Fr. Februar

afrika 4. –/ Euro

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März 2011 März 3.– Landwirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit - bulletin

Nummer 141 Editorial

In Bezug auf landwirtschaftliche Entwicklung schwan- ken viele afrikanische Regierungen opportunistisch zwischen widersprüchlichen Politiken hin und her. Ei- nerseits sind sie seit Ende der 80er Jahre durch den in- ternationalen Währungsfonds zur Kürzung von Staats- ausgaben und zum Freihandel verpflichtet. Andererseits stehen sie vor der Aufgabe, eine Zukunft für die bäuer- liche Mehrheit ihrer Bürger zu bauen. Oftmals will die eine Hand (das Handelsministerium) nicht wissen, was die andere (das Landwirtschaftsministerium) tut. Auch lassen sich reihum Regierungen dazu verleiten, Land an ausländische Konsortien und investitionsträchtige 2 Susy Greuter ist Staaten zu vergeben, um so wenigstens frisches Geld in Sozialanthropologin mit die Staatskasse zu bekommen. Die Lösung der eigent- langjähriger Afrika- erfahrung und Mitglied lichen Probleme landwirtschaftlicher Entwicklung wird des Afrika Komitees. hingegen aufgeschoben. Alle Agrar-Experten, die in dieser Ausgabe des Afri- ka-Bulletins zu Wort kommen, nennen mangelnde staat- liche Investitionen und Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft als eine der Hauptursachen für die sto- ckende oder gar fehlende Entwicklung des Sektors. In Europa war es eine solche bauernfreundliche Politik, die im letzten Jahrhundert die Landwirtschaft markt- fähig machte. In Afrika berufen sich nur die neuen Bür- gerorganisationen auf den dafür notwendigen «cont- Impressum rat social» zwischen Stadt und Land und hinterfragen den Wankelmut ihrer Regierungen. Doch nicht nur de- ren oft erzwungene Opportunismus lässt die Klein- Ausgabe 141 | Februar / März 2011 bauern im Regen stehen. Auch die bilaterale Entwick- ISSN 1661-5603 lungszusammenarbeit bewegt sich widersprüchlich zwischen den jeweiligen Interessen von internationa- Das «Afrika-Bulletin» erscheint vierteljährlich im 36. Jahrgang. len Finanz- und Handelsorganisationen, Regierungen Herausgeber: Afrika-Komitee, Basel, und Zentrum für Afrikastudien Basel. und Bauern. Die Autoren unserer Beiträge klagen den Redaktionskommission: Veit Arlt, Susy Greuter, Ruedi Küng, Elísio Macamo, fehlenden Einbezug der Bauern und Bäuerinnen in die Barbara Müller und Hans-Ulrich Stauffer. Ausrichtung der Programme ein und weisen da-rauf Das Afrika-Komitee im Internet: www.afrikakomitee.ch Das Zentrum für Afrikastudien im Internet: www.zasb.unibas.ch hin, dass deren Kompetenz und Lernfreude immer wie- Redaktionssekretariat: Beatrice Felber Rochat der unterschätzt werden. Afrika-Komitee: Postfach 1072, 4001 Basel, Schweiz Entwicklungsprojekte im Bereich des biologischen Telefon (+41) 61·692 51 88 | Fax (+41) 61·269 80 50 Landbaus und der ökologischen Verarbeitung der Pro- E-Mail Redaktionelles: [email protected] E-Mail Abonnemente und Bestellungen: [email protected] dukte bieten spannende und lange Zeit vernachlässig- Postcheck-Konto Basel: 40-17754-3 te Alternativen. Sie geben der Hoffnung Anlass, dass Für Überweisungen aus dem Ausland: die afrikanische Landwirtschaft trotz neuer Herausfor- in CHF: MigrosBank, IBAN CH95 0840 1016 1437 3770 7 derungen wie Klimaerwärmung und Bodenerosion, die in Euro: Postkonto, IBAN CH40 0900 0000 9139 8667 9 (Bic SwiftCode: POFICHBEXXX; Swiss Post, PostFinance, CH-3000 Bern) zu den bekannten Problemen wie schwachen Handels-

E-Mail-Adresse: [email protected] verbindungen und Transportwegen, mangelnden Kre- diten und fehlendem Einbezug der Bäuerinnen hinzu- MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Veit Arlt (Red.), Tabea Behnisch, Philippe Fayet, Pius Frey, Susy Greuter (Red.), Elísio Macamo, Leonie March, Barbara Müller, kommen, an einem Wendepunkt steht. Zwei aktuelle Gian Nicolay, Bernard Njonga, Hans-Ulrich Stauffer Beiträge zur Situation in Mosambik, wo es im Septem- Gestaltungskonzept: ber 2010 zu Brotaufständen kam, stehen diesmal in Layout: wernlis grafische gestalter, Basel direktem Zusammenhang mit unserem Schwerpunkt- Druck: Rumzeis-Druck, Basel thema. • Inserate: Gemäss Tarif 5/99, Beilagen auf Anfrage Jahresabonnement: Fr. 25.–/Euro 20.– Susy Greuter Unterstützungsabonnement: Fr. 50.–/Euro 35.– Kontakt: [email protected]. Im Mitgliederbeitrag von Fr. 60.–/Euro 40.– ist das Abonnement enthalten. Redaktionsschluss Nummer 142: 31. März 2011. Schwerpunktthema: Mobiltelefonie als Entwicklungsantrieb. Schwerpunktthemen nächster Ausgaben: Süd-Süd-Zusammenarbeit. Interessenten an einer Mitarbeit sind eingeladen, mit der Redaktion Kontakt aufzunehmen.

Unser Titelbild: Maisbauer in Mperu, Mount Kenya Region. Afrikas Bauern besitzen ein grosses Wissen in Bezug auf Pflanzen und Umwelt, werden aber von den Regierungen und internationalen Organisationen bei der Formulierung der Entwicklungspolitik kaum einbezogen (Bild: Neil Palmer, International Centre for Tropical Agriculture, aufgenommen im Rahmen des Projekts Two Degrees Up, 2010). Widersprüche in der Zusammenarbeit Afrikas Bauern drohen ins Abseits zu geraten

Philippe Fayet, Koordinator der DEZA in Burkina Faso, glaubt nicht, dass die gängige Schelte der Ent- wicklungszusammenarbeit genügt, um die verheerenden Widersprüche der Landwirtschaftspolitik in Af- rika zu erklären. Er kritisiert aber auch, dass die Zusammenarbeit sich zu wenig für die Basisbevölkerung eingesetzt und gegen den Einfluss der mächtigeren internationalen Akteure (Weltbank, Internationaler Währungsfonds und Welthandelsorganisation) gewehrt hat. Deren von Investitionen begleitete Politik richtet sich an die Regierungen als gehorsame Vollstrecker und lässt die Bauern links liegen. Dabei ge- hören autonome Bauern-, Konsumenten- und Berufsorganisationen zu den Hoffnungsträgern Afrikas und Landwirtschaft sollten sorgfältig behandelt werden.

3 Wir verharren in der Annahme, es hätte vor den bäuerlichen Organisationen und den Zusammenar- beitsprogrammen nur archaische Bauern gegeben, die lediglich überlebten und nie etwas über ihre eigenen Bedürfnisse hinaus produzierten. In dreissig Jahren hat sich jedoch die Bevölkerung der Sahelzone verdoppelt. Während dieser Zeit ist die bestehende Austauschwirt- schaft durch Landwirtschaftspolitiken verdrängt wor- den, deren Umsetzung nur als katastrophal bezeichnet werden kann. Weder wurden die Bauern bei ihrer For- mulierung einbezogen, noch wurden ihre Erfahrungen berücksichtigt. Verschiedene Modelle für die Praxis der Zusammenarbeit haben einander abgelöst, Berater und Experten kommen und gehen, nur die Bauern bleiben und werden zu Buchhaltern des Scheiterns. Sie sind es aber, die in diesem insgesamt ungünstigen Kontext die Basis für die Ernährung einer in starkem Wachstum be- griffenen Bevölkerung sichern: Schliesslich werden Hungersnöte immer seltener ! Die technische Hilfe und die Entwicklungszusam- menarbeit haben Modelle entwickelt, die auf Grossver- teilung und Export ausgerichtet sind. Nach westlichen Vorstellungen ging es darum, für den Markt zu produ- Besichtigung der Rizière zieren und Geld zu verdienen, um sich seine Nahrung Boulbil bei Ouagadougou im Rahmen eines Afrika- kaufen zu können. Im Laufe der letzten fünfzig Jahre Initiativen, die andere Perspektiven eröffnen blei- besuchs von Aussen- wechselten die Bauern von einem Zustand totaler staat- ben rar und fragil. Bauern-, Konsumenten- und Berufs- ministerin Micheline licher Gängelung zu jenem der vom Staat Vergessenen. organisationen wie die NAAM-Bewegung (FNGN, Bur- Calmy-Rey, rechts im Bild Philippe Fayet (Bild: EDA Zu Beginn wurden sie organisiert, betreut und beraten. kina Faso), der CNCR (Senegal), das ROPPA (franzö- 2009). Doch mit zunehmender Verschuldung konnten die Re- sisch-sprachiges Westafrika) und die ACDIC (Kamerun), gierungen die für die Aufholjagd nötigen Investitionen sind zumeist autonom entstanden und werden heute immer weniger garantieren. Auf Anstoss der Experten zum Teil von Entwicklungs-Agenturen unterstützt. Sie der Weltbank und des IMF (die Vordenker dieser Politik zeigen deutlich, dass andere Möglichkeiten bestehen, gewesen waren) ging man in der Folge zur Ablösung auch wenn ihre Dynamik aufgrund ihrer Wurzeln im des Staates über und kehrte sich von den Bauern ab. bäuerlichen Milieu manchmal sehr komplex ist. Wir Die Systeme landwirtschaftlicher Beratung wurden ab- dürfen das Vehikel nicht überladen, aber wir sollten rupt gestoppt, Forschungsanstalten, Ausbildungszent- uns vermehrt bei den Regierungen für diese Organisa- ren und Kreditinstitute aufgelöst. tionen einsetzen und ihre Entwicklung begleiten, ohne Im Verlaufe dieser Entwicklungen glaubte die Ent- deren Ausrichtung im Vornherein zu bestimmen. • wicklungszusammenarbeit stets, eine entscheidende Philippe Fayet leitet das Koordinationsbüro der DEZA in Ougadougou. Rolle spielen zu können, und dass sie der unumgäng- Er äussert hier seine persönliche Meinung. liche Antrieb der Innovationen sei und bleibe. Anstatt Kontakt: [email protected]. Übersetzung: Susy Greuter. Foren des Gesprächs und der Abstimmung zwischen Staat und Bürgern zu fördern, hat sie ihre besonderen Beziehungen zu den Regierungen gepflegt. In diesem Umfeld beschäftigt man sich jedoch eher mit der Wirk- samkeit, Ausrichtung und Harmonisierung der Hilfe als mit dem, was bei der ländlichen Entwicklung auf dem Spiel steht. Diese Haltung – durch die Erklärung von Paris erneut auf den Schild gehoben – gibt den Erst- betroffenen nur wenig Raum. Genossenschaften als Hoffnungsträger Bauernorganisationen zwischen Vereinnahmung und Nichtbeac htung

Sind autonome Bauern- und Konsumentenorganisationen ein Ausweg aus der Blockade der afrikani- schen Landwirtschaftspolitik ? Bernard Njonga koordiniert die Plattform nichtstaatlicher Akteure im zen- tralen Afrika. Er schildert die Entstehung der autonomen Bauernorganisationen, ihre Beziehungen zu den Regierungen und zur Entwicklungszusammenarbeit, sowie ihre Schwierigkeiten und Probleme. Zumin- dest in Kamerun fordern inzwischen auch Konsumentenorganisationen eine neue Landwirtschaftspolitik von der Regierung.

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Die Kameruner Bürger- bewegung ACDIC mobilisiert die Stadt- bevölkerung für eine bauernfreundlichere Politik und gegen den Import von Nahrungs- mitteln (Bild: ACDIC).

Genossenschaften im modernen Sinne waren kei- Netzwerke von Genossenschaften ne gängige Praxis in Afrika. Die ersten Genossenschaf- In Kamerun wurde 1991 der «Conseil des fédéra- ten waren Erlasse des Staates, bzw. ein Erbe der Kolo- tions paysannes du Cameroun» (CFPC) als erste bäu- nialzeit. Sie beschränkten sich folglich auf die Produk- erliche Organisation auf nationaler Ebene geschaffen. tion von Kakao, Kaffee, Baumwolle oder Erdnüssen für Er ist eine Mischform aus Kooperative und Gewerk- den Export. Diese von der Verwaltung gegründeten Or- schaft. In Burkina Faso entstand die «Fédération nati- ganisationen waren nichts anderes als Kontrollorgane, onale des groupements Naam» (FNGN), die ländliche die verhindern sollten, dass die Bevölkerung sich zur Selbsthilfegruppen zusammenführte und im Senegal Wahrung ihrer Interessen organisierte. Die autonome die «Fédération des ONG au Senegal» (FONGS). Diese Genossenschaftsbewegung ist ein neueres und im Fall Organisationen haben primär eine kulturelle Basis, sind von Kamerun aufgrund der Einschränkung individuel- aber genossenschaftlich strukturiert. Obwohl es sich ler Freiheiten verspätetes Phänomen. hier um Mischformen handelt, wuchsen und verstetig- Deshalb organisierte sich die Bevölkerung lange ten sie sich über konkrete Aktivitäten wie Produktion, Zeit in traditionellen Verbänden wie Generationenko- Kommerzialisierung, Spar- und Kreditwesen oder Be- horten, Sparvereinen, Familienclans und traditionel- schaffung von Produktionsmitteln. len Tanzgruppen, die manchmal den Aspekt wirtschaft- Typisch für diese Organisationen ist ihre nationale licher Entwicklung in ihre Aktivitäten einschlossen. Zu Ausrichtung: Sie erfassen nahezu das ganze Land. Dies dieser Zeit entstanden die «Comités de développe- wird aber auch zum Handicap. In Kamerun hat eine re- ment», in denen sich Leute, die in die Stadt gezogen alistischere Sicht zu regionalen Gruppierungen ge- waren, mit den Bewohnern ihres Heimatdorfes zusam- führt, die sich bezüglich konkreter Aktionen als dyna- menschlossen mit dem Ziel, soziale Projekte wie Schu- mischer erweisen. Mit jeder neu entstandenen Orga- len, Gesundheitsstationen, Brücken, Strassen oder kul- nisation ist eine Verwaltung geschaffen worden; da- turelle Zentren zu verwirklichen. rüber hinaus gibt es eine nationale Exekutive mit re- Im Zuge der demokratischen Strömung, die Ende gionalen Repräsentanten. Man verhält sich genauso wie der 80er Jahre den Kontinent erfasste, ermöglichten eine Nationalversammlung, wo um jeden Preis jede Re- Verfassungsreformen vielerorts Pluralismus und Ve- gion vertreten sein muss. Das Kriterium ist nicht mehr reinsfreiheit. Seither wurden verschiedenste Gruppie- die Kompetenz oder die Wirksamkeit, sondern die Re- rungen und ganze Netzwerke von Genossenschaften präsentativität gemäss der Herkunft der Mitglieder. durch Eliten, Missionare, NGOs und Bauernführer ge- gründet. Genossenschaften als Hoffnungsträger Bauernorganisationen zwischen Vereinnahmung und Nichtbeac htung

Verhältnis zum Staat genen Reis zu verkaufen ! Wie kommt es, dass der Staat Die oben genannten Organisationen sind unabhän- gerade dort Importe favorisiert, wo das eigene Pro- gige Einheiten, die ausschliesslich durch die Produzen- duktionspotenzial eines der weltbesten ist ? Die Bür- ten gegründet wurden. Seit einigen Jahren regt jedoch gerorganisation ACDIC hat mit Demonstrationen auf der Staat über die Ministerien für Landwirtschaft und diese Widersprüche hingewiesen. Viehzucht wieder die Gründung von Genossenschaften an. Das Resultat ist zwiespältig. Einerseits besteht ei- Beziehungen zur Entwicklungszusammenarbeit ne starke Komplizität zwischen den Behörden und den Die Produzentenorganisationen mit regionaler Aus- Leitern bestimmter Gruppierungen. Diese kann so weit dehnung haben eine lange und reiche Erfahrung mit

gehen, dass letztere zu eigentlichen Satelliten der Land- den Entwicklungsorganisationen des Nordens. Insge- Landwirtschaft wirtschaftsministerien werden und eine bloss forma- samt haben sie von dieser Zusammenarbeit profitiert le Existenz führen. Andererseits sind manche gemein- und haben in den Augen ihrer Mitglieder und Partner, schaftliche Gruppierungen («Groupes d’initiatives der breiten Bevölkerung, aber auch der Behörden an 5 communes», GIC) geeignete Anlaufstellen für staatli- Glaubhaftigkeit gewonnen. Mancherorts gab es aller- che Ausbildungsaktionen. Staatliche Projekte stützen dings Probleme mit der Verwaltung der Mittel und dem sich vermehrt auf solche GIC, um sich in deren Einfluss- Setzen von Prioritäten. zone auszubreiten. In den Kakao-Anbaugebieten von Der Grossteil der Projekte ist grundsätzlich zu be- Kamerun dienten gewisse Kooperativen den Behörden grüssen. Aber immer häufiger kommt es zu Konkurrenz bei der Erneuerung von Beratungsdiensten und der Ver- und gegenseitiger Behinderung durch mehr oder we- marktung der Kakaobohnen als Modell. Auch die For- niger identische Projekte. Dies verwirrt die Bauern schung stützt sich auf diese bäuerlichen Strukturen und begünstigt den Aufschwung der Landwirtschaft für die Popularisierung von Techniken wie der Auf- nicht. Bilaterale und multilaterale Entwicklungsagen- zucht von Saatgut. turen, die separat identische Projekte finanzieren, müs- Die Behörden sind sich inzwischen im Klaren, dass sen kritisiert werden. Was sind die wahren Absichten die Bauernverbände unverzichtbare Partner sind, um einer Entwicklungszusammenarbeit, die praktisch al- Hilfe bei der agropastoralen Entwicklung zu leisten. les finanziert, aber nicht bereit ist, negative Praktiken Die Produzenten Kameruns sind sehr kompetent und zu tadeln ? In Kamerun stellt sich zudem die Frage, was lernbegierig. In Ländern wie Burkina Faso, Mali und Se- ihre Rolle bezüglich der staatlichen Verwaltung jener negal finden die Ansichten der Bauernverbände Ein- Mittel ist, die die Weltbank für die «Initiative pays pau- gang in die politischen Debatten. Allerdings kommt es vres très endettés» (PPTE) bereitstellt.  • auch vor, dass der Staat «im Orchester alle Instrumen- te gleichzeitig spielen» und im Alleingang die Land- Bernard Njonga ist Mitbegründer und Präsident des unabhängigen kamerunischen «Unterstützungsdienstes für lokale Entwicklungs- wirtschaftspolitik konzipieren, die Prioritäten setzen initiativen» (SAILD) und der «Kamerunischen Bürgervereinigung zur und die Themen der Forschung bestimmen will. Bau- Verteidigung gemeinschaftlicher Interessen» (ACDIC), sowie Ko- ernorganisationen werden dann gemäss staatlicher Be- ordinator der Plattform nichtstaatlicher Akteure im zentralen Afrika. Kontakt: [email protected]. Der Text basiert auf einem dürfnisse geprägt. Der Staat riskiert jedoch, dabei von schriftlichen, von Susy Greuter geführten Interview. opportunistischen Produzenten benutzt zu werden.

Finanzierung der Investitionen Die Finanzierung des Anbaus ist noch immer Sa- Private Beratungsinitiative che der Produzenten auf der Basis ihrer eigenen – lei- der sehr beschränken – Mittel. Versuche, die Landwirt- schaft mittels spezialisierter Banken zu fördern sind Joseph Molila war in den 1970er Jahren Exten- gescheitert. Gewisse regionale Genossenschaften ha- sion Officer in Kenia. Er bereiste das ganze Land ben hingegen Spar- und Kreditsysteme für ihre Mit- und unterstützte die Bauern im Auftrag des glieder eingerichet. Familienverbände oder Sparverei- Staates. Im Zuge der Liberalisierung untersag- ne sind nach wie vor die Hauptquellen der Anbaufi- ten die westlichen Geberländer Kenia und an- nanzierung. deren afrikanischen Regierungen solche staat- Im Falle Kameruns besteht ein Paradox darin, dass liche Hilfe für Bauern. Seit einiger Zeit jedoch der Staat neuerdings viel Geld in Form von Subven- halten sich zahlreiche afrikanische Regierun- tionen in landwirtschaftliche Programme und Projek- gen nicht mehr an dieses Verbot und gewähren te steckt – mit katastrophalen Ergebnissen. Wie lässt den Landwirten wieder staatliche Unterstüt- sich erklären, dass der Staat für über fünf Milliarden zung. Molila aber hat nie aufgehört, Bauern im CFA ein Programm finanziert, das die Maisproduktion Mwingi-Distrikt auf freiwilliger Basis auszubil- anheben soll, die Geflügelzüchter aber gezwungen den und freut sich über die vielen unternehme- sind, mit Unterstützung desselben Staates Mais zu im- rischen jungen Bauern und Bäuerinnen. Er sagt, portieren ? Je mehr die Landwirtschaft subventioniert es gebe darunter welche, die seien schon viel wird, desto schlechter scheint es ihr zu gehen. Genau- besser als er selbst. • so rühmt die Propaganda den Beitrag des Staates zur Privatwirtschaft, welche Reis einführt, während sich Ruedi Küng, Info-Africa. gleichzeitig die staatlichen Akteure abmühen, den ei- Welche Landwirtschaft für Afrika? Akzeptanz und Potenzial biologischer Methoden

Afrika kämpft zurzeit heftig um die Ausrichtung seiner Landwirtschafts- und Ernährungspolitik. Die Lage ist dramatisch. Mindestens ein Drittel der knapp 800 Millionen Menschen südlich des Sahels leiden an Hunger und fehlenden Perspektiven. Ein Grossteil der Ackerböden und Weidegründe ist verarmt oder beschädigt und gibt nur Bruchteile der üblichen Erträge her. Wälder und Savannenlandschaften stehen unter Dauerdruck und fallen ungebremst dem Landhunger zum Opfer mit negativen Folgen für die Biodi- versität. Hat die biologische Landwirtschaft das Potenzial, wesentlich zu Ernährungssicherheit und Wohl- stand sowie zur Regeneration der Bodenfruchtbarkeit beizutragen ? Das Forschungsinstitut für biologi- schen Landbau (FiBL) hat gute Gründe, daran zu glauben und neue Wege zu beschreiten, schreibt Gian Nicolay. 6

Auf globaler Ebene zieht die Nachfrage nach Agrar- mit dieser Option können signifikante Wachstumsim- produkten an, und die Preise steigen. Dies spüren nicht pulse von der Landwirtschaft erwartet werden, da de- nur die Konsumenten in den afrikanischen Städten, ren Struktur, räumliche Verteilung und Einbettung in sondern auch Politiker und Investoren. Vor Ort kämp- die lokale Wirtschaft zu Nachfrage in vor- und nachge- fen die oft zu klein gewordenen Bauernbetriebe ums lagerten Bereichen führen. Doch die Umsetzung sol- Überleben von Betrieb und Familie. Rund 30 Prozent cher kleinräumigen Programme ist ungemein kom- des Ernährungsbedarfes afrikanischer Länder werden plex und schwierig, da sie eine Mischung aus Inter- importiert, die Tendenz ist steigend. Die einheimische vention und dem Spiel der Märkte erfordert, was so- Produktion ist gegen die meist subventionierten Le- wohl solides Know-how und minimale Institutionen bensmittel aus Europa, Nordamerika, Brasilien und den voraussetzt, als auch einen «contrat social» zwischen aufstrebenden asiatischen sowie weiteren Ländern Stadt und Land. Wie viel einfacher ist es hingegen, die nicht konkurrenzfähig. Unter dem Druck der reichen Grenzen offenzuhalten und das Ernährungsproblem Nationen und grosser Agrarexportländer wurden Zoll- mittels einer Kombination von globalem Freihandel schutzmassnahmen stark abgebaut. Die afrikanischen und fremdfinanzierter humanitärer Hilfe zu lösen. Lei- Bauern alimentieren ihre Staatsapparate über «Cash- der wird diese «billige» politische Lösung auch von den crops» und Markttaxen, können aber kaum auf finan- Entscheidungsträgern im Westen (einschliesslich der zielle Unterstützung hoffen, um sich gegen Billigimpor- Schweiz) bevorzugt. Probleme werden aufgeschoben te zu schützen. Diese werden von den Regierungen und nicht gelöst. zugelassen, um Aufstände in den Städten und politi- sche Instabilität zu verhindern. Familie versus Kapital Die afrikanischen Gesellschaften und Individuen Kann Ernährungssicherheit sind noch stark in Familienstrukturen eingebunden. durch Eigenproduktion erzielt werden ? Dies gilt auch für die rund 100 Millionen Bauernbetrie- Die prekäre Kaufkraft der städtischen Bevölkerung be Afrikas, einschliesslich der Viehzüchter, Fischer und erschwert somit paradoxerweise den Aufbau einer na- Sammler. Diese versorgen die lokalen Märkte mit le- tionalen und familienbezogenen Landwirtschaft, die benswichtigen Gütern, wo immer diese nicht durch nötig wäre, um Entwicklungsimpulse für Gewerbe, In- billigen importierten Reis, Weizen, Milchprodukte, Öle dustrie und Handel in ländlichen und städtischen Ge- oder gefrorenes Fleisch verdrängt worden sind. Die un- bieten auszulösen. Dem Staat fehlen die Gelder dazu, zähligen Betriebe werden in ihrer Existenz durch tra- und die internationale Gemeinschaft begnügt sich mit dierte Regeln, solidarische Austauschformen sowie «Armutsreduktion» und punktuellen Hilfsprogram- komplexe, in Kultur und Gemeinschaft verankerte In- men. Der Teufelskreis dreht sich schon seit Jahrzehn- stitutionen erhalten. Dieses soziale Kapital vermag oft, ten, mit den sichtbaren Konsequenzen des ländlichen ökonomische Defizite aufzufangen und erhält viele Exodus, der Verarmung vieler Haushalte, abnehmen- Haushalte trotz geringstem Einkommen am Leben. der Erträge und immer fragileren Staaten, die natür- Die westlich gebildete Elite Afrikas kann damit nicht lich auch Gründe ausserhalb der erwähnten Logik ha- viel anfangen und misstraut der tradierten Kultur. Sie ben. Die Tatsache, dass in Afrika die ersten Hunger- bezweifelt, dass diese ökonomisch fortschrittlich zu opfer meist Bauern sind, macht die ganze Tragweite agieren und zur Modernisierung der Nation beizutra- des Dramas bewusst. Wie entscheiden dabei die Poli- gen vermag. Wie viel einfacher ist es da, mit wenigen tiker und die Gesellschaft ? Sollen die verarmten Bau- aber kapitalkräftigen Betrieben grossflächig, mit mo- ern weiterhin in die Städte ziehen und mit (billigen) dernsten Techniken und ohne Bedarf an kostspieligen auf dem globalen Markt eingekauften Waren versorgt staatlichen Beratungsinstitutionen zu wirtschaften. werden – eventuell mit Hilfe von fremdfinanzierten Monokulturen, der Einsatz von kurzfristig ertragsstei- Sozialprogrammen ? Oder sollen mittels staatlich ge- gerndem Mineraldünger, sowie die arbeitssparenden förderten Investitionen und Entwicklungsprogrammen aber teuren und ökologisch oft fragwürdigen Pestizi- die Bedingungen für nachhaltige und familienkontrol- de gehören zu den üblichen Ingredienzen dieser Pro- lierte Landwirtschaftsbetriebe geschaffen werden ? Im duktionsform. Mit den Ölpreissteigerungen und ohne letzten Jahrhundert wurde dies in den Industriestaa- Subventionen wurden jedoch die importierten Produk- ten (auch in der Schweiz) erfolgreich durchgeführt. Nur tionsmittel seit einigen Jahren für Kleinbetriebe uner- schwinglich. Der Verbrauch brach bereits vor Jahren ein. Plötzlich sind alternative Techniken wie die Kom- postierung (als Ersatz für Mineraldünger), die Nutzung von natürlichen Kreisläufen (als Ersatz für Pestizide) sowie andere kostensparende Methoden ins Zentrum des Interesses vieler Kleinbauern getreten.

Die Chance für die ökologische und biologische Landwirtschaft

Ohne die ökologische, soziale und ökonomische Landwirtschaft Krise wäre der Biolandbau heute chancenlos in Afrika. Zu gross sind die Verlockungen der durchtechnisierten, ausdifferenzierten und durch Technik, moderne Kom- 7 munikation und Finanzkapital in Marktmechanismen eingebetteten Verfahren von Produktion, Verarbeitung und Distribution. Doch Not macht erfinderisch und öff- net nebenbei auch oft die Augen. Wurde der Bioland- bau in Afrika bis vor kurzem insbesondere im Baum- Ausbildung von Beratern und woll- und Kaffeesektor entwickelt, so entdecken nun Bauern in Tansania zur immer mehr Bauern, Promotoren, Händler, NGOs, For- Verbesserung der Boden- fruchtbarkeit. Die negativen scher und Politiker die Vorzüge dieser Produktionsart. Folgen des Klimawandels, Oft wird gesagt, die afrikanische Landwirtschaft sei die Afrika besonders stark «von Natur her biologisch» («organic by default»). Dies betreffen, können durch gutes Bodenmanagement ist nicht ganz falsch, aber auch nicht richtig, da hinter und ökologisches Design der biologischen Landwirtschaft meist recht viel west- der Landnutzung in Bezug auf die Ertragssicherheit liche Wissenschaft und Entwicklung steckt. Richtig ist, etwas aufgefangen werden dass die biologischen und ökologischen Produktions- (Foto: G. Nicolay). formen den traditionellen näher stehen als den indus- triellen. Auch das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) wird seit einigen Jahren mit Beratungs- sche und biologische, als auch ökonomische Parame- anfragen überhäuft, meist von NGOs, Regierungsstel- ter erfasst. Finanziert wird dieser für eine Laufzeit von len und der Forschung. FiBL sieht ein grosses Potenti- 15 Jahren konzipierte Versuch vom Lichtensteinischen al, dank biologischen Massnahmen den oft durch all- Entwicklungs-Dienst, der DEZA, Coop und der BioVi- zu grosse Dosen von Mineraldünger verhärteten und sion Foundation. Die gewonnenen Erkenntnisse wer- biologisch verarmten Ackerboden zu «reparieren». den auch Politiker und Forscher ansprechen und einen Dies ist ein Hauptanliegen und wird zum Lackmustest Beitrag leisten zum Schliessen der noch riesigen Wis- des Biolandbaus in Afrika werden. Immer mehr Skep- senslücke im Bereich des tropischen Biolandbaus und tiker werden begreifen, dass dieser nicht «primitiv» ist seiner nachhaltigen Formen. und dank Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität und er- Das Drama um die Ernährungssicherheit in Afrika höhtem Sozialkapital zumindest mittelfristig wissen- wird noch Jahrzehnte andauern. Die Bauern, Konsu- schaftlich-technologisch wie auch ökonomisch durch- menten und Bürger müssen vor Ort für ihre Optionen aus mit der industriellen Landwirtschaft mithalten kämpfen und sich für neue Formen von Landwirtschaft kann. und die Qualität von Nahrungsmitteln einsetzen. Das Wissen um Optionen wird die Suche nach Lösungen Investition in Wissen und Familienbetriebe erleichtern. Wir sind überzeugt, dass die biologische Das FiBL arbeitet seit einem Jahr an einem grösse- Landwirtschaft ein grosses Entwicklungspotential in ren, mehrheitlich von der Bill und Melinda Gates Stif- Afrika hat und nicht als Spielform reicher Länder in die tung finanzierten Projekt, welches Ausbildungswerk- Geschichte eingehen wird. • zeuge im Biolandbau Afrikas verbessern und die ent- Gian L. Nicolay, ing.agr ETH koordiniert das Afrikaprogramm des sprechenden Institutionen stärken soll. Wir setzen so- Forschungsinstituts für biologischen Landbau in Frick. mit direkt an einer zentralen Schwachstelle des Systems Kontakt: [email protected]. an: dem Orientierungswissen der Bauern und Bäuerin- nen. Diese sollen eine Chance erhalten, sich direkt mit Verfahren und Techniken auseinanderzusetzen und die für sie richtigen Entscheide zu treffen. Markt- und Ma- nagementwissen werden integriert und Videos sowie Radioprogramme als moderne Medien genutzt. Das Wissen selbst wird mit den Bauern und ihren Vertre- tern in ausgewählten Ausbildungs- und Beratungsins- titutionen generiert und getestet. Auf der Forschungs- ebene betreibt das FiBL seit 2006 einen Langzeitver- such in Kenia, der konventionelle und biologische Mo- delle vergleichend untersucht und sowohl physikali- Zusammenarbeit braucht staatlichen Konsen s Unterschiedliche Erfahrungen in und Äthiopien

Die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) in Afrika stellen und den internationalen Handel mit landwirt- befasste sich im Hinblick auf Aufbereitung, Ver- schaftlichen Produkten suchen oder bereits betreiben. Zusätzlich sind Arrangements mit landwirtschaftlichen arbeitung und Verpackung von Agrarprodukten Produzenten für diese Projekte nötig. Diesen Teil über- lange nur mit dem ersten Säubern der Ernten. So- liessen wir dem lokalen Partner, was im Falle des hier lange es an Technologien für die Aufbereitung, dargestellten Projektes aus politischen Gründen aller- dings zu einer unbefriedigenden Entwicklung führte. die auch für Genossenschaften oder sogar einzel- Die Firma TESINMA wurde von einem Eritreer ge- ne Bauern erschwinglich sind fehlt, bleiben die gründet, der als Flüchtling in Deutschland Wirtschafts- Bauern von den Abnehmern ihrer Produkte stark ingenieurswesen studierte und nach der Unabhängig- keit Eritreas in sein Land zurückkehrte. Bereits zu ei- abhängig. Bernd Sitzmann war bis vor kurzem nem früheren Zeitpunkt hat das Ökozentrum Langen- 8 als Projektleiter beim Ökozentrum Langenbruck bruck mit diesem Unternehmen die Produktion von tätig, das seit 2002 auch in der EZA in Afrika ak- solaren Warmwasseraufbereitungsanlagen entwickelt und erfolgreich in Gang gebracht. Als Nachfolgepro- tiv ist. Er berichtet über kritische Erfahrungen mit jekt verlief die Zusammenarbeit zur Entwicklung und der Implementierung von Solaranlagen zur Früch- Produktion der solaren Früchtetrockner praktisch in tetrocknung in Eritrea und Äthiopien. Korrespondenz mit der technischen Zeichnerin der Fir- ma. Sie setzte die von uns via Internet gelieferten Plä- ne mit den Metallarbeitern um. Allfällige Schwierig- Das Ökozentrum Langenbruck betätigt sich auch keiten und Probleme meldete sie an uns zurück, wo- in der Entwicklungszusammenarbeit vor allem in Fra- rauf wir neue Lösungen entwickeln und ihr kommuni- gen der Energienutzung und Energieeffizienz. Dabei zieren konnten. Das Ökozentrum Langenbruck selber sind auch Projekte der Weiterverarbeitung landwirt- war in dieser Projektphase nur gerade für die Inbetrieb- schaftlicher Produkte entstanden. Zentral ist für uns nahme zwei Wochen vor Ort ! eine angepasste Technologie, die bezüglich Investiti- on und Komplexität nicht anspruchsvoll ist und sich Afrikaner werden unterschätzt somit lokal reproduzieren und weiter verbreiten lässt. Dass diese Zusammenarbeit so zufriedenstellend lief und rasch zur Produktion eines funktionstüchtigen Modells sowie einer Serie von Repliken führte, setzte natürlich die Fachkenntnisse des Partners und die ei- genständige Motivation voraus. Gerade in diesem Punkt werden hier in Europa die afrikanischen Partner oftmals unterschätzt. Das führt manchmal zu Produk- tionsvorlagen, für deren Betrieb den Arbeitern jedes technische Vermögen abgesprochen wird. Arbeitsgän- ge werden auf dem Niveau einer Behindertenwerkstatt vorgesehen mit dem Resultat einer entsprechend nie- drigen Produktivität. So begrenzt das manuelle Auf- klopfen von Cashewnüssen die Quantität der handhab- baren Ernte und macht den Bauern als Lieferanten un- interessant. Für die Herstellung der Früchtetrockner musste le- diglich ein Hocheffizienslüfter aus Deutschland impor- tiert werden. Somit konnten die Anlagen rentabel und im Prinzip für jede lokale Genossenschaft erschwing- lich gemacht werden.

Die ganze Kette von Zulieferung bis Vertrieb absichern Als weitere Projektkomponente haben wir im Vor- aus mit der Schweizer Fairtrade-Firma GEBANA die Ver- Entladen der solaren triebschancen abgeklärt und eine Marktlücke für ge- Trocknungsanlage trocknete Tomaten festgestellt. Wir haben die Trocken- in Eritrea, links im Bild Projektleiter Verlässliche lokale Partner tomaten aus Eritrea einer ersten chemischen Analyse Bernd Sitzmann Das Projekt «Früchtetrocknung in Eritrea» ist im Ver- unterzogen und die Biozertifizierung vorbereitet. In der (Bild: Ökozentrum lauf unserer Zusammenarbeit mit einer Metallbaufirma weiteren Projektvorbereitungsphase haben wir zusam- Langenbruck). (TESINMA) in Dekemhare zur Herstellung von solaren men mit der Universität Asmara und der Syngenta Stif- Warmwasseranlagen entstanden. Einen verlässlichen tung für nachhaltige Landwirtschaft eine Studie zu lokalen Partner zu haben, hat sich in allen Projekten als möglichen Produktionskapazitäten, Anbaumethoden eine wesentliche Grundvoraussetzung erwiesen. Das und den Einsatz von Pestiziden durchgeführt. sind bei unseren Projekten nicht die Bauern selber, son- Zu Beginn wurden die Tomaten auf dem lokalen dern technische Betriebe, welche die Anlagen lokal her- Markt eingekauft, später nahmen Angehörige des Mi- Zusammenarbeit braucht staatlichen Konsen s Unterschiedliche Erfahrungen in Eritrea und Äthiopien

litärs einen systematischen Anbau von Tomaten in De- kemhare auf. Die Abordnung von Soldaten zum Toma- tenanbau setzte freilich ein bedenkliches Zeichen für die Zukunft dieses Projektes ! Es war ein Vorzeichen für die Probleme, die schliesslich den erprobten, exzellent verlaufenden Projekten des Ökozentrums Langen- bruck, ja dem ganzen Unternehmen ein dramatisches Ende bereiteten. Wir hatten bereits Anfragen einer Schweizer Bank, welche an Investitionen in diesen Be- trieb interessiert war, die wir aber über die zunehmen- den Konflikte mit den Behörden informieren mussten. Obwohl der Verkauf der getrockneten Tomaten die nö- tigen Devisen einbrachte, wurde es immer schwieriger, zuletzt gar unmöglich, die nötigen Einfuhrbewilligun- gen für die Materialien der Solar- und Trocknungsan- lagen zu erlangen. Die Behörden verlangten, dass die Anlieferung der Tomaten ihnen in Devisen bezahlt wur- de und verweigerten andererseits die Gutschrift von Devisen für den Materialeinkauf. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Eritrea eine der höchsten Pro- Kopf Ausgaben für Waffen unter den Afrikanischen Staaten hat. Durch ein eritreisches Förderungskonsens gibt den Ausschlag Unternehmen angefertigter Prototyp der vom Öko- Der Unternehmer, der zuvor auf seine Beziehungen Die Weiterverbreitung der Früchtetrocknung soll zentrum Langenbruck zu den Machtkreisen gehofft hatte, musste schliesslich sich aber nicht darauf beschränken, dass die im Me- entwickelten Früchte- den Betrieb aufgeben und mit seiner deutschen Frau tallbaubetrieb gebauten Anlagen durch das Unterneh- trocknungsanlage. Gekoppelt mit einem nach Deutschland zurückkehren. Die technische Zeich- men selbst eingesetzt werden. Genossenschaften oder solaren Warmwasser- nerin ist nun als Flüchtling in der Schweiz. sogar einzelne, unternehmerische Bauern können die- speicher kann die Anlage im 24-Stunden-Betrieb Dies ist sicher ein Extrembeispiel dafür, dass für die se Anlagen erwerben, sofern Abnehmer gefunden wer- laufen (Bild: Ökozentrum Nachhaltigkeit eines Projektes das Interesse der Behör- den können. Im Gegensatz zu der bitteren Erfahrung Langenbruck). den und die Kooperation mit ihnen ebenso ausschlag- in Eritrea ist die Regierung in Äthiopien bereit, land- gebend sind wie all die anderen oben erwähnten Vor- wirtschaftliche Unternehmungen mit Krediten zu för- aussetzungen. Allerdings muss nicht immer mit solch dern. Das Ökozentrum Langenbruck begleitet das Pro- dramatischen Entwicklungen gerechnet werden, denn jekt in Äthiopien weiter, selbst wenn die technische da nützen wahrscheinlich auch Verträge staatlicher Entwicklung an sich abgeschlossen ist. • Agenturen der Zusammenarbeit nicht, die doch mehr

Gewicht als eine Nichtregierungsorganisation haben. Der Maschienenbau-Ingenieur Bernd Sitzmann ist ein Spezialist für Unser lokaler Partner, die Geschäftsführung der Firma Solaranlagen. Er leitete von 2000 bis 2007 den Bereich Solarenergie TESINMA hatte fortlaufend erfolgreich Verhandlungen am Ökozentrum Langenbruck und wechselte dann zur Firma CONSOLAR GmbH. Als Projektberater ist er weiterhin mit dem mit den einschlägigen Behörden geführt. Der Hand- Ökozentrum verbunden. lungsspielraum wurde aber immer kleiner und die bü- Kontakt: [email protected], [email protected]. rokratischen Strukturen immer komplizierter.

Andernorts geht es Beide Projekte zur Produktion von solaren Warm- wasseranlagen und Früchtetrocknern werden nun in Äthiopien wiederum mit einem privaten Metallbauun- ternehmen erfolgreich weitergeführt. Der Sohn des Un- ternehmers produziert mit diesen Früchtetrocknern nun ebenfalls getrocknete Tomaten. Er hat Verträge mit Schweizer Fairtrade-Händlern abgeschlossen und ein Netz von Vertragsbauern für die Lieferung der To- maten aufgebaut. Diesen garantiert er dank des Ex- ports in die Schweiz weitgehend den Absatz. Dies ist sehr wichtig, um eine wilde Fluktuation von Anbaumen- gen und Preisen zu verhindern. Eine Überproduktion, die in der Hoffnung auf Absatzmöglichkeiten leicht ent- steht, resultiert in einem entsprechendem Preiszerfall. In der folgenden Saison werden die Bauern das Produkt dann kaum mehr anbauen, die Weiterverarbeitung und die Belieferung der Abnehmer gerät ins Stocken, und das Unterfangen droht aus dem Geleise geworfen zu werden. Mosambikanische Revolte I Preissteigerungen enden in Eskalation

Am 1. und 2. September 2010 kam es in Maputo tung des Metical gegenüber dem südafrikanischen und anderen grösseren Städten Mosambiks zu Rand. Die Inflationsrate betrug Ende August 17 Prozent (zum Vergleich: von September 2008 bis August 2009 Demonstrationen. Auslöser der Proteste waren betrug diese nur ein Prozent). Für eine Stadt wie Ma- die Preissteigerungen bei einer Reihe von Basis- puto, in der etwa 94 Prozent der konsumierten land- gütern, wie Brot, Strom, Wasser, Benzin. Bei den wirtschaftlichen Produkte importiert werden, hat das gravierende Auswirkungen. Für die Erhöhung der Was- Auseinandersetzungen mit der Polizei starben ser- und Strompreise war die mosambikanische Regie- dreizehn Menschen und mehr als vierhundert rung direkt verantwortlich. Nach eigenen Angaben sah wurden verletzt. Tabea Behnisch beleuchtet wie sie sich gezwungen, die Preise anzuheben, nachdem sie drei Jahre lang niedrig gehalten wurden. es zur Eskalation kam und was ihre Hintergrün- 10 de sind. Ungerechte Politik Die Proteste können als Zeichen der Verzweiflung und als Ausdruck von Menschen gewertet werden, die «Mosambik ist ein Paradox. Ein Erfolgsbeispiel, aber mit der Regierungspolitik nicht einverstanden sind. immer noch eines der ärmsten Länder der Welt», kom- Einer Politik, die nicht der Mehrheit der Bevölkerung mentierte der Botschafter Grossbritanniens, Shaun zugute kommt. Deren zentrales Element ist die Unter- Clearly, die Unruhen. Seit Jahren verzeichnet Mosam- stützung von Grossprojekten. So wird in den neuen bik hohe Wirtschaftswachstumsraten (durchschnittlich Strategiepapieren an den Internationalen Währungs- etwa acht Prozent). Gleichzeitig steigen die Armutsra- fonds angekündigt, sich in den nächsten Jahren wei- ten. Die Unruhen als sichtbares Zeichen einer extremen terhin primär auf Grossprojekte und den Bergbau zu sozio-ökonomischen Ungleichheit führen zu einer öf- konzentrieren. Landwirtschaft wird lediglich unter «So- fentlichen Diskussion des mosambikanischen Entwick- ziale Ausgaben» aufgeführt und auch die Unterstüt- lungsmodells. zung mosambikanischer Unternehmen wird nicht er- wähnt. Dabei wäre die Förderung kleiner und mittlerer Preissteigerungen Unternehmen, vor allem in der Landwirtschaft, drin- Der Erhöhung der Preise liegen viele Faktoren zu- gend notwendig, um die Ernährungssicherheit der Be- grunde. Der Preis für Brot und Benzin wird zwischen völkerung zu gewährleisten. So fordert Dipac Jaintil, den Privaten, wie den Bäckern des Landes, und dem Direktor der Banco de Moçambique und ehemaliger Mit- Staat festgesetzt. Vor den Protesten verlangten die Bä- arbeiter der Weltbank, dass die Regierung abkehren cker eine Preiserhöhung, da der Preis für Weizen in den müsse von der bisher praktizierten Unterstützung der vorherigen Monaten extrem gestiegen war. Aber nicht Mega-Projekte, um stattdessen kleine und mittlere Un- nur der Weizenpreis ist in den letzten Monaten in die ternehmen zu fördern. Denn nur so könne das Wirt- Bei den Demonstrationen Höhe geschnellt. Die durchschnittliche Preiserhöhung schaftswachstum beibehalten, neue Jobs geschaffen am 1. September 2010 ging die Polizei mit Tränengas, bei Gemüse und Obst betrug in den letzten sechs Mo- und soziale Ruhe hergestellt werden. Weiterhin fordert Gummiknüppeln und naten 34 Prozent. Die extremsten Preiserhöhungen er, dass die Verträge mit den Grossunternehmen neu Schusswaffen gegen die gab es bei Salat (94 Prozent), Kohl (64 Prozent), Toma- ausgehandelt werden müssten, um sicher zu stellen, Demonstranten vor. Dreizehn Menschen starben ten (55 Prozent) und Zwiebeln (37 Prozent). Ein we- dass diese mehr Steuern zahlen. Problematisch ist auch und über vierhundert sentlicher Faktor für diese Verteuerung ist die Entwer- die festgelegte Dauer der Steuererleichterungen. So Personen wurden verletzt hat beispielsweise die Aluminiumschmelze MOZAL 50 (Bild: Jornal Notícias, Mosambik). Jahre zugesprochen bekommen. Nachdem die mosambikanische Regierung merk- te, dass die Proteste nicht abklingen würden, machte sie einen Rückzieher und versprach das Einfrieren der Preise bis zum Ende des Jahres. Ausserdem bildete der Präsident das Kabinett um und entliess unter anderem den Landwirtschaftsminister. Ob nachhaltige Massnah- men zu einer gerechteren Teilhabe der Bevölkerung am Wirtschaftswachstum geschaffen werden, bleibt abzu- warten.  •

Tabea Behnisch ist Vorstandsmitglied des Koordinierungskreises Mosambik. Die Sozialwisssenschaftlerin macht derzeit ihren Master in Lateinamerikastudien an der FU Berlin. Der Artikel wurde erstmals im Mosambik-Rundbrief Nr. 81 abgedruckt. Kontakt: [email protected]. Mosambikanische Revolte II Wirtschaftswachstum allein macht nicht satt

Die Böden sind fruchtbar und trotzdem kämpfen Koste es, was es wolle», sagt Eduardo Costa. Für die die Menschen ums Überleben. Es fehlt, ganz ba- Regierung sei das gleichbedeutend mit Entwicklung. Natürlich stehe sie auch unter enormem Druck, unter nal, an Lagerhallen und Transportmöglichkeiten anderem von der Weltbank und dem Internationalen für Kartoffeln, Mais und Reis. Dabei gilt Mosam- Währungsfonds, gibt Costa zu. «Aber in Mosambik bik als Musterstaat unter den Entwicklungslän- zeigt sich, dass die Rechnung nicht aufgeht: Wir gelten zwar als Musterstaat unter den Entwicklungsländern, dern. Leonie March vermittelt ein Stimmungsbild. unsere Wirtschaft wächst jedes Jahr, aber das Problem der Armut ist dadurch nicht gelöst worden.» Im Gegen-

teil: Die Zahl der armen Menschen nehme zu und die Mosambik Im Mercado Municipal, der alten Markthalle im Her- Unterschiede zwischen Arm und Reich würden immer zen Maputos, ist wieder der Alltag eingekehrt. An den grösser werden. «Einseitig auf Wachstum zu setzen, ist Ständen stapeln sich Obst und Gemüse, frischer Fisch, also nicht der beste Weg, unser Land zu entwickeln.» 11 allerlei Haushaltswaren. Frauen feilschen mit den Händ- Leonie March ist freie (Radio-)Korrespondentin in Südafrika und lern um die Preise, nutzen den täglichen Einkauf für berichtet regelmässig über das ganze südliche Afrika. Der Artikel ein kurzes Gespräch. Noch immer beschäftigt die Men- wurde erstmals im Mosambik-Rundbrief Nr. 81 abgedruckt. schen, was erst vor wenigen Wochen geschah: Autos Kontakt: [email protected] brannten, Steine flogen, die Polizei griff hart durch, es gab Tote und Verletzte. Auch der Markt war für kurze Zeit geschlossen worden aus Angst vor Plünderungen. «Es ist schwer zu sagen, ob die Proteste noch einmal aufflammen werden. Denn es war ja ein spontaner Auf- stand. Er war nicht von einer Gewerkschaft oder ande- ren Gruppen organisiert worden», sagt Gemüsehändler Domingos Eduardo Watte. «Wenn die Menschen Hun- ger haben, dann sind sie zu allem fähig und kaum noch berechenbar.» Der 56-Jährige stützt sich auf seinem Stand ab, auf dem in Plastiktüten sauber abgepackt Boh- nen, Tomaten, Knoblauch und andere Lebensmittel lie- gen. Die meisten Produkte kommen aus Südafrika. Da- durch seien sie teurer, erklärt Watte. Man sollte mehr in Mosambik anbauen, statt aus Südafrika Lebensmittel zu importieren, fordert er. «Unsere Böden sind frucht- bar. Eigentlich sollten wir doch genug Mais, Kartoffeln und Reis selbst anbauen können. Aber momentan bleibt uns nichts anderes übrig, als alles einzuführen.»

Schlechte Infrastruktur Die Abhängigkeit von Importen ist ein Problem, das auch die mosambikanische Regierung umtreibt. Nach den Protesten rief sie die heimischen Landwirte dazu Marktfrauen in Maputo. auf, mehr anzubauen. Doch ein Appell allein reicht nicht, Cashew-Nüsse sind ein mosambikanisches Produkt, kritisiert Eduardo Costa, Programmdirektor der inter- doch 30 Prozent der im nationalen Nichtregierungsorganisation «Action Aid» Per SMS zum Protest Land produzierten Lebens- in Mosambik: «Es ist eine Schande, dass ich als Mosam- mittel kommen nicht bei den Verbrauchern an. bikaner auf dem Markt südafrikanische Lebensmittel Stattdessen werden viele kaufen muss, während meine Mutter auf dem Land tb. Interessant ist, wie zu den Protesten auf- Lebensmittel aus Südafrika zwar genug anbaut, aber Probleme hat, ihre Ernte zu gerufen wurde. Diese wurden nicht etwa von importiert (Bild: Leonie March). verkaufen.» Costa macht die schlechte Infrastruktur für einer politischen Organisation initiiert, sondern die aktuelle Situation verantwortlich. «Der Aufruf zu durch eine Textnachricht, die massenweise wei- einer Steigerung der Produktion bringt gar nichts, wenn tergeleitet wurde. Um weitere Proteste zu un- die Farmer ihr Obst und Gemüse nirgendwo lagern oder terbinden, wies die mosambikanische Regie- verkaufen können.» rung die Telefonanbieter an, die SMS-Dienste an den Protesttagen zu stoppen. Das Recht auf Wachstum ohne Armutsbekämpfung freie Meinungsäusserung wurde dadurch mas- Gut die Hälfte aller Mosambikaner lebt unterhalb siv verletzt. Die aufgeschreckte Regierung woll- der Armutsgrenze. Die meisten bearbeiten das Land te daraufhin das geplante Vorhaben der Regis- noch mühsam per Hand und erwirtschaften auf ihren trierung aller Besitzer von SIM-Karten besonders Feldern gerade mal genug, um sich und ihre Familien schnell über die Bühne bringen, was aber logis- durchzubringen. Für grundlegende Veränderungen sei tisch nicht möglich ist. Mittlerweile wurde die ein politischer Kurswechsel nötig, aber nicht in Sicht. Registrierung auf das laufende Jahr verscho- «In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die ben. • Regierung nur am Wirtschaftswachstum interessiert ist. Afrika in Kürze

Afrika

Landkäufe Weltwirtschaftskrise Governance-Index Ausländische Staaten, halbstaatliche Afrikanische Länder haben die Mo Ibrahim, ein Unternehmer mit Gesellschaften und multinationale Weltwirtschaftskrise besser überstan- sudanesischen Wurzeln, ist ein Firmen kaufen im grossen Stil frucht- den als befürchtet. Das Wirtschafts- erfolgreicher Geschäftsmann. Seine bare Böden oder Gebiete mit mutmass- wachstum hat wieder zugelegt: 2009 eigene unternehmerische Erfahrung in lichen Rohstoffvorkommen auf. Zahl- ging es zwar auf + 2,5 Prozent zurück, Afrika veranlasste ihn, sich zu fragen, reiche afrikanische Staaten lassen für 2010 wird jedoch ein Wachstum worin die Hindernisse für die wirt- solche Verkäufe zu oder fördern sie von + 4,5 Prozent erwartet. Die Prog- schaftliche Entwicklung Afrikas liegen. sogar. Spitzenreiter beim Ausverkauf nose für 2011 ist + 5 Prozent und Er kam zum Schluss, dass vor allem 12 ist Sudan, wo rund vier Millionen beträgt dann knapp soviel wie vor der schlechte Regierungsführung die Hektar Land an ausländische Inves- Wirtschaftskrise (+ 6 Prozent). Nicht Entwicklung hemmt, und gründete toren verkauft worden sind. In überall ging die Krise glimpflich aus. deshalb 2006 die Mo Ibrahim Foun- Mosambik sind es 2,6 Millionen Hektar, Am meisten litt Südafrika, wo das dation zur Förderung guter Regierungs- in Liberia 1,6 Millionen, in Äthiopien Wachstum nur 3 Prozent beträgt und führung. 1,2 Millionen, in 790 000, in somit deutlich unter den von der Seit mehreren Jahren werden alle Angola 500 000 Hektar. Genaue Zahlen Regierung angestrebten 7 Prozent liegt, 53 afrikanischen Staaten bezüglich lassen sich oft nicht eruieren, da es die nötig wären für eine sozial ver- Rechtssicherheit, Regierungsführung, sich um Einzelabkommen mit Investo- trägliche, d. h. ausgeglichene Entwick- Entwicklung und anderen Faktoren ren handelt, die nicht publiziert lung. bewertet. An der Spitze der soeben werden. • Sektoren, die unter der Krise litten, veröffentlichen Rangliste steht mit 82 waren die Rohstoffe und der Tourismus, von 100 maximal möglichen Punkten Luftverkehr hingegen wurden im Bereich der Mauritius, gefolgt von den Seychellen Flugreisen nach Afrika sind meist Dienstleistungen und im Agrarsektor (75 Punkte; 2. Rang), Botswana und teuer geblieben. Einen eigentlichen Zuwächse registriert. Der Gross- wie Kap Verde (beide 74 Punkte; 3. Rang) Wettbewerb zwischen den Fluggesell- auch der Kleinhandel blühen, ebenso und Südafrika (70 Punkte; 5. Rang). schaften gibt es kaum und der Kon- das Bankenwesen und die Telekommu- Abgeschlagen liegen auf dem 49. Rang tinent ist für den Weltluftverkehr nikation. Nicht zuletzt fielen die Ernten Eritrea (33 Punkte), Zimbabwe und weniger erschlossen als andere 2010 gut aus. Ins Gewicht fielen auch DR Kongo (32 Punkte; 50. Rang), Erdteile. Die Gründe sind Protektionis- die nach wie vor starken Auslands- Tschad (31 Punkte, 52. Rang) und mus, mangelhafte Infrastruktur und investitionen, die von 10 Milliarden Somalia (8 Punkte, 53. Rang). • verbreitete Korruption. Afrikas Flug- USD im Jahr 2000 auf 90 Milliarden gesellschaften leiden zudem unter dem USD gestiegen sind. Dabei handelt es Afrikas Studierende in Übersee schlechten Ruf einiger weniger Gesell- sich vor allem um Investitionen aus der Über 100 000 Studierende aus schaften, die infolge ungenügender Volksrepublik China. Aufgrund der afrikanischen Ländern sind in Frank- Wartung ihrer Maschinen auf der Zuwächse entsteht in verschiedenen reich an einer Universität oder Hoch- internationalen schwarzen Liste stehen. afrikanischen Staaten eine breitere schule eingeschrieben. In den USA Zwei Gesellschaften schwingen im Mittelschicht in Verbund mit einer studieren 51 000, in Grossbritannien Afrikageschäft obenauf: South African steigenden Urbanisierung. In Anleh- 28 000 und in Deutschland 8000 Af- Airways (SAA) und Ethiopian Airlines. nung an die südostasiatischen rikaner. Aber auch Südafrika beher- Ethiopian wird 2011 als dritte afrikani- «Tiger-Staaten» wird nun von einzelnen bergt 50 000 Studierende, die aus den sche Gesellschaft neben Egyptair und afrikanischen Staaten als «kleinen übrigen afrikanischen Ländern SAA Mitglied der Star Alliance. Dreh- Löwen» gesprochen ! • kommen. kreuz von Ethiopian Airlines ist Addis Studierende aus dem Maghreb Abeba, doch ist in Togos Hauptstadt zieht es vor allem nach Frankreich Lomé ein weiterer Hub aufgebaut (58 000), Deutschland (6000) und worden. Von dort werden zwölf Kanada (5000), jene aus den anglopho- weitere Destinationen in Westafrika nen Ländern nach Grossbritannien angeflogen. Zusammen mit den Star (25 000), in die USA (24 000) und nach Alliance Partnern Egyptair und SAA soll Australien (5000). 45 000 Personen aus eine gemeinsame Tochtergesellschaft den franco- und lusophonen Ländern aufgebaut werden, die den westafrika- studieren in Frankreich, 11 000 in nischen und zentralafrikanischen Portugal und 7000 in den USA. • Markt abdeckt. • Südafrika Schweiz

Zimbabwer in Südafrika Steuerflucht multinationaler Nestlé im Zwielicht Südafrikas Regierung kündigte Konzerne Nachforschungen der beiden Orga- bereits im September 2010 an, dass Eine Untersuchung der Organisation nisationen Erklärung von Bern und illegal im Land weilende zimbabwische Action Aid zeigt auf, dass die Entwick- Natural Justice ergeben, dass Nestlé Staatsangehörige ihren Aufenthalt lungsländer jährlich Steuerverluste fünf Patente auf die Verwendung von unter bestimmten Bedingungen lega- in Milliardenhöhe erleiden, da multi- Rooibos und Honeybush angemeldet

lisieren können. Voraussetzung sei, nationale Firmen in den Produktions- hat, die südafrikanisches Recht wie Afrika in Kürze dass sie sich bis zum 31. Dezember ländern erwirtschaftete Gewinne über auch die Biodiversitätskonvention 2010 registrieren lassen und Aufent- listige Arrangements und fiktive (CBD) verletzen. Vier der fünf Patente haltspapiere für Südafrika erwerben. Dienstleistungen der Konzernzentrale betreffen die Anwendung von Rooibos 13 Die anderen würden nach diesem abziehen. Die Steuerverluste aufgrund und Honeybush zur Behandlung Termin ausgewiesen. Die Gesuchsteller solcher Machenschaften dürften an bestimmter Haut- und Haarkrankheiten. brauchten dazu verschiedene Do- das siebenfache der gesamten Zuwen- Das andere Patent beinhaltet die Ver- kumente, die sie sich erst beschaffen dungen an Entwicklungshilfe betragen. wendung von Rooibos zur Verhütung mussten. Weder die südafrikanischen Der südafrikanische Getränkekonzern von Entzündungen. Die Ansprüche noch die zimbabwischen Behörden SABMiller, zum Beispiel, verlagert jedes sind sehr umfassend und betreffen waren dem Ansturm gewachsen, so Jahr geschätzte 60 Millionen Franken eine breite Produktepalette, die von dass sich noch nach dem 20. Dezember von seinen afrikanischen Produktions- Cappuccino und Salatsauce über 2010 lange Schlangen vor den Ein- stätten in die schweizerische Steuer- Zahnpasta bis hin zu Lippenstift reicht. wohnerämtern bildeten. Verlangt wurde oase Zug, wo er mit einer Briefkasten- Antragssteller ist die Nestec AG, eine ein Arbeitsnachweis (ein Affidavit der firma vertreten ist. Allein durch die Nestlé-Tochter. Polizei für informelle Tätigkeit oder ein «Managementkosten» der Zuger Sowohl Rooibos wie auch Honey- Schreiben des Arbeitgebers) sowie Tochter entgehen den afrikanischen bush kommen endemisch in der west- ein Pass. Viele der heimlich geflohenen Standorten rund 13 Millionen Franken lichen und östlichen Kapprovinz in Arbeitssuchenden verfügten jedoch Steuereinnahmen. Südafrika vor. Beide Arten werden dort lediglich über einen Geburtsschein So hat die Accra Brewery, eine seit jeher als Medizinalpflanzen ver- oder eine Identitätskarte. Menschen- Tochterfirma von SABMiller in Ghana, wendet. Gemäss dem südafrikanischen rechtsorganisationen setzten sich trotz einem gewaltigen Jahresumsatz Gesetz zur Biodiversität benötigt ein dafür ein, dass diese Bestimmungen in den letzten drei von vier Jahren Unternehmen eine Regierungsbewilli- gelockert wurden. Bis zum 31. De- offiziell keinen Gewinn gemacht. Doch gung, um genetische Ressourcen aus zember 2010 haben sich immerhin zahlte sie jeweils dem Zuger Unter- Südafrika zu erforschen, sofern eine 230 000 Personen legalisieren können, nehmen Bevman Services AG happige Kommerzialisierung oder Patentierung 140 000 hatten dies schon vor der 4,6 Prozent des Umsatzes (im Jahr beabsichtigt ist. Die Bewilligung wird Kampagne geschafft. Das ist immer 2010 waren dies rund 1,5 Millionen) für nur erteilt, wenn vorgängig die Auf- noch nur ein Sechstel der auf zwei Finanzberatung, Personalstrategie, teilung daraus entstehender Gewinne Millionen geschätzten zimbabwischen Unternehmensberatung, Marketing und in einem Abkommen geregelt wurde. Staatsangehörigen in Südafrika. Bleibt technische Dienstleistungen. Der Laut dem südafrikanischen Umwelt- abzuwarten was tatsächlich passiert, Konzern sparte sich so die ghanaische ministerium hat Nestlé eine solche Be- wenn die beantragten Registrierungen Unternehmenssteuer von 25 Prozent. willigung aber weder beantragt noch verarbeitet sind ! • Der afrikanische Staat musste sich mit erhalten. Die Patentanmeldungen von dem bescheidenen Ertrag der kleinen Nestlé stehen daher in krassem Wider- Quellensteuer (8 Prozent) begnügen. spruch zum südafrikanischen Gesetz Das SECO, das in Ghana ein Programm und zur CBD. unterstützt um das Steuersystem Nestlé beabsichtigt mit diesen effizienter zu machen (und das Inves- Forschungen sein Kosmetikgeschäft zu titionsklima zu verbessern), dürfte erweitern. Der Nahrungsmittelkonzern daran auch wenig ändern können: Die hält über 30 Prozent an L’Oréal und 50 offizielle Schweiz sträubt sich gegen Prozent an Innéov, einem Joint-Venture Schritte, diese Zustände zu ändern. • mit L’Oréal. Innéov wird vermutlich die Der Bericht steht unter folgender URL zum Produkte vertreiben, welche auf den Download zur Verfügung: www.actionaid.org.uk/ doc_lib/calling_time_on_tax_avoidance.pdf fraglichen Patenten basieren. Nestlé muss sich erklären. •

Zusammengestellt von sg, hus. Literatur

Buchbesprechungen

Aus Unterdrückung Eine ambivalente Beziehung von Afrika: Von der schwierigen wird Hass sg. Das besondere, von der Wiedereingliederung der Kriegs- sg. Jean Ziegler hat nach Geschichte geprägte Verhältnis verletzten und Kindersoldaten in seinem provozierten Ausscheiden zwischen Europa und Afrika war Liberia, über die zwischen Hoff- aus der schweizerischen Legisla- Thema einer 2009 vom Europa- nung und Angst schwankenden tive über zehn Jahre reiche Er- institut in Basel veranstalteten Menschen, die über Mauretanien fahrung in den Foren der Verei- Vortragsreihe. Die Beiträge aus auf gewagten Fahrzeugen nach nigten Nationen gesammelt. So dem Blickwinkel verschiedener Europa übersetzen wollen, bis beginnt er dieses Buch mit Dar- Disziplinen (Geschichte, Geogra- hin zu den olympischen Spielen stellungen des sich immer mehr fie, Ethnologie, Politikwissen- der ehemaligen Kindersoldaten verhärtenden Dialogs zwischen schaft und Völkerrecht) sind nun im Südsudan. Die Reportagen den Nationen des Südens und bei Schwabe erschienen. Sie sind mit grossem Feingefühl jenen des Nordens und mit der bieten einen Einblick in die facet- verfasst. Sie eröffnen einen wachsenden Zahl von Beispielen, tenreiche Beziehung, die sich neuen, interessanten Einblick wo dieser Dialog zusammen- im Laufe der Zeit immer wieder in afrikanische Lebensumstände brach, weil keine der Parteien die anders fokussierte und sich – eine kurzweilige, spannende Prämissen der anderen mehr sowohl an den Ereignissen als Lektüre ! • anerkennen oder auch nur mehr auch an prominenten Reflexionen Birgit Virnich: Ein Fahrrad für die Fluss- götter. Reportagen aus Afrika. München hören wollte: Die gescheiterte auflud. Aus den imperialen 2010 (A1 Verlag). Anti-Rassismus-Konferenz in Dur- Interessen, die selbst bei den ban 2001, verschiedene WTO- Unabhängigkeitserklärungen Kritische Blicke auf Südafrika Konferenzen, die AKP-Verhand- noch ihren Einfluss zeigten, den hus. Nach «Südafrika – die lungen mit der europäischen wirtschaftlichen Eingriffen, die Grenzen der Befreiung» von Am- Union . die Ausbeutung der afrikanischen bacher und Kahn (siehe Bulletin Die Erkenntnis, dass mit Rohstoffreserven vorantreiben, 138) steht deutschsprachigen jedem internationalen Vertrag die und aus der sich nicht als legiti- Lesern eine weitere interessante Übervorteilung der armen Länder matorisch verstehenden Kultur- Publikation zur Verfügung, die zugunsten der Wirtschaft des mission der Kirchen und Men- sich mit der jüngeren Entwick- mächtigen Westens zunimmt, schenrechtsinstitutionen ent- lung am Kap befasst. Nach Jahren lässt den Nationen des Südens stand eine Gemengelage, die sich der Verklärung sind Anregungen schliesslich die Blockade als in ihrer ganzen Ambivalenz und für die Reflexion über die aktuelle Mittel. Darin erkennt Ziegler den Widersprüchlichkeit im heutigen politische Lage sehr willkommen. zunehmenden Hass auf den Handeln fortsetzt. Der einzige Der von Renate Wilke-Launer Westen, der sich auch in den Beitrag eines afrikanischen herausgegebene Sammelband Bevölkerungen ausbreitet. Er Autors zeigt den Widerhall der vereint Beiträge von zehn Auto- zeichnet die Spuren jahrhunder- mehrfachen Überwältigung auf. ren und Autorinnen, die unter- telanger, unsäglicher Unter- Diese setzt sich in ihrer akzep- schiedliche Fragestellungen drückung nach, die sich in den tierenden, defensiven Ausfor- aufgreifen. Die Beiträge zu den Menschen eingegraben haben. mung mit Europa auseinander, Problemen einer Befreiungsbewe- Zusammen mit der gegenwärti- moniert in der offensiven Aus- gung an der Macht, zur Geschich- gen Verschärfung der Armut und formung aber auch den Bruch, te der verschiedenen südafrikani- den immer prekärer werdenden die Autonomie und die Hinwen- schen Nationalismen, zum Ver- Chancen, sich daraus heraus- dung zu anderen möglichen sagen der öffentlichen Verwal- zuarbeiten, ergeben sie einen Partnern. • tung oder zu den Herausfor- Nährboden für eine Radikali- G. Kreis (Hrsg.): Europa und Afrika. derungen für die Wirtschafts- Betrachtungen zu einem komplexen sierung. Vielerorts – nicht nur im Verhältnis, Basel 2010 (Schwabe Verlag). führung haben eher theoretischen Islam – entstehen Bewegungen, und analytischen Charakter. die sich von keinem Befriedungs- 20 Momentaufnahmen Andere, mehr beschreibende versuch mehr erreichen lassen aus Afrika Beiträge orientieren sich an und die beginnen, die noch hus. Birgit Virnich war wäh- aktuellen Reibungsflächen, kooperationswilligen Kreise im rend sechs Jahren Korresponden- beispielsweise der Lage der eigenen Land anzugreifen. • tin von ARD in Nairobi. In rund afrikanischen Immigranten in Jean Ziegler: Der Hass auf den Westen – 20 Reportagen geht sie auf ein- Südafrika, HIV/Aids oder der wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren, München zelne Begebenheiten ein, die sie Politik der Stromkonzerne. • 2008 (Bertelsmann). in ihrer Arbeit recherchierte, die Renate Wilke-Launer (Hg.): Südafrika. Katerstimmung am Kap, Frankfurt a. M. 2010 jedoch kaum je Eingang in die (Brandes & Apsel). Berichterstattung fanden. Der Bogen reicht von Westafrika über das südliche Afrika bis ans Horn Literatur und Musik

Buchbesprechungen Neue CD

Nigeria – ein «Failed State» ? Eritrea has got soul hus. Nigeria macht Schlag- Das Jahr 2010 brachte eine zeilen. Sei es wegen der grassie- schöne musikalische Über- renden Korruption und dem raschung, als plötzlich eine frisch Versickern der Erdölmilliarden, eingespielte, vorzügliche CD aus sei es wegen der Konflikte dem ostafrikanischen Staat zwischen der christlichen und der Eritrea kam. Eritrea ist nach islamischen Bevölkerung im längeren Kriegen mit Äthiopien Norden, sei es wegen der gigan- stark abgeschottet, weshalb auch tischen Umweltkatastrophe im kaum etwas Musikalisches aus Nigerdelta. 50 Jahre sind seit der diesem Land in unsere Breiten- Unabhängigkeit vergangen und in grade dringt. Ausnahme war vor dieser Zeit haben sich Milliarden- einigen Jahren die grosse Sänge- einnahmen in Luft aufgelöst. Der rin Faytinga. Zwei sehr empfeh- Erlös aus der Erdölförderung ist lenswerte Produktionen von ihr kaum ansatzweise zur Entwick- waren bei uns greifbar und Fay- lung des Landes, dem Aufbau tinga machte auch eine kleinere einer Infrastruktur oder der so- Europa-Tournee. Selbstverständ- zialen und wirtschaftlichen lich ist ihre Stimme jetzt auf Entwicklung breiter Bevölkerungs- Eritrea’s Got Soul wieder zu kreise verwendet worden. Unter hören. den Eliten des Landes besteht ein Zu verdanken ist diese informeller Konsens, die Einnah- herausragende Produktion dem men aus dem Erdöl- und Gas- französischen Ex-Punk und Die Asmara All Stars geschäft möglichst reibungsfrei Musikliebhaber Bruno Blum. Nach (Bild: Thomas Dorn, out here rec). untereinander aufzuteilen. längeren Aufenthalten in England Liebeslieder. Dem Produzenten Heinrich Bergstresser zeichnet und Jamaica verschlug es Blum Bruno Blum, der auf der Platte diese Entwicklung über die vor etwa drei Jahren in die Bass spielt, gelang es, trotz stets letzten Jahrzehnte nach. Auch eritreische Hauptstadt Asmara. anwesenden staatlichen Aufpas- das reichhaltige Kulturschaffen Er staunte über die grosse An- sern, die Produktion zu einem Nigerias fliesst als Thema ein und zahl begnadeter Musikerinnen feinen Ende zu führen. Dazu bereichert die äusserst fakten- und Musiker, begann mit ihnen gehörte der grosse Auftritt der reiche, gut recherchierte und zusammenzuarbeiten und Asmara All Stars im herunterge- dokumentierte Publikation. • gründete die Big Band Asmara All kommen Teatro Asmara. Es wird Heinrich Bergstresser: Nigeria. Macht und Stars. Darin sind Junge und Alte, gesagt, dieses altehrwürdige, Ohnmacht am Golf von Guinea, Frankfurt a. M. 2010 (Brandes & Apsel). Tradition und Moderne gleicher- noch von den italienischen massen vertreten. So trifft das Kolonialherren erbaute Haus, eritreische Nationalinstrument habe seit Jahrzehnten keinen Krar auf rockige Gitarren und solch grandiosen Anlass mehr spacige Orgelklänge. Die Platte erlebt. Die Musikerinnen und ist ein wahres Wunderwerk. Im Musiker wuchsen förmlich über Admas Studio, dem einzigen sich hinaus und gingen bestens brauchbaren in Asmara, ver- aufeinander ein, die Sängerinnen schmolzen die verschiedenen und Sänger wechselten sich eritreischen Musikstile, vermischt elegant ab. So auch auf der mit rockigen Zwischentönen und vorliegenden CD. Elf verschiede- -Rhythmen. Fetzige ne Sängerinnen und Sänger sind Bläsersätze, jazzige Einlagen und da zu hören, dazu ein Rapper sogar ein Rap tragen zu einem und zwölf feste Musikerinnen Die Besprechung verfasste sehr hörbaren Mix bei. Dazu und Musiker begleitet von neun Pius Frey. kommen die Stimmen der ver- Gastmusikern. Das ergibt einen Bezugsadresse für CD: schiedenen Sängerinnen und besonderen Sound mit einem Buchhandlung Comedia, Sänger, welche übrigens alle acht speziellen Klang. Wie alle Pro- Katharinengasse 20, Landessprachen zum Tönen duktionen beim kleinen Münch- 9004 St. Gallen. bringen. Neben der ehemaligen ner Label out here ist auch [email protected]. Freiheitskämpferin und heutigen Eritrea’s Got Soul mit einem www.comedia-sg.ch, mit Musik-Diva Faytinga singt zum feinen Booklet ausgestattet. • umfassendem Asmara All Stars: Eritrea’s Got Soul. Beispiel der 70-jährige Mahmoud Angebot aktueller CDs mit 13 Tracks. Spielzeit etwa 65 Minuten. Ahmed Omer seine traditionellen out here rec. Musik aus Afrika. Malangatana Valente Ngoenha (1936 – 2011)

em. Am frühen Morgen des 5. Januars 2011 verlor Malangatana war ein sehr vielseitiger Künstler, der die Welt kurzfristig ihre Farben. Der grösste mosambi- sich neben der Malerei auch der Skulptur widmete und kanische Maler erlag im Alter von 74 Jahren den Folgen Gedichte verfasste, die sogar in der berühmten Antho- einer langen Krankheit. Geboren unweit der Hauptstadt logie der schwarzen Kunst in Paris veröffentlicht wur- Maputo, wuchs Malangatana bis zum zwölften Lebens- den. Mit seinen farbenfrohen Gemälden setzte er Mass- jahr bei seiner Mutter auf. Sie ernährte ihre Familie u. a. stäbe. Er selbst pflegte zu sagen, dass er mit der Ma- mit dem Erlös aus der Dekoration von Kalebassen, wäh- lerei die Welt neu als eine Welt der Gefühle erschaffen rend der Vater als Wanderarbeiter in Südafrika weilte. habe, indem er die Sehnsucht, Hoffnung, Zuversicht Als Hirtenjunge besuchte Malangatana erst mit elf Jah- und den Schmerz zeichnete, die den Alltag einfacher ren eine von Schweizer Missionaren gegründete Schu- Mosambikaner prägten. Seine tiefe kulturelle Verbun- le. Später wusch und bügelte er für einen portugiesi- denheit bildete die Grundlage für das Gespräch mit der schen Haushalt und arbeitete als Balljunge in einem Welt, das er über seine Kunst pflegte. In Malangatanas Tennisclub. Dort lernte er den Biologen Augusto Cab- Malerei erreichte Mosambik die Grösse seiner immen- ral und den berühmten Architekten Pancho Guedes sen Vorstellungskraft und wurde dadurch für die Welt kennen, die ihn als Maler förderten. Mit 25 Jahren hat- sichtbar. Er wurde überall auf der Welt gefeiert, erhielt te Malangatana seine erste Einzelausstellung, die ihm den Prinz Claus Preis und wurde von der UNESCO zum gleich den Durchbruch verschaffte. 1964 steckte ihn Friedenskünstler ernannt. Malangatana wird den meis- Malangatana Valente die portugiesische Kolonialregierung wegen seiner Nä- ten Mosambikanern nicht nur als Kunstschaffender in Ngoenha, 1936 – 2011 he zur nationalistischen Bewegung für 18 Monate ins Erinnerung bleiben, sondern er wird ihnen auch als bo- (Bild: Jornal Notícias, Mosambik). Gefängnis. denständiger und grosszügiger Förderer der Kultur feh- len. •

Das Zentrum für Afrikastudien Basel (ZASB)

Universität als Kompetenzzentrum gefördert und neue Professuren wurden geschaffen (die sozial- wissenschaftlich ausgerichteten Afrikastudien 2009 und die aussereuropäische Theologie mit Schwerpunkt Afrikas 2011), die die bestehenden in Geschichte, Epidemiologie, Biogeografie und Ethnologie verstärken. Das Zentrum ist Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Afrikastu- va. In den letzten zehn Jahren hat sich Basel dien und vertritt die Schweiz im Europäischen zum Zentrum der Afrikaforschung in der Schweiz Netzwerk der Afrikaforschung AEGIS. In Afrika ist entwickelt. Nirgendwo sonst gibt es eine entspre- es mit dem Council for the Development of Social chende Dichte an Ressourcen, Kompetenzen und Science Research in Africa CODESRIA assoziiert Aktivitäten in Lehre und Forschung. und pflegt enge Beziehungen und einen regelmäs- Am Anfang stand ein loses Netz von Fachberei- sigen Austausch mit mehreren Universitäten in chen an der Universität und ausseruniversitären Ost, West und dem südlichen Afrika. Institutionen, die sich mit Afrika befassten: das Zentrales Informationsorgan des ZASB ist seine Schweizerische Tropen- und Public Health-Insti- Webseite und ein elektronischer Veranstaltungs- tut (Swiss TPH, damals noch STI), die Basler Afri- kalender. Dieser wird jede Woche an über 1200 ka Bibliographien, Mission 21 und das Museum der Adressen versendet und bewirbt neben den Ver- Kulturen. Auf dieser Basis wurde 2001 ein Zent- anstaltungen der Partnerinstitutionen auch solche rum gegründet, das Lehre und Forschung zu Af- aus der weiteren Region. Seit Herbst 2010 ist das rika fördert, die Afrika-bezogenen Aktivitäten an ZASB Mitherausgeber des Afrika-Bulletins. Mit dem der Universität koordiniert und sie mit jenen der Afrika-Komitee ist es schon lange verbunden, ko- Partnerinstitutionen vernetzt. Zusätzlich zur Leh- ordinierte doch Barbara Müller Ende der 90er Jah- re in den einzelnen Fächern wurde 2003 ein inter- re das Vorläuferprogramm an der Universität Ba- disziplinärer Masterstudiengang African Studies sel und finden regelmässig gemeinsam organi- eingeführt. 2011 folgt ein entsprechendes Dokto- sierte Mittagsveranstaltungen (afriqu’à midi) statt. ratsprogramm. Seit 2008 wird das ZASB von der Info: www.zasb.unibas.ch. •