird es ermöglicht, zur Unterstützung seiner Arbeit auf den verschiedenen Tätigkeitsfeldern bei Bedarf Fachbeiräte zu Zu § 1 berufen. Näheres regelt die Satzung. Weitere Organe sind Die Vorschrift sieht vor, dass der Bund die „Mag- nicht vorgesehen und können auch nicht durch die Satzung nus-Hirschfeld-Stiftung“ als bundesunmittelbare rechts- errichtet werden. Drucksache 15/473 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu § 5 von aus, dass Beschlüsse grundsätzlich von den in einer Sit- zung anwesenden Mitgliedern bzw. deren Vertretern gefasst Die Vorschriften regeln die Zusammensetzung und Aufga- werden. Nur diese sind abstimmungsberechtigt. Sofern benstellung des Kuratoriums. nicht mindestens ein Viertel der Kuratoriumsmitglieder wi- derspricht und sich zudem zwei Drittel der Mitglieder an der Nach Absatz 1 werden die Kuratoren von den Fraktionen Abstimmung beteiligen, kann eine Beschlussfassung statt- des Deutschen Bundestages, dem Bundesministerium für dessen im schriftlichen oder fernschriftlichen Umlaufver- Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie von 7 nament- fahren erfolgen. Dies gilt nicht für Entscheidungen, die eine lich benannten Organisationen bestimmt und entsandt. Die Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder oder mehr erfor- von den Fraktionen entsandten Kuratoren müssen nicht Mit- dern (§ 5 Abs. 6, § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1). glied der Fraktionen sein. Nach Absatz 2 können die entsen- denden Stellen die von ihnen entsandten Mitglieder jeder- zeit abberufen und durch neue Mitglieder ersetzen. Nach Zu § 6 Absatz 3 kann für jedes Mitglied ein Stellvertreter bzw. eine Der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin ist ausfüh- Stellvertreterin bestimmt werden. Er bzw. sie tritt im Vertre- rendes Organ der Stiftung. Er bzw. sie führt die Geschäfte tungsfalle an die Stelle des jeweiligen Kurators. Um die der Stiftung. Für die Berufung und Abberufung ist das Ku- durch die Teilnahme an den Kuratoriumssitzungen entste- ratorium als leitendes Organ der Stiftung zuständig. henden Kosten möglichst gering zu halten, wird klargestellt, dass jeweils nur der Kurator oder sein Stellvertreter zur Zu § 7 Teilnahme an den Kuratoriumssitzungen berechtigt ist. Die Kuratoren werden nicht ernannt. Sie erlangen ihre Rechts- Zur Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen und stellung unmittelbar mit ihrer Entsendung, d. h. mit der Be- zur Regelung der Verfahrensabläufe innerhalb der Stiftungs- schlussfassung der sie entsendenden Stelle. Nach welchen organe gibt sich die Stiftung eine Satzung. Der Erlass bzw. rechtlichen Vorgaben dieser Beschluss zu fassen ist, be- die Änderung der Satzung kann nur mit einer Zweidrittel- stimmt sich nach dem Recht der entsendenden Stelle. Glei- mehrheit der Mitglieder des Kuratoriums und der Zustim- ches gilt für die Abberufung der Kuratoren. mung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erfolgen. Absatz 4 sieht die Möglichkeit vor, das Entsenderecht einer der in Absatz 1 Nr. 3 bis 9 genannten Organisationen mit einer Mehrheit von vier Fünfteln der Mitglieder des Kura- Zu § 8 toriums auf Dauer zu entziehen. Der in Absatz 5 vorgesehe- Für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie für nen Anzeige der Entsendung bzw. Abberufung beim Bun- die Rechnungslegung gelten die für die unmittelbare Bun- desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend desverwaltung geltenden Bestimmungen entsprechend. Es kommt nur deklaratorische Bedeutung zu. Sie soll aber ein sind dies vor allem die Vorschriften der Bundeshaushalts- ordnungsgemäßes Verfahren sicherstellen. Bei Streitigkei- ordnung. Durch die Prüfung der Stiftung durch den Bundes- ten über die Rechtmäßigkeit einer Entsendung bzw. Abbe- rechnungshof soll die Beachtung dieser Vorgaben sicherge- rufung entscheidet das Bundesministerium für Familie, Se- stellt werden. Außerdem unterliegt die Stiftung der Rechts- nioren, Frauen und Jugend durch Verwaltungsakt. Dieser aufsicht durch das Bundesministerium für Familie, Senio- kann innerhalb eines Monats beim Verwaltungsgericht Ber- ren, Frauen und Jugend. lin angefochten werden. Der Klage kommt keine aufschie- bende Wirkung zu; diese kann aber entsprechend § 80 Zu § 9 Abs. 5 VwGO hergestellt werden. Nach Absatz 6 wählt das Kuratorium aus seiner Mitte mit qualifizierter Mehrheit den Für die bei der Stiftung beschäftigten Angestellten und Ar- bzw. die Vorsitzende sowie einen Stellvertreter bzw. eine beiter sind die für die Beschäftigten des Bundes geltenden Stellvertreterin. Die Wiederwahl ist zulässig, eine Abwahl arbeits- und tarifrechtlichen Bestimmungen entsprechend ebenfalls. Die Wahl erfolgt für einen Zeitraum von 5 Jahren. anzuwenden. Zur Kostenersparung ist der Personalbestand Wird der bzw. die Vorsitzende während der Amtszeit nach zu minimieren. Absatz 2 abberufen, verliert er bzw. sie auch den Vorsitz. Zu § 10 Nach Absatz 7 obliegen dem Kuratorium die Aufgaben des leitenden Organs einer Stiftung. Es entscheidet über alle Da die „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ als Stiftung des öf- Angelegenheiten, die für die Stiftung und ihre Entwicklung fentlichen Rechts errichtet wird, sollte die Öffentlichkeit von grundsätzlicher und besonderer Bedeutung sind. Da- über die Tätigkeit der Stiftung in regelmäßigen Abständen rüber hinaus kann es sich alle anderen Entscheidungen vor- unterrichtet werden. Der jährlich vorzulegende Bericht ist behalten. Zudem überwacht es die Tätigkeit des Geschäfts- ein wichtiger Beitrag dazu, die Arbeit der Stiftung transpa- führers bzw. der Geschäftsführerin. Personalentscheidungen rent zu machen. Die Berichterstattung soll deshalb nicht nur trifft grundsätzlich das Kuratorium; es kann sie auf den Ge- eine Rückschau sein, sondern überdies einen Ausblick auf schäftsführer übertragen. die weiteren Vorhaben enthalten. Nach Absatz 8 fasst das Kuratorium seine Beschlüsse mit Zu § 11 der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern im Gesetz nicht eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen ist. Das Gesetz geht da- Die Vorschrift enthält die Inkrafttretensregelung.

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