Sep-Ruf-Pfad: Spaziergänge Durch München
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Sep-Ruf-Pfad Spaziergänge durch München Liebe Leserinnen und Leser, mit seinen öffentlichen Bauten und Wohnhäusern hat der Architekt Sep Ruf (1908–82) wichtige Akzente im Münchner Stadtbild gesetzt. Mit der eleganten Wohnscheibe an der Theresienstraße schuf er 1951 ein Leitbild für Neues Wohnen. Die von ihm und Theo Pabst errichtete Neue Maxburg (1954–57) – eine städtebaulich harmonisch in die Altstadt eingepasste Anlage – ist eines der bedeutendsten Ensembles der 50er-Jahre-Architektur in Deutschland. Zusammen mit Hans Döllgast und Helmut Kirsten gestaltete Sep Ruf den Wieder aufbau der Bayerischen Staatsbibliothek mit einem neuen Lesesaal (1960–66). Sein Rundbau der 1960 geweihten Pfarrkirche St. Johann von Capistran zählt zu den großartigsten Sakralräumen der Nachkriegszeit. International geachtet und geehrt, war Sep Ruf in seiner Heimatstadt als Architekt nicht sehr anerkannt. Seine moderne Architektursprache wurde im konservativ geprägten Umfeld der Stadt nicht immer ver- standen. Im Rückblick zeigt sich jedoch, dass er zu den herausragen- den Architekten der deutschen Nachkriegszeit gehört. Seine Bauten gewinnen über die Jahrzehnte hinweg immer mehr an Bedeutung und sind architektonische Schmuckstücke für München und Bayern. Die meisten davon stehen unter Denkmalschutz. Wir laden Sie mit diesem Booklet herzlich ein, die Münchner Archi- tektur von Sep Ruf kennenzulernen und zu erleben! Prof. Dr.(I) Elisabeth Merk, Stadtbaurätin Prof. Mathias Pfeil, Generalkonservator Prof. Uwe Kiessler, Vorsitzender der Sep Ruf Gesellschaft Sep Ruf, um 1950 Der Architekt Sep Ruf Sep Ruf (1908–82) zählt zu den bedeutendsten Architekten der Nachkriegszeit in Deutschland. Seine Bauten sind gekennzeichnet durch eine transparente und leichte Bauweise und eine Auseinan- dersetzung mit Tradition und Geschichte. In München geboren und aufgewachsen studierte Ruf von 1926 bis 1931 an der damaligen Technischen Hochschule Architektur. Trotz einer weitgehend konservativen Ausbildung orientierte er sich am „Neuen Bauen“ der Bayerischen „Postbauschule“. Erste Bauaufträge für Privathäuser erhielt er noch während des Studiums und konnte sich deshalb nach dem Diplom sofort selbstständig machen. Bereits beim Wohnhaus für den Journalisten Karl Schwend in München- Bogenhausen (1998 abgebrochen) bewies Ruf seine besondere Fähigkeit, auf den spezifischen Ort einzugehen, traditionelle und regionale Elemente aufzunehmen und doch einen eigenständigen modernen Bau zu gestalten. Auch nach 1933 konnte er bei seinen Wohnhäusern Elemente moderner Architektur bewahren, indem er regionale Bauformen mit asymmetrischer Fassadengestaltung und Fensterbändern kombinierte sowie lichtdurchflutete, zur Sonne aus- gerichtete Räume gestaltete, denen ein „naturverbindendes Bauen“ als Leitidee zugrunde lag. Raumhohe, sturzlose Öffnungen wurden zu einem Kennzeichen seiner Architektur. Ruf war kein Parteimitglied und verhielt sich distanziert zum National- sozialismus. 1939 wurde er zum Wehrdienst eingezogen, erhielt aber 1940 eine Freistellung für „wehrwichtige Bauten“ und war im Beraterstab von Generalbaurat Hermann Giesler am Ausbau der „Hauptstadt der Bewegung“ für die Wohnbauten an der Forsten- rieder Straße (Oberlandsiedlung) zuständig. 1941 plante er für die Hugo Junkerswerke in Allach eine – nicht ausgeführte – moderne Industrieanlage. 1942 wurde er erneut einberufen und diente in Russland in der Wehrmacht im Stab der „Panzer-Jäger-Abteilung“ als Kartenoffizier. Politisch unbelastet konnte Ruf nach dem Zweiten Weltkrieg schnell wieder als Architekt Fuß fassen und nahm auch aktiv an den Dis- kussionen um den Wiederaufbau teil. Im Herbst 1947 wurde er zum Professor für Architektur und Städtebau an die Akademie der Bilden- den Künste in Nürnberg berufen, wo er sechs Jahre unterrichtete und dann 1953 an die Akademie der Bildenden Künste München wechselte. In Nürnberg war er auch als Mitglied im Kuratorium für den Wiederaufbau der Stadt tätig. 1950 gewann er den Wettbewerb für den Neubau der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste. Das Ensemble aus verglasten Pavillons, das sich organisch mit der Natur verbindet, zählt zu den herausragenden Bauten der frühen Nachkriegsarchitektur. In Nürnberg entstanden weitere Großbauten wie die Bayerische Staatsbank bei St. Lorenz sowie ab 1953 die Gebäude für das Germanische Nationalmuseum – Beispiele für eine moderne Architektur, die mit Material, Proportion und Kubatur Rück- sicht auf die umgebende Bebauung nimmt und die Bautradition der Region berücksichtigt. Etwa zeitgleich entstanden in München das Wohnhaus an der Theresienstraße (1950/51) und die Neue Maxburg (mit Theo Pabst, 1952–57), eine aufgelockerte, durchgrünte städ- tische Anlage für Bürgerinnen und Bürger. Mit den Landhäusern am Tegernsee (Wohnhäuser Sep Ruf und Ludwig Erhard, 1951–56) gestaltete Ruf eindrucksvoll eine Verbindung von Architektur und Natur. Ende der 1950er-Jahre umfassten seine Aufträge fast alle Bauaufgaben von Wohn- und Geschäftshäusern über Schulen, Banken und Lichtspieltheater bis zu Forschungsinsti- tuten und kirchlichen Bauten, darunter die Pfarrkirche St. Johann von Capistran in München (1957–60). Rufs Bedeutung als Architekt zeigt sich ab Mitte der 1950er-Jahre auch an seinen großen repräsentativen Bauaufgaben. 1954 wurde er als einziger bayerischer Architekt zur Teilnahme an der Interbau 1957 in Berlin aufgefordert. Als Deutschland 1958 wieder an einer Weltausstellung teilnehmen durfte, schuf er zusammen mit Egon Eiermann in Brüssel den Deutschen Pavillon. Die Konzeption verweist auf die Nürnberger Akademie. Die leichten, scheinbar über der Landschaft schwebenden Bauten mit fließenden Übergängen zur Umgebung vermittelten den Besucherinnen und Besuchern das Gefühl eines friedlichen Beisammenseins und dienten als Demons- tration eines neuen demokratischen Deutschlands, das sich zuletzt 1937 auf der Weltausstellung in Paris mit dem monumentalen Bau von Albert Speer präsentiert hatte. 1963 erhielt Ruf von Vizekanzler Ludwig Erhard den Direktauftrag zum Bau des Kanzlerbungalows in Bonn. Der gläserne, transparente Pavillon, in dem bis einschließlich Helmut Kohl fast alle deutschen Bundeskanzler wohnten und ihre Gäste empfingen, entfachte eine heftige Diskussion unter Politikern wie auch in der Bevölkerung über die adäquate Repräsentation der Bundesrepublik. Obwohl Rufs Pavillon-Architektur zum Symbol für das moderne Deutschland und dadurch auch zu einem Leitbau deutscher Nachkriegsgeschichte wurde, fand sein Werk lange Zeit nicht die seinem Rang adäquate Würdigung. Während seiner Hauptschaffenszeit in Bayern wurde er von konservativen Kräften heftig angefeindet, diffamiert und nicht seiner Bedeutung und Leistung entsprechend anerkannt. Im historischen Rückblick muss festgestellt werden, dass Ruf mit seiner konsequent auf eine moderne Gestaltung ausgerichteten Ar- chitektur wesentlich zur Identitätsfindung der jungen Bundesrepublik beitrug und großen Anteil daran hatte, dass Deutschland kulturell wieder zu hohem Ansehen gelangte. Aufgrund seiner Verbindungen zu Museumsdirektoren wie Ludwig Grote, Kurt Martin und Erich Steingräber sowie zu den Initiatoren der documenta, Arnold Bode und Werner Haftmann, und zu zahlreichen Künstlern wie Olaf Gulbransson, Fritz Koenig, Josef Oberberger oder Bernhard Heiliger war er wie kein anderer Architekt im Nachkriegsdeutschland in die Welt der Bildenden Kunst einbezogen. Während seiner fast 20-jäh- rigen Lehrtätigkeit, wie auch während seiner Zeit als Präsident, öffnete er die Münchner Akademie der Bildenden Künste für die in- ternationale Moderne. Zudem wirkte er als gefragter Gutachter und war beispielsweise in dem Beratergremium tätig, das Hans Döllgast beim Wiederaufbau der Alten Pinakothek zur Seite gestellt wurde. Rufs Spätwerk, wie die Berliner Handelsgesellschaft im Frankfurter Rothschildpark (1960–65) oder die Bauten der Bayerischen Vereins- bank im Münchner Tucherpark (1968–86), ist durch Großformen von einer robusten Gestaltung gekennzeichnet. Anfang der 1970er- Jahre nahm er Partner in sein Büro auf und verbrachte aufgrund einer Krankheit immer mehr Zeit auf seinem Weingut „Querce Sola“ in der Toskana. 1982 starb er 74-jährig in München. Unter den vielen Kondolenzschreiben befand sich auch ein Telegramm des Bundeskanzlers Helmut Schmidt, der schrieb, Sep Ruf habe die Architektur in Deutschland der vergangenen 30 Jahre beispielhaft beeinflusst, „seine Arbeit hat ihm weit über die Grenzen unseres Landes hohe Anerkennung eingebracht“. Irene Meissner Sep Ruf Gesellschaft Der folgende Pfad weist Wege zu den wichtigsten Bauten Sep Rufs in München und Grünwald. Neue Maxburg, 1952 – 57 1 Lenbachplatz 7 Die an der Stelle der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Herzog- Max-Burg errichtete Neue Maxburg ist eines der herausragenden Gebäude des Wiederaufbaus in Deutschland. Im Gegensatz zur ehemals in sich abgeschlossenen Anlage der Wittelsbacher aus dem 16. Jahrhundert mit Innenhöfen schufen Sep Ruf und Theo Pabst nach gewonnenem Wettbewerb eine offene Anlage für die Bürgerinnen und Bürger. Die Verbindung eines modernen, groß- zügigen Geschäfts- und Verwaltungsneubaus mit dem erhaltenen Turm der alten Herzog-Max-Burg aus der Spätrenaissance ist ein Musterbeispiel für eine harmonische Verbindung von Alt und Neu und für eine ebenso eigenständige wie auch kontextuelle moderne Architektur. Den Rhythmus der neuen Fassade entwickelten die Architekten aus den Proportionen des erhaltenen Turms. Im Westen akzentuierten sie die Anlage durch den rundum verglasten BMW- Ausstellungspavillon, im Osten bildet das Verwaltungsgebäude des Erzbischöflichen