Seite 2071 Heimatkundliche Blätter Januar 2018

Termine und Exkursionen Die Veranstaltungen der Heimatkundlichen Vereinigung im Februar und März

FEBRUAR Auf Spurensuche: Das Stadtarchiv Balingen stellt stadtgeschichtliche Dokumente über „Demokratie und Bürgerrechte“ vor. Um 14.00 Uhr besteht Gelegenheit, Jahrgang 65 31. Januar 2018 Nr. 1 Samstag, 17.Februar: die Magazine zu besichtigen. Geöffnet ist von 13.30 bis Halbtagesexkursion 15 Uhr. Stadtarchiv Balingen, Charlottenstr. 31, 72336 mit Dr. Veronika Balingen. Mertens: „Karl-Cas- par-Kirchen“ in der Stadtarchiv 14 bis 17 Uhr Region: Heudorf, Das Archivteam präsentiert Archivalien zum Thema Binsdorf, Hausen am „Demokratie und Bürgerrechte“, also handschriftliche Tann und das Haus Texte, Zeitungen, Druckschriften und Fotos. Um 14.30 Prof. Dr. Schäfer, und 16 Uhr gibt es die Möglichkeit, während einer Füh- Beuron. rung auch das Magazin kennenzulernen, wo die Un- Im Zusammenhang terlagen des Stadtarchivs geschützt lagern. Stadtar- mit der „Christus- chiv Albstadt, Johannesstraße 5 (Bildungszentrum Un- bild“-Ausstellung im oth), 72458 Albstadt-Ebingen. Kunstmuseum Alb- stadt veranstaltet die Stadtarchiv Geislingen 13.30 bis 17 Uhr Heimatkundliche Ver- Präsentation der neuen Archivräume mit Ausstel- einigung Zollernalb lung. Stadtarchiv Geislingen, Schlossstraße 15, 72351 eine Halbtagesexkur- Geislingen. sion zu Kirchen, an de- Im Haus Ebertstraße 2 hatte einst der angesehene jüdische Arzt Dr. Alexander Bloch seine Praxis und sei- ren Ausstattung der ne Wohnung. Das Haus wurde zwischenzeitlich abgerissen. Archivfoto: Klaus Irion Mittwoch, 7. März: Halbtagesexkursion mit Jürgen junge Karl Caspar Scheff: Schwäbisches Kulturarchiv und Hirten- (1879-1956) zwischen 1905 und 1910 mitgewirkt hat. nächst geht es um zwei Kleindenkmale, die von Nar- hornmuseum – Haus der Volkskunst, Frommern. Darunter sind ein Altarbild in Hausen am Tann, die renvereinen initiiert wurden und die sich auf die Un- Nutzungsmöglichkeiten des Archivs und Museums Chorbogenmalerei in der Katholischen Pfarrkirche St. tertanenunruhen in der Grafschaft Zollern im 17. und schwäbischer Volkskunst des Schwäbischen Albver- Petrus und Paulus in Scheer-Heudorf bei Sigmaringen 18. Jahrhundert beziehen. Es handelt sich um eine Ste- eins. (1906), Wandfresken in der Kath. Pfarrkirche St. Mar- le mit einem Fuchskopf auf dem Dorfplatz in Haiger- 14 Uhr, Balingen-Dürrwangen, Ebingerstr. 52-56, kus in Geislingen-Binsdorf (1908) und Außenfresken loch-Owingen, die an das Jahr 1699 erinnert, als eine Teilnahme frei. am Privathaus von Prof. Dr. Bernhard Schäfer, em. Or- Reihe von Prozessen und Revolten begann, die in Owin- dinarius für Exegese in Münster (1910). gen ihren Anfang nahm, als sich die dortigen Bürger Samstag, 17. März: Halbtagesexkursion mit Gerhard Busfahrt. Balingen, an der Stadthalle, 12 Uhr. Alb- weigerten, einen Fuchs für den Fürsten auszugraben. Deutschmann: Vom ehemaligen Sebastiansweiler stadt-Ebingen, Busbahnhof, 12.30 Uhr. Euro 20,- Der Narrenbrunnen in Bisingen bezieht sich auf das zum Startplatz der „Natter“, der ersten bemannten Ende der Revolten im Jahre 1798, als der Landesver- Rakete der Welt. Wanderung zu geschichtsträchti- Mittwoch, 21 Februar: Vortrag mit Wolfgang Willig: gleichabgeschlossenwurde,demdieBisingerabernicht gen Orten am Rande des Truppenübungsplatzes Heu- Rückblick auf die Studienfahrt „Istrien und Friaul“ beitraten und deshalb bis heute den Namen „Nicht- berg. 2017. huldiger“ tragen. Bei Albstadt-Onstmettingen erin- 14 Uhr, Treffpunkt bei den Freilandscheunen an der 18.00 Uhr, Balingen, Landratsamt (Sitzungssaal), nern „Freipirschgrenzsteine“ aus dem Jahre 1583 und Zufahrt von Frohnstetten zum TrÜbPl Heuberg, Teil- Hirschbergstr. 29, Eintritt frei. weitereGedenksteinean die Auseinandersetzungenum nahme frei. die Freie Pirsch in diesem Gebiet. Zahlreiche würt- tembergische Untertanen ließen in dieser Gegend vom 16. bis ins 18. Jahrhundert ihr Leben, weil sie ihr Recht auf die Pirsch wahrnehmen wollten und dabei als an- MÄRZ gebliche Wilderer von zollerischen Jägern erschossen STAMMTISCHE wurden. Höhengasthof Nägelehaus, Raichberg (956 m), Wanderheim des Schwäbischen Albvereins. Links der Raichbergturm, Aussichtsturm des Schwäbischen Albvereins. Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis Fotomappe Schwäbisch Alb Sonntag, 4. März: Tag der Archive zum Thema „De- Der Vortrag von Dr. Michael Walther trägt den Titel Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich un- mokratie und Bürgerrechte“. „Geschichte nicht nur vom Ende her denken.“ Hin- ter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Es beteiligen sich das Kreisarchiv Zollernalbkreis und denburg, Aussetzung der Bürgerrechte im National- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- die Stadtarchive Albstadt, Balingen und Geislingen. In sozialismus und die Vertreibung der Balinger Juden. nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. den genannten Stadtarchiven finden ab 13.30 Uhr bzw. Paul von Hindenburg (1847 – 1934) war eine der schil- 14 Uhr Vorträge und Veranstaltungen statt. lerndsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- 125 Jahre Zollergau im Um 15.30 Uhr beginnt die Veranstaltung im Kreis- des 20. Jh. So war der als Weltkriegsgeneral verehrte schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, archiv Zollernalbkreis. Zunächst werden zwei Kurz- „Sieger von Tannenberg“, auch am Sturz der Monar- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- vorträge gehalten. Der Vortrag von Kreisarchivar Dr. chie im November 1918 beteiligt. Seit 1925 Reichs- [email protected] oder gescha- Andreas Zekorn trägt den Titel „Aufstand in der Fast- präsident, hatte Hindenburg einen entscheidenden [email protected] sowie Schwäbischen Albverein nacht. Tote an der Grenze – Der Kampf um Rechte in Anteil an der Transformation der demokratisch ver- über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- der Frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen“. fassten Weimarer Republik in die nationalsozialisti- einigung.de. Der Vortrag greift neben dem Motto des Tags der Ar- sche Diktatur. Entgegen einer immer noch weit ver- Über ein Jahrhundert im Dienste von Naturschutz, Heimat und Wandern - Von Helmut Disch chive auch das Schwerpunktthema der Heimatkund- breiteten aber veralteten (Lehr-)Meinung, gab es we- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. lichen Vereinigung 2018 „Kleindenkmale“ auf: Zu- der eine sog. „Hindenburg-Kamarilla“ noch war der Reichspräsident „altersschwach“. Hindenburgs Wir dokumentieren nachfolgend die Rede, die der obmann gewählt. Bis Am 8. Oktober 1899 wurde die bescheidene Lochen- „Übertragung“ der Regierungsgewalt an eine Koaliti- stellvertretende Gauvorsitzende des Zollergaus Helmut zum Ende des ersten hütte eingeweiht, die bis heute besteht. on der „nationalen Kräfte“ unter Reichskanzler Adolf Disch beim Festakt „125 Jahre Zollergau im Schwäbi- Weltkriegs war Hechin- Bei der Gauversammlung am 11. März 1900 in Ba- Hitler war vielmehr den inhaltlichen Gemeinsamkei- Herausgegeben von der schen Albverein“ am 1. April 2017 in Albstadt-Mar- gen mehr oder weniger lingen wurde dem Antrag Ebingens entsprochen, Ebin- ten von Hindenburg und Hitler in zentralen Fragen der Heimatkundlichen Vereinigung grethausen gehalten hat. der Sitz des Gaues und gen und Umgebung vom Donau-Schmeiegau, später Die Autoren dieser Ausgabe deutschen Politik geschuldet. Im April 1933, noch un- Zollernalb die Ortsgruppe Hechin- Oberer-Donau-Gau in den Zollergau aufzunehmen. ter der Präsidentschaft Hindenburgs, wurde das erste Bei der Herbstversammlung des Schwäbischen Alb- gen stellte die Gauob- Damit waren die Grenzen des Zollergaus nach Süden Vorsitzender: gegen Juden gerichtete Ausnahmegesetz („Gesetz zur vereins am 22.11.1891 in Plochingen beschloss das Gre- männer. Bereits im endgültig festgelegt. In Ebingen wurde am 17. Sep- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“) erlas- mium,dasVereinsgebietinGaueeinzuteilen.Nachdem Gründungsjahr wurden tember 1899 der Schloßfelsenturm eingeweiht, wobei 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Helmut Disch sen. Die gesellschaftliche Ausgrenzung und der all- Lichtensteingau am 08.01.1892 wurde der Zollergau am die Schutzhütten auf sich der Albverein rühmen darf, wenigstens 4 Meter Eugenstr. 40 mähliche Verlust der Bürgerrechte hat auch Balinger Geschäftsführung: 31.01.1892 als 2. Gau gegründet, damals unter dem Na- dem Dreifürstenstein mitfinanziert zu haben, was Prof. Nägele bei der Ein- 72475 Bitz Bürger betroffen, die Familie Schatzki und den Arzt Dr. Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, men Eyach – Starzel - – Gau. Er umfasste von und dem Zellerhorn ein- weihungsfeier ausdrücklich betonte. Alexander Bloch. 72461 Albstadt, den Oberämtern Tübingen und Rottenburg die Ge- geweiht. Hunderte von Im Jahr 1913 erschien in den Albvereinsblättern ei- Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Walther wird ei- Telefon (0 74 32) 68 07 biete vom zur Alb, das Oberamt mit Gästen wohnten der ne Übersichtskarte, in der die Bereiche Tübingen, Rot- Karl-Heinz Müller ne kleine Ausstellung des Kreisarchivs präsentiert, in E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- Ausnahme von Stetten unter Holstein und Hör- dortigen Feier bei, die tenburg, Haigerloch und Rosenfeld dem Oberen Ne- In Weiherwiesen 39 der ausgewählte Unterlagen zum Thema „Demokratie vereinigung.de schwag, die Oberämter Haigerloch und Balingen mit Helmut Disch. Foto: Privat wegen Cholera fast ab- ckargau zugeschlagen wurden, die OG Haigerloch 72116 Mössingen und Bürgerrechte“ mit Bezug zum Gebiet des Zoller- Onstmettingen, aber ohne das Revier Ebingen, vom gesagt werden musste. kehrte 1974 zum Zollergau zurück. Durch den 1. Welt- nalbkreises gezeigt und erläutert werden. Redaktion: Oberamt Gammertingen die Orte Melchingen, Ring- Durch die persönliche Freundschaft von Professor Nä- krieg wurden die Aktivitäten immer weniger und eine 15.30 Uhr, Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, ingen und Salmendingen. Die erste Gauversammlung gele und dem Vertrauensmann der OG Hechingen, langjährige Aufwärtsentwicklung endete. (Sitzungssaal), Hirschbergstr. 29, Eintritt frei. 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 fand am 31.01.1892 im Gasthaus Museum in Hechin- Ludwig Egler bestanden bis in die 30er Jahre sehr en- 1924 konnte die durch die OG Onstmettingen wie- Stadtarchiv Balingen 13.30 bis 15 Uhr gen statt. Amtsrichter Knorr wurde zum ersten Gau- ge Beziehungen zwischen Hauptverein und Zollergau. der aufgebaute Schutzhütte auf dem Zellerhorn ihrer Seite 2069 Heimatkundliche Blätter Januar 2018 Januar 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2070

Dezember des gleichen Jahres konnten auch die neu re- novierten Gasträume des Nägelehauses wiedereröff- net werden. Im Mai 1991 wurde auch die Moderni- Wenn der Dirigent beim Probedirigat raucht sierungderFremdenzimmerfertig.Zusammenmitdem Jugendzentrum auf der Fuchsfarm bildet der Raich- berg mit Aussichtsturm und Wanderheim das sicht- Der Musikverein Balingen zwischen 1896 und 1908 und seine Vorläufer - Von Karl-Heinz Müller bare Herzstück des Zollergaus. Ab 1990 wurden mehrtägige Wanderreisen als An- ner gewissen Frist“ von den Musikern abbezahlt wer- regung für die Ortsgruppen durchgeführt. den. Wie wichtig der Stadt eine Stadtkapelle war, zeigt Im Jubiläumsjahr 1992 hatte der Zollergau fast 7400 sich auch daran, dass die Stelle des Dirigenten mit ei- Mitgliederin40Ortsgruppen.DieSchutzhüttenaufdem nem Jahresgehalt von 400 Mark ausgeschrieben war, Zellerhorn und dem Dreifürstenstein wurden zum Ju- worauf sich 13 Interessenten bewarben. Nun fehlen biläum gründlich renoviert. Im Jahr 1998 renovierte die Aufzeichnungen über den tatsächlichen Umfang der OG Balingen die Lochenhütte. Den höchsten Mitglie- AufgabendesDirigenten,dochwennmanbedenkt,dass derstand hatte der Zollergau im Jahr 2000 mit 8000 Mit- um 1900 ein Textilarbeiter etwa 600 Mark oder ein preu- gliedern. Danach ging die Mitgliederzahl leider zurück ßischer Volksschullehrer etwa 1500 Mark im Jahr ver- auf heute ca. 7000. Ebenso lösten sich 2010 die OG Hai- diente, war der Posten finanziell sicher attraktiv. gerloch und 2011 die OG Straßberg auf. Auch der Zoll- Die Stelle sollte zunächst an F. Dehner aus Than- ergau kann dem generellen Mitgliederschwund aller heim gehen. Dieser konnte aber bei einem Auftritt mit Bericht über die Gauversammlungen des Schwäbischen Albvereins Gauversammlung in Hechingen am 31.1.1892. Vereine nicht ganz entgehen. seiner Straßberger Kapelle im Schwefelbad nicht über- Quelle: Blätter des Schwäbischen Albvereins 4. Jg. (Nr. 1, Januar 1892), S. 39. In den letzten Jahren wurden sowohl das Jugend- zeugen. Am 18.Mai 1896 erschien ein mit „ein Musik- zentrum Fuchsfarm als auch das Nägelehaus mehr- freund“ unterschriebener Leserbrief: „….. Wir können Bestimmung übergeben werden. Ebenso wurde 1927 red Jenter kam ab 1958 Schwung ins Jugendwandern fach umfassend renoviert und modernisiert, da beide auf Grund der gebotenen Leistungen die Wahl keine die während des Krieges abgebrannte Schutzhütte auf und neue Volkstanzgruppen entstanden. 1960 wurde nicht mehr den neuesten Brandschutzvorschriften ent- glückliche nennen. (…) Die Leistungen der Kapelle sind dem Dreifürstenstein durch Prof. Nägele wieder ein- unter Mithilfe amerikanischer Militärhubschrauber der sprachen. Außerdem wurden auch neue Energiespar- für eine Landgemeinde, wie Straßberg, ganz aner- geweiht. Diese wurde 1977 durch die OG Mössingen re- Aussichtsturm auf der Schalksburg erbaut. 1965 trat der fenster eingebaut und Elektrotechnik, Kühlräume und kennenswert, (… ) aber schon die Zusammensetzung noviert. verdiente Gauobmann Willy Baur aus Hechingen zu- Sanitäranlagen auf den neuesten Stand gebracht. Da- der Kapelle, die (..) an Cirkusmusik erinnert , verrät Schon bei der Gauversammlung 1913 stellte die OG rück. An dessen Stelle trat Gregor Götz, Bürgermeister für waren Investitionen im hohen 6-stelligen Bereich kein musikalisches Ohr ihres Leiters (..) Herr Dehner Onstmettingen den Antrag, zum Bau eines Aussichts- von Margrethausen. Die Jugend lag ihm sehr am Her- erforderlich, die der Gesamtverein zu stemmen hatte. überläßt seine Musiker fast ganz sich selbst, versteht turms auf dem 958 m hohen Raichberg. Der 1. Welt- zen und er legte sich kräftig ins Zeug, als die 1964 vom Der Zollergau fördert seit vielen Jahren die Wan- nicht auf sie einzuwirken (…) was zu einem exakten Zu- krieg und die nachfolgende Inflation verzögerte je- Hauptverein erworbene ehemalige Silberfuchsfarm auf derführerausbildung und gewährt Zuschüsse. Ab 2004 sammenspiel unbedingt erforderlich ist, kurz, man doch dieses Projekt. Erst bei der Hauptversammlung dem Raichberg als Jugendzentrum eingerichtet wur- bis 2011 wurden erfolgreich Gauwanderwochen für je- kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als habe Herr 1926 in Balingen gab der Vorsitzende Prof. Nägele grü- de. Bereits im Sommer 1965 fand das erste Jugend- dermann, auch zu Zielen im Ausland angeboten. Lei- Dehner selbst noch nie in einer gut zusammenge- nes Licht für die weitere Planung eines Aussichts- zeltlager statt. Seither haben Tausende Kinder und Ju- der mussten diese aber 2012 wegen rückläufiger Teil- schulten Kapelle mitgespielt. Wenn der Dirigent vol- turms sowie eines Wanderheims. 1927 wurde dann bei gendliche dort die Natur unserer Heimat kennen- und nehmerzahlen eingestellt werden. Die Hauptver- lends im öffentlichen Vortrag eines Musikstücks sein der Hauptversammlung in Ulm beschlossen, diese schätzen gelernt. 1984 fand eine umfassende Reno- sammlungen des Hauptvereins mit Albvereinsfest fan- Ältestes Bild des Musikvereins Balingen von 1900 mit dem ersten Dirigenten Alois Hahn (erste Reihe, sitzend, Zweiter von links). Instrument absetzt, um einige Züge aus seiner Zigarre Baumaßnahme anzugehen. Im August 1928 konnten vierung statt. den zuletzt 1980 und 2003 in Ebingen sowie 1999 in Ba- Fotos: Archiv Karl-Heinz Müller zu nehmen (..) so ist natürlich ein guter Ansatz und ei- unter „vieltausendfacher Beteiligung aus nah und fern“ 1980 kaufte der Albverein das ehemalige Rathaus in lingen statt und brachten immer viel Arbeit, aber auch ne reine Intonierung nicht möglich. (…)“ das 40-jährige Jubiläum des Albvereins zusammen mit Dürrwangen. Mitglieder der Volkstanzgruppe From- große Anerkennung der Teilnehmer und Besucher. Am 1. Februar 1908, also vor 110 Jahren, rief der da- führung des ersten Garbenwagens nach den Hunger- Die Stelle ging dann an Alois Hahn aus Dottern- der Einweihung von Wanderheim und Turm gefeiert mern restaurierten in Tausenden von Arbeitsstunden Seit etwa einem Jahrzehnt konnten unter maßgeb- malige Balinger Stadtschultheiß Hofmann im „Volks- jahren die Schuljugend vom Siechenkirchle bis zur hausen und die Kapelle hatte im Laufe der nächsten werden. Den Abschluss bildete ein großes Feuerwerk. das Haus und machten ein Wanderheim daraus, in dem licher Mitarbeit des Albvereins im Gebiet des Gaues freund“ zur Gründung eines Musikvereins auf. Die Re- Stadtkirche mit Gesang dem Wagen vorangegangen sei. Jahre viele von der Presse gelobte Auftritte. Doch in- 1933 wechselten die OG Ofterdingen und Nehren zum heute viele Seminare und Lehrgänge stattfinden sowie zahlreiche Qualitäts- und Premiumwanderwege ein- aktionder Bevölkerungwarüberwältigend.In densechs Zwischen den Knaben und Mädchen sei eine Gruppe ternen Uneinigkeiten, schlechter Probenbesuch und Tübinger Gau. alle Musik- und Tanzgruppen ihre Heimat haben. Im geweiht bzw. zertifiziert werden. Als Beispiele seien ge- Wochen bis zur Gründungsversammlung am 6. März von Musikanten spaziert und es wurde eine „prächti- eine häufig defizitäre Kassenlage , die die Stadt immer Der Aufschwung nach dem Ende des 1. Weltkriegs Jahr 2003 wurde das benachbarte Jetterhaus gekauft nannt: Der HW 1, Donau-Zollernalbweg, die Trauf- 1908 im Gasthof Schwanen (heute Volksbank) hatten ge Musik gemacht. Nach beendigtem Gottesdienst ging wieder großzügig ausglich, verhinderten bald eine wei- fand aber 1934 ein jähes Ende, mehr als 2700 Mitglie- und ebenfalls restauriert. Damit hatte das Wander- gänge in Albstadt sowie diverse Premiumwanderwege sich 253 Personen in die Mitgliederliste eingetragen, der Zug mit Musik und Gesang zum oberen Tor hi- tere positive Entwicklung. Auch die Tatsache keinen der verließen den Albverein. Die Massenarbeitslosig- heim endlich auch mehr Unterkunftsmöglichkeiten bei Meßstetten und Mössingen. obwohl die Stadt damals gerade einmal etwa 4100 Ein- naus und wurde in Johann Georg Stings Wirtsscheune ortsansässigen Dirigenten zu haben - eine Bahnver- keit und die Machtergreifung Hitlers erforderte eine sowie weitere Seminarräume. In der 125-jährigen Geschichte waren und sind für wohner zählte und sich vermutlich nur die Familien- geführt.“ bindung nach Dotternhausen gab es noch nicht - mag Neuausrichtung. Hauptsächlich die Anordnung Hit- Eine gemeinsame Gauausfahrt mit der Bahn an den den Zollergau insgesamt 10 Gauobmänner tätig. In den vorstände eintrugen. Vermutlich bestand die Hauptaufgabe dieser Mu- ihr Übriges getan haben. Immer wieder übernahmen lers, die Jugend in der Hitlerjugend zusammen zu fas- Bodensee im Jahr 1926 war Vorbild für die Gauwan- ersten Jahrzehnten waren diese meist nur einige Jahre Dirigent wurde Jakob Hermann, der spätere Schult- sikanten im Turmblasen, Spielen bei Hochzeiten und ortsfremde Kapellen Veranstaltungen in der Stadt. Die sen, bedeutete eine Zäsur. Der Schwäbische Albverein derzüge, die jährlich von 1969 bis 1997 organisiert wur- im Amt und überwiegend Richter, Rektoren und an- heiß von Waldstetten, das später zusammen mit Weil- sonstigen festlichen Angelegenheiten. Diese Aufgabe wiederholten und sehr beliebten Auftritte der viel zahl- bekam die Aufgabe, „das Ringen um die Volksge- den und bis zu 1000 Teilnehmer in die Züge lockten. dere höhere Beamte. Erst ab den 1930er-Jahren wur- heim zu Weilstetten wurde. Die Musiker wurden ver- hatte sich auch die Jäckh'sche Kapelle gestellt, die ge- reicher besetzten Tübinger Regimentskapelle mit ih- meinschaft und Pflege der Heimat- und Vaterlands- Oft wurde die Lok von unserem langjährigen Gau- den auch Angehörige anderer Berufsgruppen gewählt. pflichtet, in der Woche zwei Proben zu besuchen und gen Ende des letzten Jahrhunderts in Balingen und Um- ren Berufsmusikern machte die Situation nicht leich- liebe“ zu betreiben. In Folge trat GO Prof. Baur zu- wegmeister Otto Müller gefahren. Die längsten Amtszeiten hatten Willy Baur aus He- jeden Sonntag von 11- 12 Uhr Platzkonzerte abzuhal- gebung bekannt war. Bei größeren Anlässen musste sie ter und so war an eine Teilnahme beim Musikfest des rück, da er nicht Parteimitglied war. Auch viele Ver- Die 1970er und 80er Jahre brachten große Verän- chingen von 1933 bis 1965, also 32 Jahre, Gregor Götz ten. Diese ehrgeizige Zielsetzung konnte aber wohl sich allerdings mit Musikern der umliegenden Dörfer Schwarzwaldgaus in Ebingen Ende Juni 1907 nicht zu trauensmänner legten ihr Amt mit der Begründung derungen im Freizeit- und Wanderverhalten. Die zu- aus Margrethausen 24 Jahre lang, von 1965 bis 1989 nicht vollständig erfüllt werden. verstärken und wegen Mangel an Nachwuchs trat sie denken. Am 22.Juli 1907 wies der Volksfreund schließ- „anderweitiger Überlastung“ nieder. Die Veranstal- nehmende Motorisierung sowie immer mehr andere und unser heutiger Gauobmann Josef Ungar, der das Die rege Mitgestaltung des jungen Vereins am kul- nach 1896 nur noch vereinzelt auf. lich darauf hin „ .. wie rückständig unsere Stadt selbst tungen mussten vielfach zusammen mit der NS-Or- Freizeitangebote waren oft eine Konkurrenz für die Amt seit 1998, also seit 19 Jahren in diesen Zeiten des turellen Leben der Stadt spiegelt sich laut „Volks- Diese Situation wurde als für eine Oberamtsstadt un- Dorfgemeinden gegenüber mit ihrer Musikkapelle ist, ganisation „Kraft durch Freude (KDF)“ durchgeführt Ortsgruppen und führten dazu, dass auch der Albver- Strukturwandels erfolgreich ausübt. Ich denke, wir sind freund“ zumindest in einem kleineren Gartenkonzert würdig empfunden, und so beriet der Gemeinderat un- welche die Stadtkasse schon so viel Geld gekostet hat“. werden. Diese Organisation hatte eigene Orts- und ein sein Portfolio erweiterte und Radtouren, Skitou- ihm dafür zu höchstem Dank verpflichtet und hoffen, im Schwefelbad und im November in einem vom Ver- ter Stadtschultheiß Eisele im Januar 1896 die Situati- Es wurde die Frage gestellt, ob es nicht möglich wäre „ Kreiswanderwarte und wurde zu einer starken Kon- ren, Rund- und Fernwanderungen anbot. dass er noch viele Jahre dieses arbeitsreiche Amt be- ein organisierten „Großen Volkskonzert“ in der neuen on. Am 16. Mai 1896 berichtete dann der „Volks- durch die Berufung eines tüchtigen, geschulten Mu- kurrenz. Das 50-jährige Bestehen des Albvereins 1938 Ein wesentliches Anliegen waren schon immer der hält. Turnhalle (heute Eberthalle), bei dem die neue Blas- freund“ über die Gründung einer städtischen Musik- sikdirigenten (…) die Gründung einer den Anforde- bestätigte zwar die Tätigkeit des Vereins für die Allge- Naturschutz und die Erhaltung unserer Kulturland- kapelle immerhin vier der 15 Programmpunkte bei- kapelle. Die nötigen Instrumente wurden zunächst von rungen der Jetztzeit entsprechenden Musikkapelle oder meinheit aber unter der neuen Maxime „für Führer und schaft. Viele Ortsgruppen übernahmen Patenschaften steuerte. Der „Volksfreund“ schrieb in seinem Bericht der Stadt vorfinanziert, sollten dann aber „innert ei- Musikvereins in die Wege zu leiten“ , was dann auch Volk, für Vaterland und Heimat. Ab 1940 mussten die für Maßnahmen zur Erhaltung von Natur und Um- Quelle: „… Man merkt, dass es noch eine frische Kapelle ist, im Frühjahr des Jahres 1908 geschah. Jugendabteilungen aufgelöst werden. 1941 fand die welt. Beispiele sind die Aktionen Irrenberg und Schaf- manche Ungereimtheiten laufen noch mitunter, doch letzte Gauwanderung zum Nägelehaus statt. Das Er- berg, die bis heute vom Zollergau durchgeführt wer- Archiv des Schwäbischen Albvereins wird bei fleißigem Studium noch Gutes zu erwarten Literatur scheinen der Albvereinsblätter wurde eingestellt, das den. Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Zoller- sein.“ Nägelehaus wurde beschlagnahmt und mit polni- Im Jahr 1986 wurden der Aussichtsturm auf dem gaus: 100 Jahre Zollergau: 1892 – 1992. [Hrsg. vom: Zoll- Schon am 14.Dezember 1908 wagte man sich an das Printmedien schen Kriegsgefangenen belegt. 1942 übernahm die Raichberg mit Unterstützung fast aller Ortsgruppen, ergau im Schwäb. Albverein. Verantwortl.: Edmund erste eigene Konzert im Schwefelbad. Einen auf- -Ausgaben des „Volksfreundes“ von 1896 bis 1908 Luftwaffe das Haus, der Raichberg wurde Militärge- Hauptverein und der Stadt Albstadt renoviert. Am 12. Boss].- Albstadt-Tailfingen 1992 schlussreichen Einblick in den damaligen Zeitgeist ge- -Bölling, Rainer: Volksschullehrer und Politik. Kri- biet zur Überwachung des Luftraums. Die Wander- ben die gespielten Stücke, wie z.B. der Marsch „Auf tische Studien zur Geschichtswissenschaft 32. bewegung kam völlig zum Erliegen, man kämpfte für nach China“, „Kaisermarsch“ oder der Turnermarsch Vandenkoek und Rupprecht den Endsieg und erlebte die totale Niederlage. Mit der „Frisch, fromm, fröhlich, frei.“ -Festbücher des Musikvereins Balingen von 1927, französischen Besatzung kamen 1945 zuerst Marok- Nun ist es natürlich nicht so, dass in Balingen vor 1950, 1971 und 1996 kaner auf den Raichberg, danach war das Nägelehaus der Musikvereinsgründung keine Musik gemacht wur- -Göhner, Eugen : Kirchenkonvent übte Kritik an Tor- dann Ferienheim für französische Schüler. de. So gab es im 17. Jahrhundert eine Familie Kraus, wachen : In Zollern-Alb-Kurier (Datum 1949 wurde das Haus wieder freigegeben. Im glei- die das Amt des Stadtmusikus immer wieder von Va- unbekannt) chen Jahr fand im Zollergau die erste Gauwanderung ter auf Sohn vererbte. Erwähnt werden auch ver- -Joas, Peter: Studien zur Geschichte der Blasmusik nach dem Krieg zum Nägelehaus statt und 1950 die ers- schiedene Stadtzinkenisten. Zinkenist waren Musiker, im 20. Jahrhundert. Wissenschaftliche Zulassungsar- te Sternwanderung zum Raichberg. Die erste Gauver- die ein „Zink“ genanntes, meist aus Holz hergestelltes beit für das künstlerische Lehramt an Gymnasien. sammlung 1953 war in Hechingen. Eine ganze Reihe Griffloch-Instrument mit einem der Trompete ähnli- Staatliche Hochschule für Musik und darstellende von Ortsgruppenim Zollergauhatten sich in den Kriegs- chen Kesselmundstück spielten. Im Protokollbuch des Kunst, Stuttgart 1985 und Nachkriegsjahren ganz aufgelöst und wurden in Kirchenkonvents, einer Art Polizeibehörde mit kirch- den 1950er Jahren neu belebt bzw. neu gegründet. lichen Charakter, von 1778 steht:“ Es ist der Zinkenist Elektrische Medien Schon 1950 wurde von der Albvereinsjugend Balingen Fischer wegen seines Fluchens und unbotmäßigen Be- eine Volkstanzgruppe gegründet. Wanderpläne wur- tragens gegen die Obrigkeit (…) vorgefordert worden. -https://chroniknet.de/extra/zeitgeschichte/1900- den wieder aufgestellt, die ersten Busausfahrten ka- Man hat ihm seine Insolention (d.h. Ungewöhnlich- die-arbeitsloehne-steigen-aber-die-sozialpolitik- men auf, bis in die Alpen und nach Südtirol. Dadurch keit, ungebührliches Verhalten) verwiesen und be- stagniert/) – entnommen am 3.1.2018 entstand neue Begeisterung und ein kräftiger Auf- sonders wegen seines Fluchens verwarnt.“ -https://de.wikipedia.org/wiki/Zink_(Musik) – ent- schwung der Mitgliederzahlen. Mit Gaujugendwart Alf- Mitglieder der Volkstanzgruppe Frommern. Foto: Privat Vom 11. August 1817 wird berichtet, dass bei der Ein- Jakob Herrmann, Dirigent des Musikvereins von 1907 bis 1910. nommen am 4.1.2018. Seite 2069 Heimatkundliche Blätter Januar 2018 Januar 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2070

Dezember des gleichen Jahres konnten auch die neu re- novierten Gasträume des Nägelehauses wiedereröff- net werden. Im Mai 1991 wurde auch die Moderni- Wenn der Dirigent beim Probedirigat raucht sierungderFremdenzimmerfertig.Zusammenmitdem Jugendzentrum auf der Fuchsfarm bildet der Raich- berg mit Aussichtsturm und Wanderheim das sicht- Der Musikverein Balingen zwischen 1896 und 1908 und seine Vorläufer - Von Karl-Heinz Müller bare Herzstück des Zollergaus. Ab 1990 wurden mehrtägige Wanderreisen als An- ner gewissen Frist“ von den Musikern abbezahlt wer- regung für die Ortsgruppen durchgeführt. den. Wie wichtig der Stadt eine Stadtkapelle war, zeigt Im Jubiläumsjahr 1992 hatte der Zollergau fast 7400 sich auch daran, dass die Stelle des Dirigenten mit ei- Mitgliederin40Ortsgruppen.DieSchutzhüttenaufdem nem Jahresgehalt von 400 Mark ausgeschrieben war, Zellerhorn und dem Dreifürstenstein wurden zum Ju- worauf sich 13 Interessenten bewarben. Nun fehlen biläum gründlich renoviert. Im Jahr 1998 renovierte die Aufzeichnungen über den tatsächlichen Umfang der OG Balingen die Lochenhütte. Den höchsten Mitglie- AufgabendesDirigenten,dochwennmanbedenkt,dass derstand hatte der Zollergau im Jahr 2000 mit 8000 Mit- um 1900 ein Textilarbeiter etwa 600 Mark oder ein preu- gliedern. Danach ging die Mitgliederzahl leider zurück ßischer Volksschullehrer etwa 1500 Mark im Jahr ver- auf heute ca. 7000. Ebenso lösten sich 2010 die OG Hai- diente, war der Posten finanziell sicher attraktiv. gerloch und 2011 die OG Straßberg auf. Auch der Zoll- Die Stelle sollte zunächst an F. Dehner aus Than- ergau kann dem generellen Mitgliederschwund aller heim gehen. Dieser konnte aber bei einem Auftritt mit Bericht über die Gauversammlungen des Schwäbischen Albvereins Gauversammlung in Hechingen am 31.1.1892. Vereine nicht ganz entgehen. seiner Straßberger Kapelle im Schwefelbad nicht über- Quelle: Blätter des Schwäbischen Albvereins 4. Jg. (Nr. 1, Januar 1892), S. 39. In den letzten Jahren wurden sowohl das Jugend- zeugen. Am 18.Mai 1896 erschien ein mit „ein Musik- zentrum Fuchsfarm als auch das Nägelehaus mehr- freund“ unterschriebener Leserbrief: „….. Wir können Bestimmung übergeben werden. Ebenso wurde 1927 red Jenter kam ab 1958 Schwung ins Jugendwandern fach umfassend renoviert und modernisiert, da beide auf Grund der gebotenen Leistungen die Wahl keine die während des Krieges abgebrannte Schutzhütte auf und neue Volkstanzgruppen entstanden. 1960 wurde nicht mehr den neuesten Brandschutzvorschriften ent- glückliche nennen. (…) Die Leistungen der Kapelle sind dem Dreifürstenstein durch Prof. Nägele wieder ein- unter Mithilfe amerikanischer Militärhubschrauber der sprachen. Außerdem wurden auch neue Energiespar- für eine Landgemeinde, wie Straßberg, ganz aner- geweiht. Diese wurde 1977 durch die OG Mössingen re- Aussichtsturm auf der Schalksburg erbaut. 1965 trat der fenster eingebaut und Elektrotechnik, Kühlräume und kennenswert, (… ) aber schon die Zusammensetzung noviert. verdiente Gauobmann Willy Baur aus Hechingen zu- Sanitäranlagen auf den neuesten Stand gebracht. Da- der Kapelle, die (..) an Cirkusmusik erinnert , verrät Schon bei der Gauversammlung 1913 stellte die OG rück. An dessen Stelle trat Gregor Götz, Bürgermeister für waren Investitionen im hohen 6-stelligen Bereich kein musikalisches Ohr ihres Leiters (..) Herr Dehner Onstmettingen den Antrag, zum Bau eines Aussichts- von Margrethausen. Die Jugend lag ihm sehr am Her- erforderlich, die der Gesamtverein zu stemmen hatte. überläßt seine Musiker fast ganz sich selbst, versteht turms auf dem 958 m hohen Raichberg. Der 1. Welt- zen und er legte sich kräftig ins Zeug, als die 1964 vom Der Zollergau fördert seit vielen Jahren die Wan- nicht auf sie einzuwirken (…) was zu einem exakten Zu- krieg und die nachfolgende Inflation verzögerte je- Hauptverein erworbene ehemalige Silberfuchsfarm auf derführerausbildung und gewährt Zuschüsse. Ab 2004 sammenspiel unbedingt erforderlich ist, kurz, man doch dieses Projekt. Erst bei der Hauptversammlung dem Raichberg als Jugendzentrum eingerichtet wur- bis 2011 wurden erfolgreich Gauwanderwochen für je- kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als habe Herr 1926 in Balingen gab der Vorsitzende Prof. Nägele grü- de. Bereits im Sommer 1965 fand das erste Jugend- dermann, auch zu Zielen im Ausland angeboten. Lei- Dehner selbst noch nie in einer gut zusammenge- nes Licht für die weitere Planung eines Aussichts- zeltlager statt. Seither haben Tausende Kinder und Ju- der mussten diese aber 2012 wegen rückläufiger Teil- schulten Kapelle mitgespielt. Wenn der Dirigent vol- turms sowie eines Wanderheims. 1927 wurde dann bei gendliche dort die Natur unserer Heimat kennen- und nehmerzahlen eingestellt werden. Die Hauptver- lends im öffentlichen Vortrag eines Musikstücks sein der Hauptversammlung in Ulm beschlossen, diese schätzen gelernt. 1984 fand eine umfassende Reno- sammlungen des Hauptvereins mit Albvereinsfest fan- Ältestes Bild des Musikvereins Balingen von 1900 mit dem ersten Dirigenten Alois Hahn (erste Reihe, sitzend, Zweiter von links). Instrument absetzt, um einige Züge aus seiner Zigarre Baumaßnahme anzugehen. Im August 1928 konnten vierung statt. den zuletzt 1980 und 2003 in Ebingen sowie 1999 in Ba- Fotos: Archiv Karl-Heinz Müller zu nehmen (..) so ist natürlich ein guter Ansatz und ei- unter „vieltausendfacher Beteiligung aus nah und fern“ 1980 kaufte der Albverein das ehemalige Rathaus in lingen statt und brachten immer viel Arbeit, aber auch ne reine Intonierung nicht möglich. (…)“ das 40-jährige Jubiläum des Albvereins zusammen mit Dürrwangen. Mitglieder der Volkstanzgruppe From- große Anerkennung der Teilnehmer und Besucher. Am 1. Februar 1908, also vor 110 Jahren, rief der da- führung des ersten Garbenwagens nach den Hunger- Die Stelle ging dann an Alois Hahn aus Dottern- der Einweihung von Wanderheim und Turm gefeiert mern restaurierten in Tausenden von Arbeitsstunden Seit etwa einem Jahrzehnt konnten unter maßgeb- malige Balinger Stadtschultheiß Hofmann im „Volks- jahren die Schuljugend vom Siechenkirchle bis zur hausen und die Kapelle hatte im Laufe der nächsten werden. Den Abschluss bildete ein großes Feuerwerk. das Haus und machten ein Wanderheim daraus, in dem licher Mitarbeit des Albvereins im Gebiet des Gaues freund“ zur Gründung eines Musikvereins auf. Die Re- Stadtkirche mit Gesang dem Wagen vorangegangen sei. Jahre viele von der Presse gelobte Auftritte. Doch in- 1933 wechselten die OG Ofterdingen und Nehren zum heute viele Seminare und Lehrgänge stattfinden sowie zahlreiche Qualitäts- und Premiumwanderwege ein- aktionder Bevölkerungwarüberwältigend.In densechs Zwischen den Knaben und Mädchen sei eine Gruppe ternen Uneinigkeiten, schlechter Probenbesuch und Tübinger Gau. alle Musik- und Tanzgruppen ihre Heimat haben. Im geweiht bzw. zertifiziert werden. Als Beispiele seien ge- Wochen bis zur Gründungsversammlung am 6. März von Musikanten spaziert und es wurde eine „prächti- eine häufig defizitäre Kassenlage , die die Stadt immer Der Aufschwung nach dem Ende des 1. Weltkriegs Jahr 2003 wurde das benachbarte Jetterhaus gekauft nannt: Der HW 1, Donau-Zollernalbweg, die Trauf- 1908 im Gasthof Schwanen (heute Volksbank) hatten ge Musik gemacht. Nach beendigtem Gottesdienst ging wieder großzügig ausglich, verhinderten bald eine wei- fand aber 1934 ein jähes Ende, mehr als 2700 Mitglie- und ebenfalls restauriert. Damit hatte das Wander- gänge in Albstadt sowie diverse Premiumwanderwege sich 253 Personen in die Mitgliederliste eingetragen, der Zug mit Musik und Gesang zum oberen Tor hi- tere positive Entwicklung. Auch die Tatsache keinen der verließen den Albverein. Die Massenarbeitslosig- heim endlich auch mehr Unterkunftsmöglichkeiten bei Meßstetten und Mössingen. obwohl die Stadt damals gerade einmal etwa 4100 Ein- naus und wurde in Johann Georg Stings Wirtsscheune ortsansässigen Dirigenten zu haben - eine Bahnver- keit und die Machtergreifung Hitlers erforderte eine sowie weitere Seminarräume. In der 125-jährigen Geschichte waren und sind für wohner zählte und sich vermutlich nur die Familien- geführt.“ bindung nach Dotternhausen gab es noch nicht - mag Neuausrichtung. Hauptsächlich die Anordnung Hit- Eine gemeinsame Gauausfahrt mit der Bahn an den den Zollergau insgesamt 10 Gauobmänner tätig. In den vorstände eintrugen. Vermutlich bestand die Hauptaufgabe dieser Mu- ihr Übriges getan haben. Immer wieder übernahmen lers, die Jugend in der Hitlerjugend zusammen zu fas- Bodensee im Jahr 1926 war Vorbild für die Gauwan- ersten Jahrzehnten waren diese meist nur einige Jahre Dirigent wurde Jakob Hermann, der spätere Schult- sikanten im Turmblasen, Spielen bei Hochzeiten und ortsfremde Kapellen Veranstaltungen in der Stadt. Die sen, bedeutete eine Zäsur. Der Schwäbische Albverein derzüge, die jährlich von 1969 bis 1997 organisiert wur- im Amt und überwiegend Richter, Rektoren und an- heiß von Waldstetten, das später zusammen mit Weil- sonstigen festlichen Angelegenheiten. Diese Aufgabe wiederholten und sehr beliebten Auftritte der viel zahl- bekam die Aufgabe, „das Ringen um die Volksge- den und bis zu 1000 Teilnehmer in die Züge lockten. dere höhere Beamte. Erst ab den 1930er-Jahren wur- heim zu Weilstetten wurde. Die Musiker wurden ver- hatte sich auch die Jäckh'sche Kapelle gestellt, die ge- reicher besetzten Tübinger Regimentskapelle mit ih- meinschaft und Pflege der Heimat- und Vaterlands- Oft wurde die Lok von unserem langjährigen Gau- den auch Angehörige anderer Berufsgruppen gewählt. pflichtet, in der Woche zwei Proben zu besuchen und gen Ende des letzten Jahrhunderts in Balingen und Um- ren Berufsmusikern machte die Situation nicht leich- liebe“ zu betreiben. In Folge trat GO Prof. Baur zu- wegmeister Otto Müller gefahren. Die längsten Amtszeiten hatten Willy Baur aus He- jeden Sonntag von 11- 12 Uhr Platzkonzerte abzuhal- gebung bekannt war. Bei größeren Anlässen musste sie ter und so war an eine Teilnahme beim Musikfest des rück, da er nicht Parteimitglied war. Auch viele Ver- Die 1970er und 80er Jahre brachten große Verän- chingen von 1933 bis 1965, also 32 Jahre, Gregor Götz ten. Diese ehrgeizige Zielsetzung konnte aber wohl sich allerdings mit Musikern der umliegenden Dörfer Schwarzwaldgaus in Ebingen Ende Juni 1907 nicht zu trauensmänner legten ihr Amt mit der Begründung derungen im Freizeit- und Wanderverhalten. Die zu- aus Margrethausen 24 Jahre lang, von 1965 bis 1989 nicht vollständig erfüllt werden. verstärken und wegen Mangel an Nachwuchs trat sie denken. Am 22.Juli 1907 wies der Volksfreund schließ- „anderweitiger Überlastung“ nieder. Die Veranstal- nehmende Motorisierung sowie immer mehr andere und unser heutiger Gauobmann Josef Ungar, der das Die rege Mitgestaltung des jungen Vereins am kul- nach 1896 nur noch vereinzelt auf. lich darauf hin „ .. wie rückständig unsere Stadt selbst tungen mussten vielfach zusammen mit der NS-Or- Freizeitangebote waren oft eine Konkurrenz für die Amt seit 1998, also seit 19 Jahren in diesen Zeiten des turellen Leben der Stadt spiegelt sich laut „Volks- Diese Situation wurde als für eine Oberamtsstadt un- Dorfgemeinden gegenüber mit ihrer Musikkapelle ist, ganisation „Kraft durch Freude (KDF)“ durchgeführt Ortsgruppen und führten dazu, dass auch der Albver- Strukturwandels erfolgreich ausübt. Ich denke, wir sind freund“ zumindest in einem kleineren Gartenkonzert würdig empfunden, und so beriet der Gemeinderat un- welche die Stadtkasse schon so viel Geld gekostet hat“. werden. Diese Organisation hatte eigene Orts- und ein sein Portfolio erweiterte und Radtouren, Skitou- ihm dafür zu höchstem Dank verpflichtet und hoffen, im Schwefelbad und im November in einem vom Ver- ter Stadtschultheiß Eisele im Januar 1896 die Situati- Es wurde die Frage gestellt, ob es nicht möglich wäre „ Kreiswanderwarte und wurde zu einer starken Kon- ren, Rund- und Fernwanderungen anbot. dass er noch viele Jahre dieses arbeitsreiche Amt be- ein organisierten „Großen Volkskonzert“ in der neuen on. Am 16. Mai 1896 berichtete dann der „Volks- durch die Berufung eines tüchtigen, geschulten Mu- kurrenz. Das 50-jährige Bestehen des Albvereins 1938 Ein wesentliches Anliegen waren schon immer der hält. Turnhalle (heute Eberthalle), bei dem die neue Blas- freund“ über die Gründung einer städtischen Musik- sikdirigenten (…) die Gründung einer den Anforde- bestätigte zwar die Tätigkeit des Vereins für die Allge- Naturschutz und die Erhaltung unserer Kulturland- kapelle immerhin vier der 15 Programmpunkte bei- kapelle. Die nötigen Instrumente wurden zunächst von rungen der Jetztzeit entsprechenden Musikkapelle oder meinheit aber unter der neuen Maxime „für Führer und schaft. Viele Ortsgruppen übernahmen Patenschaften steuerte. Der „Volksfreund“ schrieb in seinem Bericht der Stadt vorfinanziert, sollten dann aber „innert ei- Musikvereins in die Wege zu leiten“ , was dann auch Volk, für Vaterland und Heimat. Ab 1940 mussten die für Maßnahmen zur Erhaltung von Natur und Um- Quelle: „… Man merkt, dass es noch eine frische Kapelle ist, im Frühjahr des Jahres 1908 geschah. Jugendabteilungen aufgelöst werden. 1941 fand die welt. Beispiele sind die Aktionen Irrenberg und Schaf- manche Ungereimtheiten laufen noch mitunter, doch letzte Gauwanderung zum Nägelehaus statt. Das Er- berg, die bis heute vom Zollergau durchgeführt wer- Archiv des Schwäbischen Albvereins wird bei fleißigem Studium noch Gutes zu erwarten Literatur scheinen der Albvereinsblätter wurde eingestellt, das den. Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Zoller- sein.“ Nägelehaus wurde beschlagnahmt und mit polni- Im Jahr 1986 wurden der Aussichtsturm auf dem gaus: 100 Jahre Zollergau: 1892 – 1992. [Hrsg. vom: Zoll- Schon am 14.Dezember 1908 wagte man sich an das Printmedien schen Kriegsgefangenen belegt. 1942 übernahm die Raichberg mit Unterstützung fast aller Ortsgruppen, ergau im Schwäb. Albverein. Verantwortl.: Edmund erste eigene Konzert im Schwefelbad. Einen auf- -Ausgaben des „Volksfreundes“ von 1896 bis 1908 Luftwaffe das Haus, der Raichberg wurde Militärge- Hauptverein und der Stadt Albstadt renoviert. Am 12. Boss].- Albstadt-Tailfingen 1992 schlussreichen Einblick in den damaligen Zeitgeist ge- -Bölling, Rainer: Volksschullehrer und Politik. Kri- biet zur Überwachung des Luftraums. Die Wander- ben die gespielten Stücke, wie z.B. der Marsch „Auf tische Studien zur Geschichtswissenschaft 32. bewegung kam völlig zum Erliegen, man kämpfte für nach China“, „Kaisermarsch“ oder der Turnermarsch Vandenkoek und Rupprecht den Endsieg und erlebte die totale Niederlage. Mit der „Frisch, fromm, fröhlich, frei.“ -Festbücher des Musikvereins Balingen von 1927, französischen Besatzung kamen 1945 zuerst Marok- Nun ist es natürlich nicht so, dass in Balingen vor 1950, 1971 und 1996 kaner auf den Raichberg, danach war das Nägelehaus der Musikvereinsgründung keine Musik gemacht wur- -Göhner, Eugen : Kirchenkonvent übte Kritik an Tor- dann Ferienheim für französische Schüler. de. So gab es im 17. Jahrhundert eine Familie Kraus, wachen : In Zollern-Alb-Kurier (Datum 1949 wurde das Haus wieder freigegeben. Im glei- die das Amt des Stadtmusikus immer wieder von Va- unbekannt) chen Jahr fand im Zollergau die erste Gauwanderung ter auf Sohn vererbte. Erwähnt werden auch ver- -Joas, Peter: Studien zur Geschichte der Blasmusik nach dem Krieg zum Nägelehaus statt und 1950 die ers- schiedene Stadtzinkenisten. Zinkenist waren Musiker, im 20. Jahrhundert. Wissenschaftliche Zulassungsar- te Sternwanderung zum Raichberg. Die erste Gauver- die ein „Zink“ genanntes, meist aus Holz hergestelltes beit für das künstlerische Lehramt an Gymnasien. sammlung 1953 war in Hechingen. Eine ganze Reihe Griffloch-Instrument mit einem der Trompete ähnli- Staatliche Hochschule für Musik und darstellende von Ortsgruppenim Zollergauhatten sich in den Kriegs- chen Kesselmundstück spielten. Im Protokollbuch des Kunst, Stuttgart 1985 und Nachkriegsjahren ganz aufgelöst und wurden in Kirchenkonvents, einer Art Polizeibehörde mit kirch- den 1950er Jahren neu belebt bzw. neu gegründet. lichen Charakter, von 1778 steht:“ Es ist der Zinkenist Elektrische Medien Schon 1950 wurde von der Albvereinsjugend Balingen Fischer wegen seines Fluchens und unbotmäßigen Be- eine Volkstanzgruppe gegründet. Wanderpläne wur- tragens gegen die Obrigkeit (…) vorgefordert worden. -https://chroniknet.de/extra/zeitgeschichte/1900- den wieder aufgestellt, die ersten Busausfahrten ka- Man hat ihm seine Insolention (d.h. Ungewöhnlich- die-arbeitsloehne-steigen-aber-die-sozialpolitik- men auf, bis in die Alpen und nach Südtirol. Dadurch keit, ungebührliches Verhalten) verwiesen und be- stagniert/) – entnommen am 3.1.2018 entstand neue Begeisterung und ein kräftiger Auf- sonders wegen seines Fluchens verwarnt.“ -https://de.wikipedia.org/wiki/Zink_(Musik) – ent- schwung der Mitgliederzahlen. Mit Gaujugendwart Alf- Mitglieder der Volkstanzgruppe Frommern. Foto: Privat Vom 11. August 1817 wird berichtet, dass bei der Ein- Jakob Herrmann, Dirigent des Musikvereins von 1907 bis 1910. nommen am 4.1.2018. Seite 2071 Heimatkundliche Blätter Januar 2018

Termine und Exkursionen Die Veranstaltungen der Heimatkundlichen Vereinigung im Februar und März

FEBRUAR Auf Spurensuche: Das Stadtarchiv Balingen stellt stadtgeschichtliche Dokumente über „Demokratie und Bürgerrechte“ vor. Um 14.00 Uhr besteht Gelegenheit, Jahrgang 65 31. Januar 2018 Nr. 1 Samstag, 17.Februar: die Magazine zu besichtigen. Geöffnet ist von 13.30 bis Halbtagesexkursion 15 Uhr. Stadtarchiv Balingen, Charlottenstr. 31, 72336 mit Dr. Veronika Balingen. Mertens: „Karl-Cas- par-Kirchen“ in der Stadtarchiv Albstadt 14 bis 17 Uhr Region: Heudorf, Das Archivteam präsentiert Archivalien zum Thema Binsdorf, Hausen am „Demokratie und Bürgerrechte“, also handschriftliche Tann und das Haus Texte, Zeitungen, Druckschriften und Fotos. Um 14.30 Prof. Dr. Schäfer, und 16 Uhr gibt es die Möglichkeit, während einer Füh- Beuron. rung auch das Magazin kennenzulernen, wo die Un- Im Zusammenhang terlagen des Stadtarchivs geschützt lagern. Stadtar- mit der „Christus- chiv Albstadt, Johannesstraße 5 (Bildungszentrum Un- bild“-Ausstellung im oth), 72458 Albstadt-Ebingen. Kunstmuseum Alb- stadt veranstaltet die Stadtarchiv Geislingen 13.30 bis 17 Uhr Heimatkundliche Ver- Präsentation der neuen Archivräume mit Ausstel- einigung Zollernalb lung. Stadtarchiv Geislingen, Schlossstraße 15, 72351 eine Halbtagesexkur- Geislingen. sion zu Kirchen, an de- Im Haus Ebertstraße 2 hatte einst der angesehene jüdische Arzt Dr. Alexander Bloch seine Praxis und sei- ren Ausstattung der ne Wohnung. Das Haus wurde zwischenzeitlich abgerissen. Archivfoto: Klaus Irion Mittwoch, 7. März: Halbtagesexkursion mit Jürgen junge Karl Caspar Scheff: Schwäbisches Kulturarchiv und Hirten- (1879-1956) zwischen 1905 und 1910 mitgewirkt hat. nächst geht es um zwei Kleindenkmale, die von Nar- hornmuseum – Haus der Volkskunst, Frommern. Darunter sind ein Altarbild in Hausen am Tann, die renvereinen initiiert wurden und die sich auf die Un- Nutzungsmöglichkeiten des Archivs und Museums Chorbogenmalerei in der Katholischen Pfarrkirche St. tertanenunruhen in der Grafschaft Zollern im 17. und schwäbischer Volkskunst des Schwäbischen Albver- Petrus und Paulus in Scheer-Heudorf bei Sigmaringen 18. Jahrhundert beziehen. Es handelt sich um eine Ste- eins. (1906), Wandfresken in der Kath. Pfarrkirche St. Mar- le mit einem Fuchskopf auf dem Dorfplatz in Haiger- 14 Uhr, Balingen-Dürrwangen, Ebingerstr. 52-56, kus in Geislingen-Binsdorf (1908) und Außenfresken loch-Owingen, die an das Jahr 1699 erinnert, als eine Teilnahme frei. am Privathaus von Prof. Dr. Bernhard Schäfer, em. Or- Reihe von Prozessen und Revolten begann, die in Owin- dinarius für Exegese in Münster (1910). gen ihren Anfang nahm, als sich die dortigen Bürger Samstag, 17. März: Halbtagesexkursion mit Gerhard Busfahrt. Balingen, an der Stadthalle, 12 Uhr. Alb- weigerten, einen Fuchs für den Fürsten auszugraben. Deutschmann: Vom ehemaligen Sebastiansweiler stadt-Ebingen, Busbahnhof, 12.30 Uhr. Euro 20,- Der Narrenbrunnen in Bisingen bezieht sich auf das zum Startplatz der „Natter“, der ersten bemannten Ende der Revolten im Jahre 1798, als der Landesver- Rakete der Welt. Wanderung zu geschichtsträchti- Mittwoch, 21 Februar: Vortrag mit Wolfgang Willig: gleichabgeschlossenwurde,demdieBisingerabernicht gen Orten am Rande des Truppenübungsplatzes Heu- Rückblick auf die Studienfahrt „Istrien und Friaul“ beitraten und deshalb bis heute den Namen „Nicht- berg. 2017. huldiger“ tragen. Bei Albstadt-Onstmettingen erin- 14 Uhr, Treffpunkt bei den Freilandscheunen an der 18.00 Uhr, Balingen, Landratsamt (Sitzungssaal), nern „Freipirschgrenzsteine“ aus dem Jahre 1583 und Zufahrt von Frohnstetten zum TrÜbPl Heuberg, Teil- Hirschbergstr. 29, Eintritt frei. weitereGedenksteinean die Auseinandersetzungenum nahme frei. die Freie Pirsch in diesem Gebiet. Zahlreiche würt- tembergische Untertanen ließen in dieser Gegend vom 16. bis ins 18. Jahrhundert ihr Leben, weil sie ihr Recht auf die Pirsch wahrnehmen wollten und dabei als an- MÄRZ gebliche Wilderer von zollerischen Jägern erschossen STAMMTISCHE wurden. Höhengasthof Nägelehaus, Raichberg (956 m), Wanderheim des Schwäbischen Albvereins. Links der Raichbergturm, Aussichtsturm des Schwäbischen Albvereins. Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis Fotomappe Schwäbisch Alb Sonntag, 4. März: Tag der Archive zum Thema „De- Der Vortrag von Dr. Michael Walther trägt den Titel Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich un- mokratie und Bürgerrechte“. „Geschichte nicht nur vom Ende her denken.“ Hin- ter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Es beteiligen sich das Kreisarchiv Zollernalbkreis und denburg, Aussetzung der Bürgerrechte im National- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- die Stadtarchive Albstadt, Balingen und Geislingen. In sozialismus und die Vertreibung der Balinger Juden. nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. den genannten Stadtarchiven finden ab 13.30 Uhr bzw. Paul von Hindenburg (1847 – 1934) war eine der schil- 14 Uhr Vorträge und Veranstaltungen statt. lerndsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- 125 Jahre Zollergau im Um 15.30 Uhr beginnt die Veranstaltung im Kreis- des 20. Jh. So war der als Weltkriegsgeneral verehrte schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, archiv Zollernalbkreis. Zunächst werden zwei Kurz- „Sieger von Tannenberg“, auch am Sturz der Monar- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- vorträge gehalten. Der Vortrag von Kreisarchivar Dr. chie im November 1918 beteiligt. Seit 1925 Reichs- [email protected] oder gescha- Andreas Zekorn trägt den Titel „Aufstand in der Fast- präsident, hatte Hindenburg einen entscheidenden [email protected] sowie Schwäbischen Albverein nacht. Tote an der Grenze – Der Kampf um Rechte in Anteil an der Transformation der demokratisch ver- über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- der Frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen“. fassten Weimarer Republik in die nationalsozialisti- einigung.de. Der Vortrag greift neben dem Motto des Tags der Ar- sche Diktatur. Entgegen einer immer noch weit ver- Über ein Jahrhundert im Dienste von Naturschutz, Heimat und Wandern - Von Helmut Disch chive auch das Schwerpunktthema der Heimatkund- breiteten aber veralteten (Lehr-)Meinung, gab es we- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. lichen Vereinigung 2018 „Kleindenkmale“ auf: Zu- der eine sog. „Hindenburg-Kamarilla“ noch war der Reichspräsident „altersschwach“. Hindenburgs Wir dokumentieren nachfolgend die Rede, die der obmann gewählt. Bis Am 8. Oktober 1899 wurde die bescheidene Lochen- „Übertragung“ der Regierungsgewalt an eine Koaliti- stellvertretende Gauvorsitzende des Zollergaus Helmut zum Ende des ersten hütte eingeweiht, die bis heute besteht. on der „nationalen Kräfte“ unter Reichskanzler Adolf Disch beim Festakt „125 Jahre Zollergau im Schwäbi- Weltkriegs war Hechin- Bei der Gauversammlung am 11. März 1900 in Ba- Hitler war vielmehr den inhaltlichen Gemeinsamkei- Herausgegeben von der schen Albverein“ am 1. April 2017 in Albstadt-Mar- gen mehr oder weniger lingen wurde dem Antrag Ebingens entsprochen, Ebin- ten von Hindenburg und Hitler in zentralen Fragen der Heimatkundlichen Vereinigung grethausen gehalten hat. der Sitz des Gaues und gen und Umgebung vom Donau-Schmeiegau, später Die Autoren dieser Ausgabe deutschen Politik geschuldet. Im April 1933, noch un- Zollernalb die Ortsgruppe Hechin- Oberer-Donau-Gau in den Zollergau aufzunehmen. ter der Präsidentschaft Hindenburgs, wurde das erste Bei der Herbstversammlung des Schwäbischen Alb- gen stellte die Gauob- Damit waren die Grenzen des Zollergaus nach Süden Vorsitzender: gegen Juden gerichtete Ausnahmegesetz („Gesetz zur vereins am 22.11.1891 in Plochingen beschloss das Gre- männer. Bereits im endgültig festgelegt. In Ebingen wurde am 17. Sep- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“) erlas- mium,dasVereinsgebietinGaueeinzuteilen.Nachdem Gründungsjahr wurden tember 1899 der Schloßfelsenturm eingeweiht, wobei 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Helmut Disch sen. Die gesellschaftliche Ausgrenzung und der all- Lichtensteingau am 08.01.1892 wurde der Zollergau am die Schutzhütten auf sich der Albverein rühmen darf, wenigstens 4 Meter Eugenstr. 40 mähliche Verlust der Bürgerrechte hat auch Balinger Geschäftsführung: 31.01.1892 als 2. Gau gegründet, damals unter dem Na- dem Dreifürstenstein mitfinanziert zu haben, was Prof. Nägele bei der Ein- 72475 Bitz Bürger betroffen, die Familie Schatzki und den Arzt Dr. Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, men Eyach – Starzel - Steinlach – Gau. Er umfasste von und dem Zellerhorn ein- weihungsfeier ausdrücklich betonte. Alexander Bloch. 72461 Albstadt, den Oberämtern Tübingen und Rottenburg die Ge- geweiht. Hunderte von Im Jahr 1913 erschien in den Albvereinsblättern ei- Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Walther wird ei- Telefon (0 74 32) 68 07 biete vom Neckar zur Alb, das Oberamt Hechingen mit Gästen wohnten der ne Übersichtskarte, in der die Bereiche Tübingen, Rot- Karl-Heinz Müller ne kleine Ausstellung des Kreisarchivs präsentiert, in E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- Ausnahme von Stetten unter Holstein und Hör- dortigen Feier bei, die tenburg, Haigerloch und Rosenfeld dem Oberen Ne- In Weiherwiesen 39 der ausgewählte Unterlagen zum Thema „Demokratie vereinigung.de schwag, die Oberämter Haigerloch und Balingen mit Helmut Disch. Foto: Privat wegen Cholera fast ab- ckargau zugeschlagen wurden, die OG Haigerloch 72116 Mössingen und Bürgerrechte“ mit Bezug zum Gebiet des Zoller- Onstmettingen, aber ohne das Revier Ebingen, vom gesagt werden musste. kehrte 1974 zum Zollergau zurück. Durch den 1. Welt- nalbkreises gezeigt und erläutert werden. Redaktion: Oberamt Gammertingen die Orte Melchingen, Ring- Durch die persönliche Freundschaft von Professor Nä- krieg wurden die Aktivitäten immer weniger und eine 15.30 Uhr, Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, ingen und Salmendingen. Die erste Gauversammlung gele und dem Vertrauensmann der OG Hechingen, langjährige Aufwärtsentwicklung endete. (Sitzungssaal), Hirschbergstr. 29, Eintritt frei. 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 fand am 31.01.1892 im Gasthaus Museum in Hechin- Ludwig Egler bestanden bis in die 30er Jahre sehr en- 1924 konnte die durch die OG Onstmettingen wie- Stadtarchiv Balingen 13.30 bis 15 Uhr gen statt. Amtsrichter Knorr wurde zum ersten Gau- ge Beziehungen zwischen Hauptverein und Zollergau. der aufgebaute Schutzhütte auf dem Zellerhorn ihrer Seite 2075 Heimatkundliche Blätter Februar 2018 Termine und Exkursionen Die Veranstaltungen der Heimatkundlichen Vereinigung im März und April

MÄRZ ter der Präsidentschaft Hindenburgs, wurde das erste übungsplatzes abgebrochen wurden. Heute erinnert gegen Juden gerichtete Ausnahmegesetz („Gesetz zur nur noch ein Gedenkstein an das Gotteshaus. An- Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“) erlas- schließend geht es zum Startplatz der „Natter“. Hier Sonntag, 4. März: Tag der Archive zum Thema „De- sen. Die gesellschaftliche Ausgrenzung und der all- fand am 1. März 1945 der erste bemannte Raketen- mokratie und Bürgerrechte“. mähliche Verlust der Bürgerrechte hat auch Balinger start statt, wobei der Pilot, Lothar Sieber, ums Leben ge- Jahrgang 65 28. Februar 2018 Nr. 2 Bürger betroffen, die Familie Schatzki und den Arzt Dr. kommen ist. Zu sehen sind noch eine Beton-Armie- Es beteiligen sich das Kreisarchiv Zollernalbkreis und Alexander Bloch. rung im Boden und ein Gedenkstein. Weiter geht es vor- die Stadtarchive Albstadt, Balingen und Geislingen. In Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Walther wird ei- bei am Standort des ehemaligen Gasthauses Waldhof den genannten Stadtarchiven finden ab 13.30 Uhr be- ne kleine Ausstellung des Kreisarchivs präsentiert, in zum früheren Bahnhof Kaiseringen. Hier befinden sich ziehungsweise 14 Uhr Vorträge und Veranstaltungen der ausgewählte Unterlagen zum Thema „Demokratie die Überreste der ehemaligen vier Kilometer langen statt. und Bürgerrechte“ mit Bezug zum Gebiet des Zoller- Materialstandseilbahn, die bis zum Lager Heuberg ge- Um 15.30 Uhr beginnt die Veranstaltung im Kreis- nalbkreises gezeigt und erläutert werden. führt hat und zwischen 1912 und 1921 in Betrieb war. archiv Zollernalbkreis. Zunächst werden zwei Kurz- 15.30 Uhr, Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis Nach der etwa zweistündigen Tour besteht die Mög- vorträge gehalten. Der Vortrag von Kreisarchivar Dr. (Sitzungssaal), Hirschbergstr. 29, Eintritt frei. lichkeit den Nachmittag in einer Gastwirtschaft aus- Andreas Zekorn trägt den Titel „Aufstand in der Fast- Stadtarchiv Balingen 13.30 bis 15.00 Uhr klingen zu lassen. nacht. Tote an der Grenze – Der Kampf um Rechte in Auf Spurensuche: Das Stadtarchiv Balingen stellt 14.00 Uhr, Treffpunkt bei den Freilandscheunen an der Frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen“. stadtgeschichtliche Dokumente über „Demokratie und der Zufahrt von Frohnstetten zum TrÜbPl Heuberg, Der Vortrag greift neben dem Motto des Tags der Ar- Bürgerrechte“ vor. Um 14.00 Uhr besteht Gelegenheit, Teilnahme frei. chive auch das Schwerpunktthema der Heimatkund- die Magazine zu besichtigen. Geöffnet ist von 13.30 bis lichen Vereinigung 2018 „Kleindenkmale“ auf: Zu- 15.00 Uhr. Stadtarchiv Balingen, Charlottenstr. 31, nächst geht es um zwei Kleindenkmale, die von Nar- 72336 Balingen. renvereinen initiiert wurden und die sich auf die Un- Stadtarchiv Albstadt 14.00 bis 17.00 Uhr tertanenunruhen in der Grafschaft Zollern im 17. und Das Archivteam präsentiert Archivalien zum Thema 18. Jahrhundert beziehen. Es handelt sich um eine Ste- „Demokratie und Bürgerrechte“, also handschriftliche APRIL le mit einem Fuchskopf auf dem Dorfplatz in Haiger- Texte, Zeitungen, Druckschriften und Fotos. Um 14.30 loch-Owingen, die an das Jahr 1699 erinnert, als eine und 16.00 Uhr gibt es die Möglichkeit, während einer Reihe von Prozessen und Revolten begann, die in Owin- Führung auch das Magazin kennenzulernen, wo die Freitag, 13. April: Mitgliederversammlung mit ei- gen ihren Anfang nahm, als sich die dortigen Bürger Unterlagen des Stadtarchivs geschützt lagern. Stadt- nem Vortrag von Prof. Dr. Paul Münch: Vor Strauß, weigerten, einen Fuchs für den Fürsten auszugraben. archiv Albstadt, Johannesstraße 5 (Bildungszentrum Wagner und Ludwig II. von Bayern. Die märchen- Der Narrenbrunnen in Bisingen bezieht sich auf das Unoth), 72458 Albstadt-Ebingen. haften Touren der Thanheimer Reisemusikanten im Ende der Revolten im Jahre 1798, als der Landesver- Stadtarchiv Geislingen 13.30 bis 17.00 Uhr 19. Jahrhundert. gleichabgeschlossenwurde,demdieBisingerabernicht Präsentation der neuen Archivräume mit Ausstel- beitraten und deshalb bis heute den Namen „Nicht- lung. Stadtarchiv Geislingen, Schlossstraße 15, 72351 18:00 Uhr, Albstadt-Lautlingen, Stauffenbergs- huldiger“ tragen. Bei Albstadt-Onstmettingen erin- Geislingen. chloss, Eintritt frei nern „Freipirschgrenzsteine“ aus dem Jahre 1583 und weitereGedenksteinean die Auseinandersetzungenum die Freie Pirsch in diesem Gebiet. Zahlreiche würt- Samstag, 28.4.2018 Tagesexkursion mit Monika Me- tembergische Untertanen ließen in dieser Gegend vom Mittwoch, 7. März: Halbtagesexkursion mit Jürgen del: Oberrheinebene: Grabenbruch – Fauststadt 16. bis ins 18. Jahrhundert ihr Leben, weil sie ihr Recht Scheff: Schwäbisches Kulturarchiv und Hirten- Staufen – Besucherstollendes ehemaligen Kaliberg- auf die Pirsch wahrnehmen wollten und dabei als an- hornmuseum – Haus der Volkskunst, Frommern. werks Buggingen. gebliche Wilderer von zollerischen Jägern erschossen Nutzungsmöglichkeiten des Archivs und Museums wurden. schwäbischer Volkskunst des Schwäbischen Albver- Busfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- eins. matkundliche Blätter), Euro 35,- Der Vortrag von Dr. Michael Walther trägt den Titel „Geschichte nicht nur vom Ende her denken.“ Hin- Mit weit über 20.000 ehrenamtlich und unentgelt- denburg, Aussetzung der Bürgerrechte im National- lich geleisteten Arbeitsstunden haben Mitglieder der sozialismus und die Vertreibung der Balinger Juden. Volkstanzgruppe Frommern des schwäbischen Alb- Paul von Hindenburg (1847 – 1934) war eine der schil- vereins in den letzten Jahrzehnten zwei vom Abbruch lerndsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte bedrohte, denkmalgeschützte Häuser im Ortskern von des 20. Jh. So war der als Weltkriegsgeneral verehrte Balingen-Dürrwangen zu einem einzigartigen Kultur- STAMMTISCHE „Sieger von Tannenberg“, auch am Sturz der Monar- und Bildungszentrum umgebaut, das als internatio- chie im November 1918 beteiligt. Seit 1925 Reichs- nale Begegnungsstätte auch von Jugendlichen für mu- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich un- präsident, hatte Hindenburg einen entscheidenden sisch-kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Neben ter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Anteil an der Transformation der demokratisch ver- Übernachtungsmöglichkeiten, Übungsräumen und ei- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- fassten Weimarer Republik in die nationalsozialisti- nem vielseitig nutzbaren Tanzsaal finden sich eine Mu- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. sche Diktatur. Entgegen einer immer noch weit ver- sikinstrumentenwerkstatt, eine Trachtennähstube, ei- breiteten aber veralteten (Lehr-)Meinung, gab es we- ne Handweberei, ein Hirtenhornmuseum sowie ein Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- Ingeborg Ziebarth als Redaktionssekretärin beim Zollern-Alb-Kurier. Quelle: Zollern-Alb-Kurier der eine sog. „Hindenburg-Kamarilla“ noch war der Möbelmuseum. Die dortigen Veranstaltungen des lau- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Reichspräsident „altersschwach“. Hindenburgs fenden Jahres stehen unter dem Motto „Heimatklänge 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- „Übertragung“ der Regierungsgewalt an eine Koaliti- vor 40.000 Jahren?“ und sind ein Beitrag zum Euro- [email protected] oder gescha- on der „nationalen Kräfte“ unter Reichskanzler Adolf päischen Kulturerbejahr 2018. Das Herzstück im Haus [email protected] sowie Hitler war vielmehr den inhaltlichen Gemeinsamkei- der Volkskunst bildet das Schwäbische Kulturarchiv, über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- ten von Hindenburg und Hitler in zentralen Fragen der dessen Schätze und Nutzungsmöglichkeit uns dessen einigung.de. Von der Warte deutschen Politik geschuldet. Im April 1933, noch un- Leiter Manfred Stingel erläutern wird. Dieses bein- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. haltet mehrere große Sammlungen über Volkstanz, Kindertänze, Trachten und Volkskunde sowie Noten und über das Netz nutzbare Film- und Tondokumen- der Humanität und des Helfens te. Anschließend besteht vor Ort die Möglichkeit, ein Herausgegeben von der schwäbisches Festessen zu genießen (hierzu bitte Vor- Heimatkundlichen Vereinigung anmeldung unter Tel. 07431-55704). Die Veranstal- Zollernalb Ingeborg Ziebarth: Von Berlin nach Balingen - Von Dr. Michael Walther Der Autor dieser Ausgabe tung beginnt um 14.00 Uhr. Balingen-Dürrwangen, Ebingerstr. 52-56, Teilnahme frei. Vorsitzender: Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, „Das hatte man mir auch nicht an meiner Wiege, die Stadtarchiv befinden.1) Es handelt sich dabei um eines Frühjahr des darauffolgenden Jahres zog die Familie 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 in einem westlichen Vorort der Weltstadt Berlin stand, der wenigen Zeugnisse über das Leben und Wirken ei- nach Rheydt im Rheinland. In den Jahren vor Beginn Geschäftsführung: gesungen, daß ich einmal 28 Jahre später als echte Ber- ner ungewöhnlichen Frau. des Zweiten Weltkriegs absolvierte Ingeborg Ziebarth Dr. Michael Walther Samstag, 17. März: Halbtagesexkursion mit Gerhard Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, linerin in einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Ingeborg Ziebarth wurde als Tochter des Bankbe- eine Ausbildung zur Fotolaborantin. Anschließend ar- Schwanenstr. 13 Deutschmann: Vom ehemaligen Sebastiansweiler 72461 Albstadt, Alb [Tieringen] Zuflucht und nach dem der Krieg mit amten Paul Ziebarth und seiner Frau Margarethe, ge- beitete sie in Rheydt bis ins Jahr 1943 als Laborantin 72336 Balingen zum Startplatz der „Natter“, der ersten bemannten Telefon (0 74 32) 68 07 Zerstörung, Not und Elend [eine] Heimat finden wür- borene Toepfer, am 28. Juni 1916 in Berlin-Südende und Fotografin. Rakete der Welt. Wanderung zu geschichtsträchti- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- de. Von dem Dorf oder der nahegelegenen Stadt [Ba- (Steglitz) geboren. Sie hatte einen älteren Bruder mit Im September 1944 wurde die Wohnung der Fami- gen Orten am Rande des Truppenübungsplatzes Heu- vereinigung.de lingen] hatte ich bis 1944 weder etwas gewußt noch ge- Namen Wolf (geb. 1914). Nach dem Besuch der Grund- lie durch einen Bombenangriff zerstört. Notgedrun- berg. hört.“ schule, trat sie Ostern 1926 in das Franziskus-Oberly- gen nahmen Mutter und Tochter - Wolf Ziebarth war Redaktion: So beginnen die im Jahr 1977 verfassten Erinne- zeum, eine höhere Schule für Mädchen, in Berlin-Schö- 1941 in Russland gefallen – das Angebot von Stutt- Das erste Ziel der Gruppe ist der Standort der ehe- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, rungen von Ingeborg Ziebarth, auf insgesamt elf ma- neberg ein, dass sie an Ostern 1935 mit dem Abitur wie- garter Freunden an, bis Kriegsende übergangsweise in maligen Sebastianskapelle, zu der zwei Gehöfte ge- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 schinengeschriebenen, mit vielen handschriftlichen der verlassen sollte. deren Wochenendhaus in Tieringen im damaligen Kreis hörten, die 1936 wegen der Errichtung des Truppen- Korrekturen versehenen Seiten, die sich im Balinger Der Vater starb, kaum 50-jährig, im Jahr 1935. Im Balingen zu wohnen. Seite 2073 Heimatkundliche Blätter Februar 2018 Februar 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2074

„Mit wenigen Habseligkeiten, einigen übereinander lin vor Weihnachten 1944 ließ sie sich vom Pfarrer ih- kam Ingeborg Ziebarth von Léon Boutbien ein Emp- regime Handlungsalternativen gibt. angezogenen Kleidern, Rucksack und Handkoffer rer dortigen Gemeinde Hostien für Julien Lievevrouw fehlungsschreiben. Der Brief findet sich leider nicht im machten wir uns auf die Bahnfahrt, die öfters wegen geben, damit dieser zu Weihnachten die Kommunion Nachlass, wird aber einen ähnlichen Wortlaut gehabt Fliegeralarmen unterbrochen wurde. Aber wir er- empfangen konnte – der Balinger Pfarrer hatte sich die- haben wie ein Schreiben Julien Lievevrouws vom 3. Ok- Anmerkungen reichten das Ziel.“ 2) In dem von den Freunden zur Ver- sem Wunsch Lievevrouws verweigert. Außerdem ver- tober 1946, in dem es heißt: „Ingeborg Ziebarth… zeig- fügung gestellten Haus waren allerdings schon Per- steckte Ingeborg Ziebarth Briefe eines Erzinger Häft- te eine bewundernswerte Haltung gegenüber den Ge- 1) Erinnerungen (Stadtarchiv Balingen (StA BL): Be- sonen untergebracht, die ihre Wohnungen in Stuttgart lings, die sie allerdings aus Angst vor einer Haus- fangenen; sie hat trotz der Gefahr, der sie ausgesetzt stand NA – Ziebarth). – Der Nachlass von Ingeborg Zie- ebenfalls infolge des Bombenkriegsverloren hatten. Die durchsuchung dem Balinger Fotografen Hans Schmid war, wo immer möglich geholfen, das Elend der Ge- barth befindet sich im Balinger Stadtarchiv unter der beiden Frauen suchten und fanden eine andere Blei- zur Aufbewahrung gab.12) fangenen mit allen Mitteln zu erleichtern. Ich bitte die o.g. Signatur (Nachlass). - Im Stadtarchiv befindet sich be in Tieringen: tagsüber konnten sie sich in einem Ihr Bericht, nicht nur wie sie unter großer Gefahr französischen Behörden, diese Aussage geneigt zur außerdem ein sog. „Zeitzeugeninterview“, das Mar- Haus mit einem kleinen Kolonialwarenladen aufhal- für ihr eigenes Wohlergehen, vielleicht sogar für ihr Le- Kenntnis nehmen zu wollen. Das fragliche Fräulein ver- garete Steinhart am 12. Dezember 1988 mit Ingeborg ten, eine Übernachtungsmöglichkeit fanden Mutter ben, den Häftlingen im KZ-Lager geholfen hat, zeich- dient nicht nur eine bevorzugte Behandlung, sondern Ziebarth durchgeführt hat. und Tochter bei einer Bekannten der Betreiberin des net das Bild einer mutigen Frau, die sich immer auf vielmehr eine große Belohnung. Sie hat den belgi- 2) Erinnerungen (wie Anm. 1). Kolonialwarenladens, die ihnen auf der Bodenkam- die Seite der Schwächeren stellte. Ihrem Vorgesetzten, schen, holländischen, französischen, jüdischen, pol- 3) Zeitzeugeninterview (wie Anm. 1). mer ihres Hauses eine Schlafgelegenheit zur Verfü- Wilhelm Jordan, offenbarte sie schnell ihre Gegner- nischen und russischen Gefangenen geholfen.“18) 4) Zum KZ-Außenlager Erzingen und zu Ingeborg gung stellte. Etwa vier Monate später zogen die bei- schaft zum nationalsozialistischen Regime. Nach der Aufgrund des Schreibens Léon Boutbiens wurde In- Ziebarth: Immo Opfermann: Jan, ist der Führer tot? Por- den nach Weilstetten, wo sie ein Zimmer mit Küche Darstellung Ingeborg Ziebarths hat er viele ihrer poli- geborg Ziebarth in den ersten Monaten nach der Be- traits und Glückwunschkarten im KZ Erzingen. Bad im Gasthof Ritter bewohnen sollten. Nach einer wei- tischen Ansichten geteilt, was allerdings bezweifelt setzung von der französischen Kommandantur spo- Schussenried, 2016. - Ders.: Porträts und Glück- teren Station in Weilstetten konnten sie schließlich ei- werden kann. Wahrscheinlicher ist die Einschätzung radisch als Dolmetscherin eingesetzt. Auch jetzt half wunschkarten im KZ Erzingen (Schriftenreihe des Ver- ne Wohnung in der Richthofenstraße in Balingen be- Immo Opfermanns, dass Jordan seine wissenschaftli- sie wo sie konnte, diesmal deutschen Bittstellern ge- eins KZ Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen e.V.). Gäu- ziehen, wo Ingeborg Ziebarth bis zu ihrem Tod ge- che Reputation und sein Forscherdrang seiner durch- genüber den französischen Stellen. Ihren Unterhalt felden 2012. - Ders.: Dokumente des Überlebenswil- wohnt hat. 3) aus ausgeprägten nationalsozialistischen Überzeu- verdientesieaberzunächstbeiderFirmaPhoto-Schmid lens. Geburtstagskarten und Kalender aus dem Kon- Ende des Jahres 1944 musste sich Ingeborg Zie- gung unterordnete. Er wusste die Arbeit der beiden in der Balinger Bahnhofstraße. Zum 1. August 1946 zentrationslagerErzingen.In:SchwäbischeHeimatHeft barth auf dem Balinger Arbeitsamt melden und be- Häftlinge und auch von Ingeborg Ziebarth zu schät- wurde sie, auch durch die Fürsprache ihrer ehemali- 2, 2013, S. 133 – 141. – Ders. (Hrsg.): Das Unterneh- kam dort eine Stelle als Kontoristen – heute würde man zen und letztlich schien ihm deren Arbeit wichtiger ge- gen „Schützlinge“, von der französischen Komman- men „Wüste“. Ölschieferwerke und Konzentrations- kaufmännische Angestellte dazu sagen - bei der SS-Ge- wesen zu sein, als sie durch Strafmaßnahmen even- dantur in Balingen als Sekretärin und Dolmetscherin lager entlang der Bahnlinie Tübingen-Rottweil 1944/45. sellschaft Deutsche Schieferöl GmbH in Erzingen zu- tuell zu verlieren. Dies wird auch durch eine neue Un- eingestellt, obwohl zu dieser Zeit noch keine deut- Leitfaden und Materialien zur Ausstellung in der ehe- gewiesen. Die Gesellschaft hatte ihr Büro in der Haupt- tersuchung bestätigt, in der Jordan ein zweckorien- schen Zivilangestellten für die französische Militärre- maligen Baracke auf dem Gelände des Oberschulam- baracke eines KZ-Außenlagers in Erzingen, das dem tiertesVerhältniszudenZwangsarbeitern,dieihmnicht gierung arbeiten durften. Nach der Auflösung der fran- tes Tübingen 7.5. – 31.7.1997. Balingen 1997. - Ob die Unternehmen „Wüste“ angeschlossen war. Über ih- nur in Erzingen als Hilfskräfte zur Verfügung standen, zösischen Kreisdelegation Balingen Anfang 1952 wur- Häftlinge des KZ-Außenlagers auch im zweiten „Wüs- ren neuen Arbeitgeber war sie, wie sie selbst notierte, attestiert. Die Einstellung Jordans, dem die Autorin der de Ingeborg Ziebarth zum 1. März 1952 vom franzö- te“-Werk auf Erzinger Gemarkung (Werk 5 im Bon- nicht glücklich, hatte aber wahrscheinlich keine Mög- Studie, Dana Schlegelmilch, einen Mangel an Empa- sischen Landeskommissariat in Tübingen in das Se- bachtal) arbeiten mussten, ist bisher nicht bestätigt. lichkeit, diesen Arbeitsplatz abzulehnen. thie unterstellt,13) war typisch für die vorherrschende kretariat des Personalbüros übernommen, wo sie bis 5) Immo Opfermann: Rede zur Stelenübergabe in Er- Einstellung der meisten Deutschen während des Zwei- Ende des Jahres 1954 arbeitete. zingen am 3.Mai 2015 (www.akwueste.de [abgerufen Das KZ-Außenlager Erzingen ten Weltkriegs. Die größtenteils gegen ihren Willen ver- Vom 1. Januar bis 31. Dezember 1955 war Ingeborg am 8.2.2018]). schleppten und völlig rechtlosen Zwangsarbeiter wur- Ziebarth als Auslandskorrespondentin bei der Firma 6) Dana Schlegelmilch: Zwischen staatlicher Denk- Das Lager in Erzingen war eines von insgesamt sie- den in erster Linie als billige Arbeitskräfte betrachtet, Wilhelm Beuter Uhrenfabrik in Rosenfeld, Kreis Ba- malpflege, SS-Wehrgeologie und Kulturgutraub. Hein- ben Außenlagern des KZ-Stammlagers Natzweiler- ohne die die deutsche (Kriegs-)Wirtschaft nicht mehr lingen, tätig. Durch die schwere Krankheit der Mutter rich Himmler und sein Wewelsburger SS-Archäologe Struthof im Elsass, die im Zuge des Schieferölprojekts funktioniert hätte – Deutschland hatte sich längst zu ei- war sie gezwungen, diesen Arbeitsplatz aufzugeben und Wilhelm Jordan (1903–1983). In: Susanne Grunwald, (1942-1944) und des Unternehmens „Wüste“ (1944/45) nem Sklavenhalterstaat entwickelt! Oder wie es auf dem sich eine Beschäftigung in Balingen zu suchen. Seit dem Uta Halle, Dirk Mahsarski, Karin Reichenbach (Hg.): errichtet worden waren. 4) Das Lager stand in der Nä- Portal des Bundesarchivs zur Geschichte der Zwangs- 1. Januar 1956 arbeitete Ingeborg Ziebarth als Redak- Die Spur des Geldes in der Prähistorischen Archäolo- he des Erzinger Bahnhofs, in der heutigen Erlenstra- arbeit unter dem Nationalsozialismus heißt: „Zwangs- tionssekretärin beim Balinger Volksfreund (heute gie. Mäzene – Förderer – Förderstrukturen. Bielefeld ße. Die Häftlinge mussten in einem auf der Erzinger Ge- arbeit war im NS-Staat ein fortwährend öffentlich be- Zollern-Alb-Kurier). Sie ging zum 30. Juni 1976 in den 2016, S. 121 – 171. markung sich im Bau befindlichen „Wüste“-Werk ar- gangenes Unrecht, das in den meisten Teilen der Be- Ruhestand.19) 7) Opfermann, Dokumente des Überlebenswillens beiten. Dieses Werk 4 gehörte zu den insgesamt zehn völkerung nicht als solches empfunden wurde. Fast (wie Anm. 4), S. 135. – Die Zeichnungen sind abge- „Wüste“-Werken, in denen aus dem am Fuße der sechzig Jahre mussten vergehen, bis sich die deutsche Völkerverständigung druckt in: Immo Opfermann: Jan, ist der Führer tot? Schwäbischen Alb vorzufindenden Ölschiefer Mine- Gesellschaft in ihrer Breite mit diesem Thema be- (wie Anm. 4), und: Porträts und Glückwunschkarten ralöl gewonnen werden sollte. Weit mehr als 3500 Häft- schäftigte und eine Schuld nicht nur bei Unterneh- Im August 1945 kam Léon Boutbien mit einem Fahr- (wie Anm. 4). linge verloren dabei ihr Leben. mern und öffentlichen Stellen entdeckte.“14) rad aus Dachau eigens nach Balingen, um nach Inge- 8) Der von SS-Obersturmführer Hans Jacobi, dem Beim Erzinger KZ-Außenlager handelte es sich um Diese Aktivitäten Ingeborg Ziebarths waren nicht borg Ziebarth zu sehen und überbrachte ihr im Na- Prokuristen der Deutschen Schieferöl GmbH und In- ein sogenanntes „Nacht-und-Nebel-Lager“. Die Häft- ganz ungefährlich. In ihren Erinnerungen berichtet sie, men aller ehemaligen Erzinger Häftlinge, die schließ- geborg Ziebarth unterschriebene Arbeitsvertrag wur- linge waren des Widerstands gegen die deutschen Be- dass sie auch einmal vom Lagerkommandanten - wahr- lich in Dachau von der US-Armee befreit worden wa- de wohl nachträglich abgeschlossen, da er auf den 1. Ja- satzer verdächtige Personen aus den vom Deutschen scheinlich handelte es sich dabei um Joseph Olesch – ren, den Dank für ihre Hilfe, Mut und Tapferkeit. Noch nuar 1945 datiert ist (Nachlass). Reich besetzten westeuropäischen Staaten - in Erzin- erwischt wurde, wie sie einem Häftling etwas zu- im selben Jahr erhielten Ingeborg Ziebarth und ihre 9) Rede von Léon Boutbien aus dem Jahr 1990 (Nach- gen vor allem aus Frankreich, Belgien, den Nieder- steckte. Ihr Vorgesetzter Wilhelm Jordan rettete die Si- Mutter von Léon Boutbien eine Einladung nach Paris, lass). landen und Norwegen. „Nacht- und Nebel“-Häftlinge tuation und verhinderte eine mögliche Bestrafung. wo die beiden Frauen bei den Eltern Boutbiens un- 10) Zollern-Alb-Kurier vom 23. November 1993. wurden in den Angehörigen nicht bekannte Konzent- Ingeborg Ziebarth 1941. Quelle: Stadtarchiv Balingen Die Häftlinge bedankten sich mit Glückwunsch- tergebracht waren und Ingeborg Ziebarth viele ihrer 11) Opfermann, Jan, ist der Führer tot? (wie Anm. rationslager verschleppt und sollten für immer ver- karten zum Geburtstag oder zu Festtagen bei Inge- ehemaligen „Schützlinge“ wiedertraf. 4), S. 37f. - www.st-matthias-berlin.de [abgerufen am schwinden. Die Maßnahme diente der Einschüchte- Stadtarchitekten der belgischen Stadt Gent, Julien Lie- nommen hat.10) borg Ziebarth. Von Isaak Wirschup stammt auch ein Diese Treffen, die nur wenige Monate nach dem En- 3. Februar 2018]. rung der Bevölkerung der besetzten Gebiete. vevrouw und um den in Wilna, Litauen, geborene Ma- Dazu passt auch, dass der spätere Bischof und Kar- Gemälde von Wolf Ziebarth, dem 1941 in Russland ge- de des nationalsozialistischen Terrorregimes ihren An- 12) Zu der Geschichte mit den Hostien: Opfer- Das Erzinger KZ-Außenlager war, so Immo Opfer- thematiker, jüdischen Glaubens, Isaak Wirschup, der dinal Clemens August Graf von Galen (1878 – 1946) ei- fallenen Bruder, das der KZ-Häftling auf den Wunsch fang genommen haben, waren ein erstes, damals kaum mann, Jan, ist der Führer tot? (wie Anm. 4), S. 90 und mann in seiner Rede zur Einweihung der Erzinger Ge- speziell für diese Aufgabe aus einem anderen „Wüs- ner ihrer Religionslehrer am katholischen Franziskus- der Schwester hin nach der Vorlage eines Fotos ge- wahrnehmbares Zeichen dafür, dass ein friedliches Zeitzeugeninterview (wie Anm. 1). – Zu den Briefen des denkstelen am 3. Mai 2015, „ein ungewöhnliches KZ. te“-KZ, dem Lager Dautmergen, angefordert worden Oberlyzeum in Berlin war. Graf von Galen wurde 1906 zeichnet hat. Welche Überwindung muss es Isaak Wir- Miteinander zwischen Nationen möglich war. Erst vie- Häftlings: Bescheinigung von Ingeborg Ziebarth für den Bestimmte Faktoren trafen zusammen, die gemein- war. In diesem Zeichenbüro entstanden, so Immo Op- zum Kaplan und 1919 zum Pfarrer an St. Matthias in schup wohl gekostet haben, dessen Ehefrau und das ge- le Jahre später kam es zur Unterzeichnung von Staats- Fotografen Hans Schmid vom 1. November 1946: Nach- sam ein Überleben der Gefangenen ermöglichten, Un- fermann, als Ausdruck von Überlebenswillen und Berlin-Schöneberg ernannt und wirkte bis 1929 in der meinsame Kind von SS-Männern, vielleicht aber auch verträgen zwischen Deutschland und seinen (westli- lass (wie Anm. 1). taten und Unrecht milderten.“5) So waren Versorgung Menschlichkeit „Zeichnungen, kleine Kunstwerke auf deutschen Hauptstadt. Als Bischof prangerte Graf von von Wehrmachtsoldaten, vor seinen Augen erschos- chen) Nachbarn, dem Vertrag zur „Europäische Ge- 13) Opfermann, Jan, ist der Führer tot? (wie Anm. und Unterbringung wesentlich besser, als in den grö- Karten und Kalendern“ von Häftlingen für Häftlinge.7) Galen, ein kritischer und unabhängiger Geist, im Som- sen worden waren, das Porträt eines Deutschen in Uni- meinschaft für Kohle und Stahl“ (Montanunion) im Jahr 4), S. 34f. – Schlegelmilch, Wilhelm Jordan (wie Anm. ßeren „Wüste“-KZ, vornehmlich in Bisingen und Daut- In dieser ganz speziellen Umgebung nahm Inge- mer 1941 in drei berühmt gewordenen Predigten die form zu zeichnen, der dazu noch in der Sowjetunion 1952, oder dem Élysée-Vertrag aus dem Jahr 1963. 6), S. 140f. mergen. Dennoch litten die Häftlinge an Unterer- borg Ziebarth am 1. Dezember 1944 ihre Tätigkeit auf.8) staatliche Beschlagnahmung von Klöstern, die Ter- eingesetzt war?15) Auch diese Episode zeigt die große Die „Ehemaligen“ trafen sich über viele Jahrzehnte 14) Zwangsarbeit im NS-Staat (www.bundesar- nährung und vor allem im Winter an mangelhafter Klei- rormethoden der Gestapo und die Euthanasie-Morde Wertschätzung, die Ingeborg Ziebarth bei den Häft- immer wieder in ihren Heimatländern, hin und wie- chiv.de/zwangsarbeit/ [abgerufen am 7.2.2018]). dung. Die Häftlingsgesellschaft war in ihrer Struktur, Menschlichkeit und Zivilcourage an. Die Predigten fanden nicht nur im Deutschen Reich, lingen genossen haben muss. der aber auch in Erzingen – z.B. in den Jahren 1956, 15) Bild und Foto sind abgedruckt in: Opfermann, was Herkunft und Nationalität betraf, weitaus homo- sondern zum Teil auch in den von Deutschen besetz- Das Erzinger Lager wurde in zwei Stufen geräumt. 1988 und 1990. Ingeborg Ziebarth war immer zu die- Porträts und Glückwunschkarten (wie Anm. 4), S. 12f. gener, was zu einem ganz speziellen Gefühl des Zu- Ingeborg Ziebarth „verabscheute den Krieg und ver- ten Nachbarländern große Verbreitung. Neben Julien Am 21. März 1945 kamen dank der Rettungsaktion des sen Treffen eingeladen, denen sie auch häufig bei- Das Orginalbild befindet sich im Nachlass von Inge- sammenhalts der Häftlinge untereinander geführt hat. achtete Hitler und sein barbarisches Regime“, so Dr. Lievevrouw, dessen Widerstandsgruppen die Predig- Präsidenten des schwedischen Roten Kreuzes, Graf wohnte. Die Treffen in Balingen wurden teilweise von borg Ziebarth im Stadtarchiv Balingen. Bei den Bauarbeiten zur Errichtung eines Lagers für Léon Boutbien, Häftling und ehemaliger Lagerarzt des ten des Bischofs von Münster vervielfältigt und in Bel- Folke Bernadotte, die skandinavischen Häftlinge frei - ihr organisiert. 16) Andreas Zekorn: Ende mit Schrecken – Die Räu- Kriegsgefangene auf dem nahegelegenen „Hunger- Erzingen KZ-Außenlagers bei einer Rede im Jahr 1990.9) gien verbreitet hatten, befanden sich im Erzinger La- 21 Norweger und ein Däne. Die verbliebenen Häft- Ingeborg Ziebarth starb nach schwerer Krankheit am mung der Lager des Unternehmens „Wüste“ im April berg“, die ebenfalls auf den „Wüste“-Baustellen ar- Woher diese Einstellung Ingeborg Ziebarths zu Hu- ger auch holländische Häftlinge, die die Predigten Ga- linge wurden am 13. April 1945 in Eisenbahnwaggons 21. November 1993 in Balingen. 1945. In: Gedenkstätten-Rundschau, Nr. 14, 2015, S. 1 beiten sollten, waren alemannische Reihengräber ent- manität und Menschlichkeit, gepaart mit einer großen lens in Umlauf gebracht hatten. Diese Gemeinsamkeit in das KZ-Außenlager Dachau-Allach gebracht.16) Der Leider hat sich Ingeborg Ziebarth, trotz des Drän- – 12. – Ders.: Zivilarbeiter statt Häftlinge. Die Räu- deckt worden. Daraufhin wurde der SS-Hauptsturm- Portion Zivilcourage gestammt hat, ist heute, fast 25 zwischen einigen der Häftlinge und der deutschen Zi- Geologe Wilhelm Jordan reiste zu seiner Familie nach gens ihrer ehemaligen „Schützlinge“, nie dazu durch- mung der Lager des Unternehmens „Wüste“ im April führer und „Wehrgeologe“ Wilhelm Jordan vom Leiter Jahre nach ihrem Tod nicht mehr im Einzelnen nach- vilangestellten half mit Sicherheit, schnell ein gewis- Westfalen. Er war bis in den März 1948 in verschiede- ringen können, ihre Erlebnisse aufzuzeichnen und zu 1945. In: Heimatkundliche Blätter 62. Jg., 2015, S. 1937 des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes und Ge- zuvollziehen. Der frühe Tod ihres Bruders, der als Of- ses Maß an Vertrautheit herzustellen.11) nen Lagern interniert. In seinem Entnazifizierungs- veröffentlichen. Sie hat sich und ihr Tun als nicht so – 1942. sellschafter der Deutschen Schieferöl, SS-Obergrup- fizier in Russland gefallen war, hat sie in ihrer wider- Ingeborg Ziebarth half auf vielfältige Art und Weise. verfahren wurde er u.a. wegen „Ausnutzung von KZ- wichtig genommen. So war es Immo Opfermann, der 17) Schlegelmilch, Wilhelm Jordan (wie Anm. 6), S. penführer Oswald Pohl, beauftragt, die Funde zu un- ständigen Haltung mit Sicherheit bestärkt. Mit großer Sie versorgte die Häftlinge mit Zigaretten und Le- Häftlingen“ zu einer Haftzeit von acht Monaten und ei- wohl als Erster ihren Nachlass ausgewertet und in meh- 163. tersuchen und zu katalogisieren.6) Jordan richtete sein Wahrscheinlichkeit hatte ihre kritische Haltung ge- bensmitteln, indem sie beispielsweise bei den Bauern ner Geldstrafe verurteilt.17) reren Veröffentlichungen zum Unternehmen „Wüste“ 18) Abgedruckt in: Opfermann, Jan, ist der Führer Zeichenbüro im Dienstzimmer des Lagerkomman- genüber den Nationalsozialisten auch mit ihrem Glau- der Umgebung, bevor sie ihre Arbeit im Lager auf- und zum Erzinger KZ-Außenlager auch Ingeborg Zie- tot? (wie Anm. 4), S. 40. Brief in französischer Sprache, danten SS-Oberscharführer Joseph Olesch ein. Neben ben zu tun, der sie ein ganzes Leben begleitet hat, wie nahm, Brot organisierte. Außerdem hat sie für die Häft- barth ein Denkmal gesetzt hat. übersetzt durch Immo Opfermann. zwei Soldaten, die wohl als Grabungshelfer eingesetzt nicht nur der Besuch des Oberlyzeums in Berlin be- linge gekocht. Zur „geistigen“ Versorgung der Gefan- Ingeborg Ziebarth gehörte zu einer Minderheit von 19) Von Ingeborg Ziebarth verfasste Lebensläufe vom wurden, arbeiteten auch zwei KZ-Häftlinge in diesem legt. So berichtete der Zollern-Alb-Kurier im Nachruf genen gehörten Gebetbücher und Literatur von oder Nachkriegszeit Deutschen, die ihr Handeln nicht als Widerstand, son- 15. Mai 1952 und 27. Juli 1957 (Nachlass). – Nachruf Büro. Ihre Aufgabe war es, die Fundstücke abzu- auf Ingeborg Ziebarth, dass sie bis zuletzt „regen An- über Goethe, die sie in einer Buchhandlung kaufte und dern als selbstverständlich ansahen. Sie ist ein Bei- auf Ingeborg Ziebarth im Zollern-Alb-Kurier vom 23. zeichnen. Bei den Häftlingen handelte es sich um den teil am Leben der katholischen Kirchengemeinde“ ge- weitergab. Bei einem Besuch ihrer alten Heimat Ber- Vor seinem Abtransport nach Dachau-Allach be- spiel dafür, dass es immer auch unter einem Terror- November 1993. Seite 2073 Heimatkundliche Blätter Februar 2018 Februar 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2074

„Mit wenigen Habseligkeiten, einigen übereinander lin vor Weihnachten 1944 ließ sie sich vom Pfarrer ih- kam Ingeborg Ziebarth von Léon Boutbien ein Emp- regime Handlungsalternativen gibt. angezogenen Kleidern, Rucksack und Handkoffer rer dortigen Gemeinde Hostien für Julien Lievevrouw fehlungsschreiben. Der Brief findet sich leider nicht im machten wir uns auf die Bahnfahrt, die öfters wegen geben, damit dieser zu Weihnachten die Kommunion Nachlass, wird aber einen ähnlichen Wortlaut gehabt Fliegeralarmen unterbrochen wurde. Aber wir er- empfangen konnte – der Balinger Pfarrer hatte sich die- haben wie ein Schreiben Julien Lievevrouws vom 3. Ok- Anmerkungen reichten das Ziel.“ 2) In dem von den Freunden zur Ver- sem Wunsch Lievevrouws verweigert. Außerdem ver- tober 1946, in dem es heißt: „Ingeborg Ziebarth… zeig- fügung gestellten Haus waren allerdings schon Per- steckte Ingeborg Ziebarth Briefe eines Erzinger Häft- te eine bewundernswerte Haltung gegenüber den Ge- 1) Erinnerungen (Stadtarchiv Balingen (StA BL): Be- sonen untergebracht, die ihre Wohnungen in Stuttgart lings, die sie allerdings aus Angst vor einer Haus- fangenen; sie hat trotz der Gefahr, der sie ausgesetzt stand NA – Ziebarth). – Der Nachlass von Ingeborg Zie- ebenfalls infolge des Bombenkriegsverloren hatten. Die durchsuchung dem Balinger Fotografen Hans Schmid war, wo immer möglich geholfen, das Elend der Ge- barth befindet sich im Balinger Stadtarchiv unter der beiden Frauen suchten und fanden eine andere Blei- zur Aufbewahrung gab.12) fangenen mit allen Mitteln zu erleichtern. Ich bitte die o.g. Signatur (Nachlass). - Im Stadtarchiv befindet sich be in Tieringen: tagsüber konnten sie sich in einem Ihr Bericht, nicht nur wie sie unter großer Gefahr französischen Behörden, diese Aussage geneigt zur außerdem ein sog. „Zeitzeugeninterview“, das Mar- Haus mit einem kleinen Kolonialwarenladen aufhal- für ihr eigenes Wohlergehen, vielleicht sogar für ihr Le- Kenntnis nehmen zu wollen. Das fragliche Fräulein ver- garete Steinhart am 12. Dezember 1988 mit Ingeborg ten, eine Übernachtungsmöglichkeit fanden Mutter ben, den Häftlingen im KZ-Lager geholfen hat, zeich- dient nicht nur eine bevorzugte Behandlung, sondern Ziebarth durchgeführt hat. und Tochter bei einer Bekannten der Betreiberin des net das Bild einer mutigen Frau, die sich immer auf vielmehr eine große Belohnung. Sie hat den belgi- 2) Erinnerungen (wie Anm. 1). Kolonialwarenladens, die ihnen auf der Bodenkam- die Seite der Schwächeren stellte. Ihrem Vorgesetzten, schen, holländischen, französischen, jüdischen, pol- 3) Zeitzeugeninterview (wie Anm. 1). mer ihres Hauses eine Schlafgelegenheit zur Verfü- Wilhelm Jordan, offenbarte sie schnell ihre Gegner- nischen und russischen Gefangenen geholfen.“18) 4) Zum KZ-Außenlager Erzingen und zu Ingeborg gung stellte. Etwa vier Monate später zogen die bei- schaft zum nationalsozialistischen Regime. Nach der Aufgrund des Schreibens Léon Boutbiens wurde In- Ziebarth: Immo Opfermann: Jan, ist der Führer tot? Por- den nach Weilstetten, wo sie ein Zimmer mit Küche Darstellung Ingeborg Ziebarths hat er viele ihrer poli- geborg Ziebarth in den ersten Monaten nach der Be- traits und Glückwunschkarten im KZ Erzingen. Bad im Gasthof Ritter bewohnen sollten. Nach einer wei- tischen Ansichten geteilt, was allerdings bezweifelt setzung von der französischen Kommandantur spo- Schussenried, 2016. - Ders.: Porträts und Glück- teren Station in Weilstetten konnten sie schließlich ei- werden kann. Wahrscheinlicher ist die Einschätzung radisch als Dolmetscherin eingesetzt. Auch jetzt half wunschkarten im KZ Erzingen (Schriftenreihe des Ver- ne Wohnung in der Richthofenstraße in Balingen be- Immo Opfermanns, dass Jordan seine wissenschaftli- sie wo sie konnte, diesmal deutschen Bittstellern ge- eins KZ Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen e.V.). Gäu- ziehen, wo Ingeborg Ziebarth bis zu ihrem Tod ge- che Reputation und sein Forscherdrang seiner durch- genüber den französischen Stellen. Ihren Unterhalt felden 2012. - Ders.: Dokumente des Überlebenswil- wohnt hat. 3) aus ausgeprägten nationalsozialistischen Überzeu- verdientesieaberzunächstbeiderFirmaPhoto-Schmid lens. Geburtstagskarten und Kalender aus dem Kon- Ende des Jahres 1944 musste sich Ingeborg Zie- gung unterordnete. Er wusste die Arbeit der beiden in der Balinger Bahnhofstraße. Zum 1. August 1946 zentrationslagerErzingen.In:SchwäbischeHeimatHeft barth auf dem Balinger Arbeitsamt melden und be- Häftlinge und auch von Ingeborg Ziebarth zu schät- wurde sie, auch durch die Fürsprache ihrer ehemali- 2, 2013, S. 133 – 141. – Ders. (Hrsg.): Das Unterneh- kam dort eine Stelle als Kontoristen – heute würde man zen und letztlich schien ihm deren Arbeit wichtiger ge- gen „Schützlinge“, von der französischen Komman- men „Wüste“. Ölschieferwerke und Konzentrations- kaufmännische Angestellte dazu sagen - bei der SS-Ge- wesen zu sein, als sie durch Strafmaßnahmen even- dantur in Balingen als Sekretärin und Dolmetscherin lager entlang der Bahnlinie Tübingen-Rottweil 1944/45. sellschaft Deutsche Schieferöl GmbH in Erzingen zu- tuell zu verlieren. Dies wird auch durch eine neue Un- eingestellt, obwohl zu dieser Zeit noch keine deut- Leitfaden und Materialien zur Ausstellung in der ehe- gewiesen. Die Gesellschaft hatte ihr Büro in der Haupt- tersuchung bestätigt, in der Jordan ein zweckorien- schen Zivilangestellten für die französische Militärre- maligen Baracke auf dem Gelände des Oberschulam- baracke eines KZ-Außenlagers in Erzingen, das dem tiertesVerhältniszudenZwangsarbeitern,dieihmnicht gierung arbeiten durften. Nach der Auflösung der fran- tes Tübingen 7.5. – 31.7.1997. Balingen 1997. - Ob die Unternehmen „Wüste“ angeschlossen war. Über ih- nur in Erzingen als Hilfskräfte zur Verfügung standen, zösischen Kreisdelegation Balingen Anfang 1952 wur- Häftlinge des KZ-Außenlagers auch im zweiten „Wüs- ren neuen Arbeitgeber war sie, wie sie selbst notierte, attestiert. Die Einstellung Jordans, dem die Autorin der de Ingeborg Ziebarth zum 1. März 1952 vom franzö- te“-Werk auf Erzinger Gemarkung (Werk 5 im Bon- nicht glücklich, hatte aber wahrscheinlich keine Mög- Studie, Dana Schlegelmilch, einen Mangel an Empa- sischen Landeskommissariat in Tübingen in das Se- bachtal) arbeiten mussten, ist bisher nicht bestätigt. lichkeit, diesen Arbeitsplatz abzulehnen. thie unterstellt,13) war typisch für die vorherrschende kretariat des Personalbüros übernommen, wo sie bis 5) Immo Opfermann: Rede zur Stelenübergabe in Er- Einstellung der meisten Deutschen während des Zwei- Ende des Jahres 1954 arbeitete. zingen am 3.Mai 2015 (www.akwueste.de [abgerufen Das KZ-Außenlager Erzingen ten Weltkriegs. Die größtenteils gegen ihren Willen ver- Vom 1. Januar bis 31. Dezember 1955 war Ingeborg am 8.2.2018]). schleppten und völlig rechtlosen Zwangsarbeiter wur- Ziebarth als Auslandskorrespondentin bei der Firma 6) Dana Schlegelmilch: Zwischen staatlicher Denk- Das Lager in Erzingen war eines von insgesamt sie- den in erster Linie als billige Arbeitskräfte betrachtet, Wilhelm Beuter Uhrenfabrik in Rosenfeld, Kreis Ba- malpflege, SS-Wehrgeologie und Kulturgutraub. Hein- ben Außenlagern des KZ-Stammlagers Natzweiler- ohne die die deutsche (Kriegs-)Wirtschaft nicht mehr lingen, tätig. Durch die schwere Krankheit der Mutter rich Himmler und sein Wewelsburger SS-Archäologe Struthof im Elsass, die im Zuge des Schieferölprojekts funktioniert hätte – Deutschland hatte sich längst zu ei- war sie gezwungen, diesen Arbeitsplatz aufzugeben und Wilhelm Jordan (1903–1983). In: Susanne Grunwald, (1942-1944) und des Unternehmens „Wüste“ (1944/45) nem Sklavenhalterstaat entwickelt! Oder wie es auf dem sich eine Beschäftigung in Balingen zu suchen. Seit dem Uta Halle, Dirk Mahsarski, Karin Reichenbach (Hg.): errichtet worden waren. 4) Das Lager stand in der Nä- Portal des Bundesarchivs zur Geschichte der Zwangs- 1. Januar 1956 arbeitete Ingeborg Ziebarth als Redak- Die Spur des Geldes in der Prähistorischen Archäolo- he des Erzinger Bahnhofs, in der heutigen Erlenstra- arbeit unter dem Nationalsozialismus heißt: „Zwangs- tionssekretärin beim Balinger Volksfreund (heute gie. Mäzene – Förderer – Förderstrukturen. Bielefeld ße. Die Häftlinge mussten in einem auf der Erzinger Ge- arbeit war im NS-Staat ein fortwährend öffentlich be- Zollern-Alb-Kurier). Sie ging zum 30. Juni 1976 in den 2016, S. 121 – 171. markung sich im Bau befindlichen „Wüste“-Werk ar- gangenes Unrecht, das in den meisten Teilen der Be- Ruhestand.19) 7) Opfermann, Dokumente des Überlebenswillens beiten. Dieses Werk 4 gehörte zu den insgesamt zehn völkerung nicht als solches empfunden wurde. Fast (wie Anm. 4), S. 135. – Die Zeichnungen sind abge- „Wüste“-Werken, in denen aus dem am Fuße der sechzig Jahre mussten vergehen, bis sich die deutsche Völkerverständigung druckt in: Immo Opfermann: Jan, ist der Führer tot? Schwäbischen Alb vorzufindenden Ölschiefer Mine- Gesellschaft in ihrer Breite mit diesem Thema be- (wie Anm. 4), und: Porträts und Glückwunschkarten ralöl gewonnen werden sollte. Weit mehr als 3500 Häft- schäftigte und eine Schuld nicht nur bei Unterneh- Im August 1945 kam Léon Boutbien mit einem Fahr- (wie Anm. 4). linge verloren dabei ihr Leben. mern und öffentlichen Stellen entdeckte.“14) rad aus Dachau eigens nach Balingen, um nach Inge- 8) Der von SS-Obersturmführer Hans Jacobi, dem Beim Erzinger KZ-Außenlager handelte es sich um Diese Aktivitäten Ingeborg Ziebarths waren nicht borg Ziebarth zu sehen und überbrachte ihr im Na- Prokuristen der Deutschen Schieferöl GmbH und In- ein sogenanntes „Nacht-und-Nebel-Lager“. Die Häft- ganz ungefährlich. In ihren Erinnerungen berichtet sie, men aller ehemaligen Erzinger Häftlinge, die schließ- geborg Ziebarth unterschriebene Arbeitsvertrag wur- linge waren des Widerstands gegen die deutschen Be- dass sie auch einmal vom Lagerkommandanten - wahr- lich in Dachau von der US-Armee befreit worden wa- de wohl nachträglich abgeschlossen, da er auf den 1. Ja- satzer verdächtige Personen aus den vom Deutschen scheinlich handelte es sich dabei um Joseph Olesch – ren, den Dank für ihre Hilfe, Mut und Tapferkeit. Noch nuar 1945 datiert ist (Nachlass). Reich besetzten westeuropäischen Staaten - in Erzin- erwischt wurde, wie sie einem Häftling etwas zu- im selben Jahr erhielten Ingeborg Ziebarth und ihre 9) Rede von Léon Boutbien aus dem Jahr 1990 (Nach- gen vor allem aus Frankreich, Belgien, den Nieder- steckte. Ihr Vorgesetzter Wilhelm Jordan rettete die Si- Mutter von Léon Boutbien eine Einladung nach Paris, lass). landen und Norwegen. „Nacht- und Nebel“-Häftlinge tuation und verhinderte eine mögliche Bestrafung. wo die beiden Frauen bei den Eltern Boutbiens un- 10) Zollern-Alb-Kurier vom 23. November 1993. wurden in den Angehörigen nicht bekannte Konzent- Ingeborg Ziebarth 1941. Quelle: Stadtarchiv Balingen Die Häftlinge bedankten sich mit Glückwunsch- tergebracht waren und Ingeborg Ziebarth viele ihrer 11) Opfermann, Jan, ist der Führer tot? (wie Anm. rationslager verschleppt und sollten für immer ver- karten zum Geburtstag oder zu Festtagen bei Inge- ehemaligen „Schützlinge“ wiedertraf. 4), S. 37f. - www.st-matthias-berlin.de [abgerufen am schwinden. Die Maßnahme diente der Einschüchte- Stadtarchitekten der belgischen Stadt Gent, Julien Lie- nommen hat.10) borg Ziebarth. Von Isaak Wirschup stammt auch ein Diese Treffen, die nur wenige Monate nach dem En- 3. Februar 2018]. rung der Bevölkerung der besetzten Gebiete. vevrouw und um den in Wilna, Litauen, geborene Ma- Dazu passt auch, dass der spätere Bischof und Kar- Gemälde von Wolf Ziebarth, dem 1941 in Russland ge- de des nationalsozialistischen Terrorregimes ihren An- 12) Zu der Geschichte mit den Hostien: Opfer- Das Erzinger KZ-Außenlager war, so Immo Opfer- thematiker, jüdischen Glaubens, Isaak Wirschup, der dinal Clemens August Graf von Galen (1878 – 1946) ei- fallenen Bruder, das der KZ-Häftling auf den Wunsch fang genommen haben, waren ein erstes, damals kaum mann, Jan, ist der Führer tot? (wie Anm. 4), S. 90 und mann in seiner Rede zur Einweihung der Erzinger Ge- speziell für diese Aufgabe aus einem anderen „Wüs- ner ihrer Religionslehrer am katholischen Franziskus- der Schwester hin nach der Vorlage eines Fotos ge- wahrnehmbares Zeichen dafür, dass ein friedliches Zeitzeugeninterview (wie Anm. 1). – Zu den Briefen des denkstelen am 3. Mai 2015, „ein ungewöhnliches KZ. te“-KZ, dem Lager Dautmergen, angefordert worden Oberlyzeum in Berlin war. Graf von Galen wurde 1906 zeichnet hat. Welche Überwindung muss es Isaak Wir- Miteinander zwischen Nationen möglich war. Erst vie- Häftlings: Bescheinigung von Ingeborg Ziebarth für den Bestimmte Faktoren trafen zusammen, die gemein- war. In diesem Zeichenbüro entstanden, so Immo Op- zum Kaplan und 1919 zum Pfarrer an St. Matthias in schup wohl gekostet haben, dessen Ehefrau und das ge- le Jahre später kam es zur Unterzeichnung von Staats- Fotografen Hans Schmid vom 1. November 1946: Nach- sam ein Überleben der Gefangenen ermöglichten, Un- fermann, als Ausdruck von Überlebenswillen und Berlin-Schöneberg ernannt und wirkte bis 1929 in der meinsame Kind von SS-Männern, vielleicht aber auch verträgen zwischen Deutschland und seinen (westli- lass (wie Anm. 1). taten und Unrecht milderten.“5) So waren Versorgung Menschlichkeit „Zeichnungen, kleine Kunstwerke auf deutschen Hauptstadt. Als Bischof prangerte Graf von von Wehrmachtsoldaten, vor seinen Augen erschos- chen) Nachbarn, dem Vertrag zur „Europäische Ge- 13) Opfermann, Jan, ist der Führer tot? (wie Anm. und Unterbringung wesentlich besser, als in den grö- Karten und Kalendern“ von Häftlingen für Häftlinge.7) Galen, ein kritischer und unabhängiger Geist, im Som- sen worden waren, das Porträt eines Deutschen in Uni- meinschaft für Kohle und Stahl“ (Montanunion) im Jahr 4), S. 34f. – Schlegelmilch, Wilhelm Jordan (wie Anm. ßeren „Wüste“-KZ, vornehmlich in Bisingen und Daut- In dieser ganz speziellen Umgebung nahm Inge- mer 1941 in drei berühmt gewordenen Predigten die form zu zeichnen, der dazu noch in der Sowjetunion 1952, oder dem Élysée-Vertrag aus dem Jahr 1963. 6), S. 140f. mergen. Dennoch litten die Häftlinge an Unterer- borg Ziebarth am 1. Dezember 1944 ihre Tätigkeit auf.8) staatliche Beschlagnahmung von Klöstern, die Ter- eingesetzt war?15) Auch diese Episode zeigt die große Die „Ehemaligen“ trafen sich über viele Jahrzehnte 14) Zwangsarbeit im NS-Staat (www.bundesar- nährung und vor allem im Winter an mangelhafter Klei- rormethoden der Gestapo und die Euthanasie-Morde Wertschätzung, die Ingeborg Ziebarth bei den Häft- immer wieder in ihren Heimatländern, hin und wie- chiv.de/zwangsarbeit/ [abgerufen am 7.2.2018]). dung. Die Häftlingsgesellschaft war in ihrer Struktur, Menschlichkeit und Zivilcourage an. Die Predigten fanden nicht nur im Deutschen Reich, lingen genossen haben muss. der aber auch in Erzingen – z.B. in den Jahren 1956, 15) Bild und Foto sind abgedruckt in: Opfermann, was Herkunft und Nationalität betraf, weitaus homo- sondern zum Teil auch in den von Deutschen besetz- Das Erzinger Lager wurde in zwei Stufen geräumt. 1988 und 1990. Ingeborg Ziebarth war immer zu die- Porträts und Glückwunschkarten (wie Anm. 4), S. 12f. gener, was zu einem ganz speziellen Gefühl des Zu- Ingeborg Ziebarth „verabscheute den Krieg und ver- ten Nachbarländern große Verbreitung. Neben Julien Am 21. März 1945 kamen dank der Rettungsaktion des sen Treffen eingeladen, denen sie auch häufig bei- Das Orginalbild befindet sich im Nachlass von Inge- sammenhalts der Häftlinge untereinander geführt hat. achtete Hitler und sein barbarisches Regime“, so Dr. Lievevrouw, dessen Widerstandsgruppen die Predig- Präsidenten des schwedischen Roten Kreuzes, Graf wohnte. Die Treffen in Balingen wurden teilweise von borg Ziebarth im Stadtarchiv Balingen. Bei den Bauarbeiten zur Errichtung eines Lagers für Léon Boutbien, Häftling und ehemaliger Lagerarzt des ten des Bischofs von Münster vervielfältigt und in Bel- Folke Bernadotte, die skandinavischen Häftlinge frei - ihr organisiert. 16) Andreas Zekorn: Ende mit Schrecken – Die Räu- Kriegsgefangene auf dem nahegelegenen „Hunger- Erzingen KZ-Außenlagers bei einer Rede im Jahr 1990.9) gien verbreitet hatten, befanden sich im Erzinger La- 21 Norweger und ein Däne. Die verbliebenen Häft- Ingeborg Ziebarth starb nach schwerer Krankheit am mung der Lager des Unternehmens „Wüste“ im April berg“, die ebenfalls auf den „Wüste“-Baustellen ar- Woher diese Einstellung Ingeborg Ziebarths zu Hu- ger auch holländische Häftlinge, die die Predigten Ga- linge wurden am 13. April 1945 in Eisenbahnwaggons 21. November 1993 in Balingen. 1945. In: Gedenkstätten-Rundschau, Nr. 14, 2015, S. 1 beiten sollten, waren alemannische Reihengräber ent- manität und Menschlichkeit, gepaart mit einer großen lens in Umlauf gebracht hatten. Diese Gemeinsamkeit in das KZ-Außenlager Dachau-Allach gebracht.16) Der Leider hat sich Ingeborg Ziebarth, trotz des Drän- – 12. – Ders.: Zivilarbeiter statt Häftlinge. Die Räu- deckt worden. Daraufhin wurde der SS-Hauptsturm- Portion Zivilcourage gestammt hat, ist heute, fast 25 zwischen einigen der Häftlinge und der deutschen Zi- Geologe Wilhelm Jordan reiste zu seiner Familie nach gens ihrer ehemaligen „Schützlinge“, nie dazu durch- mung der Lager des Unternehmens „Wüste“ im April führer und „Wehrgeologe“ Wilhelm Jordan vom Leiter Jahre nach ihrem Tod nicht mehr im Einzelnen nach- vilangestellten half mit Sicherheit, schnell ein gewis- Westfalen. Er war bis in den März 1948 in verschiede- ringen können, ihre Erlebnisse aufzuzeichnen und zu 1945. In: Heimatkundliche Blätter 62. Jg., 2015, S. 1937 des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes und Ge- zuvollziehen. Der frühe Tod ihres Bruders, der als Of- ses Maß an Vertrautheit herzustellen.11) nen Lagern interniert. In seinem Entnazifizierungs- veröffentlichen. Sie hat sich und ihr Tun als nicht so – 1942. sellschafter der Deutschen Schieferöl, SS-Obergrup- fizier in Russland gefallen war, hat sie in ihrer wider- Ingeborg Ziebarth half auf vielfältige Art und Weise. verfahren wurde er u.a. wegen „Ausnutzung von KZ- wichtig genommen. So war es Immo Opfermann, der 17) Schlegelmilch, Wilhelm Jordan (wie Anm. 6), S. penführer Oswald Pohl, beauftragt, die Funde zu un- ständigen Haltung mit Sicherheit bestärkt. Mit großer Sie versorgte die Häftlinge mit Zigaretten und Le- Häftlingen“ zu einer Haftzeit von acht Monaten und ei- wohl als Erster ihren Nachlass ausgewertet und in meh- 163. tersuchen und zu katalogisieren.6) Jordan richtete sein Wahrscheinlichkeit hatte ihre kritische Haltung ge- bensmitteln, indem sie beispielsweise bei den Bauern ner Geldstrafe verurteilt.17) reren Veröffentlichungen zum Unternehmen „Wüste“ 18) Abgedruckt in: Opfermann, Jan, ist der Führer Zeichenbüro im Dienstzimmer des Lagerkomman- genüber den Nationalsozialisten auch mit ihrem Glau- der Umgebung, bevor sie ihre Arbeit im Lager auf- und zum Erzinger KZ-Außenlager auch Ingeborg Zie- tot? (wie Anm. 4), S. 40. Brief in französischer Sprache, danten SS-Oberscharführer Joseph Olesch ein. Neben ben zu tun, der sie ein ganzes Leben begleitet hat, wie nahm, Brot organisierte. Außerdem hat sie für die Häft- barth ein Denkmal gesetzt hat. übersetzt durch Immo Opfermann. zwei Soldaten, die wohl als Grabungshelfer eingesetzt nicht nur der Besuch des Oberlyzeums in Berlin be- linge gekocht. Zur „geistigen“ Versorgung der Gefan- Ingeborg Ziebarth gehörte zu einer Minderheit von 19) Von Ingeborg Ziebarth verfasste Lebensläufe vom wurden, arbeiteten auch zwei KZ-Häftlinge in diesem legt. So berichtete der Zollern-Alb-Kurier im Nachruf genen gehörten Gebetbücher und Literatur von oder Nachkriegszeit Deutschen, die ihr Handeln nicht als Widerstand, son- 15. Mai 1952 und 27. Juli 1957 (Nachlass). – Nachruf Büro. Ihre Aufgabe war es, die Fundstücke abzu- auf Ingeborg Ziebarth, dass sie bis zuletzt „regen An- über Goethe, die sie in einer Buchhandlung kaufte und dern als selbstverständlich ansahen. Sie ist ein Bei- auf Ingeborg Ziebarth im Zollern-Alb-Kurier vom 23. zeichnen. Bei den Häftlingen handelte es sich um den teil am Leben der katholischen Kirchengemeinde“ ge- weitergab. Bei einem Besuch ihrer alten Heimat Ber- Vor seinem Abtransport nach Dachau-Allach be- spiel dafür, dass es immer auch unter einem Terror- November 1993. Seite 2075 Heimatkundliche Blätter Februar 2018 Termine und Exkursionen Die Veranstaltungen der Heimatkundlichen Vereinigung im März und April

MÄRZ ter der Präsidentschaft Hindenburgs, wurde das erste übungsplatzes abgebrochen wurden. Heute erinnert gegen Juden gerichtete Ausnahmegesetz („Gesetz zur nur noch ein Gedenkstein an das Gotteshaus. An- Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“) erlas- schließend geht es zum Startplatz der „Natter“. Hier Sonntag, 4. März: Tag der Archive zum Thema „De- sen. Die gesellschaftliche Ausgrenzung und der all- fand am 1. März 1945 der erste bemannte Raketen- mokratie und Bürgerrechte“. mähliche Verlust der Bürgerrechte hat auch Balinger start statt, wobei der Pilot, Lothar Sieber, ums Leben ge- Jahrgang 65 28. Februar 2018 Nr. 2 Bürger betroffen, die Familie Schatzki und den Arzt Dr. kommen ist. Zu sehen sind noch eine Beton-Armie- Es beteiligen sich das Kreisarchiv Zollernalbkreis und Alexander Bloch. rung im Boden und ein Gedenkstein. Weiter geht es vor- die Stadtarchive Albstadt, Balingen und Geislingen. In Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Walther wird ei- bei am Standort des ehemaligen Gasthauses Waldhof den genannten Stadtarchiven finden ab 13.30 Uhr be- ne kleine Ausstellung des Kreisarchivs präsentiert, in zum früheren Bahnhof Kaiseringen. Hier befinden sich ziehungsweise 14 Uhr Vorträge und Veranstaltungen der ausgewählte Unterlagen zum Thema „Demokratie die Überreste der ehemaligen vier Kilometer langen statt. und Bürgerrechte“ mit Bezug zum Gebiet des Zoller- Materialstandseilbahn, die bis zum Lager Heuberg ge- Um 15.30 Uhr beginnt die Veranstaltung im Kreis- nalbkreises gezeigt und erläutert werden. führt hat und zwischen 1912 und 1921 in Betrieb war. archiv Zollernalbkreis. Zunächst werden zwei Kurz- 15.30 Uhr, Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis Nach der etwa zweistündigen Tour besteht die Mög- vorträge gehalten. Der Vortrag von Kreisarchivar Dr. (Sitzungssaal), Hirschbergstr. 29, Eintritt frei. lichkeit den Nachmittag in einer Gastwirtschaft aus- Andreas Zekorn trägt den Titel „Aufstand in der Fast- Stadtarchiv Balingen 13.30 bis 15.00 Uhr klingen zu lassen. nacht. Tote an der Grenze – Der Kampf um Rechte in Auf Spurensuche: Das Stadtarchiv Balingen stellt 14.00 Uhr, Treffpunkt bei den Freilandscheunen an der Frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen“. stadtgeschichtliche Dokumente über „Demokratie und der Zufahrt von Frohnstetten zum TrÜbPl Heuberg, Der Vortrag greift neben dem Motto des Tags der Ar- Bürgerrechte“ vor. Um 14.00 Uhr besteht Gelegenheit, Teilnahme frei. chive auch das Schwerpunktthema der Heimatkund- die Magazine zu besichtigen. Geöffnet ist von 13.30 bis lichen Vereinigung 2018 „Kleindenkmale“ auf: Zu- 15.00 Uhr. Stadtarchiv Balingen, Charlottenstr. 31, nächst geht es um zwei Kleindenkmale, die von Nar- 72336 Balingen. renvereinen initiiert wurden und die sich auf die Un- Stadtarchiv Albstadt 14.00 bis 17.00 Uhr tertanenunruhen in der Grafschaft Zollern im 17. und Das Archivteam präsentiert Archivalien zum Thema 18. Jahrhundert beziehen. Es handelt sich um eine Ste- „Demokratie und Bürgerrechte“, also handschriftliche APRIL le mit einem Fuchskopf auf dem Dorfplatz in Haiger- Texte, Zeitungen, Druckschriften und Fotos. Um 14.30 loch-Owingen, die an das Jahr 1699 erinnert, als eine und 16.00 Uhr gibt es die Möglichkeit, während einer Reihe von Prozessen und Revolten begann, die in Owin- Führung auch das Magazin kennenzulernen, wo die Freitag, 13. April: Mitgliederversammlung mit ei- gen ihren Anfang nahm, als sich die dortigen Bürger Unterlagen des Stadtarchivs geschützt lagern. Stadt- nem Vortrag von Prof. Dr. Paul Münch: Vor Strauß, weigerten, einen Fuchs für den Fürsten auszugraben. archiv Albstadt, Johannesstraße 5 (Bildungszentrum Wagner und Ludwig II. von Bayern. Die märchen- Der Narrenbrunnen in Bisingen bezieht sich auf das Unoth), 72458 Albstadt-Ebingen. haften Touren der Thanheimer Reisemusikanten im Ende der Revolten im Jahre 1798, als der Landesver- Stadtarchiv Geislingen 13.30 bis 17.00 Uhr 19. Jahrhundert. gleichabgeschlossenwurde,demdieBisingerabernicht Präsentation der neuen Archivräume mit Ausstel- beitraten und deshalb bis heute den Namen „Nicht- lung. Stadtarchiv Geislingen, Schlossstraße 15, 72351 18:00 Uhr, Albstadt-Lautlingen, Stauffenbergs- huldiger“ tragen. Bei Albstadt-Onstmettingen erin- Geislingen. chloss, Eintritt frei nern „Freipirschgrenzsteine“ aus dem Jahre 1583 und weitereGedenksteinean die Auseinandersetzungenum die Freie Pirsch in diesem Gebiet. Zahlreiche würt- Samstag, 28.4.2018 Tagesexkursion mit Monika Me- tembergische Untertanen ließen in dieser Gegend vom Mittwoch, 7. März: Halbtagesexkursion mit Jürgen del: Oberrheinebene: Grabenbruch – Fauststadt 16. bis ins 18. Jahrhundert ihr Leben, weil sie ihr Recht Scheff: Schwäbisches Kulturarchiv und Hirten- Staufen – Besucherstollendes ehemaligen Kaliberg- auf die Pirsch wahrnehmen wollten und dabei als an- hornmuseum – Haus der Volkskunst, Frommern. werks Buggingen. gebliche Wilderer von zollerischen Jägern erschossen Nutzungsmöglichkeiten des Archivs und Museums wurden. schwäbischer Volkskunst des Schwäbischen Albver- Busfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- eins. matkundliche Blätter), Euro 35,- Der Vortrag von Dr. Michael Walther trägt den Titel „Geschichte nicht nur vom Ende her denken.“ Hin- Mit weit über 20.000 ehrenamtlich und unentgelt- denburg, Aussetzung der Bürgerrechte im National- lich geleisteten Arbeitsstunden haben Mitglieder der sozialismus und die Vertreibung der Balinger Juden. Volkstanzgruppe Frommern des schwäbischen Alb- Paul von Hindenburg (1847 – 1934) war eine der schil- vereins in den letzten Jahrzehnten zwei vom Abbruch lerndsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte bedrohte, denkmalgeschützte Häuser im Ortskern von des 20. Jh. So war der als Weltkriegsgeneral verehrte Balingen-Dürrwangen zu einem einzigartigen Kultur- STAMMTISCHE „Sieger von Tannenberg“, auch am Sturz der Monar- und Bildungszentrum umgebaut, das als internatio- chie im November 1918 beteiligt. Seit 1925 Reichs- nale Begegnungsstätte auch von Jugendlichen für mu- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich un- präsident, hatte Hindenburg einen entscheidenden sisch-kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Neben ter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Anteil an der Transformation der demokratisch ver- Übernachtungsmöglichkeiten, Übungsräumen und ei- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- fassten Weimarer Republik in die nationalsozialisti- nem vielseitig nutzbaren Tanzsaal finden sich eine Mu- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. sche Diktatur. Entgegen einer immer noch weit ver- sikinstrumentenwerkstatt, eine Trachtennähstube, ei- breiteten aber veralteten (Lehr-)Meinung, gab es we- ne Handweberei, ein Hirtenhornmuseum sowie ein Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- Ingeborg Ziebarth als Redaktionssekretärin beim Zollern-Alb-Kurier. Quelle: Zollern-Alb-Kurier der eine sog. „Hindenburg-Kamarilla“ noch war der Möbelmuseum. Die dortigen Veranstaltungen des lau- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Reichspräsident „altersschwach“. Hindenburgs fenden Jahres stehen unter dem Motto „Heimatklänge 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- „Übertragung“ der Regierungsgewalt an eine Koaliti- vor 40.000 Jahren?“ und sind ein Beitrag zum Euro- [email protected] oder gescha- on der „nationalen Kräfte“ unter Reichskanzler Adolf päischen Kulturerbejahr 2018. Das Herzstück im Haus [email protected] sowie Hitler war vielmehr den inhaltlichen Gemeinsamkei- der Volkskunst bildet das Schwäbische Kulturarchiv, über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- ten von Hindenburg und Hitler in zentralen Fragen der dessen Schätze und Nutzungsmöglichkeit uns dessen einigung.de. Von der Warte deutschen Politik geschuldet. Im April 1933, noch un- Leiter Manfred Stingel erläutern wird. Dieses bein- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. haltet mehrere große Sammlungen über Volkstanz, Kindertänze, Trachten und Volkskunde sowie Noten und über das Netz nutzbare Film- und Tondokumen- der Humanität und des Helfens te. Anschließend besteht vor Ort die Möglichkeit, ein Herausgegeben von der schwäbisches Festessen zu genießen (hierzu bitte Vor- Heimatkundlichen Vereinigung anmeldung unter Tel. 07431-55704). Die Veranstal- Zollernalb Ingeborg Ziebarth: Von Berlin nach Balingen - Von Dr. Michael Walther Der Autor dieser Ausgabe tung beginnt um 14.00 Uhr. Balingen-Dürrwangen, Ebingerstr. 52-56, Teilnahme frei. Vorsitzender: Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, „Das hatte man mir auch nicht an meiner Wiege, die Stadtarchiv befinden.1) Es handelt sich dabei um eines Frühjahr des darauffolgenden Jahres zog die Familie 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 in einem westlichen Vorort der Weltstadt Berlin stand, der wenigen Zeugnisse über das Leben und Wirken ei- nach Rheydt im Rheinland. In den Jahren vor Beginn Geschäftsführung: gesungen, daß ich einmal 28 Jahre später als echte Ber- ner ungewöhnlichen Frau. des Zweiten Weltkriegs absolvierte Ingeborg Ziebarth Dr. Michael Walther Samstag, 17. März: Halbtagesexkursion mit Gerhard Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, linerin in einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Ingeborg Ziebarth wurde als Tochter des Bankbe- eine Ausbildung zur Fotolaborantin. Anschließend ar- Schwanenstr. 13 Deutschmann: Vom ehemaligen Sebastiansweiler 72461 Albstadt, Alb [Tieringen] Zuflucht und nach dem der Krieg mit amten Paul Ziebarth und seiner Frau Margarethe, ge- beitete sie in Rheydt bis ins Jahr 1943 als Laborantin 72336 Balingen zum Startplatz der „Natter“, der ersten bemannten Telefon (0 74 32) 68 07 Zerstörung, Not und Elend [eine] Heimat finden wür- borene Toepfer, am 28. Juni 1916 in Berlin-Südende und Fotografin. Rakete der Welt. Wanderung zu geschichtsträchti- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- de. Von dem Dorf oder der nahegelegenen Stadt [Ba- (Steglitz) geboren. Sie hatte einen älteren Bruder mit Im September 1944 wurde die Wohnung der Fami- gen Orten am Rande des Truppenübungsplatzes Heu- vereinigung.de lingen] hatte ich bis 1944 weder etwas gewußt noch ge- Namen Wolf (geb. 1914). Nach dem Besuch der Grund- lie durch einen Bombenangriff zerstört. Notgedrun- berg. hört.“ schule, trat sie Ostern 1926 in das Franziskus-Oberly- gen nahmen Mutter und Tochter - Wolf Ziebarth war Redaktion: So beginnen die im Jahr 1977 verfassten Erinne- zeum, eine höhere Schule für Mädchen, in Berlin-Schö- 1941 in Russland gefallen – das Angebot von Stutt- Das erste Ziel der Gruppe ist der Standort der ehe- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, rungen von Ingeborg Ziebarth, auf insgesamt elf ma- neberg ein, dass sie an Ostern 1935 mit dem Abitur wie- garter Freunden an, bis Kriegsende übergangsweise in maligen Sebastianskapelle, zu der zwei Gehöfte ge- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 schinengeschriebenen, mit vielen handschriftlichen der verlassen sollte. deren Wochenendhaus in Tieringen im damaligen Kreis hörten, die 1936 wegen der Errichtung des Truppen- Korrekturen versehenen Seiten, die sich im Balinger Der Vater starb, kaum 50-jährig, im Jahr 1935. Im Balingen zu wohnen. Seite 2079 Heimatkundliche Blätter März 2018 spukte allmählich seltener wirres Zeug in den Köpfen Anmerkungen herum. In diesem Zusammenhang muss auf das Wir- 4) Peter Thaddäus Lang, Würfel, Wein und Wetterse- ken der katholischen Aufklärung in Südwestdeutsch- gen. Klerus und Gläubige im Bistum Eichstätt am Vor- land hingewiesen werden. 1) Leicht überarbeitete Fassung eines Vortrags, den ich abend der Reformation. In: Volker Press/Dieter Stie- Es war der Generalvikar und Bistumsverweser in der vor rund zehn Jahren im Ebinger Kräuterkasten ge- vermann(Hrsgg.),MartinLuther–ProblemeseinerZeit, Diözese Konstanz, Heinrich Ignaz von Wessenberg, der halten habe. Die Beispiele stammen überwiegend aus: Stuttgart 1986. auf die Priesterausbildung im Sinne der Aufklärung Hanns Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des Deut- wirkte. Zwischen 1802 und 1827 waren die Priester in schen Aberglaubens, 10 Bände,1927-1942 (siehe dort 5) Peter Thaddäus Lang, „Pfarrer hält sich übel.“ Süd- Südwestdeutschland gehalten, abergläubischen Prak- vor allem die Stichwörter „Salz“ und „Kräuter“). Im deutsche Dorfgeistliche der katholischen Kirche im 16. tiken in ihren Pfarreien entgegen zu wirken. Leider wur- Übrigen ist zu verweisen auf: Hugo Zwetsloot, Kirche Jahrhundert. In: Heimatkundliche Blätter März/Ap- de dieser rührige Aufklärer von Rom ausgebremst7. und Kultur in Europa, 1. Bd. (alles Erschienene), ril/Mai 2006. Insgesamt lässt sich der Tendenz nach für das 19. Greifswald 1930; Ludwig Andreas Veit/Ludwig Len- Jahrgang 65 31. März 2018 Nr. 3 Jahrhundert sagen: Die studierten Köpfe lassen eher hart, Kirche und Volksfrömmigkeit im Zeitalter des 6) Helga Schnabel-Schüle, Überwachen und Strafen im ab von Abergläubischem als die weniger Gebildeten, Barock, Freiburg/Br. 1956; Peter Thaddäus Lang, „Ein Territorialstaat. und die Städter eher als die Leute auf dem Land. grobes, unbändiges Volk“. Visitationsberichte und Bedingungen und Auswirkungen des Systems straf- Volksfrömmigkeit. In: Hansgeorg Molitor/Heribert rechtlicher Sanktionen im frühneuzeitlichen Würt- Und heute, wie steht es heute? Machen wir uns doch Smolinsky, Volksfrömmigkeit in der Frühen Neuzeit, temberg. Köln u.a. 1997. nichts vor. Denken wir doch an allenthalben ge- Münster 1994. brauchte Glücksbringer wie das Schwein, das vier- 7) Manfred Weitlauff, Heinrich Ignaz von Wessenberg Abergläubisches im Mittelalter blättrige Kleeblatt, oder an das Hufeisen, denken wir 2) Das ergibt sich aus einer Durchsicht der Ulmer Rats- (1774-1860). Domkapitular von Konstanz und Augs- an den vielfach gefürchteten Unglückstag, Freitag, den protokolle, so meinerseits geschehen im Rahmen der burg, Generalvikar des Bistums Konstanz. Kirchlicher dreizehnten, oder auch an die in zahllosen Zeitschrif- Forschungen zu meiner Dissertation 1972/73. Reformer und Kirchenpolitiker zwischen Säkularisa- ten abgedruckten Horoskope. tion und Neuorganisation der Kirche Deutschlands. um Kräuter und Salz Aberglauben gibt es auch im einundzwanzigsten 3) So allenthalben im Bestand „Chroniken“ des Ulmer Augsburg/Lindenberg 2010. Jahrhundert gerade noch genug! Stadtarchivs, den ich ebenso für meine Dissertation 1 durcharbeitete. ... demonstriert hauptsächlich an süddeutschen Beispielen - Von Dr. Peter Thaddäus Lang

Das Mittelalter hatte durchaus auch seine Schat- tenseiten: Die stark überwiegende Mehrheit der Be- völkerung empfand das Leben auf dieser Erde als ein Veranstaltungen und Exkursionen Jammertal; die allgemeine Lebenserwartung betrug durchschnittlich bestenfalls vierzig Jahre; die häu- figste Todesursache bei den Frauen war das Kind- Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung für die Monate April bis Juni bettfieber, und bei den Männern war es die Wirts- hausschlägerei mit Todesfolge2. Und auch sonst war APRIL getrübten Weltsicht einen besonderen Reiz. Die Than- Bahnfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- der Mensch damals in vielfacher Hinsicht den ihn um- heimer Reisemusikanten, die auf ihren Touren teil- matkundliche Blätter), Umlage 30,00 Euro für Fahrt, gebenden Naturgewalten in einem wesentlich höhe- weise auch von ihren Frauen begleitet wurden, ver- Eintritte und Führungen. ren Maß ausgeliefert als heute: Freitag, 13.4.2018: Mitgliederversammlung mit ei- standen es, ihrer durch Not erzwungenen strapaziö- Denken wir zum Beispiel an die Gefahr einer Feu- nem Vortrag von Prof. Dr. Paul Münch: Vor Strauß, sen Lebensform humorvoll die besten Seiten abzuge- ersbrunst. In den mittelalterlichen Städten waren die Wagner und Ludwig II. von Bayern. Die märchen- winnen. Häuser dicht an dicht gebaut und sehr häufig mit Stroh haften Touren der Thanheimer Reisemusikanten im 18 Uhr, Albstadt-Lautlingen, Stauffenbergschloss, Ein- JUNI gedeckt. Zum Löschen diente das Wasser des nächs- 19. Jahrhundert. tritt frei ten Brunnens, das man eimerweise zur Brandstelle Während des 19. Jahrhunderts machten sich aus Than- schaffte. Als Folge dieser unzureichenden Brandbe- heim mehrere Musikantengruppen auf die Reise, um Samstag, 28.4.2018: Tagesexkursion mit Monika Me- Sonntag, 10.6.2018: Tagesexkursion mit Bettina Zun- kämpfung brannten meistens ganze Stadtviertel oder für sich und ihre Familien das tägliche Brot zu ver- del: Oberrheinebene: Grabenbruch – Fauststadt del. Schloss Meßkirch – Campus Galli. Busfahrt (Ab- sogar ganze Städte ab, ratzfatz, oft innerhalb von we- dienen. Sie traten in der näheren Umgebung auf, doch Staufen – Besucherstollendes ehemaligen Kaliberg- fahrtszeiten siehe Homepage und Heimatkundliche nigen Stunden. Heute dagegen schafft es eine effizi- ihre Touren führten bald auch nach Österreich, Frank- werks Buggingen. Blätter), Umlage 35 Euro für Fahrt, Eintritte und Füh- ente, gut ausgebildete und bestens ausgestattete Feu- reich, die Schweiz und Italien. Sie gaben anspruchs- Die Fahrt führt in die liebliche Hügellandschaft zwi- rungen. erwehr in der Regel, einen Brand auf ein einzelnes Ge- volle musikalische Abendunterhaltungen in renom- schen Schwarzwald und Rheinebene. Erstes Ziel ist das bäude zu beschränken. mierten Hotels, Cabarets, Casinos und Établissements Städtchen Staufen im Breisgau, malerisch unter dem Oder denken wir an eine epidemische Krankheit, wie publics,erhieltenEngagementsalsKarnevals-,Kur-und von einer Ruine gekrönten Schlossberg gelegen. Mit ei- zum Beispiel die Pest. Die große Pest der Jahre 1347- Schiffskapelle. Ihre Spezialität war die Begleitung ner Führung erkunden wir die komplett unter Denk- STAMMTISCHE 1353, „Schwarzer Tod“ genannt, raffte rund ein Drittel mehrtägiger Feste, insbesondere im Schweizer Jura. malschutz stehende Altstadt mit ihren Innenhöfen, der Bevölkerung Europas dahin. Auf regionale Epide- Vermutlich gab es in Süddeutschland kaum eine Ka- Durchgängen, Plätzen und Häuserzeilen aus der Zeit mien treffen wir bis ins 17. Jahrhundert etwa alle paar pelle, die so weit herumkam. Die wichtigsten Than- als das Silbererz des Münstertals Staufen großen Wohl- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich unter Jahre. Heute dagegen haben wir ein ganzes Bündel heimer Formationen, die mit Streich- und Blasinstru- stand brachte. Im Gasthaus zum Löwen kam unter rät- der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger staatlicher Maßnahmen, um einer grassierenden menten auftraten, waren die „Musikgesellschaft Bu- selhaften Umständen der berüchtigte Schwarzkünst- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Krankheit entgegen zu wirken, denken wir nur an die ckenmayer“, eine unter dem rätselhaften Namen auf- ler Johann Faust ums Leben. Traurige Bekanntheit er- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. Schweinegrippe des Jahres 2009. Oder an die glückli- tretende „Münchner Metallharmonie“ und die von dem warb sich Staufen in den letzten Jahren als „zerbro- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- cherweise weniger schlimm verlaufene Vogelgrippe. charismatischen Felix Dehner geleitete „Preußische chene Stadt“ durch die von Erdwärmebohrungen her- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Oder an Ebola! Reservistenkapelle“. Die Thanheiner beeindruckten rührenden Hebungsrisse. Unser nächstes Ziel ist Bug- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- Oder, letztes Beispiel, Hungersnot als Folge von berühmte Komponisten wie Richard Wagner und Jo- gingen im Markgräfler Land: Im Weiler Betberg strahlt [email protected] oder gescha- Missernten. Wie leicht konnte es passieren, dass das sef Strauss. Der bayerische Märchenkönig Ludwig II. der Kirchenhügel einen besonderen Zauber aus. Im In- [email protected] sowie Brotgetreide bei übermäßiger Feuchtigkeit auf den lud sie mehrfach auf seine Märchenschlösser ein. Da- nern der romanischen Prioratskirche finden sich u.a. über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- Halmen verfaulte, oder bei übermäßiger Trockenheit rüber informieren uns für die Jahre 1845-1853 das Reis- satirische Zeichnungen mit Bezug auf den Bauern- einigung.de. erst gar nicht richtig heranwuchs. Die Bauern sahen tagebuch Karl Buckenmayers, für das Jahrzehnt von krieg 1525 und eine kostbare Barockorgel. In eine an- sich dann gezwungen, das zur nächsten Aussaat vor- 1866 bis 1876 die chronikalischen Notizen Gustav dere Welt werden wir im Kernort versetzt: Das 1973 still- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- gesehene Getreide zum Essen zu verwenden, weshalb Dehners. Diese originellen Quellen besitzen wegen ih- gelegte Kalibergwerk war das einzige seiner Art in Süd- lich willkommen. sich die Hungersnot mehrere Jahre fortsetzen konnte, rer unverstellten, nicht durch bürgerliche Vorurteile deutschland und in seiner Blütezeit der größte Ar- weil in den Folgejahren viel zu wenig Saatgut zur Ver- beitgeber zwischen Freiburg und Lörrach. Eine Füh- fügung stand. Natürlich gibt es auch heute noch rung durch ehem. Kalikumpel in einem Schaustollen schlechte Ernten. Wir sind aber international so gut ver- zeigt uns u.a. noch voll funktionsfähige Maschinen und netzt, dass die Missernte in einem Teil der Welt durch vermittelt ein anschauliches Bild vom Arbeiten unter Herausgegeben von der die Überschüsse in anderen Teilen ausgeglichen wer- Tage, von der Betriebsorganisation und der hier ge- Heimatkundlichen Vereinigung den kann. Selbstverständlich bei entsprechenden Prei- pflegten Bergmannskultur. Busfahrt. Abfahrt Ebingen, Zollernalb sen. Der Autor dieser Ausgabe Busbahnhof 7.00 Uhr. Balingen Stadthalle 7.30 Uhr. Dergestalt schien also im Mittelalter das Unglück an Umlage 35,00 Euro für Fahrt, Eintritte und Führun- Vorsitzender: allen Ecken und Enden zu lauern, wie es aus unzähli- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, gen. gen Chroniken hervorgeht: So lesen wir immer wieder 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 von dem Teilnehmer eines Festessens, der urplötzlich Geschäftsführung: tot unter den Tisch sinkt, weil er sich verschluckt hat- Dr. Peter Thaddäus Lang Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, te oder weil ihm eine Fischgräte im Hals stecken ge- Lammerbergstraße 53 MAI 72461 Albstadt, blieben war. Oder wir lesen ab und an von der Bau- 72461 Albstadt Telefon (0 74 32) 68 07 ernfamilie, die sich während der Ernte zur Rast in den E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- Schatten eines Baums gesetzt hatte und dort vom Blitz Galileo Galilei. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang Donnerstag, 31.5.2018 (Fronleichnam): Tagesex- vereinigung.de erschlagen wurde. Oder von dem armen Sünder, der ge- kursion mit Albrecht Dorow. Eisenbahnexkursion rade auf dem Weg zur Kirche war, um seine Sünden walten ein Schnippchen zu schlagen, und zwar man- läut banne das Wetter und helfe auch gegen Feuers- nach Münsingen mit der Besichtigung von bahnty- Redaktion: zu beichten, und dann direkt an der Kirchtür urplötz- gels Anderem eben mit Hilfe der Magie. brunst. So heißt es im Vorspann von Schillers Lied von pischen Kleindenkmalen (historische Bahnhöfe, Lo- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, lich tot umfiel, von Schlag getroffen3. Unsicherheiten Gegen Feuersbrunst stand da ein ganzes Arsenal von der Glocke „fulgura frango“, also „ich breche die Blit- komotiven, Waggons, Stellwerke und Signalanla- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 also, wo man auch hinschaut. Dennoch suchten die vermeintlichen Hilfsmitteln bereit: Da war beispiels- ze“. Oder man konnte, ein weiteres Hilfsmittel, in die gen). Menschen auch schon im Mittelalter, den Naturge- weise die Kirchenglocke, von der man meinte, ihr Ge- Türpfosten kleine Löcher bohren, in die man kleine Zet- Seite 2077 Heimatkundliche Blätter März 2018 März 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2078

tel mit Zaubersprüchen steckte. Oder man konnte sich probates Mittel. Hilfe suchend an den heiligen Florian wenden. Neu geborenen Kindern streut man Salz in die Win- deln, damit sie nicht behext werden können. Arme Man kennt ja den Spruch Mütter, die sich im Mittelalter gezwungen sahen, ihr Neugeborenes auszusetzen, streuten Salz neben das „Heiliger Sankt Forian, Kind, um es zu schützen und um dem Finder zu zei- beschütz dies Haus, gen, dass es noch nicht getauft ist. Beim Hochzeits- zünd andere an.“ mahl verwendet man geweihtes Salz für die Speisen, das sollte der frisch geschlossenen Ehe gut tun. Des- Die Heiligen sollten auch im Krankheitsfall helfen, gleichen schenkt man dem neu vermählten Paar Salz. so etwa der heilige Blasius bei Halsweh oder der hei- Das Brautpaar näht sich Salz in den Saum der Hoch- lige Valentin bei Epilepsie, die man in früheren Zeiten zeitsgewänder, eine weitere Möglichkeit, das Eheglück „Fallsucht“ nannte. An diesem Beispiel sieht man, wie herbeizuzwingen. die Zuordnung funktionieren kann, nämlich rein laut- In der Landwirtschaft tut sich eine ganze Fülle von lich: der „Val“-entin für die „Fall“-sucht. Zur Abwen- Verwendungsmöglichkeiten auf: Kranken Tieren gibt dung der Pest wandte man sich gerne an die Mutter- man Salz ins Futter, damit sie wieder gesund werden. gottes. Das ist der Grund dafür, dass wir in alpenlän- In Rottenburg streute man – früher jedenfalls – Salz dischen Städten des Öfteren Pestsäulen antreffen, auf auf die Sensen, damit diese besser schneiden. In Weins- deren Spitze die Muttergottes steht, den Fuß auf dem berg hingegen gibt man Salz auf die frisch einge- Kopf der Schlange und um das Haupt den Sternen- brachten Garben, um Mäuse in Schach zu halten. Salz kranz. Diese Pestsäulen wurden der Muttergottes zum verwendete man andernorts hinwiederum, um Amei- Dank dafür errichtet, dass sie die Pest abwendete. sen von Obstbäumen fernzuhalten. – Gegen Hungersnot galt es, Felder und Fluren ent- KeineFrage:Salzdientauchdazu,Feuersbrünsteund sprechend zu präparieren. In der Gegend von Friaul schlechtes Wetter zu bannen. in Norditalien taten dies die Bauern um 1500, indem Um die magische Wirkkraft des Salzes zu erhöhen, sich eine unbescholtene Jungfrau unbekleidet über die verwende man das in der Kirche von einem Priester ge- frisch gepflügten Felder wälzen musste, und zwar in ei- weihte Salz. Geeignete Feiertage zur Salzweihe sind vor ner bestimmten Frühjahrsnacht bei Vollmond. Die allem der Dreifaltigkeitstag, also der erste Sonntag nach Bauern im Bistum Eichstätt hingegen zwangen um 1480 Pfingsten, aber auch der Palmsonntag oder die Tage ihre Pfarrer wiederholt, ein mannshohes Kreuz über der Heiligen Agathe, Antonius oder Sebastian kom- die Felder zu tragen, an dem verschiedene Reliquien men in Frage, dies ist regional verschieden. Die Wirk- baumelten, und zwar an den Tagen der Wetterheili- kraft des Salzes lässt sich aber noch weiter steigern: gen, und das war der Knackpunkt. Diese Wetterheili- Man schütte geweihtes Salz in eine Schüssel mit Weih- gen waren nämlich nur im Altmühltal bekannt, sie stan- wasser und lasse Letzteres verdunsten. Wer von die- den aber nicht im offiziellen Heiligenverzeichnis der sem solchermaßen gewonnenen Salz kostet, wird an Kirche. Wohl oder übel musste der Eichstätter Bischof demselben Tag nicht sterben. Gibt man dieses extra- die Bauern gewähren lassen4. wirksame Salz in seine Reiseschuhe, so bleibt man vor Unglücksfällen während der Reise verschont. Nach dieser ausführlichen Einleitung kommen wir Unsachgemäße Verwendung von Salz kann aller- endlich zu unserem eigentlichen Thema,zu der magi- dings auch Unglück herbeiführen: Salz zu verschütten schen Verwendung von Kräutern und Salz. bewirkt Ärger, Verdruss, Zank und Streit; am Hoch- Hinter der vermuteten magischen Kraft der Kräuter zeitstag verschüttetes Salz macht die Ehe unglücklich, steht das Argument, dass Gott die Kräuter mit all ihrer und besonders großes Unglück bringt Salz, das in der Heilwirkung hat wachsen lassen, und dass ihnen da- Silvesternacht verschüttet wird. Dabei kommt es rum überirdische Kräfte innewohnen. Als Patronin der durchaus auf die Menge des Salzes an, denn es gilt die Kräuter galt zuallermeist die Gottesmutter, bisweilen Regel: „Jedes Körnchen eine Träne.“ Schlimmstenfalls Nikolaus Kopernikus. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang auch der Apostel Petrus. Wichtig war dabei allerdings, wirkt sich das verschüttete Salz sogar auf das Leben dass die Kräuter gesegnet oder auch besprochen wer- nach dem Tode aus: Für jedes verschüttete Salzkorn tem Salz sollte kein Hokuspokus getrieben werden. Dies tiken spielte jedoch bei beiden Konfessionskirchen zu- den mussten, damit sie ihre volle Wirkkraft entfalten muss man einen Tag oder sogar ein ganzes Jahr lang zu überprüfen, schickten die Bischöfe seit dem Konzil nächst eine nachgeordnete Rolle: Zu groß waren an- konnten. Dabei sah die Kirche darauf, dass nur kirch- an der Himmelstür warten, bis der heilige Petrus end- von Trient, also ab 1563, mehr oder weniger regelmä- dere Probleme: Die katholischen Priester lebten mas- lich approbierte Gebete gesprochen wurden. Der klas- lich aufmacht. ßig ihre Kontrolleure von Pfarrei zu Pfarrei. Die seit et- senweise mit ihren Haushälterinnen ehegleich zu- sische Kräuter-Weih-Tag ist Mariä Himmelfahrt, also Natürlich schritt die Kirche strafend ein, wenn ihr ei- wa 1525 entstehenden evangelischen Landeskirchen sammen, waren ungebildet und gingen viel zu oft ins der 15. August. gener Bereich allzu sehr tangiert wurde: Mit geweih- taten dasselbe. Die Suche nach abergläubischen Prak- Wirtshaus. Ihre evangelischen Amtsbrüder standen ih- Ihre magische Verwendung fanden Kräuter vor al- nen kaum nach und ihre Ehefrauen erwiesen sich viel lem, wenn es um die Liebe ging, dann aber auch, um zu oft als streitsüchtige Klatschbasen5. vor Gericht Schutz zu finden, oder, um einen Scha- Johannes Kepler. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang Die Gläubigen jedweder Couleur kamen zunächst denzauber – etwa durch Hexen – abzuwenden. In Al- viel zu selten zum Sonntagsgottesdienst, und wenn sie pengegenden sollte beispielsweise der Enzian der Lie- verschieden sein. Häufig finden sich Königskerze, Verlassen wir nun die Kräuter, kommen wir zum Salz. überhaupt kamen, dann störten sie die heilige Hand- be auf die Sprünge helfen, und mit Immergrün woll- Rohrkolben und Labkraut, aber auch Dill, Klette und Im christlichen Kultus wie auch in der Magie spiel- lung wiederholt mit ihrem Lachen und Schwatzen. ten die Knechte und Mägde eine böse Herrschaft Arnika wie auch (etwa im Badischen) Zwiebel, Salbei, te das Salz schon immer eine herausragende Rolle. Man Die evangelischen Landeskirchen brachten we- freundlicher stimmen. Bei dem Gebrauch von Im- Ehrenpreis, Kümmel, Tausendgüldenkraut, Mohn und sieht das schon an der viel genannten Volks-Etymo- sentlich früher Ordnung in ihr neu geschaffenes Kir- mergrün war es aber wichtig, die Pflanze mit dem rech- Eichenzweige. In Tirol hinwiederum schwor man auf logie, nach welcher „Salz“ mit lateinisch „salus“ = Heil chenwesen als die Papstkirche, weil die Bischöfe sich ten Fuß zu treten, bevor man sie abbrach. Um sich vor Edelweiß, Johanniskraut, Sonnenblumen, Wegwarte, in Verbindung gebracht wird. Generell galt Salz als das gewaltig viel Zeit ließen, bis sie ihre Kontrollaufgaben Fieber zu schützen, sollte man Kornblüten durch den Frauenschuh, Mohn, Ringelblumen, Wermut und Tau- probate Heilmittel gegen jede Art von bösen Mächten. zielgerichtet und regelmäßig erledigten. Mund ziehen. Eine ähnliche Wirkung wurde Kirsch- sendgüldenkraut. Hat man also Salz bei sich, können einem Hexen nichts Erst im Reformationsjahrhundert machte sich die baumknospen, Nussblüten oder auch Veilchen zuge- Diese Kräuterbüschel waren äußerst vielseitig ver- mehr anhaben. Streut man Salz kreuzweise auf einen allmählich entstehende Naturwissenschaft daran, dem sprochen. Vom Holunder erwartete man, dass das Fie- wendbar. Man mischte sie beispielsweise unter das Weg, so ist dieser für Hexen versperrt. Desgleichen kann allseits grassierenden Aberglauben entgegen zu tre- ber auf die Pflanze übergeht, wenn man zuvor den rich- Futter, um das Vieh vor Krankheiten zu schützen. Kal- man mit Salz Nixen und Zwerge vertreiben. Wird man ten. Es begann erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts. tigen Spruch mit dem richtigen Ritus gebrauchte. Eine bende Kühe bekamen besonders viel davon zum Fres- von einem Bettler verflucht, weil man ihm nichts gibt, Einer der ersten Wissenschaftler, der abergläubi- ganze Reihe von Blumen standen in dem Ruf, Gewit- sen, um eine problemlose Geburt zu garantieren. Oder so muss man ihm eine Handvoll Salz hinterherwerfen, schen Praktiken entgegentrat, war ein italienischer Ge- ter auf sich zu ziehen; man nannte sie Gewitterblu- man legte die Büschel auf den Dachboden, um das Haus damit der Fluch nicht in Erfüllung geht. lehrter, der mit einer Versuchsreihe nachweisen konn- men. Zu diesen gehören unter anderem Alpenrose, Eh- vor Feuersbrunst zu bewahren. Eheleute platzierten ein Und so geht es gerade weiter: Waren verdächtige te, dass sich die Wirkung eines Kompasses nicht durch renpreis, Glockenblume, Königskerze, Bachnelke und geweihtes Kräuterbüschel ins Ehebett, damit der Ehe Leute im Haus, wirft man Salz ins Feuer, wenn sie wie- Knoblauch beeinflussen lässt. Schrittmacher im wis- Wiesenschaumkraut. Glück beschieden sei. Bei Hagel warf man das Büschel der weg sind. Was auch immer mit „verdächtig“ ge- senschaftlichen Kampf gegen den Aberglauben waren Wie beim Fieber, so auch bei der Gicht: auch hier zusammen mit drei Hagelkörnern ins Feuer. Am Hoch- meint ist: Wer lässt schon verdächtige Menschen in sein Leute wie Nikolaus Kopernikus, Galileo Galilei oder Jo- stellten sich die Menschen vor, dass die Krankheit bei zeitsmorgen schob sich die Braut einige geweihte Kräu- Haus? Wie dem auch sei: Das ins Feuer geworfene Salz hannes Kepler, deren epochemachende Entdeckun- Gebrauch eines Spruchs aus dem Körper heraus und ter in den Strumpf, damit war sicher gestellt, dass an hat mehrfachen Nutzen, denn beispielsweise auch für gen jedoch lange brauchten, bis sie im Bewusstsein des in die Pflanze hinein geht. Ein Beispiel: diesem wichtigen Tag alles klappt. die armen Seelen ist es eine Wohltat. Noch mehr freut kleinen Mannes angekommen waren. Das wirksamste Mit Hilfe dieser Kräuterbüschel konnte man sogar es die armen Seelen, wenn man Salz auf die Gräber Mittel gegen jedwede Art von Aberglauben bestand in „Flieder, Flieder, ich hab die Gicht, Hexen identifizieren. Dazu war freilich eine etwas um- streut. Die armen Seelen gibt es allerdings nur in ka- einem möglichst umfassenden Schulsystem, das sich nimm sie mir ab, dann hab ich sie nicht.“ ständlichere Prozedur notwendig: Man werfe zu- tholischen Gegenden, denn die Protestanten glauben seit der Reformation in evangelischen wie auch in ka- nächst einmal die geweihten Kräuter ins Feuer, an wel- ja nicht an das Fegefeuer. Die armen Seelen sind die tholischen Landstrichen zu immer größerer Vollkom- Solche Sprüche mussten wohl weit verbreitet ge- chem man sodann ein Pflugmesser erhitze. Mit die- Seelen derjenigen Verstorbenen, die im Fegefeuer menheit entwickelte. Es sollte jedoch zwei bis drei Jahr- wesen sein, denn „Gicht“ war eine überaus undiffe- sem erhitzten Pflugmesser zeichne man ein Hufeisen schmachten müssen, und die bisweilen auf die Erde zu- hunderte dauern, bis handfeste Veränderungen zu se- renziert gebrauchte Krankheitsbezeichnung. auf ein Stück Holz. Wenn nun die fragliche Person tat- rückkehren, manchmal unsichtbar, manchmal aber hen waren. Noch um 1750 wurden Bauern im Remstal Die Wirkung von Kräutern ließ sich steigern, wenn sächlich eine Hexe ist, dann muss auf ihrem Rücken auch sichtbar in der Gestalt schwarzer Tiere, zum Bei- dabei ertappt, wie sie einen Stier in einem riesengro- diese zuvor in der Kirche büschelweise von einem jetzt ein Hufeisen erscheinen. Für die verdächtigten spiel schwarzer Vögel oder schwarzer Katzen. Die Fül- ßen Loch begruben, um damit eine bessere Ernte zu be- Priester geweiht wurden. Außerdem kam es auf die Personen dürfte diese Methode ein großes Glück ge- le der Beispiele scheint unerschöpflich: Streut man Salz wirken6. richtige Mischung der verwendeten Kräuter an. Die Zu- wesen sein. auf den Lauf eines Schießgewehrs, so erhöht man die Erst im 19. Jahrhundert, also in der Zeit der Eisen- sammensetzung im Einzelnen konnte regional sehr Treffsicherheit. Auch gegen bissige Hunde ist Salz ein Heinrich Ignaz von Wessenberg. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang bahn, des Automobils, der Industrialisierung, erst dann Seite 2077 Heimatkundliche Blätter März 2018 März 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2078

tel mit Zaubersprüchen steckte. Oder man konnte sich probates Mittel. Hilfe suchend an den heiligen Florian wenden. Neu geborenen Kindern streut man Salz in die Win- deln, damit sie nicht behext werden können. Arme Man kennt ja den Spruch Mütter, die sich im Mittelalter gezwungen sahen, ihr Neugeborenes auszusetzen, streuten Salz neben das „Heiliger Sankt Forian, Kind, um es zu schützen und um dem Finder zu zei- beschütz dies Haus, gen, dass es noch nicht getauft ist. Beim Hochzeits- zünd andere an.“ mahl verwendet man geweihtes Salz für die Speisen, das sollte der frisch geschlossenen Ehe gut tun. Des- Die Heiligen sollten auch im Krankheitsfall helfen, gleichen schenkt man dem neu vermählten Paar Salz. so etwa der heilige Blasius bei Halsweh oder der hei- Das Brautpaar näht sich Salz in den Saum der Hoch- lige Valentin bei Epilepsie, die man in früheren Zeiten zeitsgewänder, eine weitere Möglichkeit, das Eheglück „Fallsucht“ nannte. An diesem Beispiel sieht man, wie herbeizuzwingen. die Zuordnung funktionieren kann, nämlich rein laut- In der Landwirtschaft tut sich eine ganze Fülle von lich: der „Val“-entin für die „Fall“-sucht. Zur Abwen- Verwendungsmöglichkeiten auf: Kranken Tieren gibt dung der Pest wandte man sich gerne an die Mutter- man Salz ins Futter, damit sie wieder gesund werden. gottes. Das ist der Grund dafür, dass wir in alpenlän- In Rottenburg streute man – früher jedenfalls – Salz dischen Städten des Öfteren Pestsäulen antreffen, auf auf die Sensen, damit diese besser schneiden. In Weins- deren Spitze die Muttergottes steht, den Fuß auf dem berg hingegen gibt man Salz auf die frisch einge- Kopf der Schlange und um das Haupt den Sternen- brachten Garben, um Mäuse in Schach zu halten. Salz kranz. Diese Pestsäulen wurden der Muttergottes zum verwendete man andernorts hinwiederum, um Amei- Dank dafür errichtet, dass sie die Pest abwendete. sen von Obstbäumen fernzuhalten. – Gegen Hungersnot galt es, Felder und Fluren ent- KeineFrage:Salzdientauchdazu,Feuersbrünsteund sprechend zu präparieren. In der Gegend von Friaul schlechtes Wetter zu bannen. in Norditalien taten dies die Bauern um 1500, indem Um die magische Wirkkraft des Salzes zu erhöhen, sich eine unbescholtene Jungfrau unbekleidet über die verwende man das in der Kirche von einem Priester ge- frisch gepflügten Felder wälzen musste, und zwar in ei- weihte Salz. Geeignete Feiertage zur Salzweihe sind vor ner bestimmten Frühjahrsnacht bei Vollmond. Die allem der Dreifaltigkeitstag, also der erste Sonntag nach Bauern im Bistum Eichstätt hingegen zwangen um 1480 Pfingsten, aber auch der Palmsonntag oder die Tage ihre Pfarrer wiederholt, ein mannshohes Kreuz über der Heiligen Agathe, Antonius oder Sebastian kom- die Felder zu tragen, an dem verschiedene Reliquien men in Frage, dies ist regional verschieden. Die Wirk- baumelten, und zwar an den Tagen der Wetterheili- kraft des Salzes lässt sich aber noch weiter steigern: gen, und das war der Knackpunkt. Diese Wetterheili- Man schütte geweihtes Salz in eine Schüssel mit Weih- gen waren nämlich nur im Altmühltal bekannt, sie stan- wasser und lasse Letzteres verdunsten. Wer von die- den aber nicht im offiziellen Heiligenverzeichnis der sem solchermaßen gewonnenen Salz kostet, wird an Kirche. Wohl oder übel musste der Eichstätter Bischof demselben Tag nicht sterben. Gibt man dieses extra- die Bauern gewähren lassen4. wirksame Salz in seine Reiseschuhe, so bleibt man vor Unglücksfällen während der Reise verschont. Nach dieser ausführlichen Einleitung kommen wir Unsachgemäße Verwendung von Salz kann aller- endlich zu unserem eigentlichen Thema,zu der magi- dings auch Unglück herbeiführen: Salz zu verschütten schen Verwendung von Kräutern und Salz. bewirkt Ärger, Verdruss, Zank und Streit; am Hoch- Hinter der vermuteten magischen Kraft der Kräuter zeitstag verschüttetes Salz macht die Ehe unglücklich, steht das Argument, dass Gott die Kräuter mit all ihrer und besonders großes Unglück bringt Salz, das in der Heilwirkung hat wachsen lassen, und dass ihnen da- Silvesternacht verschüttet wird. Dabei kommt es rum überirdische Kräfte innewohnen. Als Patronin der durchaus auf die Menge des Salzes an, denn es gilt die Kräuter galt zuallermeist die Gottesmutter, bisweilen Regel: „Jedes Körnchen eine Träne.“ Schlimmstenfalls Nikolaus Kopernikus. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang auch der Apostel Petrus. Wichtig war dabei allerdings, wirkt sich das verschüttete Salz sogar auf das Leben dass die Kräuter gesegnet oder auch besprochen wer- nach dem Tode aus: Für jedes verschüttete Salzkorn tem Salz sollte kein Hokuspokus getrieben werden. Dies tiken spielte jedoch bei beiden Konfessionskirchen zu- den mussten, damit sie ihre volle Wirkkraft entfalten muss man einen Tag oder sogar ein ganzes Jahr lang zu überprüfen, schickten die Bischöfe seit dem Konzil nächst eine nachgeordnete Rolle: Zu groß waren an- konnten. Dabei sah die Kirche darauf, dass nur kirch- an der Himmelstür warten, bis der heilige Petrus end- von Trient, also ab 1563, mehr oder weniger regelmä- dere Probleme: Die katholischen Priester lebten mas- lich approbierte Gebete gesprochen wurden. Der klas- lich aufmacht. ßig ihre Kontrolleure von Pfarrei zu Pfarrei. Die seit et- senweise mit ihren Haushälterinnen ehegleich zu- sische Kräuter-Weih-Tag ist Mariä Himmelfahrt, also Natürlich schritt die Kirche strafend ein, wenn ihr ei- wa 1525 entstehenden evangelischen Landeskirchen sammen, waren ungebildet und gingen viel zu oft ins der 15. August. gener Bereich allzu sehr tangiert wurde: Mit geweih- taten dasselbe. Die Suche nach abergläubischen Prak- Wirtshaus. Ihre evangelischen Amtsbrüder standen ih- Ihre magische Verwendung fanden Kräuter vor al- nen kaum nach und ihre Ehefrauen erwiesen sich viel lem, wenn es um die Liebe ging, dann aber auch, um zu oft als streitsüchtige Klatschbasen5. vor Gericht Schutz zu finden, oder, um einen Scha- Johannes Kepler. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang Die Gläubigen jedweder Couleur kamen zunächst denzauber – etwa durch Hexen – abzuwenden. In Al- viel zu selten zum Sonntagsgottesdienst, und wenn sie pengegenden sollte beispielsweise der Enzian der Lie- verschieden sein. Häufig finden sich Königskerze, Verlassen wir nun die Kräuter, kommen wir zum Salz. überhaupt kamen, dann störten sie die heilige Hand- be auf die Sprünge helfen, und mit Immergrün woll- Rohrkolben und Labkraut, aber auch Dill, Klette und Im christlichen Kultus wie auch in der Magie spiel- lung wiederholt mit ihrem Lachen und Schwatzen. ten die Knechte und Mägde eine böse Herrschaft Arnika wie auch (etwa im Badischen) Zwiebel, Salbei, te das Salz schon immer eine herausragende Rolle. Man Die evangelischen Landeskirchen brachten we- freundlicher stimmen. Bei dem Gebrauch von Im- Ehrenpreis, Kümmel, Tausendgüldenkraut, Mohn und sieht das schon an der viel genannten Volks-Etymo- sentlich früher Ordnung in ihr neu geschaffenes Kir- mergrün war es aber wichtig, die Pflanze mit dem rech- Eichenzweige. In Tirol hinwiederum schwor man auf logie, nach welcher „Salz“ mit lateinisch „salus“ = Heil chenwesen als die Papstkirche, weil die Bischöfe sich ten Fuß zu treten, bevor man sie abbrach. Um sich vor Edelweiß, Johanniskraut, Sonnenblumen, Wegwarte, in Verbindung gebracht wird. Generell galt Salz als das gewaltig viel Zeit ließen, bis sie ihre Kontrollaufgaben Fieber zu schützen, sollte man Kornblüten durch den Frauenschuh, Mohn, Ringelblumen, Wermut und Tau- probate Heilmittel gegen jede Art von bösen Mächten. zielgerichtet und regelmäßig erledigten. Mund ziehen. Eine ähnliche Wirkung wurde Kirsch- sendgüldenkraut. Hat man also Salz bei sich, können einem Hexen nichts Erst im Reformationsjahrhundert machte sich die baumknospen, Nussblüten oder auch Veilchen zuge- Diese Kräuterbüschel waren äußerst vielseitig ver- mehr anhaben. Streut man Salz kreuzweise auf einen allmählich entstehende Naturwissenschaft daran, dem sprochen. Vom Holunder erwartete man, dass das Fie- wendbar. Man mischte sie beispielsweise unter das Weg, so ist dieser für Hexen versperrt. Desgleichen kann allseits grassierenden Aberglauben entgegen zu tre- ber auf die Pflanze übergeht, wenn man zuvor den rich- Futter, um das Vieh vor Krankheiten zu schützen. Kal- man mit Salz Nixen und Zwerge vertreiben. Wird man ten. Es begann erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts. tigen Spruch mit dem richtigen Ritus gebrauchte. Eine bende Kühe bekamen besonders viel davon zum Fres- von einem Bettler verflucht, weil man ihm nichts gibt, Einer der ersten Wissenschaftler, der abergläubi- ganze Reihe von Blumen standen in dem Ruf, Gewit- sen, um eine problemlose Geburt zu garantieren. Oder so muss man ihm eine Handvoll Salz hinterherwerfen, schen Praktiken entgegentrat, war ein italienischer Ge- ter auf sich zu ziehen; man nannte sie Gewitterblu- man legte die Büschel auf den Dachboden, um das Haus damit der Fluch nicht in Erfüllung geht. lehrter, der mit einer Versuchsreihe nachweisen konn- men. Zu diesen gehören unter anderem Alpenrose, Eh- vor Feuersbrunst zu bewahren. Eheleute platzierten ein Und so geht es gerade weiter: Waren verdächtige te, dass sich die Wirkung eines Kompasses nicht durch renpreis, Glockenblume, Königskerze, Bachnelke und geweihtes Kräuterbüschel ins Ehebett, damit der Ehe Leute im Haus, wirft man Salz ins Feuer, wenn sie wie- Knoblauch beeinflussen lässt. Schrittmacher im wis- Wiesenschaumkraut. Glück beschieden sei. Bei Hagel warf man das Büschel der weg sind. Was auch immer mit „verdächtig“ ge- senschaftlichen Kampf gegen den Aberglauben waren Wie beim Fieber, so auch bei der Gicht: auch hier zusammen mit drei Hagelkörnern ins Feuer. Am Hoch- meint ist: Wer lässt schon verdächtige Menschen in sein Leute wie Nikolaus Kopernikus, Galileo Galilei oder Jo- stellten sich die Menschen vor, dass die Krankheit bei zeitsmorgen schob sich die Braut einige geweihte Kräu- Haus? Wie dem auch sei: Das ins Feuer geworfene Salz hannes Kepler, deren epochemachende Entdeckun- Gebrauch eines Spruchs aus dem Körper heraus und ter in den Strumpf, damit war sicher gestellt, dass an hat mehrfachen Nutzen, denn beispielsweise auch für gen jedoch lange brauchten, bis sie im Bewusstsein des in die Pflanze hinein geht. Ein Beispiel: diesem wichtigen Tag alles klappt. die armen Seelen ist es eine Wohltat. Noch mehr freut kleinen Mannes angekommen waren. Das wirksamste Mit Hilfe dieser Kräuterbüschel konnte man sogar es die armen Seelen, wenn man Salz auf die Gräber Mittel gegen jedwede Art von Aberglauben bestand in „Flieder, Flieder, ich hab die Gicht, Hexen identifizieren. Dazu war freilich eine etwas um- streut. Die armen Seelen gibt es allerdings nur in ka- einem möglichst umfassenden Schulsystem, das sich nimm sie mir ab, dann hab ich sie nicht.“ ständlichere Prozedur notwendig: Man werfe zu- tholischen Gegenden, denn die Protestanten glauben seit der Reformation in evangelischen wie auch in ka- nächst einmal die geweihten Kräuter ins Feuer, an wel- ja nicht an das Fegefeuer. Die armen Seelen sind die tholischen Landstrichen zu immer größerer Vollkom- Solche Sprüche mussten wohl weit verbreitet ge- chem man sodann ein Pflugmesser erhitze. Mit die- Seelen derjenigen Verstorbenen, die im Fegefeuer menheit entwickelte. Es sollte jedoch zwei bis drei Jahr- wesen sein, denn „Gicht“ war eine überaus undiffe- sem erhitzten Pflugmesser zeichne man ein Hufeisen schmachten müssen, und die bisweilen auf die Erde zu- hunderte dauern, bis handfeste Veränderungen zu se- renziert gebrauchte Krankheitsbezeichnung. auf ein Stück Holz. Wenn nun die fragliche Person tat- rückkehren, manchmal unsichtbar, manchmal aber hen waren. Noch um 1750 wurden Bauern im Remstal Die Wirkung von Kräutern ließ sich steigern, wenn sächlich eine Hexe ist, dann muss auf ihrem Rücken auch sichtbar in der Gestalt schwarzer Tiere, zum Bei- dabei ertappt, wie sie einen Stier in einem riesengro- diese zuvor in der Kirche büschelweise von einem jetzt ein Hufeisen erscheinen. Für die verdächtigten spiel schwarzer Vögel oder schwarzer Katzen. Die Fül- ßen Loch begruben, um damit eine bessere Ernte zu be- Priester geweiht wurden. Außerdem kam es auf die Personen dürfte diese Methode ein großes Glück ge- le der Beispiele scheint unerschöpflich: Streut man Salz wirken6. richtige Mischung der verwendeten Kräuter an. Die Zu- wesen sein. auf den Lauf eines Schießgewehrs, so erhöht man die Erst im 19. Jahrhundert, also in der Zeit der Eisen- sammensetzung im Einzelnen konnte regional sehr Treffsicherheit. Auch gegen bissige Hunde ist Salz ein Heinrich Ignaz von Wessenberg. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang bahn, des Automobils, der Industrialisierung, erst dann Seite 2079 Heimatkundliche Blätter März 2018 spukte allmählich seltener wirres Zeug in den Köpfen Anmerkungen herum. In diesem Zusammenhang muss auf das Wir- 4) Peter Thaddäus Lang, Würfel, Wein und Wetterse- ken der katholischen Aufklärung in Südwestdeutsch- gen. Klerus und Gläubige im Bistum Eichstätt am Vor- land hingewiesen werden. 1) Leicht überarbeitete Fassung eines Vortrags, den ich abend der Reformation. In: Volker Press/Dieter Stie- Es war der Generalvikar und Bistumsverweser in der vor rund zehn Jahren im Ebinger Kräuterkasten ge- vermann(Hrsgg.),MartinLuther–ProblemeseinerZeit, Diözese Konstanz, Heinrich Ignaz von Wessenberg, der halten habe. Die Beispiele stammen überwiegend aus: Stuttgart 1986. auf die Priesterausbildung im Sinne der Aufklärung Hanns Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des Deut- wirkte. Zwischen 1802 und 1827 waren die Priester in schen Aberglaubens, 10 Bände,1927-1942 (siehe dort 5) Peter Thaddäus Lang, „Pfarrer hält sich übel.“ Süd- Südwestdeutschland gehalten, abergläubischen Prak- vor allem die Stichwörter „Salz“ und „Kräuter“). Im deutsche Dorfgeistliche der katholischen Kirche im 16. tiken in ihren Pfarreien entgegen zu wirken. Leider wur- Übrigen ist zu verweisen auf: Hugo Zwetsloot, Kirche Jahrhundert. In: Heimatkundliche Blätter März/Ap- de dieser rührige Aufklärer von Rom ausgebremst7. und Kultur in Europa, 1. Bd. (alles Erschienene), ril/Mai 2006. Insgesamt lässt sich der Tendenz nach für das 19. Greifswald 1930; Ludwig Andreas Veit/Ludwig Len- Jahrgang 65 31. März 2018 Nr. 3 Jahrhundert sagen: Die studierten Köpfe lassen eher hart, Kirche und Volksfrömmigkeit im Zeitalter des 6) Helga Schnabel-Schüle, Überwachen und Strafen im ab von Abergläubischem als die weniger Gebildeten, Barock, Freiburg/Br. 1956; Peter Thaddäus Lang, „Ein Territorialstaat. und die Städter eher als die Leute auf dem Land. grobes, unbändiges Volk“. Visitationsberichte und Bedingungen und Auswirkungen des Systems straf- Volksfrömmigkeit. In: Hansgeorg Molitor/Heribert rechtlicher Sanktionen im frühneuzeitlichen Würt- Und heute, wie steht es heute? Machen wir uns doch Smolinsky, Volksfrömmigkeit in der Frühen Neuzeit, temberg. Köln u.a. 1997. nichts vor. Denken wir doch an allenthalben ge- Münster 1994. brauchte Glücksbringer wie das Schwein, das vier- 7) Manfred Weitlauff, Heinrich Ignaz von Wessenberg Abergläubisches im Mittelalter blättrige Kleeblatt, oder an das Hufeisen, denken wir 2) Das ergibt sich aus einer Durchsicht der Ulmer Rats- (1774-1860). Domkapitular von Konstanz und Augs- an den vielfach gefürchteten Unglückstag, Freitag, den protokolle, so meinerseits geschehen im Rahmen der burg, Generalvikar des Bistums Konstanz. Kirchlicher dreizehnten, oder auch an die in zahllosen Zeitschrif- Forschungen zu meiner Dissertation 1972/73. Reformer und Kirchenpolitiker zwischen Säkularisa- ten abgedruckten Horoskope. tion und Neuorganisation der Kirche Deutschlands. um Kräuter und Salz Aberglauben gibt es auch im einundzwanzigsten 3) So allenthalben im Bestand „Chroniken“ des Ulmer Augsburg/Lindenberg 2010. Jahrhundert gerade noch genug! Stadtarchivs, den ich ebenso für meine Dissertation 1 durcharbeitete. ... demonstriert hauptsächlich an süddeutschen Beispielen - Von Dr. Peter Thaddäus Lang

Das Mittelalter hatte durchaus auch seine Schat- tenseiten: Die stark überwiegende Mehrheit der Be- völkerung empfand das Leben auf dieser Erde als ein Veranstaltungen und Exkursionen Jammertal; die allgemeine Lebenserwartung betrug durchschnittlich bestenfalls vierzig Jahre; die häu- figste Todesursache bei den Frauen war das Kind- Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung für die Monate April bis Juni bettfieber, und bei den Männern war es die Wirts- hausschlägerei mit Todesfolge2. Und auch sonst war APRIL getrübten Weltsicht einen besonderen Reiz. Die Than- Bahnfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- der Mensch damals in vielfacher Hinsicht den ihn um- heimer Reisemusikanten, die auf ihren Touren teil- matkundliche Blätter), Umlage 30,00 Euro für Fahrt, gebenden Naturgewalten in einem wesentlich höhe- weise auch von ihren Frauen begleitet wurden, ver- Eintritte und Führungen. ren Maß ausgeliefert als heute: Freitag, 13.4.2018: Mitgliederversammlung mit ei- standen es, ihrer durch Not erzwungenen strapaziö- Denken wir zum Beispiel an die Gefahr einer Feu- nem Vortrag von Prof. Dr. Paul Münch: Vor Strauß, sen Lebensform humorvoll die besten Seiten abzuge- ersbrunst. In den mittelalterlichen Städten waren die Wagner und Ludwig II. von Bayern. Die märchen- winnen. Häuser dicht an dicht gebaut und sehr häufig mit Stroh haften Touren der Thanheimer Reisemusikanten im 18 Uhr, Albstadt-Lautlingen, Stauffenbergschloss, Ein- JUNI gedeckt. Zum Löschen diente das Wasser des nächs- 19. Jahrhundert. tritt frei ten Brunnens, das man eimerweise zur Brandstelle Während des 19. Jahrhunderts machten sich aus Than- schaffte. Als Folge dieser unzureichenden Brandbe- heim mehrere Musikantengruppen auf die Reise, um Samstag, 28.4.2018: Tagesexkursion mit Monika Me- Sonntag, 10.6.2018: Tagesexkursion mit Bettina Zun- kämpfung brannten meistens ganze Stadtviertel oder für sich und ihre Familien das tägliche Brot zu ver- del: Oberrheinebene: Grabenbruch – Fauststadt del. Schloss Meßkirch – Campus Galli. Busfahrt (Ab- sogar ganze Städte ab, ratzfatz, oft innerhalb von we- dienen. Sie traten in der näheren Umgebung auf, doch Staufen – Besucherstollendes ehemaligen Kaliberg- fahrtszeiten siehe Homepage und Heimatkundliche nigen Stunden. Heute dagegen schafft es eine effizi- ihre Touren führten bald auch nach Österreich, Frank- werks Buggingen. Blätter), Umlage 35 Euro für Fahrt, Eintritte und Füh- ente, gut ausgebildete und bestens ausgestattete Feu- reich, die Schweiz und Italien. Sie gaben anspruchs- Die Fahrt führt in die liebliche Hügellandschaft zwi- rungen. erwehr in der Regel, einen Brand auf ein einzelnes Ge- volle musikalische Abendunterhaltungen in renom- schen Schwarzwald und Rheinebene. Erstes Ziel ist das bäude zu beschränken. mierten Hotels, Cabarets, Casinos und Établissements Städtchen Staufen im Breisgau, malerisch unter dem Oder denken wir an eine epidemische Krankheit, wie publics,erhieltenEngagementsalsKarnevals-,Kur-und von einer Ruine gekrönten Schlossberg gelegen. Mit ei- zum Beispiel die Pest. Die große Pest der Jahre 1347- Schiffskapelle. Ihre Spezialität war die Begleitung ner Führung erkunden wir die komplett unter Denk- STAMMTISCHE 1353, „Schwarzer Tod“ genannt, raffte rund ein Drittel mehrtägiger Feste, insbesondere im Schweizer Jura. malschutz stehende Altstadt mit ihren Innenhöfen, der Bevölkerung Europas dahin. Auf regionale Epide- Vermutlich gab es in Süddeutschland kaum eine Ka- Durchgängen, Plätzen und Häuserzeilen aus der Zeit mien treffen wir bis ins 17. Jahrhundert etwa alle paar pelle, die so weit herumkam. Die wichtigsten Than- als das Silbererz des Münstertals Staufen großen Wohl- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich unter Jahre. Heute dagegen haben wir ein ganzes Bündel heimer Formationen, die mit Streich- und Blasinstru- stand brachte. Im Gasthaus zum Löwen kam unter rät- der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger staatlicher Maßnahmen, um einer grassierenden menten auftraten, waren die „Musikgesellschaft Bu- selhaften Umständen der berüchtigte Schwarzkünst- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Krankheit entgegen zu wirken, denken wir nur an die ckenmayer“, eine unter dem rätselhaften Namen auf- ler Johann Faust ums Leben. Traurige Bekanntheit er- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. Schweinegrippe des Jahres 2009. Oder an die glückli- tretende „Münchner Metallharmonie“ und die von dem warb sich Staufen in den letzten Jahren als „zerbro- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- cherweise weniger schlimm verlaufene Vogelgrippe. charismatischen Felix Dehner geleitete „Preußische chene Stadt“ durch die von Erdwärmebohrungen her- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Oder an Ebola! Reservistenkapelle“. Die Thanheiner beeindruckten rührenden Hebungsrisse. Unser nächstes Ziel ist Bug- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- Oder, letztes Beispiel, Hungersnot als Folge von berühmte Komponisten wie Richard Wagner und Jo- gingen im Markgräfler Land: Im Weiler Betberg strahlt [email protected] oder gescha- Missernten. Wie leicht konnte es passieren, dass das sef Strauss. Der bayerische Märchenkönig Ludwig II. der Kirchenhügel einen besonderen Zauber aus. Im In- [email protected] sowie Brotgetreide bei übermäßiger Feuchtigkeit auf den lud sie mehrfach auf seine Märchenschlösser ein. Da- nern der romanischen Prioratskirche finden sich u.a. über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- Halmen verfaulte, oder bei übermäßiger Trockenheit rüber informieren uns für die Jahre 1845-1853 das Reis- satirische Zeichnungen mit Bezug auf den Bauern- einigung.de. erst gar nicht richtig heranwuchs. Die Bauern sahen tagebuch Karl Buckenmayers, für das Jahrzehnt von krieg 1525 und eine kostbare Barockorgel. In eine an- sich dann gezwungen, das zur nächsten Aussaat vor- 1866 bis 1876 die chronikalischen Notizen Gustav dere Welt werden wir im Kernort versetzt: Das 1973 still- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- gesehene Getreide zum Essen zu verwenden, weshalb Dehners. Diese originellen Quellen besitzen wegen ih- gelegte Kalibergwerk war das einzige seiner Art in Süd- lich willkommen. sich die Hungersnot mehrere Jahre fortsetzen konnte, rer unverstellten, nicht durch bürgerliche Vorurteile deutschland und in seiner Blütezeit der größte Ar- weil in den Folgejahren viel zu wenig Saatgut zur Ver- beitgeber zwischen Freiburg und Lörrach. Eine Füh- fügung stand. Natürlich gibt es auch heute noch rung durch ehem. Kalikumpel in einem Schaustollen schlechte Ernten. Wir sind aber international so gut ver- zeigt uns u.a. noch voll funktionsfähige Maschinen und netzt, dass die Missernte in einem Teil der Welt durch vermittelt ein anschauliches Bild vom Arbeiten unter Herausgegeben von der die Überschüsse in anderen Teilen ausgeglichen wer- Tage, von der Betriebsorganisation und der hier ge- Heimatkundlichen Vereinigung den kann. Selbstverständlich bei entsprechenden Prei- pflegten Bergmannskultur. Busfahrt. Abfahrt Ebingen, Zollernalb sen. Der Autor dieser Ausgabe Busbahnhof 7.00 Uhr. Balingen Stadthalle 7.30 Uhr. Dergestalt schien also im Mittelalter das Unglück an Umlage 35,00 Euro für Fahrt, Eintritte und Führun- Vorsitzender: allen Ecken und Enden zu lauern, wie es aus unzähli- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, gen. gen Chroniken hervorgeht: So lesen wir immer wieder 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 von dem Teilnehmer eines Festessens, der urplötzlich Geschäftsführung: tot unter den Tisch sinkt, weil er sich verschluckt hat- Dr. Peter Thaddäus Lang Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, te oder weil ihm eine Fischgräte im Hals stecken ge- Lammerbergstraße 53 MAI 72461 Albstadt, blieben war. Oder wir lesen ab und an von der Bau- 72461 Albstadt Telefon (0 74 32) 68 07 ernfamilie, die sich während der Ernte zur Rast in den E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- Schatten eines Baums gesetzt hatte und dort vom Blitz Galileo Galilei. Bildnachweis: Archiv Peter Thaddäus Lang Donnerstag, 31.5.2018 (Fronleichnam): Tagesex- vereinigung.de erschlagen wurde. Oder von dem armen Sünder, der ge- kursion mit Albrecht Dorow. Eisenbahnexkursion rade auf dem Weg zur Kirche war, um seine Sünden walten ein Schnippchen zu schlagen, und zwar man- läut banne das Wetter und helfe auch gegen Feuers- nach Münsingen mit der Besichtigung von bahnty- Redaktion: zu beichten, und dann direkt an der Kirchtür urplötz- gels Anderem eben mit Hilfe der Magie. brunst. So heißt es im Vorspann von Schillers Lied von pischen Kleindenkmalen (historische Bahnhöfe, Lo- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, lich tot umfiel, von Schlag getroffen3. Unsicherheiten Gegen Feuersbrunst stand da ein ganzes Arsenal von der Glocke „fulgura frango“, also „ich breche die Blit- komotiven, Waggons, Stellwerke und Signalanla- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 also, wo man auch hinschaut. Dennoch suchten die vermeintlichen Hilfsmitteln bereit: Da war beispiels- ze“. Oder man konnte, ein weiteres Hilfsmittel, in die gen). Menschen auch schon im Mittelalter, den Naturge- weise die Kirchenglocke, von der man meinte, ihr Ge- Türpfosten kleine Löcher bohren, in die man kleine Zet- Seite 2083 Heimatkundliche Blätter April 2018

klamation bürgerliche und nationale Freiheiten. Ziel rosch am 2. Oktober 1849 politisch war der Übergang vom Ständestaat zum National- nicht hervor. Den deutschen Ge- staat. Weitere Forderungen waren die Gleichheit vor meinden Glogon, Jabuka und Franz- dem Gesetz, die allgemeine Steuerpflicht (der Adel war feld im Deutsch-Banater Grenzre- steuerfrei), die Abschaffung der Leibeigenschaft, die giment wurde Neutralität zugesagt, Pressefreiheit u. a. Doch eine schwere Hypothek war in Pantschowa legte die deutsche Be- die Weigerung der revolutionären Regierung, den eth- völkerung einen Eid ab, dem Kai- nischen Minderheiten nationale Rechte zuzugeste- ser treu zu bleiben und den Ser- hen. Nach der Auflösung des ungarischen Ministe- ben Freundschaft zu gewähren. Wie riums und der Aufhebung der verabschiedeten Ap- unübersichtlich die Lage war, zeigt Jahrgang 65 30. April 2018 Nr. 4 rilgesetze durch den Wiener Hof, der Verhängung des sich, dass sich in Weißkirchen im Il- Kriegsrechts in Ungarn und der Verleihung aller Voll- lyrisch-Banater Regiment die deut- machten an den Banus von Kroatien, Josip Jela?i?, war sche Bevölkerung auf die ungari- eine militärische Auseinandersetzung unausweich- sche Seite schlug. Die Deutschen in lich geworden. Im Frühjahr 1849 erzielten die un- diesem Raum gerieten in dieser kom- garischen Revolutionstruppen gegenüber dem habs- plexen, multipolaren ethnopoliti- burgischen Heer militärische Erfolge. Am 19. April 1849 schen Konfliktkonstellation zwi- wurde vom ungarischen Restparlament in Debrecen schen alle Fronten. Zunächst schien Ungarn als Sehnsuchtsraum die Unabhängigkeitserklärung verabschiedet. Kaiser es so auszusehen, dass Serben und Franz Joseph ersuchte den Zaren Nikolaus I. um Waf- Deutsche in der Militärgrenze kon- fenhilfe. Erst danach konnte das ungarische Revo- form agierten. Doch seit April 1848 Johann Georg Letsch (1807-1849) aus Ostdorf: Die Auswanderung in das Banat lutionsheer besiegt werden. wuchsen die ethnischen Spannun- und sein tragischer Tod in der Revolution, Teil 1 - Von Karl-Peter Krauss Schon im Frühjahr 1848 hatten sich die Unab- gen. Zunehmend sahen sich Deut- hängigkeitsbestrebungen von Ungarn gegenüber der sche von serbischen Drohgebärden, Habsburgermonarchie abgezeichnet. Doch als die Ser- auch gegenüber ihrem Besitz, be- Im 18. Jahrhundert war das Königreich Ungarn ei- ben im Süden des Königreiches größere Autono- droht. Bürgerkriegsähnliche Zu- nes der Hauptziele von Auswanderern aus dem Sü- mierechte durchsetzen wollten und ihnen dies ver- stände und Plünderungen durch Zi- den und Westen des Heiligen Römischen Reiches Deut- weigert wurde, kam es am 15. Mai 1848 zur Pro- vilisten und Militär waren allge- scher Nation. Es waren vor allem landarme dörfli- klamation einer „Serbischen Wojwodschaft“ durch die genwärtig. Neben die militärischen che Unterschichten, recht häufig Handwerker, die ne- Serben in Südungarn und einem offenen militäri- Kämpfe traten Auseinandersetzun- benher noch eine kleine Landwirtschaft betrieben, die schen Aufstand. Angeheizt wurde der Konflikt durch gen in den gemischtethnischen Or- ihr Glück und wirtschaftliches Auskommen in der die Unzufriedenheit weiter Bevölkerungsteile in der ten mit vielerlei Übergriffen, Re- Ethnische Gruppen in der „Woiwodschaft Serbien und Temeser Fremde suchten. Sie folgten dem Ruf der ungari- Militärgrenze. Die Deutschen in diesem Raum tra- pressalien, Kontributionen und Mor- Banat“, 1850. schen Könige aus dem Hause Habsburg und dem un- ten bis zu der sog. „Schwabenpetition“ vom Boga- den. (Fortsetzung folgt) garischer Adliger, weil ihnen in Ungarn der Erwerb oder die Übergabe einer Bauernwirtschaft in Aussicht ge- stellt wurde. Erst im zweiten Drittel des 19. Jahr- hunderts wurde Nordamerika zum begehrten Haupt- zielland der meisten Auswanderer aus dem deut- schen Süden. Dennoch hielt die Individualauswan- Veranstaltungen und Exkursionen derung nach Ungarn an. Nicht selten waren es Hand- werksburschen auf der Wanderschaft, die auf ihrer Rei- se nach Ungarn gekommen waren und sich schließ- Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung im Mai und Juni lich niederließen. Dort bot sich ihnen oft die Chan- ce, eine der begehrten Meisterstellen zu erhalten und MAI schnitten eröffnet. Bis 1969 konnte man vom Echaztal wirtschaft. Im zentralen Bereich des Geländes befin- sich dauerhaft zu etablieren. Denn in vielen Regio- auf der berühmten Zahnradbahn Honau – Lichten- den sich der Abbundplatz und die Holzkirche. Bus- nen des Königreiches waren Handwerker gesuchte stein die Alb-Hochfläche erklimmen. Weiter geht es fahrt. Balingen, an der Stadthalle, 8.30 Uhr. Albstadt- Fachleute, zumal es noch im ausgehenden 18. Jahr- Donnerstag, 31. Mai (Fronleichnam): Tagesexkursi- nach Offenhausen zum Gestütsmuseum in der histo- Ebingen, Busbahnhof, 9 Uhr. Umlage 35 Euro für Fahrt, hundert in Ungarn rein quantitativ mehr als dop- on mit Albrecht Dorow. Eisenbahnexkursion nach rischen Klosterkirche, die über 170 Jahre als Lager- Eintritte und Führungen. pelt so viele Adlige als Handwerker gab.1 Seit dem To- Münsingen mit der Besichtigung von bahntypischen halle genutzt wurde. In Offenhausen gibt es außer- leranzedikt von Joseph II. 1781 wurden Protestanten Kleindenkmalen (historische Bahnhöfe, Lokomoti- dem die Möglichkeit eines kurzen Spaziergangs zur auch offiziell in den Kameral- oder königlichen Kam- ven, Waggons, Stellwerke und Signalanlagen). idyllisch gelegenen Lauterquelle. Die anschließende mergütern aufgenommen. Doch schon zuvor hatten Die Exkursion unter der bewährten Leitung von Alb- Bahnfahrt führt am frisch rekonstruierten Bahnhof STAMMTISCHE verschiedene ungarische Magnaten auch protestan- recht Dorow führt zunächst nach Münsingen und zum Kohlstetten über Engstingen und Trochtelfingen, dem tische Ansiedler auf ihren Grundherrschaften ange- dortigen Bahnhofsensemble. Es gibt in Württemberg Mägerkinger Stausee, der Gedenkstätte Grafeneck (für siedelt. kaum noch einen anderen Bahnhof, auf dem nahezu al- die Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen im National- Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich le Hochbauten der Königlich Württembergischen sozialismus) und die Mariaberger Heime nach Gam- unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- Staats-Eisenbahn aus der Eröffnungszeit erhalten ge- mertingen. Bahnfahrt. Abfahrt Balingen 8.08 Uhr; Alb- ger Stammtisch um 15 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Johann Georg Letsch: Zwischen zwei blieben oder wieder rekonstruiert worden sind. Das stadt-Ebingen 8.32 Uhr. Umlage 30,00 Euro für Fahrt, nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Telefon Welten Empfangsgebäude beherbergt u.a. den originalen Eintritte und Führungen. 07431/4188. Fahrkartenschalter oder das historische Kurbelstell- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- Die „neue Heimat“ von Johann Georg Letsch in der Banater Militärgrenze. Die heutigen Staatsgrenzen sind zur Orientierung einge- werk der Bauart Esslingen aus dem Jahre 1907. Ein wei- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Johann Georg Letsch wurde am 26. Dezember 1807 zeichnet. Kartografie: Richard Szydlak, Karl-Peter Krauss. terer Höhepunkt ist der neu erbaute Lokschuppen. En- 72461 Albstadt, Telefon 07432/6807. Email: anfra- um 4.00 Uhr morgens in Ostdorf geboren. Noch am glei- de der 1960er Jahre wurde das Vorgängergebäude ab- JUNI [email protected] oder gescha- chen Tag wurde das Kind getauft.2 Seine Eltern wa- zwischen befand er sich in Pantschowa6 in der Ba- dieSchmähwortedurchausvorlesensollte.Erkamnicht gebrochen. Das neue Gebäude fügt sich in Farbge- [email protected] sowie ren der gleichnamige Bauer Johann Georg Letsch und nater Militärgrenze, dem Sitz des Deutsch-Banater darüber hinweg, dass seine Familie wegen des Stief- bung, Gestaltung und Architektur hervorragend in das über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- Katharina, geb. Mayer. Johann Georg Letsch jun. kam Grenzregiments und wohnte im Gasthof zum Schwar- vaters in der ganzen Welt zerstreut sei. Ohne den Stief- Gesamtensemble ein. Die Nebenbahn Reutlingen- Sonntag, 10. Juni: Tagesexkursion mit Bettina Zun- einigung.de. als viertes Kind der Familie zur Welt. Die älteste Toch- zen Adler. Seine hoffnungsvollen Zukunftspläne fan- vater, so mutmaßte er, wäre seine Schwester noch zu- Münsingen-Schelklingen, eine der interessantesten in del. Schloss Meßkirch – Campus Galli. ter Katharina hatte den Schreiner Georg Schuler ge- den darin ihren Ausdruck, dass er seinen Pfleger er- hause. Er verlangte von seinem Pfleger, dass er sei- Württemberg wurde von 1892 bis 1901 in mehreren Ab- DieExkursionführzunächstzumehemaligenSchloss Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. heiratet und lebte in Leidringen im damaligen Ober- mahnte, sein Geld auf unbestimmte Zeit in Balin- nem Stiefvater Kiefer, der sich in das Haus „ge- der Grafen von Zimmern, das in seinen Ursprüngen amt Sulz. Der nächstälteste Sohn namens Ludwig über- gen gegen Zins anzulegen. Auch teilte er potentiel- schlichen“ habe, verbot, ihn als „seinen Ungarn“ zu be- bis in die Jahre um 1400 zurückreicht. Mit der Kreis- nahm den elterlichen Hof. Damit entsprach Johann Ge- len Auswanderern aus seiner Verwandtschaft mit, dass zeichnen, denn er wollte mit diesem „Saumagen“ kei- kunstgalerie des Landkreises Sigmaringen, dem Mar- org dem charakteristischen sozioökonomischen Pro- in diesem Raum weitere deutsche Siedlungen an- ne Gemeinschaft haben. Er wünschte, dass sein Stief- tin-Heidegger-Museum und dem Oldtimermuseum Herausgegeben von der fil eines potentiellen Auswanderers. Er besaß zu we- gelegt werden sollten.7 vater „gr[epieren]“ solle. Und wenn er mit einem sol- werden Ausstellungen für die unterschiedlichsten In- Heimatkundlichen Vereinigung nig ererbtes Land, um als Bauer überleben zu kön- Doch neben der Aufbruchsstimmung verfiel Jo- chen Unmenschen hätte umgehen können, dann hät- teressen angeboten. Anschließend geht es zur ganz in Zollernalb nen und musste ein Handwerk erlernen. Allerdings ver- hann Georg Letsch mitunter in Wehmut über seine zer- te er ihn in dieses Land, nach Ungarn, gelockt. Dort hät- Die Autoren dieser Ausgabe derNähegelegenenKlosterbaustelleCampusGalli.Hier sprachen die Verdienstmöglichkeiten als Handwer- rissene Familie. Große Sorgen machte er sich über sei- te er sich in einem halben Jahr die „Gurgel“ „ab- entsteht Tag für Tag ein Stück Mittelalter: Handwer- Vorsitzender: ker auf dem Land wenig Gewinn, denn die Kon- ne Schwester Anna Maria, die mit ihrer Familie arm gesoffen“ und die Familie hätte diesen „unnüzen Brod- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, ker und Ehrenamtliche schaffen mit den Mitteln des kurrenz war groß und die Preise tief.3 So hatte sich Jo- und unglücklich in Amerika ihr Leben fristete. Er be- Fresser“ los gehabt.10 Seine harte Reaktion gibt zu- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 9. Jahrhunderts ein Kloster auf Grundlage des St.Gal- hann Georg Letsch mehrere Jahre auf Wanderschaft be- dauerte, dass sie nicht mit ihm nach Ungarn ge- gleich einen Einblick in seine emotionale Betrof- Dr. Karl-Peter Krauss ler Klosterplans. Dieser Plan ist weltberühmt, ge- Geschäftsführung: geben. Am 21. Dezember 1837 war er schließlich nach kommen war, denn hier würde man noch genug Fel- fenheit über die familiäre Situation, denn sein Vater Jo- zeichnet wurde er vor 1200 Jahren nicht weit entfernt, Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, Ostdorf zurückgekehrt. Damals brachte er Kleider und der „in einer guten Gegend“ und umsonst Bauholz be- hann Georg Letsch sen. war schon am 26. Januar 1811 Institut für donauschwäbische Geschichte und auf der Insel Reichenau. Hier bei Meßkirch erwacht 72461 Albstadt, Gold aus Ungarn mit, die er sich dort erarbeitet und er- kommen. Auch war er traurig, dass er von ihr noch im- verstorben. Damals war der kleine Johann Georg Letsch Landeskunde nun ein Stück Geschichte zum Leben: ohne Maschi- Telefon (0 74 32) 68 07 spart hatte.4 Da er volljährig war, wurde ihm sein Ver- mer keine Nachricht bekommen hatte.8 Verant- jun. gerade drei Jahre alt. Seine Mutter lebte bis 1834. Mohlstraße 18 nen, ohne modernes Werkzeug. Ochsen ziehen Baum- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- mögen ausgehändigt, doch er beließ es zunächst in wortlich für die familiäre Situation machte er sei- Johann Georg Letsch war damit 1837 im Alter von 30 72074 Tübingen stämme zur Baustelle, es werden Holzbalken mit Äx- vereinigung.de der Hand seines Pflegvaters5 Johann Georg Wörnle. nen Stiefvater. Am Ende eines Briefes aus dem Jahr Jahren kurzzeitig in seine Heimat zurückgekehrt, oh- ten behauen und aus der Schmiede ertönt der klin- Schon wenige Monate später schrieb er diesem ei- 1840 schilderte er in drastischen Worten, was er über ne noch ein Elternhaus zu haben, in dem er sich zu- gende Ton des Amboss. Alles muss von Hand ge- Redaktion: nen Brief, der mit dem 26. Juni 1838 datiert war. Vol- diesen Mann dachte.9 An jenen Mann, es war Mi- hause fühlte. macht werden, alles ist mühsamer und geht langsa- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, ler Zuversicht berichtete Letsch, dass er sich inzwi- chael Kiefer, im Dorf als ‘Gausenmichel’ bekannt, woll- Als der Stiefvater am 23. März 1848 im Alter von 66 mer als heutzutage. Entlang des Rundwegs begegnen 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 schen viele Werkzeuge gekauft habe und sich be- te er keinen Gruß sagen. Am Ende seines Schrei- Jahren verstarb, wurde vor dem Gerichtsnotar und dem wir den Werkstätten der Handwerker und der Land- absichtige, im Frühjahr als Meister niederzulassen. In- bens beschimpfte er ihn und schrieb, dass man ihm Waisengericht eine Realteilung des Vermögens durch- Seite 2081 Heimatkundliche Blätter April 2018 April 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2082

geführt.11 Daraus geht hervor, dass er nur die Nutz- tigkeit. Doch neben den militärischen Funktionen hat- der Johann Jakob Geymüller hatten das Unterneh- größter Bedeutung für nachziehende Migranten, denn nießung des Vermögens seiner am 29. Dezember 1834 te die Militärgrenze seit der Mitte des 18. Jahrhun- men 1804 nach dem Tod des vorherigen Besitzers Pe- Kartenmaterial und Reisebeschreibungen lagen den verstorbenen Frau Katharina, geb. Mayer und ver- derts auch die Aufgabe, das Habsburgerreich vor Seu- ter Ochs in Wien übernommen. einfachen Leuten nicht vor. Damit entstanden in der witwete Letsch innehatte, das jetzt verkauft und an die chen aus dem Osmanischen Reich abzuschirmen. So Wahrnehmung kognitive Karten, die den komplexen Erben verteilt werden sollte. Er hinterließ damit nicht wurden sog. Kontumaz-Stationen eingerichtet. Es wa- Tatsächlich lief die Tischlerei von Johann Georg Raum insbesondere auf die wichtigen Wegstrecken re- nur kein Vermögen, sondern es wurde ausdrücklich ren Quarantänestellen, in denen Reisende viele Ta- Letsch schon kurz nach seiner Niederlassung so gut, duzierten, was natürlich immer eine gewisse Ver- festgehalten, dass seine Stiefkinder weder seine Trink- ge ausharren mussten, bis ihnen eine Weiterreise ge- dass er im Juli 1840 seinen Pflegvater darum bat, ihm ei- zerrung des Raumes mit sich brachte. So beschrieb der noch sonstigen Schulden zurückzahlen müssten. stattet wurde. Die Gesellschaftsordnung dieses Rau- nige Tischlergesellen zu schicken, weil es bei ihm an in das Banat ausgewanderte Nikolaus Frieden die Rei- mes führte dazu, dass noch Mitte des 19. Jahrhun- solchen Gesellen sehr mangeln würde. Das deutet da- seroute aus seiner luxemburgischen Heimat in Grei- derts etwa 98 Prozent der Bewohner in der Militär- rauf hin, dass es ihm an Aufträgen nicht mangel- weldingen43 bis in das Banat: „Die Marsch Rutten44 ist grenze „wehrdienstpflichtige bäuerliche Bevölke- te.17 In einem weiteren Brief aus dieser Zeit berich- diese: Gribämacher45, Drijer46, Mintz47, Franckfurth, Etablierung in Dollowa in der Banater rung“ waren.15 Allerdings hatte dieses militärisch-bäu- tete er, dass er mittlerweile mit drei Gesellen, ei- Regenspurg,Winn,Offen,Segatin48,Cumlosch49,S[ankt] Militärgrenze erliche System auch eine gesellschaftliche Erstar- nem Lehrbuben und sogar einer Köchin wirtschaf- Michlosch50[…] Csanath51, den 5ten November 1768.“52 rung zur Folge, das Handwerker, Händler, Gewer- ten würde, was auf eine sehr gute Auftragslage schlie- betreibende zu Fremdkörpern machte. ßen lässt.18 Auch Johann Georg Letsch gab seinem Bruder ei- Im Februar 1840 berichtete Johann Georg Letsch, Im August 1844 berichtete Letsch voller Stolz, dass ne auf Kernaussagen reduzierte Wegbeschreibung mit, dass er sich als Tischlermeister in Dollowa nieder- Gleichwohl bot der Ort Johann Georg Letsch die er sich endlich verheiratet habe. Ende 1843 hatte der da- damit dessen Sohn, den er als Lehrjungen wünsch- gelassen hatte.12 Der Ort liegt etwa 25 km östlich von Möglichkeit, einen florierenden Betrieb aufzubauen. mals knapp 37-jährige Letsch die erst 16jährige Ju- te, möglichst problemlos zu ihm finden könne. Hier Pantschowa und etwa 45 km östlich von Belgrad. Als So war es nur konsequent von ihm, dass er jetzt um liana Bader aus Franzfeld geheiratet. Er schrieb, dass wird ein Teil seines Originaltextes wiedergegeben: „Die sich Letsch dort etablierte, war Dollowa Teil des sein Erbe in Höhe von immerhin 1.200 Gulden bat.16 auch sie evangelisch sei. Sie kam aus dem 40 km ent- Reisse zu mir ist nicht so schwer, indem man auf dem Deutsch-Banater Grenzregiments in der Banater Mi- Tatsächlich quittierte Letsch den Erhalt eines Wech- fernten Franzfeld, das 1792 mit protestantischen deut- Wasser von Ulm bis Pansova53 fahren kann von wo ich litärgrenze. 1845 kam der Ort zum Illyrisch-Banater selbriefes in Höhe von 1.200 Gulden am 27. Juni 1840 schen Ansiedlern besiedelt worden war und eben- zwei Stunde entfernt bin, nehmlich Du wirst ihn bis Grenzregiment, dessen Sitz sich in Weißkirchen13 be- in Pantschowa. Allerdings beklagte er sich, dass ihm falls im Gebiet des Deutsch-Banater Grenzregiments Ulm führen, bevor Dich aber in Balingen erkunden, fand.14 Die Militärgrenze diente der Sicherung der statt zehn sogar 27 Gulden an Unkosten abgezogen lag. Auch hatte er sich einen Hausplatz mit 20 Klaf- welchen Tag der Ortener54 von Ulm nach Wien ab- Grenzzone gegen das bis in das ausgehende 17. Jahr- worden waren und bat seinen Pflegvater Wörnle, der ter19 Breite und 40 Klafter Länge (ca. 34,4 x 68,8 Me- fahrt um einen Tag früher einzutreffen; in Neu-Ulm hundert offensive Osmanische Reich durch das Habs- Sache nachzugehen. Der Wechsel war über das Bank- ter), insgesamt fast 24 Ar, gekauft und darauf ein Haus habt ihr euch an das Schifamt zu wenden, um den Fuhr- burgerreich. Als sich die Grenzen in der Mitte des 16. haus Stahl & Federer gegangen, das 1795 von Fer- gebaut. Für alles hatte er nur 1.100 Gulden gezahlt. lohn zu akorieren55. Ich habe von Ulm bis Wien 4 fl.56 be- Jahrhunderts etwas stabilisiert hatten, wurden Maß- dinand Stahl und Gottlob Federer als Handelsge- Es war nur ein Bruchteil der Kosten, die ihn Haus und zahlt. Vor Wien wird ihm sein Paß abgenomen, den nahmen zur militärischen und sozialen Sicherung des sellschaft „Stahl & Federer“ in Stuttgart gegründet wor- Hof in Württemberg gekostet hätten. Neben seinem Be- er auf der Polizei wieder abhohlen und nach Pest fi- Grenzgebiets eingeleitet. So entstand eine Grenzer- den war. Nach dem ersten Drittel des 19. Jahrhun- ruf als Tischler begann er außerdem damit, mit Ge- sieren57 lassen muß, in Wien finden sich immer Schif- gesellschaft, die mit Privilegien ausgestattet wurde. Das derts dominierte das Bankgeschäft bei Stahl & Fe- treide zu handeln und bekundete, dass er damit ein gu- fe an der Donau, die einen um billiges Geld nach Pest war eine der Voraussetzungen für die Wiederbe- derer. Gerade Auswanderer aus Württemberg nah- tes Auskommen habe.20 mit nehmen, von Pest nach Semolin58 ebenfals und soll- siedlung des entvölkerten und verödeten Grenzsau- men die Dienste des Bankhauses häufig in An- te er keine Gelegenheit finden, so kann er mit dem mes zum Osmanischen Reich. Diese Gesellschaft kann spruch, wenn sie ihr Vermögen transferieren ließen. Dampf-Schiff herunter fahren, da hat er aber mehr zu am ehesten mit den Begriffen „freier Bauer und Sol- Von Stuttgart lief der Wechsel mit dem für Letsch be- bezahlen. Von Simolin59 nach Pansowa geht alle Ta- dat“ umschrieben werden. Es entstand eine Symbi- stimmten Geld über das Bankhaus Geymüller & Co. Jo- Briefe als Kommunikationsmittel ge ein Schiff herüber, da hat er sechs Bazen60 zu be- ose von militärischer Sicherung und bäuerlicher Tä- hann Heinrich Geymüller (1754-1824) und sein Bru- zahlen, von da ists noch 3 Stunde[n] nach Dollowa. Es were freilich besser, wann er einen Reis Kam- Die Briefe von Johann Georg Letsch sind in mehr- moraten61 hätte,derauchschongewandertistundwann facher Hinsicht charakteristisch für die Korrespon- er einen solchen Tischlergesellen findet, der soll bei denz von Auswanderern aus dem ländlichen Raum. Im- mir Arbeit und einen guten Verdienst haben. Das Rei- mer wieder berichtete der Schreiber über das Wet- se Geld vor Deinen Sohn kannst Du ihm 30 fl. auf mei- ter und die zu erwartende Ernte. Gleich in seinem ers- nen Konto geben und mit 30 fl. hat er hinlinglich ge- ten Brief informierte er darüber, dass sie im Banat „ei- nug. Sechser und Groschen sind über der Beiri- nen angenehmen Sommer“ hatten und dass die Frucht schen Grinze62 nicht mehr gangbar.“63 und der Wein gut geraten seien. Auch habe es bis- lang weder Kälte noch Schnee gegeben.21 Wenige Jah- re später schrieb er, dass sie ein sehr trockenes Jahr hat- ten, wobei der Weinberg gut dastehen würde, aber die Die Revolution und der Mord Frucht nur mittelmäßig sei, hingegen würde es mit dem Gemüsegarten „schlecht stehen“.22 1846 klagte er: „Wir haben hir ein sehr trockenes Frühjahr und die Früch- Der Brief vom 5. März 1848 war wohl das letzte Le- ten23 kommen von Tag zu Tag in höern Preis.“24 benszeichen von Johann Georg Letsch, das seine Fa- milie in Ostdorf von ihm erreichte. Über Europa hat- Was Letsch sehr umtrieb, war das Schicksal sei- ten sich 1848 drohende Wolken der Revolution zu- ner Familie. Immer wieder erkundigte er sich, wie es sammengezogen. Wie ein Flächenbrand sprang der seinen Angehörigen ging. Dabei schimmerte seine Funke der Februarrevolution 1848 in Paris von Frank- emotionale Betroffenheit deutlich zwischen den Zei- reich aus auf die Länder Mitteleuropas über. In der len durch. Offensichtlich lag ihm seine Schwester An- Märzrevolution wurden im Deutschen Bund Rufe nach na Maria besonders am Herzen, die mit ihrer Fa- Brief von Johann Georgetsch an seinen Bruderudwig etsch (U)in stdorf, Dollowa,5. .14. liberalen und demokratischen Reformen laut. For- milie nach Amerika ausgewandert war und dort un- Quelle: StA B,GA stdorf, Pflegschaftsrechnung Johann Georgetsch. derungen nach Aufhebung der Pressezensur und nach ter sehr dürftigen Verhältnissen lebte. Wehmütig der Bauernbefreiung wurden erhoben. Die Idee des Na- schrieb er: „O! ich fühle es, was vor ein kommerli- tionalstaats versprach Partizipation und Integration. ches25 Leben meine liebe Schwester Anna Maria mit ih- dere Auswanderer, die ebenfalls bestrebt waren, fa- den jüngsten Sohn seiner verstorbenen Schwester Eva Teilhabe und Mitwirkung im neuen Staatswesen und rer Vamilie hat, es werden ihr manche Thrienen26 flies- miliäre, dörfliche oder regionale soziale Auswande- Rosina in die Lehre zu nehmen, damit auch er das eine auf der Gewaltenteilung basierende Verfassung sen, wann sie an ihren Geburts-Ort denkt, allwo sie rernetzwerke zu bilden. Doch 1846 war Johann Ge- Tischlerhandwerk erlernen könnte. Aber auch des- sollten dem Individuum freie Entfaltungsmöglich- im Greisse27 ihrer Freindinnen glücklich leben konn- org Letsch so ehrlich, seinen Bruder Ludwig Letsch, sen Schwestern würden bei ihm ihre „Versorgung fin- keiten gewähren. Die Integration lockte, weil sie den te.“28 der den elterlichen Bauernhof in Ostdorf übernom- den.“36 Schließlich umwarb er seinen Bruder37, dass Einzelnen zum Teil eines Ganzen machte. Doch die men hatte, gänzlich von einer Auswanderung ab- dieser seinen ältesten Sohn bei ihm in die Lehre ge- dunkle Seite des Nationalstaats war es, dass jene, die Doch es war sicher nicht nur die Sorge um die Fa- zuhalten: „Lieber Bruder, aus Deinem Schreiben ver- ben könnte und instruierte ihn, dass er einen Pass so- nicht zum Staatsvolk gehörten, ausgegrenzt wurden. milien seiner Geschwister, sondern er nahm selbst auch nehme ich, das Du auch auswandern willst, welches wie einen Taufschein benötigen würde. Außerdem So entwickelte die Idee des Nationalstaats gerade im sein Getrenntsein von seiner Familie wahr. Deshalb ich Dir gar nicht anrate. Du würdest mich und das Land bräuchte er eine Bewilligung, dass er die Tischler-Pro- ostmitteleuropäischen Raum mit seinem vielfältigen sandte er immer wieder Botschaften aus, die da- verfluchen und einen Theil Deines Vermögens als Lehr- fession erlernen dürfe.38 Mosaik an ethnokonfessionellen Gruppen eine enor- hingehend verstanden werden konnten, dass er da- geld aufopfern, besonders in Sibenbürgen, nur sol- me Sprengkraft, die bis heute nachwirkt. rum warb, ihm nachzufolgen. Schon in seinem ers- cherVamilieimBauerstand,dieinihrerHeimathhöchst Doch natürlich berichtete Johann Georg Letsch auch ten Brief informierte er darüber, dass angeblich wei- unkliglich31 leben und niemanden keine Vorwürfe ma- über sein Befinden und seine Lebensumstände. Gleich Gerade das Banat repräsentierte hier als multi- tere deutsche Ortschaften im nächsten Frühjahr in Ser- chen können wie übel es ihnen auch gehen mag, wür- in seinem ersten überlieferten Brief teilte er mit, dass ethnische Region in besonderer Weise das Habs- bien (d. h. in der Militärgrenze) gegründet werden soll- de ich anraten, in dieses Land [zu] ziehen. Hier gibt er wieder bei Kräften sei; vermutlich war er für eine län- burgerreich als Vielvölkerstaat. Die größten ethni- ten. Er versäumte dabei nicht, dass die Siedler evan- es zwar guten Grund und nicht gar theier, das[s] man gere Zeit krank gewesen.39 Er informierte über den Auf- schen Gruppen in dem 1849 gegründeten Kronland gelisch sein sollten, ein wichtiges Argument für aus mit 1.000 Gulden ein schönes Bauerngut mit unge- bau seiner Werkstatt, über seine Heirat, aber auch über „Woiwodschaft Serbien und Temeser Banat“, das nur dem evangelischen Altwürttemberg kommende po- fehr vierzig Morgen kaufen kann; davon bezahlt man seine Schicksalsschläge. So schrieb er, dass seine Frau bis 1860 bestand hatte, waren im Jahre 1850 Ru- tentielle Auswanderer.29 Später korrigierte er sich, dass zwanzig Gulden jehrlich, Zehenten32 gibt man kei- 1846 „zum ersten Mal“ an Christi Himmelfahrt ein mänen mit 404.909, Deutsche mit 354.431, Serben mit solche Gründungen erst in einigen Jahren erfolgen soll- nen, aber Frondienst gibt es genug und das Übelste Mädchen („Megdlein“40 ) geboren hatte, das aber gleich 295.922, Dalmatiner mit Bunjewazen64 38.341, Scho- ten. Doch wieder kam der bezeichnende Satz, dass sich [ist], das[s] der Bauer wie ein Soldat dem Stok un- gestorben sei.41 Ein Jahr darauf gebar sie einen Sohn, katzen65 mit 5.310, Kroaten mit 2.874, Ruthenen mit seine Familie „hier besser befinden“ würde, auch wenn terworfen ist.33 Überlege es gut!“34 der jedoch ebenfalls gleich nach der Geburt ver- 7.408, Slowaken mit 28.048, „andere Slawen“ (ka- die Reise sehr beschwerlich wäre. Aber, so sein wer- starb.42 tholische Bulgaren) mit 13.782, Magyaren (Ungarn) mit Das in Schachbrettform angelegte Franzfeld (ung. Ferenczhalom, serb. Kacarevo) in der Primäran- bender Willkommensgruß: „Ich werde Ihnen weder zu- Jedenfalls war es folgerichtig für ihn, wenn er sich 258.419, „Zigeuner“ mit 13.467 und Sonstige mit 2.438.66 lage von 1791/92 im Deutschbanater Grenzregiment der Militärgrenze sowie der Grundriss eines reden noch abreden, doch wen[n] Sie sich getrauen, auch um Lehrlinge aus seiner Heimat bemühte, die In vielen Briefen von Auswanderern lassen sich In Pest brach bereits zwei Tage nach den Unru- Ansiedlerhofes. Nachzeichnung Karl-Peter Krauss. es zu unternehmen, so werde ich Sie bestens emp- ihm zur Hand gingen. Allerdings sollten sie nicht mehr Rückschlüsse auf ihre Raumwahrnehmung ziehen. In- hen in Wien am 15. März 1848 die Revolution aus. La- Quelle: Roth, Julius: Geschichte der Gemeinde Franzfeld. 2. Auflage. Wien 1954, Beilagen.fangen.“30 Hier verhielt sich Letsch nicht anders als an- der Militärpflicht unterworfen sein.35 1844 bot er an, formationenüberdieAuswanderungsroutenwarenvon jos Kossuth als einer ihrer Führer verlangte in einer Pro- Seite 2081 Heimatkundliche Blätter April 2018 April 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2082

geführt.11 Daraus geht hervor, dass er nur die Nutz- tigkeit. Doch neben den militärischen Funktionen hat- der Johann Jakob Geymüller hatten das Unterneh- größter Bedeutung für nachziehende Migranten, denn nießung des Vermögens seiner am 29. Dezember 1834 te die Militärgrenze seit der Mitte des 18. Jahrhun- men 1804 nach dem Tod des vorherigen Besitzers Pe- Kartenmaterial und Reisebeschreibungen lagen den verstorbenen Frau Katharina, geb. Mayer und ver- derts auch die Aufgabe, das Habsburgerreich vor Seu- ter Ochs in Wien übernommen. einfachen Leuten nicht vor. Damit entstanden in der witwete Letsch innehatte, das jetzt verkauft und an die chen aus dem Osmanischen Reich abzuschirmen. So Wahrnehmung kognitive Karten, die den komplexen Erben verteilt werden sollte. Er hinterließ damit nicht wurden sog. Kontumaz-Stationen eingerichtet. Es wa- Tatsächlich lief die Tischlerei von Johann Georg Raum insbesondere auf die wichtigen Wegstrecken re- nur kein Vermögen, sondern es wurde ausdrücklich ren Quarantänestellen, in denen Reisende viele Ta- Letsch schon kurz nach seiner Niederlassung so gut, duzierten, was natürlich immer eine gewisse Ver- festgehalten, dass seine Stiefkinder weder seine Trink- ge ausharren mussten, bis ihnen eine Weiterreise ge- dass er im Juli 1840 seinen Pflegvater darum bat, ihm ei- zerrung des Raumes mit sich brachte. So beschrieb der noch sonstigen Schulden zurückzahlen müssten. stattet wurde. Die Gesellschaftsordnung dieses Rau- nige Tischlergesellen zu schicken, weil es bei ihm an in das Banat ausgewanderte Nikolaus Frieden die Rei- mes führte dazu, dass noch Mitte des 19. Jahrhun- solchen Gesellen sehr mangeln würde. Das deutet da- seroute aus seiner luxemburgischen Heimat in Grei- derts etwa 98 Prozent der Bewohner in der Militär- rauf hin, dass es ihm an Aufträgen nicht mangel- weldingen43 bis in das Banat: „Die Marsch Rutten44 ist grenze „wehrdienstpflichtige bäuerliche Bevölke- te.17 In einem weiteren Brief aus dieser Zeit berich- diese: Gribämacher45, Drijer46, Mintz47, Franckfurth, Etablierung in Dollowa in der Banater rung“ waren.15 Allerdings hatte dieses militärisch-bäu- tete er, dass er mittlerweile mit drei Gesellen, ei- Regenspurg,Winn,Offen,Segatin48,Cumlosch49,S[ankt] Militärgrenze erliche System auch eine gesellschaftliche Erstar- nem Lehrbuben und sogar einer Köchin wirtschaf- Michlosch50[…] Csanath51, den 5ten November 1768.“52 rung zur Folge, das Handwerker, Händler, Gewer- ten würde, was auf eine sehr gute Auftragslage schlie- betreibende zu Fremdkörpern machte. ßen lässt.18 Auch Johann Georg Letsch gab seinem Bruder ei- Im Februar 1840 berichtete Johann Georg Letsch, Im August 1844 berichtete Letsch voller Stolz, dass ne auf Kernaussagen reduzierte Wegbeschreibung mit, dass er sich als Tischlermeister in Dollowa nieder- Gleichwohl bot der Ort Johann Georg Letsch die er sich endlich verheiratet habe. Ende 1843 hatte der da- damit dessen Sohn, den er als Lehrjungen wünsch- gelassen hatte.12 Der Ort liegt etwa 25 km östlich von Möglichkeit, einen florierenden Betrieb aufzubauen. mals knapp 37-jährige Letsch die erst 16jährige Ju- te, möglichst problemlos zu ihm finden könne. Hier Pantschowa und etwa 45 km östlich von Belgrad. Als So war es nur konsequent von ihm, dass er jetzt um liana Bader aus Franzfeld geheiratet. Er schrieb, dass wird ein Teil seines Originaltextes wiedergegeben: „Die sich Letsch dort etablierte, war Dollowa Teil des sein Erbe in Höhe von immerhin 1.200 Gulden bat.16 auch sie evangelisch sei. Sie kam aus dem 40 km ent- Reisse zu mir ist nicht so schwer, indem man auf dem Deutsch-Banater Grenzregiments in der Banater Mi- Tatsächlich quittierte Letsch den Erhalt eines Wech- fernten Franzfeld, das 1792 mit protestantischen deut- Wasser von Ulm bis Pansova53 fahren kann von wo ich litärgrenze. 1845 kam der Ort zum Illyrisch-Banater selbriefes in Höhe von 1.200 Gulden am 27. Juni 1840 schen Ansiedlern besiedelt worden war und eben- zwei Stunde entfernt bin, nehmlich Du wirst ihn bis Grenzregiment, dessen Sitz sich in Weißkirchen13 be- in Pantschowa. Allerdings beklagte er sich, dass ihm falls im Gebiet des Deutsch-Banater Grenzregiments Ulm führen, bevor Dich aber in Balingen erkunden, fand.14 Die Militärgrenze diente der Sicherung der statt zehn sogar 27 Gulden an Unkosten abgezogen lag. Auch hatte er sich einen Hausplatz mit 20 Klaf- welchen Tag der Ortener54 von Ulm nach Wien ab- Grenzzone gegen das bis in das ausgehende 17. Jahr- worden waren und bat seinen Pflegvater Wörnle, der ter19 Breite und 40 Klafter Länge (ca. 34,4 x 68,8 Me- fahrt um einen Tag früher einzutreffen; in Neu-Ulm hundert offensive Osmanische Reich durch das Habs- Sache nachzugehen. Der Wechsel war über das Bank- ter), insgesamt fast 24 Ar, gekauft und darauf ein Haus habt ihr euch an das Schifamt zu wenden, um den Fuhr- burgerreich. Als sich die Grenzen in der Mitte des 16. haus Stahl & Federer gegangen, das 1795 von Fer- gebaut. Für alles hatte er nur 1.100 Gulden gezahlt. lohn zu akorieren55. Ich habe von Ulm bis Wien 4 fl.56 be- Jahrhunderts etwas stabilisiert hatten, wurden Maß- dinand Stahl und Gottlob Federer als Handelsge- Es war nur ein Bruchteil der Kosten, die ihn Haus und zahlt. Vor Wien wird ihm sein Paß abgenomen, den nahmen zur militärischen und sozialen Sicherung des sellschaft „Stahl & Federer“ in Stuttgart gegründet wor- Hof in Württemberg gekostet hätten. Neben seinem Be- er auf der Polizei wieder abhohlen und nach Pest fi- Grenzgebiets eingeleitet. So entstand eine Grenzer- den war. Nach dem ersten Drittel des 19. Jahrhun- ruf als Tischler begann er außerdem damit, mit Ge- sieren57 lassen muß, in Wien finden sich immer Schif- gesellschaft, die mit Privilegien ausgestattet wurde. Das derts dominierte das Bankgeschäft bei Stahl & Fe- treide zu handeln und bekundete, dass er damit ein gu- fe an der Donau, die einen um billiges Geld nach Pest war eine der Voraussetzungen für die Wiederbe- derer. Gerade Auswanderer aus Württemberg nah- tes Auskommen habe.20 mit nehmen, von Pest nach Semolin58 ebenfals und soll- siedlung des entvölkerten und verödeten Grenzsau- men die Dienste des Bankhauses häufig in An- te er keine Gelegenheit finden, so kann er mit dem mes zum Osmanischen Reich. Diese Gesellschaft kann spruch, wenn sie ihr Vermögen transferieren ließen. Dampf-Schiff herunter fahren, da hat er aber mehr zu am ehesten mit den Begriffen „freier Bauer und Sol- Von Stuttgart lief der Wechsel mit dem für Letsch be- bezahlen. Von Simolin59 nach Pansowa geht alle Ta- dat“ umschrieben werden. Es entstand eine Symbi- stimmten Geld über das Bankhaus Geymüller & Co. Jo- Briefe als Kommunikationsmittel ge ein Schiff herüber, da hat er sechs Bazen60 zu be- ose von militärischer Sicherung und bäuerlicher Tä- hann Heinrich Geymüller (1754-1824) und sein Bru- zahlen, von da ists noch 3 Stunde[n] nach Dollowa. Es were freilich besser, wann er einen Reis Kam- Die Briefe von Johann Georg Letsch sind in mehr- moraten61 hätte,derauchschongewandertistundwann facher Hinsicht charakteristisch für die Korrespon- er einen solchen Tischlergesellen findet, der soll bei denz von Auswanderern aus dem ländlichen Raum. Im- mir Arbeit und einen guten Verdienst haben. Das Rei- mer wieder berichtete der Schreiber über das Wet- se Geld vor Deinen Sohn kannst Du ihm 30 fl. auf mei- ter und die zu erwartende Ernte. Gleich in seinem ers- nen Konto geben und mit 30 fl. hat er hinlinglich ge- ten Brief informierte er darüber, dass sie im Banat „ei- nug. Sechser und Groschen sind über der Beiri- nen angenehmen Sommer“ hatten und dass die Frucht schen Grinze62 nicht mehr gangbar.“63 und der Wein gut geraten seien. Auch habe es bis- lang weder Kälte noch Schnee gegeben.21 Wenige Jah- re später schrieb er, dass sie ein sehr trockenes Jahr hat- ten, wobei der Weinberg gut dastehen würde, aber die Die Revolution und der Mord Frucht nur mittelmäßig sei, hingegen würde es mit dem Gemüsegarten „schlecht stehen“.22 1846 klagte er: „Wir haben hir ein sehr trockenes Frühjahr und die Früch- Der Brief vom 5. März 1848 war wohl das letzte Le- ten23 kommen von Tag zu Tag in höern Preis.“24 benszeichen von Johann Georg Letsch, das seine Fa- milie in Ostdorf von ihm erreichte. Über Europa hat- Was Letsch sehr umtrieb, war das Schicksal sei- ten sich 1848 drohende Wolken der Revolution zu- ner Familie. Immer wieder erkundigte er sich, wie es sammengezogen. Wie ein Flächenbrand sprang der seinen Angehörigen ging. Dabei schimmerte seine Funke der Februarrevolution 1848 in Paris von Frank- emotionale Betroffenheit deutlich zwischen den Zei- reich aus auf die Länder Mitteleuropas über. In der len durch. Offensichtlich lag ihm seine Schwester An- Märzrevolution wurden im Deutschen Bund Rufe nach na Maria besonders am Herzen, die mit ihrer Fa- Brief von Johann Georgetsch an seinen Bruderudwig etsch (U)in stdorf, Dollowa,5. .14. liberalen und demokratischen Reformen laut. For- milie nach Amerika ausgewandert war und dort un- Quelle: StA B,GA stdorf, Pflegschaftsrechnung Johann Georgetsch. derungen nach Aufhebung der Pressezensur und nach ter sehr dürftigen Verhältnissen lebte. Wehmütig der Bauernbefreiung wurden erhoben. Die Idee des Na- schrieb er: „O! ich fühle es, was vor ein kommerli- tionalstaats versprach Partizipation und Integration. ches25 Leben meine liebe Schwester Anna Maria mit ih- dere Auswanderer, die ebenfalls bestrebt waren, fa- den jüngsten Sohn seiner verstorbenen Schwester Eva Teilhabe und Mitwirkung im neuen Staatswesen und rer Vamilie hat, es werden ihr manche Thrienen26 flies- miliäre, dörfliche oder regionale soziale Auswande- Rosina in die Lehre zu nehmen, damit auch er das eine auf der Gewaltenteilung basierende Verfassung sen, wann sie an ihren Geburts-Ort denkt, allwo sie rernetzwerke zu bilden. Doch 1846 war Johann Ge- Tischlerhandwerk erlernen könnte. Aber auch des- sollten dem Individuum freie Entfaltungsmöglich- im Greisse27 ihrer Freindinnen glücklich leben konn- org Letsch so ehrlich, seinen Bruder Ludwig Letsch, sen Schwestern würden bei ihm ihre „Versorgung fin- keiten gewähren. Die Integration lockte, weil sie den te.“28 der den elterlichen Bauernhof in Ostdorf übernom- den.“36 Schließlich umwarb er seinen Bruder37, dass Einzelnen zum Teil eines Ganzen machte. Doch die men hatte, gänzlich von einer Auswanderung ab- dieser seinen ältesten Sohn bei ihm in die Lehre ge- dunkle Seite des Nationalstaats war es, dass jene, die Doch es war sicher nicht nur die Sorge um die Fa- zuhalten: „Lieber Bruder, aus Deinem Schreiben ver- ben könnte und instruierte ihn, dass er einen Pass so- nicht zum Staatsvolk gehörten, ausgegrenzt wurden. milien seiner Geschwister, sondern er nahm selbst auch nehme ich, das Du auch auswandern willst, welches wie einen Taufschein benötigen würde. Außerdem So entwickelte die Idee des Nationalstaats gerade im sein Getrenntsein von seiner Familie wahr. Deshalb ich Dir gar nicht anrate. Du würdest mich und das Land bräuchte er eine Bewilligung, dass er die Tischler-Pro- ostmitteleuropäischen Raum mit seinem vielfältigen sandte er immer wieder Botschaften aus, die da- verfluchen und einen Theil Deines Vermögens als Lehr- fession erlernen dürfe.38 Mosaik an ethnokonfessionellen Gruppen eine enor- hingehend verstanden werden konnten, dass er da- geld aufopfern, besonders in Sibenbürgen, nur sol- me Sprengkraft, die bis heute nachwirkt. rum warb, ihm nachzufolgen. Schon in seinem ers- cherVamilieimBauerstand,dieinihrerHeimathhöchst Doch natürlich berichtete Johann Georg Letsch auch ten Brief informierte er darüber, dass angeblich wei- unkliglich31 leben und niemanden keine Vorwürfe ma- über sein Befinden und seine Lebensumstände. Gleich Gerade das Banat repräsentierte hier als multi- tere deutsche Ortschaften im nächsten Frühjahr in Ser- chen können wie übel es ihnen auch gehen mag, wür- in seinem ersten überlieferten Brief teilte er mit, dass ethnische Region in besonderer Weise das Habs- bien (d. h. in der Militärgrenze) gegründet werden soll- de ich anraten, in dieses Land [zu] ziehen. Hier gibt er wieder bei Kräften sei; vermutlich war er für eine län- burgerreich als Vielvölkerstaat. Die größten ethni- ten. Er versäumte dabei nicht, dass die Siedler evan- es zwar guten Grund und nicht gar theier, das[s] man gere Zeit krank gewesen.39 Er informierte über den Auf- schen Gruppen in dem 1849 gegründeten Kronland gelisch sein sollten, ein wichtiges Argument für aus mit 1.000 Gulden ein schönes Bauerngut mit unge- bau seiner Werkstatt, über seine Heirat, aber auch über „Woiwodschaft Serbien und Temeser Banat“, das nur dem evangelischen Altwürttemberg kommende po- fehr vierzig Morgen kaufen kann; davon bezahlt man seine Schicksalsschläge. So schrieb er, dass seine Frau bis 1860 bestand hatte, waren im Jahre 1850 Ru- tentielle Auswanderer.29 Später korrigierte er sich, dass zwanzig Gulden jehrlich, Zehenten32 gibt man kei- 1846 „zum ersten Mal“ an Christi Himmelfahrt ein mänen mit 404.909, Deutsche mit 354.431, Serben mit solche Gründungen erst in einigen Jahren erfolgen soll- nen, aber Frondienst gibt es genug und das Übelste Mädchen („Megdlein“40 ) geboren hatte, das aber gleich 295.922, Dalmatiner mit Bunjewazen64 38.341, Scho- ten. Doch wieder kam der bezeichnende Satz, dass sich [ist], das[s] der Bauer wie ein Soldat dem Stok un- gestorben sei.41 Ein Jahr darauf gebar sie einen Sohn, katzen65 mit 5.310, Kroaten mit 2.874, Ruthenen mit seine Familie „hier besser befinden“ würde, auch wenn terworfen ist.33 Überlege es gut!“34 der jedoch ebenfalls gleich nach der Geburt ver- 7.408, Slowaken mit 28.048, „andere Slawen“ (ka- die Reise sehr beschwerlich wäre. Aber, so sein wer- starb.42 tholische Bulgaren) mit 13.782, Magyaren (Ungarn) mit Das in Schachbrettform angelegte Franzfeld (ung. Ferenczhalom, serb. Kacarevo) in der Primäran- bender Willkommensgruß: „Ich werde Ihnen weder zu- Jedenfalls war es folgerichtig für ihn, wenn er sich 258.419, „Zigeuner“ mit 13.467 und Sonstige mit 2.438.66 lage von 1791/92 im Deutschbanater Grenzregiment der Militärgrenze sowie der Grundriss eines reden noch abreden, doch wen[n] Sie sich getrauen, auch um Lehrlinge aus seiner Heimat bemühte, die In vielen Briefen von Auswanderern lassen sich In Pest brach bereits zwei Tage nach den Unru- Ansiedlerhofes. Nachzeichnung Karl-Peter Krauss. es zu unternehmen, so werde ich Sie bestens emp- ihm zur Hand gingen. Allerdings sollten sie nicht mehr Rückschlüsse auf ihre Raumwahrnehmung ziehen. In- hen in Wien am 15. März 1848 die Revolution aus. La- Quelle: Roth, Julius: Geschichte der Gemeinde Franzfeld. 2. Auflage. Wien 1954, Beilagen.fangen.“30 Hier verhielt sich Letsch nicht anders als an- der Militärpflicht unterworfen sein.35 1844 bot er an, formationenüberdieAuswanderungsroutenwarenvon jos Kossuth als einer ihrer Führer verlangte in einer Pro- Seite 2083 Heimatkundliche Blätter April 2018

klamation bürgerliche und nationale Freiheiten. Ziel rosch am 2. Oktober 1849 politisch war der Übergang vom Ständestaat zum National- nicht hervor. Den deutschen Ge- staat. Weitere Forderungen waren die Gleichheit vor meinden Glogon, Jabuka und Franz- dem Gesetz, die allgemeine Steuerpflicht (der Adel war feld im Deutsch-Banater Grenzre- steuerfrei), die Abschaffung der Leibeigenschaft, die giment wurde Neutralität zugesagt, Pressefreiheit u. a. Doch eine schwere Hypothek war in Pantschowa legte die deutsche Be- die Weigerung der revolutionären Regierung, den eth- völkerung einen Eid ab, dem Kai- nischen Minderheiten nationale Rechte zuzugeste- ser treu zu bleiben und den Ser- hen. Nach der Auflösung des ungarischen Ministe- ben Freundschaft zu gewähren. Wie riums und der Aufhebung der verabschiedeten Ap- unübersichtlich die Lage war, zeigt Jahrgang 65 30. April 2018 Nr. 4 rilgesetze durch den Wiener Hof, der Verhängung des sich, dass sich in Weißkirchen im Il- Kriegsrechts in Ungarn und der Verleihung aller Voll- lyrisch-Banater Regiment die deut- machten an den Banus von Kroatien, Josip Jela?i?, war sche Bevölkerung auf die ungari- eine militärische Auseinandersetzung unausweich- sche Seite schlug. Die Deutschen in lich geworden. Im Frühjahr 1849 erzielten die un- diesem Raum gerieten in dieser kom- garischen Revolutionstruppen gegenüber dem habs- plexen, multipolaren ethnopoliti- burgischen Heer militärische Erfolge. Am 19. April 1849 schen Konfliktkonstellation zwi- wurde vom ungarischen Restparlament in Debrecen schen alle Fronten. Zunächst schien Ungarn als Sehnsuchtsraum die Unabhängigkeitserklärung verabschiedet. Kaiser es so auszusehen, dass Serben und Franz Joseph ersuchte den Zaren Nikolaus I. um Waf- Deutsche in der Militärgrenze kon- fenhilfe. Erst danach konnte das ungarische Revo- form agierten. Doch seit April 1848 Johann Georg Letsch (1807-1849) aus Ostdorf: Die Auswanderung in das Banat lutionsheer besiegt werden. wuchsen die ethnischen Spannun- und sein tragischer Tod in der Revolution, Teil 1 - Von Karl-Peter Krauss Schon im Frühjahr 1848 hatten sich die Unab- gen. Zunehmend sahen sich Deut- hängigkeitsbestrebungen von Ungarn gegenüber der sche von serbischen Drohgebärden, Habsburgermonarchie abgezeichnet. Doch als die Ser- auch gegenüber ihrem Besitz, be- Im 18. Jahrhundert war das Königreich Ungarn ei- ben im Süden des Königreiches größere Autono- droht. Bürgerkriegsähnliche Zu- nes der Hauptziele von Auswanderern aus dem Sü- mierechte durchsetzen wollten und ihnen dies ver- stände und Plünderungen durch Zi- den und Westen des Heiligen Römischen Reiches Deut- weigert wurde, kam es am 15. Mai 1848 zur Pro- vilisten und Militär waren allge- scher Nation. Es waren vor allem landarme dörfli- klamation einer „Serbischen Wojwodschaft“ durch die genwärtig. Neben die militärischen che Unterschichten, recht häufig Handwerker, die ne- Serben in Südungarn und einem offenen militäri- Kämpfe traten Auseinandersetzun- benher noch eine kleine Landwirtschaft betrieben, die schen Aufstand. Angeheizt wurde der Konflikt durch gen in den gemischtethnischen Or- ihr Glück und wirtschaftliches Auskommen in der die Unzufriedenheit weiter Bevölkerungsteile in der ten mit vielerlei Übergriffen, Re- Ethnische Gruppen in der „Woiwodschaft Serbien und Temeser Fremde suchten. Sie folgten dem Ruf der ungari- Militärgrenze. Die Deutschen in diesem Raum tra- pressalien, Kontributionen und Mor- Banat“, 1850. schen Könige aus dem Hause Habsburg und dem un- ten bis zu der sog. „Schwabenpetition“ vom Boga- den. (Fortsetzung folgt) garischer Adliger, weil ihnen in Ungarn der Erwerb oder die Übergabe einer Bauernwirtschaft in Aussicht ge- stellt wurde. Erst im zweiten Drittel des 19. Jahr- hunderts wurde Nordamerika zum begehrten Haupt- zielland der meisten Auswanderer aus dem deut- schen Süden. Dennoch hielt die Individualauswan- Veranstaltungen und Exkursionen derung nach Ungarn an. Nicht selten waren es Hand- werksburschen auf der Wanderschaft, die auf ihrer Rei- se nach Ungarn gekommen waren und sich schließ- Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung im Mai und Juni lich niederließen. Dort bot sich ihnen oft die Chan- ce, eine der begehrten Meisterstellen zu erhalten und MAI schnitten eröffnet. Bis 1969 konnte man vom Echaztal wirtschaft. Im zentralen Bereich des Geländes befin- sich dauerhaft zu etablieren. Denn in vielen Regio- auf der berühmten Zahnradbahn Honau – Lichten- den sich der Abbundplatz und die Holzkirche. Bus- nen des Königreiches waren Handwerker gesuchte stein die Alb-Hochfläche erklimmen. Weiter geht es fahrt. Balingen, an der Stadthalle, 8.30 Uhr. Albstadt- Fachleute, zumal es noch im ausgehenden 18. Jahr- Donnerstag, 31. Mai (Fronleichnam): Tagesexkursi- nach Offenhausen zum Gestütsmuseum in der histo- Ebingen, Busbahnhof, 9 Uhr. Umlage 35 Euro für Fahrt, hundert in Ungarn rein quantitativ mehr als dop- on mit Albrecht Dorow. Eisenbahnexkursion nach rischen Klosterkirche, die über 170 Jahre als Lager- Eintritte und Führungen. pelt so viele Adlige als Handwerker gab.1 Seit dem To- Münsingen mit der Besichtigung von bahntypischen halle genutzt wurde. In Offenhausen gibt es außer- leranzedikt von Joseph II. 1781 wurden Protestanten Kleindenkmalen (historische Bahnhöfe, Lokomoti- dem die Möglichkeit eines kurzen Spaziergangs zur auch offiziell in den Kameral- oder königlichen Kam- ven, Waggons, Stellwerke und Signalanlagen). idyllisch gelegenen Lauterquelle. Die anschließende mergütern aufgenommen. Doch schon zuvor hatten Die Exkursion unter der bewährten Leitung von Alb- Bahnfahrt führt am frisch rekonstruierten Bahnhof STAMMTISCHE verschiedene ungarische Magnaten auch protestan- recht Dorow führt zunächst nach Münsingen und zum Kohlstetten über Engstingen und Trochtelfingen, dem tische Ansiedler auf ihren Grundherrschaften ange- dortigen Bahnhofsensemble. Es gibt in Württemberg Mägerkinger Stausee, der Gedenkstätte Grafeneck (für siedelt. kaum noch einen anderen Bahnhof, auf dem nahezu al- die Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen im National- Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich le Hochbauten der Königlich Württembergischen sozialismus) und die Mariaberger Heime nach Gam- unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- Staats-Eisenbahn aus der Eröffnungszeit erhalten ge- mertingen. Bahnfahrt. Abfahrt Balingen 8.08 Uhr; Alb- ger Stammtisch um 15 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Johann Georg Letsch: Zwischen zwei blieben oder wieder rekonstruiert worden sind. Das stadt-Ebingen 8.32 Uhr. Umlage 30,00 Euro für Fahrt, nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Telefon Welten Empfangsgebäude beherbergt u.a. den originalen Eintritte und Führungen. 07431/4188. Fahrkartenschalter oder das historische Kurbelstell- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- Die „neue Heimat“ von Johann Georg Letsch in der Banater Militärgrenze. Die heutigen Staatsgrenzen sind zur Orientierung einge- werk der Bauart Esslingen aus dem Jahre 1907. Ein wei- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Johann Georg Letsch wurde am 26. Dezember 1807 zeichnet. Kartografie: Richard Szydlak, Karl-Peter Krauss. terer Höhepunkt ist der neu erbaute Lokschuppen. En- 72461 Albstadt, Telefon 07432/6807. Email: anfra- um 4.00 Uhr morgens in Ostdorf geboren. Noch am glei- de der 1960er Jahre wurde das Vorgängergebäude ab- JUNI [email protected] oder gescha- chen Tag wurde das Kind getauft.2 Seine Eltern wa- zwischen befand er sich in Pantschowa6 in der Ba- dieSchmähwortedurchausvorlesensollte.Erkamnicht gebrochen. Das neue Gebäude fügt sich in Farbge- [email protected] sowie ren der gleichnamige Bauer Johann Georg Letsch und nater Militärgrenze, dem Sitz des Deutsch-Banater darüber hinweg, dass seine Familie wegen des Stief- bung, Gestaltung und Architektur hervorragend in das über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- Katharina, geb. Mayer. Johann Georg Letsch jun. kam Grenzregiments und wohnte im Gasthof zum Schwar- vaters in der ganzen Welt zerstreut sei. Ohne den Stief- Gesamtensemble ein. Die Nebenbahn Reutlingen- Sonntag, 10. Juni: Tagesexkursion mit Bettina Zun- einigung.de. als viertes Kind der Familie zur Welt. Die älteste Toch- zen Adler. Seine hoffnungsvollen Zukunftspläne fan- vater, so mutmaßte er, wäre seine Schwester noch zu- Münsingen-Schelklingen, eine der interessantesten in del. Schloss Meßkirch – Campus Galli. ter Katharina hatte den Schreiner Georg Schuler ge- den darin ihren Ausdruck, dass er seinen Pfleger er- hause. Er verlangte von seinem Pfleger, dass er sei- Württemberg wurde von 1892 bis 1901 in mehreren Ab- DieExkursionführzunächstzumehemaligenSchloss Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. heiratet und lebte in Leidringen im damaligen Ober- mahnte, sein Geld auf unbestimmte Zeit in Balin- nem Stiefvater Kiefer, der sich in das Haus „ge- der Grafen von Zimmern, das in seinen Ursprüngen amt Sulz. Der nächstälteste Sohn namens Ludwig über- gen gegen Zins anzulegen. Auch teilte er potentiel- schlichen“ habe, verbot, ihn als „seinen Ungarn“ zu be- bis in die Jahre um 1400 zurückreicht. Mit der Kreis- nahm den elterlichen Hof. Damit entsprach Johann Ge- len Auswanderern aus seiner Verwandtschaft mit, dass zeichnen, denn er wollte mit diesem „Saumagen“ kei- kunstgalerie des Landkreises Sigmaringen, dem Mar- org dem charakteristischen sozioökonomischen Pro- in diesem Raum weitere deutsche Siedlungen an- ne Gemeinschaft haben. Er wünschte, dass sein Stief- tin-Heidegger-Museum und dem Oldtimermuseum Herausgegeben von der fil eines potentiellen Auswanderers. Er besaß zu we- gelegt werden sollten.7 vater „gr[epieren]“ solle. Und wenn er mit einem sol- werden Ausstellungen für die unterschiedlichsten In- Heimatkundlichen Vereinigung nig ererbtes Land, um als Bauer überleben zu kön- Doch neben der Aufbruchsstimmung verfiel Jo- chen Unmenschen hätte umgehen können, dann hät- teressen angeboten. Anschließend geht es zur ganz in Zollernalb nen und musste ein Handwerk erlernen. Allerdings ver- hann Georg Letsch mitunter in Wehmut über seine zer- te er ihn in dieses Land, nach Ungarn, gelockt. Dort hät- Die Autoren dieser Ausgabe derNähegelegenenKlosterbaustelleCampusGalli.Hier sprachen die Verdienstmöglichkeiten als Handwer- rissene Familie. Große Sorgen machte er sich über sei- te er sich in einem halben Jahr die „Gurgel“ „ab- entsteht Tag für Tag ein Stück Mittelalter: Handwer- Vorsitzender: ker auf dem Land wenig Gewinn, denn die Kon- ne Schwester Anna Maria, die mit ihrer Familie arm gesoffen“ und die Familie hätte diesen „unnüzen Brod- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, ker und Ehrenamtliche schaffen mit den Mitteln des kurrenz war groß und die Preise tief.3 So hatte sich Jo- und unglücklich in Amerika ihr Leben fristete. Er be- Fresser“ los gehabt.10 Seine harte Reaktion gibt zu- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 9. Jahrhunderts ein Kloster auf Grundlage des St.Gal- hann Georg Letsch mehrere Jahre auf Wanderschaft be- dauerte, dass sie nicht mit ihm nach Ungarn ge- gleich einen Einblick in seine emotionale Betrof- Dr. Karl-Peter Krauss ler Klosterplans. Dieser Plan ist weltberühmt, ge- Geschäftsführung: geben. Am 21. Dezember 1837 war er schließlich nach kommen war, denn hier würde man noch genug Fel- fenheit über die familiäre Situation, denn sein Vater Jo- zeichnet wurde er vor 1200 Jahren nicht weit entfernt, Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, Ostdorf zurückgekehrt. Damals brachte er Kleider und der „in einer guten Gegend“ und umsonst Bauholz be- hann Georg Letsch sen. war schon am 26. Januar 1811 Institut für donauschwäbische Geschichte und auf der Insel Reichenau. Hier bei Meßkirch erwacht 72461 Albstadt, Gold aus Ungarn mit, die er sich dort erarbeitet und er- kommen. Auch war er traurig, dass er von ihr noch im- verstorben. Damals war der kleine Johann Georg Letsch Landeskunde nun ein Stück Geschichte zum Leben: ohne Maschi- Telefon (0 74 32) 68 07 spart hatte.4 Da er volljährig war, wurde ihm sein Ver- mer keine Nachricht bekommen hatte.8 Verant- jun. gerade drei Jahre alt. Seine Mutter lebte bis 1834. Mohlstraße 18 nen, ohne modernes Werkzeug. Ochsen ziehen Baum- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- mögen ausgehändigt, doch er beließ es zunächst in wortlich für die familiäre Situation machte er sei- Johann Georg Letsch war damit 1837 im Alter von 30 72074 Tübingen stämme zur Baustelle, es werden Holzbalken mit Äx- vereinigung.de der Hand seines Pflegvaters5 Johann Georg Wörnle. nen Stiefvater. Am Ende eines Briefes aus dem Jahr Jahren kurzzeitig in seine Heimat zurückgekehrt, oh- ten behauen und aus der Schmiede ertönt der klin- Schon wenige Monate später schrieb er diesem ei- 1840 schilderte er in drastischen Worten, was er über ne noch ein Elternhaus zu haben, in dem er sich zu- gende Ton des Amboss. Alles muss von Hand ge- Redaktion: nen Brief, der mit dem 26. Juni 1838 datiert war. Vol- diesen Mann dachte.9 An jenen Mann, es war Mi- hause fühlte. macht werden, alles ist mühsamer und geht langsa- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, ler Zuversicht berichtete Letsch, dass er sich inzwi- chael Kiefer, im Dorf als ‘Gausenmichel’ bekannt, woll- Als der Stiefvater am 23. März 1848 im Alter von 66 mer als heutzutage. Entlang des Rundwegs begegnen 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 schen viele Werkzeuge gekauft habe und sich be- te er keinen Gruß sagen. Am Ende seines Schrei- Jahren verstarb, wurde vor dem Gerichtsnotar und dem wir den Werkstätten der Handwerker und der Land- absichtige, im Frühjahr als Meister niederzulassen. In- bens beschimpfte er ihn und schrieb, dass man ihm Waisengericht eine Realteilung des Vermögens durch- Seite 2087 Heimatkundliche Blätter Mai 2018 pelte Begründung der Serbischen Wojwodschaft 1848- Serbischen Wojwodschaft 1848-1851. Ethnopolitik im (76)HierfehlteinSatzteil. 1851. Ethnopolitik im Habsburgerreich. In: Clewing, Habsburgerreich. In: Clewing, Konrad; Schmitt, Oliver (77)Brief von Konrad Schütz an Ludig Letsch [?] in Konrad; Schmitt, Oliver Jens (Hg.): Südosteuropa. Von Jens (Hg.): Südosteuropa. Von vormoderner Vielfalt und Ostdorf,Dollowa24.10.1849. vormoderner Vielfalt und nationalstaatlicher Verein- nationalstaatlicher Vereinheitlichung. Festschrift für (78)In den Briefen wurde sie immer Karolina be- heitlichung. Festschrift für Edgar Hösch. München EdgarHösch.München2055,S.253-302,hierS.255. nannt. 2055, S. 253-302, hier S. 270f. Zur ethnischen Struktur (72)Ung.Galagonyás,serb.Glogonj,heuteVojvodina, (79)Brief von Juliana Letsch, geb. Bader an ihren des Banats seit Ende des 19. Jahrhunderts siehe auch: Serbien. Schwager Ludwig Letsch in Ostdorf, Dollowa, Wolf, Josef: Entwicklung der ethnischen Struktur des (73)Ung. Torontálalmás. „Jabuka“ ist der serbische 12.02.1857. Banats1890-1992.Wien2004,hierS.193. Begrifffür„Apfel“. (80)Brief von Johann und Juliana Broth, verwitwete (67)HeuteBudapest. (74)Brieffragment eines Nachbarn von Johann Georg Letsch, an den Schwager Ludwig Letsch in Ostdorf, Dol- (68)Der höchste Repräsentant der in Wien residie- Letsch an dessen Bruder Ludwig Letsch [?], Dollowa, ca. lowa,12.07.1857. rendenhabsburgischenMonarcheninKroatien. Januar1850.MehrereTeiledesgefaltetenBriefessindan (81)VermutlichserbischeGrenzsoldaten. Jahrgang 65 31. Mai 2018 Nr. 5 (69)Siehe: Nehring, Karl: Revolution von 1848/49 denFaltstellenabgerissenundfehlen;ebensodiezweite (82)ImBriefsteht„Magen“. (Ungarn). In: Hösch, Edgar; Nehring, Karl; Sundhaus- Seite des Briefes und die Angabe des Datums. Der Kon- (83)Ung.Homokos,serb.Mramorak. sen, Holm (Hg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuro- text sowie die Altersangabe der Tochter von Juliana und (84)„Lieber Schwager, ich häte ihm noch viel zu pas.Wien,Köln,Weimar2004,S.573-574. JohannGeorgLetschdeutenaufdenJanuar1850. schreiben, den wen ich ales schreiben möchte was wir (70)Milleker, Felix: Geschichte der Banater Militär- (75)Hier fehlen über zehn Zeilen. Der Schreiber be- für eine Noth geliten haben in der Refuluziun [Revoluti- grenze1764-1873.Pan?evo1925,S.197. richtet, dass die ungarischen Truppen im Mai immer on], so häte ich ein ganzen Tag zu schreiben, [und] so (71)Clewing, Konrad: Die doppelte Begründung der nähergekommensindundIhnenderSieggewissschien. wereesdochnichtalles.“ Aufstand in der Fastnacht - Tote an der Grenze Veranstaltungen und Exkursionen Der Kampf um Rechte in der Frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung im Juni und Juli Von Dr. Andreas Zekorn

JUNI Baustelle, es werden Holzbalken mit Äxten behauen und -platten sowie Epitaphien, das sind Denkmale für Der Tag der Archive 2018, an dem sich das Kreisarchiv und aus der Schmiede ertönt der klingende Ton des Verstorbene. Über 40 solcher Kleindenkmale sind in Zollernalbkreis am 4. März beteiligte, stand unter dem Eine 180 cm hohe Stele aus Seedorfer Buntsandstein Amboss. Alles muss von Hand gemacht werden, alles Balingen erhalten. Eine nicht geringe Anzahl ist aber Motto „Demokratie und Bürgerrechte“. Dieses Motto verschönert seit dem Jahr 2000 den Dorfplatz in Owin- Sonntag, 10. Juni: Tagesexkursion mit Bettina Zun- ist mühsamer und geht langsamer als heutzutage. Ent- in den letzten hundert Jahren verloren gegangen. Hin- wird in dem vorliegenden Beitrag, der auf einen Vortrag gen vor der Zunftstube des „Aubenger Narraverei“. Un- del. Schloss Meßkirch – Campus Galli. lang des Rundwegs begegnen wir den Werkstätten der ter jedem Denkmal stehen trauernde Angehörige und zugeht, den der Verfasser am Tag der Archive hielt, mit ter der Reliefdarstellung eines Fuchskopfes ist die In- DieExkursionführzunächstzumehemaligenSchloss Handwerker und der Landwirtschaft. Im zentralen Be- geliebte, verstorbene Menschen. Es zeichneten sich er- einem anderen größeren Projekt des Kreisarchivs in schrift eingemeißelt: AUBENGER / FUCHSFEITEG 8. der Grafen von Zimmern, das in seinen Ursprüngen reich des Geländes befinden sich der Abbundplatz und schütternde Einzelschicksale ab. Dr. Ingrid Helber hat Verbindung gebracht. Das Kreisarchiv Zollernalbkreis OKTOBER 1699 - 1999. Gestiftet wurde die Stele von den bis in die Jahre um 1400 zurückreicht. Dort besuchen die Holzkirche. Busfahrt. Balingen, an der Stadthalle, alle noch auf den Denkmalen vorhandenen Texte do- bereitet gerade eine Publikation vor, die im Sommer Familien Ruppert und Bossenmaier. Eingetiefte Dar- wir die Kreisgalerie im Schloss Meßkirch mit entspre- 8.30 Uhr. Albstadt-Ebingen, Busbahnhof, 9.00 Uhr. kumentiert, teilweise aus dem Lateinischen übersetzt 2018 unter dem Titel „Schätze am Wegesrand. Klein- stellungen von Fuchsspuren überziehen mindestens chenden Künstlern. Die Präsentation an Kunstschät- Umlage 35,00 Euro für Fahrt, Eintritte und Führun- und analysiert. Aufgrund ihrer seit über 25 Jahren prak- denkmaleim Zollernalbkreis“erscheinensoll. Der Band zweiSeitenderStele.DieStelespieltaufeinenhistorisch zen birgt in sechs Abteilungen ausgewählte Werke aus gen. tizierten Erforschung archivalischer Texte zu Balingen erscheint in der Reihe B der vom Zollernalbkreis he- belegten Streit der Owinger mit ihrer Obrigkeit, dem der Kunstsammlung des Landkreises Sigmaringen mit konnte sie viele neue Erkenntnisse gewinnen und man- rausgegebenen Zollernalb-Profile. In dieser Publikation Fürsten von Hohenzollern-Hechingen an und steht ak- einer Bandbreite von der gotischen Plastik und baro- che Wissenslücken schließen. Lebensbilder Balinger werdendieFrüchtederErhebungderKleindenkmaleim tuellinVerbindungmitdemOwingerNarrenverein. cken Altartafelbildern bis zu Werken zeitgenössischer Bürgerinnen und Bürger konnten niedergeschrieben Landkreis in den Jahren 2010 bis 2014 präsentiert. Hel- Kunstschaffender. Kunstsammlung und Kreisgalerie JULI werden. Allgemein finden die Grabsteine und Denk- mut Lorenz und der Verfasser des vorliegenden Beitrags Der Konflikt besitzt folgenden Hintergrund: Die Ge- gewinnen ihr besonderes Profil durch drei Samm- male wenig Beachtung, sind aber kunsthistorisch und wählten als Projektkoordinatoren ungefähr 450 Klein- schichte der Grafschaft Zollern, ab 1623 des Fürsten- lungsschwerpunkte: Der aus Mengen stammende Ku- historisch von großer Bedeutung. Nach Inaugen- denkmale aus, die in dem Buch näher vorgestellt wer- tums Hohenzollern-Hechingen, wurde von einem bist und Pionier des modernen Holzschnitts Gottfried Sonntag, 8. Juli: Fahrrad-Halbtagesexkursion mit Dr. scheinnahme der erhaltenen Denkmale in und bei der den. Es erschien nun reizvoll, das Motto des Tags der Ar- grundlegenden Widerspruch bestimmt: Die kleine Graf (1881 – 1938) ist neben Ölbildern und Aquarellen Karl Kleinbach und Dr. Michael Walther. Auf den Spu- Friedhofkirche geht es in einem kurzen Fußmarsch in chive „Bürgerrechte“ mit den Kleindenkmalen zu ver- Grafschaft bot keine ausreichende wirtschaftliche Basis mit einem breiten Querschnitt von Holzschnitten und ren des Unternehmens „Wüste“ in Engstlatt und Bi- die Innenstadt. Nach einer Pause, bei der man sich stär- binden. Dazu wurden zwei Themenbereiche ausge- für das Repräsentationsbedürfnis und die Verpflich- Radierungen vertreten. Zu dem in Sigmaringendorf singen (zusammen mit der KZ-Gedenkstätte Bisin- ken kann, wird Dr. Ingrid Helber die Kleindenkmale wählt, die sich berühren: Zum einen sind es Denkmale, tungen einer Hochadelsfamilie. Zudem war die Graf- aufgewachsenen Bildhauer Anton Hiller (1893 – 1985) gen und dem AK „Wüste“ Balingen). in der Stadtkirche erläutern. Treffpunkt 14.00 am Ein- dieandieAufständeinderGrafschaftZollernvom16.bis schaft seit der hohenzollerischen Erbteilung 1576 mit kann die Kreisgalerie neben Bildhauerzeichnungen ei- Die Exkursion beginnt in Balingen-Engstlatt. Dort gang der Friedhofskirche in Balingen. Teilnahme frei. ins 18. Jahrhundert erinnern, zum anderen Denkmale, einer hohen Schuldenlast beladen. Seit dem 16. Jahr- ne dichte Abfolge von Bronze- und Holzplastiken von werden die flächenmäßigen Dimensionen eines „Wüs- die im Kontext mit den Auseinandersetzungen um die hundert versuchten die Grafen und Fürsten ihre Ein- figürlichen Anfängen bis hin zu einer weitreichenden te“-Werks aufgrund der weitfluchtenden landschaft- Freie Pirsch im Grenzgebiet zwischen der Grafschaft künfte aus der Grafschaft auf Kosten der bäuerlichen Reduzierung von Form und Ausdruck im Alterswerk lichen Situation besonders greifbar. Nur auf den ers- Zollern und Württemberg stehen. Wegen dieser Ausei- Untertanen zu steigern und Lasten auf diese abzuwäl- vorweisen. Dem in Herkunft und Jugend eng mit Sig- ten Blick ist das Gebäude einer ehemaligen Transfor- STAMMTISCHE nandersetzungen gab es zahlreiche Tote. Es sind damit zen. Es gab deshalb als Gegenreaktion zahlreiche, zum maringen und dem oberen Donautal verbundenen Ma- matorenstationdaseinzigenocherhalteneBauwerkdes in beiden Fällen Denkmale, die daran erinnern, dass es Teil gewaltsame Untertanenrebellionen, die 1584 in ler Albert Birkle (1900 – 1986) ist ein dritter Schwer- Unternehmens „Wüste“ auf Engstlatter Gemarkung. auch in der Frühen Neuzeit, also in der Zeit vom 16. bis Owingen begannen und die nie grundlegend beigelegt punkt gewidmet, der neben Ansichten der heimischen Tatsächlich ist noch wesentlich mehr zu sehen, wie bei- Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich zum 18. Jahrhundert, Bürgerrechte gab, um die es da- wurden, beispielsweise mit dauerhaft gültigen Verträ- Landschaft Werke im Stil des expressiven Realismus spielsweise die vielen Bodenfunde beweisen, die in den unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger mals nicht nur gerichtliche Auseinandersetzungen gab, gen. Die Auseinandersetzungen verliefen vorwiegend aus seiner wichtigsten Schaffensperiode in den 1920er letzten Jahren im benachbarten Ried, wo sich das Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- sondernauchgewaltsame. zwischen der bäuerlichen Bevölkerung und der Herr- Jahren enthält. Anschließend geht es zur ganz in der Nä- „Wüste“-Werk 3 befunden hat, ans Tageslicht ge- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. schaft. Die Stadt Hechingen verhielt sich in der Regel he gelegenen Klosterbaustelle Campus Galli. Hier ent- kommen sind. Die Teilnehmer lernen dabei auch die Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- eher zurückhaltend, vor allem deshalb, weil ihre Ver- steht Tag für Tag ein Stück Mittelalter: Handwerker und unterschiedlichen Herangehensweisen der Aufarbei- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, waltungsspitze vom Fürsten maßgeblich kontrolliert Ehrenamtliche schaffen mit den Mitteln des 9. Jahr- tung eines solchen Rüstungsprojekts kennen, das im 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- wurde. hunderts ein Kloster auf Grundlage des St.Galler Klos- Sommer 1944 begonnen hat und im Frühjahr 1945 [email protected] oder gescha- UntertanenkonflikteinderGrafschaft terplans. Dieser Plan ist weltberühmt, gezeichnet wur- schon wieder beendet war. [email protected] sowie Zollern-DenkmalevonNarrenvereinen EntscheidendfürdenAblaufderKonfliktewar,dassin de er vor 1200 Jahren nicht weit entfernt, auf der Insel Anschließend geht es ins Bisinger Museum, dem Sitz über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- der reichsunmittelbaren Grafschaft Zollern Herrschaft Reichenau. Hier bei Meßkirch erwacht nun ein Stück des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen. Nach einer einigung.de. und Untertanen direkt aufeinanderstießen. Vermit- Geschichte zum Leben: ohne Maschinen, ohne mo- kurzer Einführung zur Geschichte des dortigen KZ-Au- telnde Instanzen waren Kommissionen und ab 1699 dernes Werkzeug. Ochsen ziehen Baumstämme zur ßenlagers und „Wüste“-Werks besucht die Gruppe aus- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. DerOwingerFuchsfeiertag insbesondere die höchsten Reichsgerichte, das Reichs- gewählte Orte und Überreste des ehemaligen Öl- kammergerichtinWetzlarundderWienerReichshofrat, schiefergeländes, wozu das ehemalige KZ-Lagerge- ZunächstseiendiebeidenKleindenkmalevorgestellt, die ihre Entscheidungen aber häufig nicht effizient lände, Meilerfeld, Ölbehälter, Gebläsestation, Ab- die an die Untertanenkonflikte in der Grafschaft Zollern durchsetzen konnten. Anlass für den Prozess von 1699 bruchkante sowie das Gelände der ehemaligen Mas- Herausgegeben von der erinnern. Die Geschichte dieser Grafschaft vom 16. war eben jener Fuchs, den die Owinger sich weigerten sengräber gehören. Treffpunkt 10.00 Uhr in Balingen- Heimatkundlichen Vereinigung Jahrhundert bis zu den Jahren 1795/98 wurde von einer für den Fürsten auszugraben, weil sie gemäß der Engstlatt, Dahlienstr. 25 (Privathaus Kleinbach). Teil- Zollernalb nahezu ununterbrochenen Reihe von Auseinanderset- schriftlichen Verträge, die zwischen dem Fürsten und Die Autoren dieser Ausgabe nahme frei. zungen zwischen den Grafen und ab 1623 Fürsten von ihren Untertanen bestanden, zu einer derartigen Fron- Vorsitzender: Hohenzollern-Hechingen und ihren Untertanen ge- leistung nicht verpflichtet waren. Die Weigerung der Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, prägt. Die Konflikte wurden teils gerichtlich, teils ge- Owinger, die eine alte Widerstandstradition besaßen, 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 waltsam ausgetragen und schließlich mit Verträgen hatte weitreichende Folgen. Nachdem der Fürst mit Dr. Karl-Eugen Maulbetsch Freitag, 13. Juli: Halbtagesexkursion mit Dr. Ingrid Geschäftsführung: beigelegt. An diese Geschichte erinnern heute zwei harten Sanktionen reagiert und einen neuen Fronbrief Am Stettberg 9 Helber. „… und hier ist die Pforte des Himmels“. Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, Denkmale, die von Narrenvereinen initiiert wurden. Es aufgezwungen hatte, klagten die Owinger beim Reichs- 72336 Balingen Kleindenkmale und Grabsteine in und bei der Fried- 72461 Albstadt, handeltsichumeineStelemiteinemFuchskopfaufdem kammergericht und hatten einen gewissen Erfolg. Ein hofskirche und in der Stadtkirche in Balingen. Telefon (0 74 32) 68 07 Dorfplatz in Haigerloch-Owingen, der sich auf das Jahr reitender Bote des Reichskammergerichts überbrachte Die Balinger Kunsthistorikerin und Historikerin stellt E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- 1699 bezieht, als eine Reihe von Prozessen und Revolten zu Beginn des Jahres 1700 ein Mandat des Gerichts, das Dr. Peter Thaddäus Lang Auszüge aus ihren Forschungsergebnissen vor. Seit ei- vereinigung.de begann, die in Owingen ihren Anfang nahm. Der Nar- die Owinger von ihrem Untertaneneid entband, soweit Lammerbergstraße 53 nigen Jahren widmen sich viele Institutionen und Fach- renbrunnen in Bisingen bezieht sich auf das Ende der dieser der Klageerhebung entgegenstand, und den Un- 72461 Albstadt leute der Erforschung von Kleindenkmalen. Im Jahr Redaktion: Revolten im Jahre 1798, als der Landesvergleich abge- tertanen sicheres Geleit zusagte. Bei 900 Reichstalern 2018 bietet die Heimatkundliche Vereinigung Zoller- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, schlossen wurde, dem die Bisinger aber nicht beitraten Strafe wurde dem Fürsten verboten, einen Owinger Un- nalb einige Exkursionen zu Kleindenkmalen in der Um- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 und deshalb bis heute den Namen „Nichthuldiger“ tra- Die Stele auf dem Owinger Dorfplatz. tertanen festzunehmen und an der Klageführung zu gebung an. Zu dieser Gattung zählen auch Grabsteine gen. Foto: Kreisarchiv hindern. Der neue Fronbrief, den der Fürst den Owin- Seite 2085 Heimatkundliche Blätter Mai 2018 Mai 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2086 gern aufgezwungen hatte, wurde für null und nichtig DerLandesvergleichvon1798undDie Die Skulpturengruppe wurde 1990 von dem Bildhauer unbeantwortet geblieben war. Auch erklärte sie sich be- Schreiben die Verwandtschaft in Ostdorf mit Gottes WörnleinOstdorf,Dollowa,Februar1840. erklärt. Der alte Fronbrief war herauszurücken, und den BisingerNichthuldiger und Medailleur Karl-Ulrich Nuss geschaffen, der unter reit, auf das noch ausstehende Resterbe ihres Mannes Hilfe in Gesundheit antreffen möge. Aber auch, dass sie (17)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Klägern mussten bis zum Endurteil alle Rechte und anderem 1971 das Kopfrelief des ehemaligen Bundes- zu verzichten. Denn sie wisse darum, dass auch der eine baldige Antwort auf ihr Schreiben erwarten wür- WörnleinOstdorf,Dollowa,07.07.1840. Freiheiten belassen werden. Man kann sich vorstellen, präsidentenTheodorHeussfür das Zwei-D-Mark-Stück Bruder Ludwig ihres verstorbenen Mannes ein armer den. Damit aber reißt der in den Pflegschaftsakten (18)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg welchen Jubel das kaiserliche Mandat in Owingen aus- Eine grundsätzliche Beilegung der Konflikte gelang entwarf. Die Szene spielt auf das Jahr 1798 an, als die Ge- Mann sei und eine große Familie habe. Sie selbst hatte überlieferte Briefwechsel ab. Der zum Zeitpunkt seines SchulerinLeidringen,Dollowa,undatiert. gelöst haben wird. Die scheinbar allmächtige Autorität erst Ende des 18. Jahrhunderts einer vermittelnden meindeBisingenalseinzigeGemeindedesFürstentums das Geld ihres Mannes für ihre Tochter beim Regiment Todes 42jährige Johann Georg Letsch hatte zwar einige (19)1 Klafter entsprach 6 Schuh und betrug in Würt- des Fürsten war von den Untertanen bezwungen. Der Kommission. Zunächst konnte mit der Stadt Hechingen Hohenzollern-Hechingennichtdem„Landesvergleich“ angelegt, damit es ihre Tochter später einmal erheben Jahre der wirtschaftlichen Prosperität in Dollowa erle- tembergknapp1,72Meter. Fürst war zwar nun bereit, den Fronbrief herauszuge- 1795 ein „Stadtvergleich“ abgeschlossen werden. Mit beitrat. könne. Das sei ein letzter Wunsch ihres Mannes gewe- ben dürfen. Damit hatte er Glück und Erfolg erleben (20)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg ben, nicht aber die Strafgelder zurückzuerstatten. So den Untertanen auf dem Lande geschah dies 1798 mit sen, auch, dass seine Tochter einmal das Haus erben können, als sich sein Heimatland Württemberg in der WörnleinOstdorf,Dollowa,04.08.1844. kam es erst ein Jahr nach Erlass des Mandats zur Rück- dem neuen, auf Ausgleich bedachten Fürsten Hermann Bemerkenswertist,dassandieKonflikteinGrafschaft solle. Interessant ist das Ende des Briefes: Juliana hatte Zeit des Pauperismus (von lat. pauper, arm) befand und (21)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg gabe des Fronbriefs. Den Owingern war der 8. Oktober Friedrich Otto. Der Landesvergleich regelte an erster und Fürstentum Hohenzollern-Hechingen, die sich sich inzwischen wieder verheiratet. Aber sie bat, den die Ressourcenknappheit für breite Schichte allgegen- WörnleinOstdorf,Dollowa,26.06.1838. 1699,derTagandemdieFuchsjagdstattgefundenhatte, Stelle die Steuerzahlungen. Eine Steuerdeputation der über Jahrhunderte hinzogen und die für die damaligen Antwortbrief nicht an ihre Adresse zu senden, denn ihr wärtig waren. Doch die Auswanderung in ein besseres (22)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg von nun an so wichtig, dass sie ihn viele Jahre lang wie Untertanen erhielt als eine Art Landesvertretung ein Menschen existentielle Bedeutung besaßen, rund 200 neuer Mann wisse von dem Schreiben nichts. Vielmehr LebenendetefürihnineinembrutalenMord. WörnleinOstdorf,Dollowa,04.08.1844. einen kirchlichen Feiertag begingen. An diesen Tag er- Budget- und Petitionsrecht.Die Steuerkasse wurde zum bzw. 300 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen für solle der Brief an den Maurergesellen Joseph Menzel (23)Frucht,Getreide. innertdieFuchssteleinOwingen. ersten Mal klar von der fürstlichen Kasse getrennt. Da- denöffentlichenRaumzweiKleindenkmaleinitiiertund gehen,derwürdeihrdenBriefdannaushändigen. (24)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder mit hatten die Einwohner der Grafschaft wichtige Kont- geschaffen wurden. Dies geschah durch bzw. in Verbin- LudwigLetschinOstdorf,Dollowa,01.06.1846. Mit der Rückgabe des Fronbriefs war die Angelegen- rollrechte erlangt. Die Jagdbeschwerden wurden beho- dung mit Narrenvereinen. Auf der Suche nach Stoff für Doch die Strategie von Juliana, den Schriftwechsel (25)Kümmerliches. heit nicht bereinigt, sondern die Owinger setzten den ben, die Fronpflichten fixiert und die Leibeigenschaft ihre Narrengruppen griffen die Narrenvereine in Owin- vor ihrem zweiten Mann verborgen zu halten, ging nicht Endnoten (26)Tränen. Prozess fort. Die übrigen Gemeinden des Fürstentums aufgehoben. Der Landesvergleich nahm in den nächs- gen und Bisingen auf historische Geschehen zurück, auf. Dieser zeigte sich wenige Monate später darüber (27)Kreise. schlossen sich den Klagen und dem Aufstand an. Auf ten 50 Jahren den Rang einer Verfassung ein. Er bot aber thematisierten zwei zentrale Begebenheiten in der lan- verwundert, weshalb der Brief nicht an sie selbst ge- (1)Kessler, Wolfgang: Stände und Herrschaft in Un- (28)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg die weitere Entwicklung kann hier nicht im Detail ein- Konfliktpotential für die nächste größere Auseinander- gen Kette der Konflikte und bereiteten sie für die Fast- richtet war. Offensichtlich hatte Juliana keine Veran- garn und seinen Nebenländern im 18. und frühen 19. WörnleinOstdorf,Dollowa,07.07.1840. gegangen werden, doch ist zusammenfassend festzu- setzung zwischen Fürsten und Untertanen – die Revo- nacht auf. Die Narrengruppen boten wiederum Anlass, lassung gesehen, ihren zweiten Mann darüber, dass sie Jahrhundert. In: Stände und Landesherrschaften in (29)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg halten, dass in der Zeit von 1584 bis 1795/98 die von lutionvon1848/49. zwei Denkmale aufzustellen. Mit den Narrengruppen den Brief heimlich geschrieben hatte, aufzuklären.80 Ihr Ostmitteleuropa in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Hugo WörnleinOstdorf,Pantschowa,26.06.1838. bäuerlichen Interessen geprägten Konfliktpunkte in der und den mit ihnen in Verbindung stehenden Klein- Motiv lässt sich nur erahnen. Denn der letzte Brief, der Weczerka.Marburg1995,171-191,hierS.175. (30)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Grafschaft Zollern dauerhaft bestehen blieben, andere Auf den Landesvergleich und die Beendigung der denkmalen wird die Erinnerung an geschichtliche Er- sich in den Akten befindet, wurde von ihrem zweiten (2)Die Familiendaten wurden den Kirchenbüchern WörnleinOstdorf,Dollowa,Februar1840. kamen im Verlaufe der Zeit hinzu, insbesondere als ab Konflikte 1798 bezieht sich das zweite Denkmal, der eignisse wachgehalten, die im Gesamtzusammenhang Mann unterschrieben. Und in diesem Schreiben war von Ostdorf sowie der Pflegschaftsrechnung entnom- (31)Unglücklich. 1685 Fürsten das Land absolutistisch zu regieren ver- „Nichthuldiger-Brunnen“ auf dem Marktplatz in Bisin- derUntertanenaufständeund-prozesseeineerhebliche von einem Verzicht auf das restliche Erbe nicht mehr die men. Die Tauf-, Ehe- und Totenregister können auf der (32)DerZehnte. suchten. Vielfach ging es um Fronleistungen, Mitwir- gen. An einem Ende steht ein herrschaftlich gewandeter historische Dimension besitzen. Der Rückgriff auf his- Rede. Vielmehr war jetzt zu lesen, dass sie vom Erbe et- Internetplattform Archion eingesehen werden (33)D. h. die Prügelstrafe wurde bei Vergehen ange- kungs- und Kontrollrechte bei Steuerumlage und Abga- und frisierter Mann erhöht auf einem Schemel, der die torische Ereignisse in der Fastnacht und die Schaffung was abgeben wollten. Offensichtlich waren die Eheleute (https://www.archion.de, 23.06.2017). Bei der Pfleg- wandt. ben sowie die Jagd im Gebiet der Freien Pirsch, wo auch Obrigkeit symbolisiert, während auf der anderen Plat- von Erinnerung in Form von Kleindenkmalen zeigen ei- uneinig darüber, ob sie die Geldforderung weiter auf- schaftsrechnung handelt es sich wohl um ein Selekt, das (34)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder die Untertanen Ansprüche auf die Jagd erhoben, und tenseite ein legerer gekleideter Mann mit einfacher ne besondere Art der Verarbeitung und Transformation rechterhaltensollten. noch unverzeichnet ist und daher keine Signatur trägt: LudwigLetschinOstdorf,Dollowa,01.06.1846. Wildschäden. Haartracht sich demonstrativ von diesem abwendet. vonGeschichte (Fortsetzungfolgt) Stadtarchiv Balingen (StA BL), Gemeindearchiv Ostdorf (35)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Spannender ist die Schilderung der Vorgänge um den (GA Ostdorf), Pflegschaftsrechnung Johann Georg WörnleinOstdorf,Dollowa,07.07.1840. Mord an Johann Georg Letsch. Dieser war am 7. Mai Letsch. Die Akte ist zumindest nicht durchgängig foliert, (36)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg 1849 nach einem Besuch des Gasthauses nach Hause daher wird auf eine Seitenangabe generell verzichtet. WörnleinOstdorf,Dollowa,04.08.1844. gegangen. Auf dem Weg nach Hause hatten ihm zwei Wie bei so vielen Pflegschaftsrechnungen von Ausge- (37)Welchen Bruder er meint, geht aus dem Schrei- Grenzsoldaten81 gesagt, sie würden so lange nicht fort- wanderten ergibt sich der eigentliche Wert der Akte aus ben nicht hervor. Vermutlich ist es der ältere Bruder gehen,bissieeinenDeutschenerschossenhätten.Doch den Beilagen. Es handelt sich um insgesamt elf Briefe Ludwig. Ungarn als Sehnsuchtsraum als Letsch gegen neun Uhr abends nach Hause kam, von Johann Georg Letsch und seiner Frau bzw. im Auf- (38)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder teilte er seiner jungen Frau nichts von dem Vorfall mit. trag seiner Frau aus der Banater Militärgrenze. Sie rei- LudwigLetsch(?)inOstdorf,Dollowa,05.03.1848. Er wollte sie nicht erschrecken, denn sie war noch nicht chen vom Juni 1838 bis Juli 1857 und decken einen Zeit- (39)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Johann Georg Letsch (1807-1849) aus Ostdorf: Die Auswanderung in das Banat ganz gesund, da das kleine Mädchen Karolina erst sechs raum von knapp 20 Jahren ab. Es handelt sich nicht nur WörnleinOstdorf,Pantschowa,26.06.1838. und sein tragischer Tod in der Revolution, Teil 2 - Von Karl-Peter Krauss Wochenaltwar. wegen des ungewöhnlich langen Zeitraums des Brief- (40)Mägdlein. wechsels, sondern auch aus inhaltlichen Gründen um (41)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder Schon eine halbe Stunde später seien jedoch die bei- eine bemerkenswerte Quelle. Zur historischen Bedeu- LudwigLetschinOstdorf,Dollowa,01.06.1846. In dieser multipolaren Konfliktkonstellation spielte den Grenzer tatsächlich gekommen, denn Letsch hörte tung von Pflegschafts- oder Verlassenschaftsrechnun- (42)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder sich das folgende Drama um Johann Georg Letsch ab. sie auf dem Hof sprechen. Er hatte Angst, dass sie die gen für die Erforschung der Migration siehe: Krauss, LudwigLetsch(?)inOstdorf,Dollowa,05.03.1848. Später, um den Januar 1850, traf von einem Nachbarn Kühe stehlen wollten. So ergriff er die Holzaxt, machte Karl-Peter: Quellen zu den Lebenswelten deutscher (43)Lux. Greiweldeng, franz. Greiveldange, heute des Johann Georg Letsch ein Brief in Ostdorf ein, der nur die Küchentür auf und rief „Wer ist da?“. Doch kaum war Migranten im Königreich Ungarn im 18. und frühen 19. Stadtbredimus (lux. Stadtbriedemes), Stadtteil Greivel- nochalsunvollständigesFragmentvorliegt.74 Erbeginnt die Tür halb offen, fiel ein Schuss, der ihn im Oberkörper Jahrhundert.Stuttgart2015. dange, Distrikt Grevenmacher, Großherzogtum Lu- mit den Worten: „Der Johann Letsch, eier Bruder[…] ist traf.82 Schwer verwundet konnte Letsch noch reflexartig (3)Siehe dazu: Krauss, Karl-Peter: Wirtschaftliche xemburg. nicht mehr -. Er wurde ein Opf[er …] [der] Revulucion, dieKüchentürverschließenundgingnocheinmalin der Rahmenbedingungen der Auswanderung aus Würt- (44)Marschroute. seine Wittwe mit einem Mätchen von 10 Monath be- Küche hin und her, indem er sagte „Ich bin weg“. Die temberg nach Russland 1817. In: Flucht vor der Refor- (45)Grevenmacher. weinen ihren unglicklichen, verblichenen Vatter. Sein junge Frau schrie und lärmte, weshalb einige Nachbarn mation. Täufer, Schwenckfelder und Pietisten zwischen (46)Trier. Ende war Folgendes: Das schreckliche Wüthen der Völ- herbeieilten. Eine genaue Personenbeschreibung dem deutschen Südwesten und dem östlichen Europa. (47)Mainz. ker in unserer Gegend wird eich wohl auch bekannt se- konnte er nicht mehr geben, nur so viel, dass die Täter Hg. v. Christine Absmeier u. Annemarie Röder. Stuttgart (48)Segedin,ung.Szeged. yn. Ich würde eich gerne einen kleinen Umriß von dem ein großer und ein kleiner Mann gewesen seien. Nach 2016,S.42-53. (49)Großkomlosch, ung. Nagykomlós, rum. Comlosu Morden und Würgen, was sich bey uns zugetragen hat, dieser Darstellung fragte ihn seine Frau noch, was sie (4)Pflegschaftsrechnung mit Vermögensauflistung Mare. machen, aber es ist hier kein Plaz dazu. Es ist mir sehr jetzt machen solle und er meinte: „Es ist alles Dein, mit durch den Pfleger Johann Georg Wörnle, 29.12.1837, o. (50)Großsanktnikolaus, ung. Nagyszentmiklós, rum. leid, daß ich eich die Schanddaten und die Niederträg- diesen Worten gab er sein Geist auf.“ Glücklicherweise fol. SânnicolauMare,KreiTimis,Rumänien. tigkeit jetzt nicht schildern kann und darf. […].75 Diß hatten sie vor diesem Meuchelmord noch die Fenster- (5)DerVormundseinesVermögens. (51)Tschanad,ung.Csanád,rum.Cenad. wurde den paar Deutsche[n] […]76 bekannt gemacht, so läden geschlossen. Sonst wäre sie und das unschuldige (6)Ung. Pancsova, serb. Pan?evo, heute Vojvodina, (52)Archives nationales de Luxembourg (ANLux), versammelten sich alle Deutsche in der Nacht, alle biß Kind,soJuliana,wohlauchermordetworden. Serbien. Département des archives notariales, Minutier centra- auf unsern Johann, in ein deutsches Wirzhauß, gut be- (7)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg les des notaires (MCN), MCN 02816, Nr. 2, 07.01.1770, waffnet. Kaum war die Nacht abgebrochen, so wurde Die schwer traumatisierte und geschockte Frau WörnleinOstdorf,Pantschowa,26.06.1838. NotaireJacquesConter(1735-1775),Remich,o.fol. schon an der Thir des Johann gepocht, er wurde aufge- konnte nicht im Haus bleiben, weil sie die Angst fast (8)Ebd. (53)Pantschowa. fordert zu öfnen, als er die Thür öfnete, schoßen gleich 2 „umgebracht“hätte. Die Nacht verbrachte sie bei einem (9)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg (54)Ordinari oder Ordinarischiff, regelmäßig und [Grenzer] auf ihn und durchschößen seine Brust und er Nachbarn, denn ansonsten war fast das ganze Dorf fort. WörnleinOstdorf,Dollowa,serb.Dolovo,07.07.1840. planmäßigverkehrendeSchiffe.DieFahrtvonUlmnach sank tod zu Erde. So nahm unser guter Johann ein Ende. Bei Tagesanbruch dann bat sie einige Deutsche, ihren (10)Ebd. Wien dauerte etwa acht bis zehn Tage. Dies im Gegen- Seine junge, 23jahrich[e] Frau und ihrem Kind und mei- Mann für das Begräbnis anzuziehen. Einen Tag später, (11)Realteilung von Michael Kiefer, 03.06.1848, Ost- satz zu außerplanmäßig verkehrenden Schiffen, die ne 7jährige Tochter, die bey ihr war, wurde das Leben am 8. Mai um vier Uhr nachmittags, wurde er auf dem dorf. meist schneller, oft in sechs Tagen, in Wien waren, weil geschenkt, mußten es aber mit ihren beweglichen Ver- deutschen Friedhof beerdigt, ohne Pfarrer, denn der (12)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg sienichtsohäufiganlegenmussten. mogen bezahlen, weil sie ausgeraubt wurden. Die in das evangelische Pfarrer von Mramorak83, hatte sich wegen Wörnle in Ostdorf, Dollowa, Februar 1840 (das exakte (55)Akquirieren,erwerben,beibringen. Wirzhaus Geflichteten wurden auch angegriffen, [die der gefährlichen Unruhen nicht getraut, zu kommen. Datum ist wegen des teilweise zerstörten Dokuments (56)Gulden. Angreifer]wurdenabermitKugelnzurikgewißen.“ Wieder einen Tag danach, am 9. Mai 1949, schickte ihr nichtmehrlesbar). (57)Visitieren. der fürsorgliche Pfarrer einen Wagen, der die verzwei- (13)Ung. Fehértemplom, serb. Bela Crkva, heute Voj- (58)Semlin, ung. Zimony, serb. Zemun, heute Stadt- Doch schon am 24. Oktober 1849 hatte der Vormund felte Frau zu ihrer Familie nach Franzfeld brachte. Dort vodina,Serbien. bezirkvonBelgrad,Serbien. von Juliana Letsch, der Schreinermeister Konrad blieb sie zwölf Wochen lang. In dieser Zeit habe sie ihre (14)Siehe Roth, Erik: Die planmäßig angelegten Sied- (59)Semlin. Schütz, in ihrem Namen nach Ostdorf geschrieben, um halbe Wirtschaft verloren. Der „Werkführer“, der die lungen im Deutsch-Banater Militärgrenzbezirk 1765- (60)Batzen. das durch den Verkauf von Land angefallene weitere Tischlerwerkstatt ihres Mannes übernommen hatte, 1821, S. 356f; Topographisches Lexikon der Wojwod- (61)Reisekameraden. Erbteil zu erhalten und bat darum, das zu machen, „was habe sie „halb ausgezogen“, d. h. sie wirtschaftlich hin- schaft Serbien mit dem temeser Banate und der k. k. (62)Grenze. recht ist, und Gott lieb hat“.77 Der vom evangelischen tergangen und massiv geschädigt. Schließlich habe ihr serb. ban. Militärgränze. Hg. von der k. k. Post-Direction (63)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder Pfarrer Philipp Bolz in Mramorak angefertigte Todes- Vetter und Vormund namens Schütz ihr einen Ehe- inTemesvar.Temesvar1859. LudwigLetsch(?)inOstdorf,Dollowa,05.03.1848. schein sowie die Lebensbestätigung für Caroline78 mann geschickt, eben jenen Johann Broth, obwohl sie (15)Kaser, Karl: Militärgrenze. In: Hösch, Edgar; (64)Römisch-katholische Volksgruppe kroatischer Letsch wurden erst am 22. März 1853 ausgestellt und am geglaubt hatte, nicht mehr zu heiraten. Immerhin seien Nehring, Karl; Sundhaussen, Holm (Hg.): Lexikon zur Herkunft mit einem Siedlungsschwerpunkt in der 29.März1853vomRegimentbeglaubigt. sieunddieTochterKarolinagesund. Geschichte Südosteuropas. Wien, Köln, Weimar 2004, S. Batschka. 439-441, hier S. 440. Siehe auch: Havady-Nagy, Kinga (65)Südslawische, römisch-katholische Volksgrup- Am 12. Februar 1857 verfasste die junge Witwe von Zum Schluss bekundeten die beiden Briefschreiber Xenia: Die Slawonische und Banater Militärgrenze. pe. Johann Georg Letsch, Juliana, ebenfallseinen Brief.79 Sie noch,dasssienocheinenganzenTagdarüberschreiben Kriegserfahrungen und räumliche Mobilität. Cluj-Na- (66)Allerdings sind die Zahlen der jeweiligen ethni- teilte ihrem Schwager Ludwig mit, dass es ihr mit der könnten, welche Not sie in der Revolution gelitten hat- poca(Klausenburg)2010;Milleker,Felix:Geschichteder schen Gruppen mit Vorbehalten zu verwenden, da sie kleinen Tochter Karolina gut geht. Und sie bat herzlich Lebensbestätigung für Caroline Letsch, Tochter von Johann Georg Letsch, 22. März 1853. ten – und das sei noch nicht alles, was es zu berichten BanaterMilitärgrenze1764-1873.Pan?evo1925. modernen statistischen Erhebungsverfahren nicht ge- um eine Antwort, da ihr vorhergehender Brief bislang Quelle: StA BL, GA Ostdorf, Pflegschaftsrechnung Johann Georg Letsch. gäbe.84 Der Brief endete mit dem Wunsch, dass das (16)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg recht werden, siehe etwa: Clewing, Konrad: Die dop- Seite 2085 Heimatkundliche Blätter Mai 2018 Mai 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2086 gern aufgezwungen hatte, wurde für null und nichtig DerLandesvergleichvon1798undDie Die Skulpturengruppe wurde 1990 von dem Bildhauer unbeantwortet geblieben war. Auch erklärte sie sich be- Schreiben die Verwandtschaft in Ostdorf mit Gottes WörnleinOstdorf,Dollowa,Februar1840. erklärt. Der alte Fronbrief war herauszurücken, und den BisingerNichthuldiger und Medailleur Karl-Ulrich Nuss geschaffen, der unter reit, auf das noch ausstehende Resterbe ihres Mannes Hilfe in Gesundheit antreffen möge. Aber auch, dass sie (17)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Klägern mussten bis zum Endurteil alle Rechte und anderem 1971 das Kopfrelief des ehemaligen Bundes- zu verzichten. Denn sie wisse darum, dass auch der eine baldige Antwort auf ihr Schreiben erwarten wür- WörnleinOstdorf,Dollowa,07.07.1840. Freiheiten belassen werden. Man kann sich vorstellen, präsidentenTheodorHeussfür das Zwei-D-Mark-Stück Bruder Ludwig ihres verstorbenen Mannes ein armer den. Damit aber reißt der in den Pflegschaftsakten (18)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg welchen Jubel das kaiserliche Mandat in Owingen aus- Eine grundsätzliche Beilegung der Konflikte gelang entwarf. Die Szene spielt auf das Jahr 1798 an, als die Ge- Mann sei und eine große Familie habe. Sie selbst hatte überlieferte Briefwechsel ab. Der zum Zeitpunkt seines SchulerinLeidringen,Dollowa,undatiert. gelöst haben wird. Die scheinbar allmächtige Autorität erst Ende des 18. Jahrhunderts einer vermittelnden meindeBisingenalseinzigeGemeindedesFürstentums das Geld ihres Mannes für ihre Tochter beim Regiment Todes 42jährige Johann Georg Letsch hatte zwar einige (19)1 Klafter entsprach 6 Schuh und betrug in Würt- des Fürsten war von den Untertanen bezwungen. Der Kommission. Zunächst konnte mit der Stadt Hechingen Hohenzollern-Hechingennichtdem„Landesvergleich“ angelegt, damit es ihre Tochter später einmal erheben Jahre der wirtschaftlichen Prosperität in Dollowa erle- tembergknapp1,72Meter. Fürst war zwar nun bereit, den Fronbrief herauszuge- 1795 ein „Stadtvergleich“ abgeschlossen werden. Mit beitrat. könne. Das sei ein letzter Wunsch ihres Mannes gewe- ben dürfen. Damit hatte er Glück und Erfolg erleben (20)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg ben, nicht aber die Strafgelder zurückzuerstatten. So den Untertanen auf dem Lande geschah dies 1798 mit sen, auch, dass seine Tochter einmal das Haus erben können, als sich sein Heimatland Württemberg in der WörnleinOstdorf,Dollowa,04.08.1844. kam es erst ein Jahr nach Erlass des Mandats zur Rück- dem neuen, auf Ausgleich bedachten Fürsten Hermann Bemerkenswertist,dassandieKonflikteinGrafschaft solle. Interessant ist das Ende des Briefes: Juliana hatte Zeit des Pauperismus (von lat. pauper, arm) befand und (21)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg gabe des Fronbriefs. Den Owingern war der 8. Oktober Friedrich Otto. Der Landesvergleich regelte an erster und Fürstentum Hohenzollern-Hechingen, die sich sich inzwischen wieder verheiratet. Aber sie bat, den die Ressourcenknappheit für breite Schichte allgegen- WörnleinOstdorf,Dollowa,26.06.1838. 1699,derTagandemdieFuchsjagdstattgefundenhatte, Stelle die Steuerzahlungen. Eine Steuerdeputation der über Jahrhunderte hinzogen und die für die damaligen Antwortbrief nicht an ihre Adresse zu senden, denn ihr wärtig waren. Doch die Auswanderung in ein besseres (22)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg von nun an so wichtig, dass sie ihn viele Jahre lang wie Untertanen erhielt als eine Art Landesvertretung ein Menschen existentielle Bedeutung besaßen, rund 200 neuer Mann wisse von dem Schreiben nichts. Vielmehr LebenendetefürihnineinembrutalenMord. WörnleinOstdorf,Dollowa,04.08.1844. einen kirchlichen Feiertag begingen. An diesen Tag er- Budget- und Petitionsrecht.Die Steuerkasse wurde zum bzw. 300 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen für solle der Brief an den Maurergesellen Joseph Menzel (23)Frucht,Getreide. innertdieFuchssteleinOwingen. ersten Mal klar von der fürstlichen Kasse getrennt. Da- denöffentlichenRaumzweiKleindenkmaleinitiiertund gehen,derwürdeihrdenBriefdannaushändigen. (24)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder mit hatten die Einwohner der Grafschaft wichtige Kont- geschaffen wurden. Dies geschah durch bzw. in Verbin- LudwigLetschinOstdorf,Dollowa,01.06.1846. Mit der Rückgabe des Fronbriefs war die Angelegen- rollrechte erlangt. Die Jagdbeschwerden wurden beho- dung mit Narrenvereinen. Auf der Suche nach Stoff für Doch die Strategie von Juliana, den Schriftwechsel (25)Kümmerliches. heit nicht bereinigt, sondern die Owinger setzten den ben, die Fronpflichten fixiert und die Leibeigenschaft ihre Narrengruppen griffen die Narrenvereine in Owin- vor ihrem zweiten Mann verborgen zu halten, ging nicht Endnoten (26)Tränen. Prozess fort. Die übrigen Gemeinden des Fürstentums aufgehoben. Der Landesvergleich nahm in den nächs- gen und Bisingen auf historische Geschehen zurück, auf. Dieser zeigte sich wenige Monate später darüber (27)Kreise. schlossen sich den Klagen und dem Aufstand an. Auf ten 50 Jahren den Rang einer Verfassung ein. Er bot aber thematisierten zwei zentrale Begebenheiten in der lan- verwundert, weshalb der Brief nicht an sie selbst ge- (1)Kessler, Wolfgang: Stände und Herrschaft in Un- (28)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg die weitere Entwicklung kann hier nicht im Detail ein- Konfliktpotential für die nächste größere Auseinander- gen Kette der Konflikte und bereiteten sie für die Fast- richtet war. Offensichtlich hatte Juliana keine Veran- garn und seinen Nebenländern im 18. und frühen 19. WörnleinOstdorf,Dollowa,07.07.1840. gegangen werden, doch ist zusammenfassend festzu- setzung zwischen Fürsten und Untertanen – die Revo- nacht auf. Die Narrengruppen boten wiederum Anlass, lassung gesehen, ihren zweiten Mann darüber, dass sie Jahrhundert. In: Stände und Landesherrschaften in (29)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg halten, dass in der Zeit von 1584 bis 1795/98 die von lutionvon1848/49. zwei Denkmale aufzustellen. Mit den Narrengruppen den Brief heimlich geschrieben hatte, aufzuklären.80 Ihr Ostmitteleuropa in der Frühen Neuzeit. Hg. v. Hugo WörnleinOstdorf,Pantschowa,26.06.1838. bäuerlichen Interessen geprägten Konfliktpunkte in der und den mit ihnen in Verbindung stehenden Klein- Motiv lässt sich nur erahnen. Denn der letzte Brief, der Weczerka.Marburg1995,171-191,hierS.175. (30)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Grafschaft Zollern dauerhaft bestehen blieben, andere Auf den Landesvergleich und die Beendigung der denkmalen wird die Erinnerung an geschichtliche Er- sich in den Akten befindet, wurde von ihrem zweiten (2)Die Familiendaten wurden den Kirchenbüchern WörnleinOstdorf,Dollowa,Februar1840. kamen im Verlaufe der Zeit hinzu, insbesondere als ab Konflikte 1798 bezieht sich das zweite Denkmal, der eignisse wachgehalten, die im Gesamtzusammenhang Mann unterschrieben. Und in diesem Schreiben war von Ostdorf sowie der Pflegschaftsrechnung entnom- (31)Unglücklich. 1685 Fürsten das Land absolutistisch zu regieren ver- „Nichthuldiger-Brunnen“ auf dem Marktplatz in Bisin- derUntertanenaufständeund-prozesseeineerhebliche von einem Verzicht auf das restliche Erbe nicht mehr die men. Die Tauf-, Ehe- und Totenregister können auf der (32)DerZehnte. suchten. Vielfach ging es um Fronleistungen, Mitwir- gen. An einem Ende steht ein herrschaftlich gewandeter historische Dimension besitzen. Der Rückgriff auf his- Rede. Vielmehr war jetzt zu lesen, dass sie vom Erbe et- Internetplattform Archion eingesehen werden (33)D. h. die Prügelstrafe wurde bei Vergehen ange- kungs- und Kontrollrechte bei Steuerumlage und Abga- und frisierter Mann erhöht auf einem Schemel, der die torische Ereignisse in der Fastnacht und die Schaffung was abgeben wollten. Offensichtlich waren die Eheleute (https://www.archion.de, 23.06.2017). Bei der Pfleg- wandt. ben sowie die Jagd im Gebiet der Freien Pirsch, wo auch Obrigkeit symbolisiert, während auf der anderen Plat- von Erinnerung in Form von Kleindenkmalen zeigen ei- uneinig darüber, ob sie die Geldforderung weiter auf- schaftsrechnung handelt es sich wohl um ein Selekt, das (34)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder die Untertanen Ansprüche auf die Jagd erhoben, und tenseite ein legerer gekleideter Mann mit einfacher ne besondere Art der Verarbeitung und Transformation rechterhaltensollten. noch unverzeichnet ist und daher keine Signatur trägt: LudwigLetschinOstdorf,Dollowa,01.06.1846. Wildschäden. Haartracht sich demonstrativ von diesem abwendet. vonGeschichte (Fortsetzungfolgt) Stadtarchiv Balingen (StA BL), Gemeindearchiv Ostdorf (35)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Spannender ist die Schilderung der Vorgänge um den (GA Ostdorf), Pflegschaftsrechnung Johann Georg WörnleinOstdorf,Dollowa,07.07.1840. Mord an Johann Georg Letsch. Dieser war am 7. Mai Letsch. Die Akte ist zumindest nicht durchgängig foliert, (36)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg 1849 nach einem Besuch des Gasthauses nach Hause daher wird auf eine Seitenangabe generell verzichtet. WörnleinOstdorf,Dollowa,04.08.1844. gegangen. Auf dem Weg nach Hause hatten ihm zwei Wie bei so vielen Pflegschaftsrechnungen von Ausge- (37)Welchen Bruder er meint, geht aus dem Schrei- Grenzsoldaten81 gesagt, sie würden so lange nicht fort- wanderten ergibt sich der eigentliche Wert der Akte aus ben nicht hervor. Vermutlich ist es der ältere Bruder gehen,bissieeinenDeutschenerschossenhätten.Doch den Beilagen. Es handelt sich um insgesamt elf Briefe Ludwig. Ungarn als Sehnsuchtsraum als Letsch gegen neun Uhr abends nach Hause kam, von Johann Georg Letsch und seiner Frau bzw. im Auf- (38)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder teilte er seiner jungen Frau nichts von dem Vorfall mit. trag seiner Frau aus der Banater Militärgrenze. Sie rei- LudwigLetsch(?)inOstdorf,Dollowa,05.03.1848. Er wollte sie nicht erschrecken, denn sie war noch nicht chen vom Juni 1838 bis Juli 1857 und decken einen Zeit- (39)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg Johann Georg Letsch (1807-1849) aus Ostdorf: Die Auswanderung in das Banat ganz gesund, da das kleine Mädchen Karolina erst sechs raum von knapp 20 Jahren ab. Es handelt sich nicht nur WörnleinOstdorf,Pantschowa,26.06.1838. und sein tragischer Tod in der Revolution, Teil 2 - Von Karl-Peter Krauss Wochenaltwar. wegen des ungewöhnlich langen Zeitraums des Brief- (40)Mägdlein. wechsels, sondern auch aus inhaltlichen Gründen um (41)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder Schon eine halbe Stunde später seien jedoch die bei- eine bemerkenswerte Quelle. Zur historischen Bedeu- LudwigLetschinOstdorf,Dollowa,01.06.1846. In dieser multipolaren Konfliktkonstellation spielte den Grenzer tatsächlich gekommen, denn Letsch hörte tung von Pflegschafts- oder Verlassenschaftsrechnun- (42)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder sich das folgende Drama um Johann Georg Letsch ab. sie auf dem Hof sprechen. Er hatte Angst, dass sie die gen für die Erforschung der Migration siehe: Krauss, LudwigLetsch(?)inOstdorf,Dollowa,05.03.1848. Später, um den Januar 1850, traf von einem Nachbarn Kühe stehlen wollten. So ergriff er die Holzaxt, machte Karl-Peter: Quellen zu den Lebenswelten deutscher (43)Lux. Greiweldeng, franz. Greiveldange, heute des Johann Georg Letsch ein Brief in Ostdorf ein, der nur die Küchentür auf und rief „Wer ist da?“. Doch kaum war Migranten im Königreich Ungarn im 18. und frühen 19. Stadtbredimus (lux. Stadtbriedemes), Stadtteil Greivel- nochalsunvollständigesFragmentvorliegt.74 Erbeginnt die Tür halb offen, fiel ein Schuss, der ihn im Oberkörper Jahrhundert.Stuttgart2015. dange, Distrikt Grevenmacher, Großherzogtum Lu- mit den Worten: „Der Johann Letsch, eier Bruder[…] ist traf.82 Schwer verwundet konnte Letsch noch reflexartig (3)Siehe dazu: Krauss, Karl-Peter: Wirtschaftliche xemburg. nicht mehr -. Er wurde ein Opf[er …] [der] Revulucion, dieKüchentürverschließenundgingnocheinmalin der Rahmenbedingungen der Auswanderung aus Würt- (44)Marschroute. seine Wittwe mit einem Mätchen von 10 Monath be- Küche hin und her, indem er sagte „Ich bin weg“. Die temberg nach Russland 1817. In: Flucht vor der Refor- (45)Grevenmacher. weinen ihren unglicklichen, verblichenen Vatter. Sein junge Frau schrie und lärmte, weshalb einige Nachbarn mation. Täufer, Schwenckfelder und Pietisten zwischen (46)Trier. Ende war Folgendes: Das schreckliche Wüthen der Völ- herbeieilten. Eine genaue Personenbeschreibung dem deutschen Südwesten und dem östlichen Europa. (47)Mainz. ker in unserer Gegend wird eich wohl auch bekannt se- konnte er nicht mehr geben, nur so viel, dass die Täter Hg. v. Christine Absmeier u. Annemarie Röder. Stuttgart (48)Segedin,ung.Szeged. yn. Ich würde eich gerne einen kleinen Umriß von dem ein großer und ein kleiner Mann gewesen seien. Nach 2016,S.42-53. (49)Großkomlosch, ung. Nagykomlós, rum. Comlosu Morden und Würgen, was sich bey uns zugetragen hat, dieser Darstellung fragte ihn seine Frau noch, was sie (4)Pflegschaftsrechnung mit Vermögensauflistung Mare. machen, aber es ist hier kein Plaz dazu. Es ist mir sehr jetzt machen solle und er meinte: „Es ist alles Dein, mit durch den Pfleger Johann Georg Wörnle, 29.12.1837, o. (50)Großsanktnikolaus, ung. Nagyszentmiklós, rum. leid, daß ich eich die Schanddaten und die Niederträg- diesen Worten gab er sein Geist auf.“ Glücklicherweise fol. SânnicolauMare,KreiTimis,Rumänien. tigkeit jetzt nicht schildern kann und darf. […].75 Diß hatten sie vor diesem Meuchelmord noch die Fenster- (5)DerVormundseinesVermögens. (51)Tschanad,ung.Csanád,rum.Cenad. wurde den paar Deutsche[n] […]76 bekannt gemacht, so läden geschlossen. Sonst wäre sie und das unschuldige (6)Ung. Pancsova, serb. Pan?evo, heute Vojvodina, (52)Archives nationales de Luxembourg (ANLux), versammelten sich alle Deutsche in der Nacht, alle biß Kind,soJuliana,wohlauchermordetworden. Serbien. Département des archives notariales, Minutier centra- auf unsern Johann, in ein deutsches Wirzhauß, gut be- (7)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg les des notaires (MCN), MCN 02816, Nr. 2, 07.01.1770, waffnet. Kaum war die Nacht abgebrochen, so wurde Die schwer traumatisierte und geschockte Frau WörnleinOstdorf,Pantschowa,26.06.1838. NotaireJacquesConter(1735-1775),Remich,o.fol. schon an der Thir des Johann gepocht, er wurde aufge- konnte nicht im Haus bleiben, weil sie die Angst fast (8)Ebd. (53)Pantschowa. fordert zu öfnen, als er die Thür öfnete, schoßen gleich 2 „umgebracht“hätte. Die Nacht verbrachte sie bei einem (9)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg (54)Ordinari oder Ordinarischiff, regelmäßig und [Grenzer] auf ihn und durchschößen seine Brust und er Nachbarn, denn ansonsten war fast das ganze Dorf fort. WörnleinOstdorf,Dollowa,serb.Dolovo,07.07.1840. planmäßigverkehrendeSchiffe.DieFahrtvonUlmnach sank tod zu Erde. So nahm unser guter Johann ein Ende. Bei Tagesanbruch dann bat sie einige Deutsche, ihren (10)Ebd. Wien dauerte etwa acht bis zehn Tage. Dies im Gegen- Seine junge, 23jahrich[e] Frau und ihrem Kind und mei- Mann für das Begräbnis anzuziehen. Einen Tag später, (11)Realteilung von Michael Kiefer, 03.06.1848, Ost- satz zu außerplanmäßig verkehrenden Schiffen, die ne 7jährige Tochter, die bey ihr war, wurde das Leben am 8. Mai um vier Uhr nachmittags, wurde er auf dem dorf. meist schneller, oft in sechs Tagen, in Wien waren, weil geschenkt, mußten es aber mit ihren beweglichen Ver- deutschen Friedhof beerdigt, ohne Pfarrer, denn der (12)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg sienichtsohäufiganlegenmussten. mogen bezahlen, weil sie ausgeraubt wurden. Die in das evangelische Pfarrer von Mramorak83, hatte sich wegen Wörnle in Ostdorf, Dollowa, Februar 1840 (das exakte (55)Akquirieren,erwerben,beibringen. Wirzhaus Geflichteten wurden auch angegriffen, [die der gefährlichen Unruhen nicht getraut, zu kommen. Datum ist wegen des teilweise zerstörten Dokuments (56)Gulden. Angreifer]wurdenabermitKugelnzurikgewißen.“ Wieder einen Tag danach, am 9. Mai 1949, schickte ihr nichtmehrlesbar). (57)Visitieren. der fürsorgliche Pfarrer einen Wagen, der die verzwei- (13)Ung. Fehértemplom, serb. Bela Crkva, heute Voj- (58)Semlin, ung. Zimony, serb. Zemun, heute Stadt- Doch schon am 24. Oktober 1849 hatte der Vormund felte Frau zu ihrer Familie nach Franzfeld brachte. Dort vodina,Serbien. bezirkvonBelgrad,Serbien. von Juliana Letsch, der Schreinermeister Konrad blieb sie zwölf Wochen lang. In dieser Zeit habe sie ihre (14)Siehe Roth, Erik: Die planmäßig angelegten Sied- (59)Semlin. Schütz, in ihrem Namen nach Ostdorf geschrieben, um halbe Wirtschaft verloren. Der „Werkführer“, der die lungen im Deutsch-Banater Militärgrenzbezirk 1765- (60)Batzen. das durch den Verkauf von Land angefallene weitere Tischlerwerkstatt ihres Mannes übernommen hatte, 1821, S. 356f; Topographisches Lexikon der Wojwod- (61)Reisekameraden. Erbteil zu erhalten und bat darum, das zu machen, „was habe sie „halb ausgezogen“, d. h. sie wirtschaftlich hin- schaft Serbien mit dem temeser Banate und der k. k. (62)Grenze. recht ist, und Gott lieb hat“.77 Der vom evangelischen tergangen und massiv geschädigt. Schließlich habe ihr serb. ban. Militärgränze. Hg. von der k. k. Post-Direction (63)Brief von Johann Georg Letsch an seinen Bruder Pfarrer Philipp Bolz in Mramorak angefertigte Todes- Vetter und Vormund namens Schütz ihr einen Ehe- inTemesvar.Temesvar1859. LudwigLetsch(?)inOstdorf,Dollowa,05.03.1848. schein sowie die Lebensbestätigung für Caroline78 mann geschickt, eben jenen Johann Broth, obwohl sie (15)Kaser, Karl: Militärgrenze. In: Hösch, Edgar; (64)Römisch-katholische Volksgruppe kroatischer Letsch wurden erst am 22. März 1853 ausgestellt und am geglaubt hatte, nicht mehr zu heiraten. Immerhin seien Nehring, Karl; Sundhaussen, Holm (Hg.): Lexikon zur Herkunft mit einem Siedlungsschwerpunkt in der 29.März1853vomRegimentbeglaubigt. sieunddieTochterKarolinagesund. Geschichte Südosteuropas. Wien, Köln, Weimar 2004, S. Batschka. 439-441, hier S. 440. Siehe auch: Havady-Nagy, Kinga (65)Südslawische, römisch-katholische Volksgrup- Am 12. Februar 1857 verfasste die junge Witwe von Zum Schluss bekundeten die beiden Briefschreiber Xenia: Die Slawonische und Banater Militärgrenze. pe. Johann Georg Letsch, Juliana, ebenfallseinen Brief.79 Sie noch,dasssienocheinenganzenTagdarüberschreiben Kriegserfahrungen und räumliche Mobilität. Cluj-Na- (66)Allerdings sind die Zahlen der jeweiligen ethni- teilte ihrem Schwager Ludwig mit, dass es ihr mit der könnten, welche Not sie in der Revolution gelitten hat- poca(Klausenburg)2010;Milleker,Felix:Geschichteder schen Gruppen mit Vorbehalten zu verwenden, da sie kleinen Tochter Karolina gut geht. Und sie bat herzlich Lebensbestätigung für Caroline Letsch, Tochter von Johann Georg Letsch, 22. März 1853. ten – und das sei noch nicht alles, was es zu berichten BanaterMilitärgrenze1764-1873.Pan?evo1925. modernen statistischen Erhebungsverfahren nicht ge- um eine Antwort, da ihr vorhergehender Brief bislang Quelle: StA BL, GA Ostdorf, Pflegschaftsrechnung Johann Georg Letsch. gäbe.84 Der Brief endete mit dem Wunsch, dass das (16)Brief von Johann Georg Letsch an Johann Georg recht werden, siehe etwa: Clewing, Konrad: Die dop- Seite 2087 Heimatkundliche Blätter Mai 2018 pelte Begründung der Serbischen Wojwodschaft 1848- Serbischen Wojwodschaft 1848-1851. Ethnopolitik im (76)HierfehlteinSatzteil. 1851. Ethnopolitik im Habsburgerreich. In: Clewing, Habsburgerreich. In: Clewing, Konrad; Schmitt, Oliver (77)Brief von Konrad Schütz an Ludig Letsch [?] in Konrad; Schmitt, Oliver Jens (Hg.): Südosteuropa. Von Jens (Hg.): Südosteuropa. Von vormoderner Vielfalt und Ostdorf,Dollowa24.10.1849. vormoderner Vielfalt und nationalstaatlicher Verein- nationalstaatlicher Vereinheitlichung. Festschrift für (78)In den Briefen wurde sie immer Karolina be- heitlichung. Festschrift für Edgar Hösch. München EdgarHösch.München2055,S.253-302,hierS.255. nannt. 2055, S. 253-302, hier S. 270f. Zur ethnischen Struktur (72)Ung.Galagonyás,serb.Glogonj,heuteVojvodina, (79)Brief von Juliana Letsch, geb. Bader an ihren des Banats seit Ende des 19. Jahrhunderts siehe auch: Serbien. Schwager Ludwig Letsch in Ostdorf, Dollowa, Wolf, Josef: Entwicklung der ethnischen Struktur des (73)Ung. Torontálalmás. „Jabuka“ ist der serbische 12.02.1857. Banats1890-1992.Wien2004,hierS.193. Begrifffür„Apfel“. (80)Brief von Johann und Juliana Broth, verwitwete (67)HeuteBudapest. (74)Brieffragment eines Nachbarn von Johann Georg Letsch, an den Schwager Ludwig Letsch in Ostdorf, Dol- (68)Der höchste Repräsentant der in Wien residie- Letsch an dessen Bruder Ludwig Letsch [?], Dollowa, ca. lowa,12.07.1857. rendenhabsburgischenMonarcheninKroatien. Januar1850.MehrereTeiledesgefaltetenBriefessindan (81)VermutlichserbischeGrenzsoldaten. Jahrgang 65 31. Mai 2018 Nr. 5 (69)Siehe: Nehring, Karl: Revolution von 1848/49 denFaltstellenabgerissenundfehlen;ebensodiezweite (82)ImBriefsteht„Magen“. (Ungarn). In: Hösch, Edgar; Nehring, Karl; Sundhaus- Seite des Briefes und die Angabe des Datums. Der Kon- (83)Ung.Homokos,serb.Mramorak. sen, Holm (Hg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuro- text sowie die Altersangabe der Tochter von Juliana und (84)„Lieber Schwager, ich häte ihm noch viel zu pas.Wien,Köln,Weimar2004,S.573-574. JohannGeorgLetschdeutenaufdenJanuar1850. schreiben, den wen ich ales schreiben möchte was wir (70)Milleker, Felix: Geschichte der Banater Militär- (75)Hier fehlen über zehn Zeilen. Der Schreiber be- für eine Noth geliten haben in der Refuluziun [Revoluti- grenze1764-1873.Pan?evo1925,S.197. richtet, dass die ungarischen Truppen im Mai immer on], so häte ich ein ganzen Tag zu schreiben, [und] so (71)Clewing, Konrad: Die doppelte Begründung der nähergekommensindundIhnenderSieggewissschien. wereesdochnichtalles.“ Aufstand in der Fastnacht - Tote an der Grenze Veranstaltungen und Exkursionen Der Kampf um Rechte in der Frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung im Juni und Juli Von Dr. Andreas Zekorn

JUNI Baustelle, es werden Holzbalken mit Äxten behauen und -platten sowie Epitaphien, das sind Denkmale für Der Tag der Archive 2018, an dem sich das Kreisarchiv und aus der Schmiede ertönt der klingende Ton des Verstorbene. Über 40 solcher Kleindenkmale sind in Zollernalbkreis am 4. März beteiligte, stand unter dem Eine 180 cm hohe Stele aus Seedorfer Buntsandstein Amboss. Alles muss von Hand gemacht werden, alles Balingen erhalten. Eine nicht geringe Anzahl ist aber Motto „Demokratie und Bürgerrechte“. Dieses Motto verschönert seit dem Jahr 2000 den Dorfplatz in Owin- Sonntag, 10. Juni: Tagesexkursion mit Bettina Zun- ist mühsamer und geht langsamer als heutzutage. Ent- in den letzten hundert Jahren verloren gegangen. Hin- wird in dem vorliegenden Beitrag, der auf einen Vortrag gen vor der Zunftstube des „Aubenger Narraverei“. Un- del. Schloss Meßkirch – Campus Galli. lang des Rundwegs begegnen wir den Werkstätten der ter jedem Denkmal stehen trauernde Angehörige und zugeht, den der Verfasser am Tag der Archive hielt, mit ter der Reliefdarstellung eines Fuchskopfes ist die In- DieExkursionführzunächstzumehemaligenSchloss Handwerker und der Landwirtschaft. Im zentralen Be- geliebte, verstorbene Menschen. Es zeichneten sich er- einem anderen größeren Projekt des Kreisarchivs in schrift eingemeißelt: AUBENGER / FUCHSFEITEG 8. der Grafen von Zimmern, das in seinen Ursprüngen reich des Geländes befinden sich der Abbundplatz und schütternde Einzelschicksale ab. Dr. Ingrid Helber hat Verbindung gebracht. Das Kreisarchiv Zollernalbkreis OKTOBER 1699 - 1999. Gestiftet wurde die Stele von den bis in die Jahre um 1400 zurückreicht. Dort besuchen die Holzkirche. Busfahrt. Balingen, an der Stadthalle, alle noch auf den Denkmalen vorhandenen Texte do- bereitet gerade eine Publikation vor, die im Sommer Familien Ruppert und Bossenmaier. Eingetiefte Dar- wir die Kreisgalerie im Schloss Meßkirch mit entspre- 8.30 Uhr. Albstadt-Ebingen, Busbahnhof, 9.00 Uhr. kumentiert, teilweise aus dem Lateinischen übersetzt 2018 unter dem Titel „Schätze am Wegesrand. Klein- stellungen von Fuchsspuren überziehen mindestens chenden Künstlern. Die Präsentation an Kunstschät- Umlage 35,00 Euro für Fahrt, Eintritte und Führun- und analysiert. Aufgrund ihrer seit über 25 Jahren prak- denkmaleim Zollernalbkreis“erscheinensoll. Der Band zweiSeitenderStele.DieStelespieltaufeinenhistorisch zen birgt in sechs Abteilungen ausgewählte Werke aus gen. tizierten Erforschung archivalischer Texte zu Balingen erscheint in der Reihe B der vom Zollernalbkreis he- belegten Streit der Owinger mit ihrer Obrigkeit, dem der Kunstsammlung des Landkreises Sigmaringen mit konnte sie viele neue Erkenntnisse gewinnen und man- rausgegebenen Zollernalb-Profile. In dieser Publikation Fürsten von Hohenzollern-Hechingen an und steht ak- einer Bandbreite von der gotischen Plastik und baro- che Wissenslücken schließen. Lebensbilder Balinger werdendieFrüchtederErhebungderKleindenkmaleim tuellinVerbindungmitdemOwingerNarrenverein. cken Altartafelbildern bis zu Werken zeitgenössischer Bürgerinnen und Bürger konnten niedergeschrieben Landkreis in den Jahren 2010 bis 2014 präsentiert. Hel- Kunstschaffender. Kunstsammlung und Kreisgalerie JULI werden. Allgemein finden die Grabsteine und Denk- mut Lorenz und der Verfasser des vorliegenden Beitrags Der Konflikt besitzt folgenden Hintergrund: Die Ge- gewinnen ihr besonderes Profil durch drei Samm- male wenig Beachtung, sind aber kunsthistorisch und wählten als Projektkoordinatoren ungefähr 450 Klein- schichte der Grafschaft Zollern, ab 1623 des Fürsten- lungsschwerpunkte: Der aus Mengen stammende Ku- historisch von großer Bedeutung. Nach Inaugen- denkmale aus, die in dem Buch näher vorgestellt wer- tums Hohenzollern-Hechingen, wurde von einem bist und Pionier des modernen Holzschnitts Gottfried Sonntag, 8. Juli: Fahrrad-Halbtagesexkursion mit Dr. scheinnahme der erhaltenen Denkmale in und bei der den. Es erschien nun reizvoll, das Motto des Tags der Ar- grundlegenden Widerspruch bestimmt: Die kleine Graf (1881 – 1938) ist neben Ölbildern und Aquarellen Karl Kleinbach und Dr. Michael Walther. Auf den Spu- Friedhofkirche geht es in einem kurzen Fußmarsch in chive „Bürgerrechte“ mit den Kleindenkmalen zu ver- Grafschaft bot keine ausreichende wirtschaftliche Basis mit einem breiten Querschnitt von Holzschnitten und ren des Unternehmens „Wüste“ in Engstlatt und Bi- die Innenstadt. Nach einer Pause, bei der man sich stär- binden. Dazu wurden zwei Themenbereiche ausge- für das Repräsentationsbedürfnis und die Verpflich- Radierungen vertreten. Zu dem in Sigmaringendorf singen (zusammen mit der KZ-Gedenkstätte Bisin- ken kann, wird Dr. Ingrid Helber die Kleindenkmale wählt, die sich berühren: Zum einen sind es Denkmale, tungen einer Hochadelsfamilie. Zudem war die Graf- aufgewachsenen Bildhauer Anton Hiller (1893 – 1985) gen und dem AK „Wüste“ Balingen). in der Stadtkirche erläutern. Treffpunkt 14.00 am Ein- dieandieAufständeinderGrafschaftZollernvom16.bis schaft seit der hohenzollerischen Erbteilung 1576 mit kann die Kreisgalerie neben Bildhauerzeichnungen ei- Die Exkursion beginnt in Balingen-Engstlatt. Dort gang der Friedhofskirche in Balingen. Teilnahme frei. ins 18. Jahrhundert erinnern, zum anderen Denkmale, einer hohen Schuldenlast beladen. Seit dem 16. Jahr- ne dichte Abfolge von Bronze- und Holzplastiken von werden die flächenmäßigen Dimensionen eines „Wüs- die im Kontext mit den Auseinandersetzungen um die hundert versuchten die Grafen und Fürsten ihre Ein- figürlichen Anfängen bis hin zu einer weitreichenden te“-Werks aufgrund der weitfluchtenden landschaft- Freie Pirsch im Grenzgebiet zwischen der Grafschaft künfte aus der Grafschaft auf Kosten der bäuerlichen Reduzierung von Form und Ausdruck im Alterswerk lichen Situation besonders greifbar. Nur auf den ers- Zollern und Württemberg stehen. Wegen dieser Ausei- Untertanen zu steigern und Lasten auf diese abzuwäl- vorweisen. Dem in Herkunft und Jugend eng mit Sig- ten Blick ist das Gebäude einer ehemaligen Transfor- STAMMTISCHE nandersetzungen gab es zahlreiche Tote. Es sind damit zen. Es gab deshalb als Gegenreaktion zahlreiche, zum maringen und dem oberen Donautal verbundenen Ma- matorenstationdaseinzigenocherhalteneBauwerkdes in beiden Fällen Denkmale, die daran erinnern, dass es Teil gewaltsame Untertanenrebellionen, die 1584 in ler Albert Birkle (1900 – 1986) ist ein dritter Schwer- Unternehmens „Wüste“ auf Engstlatter Gemarkung. auch in der Frühen Neuzeit, also in der Zeit vom 16. bis Owingen begannen und die nie grundlegend beigelegt punkt gewidmet, der neben Ansichten der heimischen Tatsächlich ist noch wesentlich mehr zu sehen, wie bei- Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich zum 18. Jahrhundert, Bürgerrechte gab, um die es da- wurden, beispielsweise mit dauerhaft gültigen Verträ- Landschaft Werke im Stil des expressiven Realismus spielsweise die vielen Bodenfunde beweisen, die in den unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger mals nicht nur gerichtliche Auseinandersetzungen gab, gen. Die Auseinandersetzungen verliefen vorwiegend aus seiner wichtigsten Schaffensperiode in den 1920er letzten Jahren im benachbarten Ried, wo sich das Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- sondernauchgewaltsame. zwischen der bäuerlichen Bevölkerung und der Herr- Jahren enthält. Anschließend geht es zur ganz in der Nä- „Wüste“-Werk 3 befunden hat, ans Tageslicht ge- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. schaft. Die Stadt Hechingen verhielt sich in der Regel he gelegenen Klosterbaustelle Campus Galli. Hier ent- kommen sind. Die Teilnehmer lernen dabei auch die Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- eher zurückhaltend, vor allem deshalb, weil ihre Ver- steht Tag für Tag ein Stück Mittelalter: Handwerker und unterschiedlichen Herangehensweisen der Aufarbei- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, waltungsspitze vom Fürsten maßgeblich kontrolliert Ehrenamtliche schaffen mit den Mitteln des 9. Jahr- tung eines solchen Rüstungsprojekts kennen, das im 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- wurde. hunderts ein Kloster auf Grundlage des St.Galler Klos- Sommer 1944 begonnen hat und im Frühjahr 1945 [email protected] oder gescha- UntertanenkonflikteinderGrafschaft terplans. Dieser Plan ist weltberühmt, gezeichnet wur- schon wieder beendet war. [email protected] sowie Zollern-DenkmalevonNarrenvereinen EntscheidendfürdenAblaufderKonfliktewar,dassin de er vor 1200 Jahren nicht weit entfernt, auf der Insel Anschließend geht es ins Bisinger Museum, dem Sitz über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- der reichsunmittelbaren Grafschaft Zollern Herrschaft Reichenau. Hier bei Meßkirch erwacht nun ein Stück des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen. Nach einer einigung.de. und Untertanen direkt aufeinanderstießen. Vermit- Geschichte zum Leben: ohne Maschinen, ohne mo- kurzer Einführung zur Geschichte des dortigen KZ-Au- telnde Instanzen waren Kommissionen und ab 1699 dernes Werkzeug. Ochsen ziehen Baumstämme zur ßenlagers und „Wüste“-Werks besucht die Gruppe aus- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. DerOwingerFuchsfeiertag insbesondere die höchsten Reichsgerichte, das Reichs- gewählte Orte und Überreste des ehemaligen Öl- kammergerichtinWetzlarundderWienerReichshofrat, schiefergeländes, wozu das ehemalige KZ-Lagerge- ZunächstseiendiebeidenKleindenkmalevorgestellt, die ihre Entscheidungen aber häufig nicht effizient lände, Meilerfeld, Ölbehälter, Gebläsestation, Ab- die an die Untertanenkonflikte in der Grafschaft Zollern durchsetzen konnten. Anlass für den Prozess von 1699 bruchkante sowie das Gelände der ehemaligen Mas- Herausgegeben von der erinnern. Die Geschichte dieser Grafschaft vom 16. war eben jener Fuchs, den die Owinger sich weigerten sengräber gehören. Treffpunkt 10.00 Uhr in Balingen- Heimatkundlichen Vereinigung Jahrhundert bis zu den Jahren 1795/98 wurde von einer für den Fürsten auszugraben, weil sie gemäß der Engstlatt, Dahlienstr. 25 (Privathaus Kleinbach). Teil- Zollernalb nahezu ununterbrochenen Reihe von Auseinanderset- schriftlichen Verträge, die zwischen dem Fürsten und Die Autoren dieser Ausgabe nahme frei. zungen zwischen den Grafen und ab 1623 Fürsten von ihren Untertanen bestanden, zu einer derartigen Fron- Vorsitzender: Hohenzollern-Hechingen und ihren Untertanen ge- leistung nicht verpflichtet waren. Die Weigerung der Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, prägt. Die Konflikte wurden teils gerichtlich, teils ge- Owinger, die eine alte Widerstandstradition besaßen, 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 waltsam ausgetragen und schließlich mit Verträgen hatte weitreichende Folgen. Nachdem der Fürst mit Dr. Karl-Eugen Maulbetsch Freitag, 13. Juli: Halbtagesexkursion mit Dr. Ingrid Geschäftsführung: beigelegt. An diese Geschichte erinnern heute zwei harten Sanktionen reagiert und einen neuen Fronbrief Am Stettberg 9 Helber. „… und hier ist die Pforte des Himmels“. Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, Denkmale, die von Narrenvereinen initiiert wurden. Es aufgezwungen hatte, klagten die Owinger beim Reichs- 72336 Balingen Kleindenkmale und Grabsteine in und bei der Fried- 72461 Albstadt, handeltsichumeineStelemiteinemFuchskopfaufdem kammergericht und hatten einen gewissen Erfolg. Ein hofskirche und in der Stadtkirche in Balingen. Telefon (0 74 32) 68 07 Dorfplatz in Haigerloch-Owingen, der sich auf das Jahr reitender Bote des Reichskammergerichts überbrachte Die Balinger Kunsthistorikerin und Historikerin stellt E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- 1699 bezieht, als eine Reihe von Prozessen und Revolten zu Beginn des Jahres 1700 ein Mandat des Gerichts, das Dr. Peter Thaddäus Lang Auszüge aus ihren Forschungsergebnissen vor. Seit ei- vereinigung.de begann, die in Owingen ihren Anfang nahm. Der Nar- die Owinger von ihrem Untertaneneid entband, soweit Lammerbergstraße 53 nigen Jahren widmen sich viele Institutionen und Fach- renbrunnen in Bisingen bezieht sich auf das Ende der dieser der Klageerhebung entgegenstand, und den Un- 72461 Albstadt leute der Erforschung von Kleindenkmalen. Im Jahr Redaktion: Revolten im Jahre 1798, als der Landesvergleich abge- tertanen sicheres Geleit zusagte. Bei 900 Reichstalern 2018 bietet die Heimatkundliche Vereinigung Zoller- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, schlossen wurde, dem die Bisinger aber nicht beitraten Strafe wurde dem Fürsten verboten, einen Owinger Un- nalb einige Exkursionen zu Kleindenkmalen in der Um- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 und deshalb bis heute den Namen „Nichthuldiger“ tra- Die Stele auf dem Owinger Dorfplatz. tertanen festzunehmen und an der Klageführung zu gebung an. Zu dieser Gattung zählen auch Grabsteine gen. Foto: Kreisarchiv hindern. Der neue Fronbrief, den der Fürst den Owin- Seite 2091 Heimatkundliche Blätter Juni 2018 rand“ sollen die historischen Dimensionen von be- Casimir Bumiller: Der Tod des Waidmanns Gregor Volker Press: Französische Volkserhebungen und stimmten Kleindenkmalen ins Bewusstsein gerückt Blickle. Ein Totschlag des Grafen Jos Niklas von Zollern deutsche Agrarkonflikte zwischen dem 16. und 18. Jahr- werden, die nicht allen Betrachtern der vorgestellten und seine Folgen, in: Zollernalb-Profile Bd. 1, Balin- hundert. In: Beiträge zur historischen Sozialkunde 7 Kleindenkmale bekannt sein dürften. Zugleich soll für gen 1988, S. 104 – 108 (1977), S.76-81; einen bewussten, sensiblen und schonenden Umgang mit Kleindenkmalen geworben werden. Julius Cramer: Die Grafschaft Hohenzollern. Ein Bild ders.: Von den Bauernrevolten des 16. zur konsti- süddeutscher Volkszustände 1400 - 1850, Stuttgart 1873 tutionellen Verfassung des 19. Jahrhunderts. Die Un- tertanenkonflikte in Hohenzollern-Hechingen und ih- Eberhard Elbs: Bisingen und die bäuerlichen Auf- re Lösungen. In: Hermann Weber (Hrsg.), Politische stände in der Grafschaft Hohenzollern, in: 1200 Jahre Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich. Wies- Literaturhinweise Bisingen. Hrsg. v. der Gemeinde Bisingen. Bisingen o.J. baden 1980, S.85 - 112; (1987), S.90-104 Jahrgang 65 30. Juni 2018 Nr. 6 ders.: Der hohenzollern-hechingische Landesver- Helmut Lorenz, Andreas Zekorn: Schätze am We- Die Freie Pirsch. Das Ringen der Talgangbewohner gleich von 1798. Reichsrecht und Untertanenvertre- gesrand. Kleindenkmale im Zollernalbkreis. Ostfil- um die Freie Pirsch bis zu Steinsetzung im Jahr 1583, tung im Zeichen der Französischen Revolution. In: dern: Thorbecke Verlag 2018 (Zollernalb-Profile Reihe hrsg. v. Arbeitskreis Kasten Onstmettingen e.V., Onst- Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 14 (1978), B, Bd. 4) mettingen 1986 (So war es in Onstmettingen Folge 5) S.77-108. Gottlob Ast: Denkmäler: Zeugen der Geschichte ei- Der Landkreis Balingen. Amtliche Kreisbeschrei- Andreas Zekorn: Alte Strukturen und neue Ele- Eine Familie im Widerstand: nes Dorfes. Hrsg. v. Arbeitskreis Kasten Onstmettin- bung, hg. v. Statistischen Landesamt Baden-Würt- mente während der Revolution von 1848/49 in Ho- gen e.V., Albstadt-Tailfingen 1998 (So war es in Onst- temberg in Verbindung mit dem Landkreis Balingen, henzollern, in: Zeitschrift für Hohenzollerische Ge- mettingen Folge 16) 2 Bände, Balingen 1960, 1961, hier: Bd. I, S. 326–329 schichte 35 (1999), S. 7 - 23 Nicolas, Henri und Jeanne Schmit Von Gertrud Graf und Eugen Michelberger, Teil 1 Termine und Exkursionen Die Veranstaltungen der Heimatkundlichen Vereinigung für die Monate Juli bis September

JULI Kleindenkmale und Grabsteine in und bei der Fried- Sonntag, 19. August: Halbtagesexkursion mit Hel- hofskirch und in der Stadtkirche in Balingen. mut Lorenz. Kleindenkmale in Haigerloch Die Balinger Kunsthistorikerin und Historikerin stellt Treffpunkt 14 Uhr am Parkplatz auf dem Schloss- Sonntag, 8. Juli: Fahrrad-Halbtagesexkursion mit Dr. Auszüge aus ihren Forschungsergebnissen vor. Seit ei- feld 10 in Haigerloch. Teilnahme frei. Karl Kleinbach und Dr. Michael Walther. Auf den Spu- nigen Jahren widmen sich viele Institutionen und Fach- ren des Unternehmens „Wüste“ in Engstlatt und Bi- leute der Erforschung von Kleindenkmalen. Im Jahr singen (zusammen mit der KZ-Gedenkstätte Bisin- 2018 bietet die Heimatkundliche Vereinigung Zoller- gen und dem AK „Wüste“ Balingen). nalb einige Exkursionen zu Kleindenkmalen in der Um- SEPTEMBER Die Exkursion beginnt in Balingen-Engstlatt. Dort gebung an. Zu dieser Gattung zählen auch Grabsteine werden die flächenmäßigen Dimensionen eines „Wüs- und -platten sowie Epitaphien, das sind Denkmale für te“-Werks aufgrund der weitfluchtenden landschaft- Verstorbene. Über 40 solcher Kleindenkmale sind in Samstag, 1. September: Tagesexkursion mit Monika lichen Situation besonders greifbar. Nur auf den ers- Balingen erhalten. Eine nicht geringe Anzahl ist aber Medel. Auf den Spuren alten schwäbischen Adels: Alt- ten Blick ist das Gebäude einer ehemaligen Transfor- in den letzten hundert Jahren verloren gegangen. Hin- steußlingen, Schelklingen; Kloster Urspring; Herr- matorenstationdaseinzigenocherhalteneBauwerkdes ter jedem Denkmal stehen trauernde Angehörige und schaftssitz Justingen, abgetragenes Schloss Hohen- Unternehmens „Wüste“ auf Engstlatter Gemarkung. geliebte, verstorbene Menschen. Es zeichneten sich er- justingen Tatsächlich ist noch wesentlich mehr zu sehen, wie bei- schütternde Einzelschicksale ab. Dr. Ingrid Helber hat Busfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- spielsweise die vielen Bodenfunde beweisen, die in den alle noch auf den Denkmalen vorhandenen Texte do- matkundliche Blätter). Umlage 35 Euro für Bus, Ein- letzten Jahren im benachbarten Ried, wo sich das kumentiert, teilweise aus dem Lateinischen übersetzt tritte und Führungen. „Wüste“-Werk 3 befunden hat, ans Tageslicht ge- und analysiert. Aufgrund ihrer seit über 25 Jahren prak- kommen sind. Die Teilnehmer lernen dabei auch die tizierten Erforschung archivalischer Texte zu Balingen unterschiedlichen Herangehensweisen der Aufarbei- konnte sie viele neue Erkenntnisse gewinnen und man- tung eines solchen Rüstungsprojekts kennen, das im che Wissenslücken schließen. Lebensbilder Balinger Sommer 1944 begonnen hat und im Frühjahr 1945 Bürgerinnen und Bürger konnten niedergeschrieben STAMMTISCHE schon wieder beendet war. werden. Allgemein finden die Grabsteine und Denk- Anschließend geht es ins Bisinger Museum, dem Sitz male wenig Beachtung, sind aber kunsthistorisch und des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen. Nach einer historisch von großer Bedeutung. Nach Inaugen- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich unter kurzer Einführung zur Geschichte des dortigen KZ-Au- scheinnahme der erhaltenen Denkmale in und bei der der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Henri, Nicolas und Jeanne Schmit (von links). Fotos: Archiv Robert Schmit ßenlagers und „Wüste“-Werks besucht die Gruppe aus- Friedhofkirche geht es in einem kurzen Fußmarsch in Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- gewählte Orte und Überreste des ehemaligen Öl- die Innenstadt. Nach einer Pause, bei der man sich stär- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. Am 10. Mai 1940, marschiert die Deutsche Wehr- Außenministerium wieder auf. 1955 wechselt er in die berg, Häftlingsnummer 2327 schiefergeländes, wozu das ehemalige KZ-Lagerge- ken kann, wird Dr. Ingrid Helber die Kleindenkmale Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- macht in Luxemburg ein. Privatindustrie. Henri aber erholt sich nicht mehr von Evakuierungsmarsch: ab 17.4.1945 von Schömberg lände, Meilerfeld, Ölbehälter, Gebläsestation, Ab- in der Stadtkirche erläutern. Treffpunkt 14 am Ein- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Nicolas Schmit und sein Bruder Henri widersetzen den Folgen der KZ Haft. Er stirbt am 27. Dezember 1957 aus über Deilingen, Beuron, Pfullendorf, Ostrach, Alts- bruchkante sowie das Gelände der ehemaligen Mas- gang der Friedhofskirche in Balingen. Teilnahme frei. 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- sich von Anfang an den Maßnahmen zur sogenannten und wird in Mondorf les Bains begraben. Nicolas er- hausen, Aulendorf, Waldsee, Wurzach, Treherz, Ait- sengräber gehören. Treffpunkt 10 Uhr in Balingen- [email protected] oder gescha- „Germanisierung“ Luxemburgs. Sie werden Mitglied reicht ein hohes Alter und stirbt am 16. November 2003. rach, Kronburg, Grönenbach, in die Gegend von Kemp- Engstlatt, Dahlienstr. 25 (Privathaus Kleinbach). Teil- [email protected] sowie der LPL, Luxemburger Patriote Liga. Das ist eine Wi- Er wird in Luxemburg Höllerich beigesetzt. ten. Für einige Gruppen endet der Gewaltmarsch erst nahme frei. über heimatkundliche–vereinigung.de. derstandsgruppe, die 1940 von dem Studenten Ray- an der Tiroler Grenze bei Scharnitz. mond Petit gegründet wird. Die Mitglieder beschaffen Flucht vom Todesmarsch: Nicolas entkommt am Freitag, 13. Juli: Halbtagesexkursion mit Dr. Ingrid AUGUST Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. politische und wirtschaftliche Informationen für die Al- Die Verhaftung und ihre Folgen 23.4.1945 bei Kempten, Henri zögert, bleibt in der Ko- Helber. „... und hier ist die Pforte des Himmels“. liierten, bauen Fluchtrouten nach Frankreich und Bel- lonne, flieht erst bei Stötten (oder Stetten?), 35 Kilo- gien auf. Sie verfassen und verteilten Flugblätter, die Am 28.11.1941 erfolgt die erste Verhaftung von Ni- meter nach Kempten. Freitag, 3. August: Halbtagesexkursion mit Alfons über das Referendum aufklären, das die deutschen Be- colas Schmit. Vom 29.11.1941 – 03.12.1941 wird er im Rückkehr nach Luxemburg Koch. Kleindenkmale in Binsdorf satzer durchführen wollen. Nicolas und Henry gehen Gefängnis Luxemburg Grund festgehalten und ver- und Wiederbegegnung: 8.5.1945 Der Rundgang startet bei dem im Jahre 1904 durch Herausgegeben von der ein hohes Risiko ein. Sie werden verhaftet. Auch ihre Fa- hört. Nächste Station ist das KZ Hinzert: 03.12.1941 – den Stadtbrand zerstörten und danach neu erbauten Heimatkundlichen Vereinigung milien sind von Strafmaßnahmen betroffen. Von 1941 28.06.1942. Danach kommt er für kurze Zeit noch ein- Rathaus. Unser Weg führt zum Stadtbrunnen, zur Ka- Zollernalb bis 1945 durchleiden die Brüder verschiedene Kon- mal in Freiheit. Die erneute Verhaftung geschieht am Die Autoren dieser Ausgabe tharinenlinde und zu Feldkreuzen bis zum Platz des zentrationslager. Schließlich treffen sie im „Wüste“- 24.09.1942. Nicolas erhält die Häftlingsnummer: 2330. Situation der Familie vor langer Zeit abgegangenen mittelalterlichen „Un- Vorsitzender: Lager Schömberg aufeinander und im April 1945 wer- Sein Leidensweg führt durch die Lager Hinzert, Stapo Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, teren Stadttors“. Weiter besuchen wir die Kirche St. den sie auf den Todesmarsch gezwungen, dem sie an Trier, Natzweiler, Schömberg, mit Arbeitseinsatz in Zwei Wochen nach der Verhaftung ihres Mannes, 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Markus und das Klostergebäude. Begleitet von zahl- verschiedenen Orten entkommen. Dautmergen. am Morgen des 7. Oktober 1943, um 5 Uhr morgens, Gertrud Graf reichen Hausinschriften zum Stadtbrand führt uns der Geschäftsführung: Nicolas Schmit, kommt am 1. Februar 1914 in Ospern KZ Hinzert: 3.12.1941 – 28.6.1942 dringt die Gestapo in die Wohnung von Jeanne Schmit- Eugen Michelberger Weg zu zwei Gedenksteinen, wovon der eine an einen Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, in Luxemburg zur Welt. Fünf Jahre später, am 2. Sep- Gefängnis Luxemburg Grund: 24.9.1942– 7.1.1943 Pierret ein. Sie erfährt, dass sie umgesiedelt wird. Sie Kreisarchiv im Landratsamt Zollernalbkreis Unglücksfall erinnert, der andere an das ehemalige 72461 Albstadt, tember 1919, wird sein Bruder Henri geboren. Nach KZ Hinzert: 7.1.1943 – 26.1.1943 hat 4 Stunden Zeit, um das Nötigste zu packen und al- 72336 Balingen Weinbaugebiet von Binsdorf. Vorbei am Kesselberg mit Telefon (0 74 32) 68 07 der Schule entscheidet sich Nicolas für eine Ausbil- KZ Natzweiler: 26.1.1943 - ??. 12.1943 les zu regeln. Die beiden Kinder, Monique (3 Jahre) Kreuzwegstationen und Loretokapelle erreichen wir E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- dung in der Verwaltung und erhält danach eine Stelle KZ Schömberg: ? 12.43 und Robert (3 Monate) sollen mit ihr fortgebracht wer- schließlich die Friedhofskapelle von Binsdorf wo un- vereinigung.de als Beamter in der Passstelle des Außenministeriums. KZ Natzweiler: einige Wochen, Mitte 1944 den. Wegen einer Kopfverletzung (nach einem Sturz) Dr. Andreas Zekorn sere Exkursion endet. Anschließend besteht die Mög- Er heiratet Jeanne Pierret (geb. 1917). Aus der Ehe ge- KZ Dautmergen: Herbst 1943, Arbeitskommando darf Robert bei den Großeltern zurückbleiben. Moni- Kreisarchiv im Landratsamt Zollernalbkreis lichkeit einzukehren. Redaktion: hen drei Kinder hervor: Monique, Robert und Marc. - zum Aufbau des Lagers, nachts zurück nach Schöm- que wird mit der Mutter zum Bahnhof gebracht. Dort 72336 Balingen Treffpunkt 15 Uhr am Rathaus in Binsdorf. Teil- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Nach dem Krieg schließen sich Nicolas und Henri der berg hat ein Gestapomann Mitleid und erlaubt, dass die klei- nahme frei 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 LPPD an (Liga der luxemburger politischen Gefange- Henris Weg durch die Lager: Verhaftung am ne Monique zwei Minuten vor Abfahrt des Zuges aus nen und Deportierten). Nicolas nimmt seine Arbeit im 26.01.1943, danach Hinzert, Natzweiler und Schöm- dem Fenster des Waggons gereicht und von ihrer Tan- Seite 2089 Heimatkundliche Blätter Juni 2018 Juni 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2090 Aufstand in der Fasnacht - Tote an der Grenze Der Kampf um Rechte in der frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen, Teil 2 Von Dr. Andreas Zekorn

Tote an der Grenze Jahrhunderts kam es wiederholt mit Württemberg und württembergischen Untertanen zu Tätlichkeiten, Kla- gen wegen Wildschäden, Fällen – angeblicher – Wil- Die zweite Gruppe von Kleindenkmalen stellen die derei, Prozessen und Versuchen, die Differenzen zu an einer ehemaligen Freipirschgrenze aufzufindenden vergleichen. Die Beilegung der Streitigkeiten zwischen Markierungs- und Gedenksteine dar. In der Nähe von den Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und ihren Onstmettingen, das seit 1975 zur Stadt Albstadt ge- eigenen Untertanen gelang, wie bemerkt, erst 1798 im hört, steht ein um 1930 errichteter Gedenkstein, ein sogenannten Landesvergleich, in dem auch die mit der Weißjurafindling, in der Nähe der historischen Frei- Jagd zusammenhängenden Fragen geregelt wurden. pirschgrenze, einer Jagdgrenze. Darin eingelassen ist eine Messingtafel mit der Inschrift: Als Fazit kann gezogen werden, dass unsere Vor- fahren in der Zeit vor 1806 keineswegs rechtlos waren. HIER WURDE / AM 25. JULI, ANNO 1702, / JO- Allerdings kämpften sie um diese Rechte nicht nur mit HANNES KEINATH / VON ONSTMETTINGEN, VATER juristischen Mitteln, sondern auch mit Gewalt. Dabei VON ZWÖLF KINDERN, AUF DER FREIEN PIRSCH / kann seit dem 16. Jahrhundert ein gewisser Verrecht- DURCH EINEN / HOHENZOLLERISCHEN FORST- lichungsprozess festgestellt werden, wie dies gerade der KNECHT / ERSCHOSSEN. Hechinger Landesvergleich belegt.

Der Text erinnert an einen tragischen Todesfall 1702 Im öffentlichen Raum erinnern ungefähr 200 bis 500 im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um das Jahre später ganz unterschiedliche Kleindenkmale an Freipirschgebiet im Grenzgebiet zwischen der Graf- das historische Geschehen. Hinsichtlich der Unterta- schaft Zollern und dem Herzogtum Württemberg. Der Bronzetafel zur Markierung der Freipirschgrenze nenkonflikte sind es Narrenvereine, die nicht nur mit historische Hintergrund führt uns wieder weit zurück. Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis / Hilmar Hahn ihren Narrengruppen, sondern auch mit Kleindenk- Die Grafen von Zollern hatten 1459 von Österreich malen, die in jüngerer Zeit aufgestellt wurden, die Re- ein erbliches Jagdrecht in einem Bezirk verliehen be- tingen in der Nähe des beschriebenen Gedenksteins bellionen thematisieren. Hinsichtlich des ebenfalls sich kommen, der sich etwa von Winterlingen im Süden bis für Johannes Keinath unterhalb des „Gockelers“ (Gren- über mehrere Jahrhunderte hinziehenden Konflikts um zum Zellerhorn im Norden erstreckte. Der Bezirk war ze Gewann Bubenhalde) am Waldrand am Wander- die Freie Pirsch, der relativ eng mit den Untertanen- nicht identisch mit dem Gebiet der Grafschaft Zollern. weg. Aus Rücksicht auf landwirtschaftliche Erforder- Er umfasste auch württembergisches Gebiet und nisse wurde er im Jahre 1986 um etwa 12 Meter ver- grenzte an ein Freipirschgebiet der württembergi- setzt. Auf dem Stein brachte der Onstmettinger Ar- schen Untertanen um Balingen und Ebingen, in dem beitskreis Kasten eine Bronzetafel an, die auf der ho- den Untertanen die Jagd erlaubt war. Wegen der Ab- henzollerischen Seite die Aufschrift trägt: „EHEM. grenzung des Freipirschgebiets gab es seit Ende des JAGDGRENZE FORST“ und auf der württembergi- 15. Jahrhunderts verschiedene gerichtliche, aber auch schen Seite die Aufschrift „1583 – 1849 STEINNR. 5 gewalttätige Auseinandersetzungen. FREIE PIRSCH“. Um den Erhalt dieser Grenzsteine machte sich der genannte Onstmettinger Arbeitskreis Die Stationen der Familie Schmit. Gestaltung: Eugen Michelberger 1582 war die Freipirschgrenze zwischen Württem- verdient, so ermittelten und dokumentierten seine Mit- berg und den Zollern vertraglich festgelegt und im Fol- glieder die Standorte weiterer Freipirschgrenzsteine. te Loul aufgefangen wird. Derselbe Gestapomann ge- Umsiedlung von Jeanne Schmit-Pierret räumen die NS do Slaskie und gehört zu Polen. Das Lager befindet sich gejahr mit „40 hohen Steinen“ markiert worden. Einer nehmigt später eine Begegnung zwischen Jeanne Behörden die Dienstwohnung der Familie Schmit in in einem ehemaligen Kloster. Es liegt an der Stelle, an dieser Freipirschgrenzsteine (110 x 45 x 40 cm), der 1673 Die Festlegung und Markierung der Grenze im Jahr Schmit-Pierret und den Kindern. (Informationen aus Luxemburg-Stadt. Die Kinder kommen zu den Groß- der die Neiße in die Stadt Wartha fließt. neu gesetzt worden war und damit wohl nicht mehr 1582 verhinderte nicht weitere Differenzen, wie der Ge- einem Brief von Frau Schmit-Pierret am 2.8.1999). Ro- eltern Marguerite und Dominique Pierret nach Hol- Am 22. Mai 1944 wird Jeanne Schmit-Pierret aus dem im Original erhalten ist, steht ebenfalls bei Onstmet- denkstein, der an den gewaltsamen Tod von Johannes bert Schmit bestätigt am 17. März 2017, dass die lerich. Die Schwestern Sim und Loul Pierret sowie de- Umsiedlungslager 90 entlassen. Diejenigen zwangs- Keinath erinnert, zeigt. Ein derartiger Todesfall in Zu- Schwester seiner Mutter, Loul Pierret, einen wichtigen ren Bruder Robert Pierret kümmern sich mit den Groß- ausgesiedelten Luxemburger, die bis zur Befreiung sammenhang mit der freien Pirsch war nun nicht ein- Anteil daran hatte, dass die dreijährige Monique noch eltern um die Kinder. durch die Sowjetunion im Januar 1945 in den schlesi- zigartig, wie mit nur zwei Beispielen aus dem 16. und im letzten Moment vor der Zwangsumsiedlung geret- Jeanne Schmit-Pierret wird mit anderen luxem- schen Lagern ausharren mussten, kehrten zum Teil auf 17. Jahrhundert belegt sei. 1536 brachte Graf Jos Nik- tet wurde. Loul Pierret war damals als Übersetzerin für burgischen Frauen und Kindern nach Wartha, in das abenteuerlichen Wegen in die Heimat zurück. Da der las von Zollern persönlich den aus Ebingen stam- das italienische Konsulat in Luxemburg tätig. Sie hatte Umsiedlungslager 90 gebracht. Wartha liegt in Nie- direkte Weg durch Deutschland wegen des noch an- menden Waidmann Gregor Blickle in um. Beziehungen zum italienischen Botschafter. derschlesien, im Riesengebirge, in der Nähe von Gör- dauernden Krieges versperrt war, führte sie der Weg 1698 erschoss ein zollerischer Jäger einen Bürger aus Nach der Verhaftung von Nicolas Schmit und der litz, nahe der tschechischen Grenze. Heute heißt es Bar- in die Heimat über Polen nach Odessa, von dort mit dem württembergischen Truchtelfingen auf würt- dem Schiff nach Marseille und schließlich mit der Bahn tembergischem Freipirschgebiet. nach Luxemburg. (Quelle: Auszug / Extrait: MAMER Ab 1699/1700 war der erwähnte Prozess zwischen 2009 (Juin 2010 - ISBN 13 978 -99959-663.0.0-S. 75-104). den zollerischen Untertanen und ihrem Fürsten vor MAMER im II. Weltkrieg: Jeanny HENRICY). Zu ihren dem Reichskammergericht Wetzlar, einem der beiden Kindern nach Luxemburg darf sie aber nicht zurück. höchsten Reichsgerichte anhängig, bei dem die Frei- SiehatweiterhindenStatuseinerZwangsarbeiterinund pirsch einen der Streitpunkte bildete. 1701 zogen die wird nach Pfaffendorf bei Koblenz beordert. Sie kann zollerischen Untertanen kollektiv auf die Jagd, und es bei einer bekannten Familie (= Apotheker und Ar- kam zu einem Aufstand. Im selben Jahr wurde ein Onst- beitgeber ihres Bruders Robert Pierret) in Nieder- mettinger von zollerischen Jägern angeschossen. In lahnstein wohnen. Sie ist nun einem kriegswichtigen dieser historischen Situation wurde der Onstmettin- Betrieb in Paffendorf zugeordnet, der Kleiderfabrik ger Johannes Keinath am 21. Juni 1702 – auf der Tafel Hermann Gehrmann, die Wehrmachtskleidung her- wird fälschlicherweise der 25. Juli genannt – erschos- stellt, bzw. repariert. Der Arbeitseinsatz dauert von 6.30 sen. Beim Heiligenkopf, einem Felsen nahe des Raich- bis 17.30 Uhr. Für den Hin- und der Rückweg benötigt bergs, trafen der Oberjägermeister von Hohenzollern- sie jeweils eine halbe Stunde. Hechingen, Freiherr Wolfgang Christoph von Bern- Sie leidet sehr unter der Trennung von ihren Kin- hausen, und sein Begleiter auf Keinath, der die beiden dern und ist höchst besorgt um ihren Mann. Jeanne mit dem Gewehr bedrohte. Nach einer mündlichen Schmit-Pierret erkrankt an einem nervösen Herzlei- Auseinandersetzung floh Keinath und wurde verfolgt. den und Asthenie. Am 11.06.1944 richtet Ihr Mann ein Als er auf den Jägermeister anlegte, erschoss ihn die- Rapportgesuch an den Schutzhäftlingslagerführer des ser in Notwehr. Der Vorfall ist aus der Sicht des Frei- Einer der 40 „hohen“ Freipirschgrenzsteine (110 x 45 x 40 cm) Außenkommandos Schömberg. Er bittet darum, Brie- herrn geschildert, der seinem Fürst persönlich darü- von 1583 steht bei Onstmettingen. fe in Zukunft an die neue Adresse seiner Frau schi- ber am 29. Juni 1702 einen schriftlichen Bericht er- Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis / Hilmar Hahn cken zu dürfen. Am 7. Juli 1944 sendet Jeanne Schmit- stattete. Johannes Keinath, als Onstmettinger ein würt- Pierret einen Bittbrief nach Wiesbaden, an den höhe- tembergischer Untertan, hatte vermutlich in dem Ge- aufständen verbunden ist, sind es in Zusammenhang ren SS- und Polizeiführer der Rhein/Westmark. Sie er- biet sein Recht auf die Jagd wahrgenommen, denn das mit diesen Differenzen im 16. Jahrhundert entstan- sucht darum, Ihren Mann aus der Schutzhaft zu ent- Dorf Onstmettingen lag selbst im Freipirschgebiet und dene Markierungssteine, von denen der geschilderte lassen. Das Schreiben zeigt keine Wirkung. Das Leid grenzte an das strittige zollerische Freipirschgebiet. Der 1673 erneuert, 1986 versetzt und um diese Zeit mit ei- geht weiter. Erst im Mai 1945 kann Jeanne nach Lu- Oberjägermeister dürfte Keinath für einen Wilderer ge- ner Bronzetafel versehen wurde, um seine Bedeutung xemburg zurückkehren und erfährt, dass Nicolas lebt halten haben. Trotz eines württembergischen Ersu- zu erklären. Sodann erinnert ein Gedenkstein aus der und sie sich wiedersehen werden. – Die frühere Woh- chens wurde der Freiherr nicht vor Gericht gestellt. Zeit um 1930 an eine begangene Untat, an die Er- nung steht nicht mehr zur Verfügung. In der ersten Zeit schießung eines Familienvaters. Aus: „DIE WARTE“ NR 12 / 1729. KZ Wüste Lager Schömberg. Von rechts: Charles Hausemer, Josef Schilz, Jean Pansin und Nicolas findet die Familie Unterkunft bei den Großeltern. Gedenkstein für den 1702 erschossenen Johannes Keinath. Die Erschießung Keinaths war nicht der letzte Fall ge- Schmit. (Fortsetzung folgt) Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis / Hilmar Hahn waltsamer Auseinandersetzungen. Im Verlaufe des 18. Mit der aktuellen Publikation „Schätze am Weges- Seite 2089 Heimatkundliche Blätter Juni 2018 Juni 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2090 Aufstand in der Fasnacht - Tote an der Grenze Der Kampf um Rechte in der frühen Neuzeit im Spiegel von Kleindenkmalen, Teil 2 Von Dr. Andreas Zekorn

Tote an der Grenze Jahrhunderts kam es wiederholt mit Württemberg und württembergischen Untertanen zu Tätlichkeiten, Kla- gen wegen Wildschäden, Fällen – angeblicher – Wil- Die zweite Gruppe von Kleindenkmalen stellen die derei, Prozessen und Versuchen, die Differenzen zu an einer ehemaligen Freipirschgrenze aufzufindenden vergleichen. Die Beilegung der Streitigkeiten zwischen Markierungs- und Gedenksteine dar. In der Nähe von den Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und ihren Onstmettingen, das seit 1975 zur Stadt Albstadt ge- eigenen Untertanen gelang, wie bemerkt, erst 1798 im hört, steht ein um 1930 errichteter Gedenkstein, ein sogenannten Landesvergleich, in dem auch die mit der Weißjurafindling, in der Nähe der historischen Frei- Jagd zusammenhängenden Fragen geregelt wurden. pirschgrenze, einer Jagdgrenze. Darin eingelassen ist eine Messingtafel mit der Inschrift: Als Fazit kann gezogen werden, dass unsere Vor- fahren in der Zeit vor 1806 keineswegs rechtlos waren. HIER WURDE / AM 25. JULI, ANNO 1702, / JO- Allerdings kämpften sie um diese Rechte nicht nur mit HANNES KEINATH / VON ONSTMETTINGEN, VATER juristischen Mitteln, sondern auch mit Gewalt. Dabei VON ZWÖLF KINDERN, AUF DER FREIEN PIRSCH / kann seit dem 16. Jahrhundert ein gewisser Verrecht- DURCH EINEN / HOHENZOLLERISCHEN FORST- lichungsprozess festgestellt werden, wie dies gerade der KNECHT / ERSCHOSSEN. Hechinger Landesvergleich belegt.

Der Text erinnert an einen tragischen Todesfall 1702 Im öffentlichen Raum erinnern ungefähr 200 bis 500 im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um das Jahre später ganz unterschiedliche Kleindenkmale an Freipirschgebiet im Grenzgebiet zwischen der Graf- das historische Geschehen. Hinsichtlich der Unterta- schaft Zollern und dem Herzogtum Württemberg. Der Bronzetafel zur Markierung der Freipirschgrenze nenkonflikte sind es Narrenvereine, die nicht nur mit historische Hintergrund führt uns wieder weit zurück. Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis / Hilmar Hahn ihren Narrengruppen, sondern auch mit Kleindenk- Die Grafen von Zollern hatten 1459 von Österreich malen, die in jüngerer Zeit aufgestellt wurden, die Re- ein erbliches Jagdrecht in einem Bezirk verliehen be- tingen in der Nähe des beschriebenen Gedenksteins bellionen thematisieren. Hinsichtlich des ebenfalls sich kommen, der sich etwa von Winterlingen im Süden bis für Johannes Keinath unterhalb des „Gockelers“ (Gren- über mehrere Jahrhunderte hinziehenden Konflikts um zum Zellerhorn im Norden erstreckte. Der Bezirk war ze Gewann Bubenhalde) am Waldrand am Wander- die Freie Pirsch, der relativ eng mit den Untertanen- nicht identisch mit dem Gebiet der Grafschaft Zollern. weg. Aus Rücksicht auf landwirtschaftliche Erforder- Er umfasste auch württembergisches Gebiet und nisse wurde er im Jahre 1986 um etwa 12 Meter ver- grenzte an ein Freipirschgebiet der württembergi- setzt. Auf dem Stein brachte der Onstmettinger Ar- schen Untertanen um Balingen und Ebingen, in dem beitskreis Kasten eine Bronzetafel an, die auf der ho- den Untertanen die Jagd erlaubt war. Wegen der Ab- henzollerischen Seite die Aufschrift trägt: „EHEM. grenzung des Freipirschgebiets gab es seit Ende des JAGDGRENZE FORST“ und auf der württembergi- 15. Jahrhunderts verschiedene gerichtliche, aber auch schen Seite die Aufschrift „1583 – 1849 STEINNR. 5 gewalttätige Auseinandersetzungen. FREIE PIRSCH“. Um den Erhalt dieser Grenzsteine machte sich der genannte Onstmettinger Arbeitskreis Die Stationen der Familie Schmit. Gestaltung: Eugen Michelberger 1582 war die Freipirschgrenze zwischen Württem- verdient, so ermittelten und dokumentierten seine Mit- berg und den Zollern vertraglich festgelegt und im Fol- glieder die Standorte weiterer Freipirschgrenzsteine. te Loul aufgefangen wird. Derselbe Gestapomann ge- Umsiedlung von Jeanne Schmit-Pierret räumen die NS do Slaskie und gehört zu Polen. Das Lager befindet sich gejahr mit „40 hohen Steinen“ markiert worden. Einer nehmigt später eine Begegnung zwischen Jeanne Behörden die Dienstwohnung der Familie Schmit in in einem ehemaligen Kloster. Es liegt an der Stelle, an dieser Freipirschgrenzsteine (110 x 45 x 40 cm), der 1673 Die Festlegung und Markierung der Grenze im Jahr Schmit-Pierret und den Kindern. (Informationen aus Luxemburg-Stadt. Die Kinder kommen zu den Groß- der die Neiße in die Stadt Wartha fließt. neu gesetzt worden war und damit wohl nicht mehr 1582 verhinderte nicht weitere Differenzen, wie der Ge- einem Brief von Frau Schmit-Pierret am 2.8.1999). Ro- eltern Marguerite und Dominique Pierret nach Hol- Am 22. Mai 1944 wird Jeanne Schmit-Pierret aus dem im Original erhalten ist, steht ebenfalls bei Onstmet- denkstein, der an den gewaltsamen Tod von Johannes bert Schmit bestätigt am 17. März 2017, dass die lerich. Die Schwestern Sim und Loul Pierret sowie de- Umsiedlungslager 90 entlassen. Diejenigen zwangs- Keinath erinnert, zeigt. Ein derartiger Todesfall in Zu- Schwester seiner Mutter, Loul Pierret, einen wichtigen ren Bruder Robert Pierret kümmern sich mit den Groß- ausgesiedelten Luxemburger, die bis zur Befreiung sammenhang mit der freien Pirsch war nun nicht ein- Anteil daran hatte, dass die dreijährige Monique noch eltern um die Kinder. durch die Sowjetunion im Januar 1945 in den schlesi- zigartig, wie mit nur zwei Beispielen aus dem 16. und im letzten Moment vor der Zwangsumsiedlung geret- Jeanne Schmit-Pierret wird mit anderen luxem- schen Lagern ausharren mussten, kehrten zum Teil auf 17. Jahrhundert belegt sei. 1536 brachte Graf Jos Nik- tet wurde. Loul Pierret war damals als Übersetzerin für burgischen Frauen und Kindern nach Wartha, in das abenteuerlichen Wegen in die Heimat zurück. Da der las von Zollern persönlich den aus Ebingen stam- das italienische Konsulat in Luxemburg tätig. Sie hatte Umsiedlungslager 90 gebracht. Wartha liegt in Nie- direkte Weg durch Deutschland wegen des noch an- menden Waidmann Gregor Blickle in Burladingen um. Beziehungen zum italienischen Botschafter. derschlesien, im Riesengebirge, in der Nähe von Gör- dauernden Krieges versperrt war, führte sie der Weg 1698 erschoss ein zollerischer Jäger einen Bürger aus Nach der Verhaftung von Nicolas Schmit und der litz, nahe der tschechischen Grenze. Heute heißt es Bar- in die Heimat über Polen nach Odessa, von dort mit dem württembergischen Truchtelfingen auf würt- dem Schiff nach Marseille und schließlich mit der Bahn tembergischem Freipirschgebiet. nach Luxemburg. (Quelle: Auszug / Extrait: MAMER Ab 1699/1700 war der erwähnte Prozess zwischen 2009 (Juin 2010 - ISBN 13 978 -99959-663.0.0-S. 75-104). den zollerischen Untertanen und ihrem Fürsten vor MAMER im II. Weltkrieg: Jeanny HENRICY). Zu ihren dem Reichskammergericht Wetzlar, einem der beiden Kindern nach Luxemburg darf sie aber nicht zurück. höchsten Reichsgerichte anhängig, bei dem die Frei- SiehatweiterhindenStatuseinerZwangsarbeiterinund pirsch einen der Streitpunkte bildete. 1701 zogen die wird nach Pfaffendorf bei Koblenz beordert. Sie kann zollerischen Untertanen kollektiv auf die Jagd, und es bei einer bekannten Familie (= Apotheker und Ar- kam zu einem Aufstand. Im selben Jahr wurde ein Onst- beitgeber ihres Bruders Robert Pierret) in Nieder- mettinger von zollerischen Jägern angeschossen. In lahnstein wohnen. Sie ist nun einem kriegswichtigen dieser historischen Situation wurde der Onstmettin- Betrieb in Paffendorf zugeordnet, der Kleiderfabrik ger Johannes Keinath am 21. Juni 1702 – auf der Tafel Hermann Gehrmann, die Wehrmachtskleidung her- wird fälschlicherweise der 25. Juli genannt – erschos- stellt, bzw. repariert. Der Arbeitseinsatz dauert von 6.30 sen. Beim Heiligenkopf, einem Felsen nahe des Raich- bis 17.30 Uhr. Für den Hin- und der Rückweg benötigt bergs, trafen der Oberjägermeister von Hohenzollern- sie jeweils eine halbe Stunde. Hechingen, Freiherr Wolfgang Christoph von Bern- Sie leidet sehr unter der Trennung von ihren Kin- hausen, und sein Begleiter auf Keinath, der die beiden dern und ist höchst besorgt um ihren Mann. Jeanne mit dem Gewehr bedrohte. Nach einer mündlichen Schmit-Pierret erkrankt an einem nervösen Herzlei- Auseinandersetzung floh Keinath und wurde verfolgt. den und Asthenie. Am 11.06.1944 richtet Ihr Mann ein Als er auf den Jägermeister anlegte, erschoss ihn die- Rapportgesuch an den Schutzhäftlingslagerführer des ser in Notwehr. Der Vorfall ist aus der Sicht des Frei- Einer der 40 „hohen“ Freipirschgrenzsteine (110 x 45 x 40 cm) Außenkommandos Schömberg. Er bittet darum, Brie- herrn geschildert, der seinem Fürst persönlich darü- von 1583 steht bei Onstmettingen. fe in Zukunft an die neue Adresse seiner Frau schi- ber am 29. Juni 1702 einen schriftlichen Bericht er- Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis / Hilmar Hahn cken zu dürfen. Am 7. Juli 1944 sendet Jeanne Schmit- stattete. Johannes Keinath, als Onstmettinger ein würt- Pierret einen Bittbrief nach Wiesbaden, an den höhe- tembergischer Untertan, hatte vermutlich in dem Ge- aufständen verbunden ist, sind es in Zusammenhang ren SS- und Polizeiführer der Rhein/Westmark. Sie er- biet sein Recht auf die Jagd wahrgenommen, denn das mit diesen Differenzen im 16. Jahrhundert entstan- sucht darum, Ihren Mann aus der Schutzhaft zu ent- Dorf Onstmettingen lag selbst im Freipirschgebiet und dene Markierungssteine, von denen der geschilderte lassen. Das Schreiben zeigt keine Wirkung. Das Leid grenzte an das strittige zollerische Freipirschgebiet. Der 1673 erneuert, 1986 versetzt und um diese Zeit mit ei- geht weiter. Erst im Mai 1945 kann Jeanne nach Lu- Oberjägermeister dürfte Keinath für einen Wilderer ge- ner Bronzetafel versehen wurde, um seine Bedeutung xemburg zurückkehren und erfährt, dass Nicolas lebt halten haben. Trotz eines württembergischen Ersu- zu erklären. Sodann erinnert ein Gedenkstein aus der und sie sich wiedersehen werden. – Die frühere Woh- chens wurde der Freiherr nicht vor Gericht gestellt. Zeit um 1930 an eine begangene Untat, an die Er- nung steht nicht mehr zur Verfügung. In der ersten Zeit schießung eines Familienvaters. Aus: „DIE WARTE“ NR 12 / 1729. KZ Wüste Lager Schömberg. Von rechts: Charles Hausemer, Josef Schilz, Jean Pansin und Nicolas findet die Familie Unterkunft bei den Großeltern. Gedenkstein für den 1702 erschossenen Johannes Keinath. Die Erschießung Keinaths war nicht der letzte Fall ge- Schmit. (Fortsetzung folgt) Foto: Kreisarchiv Zollernalbkreis / Hilmar Hahn waltsamer Auseinandersetzungen. Im Verlaufe des 18. Mit der aktuellen Publikation „Schätze am Weges- Seite 2091 Heimatkundliche Blätter Juni 2018 rand“ sollen die historischen Dimensionen von be- Casimir Bumiller: Der Tod des Waidmanns Gregor Volker Press: Französische Volkserhebungen und stimmten Kleindenkmalen ins Bewusstsein gerückt Blickle. Ein Totschlag des Grafen Jos Niklas von Zollern deutsche Agrarkonflikte zwischen dem 16. und 18. Jahr- werden, die nicht allen Betrachtern der vorgestellten und seine Folgen, in: Zollernalb-Profile Bd. 1, Balin- hundert. In: Beiträge zur historischen Sozialkunde 7 Kleindenkmale bekannt sein dürften. Zugleich soll für gen 1988, S. 104 – 108 (1977), S.76-81; einen bewussten, sensiblen und schonenden Umgang mit Kleindenkmalen geworben werden. Julius Cramer: Die Grafschaft Hohenzollern. Ein Bild ders.: Von den Bauernrevolten des 16. zur konsti- süddeutscher Volkszustände 1400 - 1850, Stuttgart 1873 tutionellen Verfassung des 19. Jahrhunderts. Die Un- tertanenkonflikte in Hohenzollern-Hechingen und ih- Eberhard Elbs: Bisingen und die bäuerlichen Auf- re Lösungen. In: Hermann Weber (Hrsg.), Politische stände in der Grafschaft Hohenzollern, in: 1200 Jahre Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich. Wies- Literaturhinweise Bisingen. Hrsg. v. der Gemeinde Bisingen. Bisingen o.J. baden 1980, S.85 - 112; (1987), S.90-104 Jahrgang 65 30. Juni 2018 Nr. 6 ders.: Der hohenzollern-hechingische Landesver- Helmut Lorenz, Andreas Zekorn: Schätze am We- Die Freie Pirsch. Das Ringen der Talgangbewohner gleich von 1798. Reichsrecht und Untertanenvertre- gesrand. Kleindenkmale im Zollernalbkreis. Ostfil- um die Freie Pirsch bis zu Steinsetzung im Jahr 1583, tung im Zeichen der Französischen Revolution. In: dern: Thorbecke Verlag 2018 (Zollernalb-Profile Reihe hrsg. v. Arbeitskreis Kasten Onstmettingen e.V., Onst- Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 14 (1978), B, Bd. 4) mettingen 1986 (So war es in Onstmettingen Folge 5) S.77-108. Gottlob Ast: Denkmäler: Zeugen der Geschichte ei- Der Landkreis Balingen. Amtliche Kreisbeschrei- Andreas Zekorn: Alte Strukturen und neue Ele- Eine Familie im Widerstand: nes Dorfes. Hrsg. v. Arbeitskreis Kasten Onstmettin- bung, hg. v. Statistischen Landesamt Baden-Würt- mente während der Revolution von 1848/49 in Ho- gen e.V., Albstadt-Tailfingen 1998 (So war es in Onst- temberg in Verbindung mit dem Landkreis Balingen, henzollern, in: Zeitschrift für Hohenzollerische Ge- mettingen Folge 16) 2 Bände, Balingen 1960, 1961, hier: Bd. I, S. 326–329 schichte 35 (1999), S. 7 - 23 Nicolas, Henri und Jeanne Schmit Von Gertrud Graf und Eugen Michelberger, Teil 1 Termine und Exkursionen Die Veranstaltungen der Heimatkundlichen Vereinigung für die Monate Juli bis September

JULI Kleindenkmale und Grabsteine in und bei der Fried- Sonntag, 19. August: Halbtagesexkursion mit Hel- hofskirch und in der Stadtkirche in Balingen. mut Lorenz. Kleindenkmale in Haigerloch Die Balinger Kunsthistorikerin und Historikerin stellt Treffpunkt 14 Uhr am Parkplatz auf dem Schloss- Sonntag, 8. Juli: Fahrrad-Halbtagesexkursion mit Dr. Auszüge aus ihren Forschungsergebnissen vor. Seit ei- feld 10 in Haigerloch. Teilnahme frei. Karl Kleinbach und Dr. Michael Walther. Auf den Spu- nigen Jahren widmen sich viele Institutionen und Fach- ren des Unternehmens „Wüste“ in Engstlatt und Bi- leute der Erforschung von Kleindenkmalen. Im Jahr singen (zusammen mit der KZ-Gedenkstätte Bisin- 2018 bietet die Heimatkundliche Vereinigung Zoller- gen und dem AK „Wüste“ Balingen). nalb einige Exkursionen zu Kleindenkmalen in der Um- SEPTEMBER Die Exkursion beginnt in Balingen-Engstlatt. Dort gebung an. Zu dieser Gattung zählen auch Grabsteine werden die flächenmäßigen Dimensionen eines „Wüs- und -platten sowie Epitaphien, das sind Denkmale für te“-Werks aufgrund der weitfluchtenden landschaft- Verstorbene. Über 40 solcher Kleindenkmale sind in Samstag, 1. September: Tagesexkursion mit Monika lichen Situation besonders greifbar. Nur auf den ers- Balingen erhalten. Eine nicht geringe Anzahl ist aber Medel. Auf den Spuren alten schwäbischen Adels: Alt- ten Blick ist das Gebäude einer ehemaligen Transfor- in den letzten hundert Jahren verloren gegangen. Hin- steußlingen, Schelklingen; Kloster Urspring; Herr- matorenstationdaseinzigenocherhalteneBauwerkdes ter jedem Denkmal stehen trauernde Angehörige und schaftssitz Justingen, abgetragenes Schloss Hohen- Unternehmens „Wüste“ auf Engstlatter Gemarkung. geliebte, verstorbene Menschen. Es zeichneten sich er- justingen Tatsächlich ist noch wesentlich mehr zu sehen, wie bei- schütternde Einzelschicksale ab. Dr. Ingrid Helber hat Busfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- spielsweise die vielen Bodenfunde beweisen, die in den alle noch auf den Denkmalen vorhandenen Texte do- matkundliche Blätter). Umlage 35 Euro für Bus, Ein- letzten Jahren im benachbarten Ried, wo sich das kumentiert, teilweise aus dem Lateinischen übersetzt tritte und Führungen. „Wüste“-Werk 3 befunden hat, ans Tageslicht ge- und analysiert. Aufgrund ihrer seit über 25 Jahren prak- kommen sind. Die Teilnehmer lernen dabei auch die tizierten Erforschung archivalischer Texte zu Balingen unterschiedlichen Herangehensweisen der Aufarbei- konnte sie viele neue Erkenntnisse gewinnen und man- tung eines solchen Rüstungsprojekts kennen, das im che Wissenslücken schließen. Lebensbilder Balinger Sommer 1944 begonnen hat und im Frühjahr 1945 Bürgerinnen und Bürger konnten niedergeschrieben STAMMTISCHE schon wieder beendet war. werden. Allgemein finden die Grabsteine und Denk- Anschließend geht es ins Bisinger Museum, dem Sitz male wenig Beachtung, sind aber kunsthistorisch und des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen. Nach einer historisch von großer Bedeutung. Nach Inaugen- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich unter kurzer Einführung zur Geschichte des dortigen KZ-Au- scheinnahme der erhaltenen Denkmale in und bei der der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Henri, Nicolas und Jeanne Schmit (von links). Fotos: Archiv Robert Schmit ßenlagers und „Wüste“-Werks besucht die Gruppe aus- Friedhofkirche geht es in einem kurzen Fußmarsch in Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- gewählte Orte und Überreste des ehemaligen Öl- die Innenstadt. Nach einer Pause, bei der man sich stär- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. Am 10. Mai 1940, marschiert die Deutsche Wehr- Außenministerium wieder auf. 1955 wechselt er in die berg, Häftlingsnummer 2327 schiefergeländes, wozu das ehemalige KZ-Lagerge- ken kann, wird Dr. Ingrid Helber die Kleindenkmale Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- macht in Luxemburg ein. Privatindustrie. Henri aber erholt sich nicht mehr von Evakuierungsmarsch: ab 17.4.1945 von Schömberg lände, Meilerfeld, Ölbehälter, Gebläsestation, Ab- in der Stadtkirche erläutern. Treffpunkt 14 am Ein- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Nicolas Schmit und sein Bruder Henri widersetzen den Folgen der KZ Haft. Er stirbt am 27. Dezember 1957 aus über Deilingen, Beuron, Pfullendorf, Ostrach, Alts- bruchkante sowie das Gelände der ehemaligen Mas- gang der Friedhofskirche in Balingen. Teilnahme frei. 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- sich von Anfang an den Maßnahmen zur sogenannten und wird in Mondorf les Bains begraben. Nicolas er- hausen, Aulendorf, Waldsee, Wurzach, Treherz, Ait- sengräber gehören. Treffpunkt 10 Uhr in Balingen- [email protected] oder gescha- „Germanisierung“ Luxemburgs. Sie werden Mitglied reicht ein hohes Alter und stirbt am 16. November 2003. rach, Kronburg, Grönenbach, in die Gegend von Kemp- Engstlatt, Dahlienstr. 25 (Privathaus Kleinbach). Teil- [email protected] sowie der LPL, Luxemburger Patriote Liga. Das ist eine Wi- Er wird in Luxemburg Höllerich beigesetzt. ten. Für einige Gruppen endet der Gewaltmarsch erst nahme frei. über heimatkundliche–vereinigung.de. derstandsgruppe, die 1940 von dem Studenten Ray- an der Tiroler Grenze bei Scharnitz. mond Petit gegründet wird. Die Mitglieder beschaffen Flucht vom Todesmarsch: Nicolas entkommt am Freitag, 13. Juli: Halbtagesexkursion mit Dr. Ingrid AUGUST Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. politische und wirtschaftliche Informationen für die Al- Die Verhaftung und ihre Folgen 23.4.1945 bei Kempten, Henri zögert, bleibt in der Ko- Helber. „... und hier ist die Pforte des Himmels“. liierten, bauen Fluchtrouten nach Frankreich und Bel- lonne, flieht erst bei Stötten (oder Stetten?), 35 Kilo- gien auf. Sie verfassen und verteilten Flugblätter, die Am 28.11.1941 erfolgt die erste Verhaftung von Ni- meter nach Kempten. Freitag, 3. August: Halbtagesexkursion mit Alfons über das Referendum aufklären, das die deutschen Be- colas Schmit. Vom 29.11.1941 – 03.12.1941 wird er im Rückkehr nach Luxemburg Koch. Kleindenkmale in Binsdorf satzer durchführen wollen. Nicolas und Henry gehen Gefängnis Luxemburg Grund festgehalten und ver- und Wiederbegegnung: 8.5.1945 Der Rundgang startet bei dem im Jahre 1904 durch Herausgegeben von der ein hohes Risiko ein. Sie werden verhaftet. Auch ihre Fa- hört. Nächste Station ist das KZ Hinzert: 03.12.1941 – den Stadtbrand zerstörten und danach neu erbauten Heimatkundlichen Vereinigung milien sind von Strafmaßnahmen betroffen. Von 1941 28.06.1942. Danach kommt er für kurze Zeit noch ein- Rathaus. Unser Weg führt zum Stadtbrunnen, zur Ka- Zollernalb bis 1945 durchleiden die Brüder verschiedene Kon- mal in Freiheit. Die erneute Verhaftung geschieht am Die Autoren dieser Ausgabe tharinenlinde und zu Feldkreuzen bis zum Platz des zentrationslager. Schließlich treffen sie im „Wüste“- 24.09.1942. Nicolas erhält die Häftlingsnummer: 2330. Situation der Familie vor langer Zeit abgegangenen mittelalterlichen „Un- Vorsitzender: Lager Schömberg aufeinander und im April 1945 wer- Sein Leidensweg führt durch die Lager Hinzert, Stapo Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, teren Stadttors“. Weiter besuchen wir die Kirche St. den sie auf den Todesmarsch gezwungen, dem sie an Trier, Natzweiler, Schömberg, mit Arbeitseinsatz in Zwei Wochen nach der Verhaftung ihres Mannes, 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Markus und das Klostergebäude. Begleitet von zahl- verschiedenen Orten entkommen. Dautmergen. am Morgen des 7. Oktober 1943, um 5 Uhr morgens, Gertrud Graf reichen Hausinschriften zum Stadtbrand führt uns der Geschäftsführung: Nicolas Schmit, kommt am 1. Februar 1914 in Ospern KZ Hinzert: 3.12.1941 – 28.6.1942 dringt die Gestapo in die Wohnung von Jeanne Schmit- Eugen Michelberger Weg zu zwei Gedenksteinen, wovon der eine an einen Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, in Luxemburg zur Welt. Fünf Jahre später, am 2. Sep- Gefängnis Luxemburg Grund: 24.9.1942– 7.1.1943 Pierret ein. Sie erfährt, dass sie umgesiedelt wird. Sie Kreisarchiv im Landratsamt Zollernalbkreis Unglücksfall erinnert, der andere an das ehemalige 72461 Albstadt, tember 1919, wird sein Bruder Henri geboren. Nach KZ Hinzert: 7.1.1943 – 26.1.1943 hat 4 Stunden Zeit, um das Nötigste zu packen und al- 72336 Balingen Weinbaugebiet von Binsdorf. Vorbei am Kesselberg mit Telefon (0 74 32) 68 07 der Schule entscheidet sich Nicolas für eine Ausbil- KZ Natzweiler: 26.1.1943 - ??. 12.1943 les zu regeln. Die beiden Kinder, Monique (3 Jahre) Kreuzwegstationen und Loretokapelle erreichen wir E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- dung in der Verwaltung und erhält danach eine Stelle KZ Schömberg: ? 12.43 und Robert (3 Monate) sollen mit ihr fortgebracht wer- schließlich die Friedhofskapelle von Binsdorf wo un- vereinigung.de als Beamter in der Passstelle des Außenministeriums. KZ Natzweiler: einige Wochen, Mitte 1944 den. Wegen einer Kopfverletzung (nach einem Sturz) Dr. Andreas Zekorn sere Exkursion endet. Anschließend besteht die Mög- Er heiratet Jeanne Pierret (geb. 1917). Aus der Ehe ge- KZ Dautmergen: Herbst 1943, Arbeitskommando darf Robert bei den Großeltern zurückbleiben. Moni- Kreisarchiv im Landratsamt Zollernalbkreis lichkeit einzukehren. Redaktion: hen drei Kinder hervor: Monique, Robert und Marc. - zum Aufbau des Lagers, nachts zurück nach Schöm- que wird mit der Mutter zum Bahnhof gebracht. Dort 72336 Balingen Treffpunkt 15 Uhr am Rathaus in Binsdorf. Teil- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Nach dem Krieg schließen sich Nicolas und Henri der berg hat ein Gestapomann Mitleid und erlaubt, dass die klei- nahme frei 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 LPPD an (Liga der luxemburger politischen Gefange- Henris Weg durch die Lager: Verhaftung am ne Monique zwei Minuten vor Abfahrt des Zuges aus nen und Deportierten). Nicolas nimmt seine Arbeit im 26.01.1943, danach Hinzert, Natzweiler und Schöm- dem Fenster des Waggons gereicht und von ihrer Tan- Seite 2095 Heimatkundliche Blätter Juli 2018

und die Schicksale der Häftlinge zu erforschen, einen Gedenkpfad und ein Mahnmal zu errichten. Gertrud Graf nimmt 1985 Kontakt auf mit Leon Donven. Er stellt die Verbindung her zur Amicale Natzweiler- Struthof in Luxemburg, einer Vereinigung der luxemburgi- schen Überlebenden des KZ Struthof und seiner Au- ßenlager. Robert Krieps, Marius Pauly, Ernest Gillen und Nicolas Schmit sind die Kontaktpersonen. Sie be- raten und unterstützen die Initiative in Rottweil, die auf ihren Rat hin, am 11. Februar 1987, die „Initiative Gedenkstätte Eckerwald“ gründet. Nicolas Schmit ist einer der Luxemburger, die für das Mahnmal im Ecker- Jahrgang 65 31. Juli 2018 Nr. 7 wald einen beachtlichen Betrag spenden und so die Grundlage für die Verwirklichung der Gedenkstätte schaffen. 1999 übergibt er sogar seinen Häftlingsan- zug an die Initiative Gedenkstätte Eckerwald, als Zei- chen der Anerkennung für deren Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit. Die Initiative präsentiert den An- zug seither bei den Gedenkfeiern.- Balingen – Kirchliches Leben bis zur Zwischen der Familie Schmit und Mitgliedern den Initiatoren Initiative Gedenkstätte Eckerwald entwi- ckelte sich eine tiefe Freundschaft. Nicolas Schmit und Jeanne Schmit-Pierret bleiben unvergessen! Reformation

Quellen Von Dr. Peter Thaddäus Lang - Robert Schmit: Erinnerungen, Fotos und Doku- mente zum Leben seiner Eltern, übermittelt an Ger- Zur Erinnerung an meinen Freund und Kollegen Dr. trud Graf und Eugen Michelberger 2017 Hans Schimpf-Reinhardt ico6a= Sch7it V. von recht=W ?nd enri Sch7it V . von recht=W 7it Fa7i6ie 55 - Nicolas und Jeanne Schmit Pierret: Briefe an Ger- Foto: Archiv"o,ert Sch7it trud Graf So weit bei dem gegenwärtigen Stand der Forschung - Eduard Jeitz: Auszüge aus dem Pressearchiv der zu ersehen ist, hinterließ das Christentum in Balingen Amicale des Anciens de Natzweiler – Struthof Luxem- keinerlei Spuren, wenngleich die frühesten Anfänge dent, einen Bericht über die „Wüste“- Lager und ganz in zwei verschiedenen Zeitungen der Region er- bourg. kirchlichen Lebens bis in die Zeit der alemannischen speziell über das Lager Schörzingen. Er interviewt Le- scheint. In Rottweil schließen sich Bürger zusammen, - Gertrud Graf und Eugen Michelberger: Schicksale Landnahme (233-260 n. Chr.) zurückreichen.I Trotz on Donven in Luxemburg. Viele lesen den Artikel, der die es sich zum Ziel setzten, die Geschichte der Lager Luxemburger Häftlinge. dieses Mangels an konkreten Einzelinformationen ist es möglich, ein klein wenig Licht in das Dunkel zu brin- gen, indem man einige Schlaglichter wirft auf die all- gemeinen, langfristigen Strukturen und Entwick- lungslinien der schwäbischen Kirchengeschichte. Sol- Veranstaltungen und Exkursionen chermaßen kann ein ungefährer Eindruck vermittelt werden von den Umständen, die das kirchliche Leben in Balingen prägten. Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung für die Monate August und September Verschiedene schriftliche und archäologische Quel- len lassen vermuten, dass das Christentum im Verlauf AUGUST feld 10 in Haigerloch. Die Teilnahme bei der Exkur- garete Bühler-Weber: „Die Starzel – ein Killer-Bach?“ des 6. und 7. Jahrhunderts ganz allmählich in die Köpfe sion ist frei. Vom Quellgebiet über Killer, , Rangen- und Herzen der Alemannen einsickerte, auch in dieje- dingen, Bietenhausen zur Mündung bei nigen der frühen Bewohner Balingens. Dabei dürften Freitag, 3. August: Halbtagesexkursion mit Alfons Busfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- teils iroschottische Wanderprediger, teils auch der Koch. Kleindenkmale in Binsdorf SEPTEMBER matkundliche Blätter). Umlage 35 Euro für Fahrt, Ein- durch die bereits christianisierten Franken ausgeübte Der Rundgang startet bei dem im Jahre 1904 durch tritte und Führungen. Druck eine Rolle gespielt haben, denn seit 746 hatten den Stadtbrand zerstörten und danach neu erbauten letztere endgültig die Herrschaft über die Alemannen Rathaus. Unser Weg führt zum Stadtbrunnen, zur Ka- Samstag, 1. September: Tagesexkursion mit Monika gewonnen. Zeugnis für diese ersten Ansätze einer tharinenlinde und zu Feldkreuzen bis zum Platz des Medel. Auf den Spuren alten schwäbischen Adels: Alt- STAMMTISCHE Christianisierung geben beispielsweise die Goldblatt- vor langer Zeit abgegangenen mittelalterlichen „Un- steußlingen, Schelklingen; Kloster Urspring; Herr- kreuze ab, die sich vornehmlich auf der Westalb in Ale- teren Stadttors“. Weiter besuchen wir die Kirche St. schaftssitz Justingen, abgetragenes Schloss Hohen- mannengräbern befanden. In unserer näheren Umge- Markus und das Klostergebäude. Begleitet von zahl- justingen Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich un- bung wären zu nennen die Funde von Pliezhausen, De- reichen Hausinschriften zum Stadtbrand führt uns der Auf den Spuren der einst mächtigen Dynastie der ter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger rendingen, Burgfelden oder Lautlingen. Weg zu zwei Gedenksteinen, wovon der eine an ei- Freien Herren von Steußlingen und zweier ihrer Sei- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- In ebendiesem Zeitraum liegen auch die Anfänge der nen Unglücksfall erinnert, der andere an das ehe- tenlinien besuchen wir zunächst den Stammsitz Alt- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. kirchlichen Organisation. Es entstanden die so ge- malige Weinbaugebiet von Binsdorf. Vorbei am Kes- steußlingen wo man stolz an den bedeutendsten Ver- nannten „Urpfarreien“II – riesige Gebilde mit einem Ra- selberg mit Kreuzwegstationen und Loretokapelle er- treter des Geschlechts erinnert, den streitbaren Erz- dius von 20 bis 30 Kilometern. Angesichts einer derart reichen wir schließlich die Friedhofskapelle von Bins- bischof Anno von Köln, zeitweilig Reichsregent. Als Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- immensen Ausdehnung war an eine intensive Seelsor- dorf wo unsere Exkursion endet. Anschließend be- nächstes geht es ins Gebiet der Lutherischen Berge mit schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, ge nicht zu denken. Wer die Sakramente empfangen steht die Möglichkeit einzukehren. Treffpunkt 15 Uhr der in dezentem evangelischen Rokoko erbauten Pan- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- wollte, der hatte im ungünstigsten Fall fast einen gan- am Rathaus in Binsdorf. Teilnahme frei. kratiuskirche von Weilersteußlingen. Viel zu wenig be- [email protected] oder gescha- zen Tagesmarsch zu bewältigen. Man wird aus diesem kannt ist der größte gotische Freskenzyklus Würt- [email protected] sowie Grund davon ausgehen müssen, dass beispielsweise al- Sonntag, 19. August: Halbtagesexkursion mit Hel- tembergs in der Schelklinger St. Afrakirche, die wir mit über die Homepage heimatkundliche–vereini- le ungetauften Säuglinge des gesamten Sprengels zu mut Lorenz. Kleindenkmale in Haigerloch einer Führung besichtigen. Ebenso geführt werden wir gung.de. ganz bestimmten Terminen innerhalb des Kirchen- Treffpunkt 14 Uhr am Parkplatz auf dem Schloß- zu den historischen Gebäuden des ehem. Klosters Ur- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. jahres zur Pfarrkirche getragen wurden, wo dann eine spring bei einer zauberhaften Karstquelle. Die herr- Massentaufe stattfand. Ein derart wenig praktikables schaftliche Kirche Justingens erstrahlt wieder in fri- System konnte nicht von sehr langer Dauer sein: Über- schem Glanz, eine Stauferstele verweist auf die Be- all in den Urkirchen-Sprengeln errichteten die adeli- deutung des Ortes in früherer Zeit und auch an den Herausgegeben von der gen Grundherren in den größeren Ortschaften Gottes- größten Sohns Justingens wird erinnert - den be- Heimatkundlichen Vereinigung häuser, die zunächst den Urkirchen untergeordnet wa- deutenden Wissenschaftler Johannes Stöffler, der aber Zollernalb ren, dann aber schon bald als selbstständige Kirchen Die Autoren dieser Ausgabe vor allem als „Weltuntergangsprophet“ eine Mas- gleichrangig neben diesen zu stehen kamen. Dieses so Vorsitzender: senpanik auslöste. Ein kurzer Spaziergang bringt uns genannte „Eigenkirchenwesen“ hatte seinen Höhe- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, zu dem Platz auf dem einst das prächtige Renais- punkt im 8. und 9. Jahrhundert.III 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 sanceschloss Hohenjustingen stand, zeitweilig Zu- Gertrud Graf fluchtsstätte des eigenständigen Reformators Schwen- Geschäftsführung: In diesem Zusammenhang könnte also in Balingen Eugen Michelberger ckfeldt. 1837 wurde es niedergerissen, das imposante Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, ein Kirchengebäude errichtet worden sein. Dies in aller Kreisarchiv im Landratsamt Zollernalbkreis Kellergewölbe ist jedoch wieder hergestellt und kann 72461 Albstadt, Regel zwangsläufig am Rande der bereits oft seit Jahr- 72336 Balingen von uns besichtigt werden. Zu Fuß oder mit dem Bus Telefon (0 74 32) 68 07 hunderten vorhandenen Siedlungen – und so auch in geht es hinunter in den einstigen Burgweiler Hütten E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- Balingen: Nach Aussage einer Quelle aus dem Jahr 1255 zu einer Schlusseinkehr. Gutes Schuhwerk empfeh- vereinigung.de befand sich die Pfarrkirche unterhalb der Stadt am Dr. Peter Thaddäus Lang lenswert. Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen 7 Uhr; rechten Ufer der Eyach.IV Sie war der Jungfrau Maria ge- Lammerbergstraße 53 Albstadt-Ebingen, Busbahnhof 7.20 Uhr. Umlage 35 Redaktion: weiht und wurde deshalb „Liebfrauenkirche“ genannt. 72461 Albstadt Euro für Fahrt, Eintritte und Führungen. Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Dies ist übrigens der erste Hinweis auf die Balinger 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 Pfarrkirche. Da dieses Gotteshaus mehrere hundert Samstag, 22. September: Tagesexkursion mit Mar- Meter außerhalb der Stadtmauer lag, wurde schon bald Die Stadtkirche in den 50er-Jahren. Foto: Archiv Lang Seite 2093 Heimatkundliche Blätter Juli 2018 Juli 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2094

nach der Stadtgründung eine Filialkirche innerhalb der ser genannt, denn neben den eher seltenen Mittel- oder Untere Klause. Die Obere Klause scheint die ältere ge- Stadt errichtet. Sie wird 1342 erstmals erwähnt und war Abendmessen wurden stark überwiegend Frühmessen wesen zu sein; sie wird 1399 erstmals erwähnt, soll 1369 dem heiligen Nikolaus geweiht. Auf den Bau dieser Kir- gestiftet. gegründet worden sein und lag wahrscheinlich neben che scheinen die Balinger keine besondere Sorgfalt ver- der bereits erwähnten Ölbergkapelle. Die wenigen, dort wendet haben, denn schon hundert Jahre später er- Solche Altarstiftungen finden sich auch in Balin- lebenden Frauen richteten sich nach der Regel der schien sie dem Generalvikar des Bistums Konstanz der- gen.VIII Die alte Nikolauskirche vor den Mauern beher- Franziskanerinnen. Ihre Hauptaufgabe sahen sie wahr- maßen baufällig, dass er die Genehmigung gab, die Ni- bergte neben dem Hauptaltar noch drei Nebenaltäre, scheinlich in der Krankenpflege. Auch sie waren mit kolauskirche abzubrechen und andernorts neu zu er- die den Heiligen Afra, Petrus und Katharina geweiht frommen Schenkungen bedacht worden; ihr Vermö- richten. Mit dem Bau wurde 1443 begonnen. Allerdings waren und allesamt im 14. Jahrhundert gestiftet wur- gen belief sich auf 300 Gulden, was für die Zeit um 1500 wurde die alte Kapelle keineswegs abgerissen, wie bau- den. Hinzu kamen im 15. Jahrhundert ein Altar zu Eh- dem Wert eines Wohnhauses entsprochen haben dürf- liche Untersuchungen ergeben haben.V Diese alte Ka- ren der Heiligen Sebastian, Barbara und Brigitta wie te. Die Untere Klause gehörte zum Orden der Domini- pelle war nämlich ein stattlicher Bau von derselben auch ein Margarethen-, ein Agathen- und ein Gallus- kanerinnen, wird 1430 erstmals genannt und verfügte Länge und Höhe wie die spätere Stadtkirche und exakt altar. Diese Altäre wurden nach dem Bau der neuen über das nicht unbeträchtliche Vermögen von 1020 an dessen Platz gelegen. Wahrscheinlich hatte die alte Stadtkirche in ebendiese übertragen. Daneben finden Gulden – und das, obwohl die Nonnen ein Armutsge- Kapelle aber keinen Turm, sondern einen Dachreiter, sich mehrere Kapellen, nämlich eine Allen Heiligen ge- lübde abgelegt hatten. Nach dem Brand der Unteren und wahrscheinlich wurde nur der Ostteil der alten Ka- weihte Siechenkapelle außerhalb der Stadt beim Sie- Klause im Jahr 1537 zogen die Frauen zu den Franzis- pelle abgebrochen; an dessen Stelle der heutige Turm chenhaus, die 1440 erstmalig erwähnt ist, dann eine Ka- kanerinnen in die Obere Klause. Neun Jahre später, trat. Der westliche Giebel wurde beibehalten – er er- pelle innerhalb der Stadtmauer zum Ölberg, die 1501 1546, fiel auch diese, die Obere Klause, einem Brand fuhr eine Verbreiterung. Dies hatte zur Folge, dass das und 1508 erwähnt wird, und schließlich eine Ulrich- zum Opfer. Die Klause scheint unmittelbar danach wie- Kirchendach auf halber Höhe einen auch heute noch skapelle, deren Existenz allerdings nicht ganz sicher be- der aufgebaut worden zu sein, aber trotzdem erfolgte deutlich sichtbaren Knick bekam.VI Die alten Umfas- legt ist. Wenn im Jahr 1501 der Balinger Bürger Bar- bereits ein Jahr später die Aufhebung – die Nonnen er- sungsmauern an den Längsseiten blieben erhalten, so tholomäus Rieber eine Predigtpfründe stiftete, so ist hielten eine jährliche Leibrente von 20 Gulden, wenn lange die neuen Längsmauern außerhalb des alten Kir- dies für die damalige Zeit etwas ganz Neues und Mo- sie aus dem Kloster austreten wollten. Diese 20 Gulden chenschiffs hochgezogen wurden. So wurden die got- dernes: Der Stifter denkt nicht an sein eigenes Seelen- dürften kaum zum Leben ausgereicht habenXXXI; kein tesdienstlichen Handlungen in der Kirche nicht durch heil, sondern an das spirituelle Leben seiner Mitbür- Wunder, dass einige der Klosterfrauen von diesem we- die Baumaßnahmen gestört. Die alten Mauern der ger. Die Reformation wirft ihre Schatten voraus! nig großzügigen Angebot keinen Gebrauch machten Längsseiten wurden erst abgerissen, nachdem die neu- und in die Klause nach Engstlatt zogen. en Längsmauern fertiggestellt waren. Das neue Kir- An die alte Pfarrkirche angebaut war ein Beinhaus chenschiff war somit beträchtlich breiter geworden. Die mit einer Kapelle, deren Altar 1352 von einem Rott- Schließlich ist noch die SebastiansbruderschaftXXXII Arbeiten zogen sich über mehrere Jahrzehnte hin, und weiler Geistlichen gestiftet worden war. Man muss sich zu nennen – in ihr hatten sich schon 1468, im Jahr der was dabei entstand, das war ein gotischer Prachtbau, das so vorstellen, dass dieses Gebäude unterkellert war: Gründung, 60 Männer und 26 Frauen aller Schichten Eine Familie im Widerstand: der heute noch zu bewundern ist: die Balinger Stadt- unten ruhten die Gebeine und oben wurde die Messe zusammen gefunden. Der heilige Sebastian war im kirche. Dieses Gotteshaus war zunächst noch dem hei- gelesen. Auf die Nähe zu den Toten ist es zurückzu- Spätmittelalter der am häufigsten gewählte Bruder- ligen Nikolaus geweiht. Ihm gesellte sich die heilige führen, dass diese Beinhaus-Kapellen zuallermeist dem schaftspatron. Seinem Martyrium entsprechend wird Jungfrau Maria hinzu und verdrängte ihn schließlich, heiligen Michael geweiht waren, dem im Mittelalter die er dargestellt als ein römischer Legionär, der an eine Nicolas, Henri und Jeanne Schmit so dass die Balinger Stadtkirche zur Liebfrauenkirche Aufgabe zugesprochen wurde, die Seelen der Verstor- Säule oder einen Baum gebunden und mit unzähligen wurde. Die Erhebung zur Pfarrkirche scheint 1516 er- benen nach dem Jüngsten Gericht in den Himmel zu Pfeilen durchbohrt ist. Da der Pfeil im Mittelalter auch Von Gertrud Graf und Eugen Michelberger, Teil 2 folgt zu sein. Die alte Nikolauskirche außerhalb der führen.IX als Zeichen für die Pest gebraucht wurde, galt der Hei- Mauer war indes wohl doch nicht so baufällig gewesen lige nicht nur als Patron der Schützen, sondern auch Informationen aus den Aufzeichnungen Er bittet den SS Mann Nietsch, Arbeitsdienstführer in Dautmergen wird sein Arbeitskommando nach – sie blieb erhalten und wurde ihrerseits zur Kapelle, Wenn man nun die in Balingen am Vorabend der Re- als Schutzpatron gegen die Pest. Bei den – im Mittelal- und Dokumenten von Nicolas Schmit Struthof,ihnnachSchömbergzurückzusenden.Nietsch Schömberg zurückverlegt. Die Männer müssen nun bei zur Nikolauskapelle. formation tätigen Priester zusammenzählt, so kommt ter zahlreichen – Prozessionen nahm die Bruderschaft meint, das sei unmöglich. Ein paar Tage später jedoch der Zerkleinerung des Schiefers und der Verlegung von man auf zehn, von denen die meisten sehr wenig zu geschlossen teil, wobei eine Bruderschaftsfahne und Von Anfang an verweigert er sich den deutschen Be- teilt er Nicolas Schmit mit, dass er nach Dautmergen Rohren mitarbeiten. Das bedeutet härteste Arbeit, bei Doch zurück zum Eigenkirchenwesen. Seit dessen tun hatten, aber auch wenig zum Leben hatten. Sie eine geschnitzte Figur des Heiligen mitgeführt wurden. satzungsbehörden. Immer wieder erhält er Vorladun- bei Schömberg verlegt würde. Dort entstehe ein wei- jedem Wetter. Nicolas Schmit gelingt es, zwei zivile Vor- Entstehung kämpften nun kirchliche und weltliche suchten sich mit einem Nebenerwerb über Wasser zu In Balingen hatte man sich bereits ein Jahr nach der gen. Am 22. April 1941 wird er aufgefordert, in das 1. Po- teres Lager für das Projekt „Unternehmen Wüste“, ein- arbeiter positiv zu stimmen. Diese erlauben ihm und Machthaber mehrere Jahrhunderte lang um die Be- halten – als Lehrer, Schreiber oder Notar -, oder sie be- Gründung eine solche Fahne zugelegt, und auch eine lizeirevier in Luxemburg Stadt zu kommen. Es geht um gestuft als Außenlager von Natzweiler. Nicolas Schmit seinen Leuten langsamer zu arbeiten. Das ermöglicht setzung kirchlicher Ämter, eine Auseinandersetzung, mühten sich, mehrere Altäre gleichzeitig zu betreuen. Skulptur durfte nicht fehlen. Den Sebastianstag (20. Ja- den Zivilen Luftschutz. Er soll alle Papiere mitbringen, gehört nun einem Schömberger Arbeitskommando an, ihnen das Überleben. Mit einem der deutschen Vor- die im so genannten Investiturstreit gipfelte (ab 1074) Insgesamt hielten sie laufend Ausschau nach einer an- nuar) beging die Bruderschaft naturgemäß besonders auch solche, die darüber Aufschluss geben, ob er Sol- das die Aufbauarbeiten übernehmen muss. Mit Hilfe arbeiter hat Nicolas Schmit nach dem Krieg noch lan- und erst 1122 im Wormser Konkordat zu einem Ende deren, besser bezahlten Stelle. So bald sie eine solche feierlich mit einem anspruchsvoll gestalteten Gottes- dat war (Freiwilligen-Armee in Luxemburg, von Roger Hoffmann, einem anderen Luxemburger ge Kontakt. Das Vorrücken der Alliierten veranlasst im kam. Damit waren rein kirchenrechtlich gesehen aus gefunden hatten, waren sie aus Balingen verschwun- dienst, bei dem ausnehmend viele Kerzen brannten, 13.04.1931.bis 31.07.193). Erneut muss er sich am 1. Au- Häftling und „Lagerältesten“ in Schömberg, gelingt es April 1945 die NS-Funktionsträger, die rechtsrheini- den Kirchenherren PatronatsherrenVII geworden, de- den. Kein Wunder also, wenn ihre Verweildauer in Ba- und weiterhin mit einem großen Festgelage, das aus gust 1942 im Oberbürgermeisteramt melden. Es soll Nicolas Schmit „Lagerältester“ im KZ Dautmergen zu schen Außenlager des KZ Natzweiler zu räumen. Auf nen nur noch ein kleines Bündel von Rechtstiteln ge- lingen auffallend gering war.X der Bruderschaftskasse finanziert wurde. An den Qua- Dokumente vorlegen und Angaben machen über sich, werden. Roger Hofmann sorgt außerdem für die Aus- Befehl des Chefs des Reichs-Sicherheitshauptamtes, blieben war, deren wichtigstes darin bestand, dass der tembertagenXXXIII fanden besondere Bruderschafts- die Familie und die Vorfahren. Das diene der „Erhe- nahmeregelung, dass Nicolas Schmit und seine Ka- Heinrich Himmler, treibt die SS die Häftlinge in Rich- Patronatsherr einen Priester seiner Wahl dem zustän- Eine weitere, oft gebrauchte Möglichkeit, etwas für Gottesdienste mit Fürbittgebeten für die lebenden und bung zur Anlegung der Volkstumskartei“. meraden jeden Abend ins Lager Schömberg zurück- tung der noch nicht besetzten KZ, u.a. Dachau, be- digen Bischof als Kandidaten für seine Pfarrstelle vor- sein Seelenheil zu tun, bestand in Gott gefälligen Wer- die verstorbenen Mitglieder statt. Das für alle diese Ver- Während seiner Zeit im KZ Schömberg wird er plötz- kehren können. Das ist entscheidend, denn die Be- ziehungsweise der fiktiven „Alpenfestung“. „Kein Häft- schlagen durfte. Der Bischof seinerseits setzte dann den ken, beispielsweise in einer Schenkung für die In- anstaltungen erforderliche Geld floss in die Bruder- lich einem Rücktransport nach Natzweiler zugeteilt. In dingungen in Dautmergen sind entsetzlich. Die Häft- ling soll in Feindeshand fallen!“ Für die Schömberger Kandidaten in das Amt ein. Der früheste Hinweis auf standhaltung und Ausstattung eines Gotteshauses. Dies schaftskasseinFormvoneinereinmaligenGebührbeim den drei Tagen nach der Ankunft in Natzweiler muss linge verbringen in den ersten Wochen die Nächte in Häftlinge beginnt der Marsch am 17. April 1945, gegen das Patronatsrecht der Balinger Pfarrkirche findet sich geschah ebenfalls überwiegend in dem Überlassen von Eintritt in die Bruderschaft und von jährlichen Mit- er die Erhängung von 59 Männer aus seinem Trans- Zelten, die direkt im Schlamm aufgestellt sind. Es gibt 21 Uhr. 450 - 600 Mann werden in Marsch gesetzt. Ei- in der bereits erwähnten Quelle aus dem Jahr 1255. Zu Immobilien, deren Pachtzinse für den vorgesehenen gliedsbeiträgen. Außerdem war jedes Mitglied gehal- port miterleben, am ersten Tag sind es 25, am zweiten keine Gelegenheit sich zu waschen oder die Kleidung ne Kolonne umfasst etwa 100 Mann, und ist bewacht dieser Zeit stand dieses Recht den Grafen von Zollern Zweck verwendet wurden. Das Einsammeln und Ver- ten, sich ein silbernes Medaillon mit dem Konterfei des Tag 18 und am dritten Tag 16. Die Bekanntgabe eines zu trocknen.- Nicolas Schmit trägt die Verantwortung von 6 - 8 Wachleuten mit Hunden. Die Wachmann- zu, bei denen es auch verblieb bis zum Übergang Ba- walten dieser Erträge oblag dem so genannten Heili- Heiligen anfertigen zu lassen und dieses um den Hals Urteils oder einer Begründung erfolgt nicht. Nicolas eines „Kapos“, bzw. „Oberkapos“, dazu gehören die schaften kennen sich nicht aus, Kartenmaterial steht lingens an Württemberg im Jahr 1403. genpfleger, denn man vermittelte den Pächtern die zu tragen. Dem Volksglauben zu Folge schützte dieses Schmit erfährt auch nicht, warum er verschont bleibt. Aufgaben eines Vorarbeiters. Nach 3 - 4 Monaten in ihnen nicht zur Verfügung. Deshalb geraten die Ko- Vorstellung, die Pacht gebühre dem Patron der Kirche. Medaillon nicht nur vor Pest. Es verhalf zudem den lonnen immer wieder auf Irrwege und müssen den Weg Im Verlauf des Mittelalters wurde die römische Uni- Der gesamte zur Instandhaltung und Ausstattung die- Schützen zu größerer Treffsicherheit und bewahrte da- neu suchen. Manchmal gehen sie im Kreis und be- versalkirche immer reicher. Das rührte von der Vor- nende Fundus wurde „Kirchenfabrik“XI genannt. Eine vor, von einem Pfeil getroffen zu werden. Eine weitere gegnen sich wieder. Es gibt kaum etwas zu essen. „Wer stellung, dass die Verstorbenen nach ihrem Tod nicht Quelle aus dem Jahr 1502 gibt uns Auskunft über Art Hilfe versprach man sich, wenn man zusätzlich einen nicht mehr kann, soll am Wegesrand erschossen wer- sofort in den Himmel oder in die Hölle kommen, son- und Umfang dieses Vermögens.XII Demnach bezog die kleinen silbernen Pfeil um den Hals trug. Nach dem Ab- den!“ Nicolas Schmit gelingt am 23.04.1945 in der Nä- dern zunächst in das Fegefeuer. (Mit Ausnahme der Balinger Pfarrei allein innerhalb der Stadt Balingen leben eines Mitglieds sollten die Hinterbliebenen des- he von Kempten die Flucht. Sein Bruder Henri (Harry) Heiligen, die nach ihrem Ableben augenblicklich einen Pachterträge aus 59 Wiesen, 56 Äckern, 34 Gärten, 35 sen Medaillon (und gegebenenfalls auch dessen Pfeil) zögert. Er kann erst nach Kempten fliehen. Erst im Mai Platz im Himmel finden). Im Fegefeuer werden die See- HäusernXIII und vier Scheunen, dazu noch aus einer an die Bruderschaft zurück geben. Diese Gegenstände treffen sich die Brüder in Luxemburg wieder bei ihren len der Toten von ihren Sünden gereinigt - und dieser MühleXIV und einer MetzbankXV. Es war nicht wenig, wurden zusammen mit dem Geld und den Rech- Familien. Vorgang kann intensiviert und beschleunigt werden, was da zusammenkam: An Geldwert schon rund 22 nungsbüchern in einer Truhe aufbewahrt.XXXIV wenn die Lebenden für ihre Toten beten. In der Folge Gulden. Ein solcher Betrag galt für einen Geistlichen zu Nicolas Schmit wird mehrfach ausgezeichnet: wurden der Kirche zunehmend häufiger so genannte dieser Zeit als Untergrenze des ExistenzminimumsXVI . Die Rechnungsbücher der Balinger Sebastiansbru- Nicolas Schmit trug in seiner Stellung als Lageräl- Seelgeräte zuteil – das sind (häufig testamentarische) Dazu kamen 179 Viertel und 11 Malter GetreideXVII , au- derschaft sind bis zum Jahr 1528 erhalten, was aber tester / Kapo viel zum Schutz der Kameraden bei. Das Schenkungen von (meist landwirtschaftlich nutzba- ßerdem 11 ½ Pfund Wachs, fünf Hühner, zwei Gänse nicht zwingend bedeutet, dass die Bruderschaft in die- rechnen sie ihm ihr Leben lang hoch an. ren) Immobilien, seltener von Geld. Die Erträge dieser und über hundert EierXVIII . Dazu kamen weitere Ein- sem Jahr aufgelöst wurde. Sie wird aber spätestens bei 28. 01. 1946: das Staatsministerium verleiht Äcker und Wiesen sollten nach dem Wunsch der Schen- nahmen in Geld und Naturalien aus Ostdorf XIX, Hesel- der Einführung der Reformation 1534 ein Ende gefun- ihm „la mention honofirique de 1er dégrée kenden dazu verwendet werden, dass kirchliche Amts- wangenXX, EngstlattXXI, EndingenXXII, ErzingenXXIII , den haben. 21. 05. 1970: Ehrung mit der „Medaille de Mérite träger für ihr Seelenheil beteten. Auf der Ebene einer FrommernXXIV, TieringenXXV, Laufen an der EyachXXVI, des Anciens Militaires Luxem-burgoises“ Pfarrei lief dies meist so ab, dass landwirtschaftlich WeilheimXXVII und PfeffingenXXVIII, die in ihrem Umfang Als Herzog Ulrich in den Jahren 1534 und 1535 die Re- 10. 10. 1970: die Duchesse de Luxembourg nutzbare Güter einer Pfarrkirche oder Kapelle gestiftet den Einkünften aus der Stadt Balingen zumindest formation in Württemberg einführte, wurde die Be- verleiht ihm den Titel „Résistant“ wurden mit der Auflage, dort einen Altar zu errichten, gleichkamen oder diese sogar überstiegen. Summa völkerung nicht nach ihrem Willen gefragt, sondern nur 20. 06. 1971 : „Medaille de l`Internement et an welchem ein Priester regelmäßig eine Messe für das summarum verfügte die Balinger Kirchenfabrik also die PfarrerXXXV. Zu diesem Zweck wurden die beiden de la Déportation et „Croix de LPPD“. Seelenheil des Stifters lesen sollte. Es kam allerdings über ein recht stattliches VermögenXXIX und dürfte da- Theologen Ambrosius Blarer und Erhard Schnepf durch auch vor, dass für einen bereits vorhandenen Alter eine mit zu den größten Grundbesitzern in der Stadt gehört das Herzogtum geschickt, um die Pfarrer Amt für Amt Auch Jeanne Schmit wird hoch geehrt: weitere Messe gestiftet wurde. Der Pachtzins aus die- haben. nach ihrer Einstellung zur neuen Lehre zu befragen. 20. 06. 1971: „Medaille de l`Internement et de sen Gütern bildete die Entlohnung des betreffenden Wer sich weigerte, die neue Lehre anzunehmen, dem la Déportation et „Croix de LPPD“. Priesters. Je nachdem, ob ein solcher Priester Einkünf- Das Bild des kirchlichen Lebens im vorreformatori- wurde eine Bedenkzeit eingeräumt. War er dann im- te von einer Kapelle, von einem Altar oder von einer schen Balingen wäre unvollständig, würde man nicht mer noch nicht bereit, musste er seine Stelle verlassen. Häftlingsanzug von Nicolas Schmit anlässlich der Gedenkfeier im Eckerwald. Messe bezog, wurde er Kaplan, Altarist oder Frühmes- die beiden KlausenXXX erwähnen – die Obere und die (Fortsetzung folgt) Foto Eugen Michelberger 1985 schreibt Jürgen Schübelin, ein deutscher Stu- Seite 2093 Heimatkundliche Blätter Juli 2018 Juli 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2094

nach der Stadtgründung eine Filialkirche innerhalb der ser genannt, denn neben den eher seltenen Mittel- oder Untere Klause. Die Obere Klause scheint die ältere ge- Stadt errichtet. Sie wird 1342 erstmals erwähnt und war Abendmessen wurden stark überwiegend Frühmessen wesen zu sein; sie wird 1399 erstmals erwähnt, soll 1369 dem heiligen Nikolaus geweiht. Auf den Bau dieser Kir- gestiftet. gegründet worden sein und lag wahrscheinlich neben che scheinen die Balinger keine besondere Sorgfalt ver- der bereits erwähnten Ölbergkapelle. Die wenigen, dort wendet haben, denn schon hundert Jahre später er- Solche Altarstiftungen finden sich auch in Balin- lebenden Frauen richteten sich nach der Regel der schien sie dem Generalvikar des Bistums Konstanz der- gen.VIII Die alte Nikolauskirche vor den Mauern beher- Franziskanerinnen. Ihre Hauptaufgabe sahen sie wahr- maßen baufällig, dass er die Genehmigung gab, die Ni- bergte neben dem Hauptaltar noch drei Nebenaltäre, scheinlich in der Krankenpflege. Auch sie waren mit kolauskirche abzubrechen und andernorts neu zu er- die den Heiligen Afra, Petrus und Katharina geweiht frommen Schenkungen bedacht worden; ihr Vermö- richten. Mit dem Bau wurde 1443 begonnen. Allerdings waren und allesamt im 14. Jahrhundert gestiftet wur- gen belief sich auf 300 Gulden, was für die Zeit um 1500 wurde die alte Kapelle keineswegs abgerissen, wie bau- den. Hinzu kamen im 15. Jahrhundert ein Altar zu Eh- dem Wert eines Wohnhauses entsprochen haben dürf- liche Untersuchungen ergeben haben.V Diese alte Ka- ren der Heiligen Sebastian, Barbara und Brigitta wie te. Die Untere Klause gehörte zum Orden der Domini- pelle war nämlich ein stattlicher Bau von derselben auch ein Margarethen-, ein Agathen- und ein Gallus- kanerinnen, wird 1430 erstmals genannt und verfügte Länge und Höhe wie die spätere Stadtkirche und exakt altar. Diese Altäre wurden nach dem Bau der neuen über das nicht unbeträchtliche Vermögen von 1020 an dessen Platz gelegen. Wahrscheinlich hatte die alte Stadtkirche in ebendiese übertragen. Daneben finden Gulden – und das, obwohl die Nonnen ein Armutsge- Kapelle aber keinen Turm, sondern einen Dachreiter, sich mehrere Kapellen, nämlich eine Allen Heiligen ge- lübde abgelegt hatten. Nach dem Brand der Unteren und wahrscheinlich wurde nur der Ostteil der alten Ka- weihte Siechenkapelle außerhalb der Stadt beim Sie- Klause im Jahr 1537 zogen die Frauen zu den Franzis- pelle abgebrochen; an dessen Stelle der heutige Turm chenhaus, die 1440 erstmalig erwähnt ist, dann eine Ka- kanerinnen in die Obere Klause. Neun Jahre später, trat. Der westliche Giebel wurde beibehalten – er er- pelle innerhalb der Stadtmauer zum Ölberg, die 1501 1546, fiel auch diese, die Obere Klause, einem Brand fuhr eine Verbreiterung. Dies hatte zur Folge, dass das und 1508 erwähnt wird, und schließlich eine Ulrich- zum Opfer. Die Klause scheint unmittelbar danach wie- Kirchendach auf halber Höhe einen auch heute noch skapelle, deren Existenz allerdings nicht ganz sicher be- der aufgebaut worden zu sein, aber trotzdem erfolgte deutlich sichtbaren Knick bekam.VI Die alten Umfas- legt ist. Wenn im Jahr 1501 der Balinger Bürger Bar- bereits ein Jahr später die Aufhebung – die Nonnen er- sungsmauern an den Längsseiten blieben erhalten, so tholomäus Rieber eine Predigtpfründe stiftete, so ist hielten eine jährliche Leibrente von 20 Gulden, wenn lange die neuen Längsmauern außerhalb des alten Kir- dies für die damalige Zeit etwas ganz Neues und Mo- sie aus dem Kloster austreten wollten. Diese 20 Gulden chenschiffs hochgezogen wurden. So wurden die got- dernes: Der Stifter denkt nicht an sein eigenes Seelen- dürften kaum zum Leben ausgereicht habenXXXI; kein tesdienstlichen Handlungen in der Kirche nicht durch heil, sondern an das spirituelle Leben seiner Mitbür- Wunder, dass einige der Klosterfrauen von diesem we- die Baumaßnahmen gestört. Die alten Mauern der ger. Die Reformation wirft ihre Schatten voraus! nig großzügigen Angebot keinen Gebrauch machten Längsseiten wurden erst abgerissen, nachdem die neu- und in die Klause nach Engstlatt zogen. en Längsmauern fertiggestellt waren. Das neue Kir- An die alte Pfarrkirche angebaut war ein Beinhaus chenschiff war somit beträchtlich breiter geworden. Die mit einer Kapelle, deren Altar 1352 von einem Rott- Schließlich ist noch die SebastiansbruderschaftXXXII Arbeiten zogen sich über mehrere Jahrzehnte hin, und weiler Geistlichen gestiftet worden war. Man muss sich zu nennen – in ihr hatten sich schon 1468, im Jahr der was dabei entstand, das war ein gotischer Prachtbau, das so vorstellen, dass dieses Gebäude unterkellert war: Gründung, 60 Männer und 26 Frauen aller Schichten Eine Familie im Widerstand: der heute noch zu bewundern ist: die Balinger Stadt- unten ruhten die Gebeine und oben wurde die Messe zusammen gefunden. Der heilige Sebastian war im kirche. Dieses Gotteshaus war zunächst noch dem hei- gelesen. Auf die Nähe zu den Toten ist es zurückzu- Spätmittelalter der am häufigsten gewählte Bruder- ligen Nikolaus geweiht. Ihm gesellte sich die heilige führen, dass diese Beinhaus-Kapellen zuallermeist dem schaftspatron. Seinem Martyrium entsprechend wird Jungfrau Maria hinzu und verdrängte ihn schließlich, heiligen Michael geweiht waren, dem im Mittelalter die er dargestellt als ein römischer Legionär, der an eine Nicolas, Henri und Jeanne Schmit so dass die Balinger Stadtkirche zur Liebfrauenkirche Aufgabe zugesprochen wurde, die Seelen der Verstor- Säule oder einen Baum gebunden und mit unzähligen wurde. Die Erhebung zur Pfarrkirche scheint 1516 er- benen nach dem Jüngsten Gericht in den Himmel zu Pfeilen durchbohrt ist. Da der Pfeil im Mittelalter auch Von Gertrud Graf und Eugen Michelberger, Teil 2 folgt zu sein. Die alte Nikolauskirche außerhalb der führen.IX als Zeichen für die Pest gebraucht wurde, galt der Hei- Mauer war indes wohl doch nicht so baufällig gewesen lige nicht nur als Patron der Schützen, sondern auch Informationen aus den Aufzeichnungen Er bittet den SS Mann Nietsch, Arbeitsdienstführer in Dautmergen wird sein Arbeitskommando nach – sie blieb erhalten und wurde ihrerseits zur Kapelle, Wenn man nun die in Balingen am Vorabend der Re- als Schutzpatron gegen die Pest. Bei den – im Mittelal- und Dokumenten von Nicolas Schmit Struthof,ihnnachSchömbergzurückzusenden.Nietsch Schömberg zurückverlegt. Die Männer müssen nun bei zur Nikolauskapelle. formation tätigen Priester zusammenzählt, so kommt ter zahlreichen – Prozessionen nahm die Bruderschaft meint, das sei unmöglich. Ein paar Tage später jedoch der Zerkleinerung des Schiefers und der Verlegung von man auf zehn, von denen die meisten sehr wenig zu geschlossen teil, wobei eine Bruderschaftsfahne und Von Anfang an verweigert er sich den deutschen Be- teilt er Nicolas Schmit mit, dass er nach Dautmergen Rohren mitarbeiten. Das bedeutet härteste Arbeit, bei Doch zurück zum Eigenkirchenwesen. Seit dessen tun hatten, aber auch wenig zum Leben hatten. Sie eine geschnitzte Figur des Heiligen mitgeführt wurden. satzungsbehörden. Immer wieder erhält er Vorladun- bei Schömberg verlegt würde. Dort entstehe ein wei- jedem Wetter. Nicolas Schmit gelingt es, zwei zivile Vor- Entstehung kämpften nun kirchliche und weltliche suchten sich mit einem Nebenerwerb über Wasser zu In Balingen hatte man sich bereits ein Jahr nach der gen. Am 22. April 1941 wird er aufgefordert, in das 1. Po- teres Lager für das Projekt „Unternehmen Wüste“, ein- arbeiter positiv zu stimmen. Diese erlauben ihm und Machthaber mehrere Jahrhunderte lang um die Be- halten – als Lehrer, Schreiber oder Notar -, oder sie be- Gründung eine solche Fahne zugelegt, und auch eine lizeirevier in Luxemburg Stadt zu kommen. Es geht um gestuft als Außenlager von Natzweiler. Nicolas Schmit seinen Leuten langsamer zu arbeiten. Das ermöglicht setzung kirchlicher Ämter, eine Auseinandersetzung, mühten sich, mehrere Altäre gleichzeitig zu betreuen. Skulptur durfte nicht fehlen. Den Sebastianstag (20. Ja- den Zivilen Luftschutz. Er soll alle Papiere mitbringen, gehört nun einem Schömberger Arbeitskommando an, ihnen das Überleben. Mit einem der deutschen Vor- die im so genannten Investiturstreit gipfelte (ab 1074) Insgesamt hielten sie laufend Ausschau nach einer an- nuar) beging die Bruderschaft naturgemäß besonders auch solche, die darüber Aufschluss geben, ob er Sol- das die Aufbauarbeiten übernehmen muss. Mit Hilfe arbeiter hat Nicolas Schmit nach dem Krieg noch lan- und erst 1122 im Wormser Konkordat zu einem Ende deren, besser bezahlten Stelle. So bald sie eine solche feierlich mit einem anspruchsvoll gestalteten Gottes- dat war (Freiwilligen-Armee in Luxemburg, von Roger Hoffmann, einem anderen Luxemburger ge Kontakt. Das Vorrücken der Alliierten veranlasst im kam. Damit waren rein kirchenrechtlich gesehen aus gefunden hatten, waren sie aus Balingen verschwun- dienst, bei dem ausnehmend viele Kerzen brannten, 13.04.1931.bis 31.07.193). Erneut muss er sich am 1. Au- Häftling und „Lagerältesten“ in Schömberg, gelingt es April 1945 die NS-Funktionsträger, die rechtsrheini- den Kirchenherren PatronatsherrenVII geworden, de- den. Kein Wunder also, wenn ihre Verweildauer in Ba- und weiterhin mit einem großen Festgelage, das aus gust 1942 im Oberbürgermeisteramt melden. Es soll Nicolas Schmit „Lagerältester“ im KZ Dautmergen zu schen Außenlager des KZ Natzweiler zu räumen. Auf nen nur noch ein kleines Bündel von Rechtstiteln ge- lingen auffallend gering war.X der Bruderschaftskasse finanziert wurde. An den Qua- Dokumente vorlegen und Angaben machen über sich, werden. Roger Hofmann sorgt außerdem für die Aus- Befehl des Chefs des Reichs-Sicherheitshauptamtes, blieben war, deren wichtigstes darin bestand, dass der tembertagenXXXIII fanden besondere Bruderschafts- die Familie und die Vorfahren. Das diene der „Erhe- nahmeregelung, dass Nicolas Schmit und seine Ka- Heinrich Himmler, treibt die SS die Häftlinge in Rich- Patronatsherr einen Priester seiner Wahl dem zustän- Eine weitere, oft gebrauchte Möglichkeit, etwas für Gottesdienste mit Fürbittgebeten für die lebenden und bung zur Anlegung der Volkstumskartei“. meraden jeden Abend ins Lager Schömberg zurück- tung der noch nicht besetzten KZ, u.a. Dachau, be- digen Bischof als Kandidaten für seine Pfarrstelle vor- sein Seelenheil zu tun, bestand in Gott gefälligen Wer- die verstorbenen Mitglieder statt. Das für alle diese Ver- Während seiner Zeit im KZ Schömberg wird er plötz- kehren können. Das ist entscheidend, denn die Be- ziehungsweise der fiktiven „Alpenfestung“. „Kein Häft- schlagen durfte. Der Bischof seinerseits setzte dann den ken, beispielsweise in einer Schenkung für die In- anstaltungen erforderliche Geld floss in die Bruder- lich einem Rücktransport nach Natzweiler zugeteilt. In dingungen in Dautmergen sind entsetzlich. Die Häft- ling soll in Feindeshand fallen!“ Für die Schömberger Kandidaten in das Amt ein. Der früheste Hinweis auf standhaltung und Ausstattung eines Gotteshauses. Dies schaftskasseinFormvoneinereinmaligenGebührbeim den drei Tagen nach der Ankunft in Natzweiler muss linge verbringen in den ersten Wochen die Nächte in Häftlinge beginnt der Marsch am 17. April 1945, gegen das Patronatsrecht der Balinger Pfarrkirche findet sich geschah ebenfalls überwiegend in dem Überlassen von Eintritt in die Bruderschaft und von jährlichen Mit- er die Erhängung von 59 Männer aus seinem Trans- Zelten, die direkt im Schlamm aufgestellt sind. Es gibt 21 Uhr. 450 - 600 Mann werden in Marsch gesetzt. Ei- in der bereits erwähnten Quelle aus dem Jahr 1255. Zu Immobilien, deren Pachtzinse für den vorgesehenen gliedsbeiträgen. Außerdem war jedes Mitglied gehal- port miterleben, am ersten Tag sind es 25, am zweiten keine Gelegenheit sich zu waschen oder die Kleidung ne Kolonne umfasst etwa 100 Mann, und ist bewacht dieser Zeit stand dieses Recht den Grafen von Zollern Zweck verwendet wurden. Das Einsammeln und Ver- ten, sich ein silbernes Medaillon mit dem Konterfei des Tag 18 und am dritten Tag 16. Die Bekanntgabe eines zu trocknen.- Nicolas Schmit trägt die Verantwortung von 6 - 8 Wachleuten mit Hunden. Die Wachmann- zu, bei denen es auch verblieb bis zum Übergang Ba- walten dieser Erträge oblag dem so genannten Heili- Heiligen anfertigen zu lassen und dieses um den Hals Urteils oder einer Begründung erfolgt nicht. Nicolas eines „Kapos“, bzw. „Oberkapos“, dazu gehören die schaften kennen sich nicht aus, Kartenmaterial steht lingens an Württemberg im Jahr 1403. genpfleger, denn man vermittelte den Pächtern die zu tragen. Dem Volksglauben zu Folge schützte dieses Schmit erfährt auch nicht, warum er verschont bleibt. Aufgaben eines Vorarbeiters. Nach 3 - 4 Monaten in ihnen nicht zur Verfügung. Deshalb geraten die Ko- Vorstellung, die Pacht gebühre dem Patron der Kirche. Medaillon nicht nur vor Pest. Es verhalf zudem den lonnen immer wieder auf Irrwege und müssen den Weg Im Verlauf des Mittelalters wurde die römische Uni- Der gesamte zur Instandhaltung und Ausstattung die- Schützen zu größerer Treffsicherheit und bewahrte da- neu suchen. Manchmal gehen sie im Kreis und be- versalkirche immer reicher. Das rührte von der Vor- nende Fundus wurde „Kirchenfabrik“XI genannt. Eine vor, von einem Pfeil getroffen zu werden. Eine weitere gegnen sich wieder. Es gibt kaum etwas zu essen. „Wer stellung, dass die Verstorbenen nach ihrem Tod nicht Quelle aus dem Jahr 1502 gibt uns Auskunft über Art Hilfe versprach man sich, wenn man zusätzlich einen nicht mehr kann, soll am Wegesrand erschossen wer- sofort in den Himmel oder in die Hölle kommen, son- und Umfang dieses Vermögens.XII Demnach bezog die kleinen silbernen Pfeil um den Hals trug. Nach dem Ab- den!“ Nicolas Schmit gelingt am 23.04.1945 in der Nä- dern zunächst in das Fegefeuer. (Mit Ausnahme der Balinger Pfarrei allein innerhalb der Stadt Balingen leben eines Mitglieds sollten die Hinterbliebenen des- he von Kempten die Flucht. Sein Bruder Henri (Harry) Heiligen, die nach ihrem Ableben augenblicklich einen Pachterträge aus 59 Wiesen, 56 Äckern, 34 Gärten, 35 sen Medaillon (und gegebenenfalls auch dessen Pfeil) zögert. Er kann erst nach Kempten fliehen. Erst im Mai Platz im Himmel finden). Im Fegefeuer werden die See- HäusernXIII und vier Scheunen, dazu noch aus einer an die Bruderschaft zurück geben. Diese Gegenstände treffen sich die Brüder in Luxemburg wieder bei ihren len der Toten von ihren Sünden gereinigt - und dieser MühleXIV und einer MetzbankXV. Es war nicht wenig, wurden zusammen mit dem Geld und den Rech- Familien. Vorgang kann intensiviert und beschleunigt werden, was da zusammenkam: An Geldwert schon rund 22 nungsbüchern in einer Truhe aufbewahrt.XXXIV wenn die Lebenden für ihre Toten beten. In der Folge Gulden. Ein solcher Betrag galt für einen Geistlichen zu Nicolas Schmit wird mehrfach ausgezeichnet: wurden der Kirche zunehmend häufiger so genannte dieser Zeit als Untergrenze des ExistenzminimumsXVI . Die Rechnungsbücher der Balinger Sebastiansbru- Nicolas Schmit trug in seiner Stellung als Lageräl- Seelgeräte zuteil – das sind (häufig testamentarische) Dazu kamen 179 Viertel und 11 Malter GetreideXVII , au- derschaft sind bis zum Jahr 1528 erhalten, was aber tester / Kapo viel zum Schutz der Kameraden bei. Das Schenkungen von (meist landwirtschaftlich nutzba- ßerdem 11 ½ Pfund Wachs, fünf Hühner, zwei Gänse nicht zwingend bedeutet, dass die Bruderschaft in die- rechnen sie ihm ihr Leben lang hoch an. ren) Immobilien, seltener von Geld. Die Erträge dieser und über hundert EierXVIII . Dazu kamen weitere Ein- sem Jahr aufgelöst wurde. Sie wird aber spätestens bei 28. 01. 1946: das Staatsministerium verleiht Äcker und Wiesen sollten nach dem Wunsch der Schen- nahmen in Geld und Naturalien aus Ostdorf XIX, Hesel- der Einführung der Reformation 1534 ein Ende gefun- ihm „la mention honofirique de 1er dégrée kenden dazu verwendet werden, dass kirchliche Amts- wangenXX, EngstlattXXI, EndingenXXII, ErzingenXXIII , den haben. 21. 05. 1970: Ehrung mit der „Medaille de Mérite träger für ihr Seelenheil beteten. Auf der Ebene einer FrommernXXIV, TieringenXXV, Laufen an der EyachXXVI, des Anciens Militaires Luxem-burgoises“ Pfarrei lief dies meist so ab, dass landwirtschaftlich WeilheimXXVII und PfeffingenXXVIII, die in ihrem Umfang Als Herzog Ulrich in den Jahren 1534 und 1535 die Re- 10. 10. 1970: die Duchesse de Luxembourg nutzbare Güter einer Pfarrkirche oder Kapelle gestiftet den Einkünften aus der Stadt Balingen zumindest formation in Württemberg einführte, wurde die Be- verleiht ihm den Titel „Résistant“ wurden mit der Auflage, dort einen Altar zu errichten, gleichkamen oder diese sogar überstiegen. Summa völkerung nicht nach ihrem Willen gefragt, sondern nur 20. 06. 1971 : „Medaille de l`Internement et an welchem ein Priester regelmäßig eine Messe für das summarum verfügte die Balinger Kirchenfabrik also die PfarrerXXXV. Zu diesem Zweck wurden die beiden de la Déportation et „Croix de LPPD“. Seelenheil des Stifters lesen sollte. Es kam allerdings über ein recht stattliches VermögenXXIX und dürfte da- Theologen Ambrosius Blarer und Erhard Schnepf durch auch vor, dass für einen bereits vorhandenen Alter eine mit zu den größten Grundbesitzern in der Stadt gehört das Herzogtum geschickt, um die Pfarrer Amt für Amt Auch Jeanne Schmit wird hoch geehrt: weitere Messe gestiftet wurde. Der Pachtzins aus die- haben. nach ihrer Einstellung zur neuen Lehre zu befragen. 20. 06. 1971: „Medaille de l`Internement et de sen Gütern bildete die Entlohnung des betreffenden Wer sich weigerte, die neue Lehre anzunehmen, dem la Déportation et „Croix de LPPD“. Priesters. Je nachdem, ob ein solcher Priester Einkünf- Das Bild des kirchlichen Lebens im vorreformatori- wurde eine Bedenkzeit eingeräumt. War er dann im- te von einer Kapelle, von einem Altar oder von einer schen Balingen wäre unvollständig, würde man nicht mer noch nicht bereit, musste er seine Stelle verlassen. Häftlingsanzug von Nicolas Schmit anlässlich der Gedenkfeier im Eckerwald. Messe bezog, wurde er Kaplan, Altarist oder Frühmes- die beiden KlausenXXX erwähnen – die Obere und die (Fortsetzung folgt) Foto Eugen Michelberger 1985 schreibt Jürgen Schübelin, ein deutscher Stu- Seite 2095 Heimatkundliche Blätter Juli 2018

und die Schicksale der Häftlinge zu erforschen, einen Gedenkpfad und ein Mahnmal zu errichten. Gertrud Graf nimmt 1985 Kontakt auf mit Leon Donven. Er stellt die Verbindung her zur Amicale Natzweiler- Struthof in Luxemburg, einer Vereinigung der luxemburgi- schen Überlebenden des KZ Struthof und seiner Au- ßenlager. Robert Krieps, Marius Pauly, Ernest Gillen und Nicolas Schmit sind die Kontaktpersonen. Sie be- raten und unterstützen die Initiative in Rottweil, die auf ihren Rat hin, am 11. Februar 1987, die „Initiative Gedenkstätte Eckerwald“ gründet. Nicolas Schmit ist einer der Luxemburger, die für das Mahnmal im Ecker- Jahrgang 65 31. Juli 2018 Nr. 7 wald einen beachtlichen Betrag spenden und so die Grundlage für die Verwirklichung der Gedenkstätte schaffen. 1999 übergibt er sogar seinen Häftlingsan- zug an die Initiative Gedenkstätte Eckerwald, als Zei- chen der Anerkennung für deren Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit. Die Initiative präsentiert den An- zug seither bei den Gedenkfeiern.- Balingen – Kirchliches Leben bis zur Zwischen der Familie Schmit und Mitgliedern den Initiatoren Initiative Gedenkstätte Eckerwald entwi- ckelte sich eine tiefe Freundschaft. Nicolas Schmit und Jeanne Schmit-Pierret bleiben unvergessen! Reformation

Quellen Von Dr. Peter Thaddäus Lang - Robert Schmit: Erinnerungen, Fotos und Doku- mente zum Leben seiner Eltern, übermittelt an Ger- Zur Erinnerung an meinen Freund und Kollegen Dr. trud Graf und Eugen Michelberger 2017 Hans Schimpf-Reinhardt ico6a= Sch7it V. von recht=W ?nd enri Sch7it V . von recht=W 7it Fa7i6ie 55 - Nicolas und Jeanne Schmit Pierret: Briefe an Ger- Foto: Archiv"o,ert Sch7it trud Graf So weit bei dem gegenwärtigen Stand der Forschung - Eduard Jeitz: Auszüge aus dem Pressearchiv der zu ersehen ist, hinterließ das Christentum in Balingen Amicale des Anciens de Natzweiler – Struthof Luxem- keinerlei Spuren, wenngleich die frühesten Anfänge dent, einen Bericht über die „Wüste“- Lager und ganz in zwei verschiedenen Zeitungen der Region er- bourg. kirchlichen Lebens bis in die Zeit der alemannischen speziell über das Lager Schörzingen. Er interviewt Le- scheint. In Rottweil schließen sich Bürger zusammen, - Gertrud Graf und Eugen Michelberger: Schicksale Landnahme (233-260 n. Chr.) zurückreichen.I Trotz on Donven in Luxemburg. Viele lesen den Artikel, der die es sich zum Ziel setzten, die Geschichte der Lager Luxemburger Häftlinge. dieses Mangels an konkreten Einzelinformationen ist es möglich, ein klein wenig Licht in das Dunkel zu brin- gen, indem man einige Schlaglichter wirft auf die all- gemeinen, langfristigen Strukturen und Entwick- lungslinien der schwäbischen Kirchengeschichte. Sol- Veranstaltungen und Exkursionen chermaßen kann ein ungefährer Eindruck vermittelt werden von den Umständen, die das kirchliche Leben in Balingen prägten. Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung für die Monate August und September Verschiedene schriftliche und archäologische Quel- len lassen vermuten, dass das Christentum im Verlauf AUGUST feld 10 in Haigerloch. Die Teilnahme bei der Exkur- garete Bühler-Weber: „Die Starzel – ein Killer-Bach?“ des 6. und 7. Jahrhunderts ganz allmählich in die Köpfe sion ist frei. Vom Quellgebiet über Killer, Jungingen, Rangen- und Herzen der Alemannen einsickerte, auch in dieje- dingen, Bietenhausen zur Mündung bei Bieringen nigen der frühen Bewohner Balingens. Dabei dürften Freitag, 3. August: Halbtagesexkursion mit Alfons Busfahrt (Abfahrtszeiten siehe Homepage und Hei- teils iroschottische Wanderprediger, teils auch der Koch. Kleindenkmale in Binsdorf SEPTEMBER matkundliche Blätter). Umlage 35 Euro für Fahrt, Ein- durch die bereits christianisierten Franken ausgeübte Der Rundgang startet bei dem im Jahre 1904 durch tritte und Führungen. Druck eine Rolle gespielt haben, denn seit 746 hatten den Stadtbrand zerstörten und danach neu erbauten letztere endgültig die Herrschaft über die Alemannen Rathaus. Unser Weg führt zum Stadtbrunnen, zur Ka- Samstag, 1. September: Tagesexkursion mit Monika gewonnen. Zeugnis für diese ersten Ansätze einer tharinenlinde und zu Feldkreuzen bis zum Platz des Medel. Auf den Spuren alten schwäbischen Adels: Alt- STAMMTISCHE Christianisierung geben beispielsweise die Goldblatt- vor langer Zeit abgegangenen mittelalterlichen „Un- steußlingen, Schelklingen; Kloster Urspring; Herr- kreuze ab, die sich vornehmlich auf der Westalb in Ale- teren Stadttors“. Weiter besuchen wir die Kirche St. schaftssitz Justingen, abgetragenes Schloss Hohen- mannengräbern befanden. In unserer näheren Umge- Markus und das Klostergebäude. Begleitet von zahl- justingen Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich un- bung wären zu nennen die Funde von Pliezhausen, De- reichen Hausinschriften zum Stadtbrand führt uns der Auf den Spuren der einst mächtigen Dynastie der ter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger rendingen, Burgfelden oder Lautlingen. Weg zu zwei Gedenksteinen, wovon der eine an ei- Freien Herren von Steußlingen und zweier ihrer Sei- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- In ebendiesem Zeitraum liegen auch die Anfänge der nen Unglücksfall erinnert, der andere an das ehe- tenlinien besuchen wir zunächst den Stammsitz Alt- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. kirchlichen Organisation. Es entstanden die so ge- malige Weinbaugebiet von Binsdorf. Vorbei am Kes- steußlingen wo man stolz an den bedeutendsten Ver- nannten „Urpfarreien“II – riesige Gebilde mit einem Ra- selberg mit Kreuzwegstationen und Loretokapelle er- treter des Geschlechts erinnert, den streitbaren Erz- dius von 20 bis 30 Kilometern. Angesichts einer derart reichen wir schließlich die Friedhofskapelle von Bins- bischof Anno von Köln, zeitweilig Reichsregent. Als Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- immensen Ausdehnung war an eine intensive Seelsor- dorf wo unsere Exkursion endet. Anschließend be- nächstes geht es ins Gebiet der Lutherischen Berge mit schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, ge nicht zu denken. Wer die Sakramente empfangen steht die Möglichkeit einzukehren. Treffpunkt 15 Uhr der in dezentem evangelischen Rokoko erbauten Pan- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- wollte, der hatte im ungünstigsten Fall fast einen gan- am Rathaus in Binsdorf. Teilnahme frei. kratiuskirche von Weilersteußlingen. Viel zu wenig be- [email protected] oder gescha- zen Tagesmarsch zu bewältigen. Man wird aus diesem kannt ist der größte gotische Freskenzyklus Würt- [email protected] sowie Grund davon ausgehen müssen, dass beispielsweise al- Sonntag, 19. August: Halbtagesexkursion mit Hel- tembergs in der Schelklinger St. Afrakirche, die wir mit über die Homepage heimatkundliche–vereini- le ungetauften Säuglinge des gesamten Sprengels zu mut Lorenz. Kleindenkmale in Haigerloch einer Führung besichtigen. Ebenso geführt werden wir gung.de. ganz bestimmten Terminen innerhalb des Kirchen- Treffpunkt 14 Uhr am Parkplatz auf dem Schloß- zu den historischen Gebäuden des ehem. Klosters Ur- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste willkommen. jahres zur Pfarrkirche getragen wurden, wo dann eine spring bei einer zauberhaften Karstquelle. Die herr- Massentaufe stattfand. Ein derart wenig praktikables schaftliche Kirche Justingens erstrahlt wieder in fri- System konnte nicht von sehr langer Dauer sein: Über- schem Glanz, eine Stauferstele verweist auf die Be- all in den Urkirchen-Sprengeln errichteten die adeli- deutung des Ortes in früherer Zeit und auch an den Herausgegeben von der gen Grundherren in den größeren Ortschaften Gottes- größten Sohns Justingens wird erinnert - den be- Heimatkundlichen Vereinigung häuser, die zunächst den Urkirchen untergeordnet wa- deutenden Wissenschaftler Johannes Stöffler, der aber Zollernalb ren, dann aber schon bald als selbstständige Kirchen Die Autoren dieser Ausgabe vor allem als „Weltuntergangsprophet“ eine Mas- gleichrangig neben diesen zu stehen kamen. Dieses so Vorsitzender: senpanik auslöste. Ein kurzer Spaziergang bringt uns genannte „Eigenkirchenwesen“ hatte seinen Höhe- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, zu dem Platz auf dem einst das prächtige Renais- punkt im 8. und 9. Jahrhundert.III 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 sanceschloss Hohenjustingen stand, zeitweilig Zu- Gertrud Graf fluchtsstätte des eigenständigen Reformators Schwen- Geschäftsführung: In diesem Zusammenhang könnte also in Balingen Eugen Michelberger ckfeldt. 1837 wurde es niedergerissen, das imposante Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, ein Kirchengebäude errichtet worden sein. Dies in aller Kreisarchiv im Landratsamt Zollernalbkreis Kellergewölbe ist jedoch wieder hergestellt und kann 72461 Albstadt, Regel zwangsläufig am Rande der bereits oft seit Jahr- 72336 Balingen von uns besichtigt werden. Zu Fuß oder mit dem Bus Telefon (0 74 32) 68 07 hunderten vorhandenen Siedlungen – und so auch in geht es hinunter in den einstigen Burgweiler Hütten E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- Balingen: Nach Aussage einer Quelle aus dem Jahr 1255 zu einer Schlusseinkehr. Gutes Schuhwerk empfeh- vereinigung.de befand sich die Pfarrkirche unterhalb der Stadt am Dr. Peter Thaddäus Lang lenswert. Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen 7 Uhr; rechten Ufer der Eyach.IV Sie war der Jungfrau Maria ge- Lammerbergstraße 53 Albstadt-Ebingen, Busbahnhof 7.20 Uhr. Umlage 35 Redaktion: weiht und wurde deshalb „Liebfrauenkirche“ genannt. 72461 Albstadt Euro für Fahrt, Eintritte und Führungen. Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Dies ist übrigens der erste Hinweis auf die Balinger 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 Pfarrkirche. Da dieses Gotteshaus mehrere hundert Samstag, 22. September: Tagesexkursion mit Mar- Meter außerhalb der Stadtmauer lag, wurde schon bald Die Stadtkirche in den 50er-Jahren. Foto: Archiv Lang Seite 2099 Heimatkundliche Blätter August 2018 im Balinger Heimatmuseum zu finden (Fritz Scheerer, XXXVII Ebenda S. 76. f. 49; A 1 1587 I f. 55; A 1 1587 II f. 51; A 1 1588 I f. 57; A 1 Balinger Bruderschaften, wie Anm. 32). Bei der dort auf- XXXVIII Fritz Scheerer, Die Reformation in unserer 1588 II f. 52; A 1 1589 I f. 49; A 1 1590 f. 61. Weitere Be- bewahrten Truhe handelt es sich um ein späteres Ex- Heimat. In: Heimatkundliche Blätter 1967, S. 658-664, lege im Landeskirchlichen Archiv s. Ernst Walter Zee- emplar der Balinger Handwerker-Bruderschaft aus hier S. 659. den (Hrsg.), Repertorium der Kirchenvisitationsakten nachreformatorischer Zeit (freundliche Mitteilung von XXXIXEbenda. des 16. und 17. Jahrhunderts Bd. 2: Baden-Württem- Stadtarchivar Dr. Schimpf-Reinhardt). XLDas Folgende nach Brecht/Ehmer (wie Anm. 34) berg, Teilband II, Stuttgart 1987, S. 299 (1601), 319 XXXV Martin Brecht / Hermann Ehmer (Hrsgg.), Süd- S. 293-304. (1602), 336 (1603), 363 (1621), 389 (1653), 413 (1654), westdeutsche Reformationsgeschichte. Zur Einfüh- XLI Fritz Scheerer (wie Anm. 38) S. 663. 420 (1655), 433 (1657), 443 (1658) 455 (1659), 467 (1660), rung der Reformation im Herzogtum Württemberg XLII Brecht/Ehmer (wie Anm. 35) S. 316. 496 (1661), 506 (1662-1665), 512 (1663), 523 (1665), 534 1534, Stuttgart 1984, S. 210. XLIII Im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart, A 12 Nr. (1666), 541 (1667), 558 (1672), 572 (1676), 601 (1676), XXXVI Gustav Bossert, Aus den ersten Tagen der Re- 41 1580 f. 405-408; A 1 1581 f. 53; A 1 1582 f. 41; A 1 1583 605 (1677), 617 (1678), 627 (1679), 636 (1680), 646 (1680), formation in Balingen, in: Blätter für württembergische I f. 43; A 1 1583 II f. 52; A 1 1584 I f. 58; A 1 1584 II f. 52; A 662 (1683), 670 (1684), 709 (1685), 770 (1692), 789 (1695), Jahrgang 65 31. August 2018 Nr. 8 Kirchengeschichte 1910, S. 72-87. 1 1585 I f. 48; A 1 1585 II f. 45; A 1 1586 I f. 44; A 1 1586 II 800 (1697), 811 (1699). Veranstaltungen und Exkursionen Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung im September und Oktober

SEPTEMBER im Starzeltal, in deren Folge drei Frauen ertranken, und endorf, oberhalb der Tennisplätze, des Gasthaus „Berg- so wurde das „Killer valley“ zum Topthema in der Ta- hütte“ und des Berghof). Die Teilnahme ist frei. gesschau. Zum anderen aber wird aus historischen Samstag, 1. September: Tagesexkursion mit Monika Gründen das Starzeltal von der Quelle bis nach He- Mittwoch, 10. Oktober: Filmabend mit Dorothea Reu- Medel. Auf den Spuren alten schwäbischen Adels: Alt- chingen Killertal genannt. Namensgebend ist da Dorf ter: „Alt und neu“. Filme aus dem Stadtarchiv Alb- steußlingen, Schelklingen; Kloster Urspring; Herr- Killer, dessen Pfarrei für den Teil des Tales zuständig stadt. In Kooperation mit der VHS Albstadt schaftssitz Justingen, abgetragenes Schloss Hohen- war. Kurz unterhalb von Neuweiler auf der Straße nach Das Stadtarchiv Albstadt verfügt über eine stattli- justingen Hausen im Killertal liegt das Quellgebiet der Starzel. cheAnzahlvonFilmen,zudenenjedesJahrimmermehr Auf den Spuren der einst mächtigen Dynastie der Die Fahrt geht über Hausen, Starzeln nach Killer, wo hinzukommen. In Schwarzweiß oder Farbe, mit und Freien Herren von Steußlingen und zweier ihrer Sei- der Besuch des Peitschenmuseums ansteht. In dem ohne Ton dokumentieren sie unsere Stadt, ihre Men- tenlinien besuchen wir zunächst den Stammsitz Alt- ehemaligen Bahnhofsgebäude wird die Geschichte und schen und ihre Geschichte(n). Vergangenes wird so ge- steußlingen wo man stolz an den bedeutendsten Ver- Herstellung von Fuhr- oder Stockpeitschen gezeigt. Der zeigt, wie es die Filmemacher über Jahrzehnte hinweg treter des Geschlechts erinnert, den streitbaren Erz- nächste Ort ist Jungingen. Die über 500 Jahre alte St- An- selbst gesehen und erlebt haben. An diesem Abend wird bischof Anno von Köln, zeitweilig Reichsregent. Als na-Kapelle ist vor allem wegen ihrer interessanten Bo- eine Auswahl an Episoden aus den 1930er bis 1990er nächstes geht es ins Gebiet der Lutherischen Berge mit denfliesen sehenswert. Auf Grund von Platzmangel Jahren gezeigt: Feuerwehrübungen in Onstmettingen, der in dezentem evangelischen Rokoko erbauten Pan- baute man im 15. Jh. die heutige Pfarr- und Wall- Fußballspielen in Laufen, Feste in den verschiedenen kratiuskirche von Weilersteußlingen. Viel zu wenig be- fahrtskirche St. Sylvester. 1819 wurde sie erweitert. Der Teilorten, Szenen aus Tailfinger Trikotfirmen und noch kannt ist der größte gotische Freskenzyklus Württem- neue Bau bot Platz für die Bauernglocke aus dem 14. viel mehr. Gehen Sie mit uns auf eine Zeitreise in die bergs in der Schelklinger St. Afrakirche, die wir mit ei- Jh., die Jungingen bedeutendstes Kulturdenkmal ist. Vergangenheit und lassen Sie sich überraschen von Alt- ner Führung besichtigen. Ebenso geführt werden wir Nach der Mittagspause wird die ehemalige Kloster- bekanntem oder auch neuem Unbekannten. zu den historischen Gebäuden des ehem. Klosters Ur- kirche zum Heiligen Kreuz in besich- 20 Uhr. Albstadt-Ebingen, Bildungszentrum Unoth, spring bei einer zauberhaften Karstquelle. Die herr- tigt. Bei einer interessanten Führung wird die beson- Johannesstr. 5, Großer Saal. Der Eintritt ist frei. schaftliche Kirche Justingens erstrahlt wieder in fri- dere Ausstattung der Kirche erläutert. Die letzte Sta- schem Glanz, eine Stauferstele verweist auf die Be- tion der Exkursion ist das Diasporahaus Bietenhau- Mittwoch, 24. Oktober 2018: Vortrag mit Dr. Matti deutung des Ortes in früherer Zeit und auch an den sen. Der Vorstandsvorsitzende wird über die Ge- Münch: Für den Frieden? Gegen den Krieg? Krieger- größten Sohns Justingens wird erinnert - den bedeu- schichte, Entwicklung und heutigen Bedeutung der und Gefallenendenkmale in der Region. tenden Wissenschaftler Johannes Stöffler, der aber vor Einrichtung referieren. Eine kleine katholisch-pietis- 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- allem als „Weltuntergangsprophet“ eine Massenpanik tische Bibellesegruppe konvertierte 1868 zum evan- zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. auslöste.EinkurzerSpaziergangbringtunszudemPlatz gelischen Glauben. Diese kleine Gruppe konnte sich auf dem einst das prächtige Renaissanceschloss Ho- durch Spenden zwei Jahre später ein Gemeindehaus henjustingen stand, zeitweilig Zufluchtsstätte des ei- mit Betsaal, Küche und Gemeinschaftsraum bauen. genständigen Reformators Schwenckfeldt. 1837 wurde Später wurde ein Verein zur „Pflege und Erziehung es niedergerissen, das imposante Kellergewölbe ist je- evangelischer Kinder“ gegründet. Danach entstand ein STAMMTISCHE doch wieder hergestellt und kann von uns besichtigt Schul-undWohnhausunddieEinrichtungwurdedurch werden. Zu Fuß oder mit dem Bus geht es hinunter in Hauseltern geleitet. Heute ist das Diasporahaus eine den einstigen Burgweiler Hütten zu einer Schlussein- moderne Jugendhilfeeinrichtung, die weit über die Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich kehr. Gutes Schuhwerk empfehlenswert. Landesgrenze hinaus in der Fachwelt einen Namen hat. unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 7 Uhr; Alb- Zum Abschluss wird die Mündung der Starzel in den ger Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- stadt-Ebingen, Busbahnhof, 7.20 Uhr. Umlage 35 Euro Neckar bei Bieringen besichtigt. nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. für Fahrt, Eintritte und Führungen. Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 7.30 Uhr; Alb- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- stadt-Ebingen, Busbahnhof, 8 Uhr. Umlage 35 Euro für schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Samstag, 22. September: Tagesexkursion mit Mar- Fahrt, Eintritte und Führungen. 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- St. Josef in Ebingen. Peter Thaddäus Lang garete Bühler-Weber: „Die Starzel – ein Killer-Bach?“ [email protected] beziehungsweise Vom Quellgebiet über Killer, Jungingen, Rangen- [email protected] dingen, Bietenhausen zur Mündung bei Bieringen. sowie über www.heimatkundliche–vereinigung.de. Der etwas provokante Titel leitet sich zum einen von OKTOBER dem Ereignis des 2. Juni 2008 ab. Da kam es bei einem Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- Gewitter zu schweren Regenfällen und Überflutungen lich willkommen. Fest in Frauenhand Sonntag, 7. Oktober: Halbtagesexkursion mit Jörg Berbalk: Die 4. Gebirgsdivision im Raum Balingen. 1 Wanderung entlang des Albtraufs zum Gedenkstein Der Kirchengemeinderat von St. Josef, Ebingen, seit 1996 – Von Dr. Peter Thaddäus Lang der 4. Gebirgsdivision und auf das Lochenhörnle. Herausgegeben von der Die leichte Wanderung auf der Hochfläche mit sehr Heimatkundlichen Vereinigung Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) chenstiftungsräte nun auch für den Kirchengemein- zu kommen Bausachen; im Fall von St. Josef waren geringen Höhenunterschieden auf Wiesenwanderwe- Zollernalb herrschte in der katholischen Kirche eine Aufbruch- derat zur Wahl. In seinen Entscheidungen war dieses dies in den vergangenen Jahren der Umbau des Ma- Die Autoren dieser Ausgabe gen führt am Albtrauf entlang, im Naturschutzgebiet stimmung, die sich auch auf der Ebene der Pfarreien be- neue Gremium jedoch nicht völlig frei: Der Pfarrer hat- rienheims, die Vermietung an die Caritas im Mari- „Hüllenbuch“ zum Aussichtspunkt Hörnle. Die Ex- Vorsitzender: merkbar machte. So trat 1968 in der Diözese Rot- te stets den Vorsitz inne; die vom Gremium gewählte enheim (2008), der Umlauf um die Kirche, das Ge- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, kursionsteilnehmer erwartet ein Rundblick von Ebin- tenburg in jeder Pfarrei ein Kirchengemeinderat an die Leitungsperson war somit immer der/die Zweite Vor- stühl in dem Gotteshaus sowie Umbau und Erweite- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 gen (Schlossfelsen) durch das Eyachtal, Gräbelesberg, Stelle des Kirchenstiftungsrats. Letzterer hatte die Auf- sitzende. Die Tagesordnung stellt der Erste Vorsit- rung des Kindergartens von Mai bis November 2017. Schalksburg, Hohenzollern, dem Albvorland um Ba- Geschäftsführung: gabe, dem Pfarrer in finanziellen und wirtschaftli- zende zusammen, der auch die Sitzungen leitet. Da Zu den Bausachen gehören auch größere Reparatu- Dr. Peter Thaddäus Lang lingen (bei guter Sicht bis auf die Fildern) über den Klei- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, chen fragen zu beraten. Die Mitglieder wurden vom es sich im Laufe der Jahre als immer schwieriger er- ren in Kirche, Pfarrhaus und Gemeindesaal, die er- Lammerbergstraße 53 nen Heuberg, den nahen Schwarzwald, bis in die Ge- 72461 Albstadt, Pfarrer unter dem Gesichtspunkt ihrer Sachkompe- wies, geeignete Kandidaten zu finden, ließ man sei- fahrungsgemäß alle paar Jahre anzufallen pflegen. Die 72461 Albstadt gend um Rottweil. Die Teilnehmer besuchen den Ge- Telefon (0 74 32) 68 07 tenz ausgewählt und berufen. Im Frühjahr 1968 wur- tens des Bischöflichen Ordinariats wurde vor einigen Bausachen werden vom Verwaltungsausschuss vor- denkstein (ein Kleindenkmal) der 4. „Enzian“ Ge- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- den in der Diözese Rottenburg erstmals die neuen Kir- Jahren die Vorschrift fallen, nach welcher der Kan- beraten, damit die Erörterung in dem größeren Gre- birgsdivision und erfahren mehr über die Geschichte vereinigung.de chengemeinderäte gewählt2: Wählbar war (und ist heu- didat/die Kandidatin der eigenen Gemeinde ange- mium schneller vonstatten geht. Auch hat es sich als äu- der Division, deren Aufstellung im Raum Balingen so- te immer noch)ist jeder erwachsene Angehörige der hören müsse. ßerst zweckdienlich erwiesen, wenn einige Hand- wie die Entstehung des Gedenksteins. Redaktion: Gemeinde; die Wahlperiode dauert fünf Jahre. Die Zahl Auf die Tagesordnung des Kirchengemeinderats werksleute in diesem Gremium sitzen, die sich mit ih- Achtung neuer Treffpunkt: 14 Uhr beim Wander- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, der zu wählenden Räte und Rätinnen richtet sich nach kommen als wesentliche Themen vor allem der jähr- rem Fachwissen und ihrer Erfahrung einbringen kön- parkplatz „Stockäcker“ (von Balingen kommend in 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 der Größe der Gemeinde, beträgt indes zumeist zehn liche Haushaltsplan, der stets von dem Vertreter des nen, wenn es um einschlägige Dinge geht. Die Ge- Tieringen, erste Abzweigung links in Richtung Feri- oder zwölf Personen. Vielfach stellten sich die alten Kir- Verwaltungszentrums erläutert zu werden pflegt. Da- meinde St. Josef kann sich glücklich schätzen, mit Herrn Seite 2097 Heimatkundliche Blätter August 2018 August 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2098

Eugen Wissmann einen überaus engagierten Archi- Balingen – Kirchliches Leben bis zur Reformation tekten jahrzehntelang in den eignen Reihen zu ha- ben. Er ist im hohen Alter von 86 Jahren 2015 ver- storben. Von Dr. Peter Thaddäus Lang (Teil 2) Hier noch weitere Themen, die beim Kirchenge- meinderat von St. Josef immer wieder auf die Ta- Als Ambrosius Blarer den erst kurz zuvor in Balingen gesordnung kommen: aufgezogenen Pfarrer Vinzenz Hartwig befragte, so wei- - die Organisation von Gemeindefesten, gerte sich dieser, Luthers Lehre anzunehmen. Deswe- - das Mitwirken bei Gottesdiensten, gen musste er noch vor Jahresende 1534 Balingen ver- - Kinder- und Jugendarbeit (Sternsingeraktion, lassen. Es gelang ihm jedoch binnen kurzem, eine Kinderfrühstück), Pfarrstelle in der Reichsstadt Rottweil zu finden, die bei - Durchführung des von der Diözese Rottenburg dem alten Glauben geblieben war.xxxvi 2015 begonnenen Prozesses „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten“, Erster evangelischer Pfarrer wurde in Balingen der - Förderung des Zusammenwachsens in der Seel- Schweizer Johann Wagner, der zuvor als Pfarrer in Pfäf- sorgeeinheit, fikon geamtet hatte. Dort hatten sich die Gemeinde- - Mitarbeit im Dekanatsrat, und mitglieder 1528 über ihn beschwert, so dass der Schwei- - Ökumenischer Austausch. zer Reformator Huldrych Zwingli daran dachte, ihn auf In dem hier vorgegebenen Zeitraum von 1992 bis eine andere Pfarrei zu setzen.XXXVII 1530 gingen erneut 2017 waren Zweite Vorsitzende Rechtsanwalt Adolf Klagen gegen ihn ein: Er sei im Predigen ungeschickt Jansen bis 2001, dann Elisabeth Hausch bis 2015, und und missverständlich gewesen; außerdem habe er ein seitdem Dr. Petra Graf. „räses“ Weib. Er konnte sich Zwingli gegenüber recht- Es folgen nun die seit 1992 in St. Josef gewählten Per- fertigen, weshalb er seine Pfarrstelle ein Jahr lang auf sonen.3 Probe behalten durfte mit der Auflage, sich beim Pre- digen zu bessern und sein Weib zu züchtigen. Derge- 1996 stalt kam es, dass er auf der Frühjahrssynode 1531 po- Manfred Braun sitiv beurteilt wurde: „hat sich gebesseret“. Als Folge Christa Erbe dieses günstigen Zeugnisses wurde Wagner von Blarer Lucia Farinella nach Balingen berufen. Hier schaffte Wagner nun die Rosi Freye Messe ab und ließ Heiligenbilder und –skulpturen aus Tobias Fritsche den Kirchen entfernen. Dabei schien er nicht beson- Elisabeth Hausch ders geschickt vorgegangen zu sein, und wenig taktvoll Adolf Jansen Elisabeth Hausch, Hans-Martin Haller, Peter Grun, Günter-Martin Pauli, Dr. Jürgen Gneveckow, Dekan Klink im Jahr 2004. waren offensichtlich auch seine aggressiv und kontro- Marius Kawecki Foto: Privat vers gehaltenen Predigten. So darf es denn nicht ver- Marlene Luithlen wundern, dass der Rat der Stadt und wohl auch ein Teil Herbert Sauter noch stärker ausgeprägt. 2010 und 2015 verringerte sich die Partnerschaft Chambéry-Albstadt zum zehnten Mal der Bevölkerung – solchermaßen düpiert – die neue Roland Sieber die Frauen-Dominanz etwas, blieb jedoch nach wie vor jährt. In der französischen Delegation finden sich nun Lehre ablehnten.XXXVIII Die Aktivitäten charismatischer Sylvia Stimmler bestehen. Ganz entsprechend veränderten sich die drei Priester: Père Dussollier, Père Marc und Père Vé- Reformationsprediger wie Johann Murer (genannt Markus Wissmann Spitzenpositionen: War 1996 noch ein Mann an der rot. Beim 20-jährigen Jubiläum sind wiederum drei Karsthans) und Balthasar Hubmaier, die beide 1523 Ba- Spitze, so haben wir ab 2001 durchweg Frauen an der französische Priester in Albstadt - an die Stelle des ver- lingen besucht hattenXXXIX, waren also ohne Langzeit- 2001 ersten Stelle. Dieser Eindruck wird noch dadurch ver- storbenen Père Dussollier ist Père Viale getreten. ? Seit wirkung geblieben. Manfred Braun stärkt, dass zunächst ein Mann den Zweiten Vorsitz in- der Jahrhundertwende ist es um die wechselseitigen Christa Erbe nehat, nämlich Adolf Jansen, während sich diese Po- Kontakte ruhiger geworden. Schade! Wagner wurde daraufhin nach Ebingen versetzt. Erst Die Friedhofskirche in den 1950er-Jahren. Foto: Archiv Dr. Peter Thaddäus Lang Maria Fritsche sition seit 2001 in Frauenhand befindet, nämlich zu- Für das Gemeindefest von St. Josef 2002 wählt Frau seinem Balinger Nachfolger Martin Decker gelang es, Manuela Früholz nächst Elisabeth Hausch und ab 2015 Dr. Petra Graf. Hausch zusammen mit Dekan Klink die „Aktion die Wellen zu glätten. Dazu trug freilich auch der Um- S. 1-40, hier bes. S. 9-21 (Die Bekehrung der Alaman- XVI Vgl. Peter Thaddäus Lang, Würfel, Wein und Wet- Elisabeth Hausch Aus diesen Beobachtungen könnte man folgern, dass Schutzengel gegen Sextourismus“ des Internationa- stand bei, dass an die Stelle des altgläubigen Obervogts nen); Hermann Tüchle, Kirchengeschichte Schwabens, tersegen. Klerus und Gläubige im Bistum Eichstätt am Beate Pfaff die Frauen seit der Jahrtausendwende im Gemein- len Katholischen Missionswerks „missio“. Der Erlös ei- Hans von Stotzingen der dem neuen Glauben zugetane 1. Bd., Stuttgart 1950, S. 37-84; Wolfgang Müller (Hrsg.), Vorabend der Reformation. In: Volker Press / Dieter Simon Raichle deleben die Führung übernommen haben. Für eine ner Tombola geht an „missio“. Zwei Jahre später un- Schweizer Fritz Jakob von Anweil trat. Die Christianisierung der Alemannen, in: Wolfgang Stievermann (Hrsgg.), Martin Luther – Probleme seiner Dr. phil. Christian Schenk derart weitreichende Feststellung scheint unsere Da- terstützt das Gemeindefest von St. Josef eine weitere Hübener (Hrsg.), Die Alemannen in der Frühzeit, Zeit, Stuttgart 1986, 219-243, hier S. 242. Sylvia Stimmler tenbasis allerdings etwas klein. Allerdings lässt sich in Aktion von „missio“, nämlich das Projekt „Aids und Die Reformation war noch einmal gefährdet, als Kai- Bühl/Baden 1974, S. 169-183; Das Land Baden-Würt- XVII Je nachdem, ob man die eher niedrigen Getrei- Markus Wissmann anderen Kirchengemeinden eine ähnliche Tendenz er- Kinder“, wieder angeregt und vorangetrieben von Frau ser Karl V. die im Schmalkaldischen Bund vereinten temberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Ge- depreise der Kreisbeschreibung (Bd. I, S. 350) oder die kennen – und ebenso bei den Ministranten von St. Jo- Hausch. Diesmal soll es nicht bei einer einmaligen Ini- Protestanten 1547 in der Schlacht bei Mühlberg meinden, Bd. I: Allgemeiner Teil, Stuttgart ²1977, S. 140 ungefähr doppelt so hohen von Hans Jänichen (Bei- 2005 sef, oder besser: bei den Ministrantinnen, denn sie sind tiative bleiben – Frau Hausch hat die Idee, auf Home- schlug.XL Auf dem „geharnischten“ Reichstag zu Nürn- f.; Heinz Georg Tiefenbacher / Wolfgang Urban (Red.), träge zur Wirtschaftsgeschichte des schwäbischen Dor- Guiseppe D'Avanzo deutlich in der Überzahl. trainern die imaginäre Strecke von Albstadt nach Dur- berg 1548 setzte der Kaiser eine Kompromiss-Religion Das Katholische Württemberg. Die Diözese Rotten- fes, Stuttgart 1970, S. 107) zugrunde legt, 14 oder 28 Gul- Maria Fritsche ban/Südafrika von spendenwilligen Albstädtern zu- durch, die bis zu einer endgültigen Klärung der Religi- burg-Stuttgart, Ulm 1988, S. 19 f. den. Manuela Früholz rücklegen zu lassen und dafür zwei Euro für jeden ge- onsverhältnisse auf einem allgemeinen Konzil gelten II Hans Erich Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte. XVIII StadtA Balingen B 437/2 S. 4 (1/2 Viertel Eier), Dr. med. Petra Graf fahrenen Kilometer in Rechnung zu stellen. Der Zu- sollte. Dieses so genannte Interim gestand den Protes- Die katholische Kirche, Köln-Wien 51972, S. 182-187. S. 27 (50 Eier). Elisabeth Hausch Elisabeth Hausch – langjährige Vorsit- spruch ist enorm; Sogar die Lokalprominenz steigt für tanten Priesterehe und Laienkelch zu, hielt jedoch an III Ebenda, S. 161-182. XIX Ebenda S. 29. Elvira Müller zende des Kirchengemeinderats den guten Zweck aufs Rad. 36.000 Euro kommen auf der Messe und an anderen Zeremonien der alten Kir- IV Der Landkreis Balingen. Amtliche Kreisbe- XX Ebenda S. 35 Beate Pfaff diese Weise zusammen. Weitere Gelder fließen in den che fest. Insbesondere im Herzogtum Württemberg schreibung, Bd. II, Balingen 1961, S. 33. XXI Ebenda S. 45. Bettina Resemann Im katholisch geprägten Hohenzollerischen gebo- folgenden Jahren, indem das Thema durch Vorträge achtete der Kaiser streng darauf, dass das Interim pein- V Eugen Gröner, Balinger Stadtkirche feiert Dop- XXII Ebenda S. 51. Adelheid Schrenk ren und aufgewachsen, hat sie das im evangelischen und Benefizkonzerte im Bewusstsein gehalten wird. lich genau durchgeführt wurde. Kaum einer der würt- peljubiläum, in: Heimatkundliche Blätter 1993, S. 877- XXIII Ebenda S. 59. Markus Wissmann Altwürttemberg gelegene Ebingen erst im Erwachse- 2009 verpflichtet sich die Kirchengemeinde St. Josef tembergischen Pfarrer wollte die kaiserliche Zwi- 879. XXIV Ebenda S. 61. nenalter näher kennengelernt. In der Kirchenge- mit den Unterschriften von Pfarrer Gog und Elisa- schenreligion annehmen. So kam es, dass rund 400 VI Mehr darüber in dem Beitrag von Stefan Uhl. XXV Ebenda S. 63. 2010 meinde von St. Josef spielte sie jahrzehntelang eine he- beth Hausch, 600 Euro pro Monat zur Betreuung von Geistliche ihr Amt verloren; in BalingenXLI unter ande- VII Lexikon für Theologie und Kirche, Freiburg/Br. XXVI Ebenda S. 69. Guiseppe D'Avanzo rausragende Rolle, war sie doch 30 Jahre lang im Kir- Aids-Waisen in Südafrika zur Verfügung zu stellen. Bis ren der Diakon Jakob Frischlin, der Vater des berühm- 1986, Art. Patronat. XXVII Ebenda S. 71. Maria Fritsche chengemeinderat, davon 16 Jahre als Zweite Vorsit- 2017 hatten sich schon beachtliche 102.400 Euro an- ten Humanisten Nikodemus Frischlin. An die Stelle der VIII Der Landkreis Balingen (wie Anm. 4), S. 34 f. XXVIII Ebenda S. 75. Manuela Früholz zende. Eine ganze Reihe von Aktionen hat sie in die We- gesammelt. Zurückgetretenen traten die so genannten „Interimis- IX Lexikon für Theologie und Kirche (wie Anm. 7), XIX Je nach Ansatz des Getreidepreises (vgl. Anm. Dr. med. Petra Graf ge geleitet und war an deren Durchführung maß- Am 13. November 2016 erhält Frau Hausch die Mar- ten“. Dergestalt versah Michael Mocker die Balinger Art. Michael. 17) erhält man dergestalt 72 bzw. 100 Gulden, wobei an- Elisabeth Hausch geblich beteiligt. tinus-Medaille aus der Hand des Rottenburger Bi- Pfarrstelle – allerdings nur vorübergehend, denn nach X ÄhnlichauchinEbingen,vgl.PeterThaddäusLang, dereNaturalienwieBienenwachs,GänseoderEiernicht Beate Pfaff Wie es der Zufall will, ist die katholische Pfarrkir- schofs Gebhard Fürst. der so genannten „Fürstenrevolution“ schaffte Herzog Vorreformatorische Geistliche in Tailfingen, Truchtel- mitgerechnet sind. Patrick Raichle che von Albstadts französischer Partnerstadt Cham- Christoph das Interim 1552 wieder ab.XLII Mocker war fingen und Ebingen, in: Heimatkundliche Blätter 1988, XXX Über die beiden Klausen Wilhelm Foth in: Wolf- Martin Roscher béry dem heiligen Josef geweiht, hat also das gleiche anscheinend wenig wohlgelitten gewesen bei den Ba- S. 646-658. gang Zimmermann / Nicole Priesching (Hrsgg.), Würt- Patrozinium wie Ebingens katholische Hauptkirche. Anmerkungen lingern: Es verbreitete sich nämlich das Gerücht, er ha- XI Noch immer nicht überholt: Sebastian Schrö- tembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Or- 2015 Was also liegt näher, als an eine Verbindung beider Kir- be sich beim Ertönen eines evangelischen Kirchenlieds cker, Die Kirchenpflegschaft. Die Verwaltung des Nie- densgemeinschaften von den Anfängen bis zur Ge- Holger Bosch chengemeinden zu denken? Frau Hausch ist auf- 1 Hier werden zwei Abschnitte aus der jüngst er- so sehr erschrocken, dass er fluchtartig die Stadt ver- derkirchenvermögens durch Laien seit dem ausge- genwart, Ostfildern 2003, S. 183 f. Guiseppe D'Avanzo grund ihrer Französischkenntnisse die geeignete Per- schienenen Festschrift „125 Jahre St. Josef Ebingen“ ließ. henden Mittelalter. Paderborn 1934. XXXI Wie Anm. 16. Manuela Früholz son, dies in die Wege zu leiten. Drei Jahre nach der of- wiedergegeben. Der an dieser Stelle gewählte Titel ist XII StadtA Balingen, B 437/2. Es handelt sich um ein XXXII Zum Thema insgesamt Ludwig Remling, Bru- Dr. med. Petra Graf fiziell besiegelten Partnerschaft zwischen beiden Städ- bewusst etwas provokativ formuliert. Wie die erhaltenen Synodusprotokolle beweisen,XLIII Lagerbuch (dazu einführend: Gregor Richter, Lager- derschaften in Franken. Kirchen- und sozialge- Angelika Grunenberg ten im Jahr 1979 führt Frau Hausch erste Gespräche 2 Der Schreiber dieser Zeilen wurde damals als jüngs- verfestigten sich nun die kirchlichen Strukturen in Ba- bücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche schichtliche Untersuchungen zum spätmittelalterli- Beate Manas (im Mai 1982), und bereits im Juni desselben Jahres ter Kirchengemeinderat in das neu geschaffene Gre- lingen wie auch anderswo in Württemberg. In Kir- Grundzüge nach württembergischen Quellen. 1979. Ein chen und frühneuzeitlichen Bruderschaftswesen, Shelley Reiser kommteinedreiköpfigeDelegationvonChambérynach mium seiner Heimatgemeinde gewählt, St. Maria in chendingen herrschten fortan langfristig stabile Ver- weiteres, undatiertes, wohl etwas früheres Lagerbuch Würzburg 1986; zum heiligen Sebastian vgl. Lexikon Siegfried Sebera Albstadt, darunter Père Dussollier, Pfarrer von St. Jo- Neustadt bei Waiblingen (heute Waiblingen-Neu- hältnisse. zur Kirchenfabrik der Balinger Stadtkirche ebenda B für Theologie und Kirche (wie Anm. 7), s.v.; zu den Bru- Sylvia Stimmler seph in Chambéry und Generalvikar des dortigen Erz- stadt). 437/1. derschaften in Balingen Fritz Scheerer, Balinger Bru- bischofs. 1983 fährt ein Bus mit rund 40 Katholiken 3 Die Namenslisten stellte mir die Pfarramtssekre- XIII 1525 hatte Balingen 186 steuerpflichtige Häuser derschaften, in: Heimatkundliche Blätter 28, 1981, Wenn man die Listen genauer anschaut, so fällt auf, aus Albstadt nach Chambéry, und im Jahr darauf er- tärinvonSt.JoseffreundlicherweisezurVerfügung,Frau Fußnoten (Der Landkreis Balingen, wie Anm. 4, S. 10). Demnach Nr.11. dass zwischen 1996 und 2001 eine Verweiblichung widern etwa 35 Franzosen diesen Besuch. Im Juni 1985 Ingrid Hartmann. Nach reiflicher Überlegung ließ ich bezog die Balinger Kirchenfabrik Zins aus 19% aller XXXIII Sonntag nach Pfingsten, 3. Septembersonn- stattgefunden hat – hatten die Männer 1996 noch ei- sind wieder die Deutschen an der Reihe, die diesmal die Stimmenzahlen weg, obwohl diese nicht unter Da- I Literatur zur Christianisierung: Gustav Bossert, Die Häuser! tag, 3. Adventssonntag, 1. Fastensonntag – vgl. Lexikon nen leichten Vorsprung, so waren sie 2001 deutlich in mit dem Zug fahren, und so geht es gerade weiter. Ei- tenschutz stehen, weil nach den jeweiligen Kirchen- Anfänge der christlichen Kirche in Württemberg, in: XIV StadtA Balingen B 437/2 S. 20. für Theologie und Kirche (wie Anm. 7), Art. Quatember. der Minderzahl und 2005 hatte sich diese Dominanz nen Höhepunkt bildet das Jahr 1989, in welchem sich gemeinderatswahlen veröffentlicht. Württembergische Kirchengeschichte, Stuttgart 1893, XV Ebenda. XXXIVFritz Scheerer irrt, wenn er meint, diese Truhe Seite 2097 Heimatkundliche Blätter August 2018 August 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2098

Eugen Wissmann einen überaus engagierten Archi- Balingen – Kirchliches Leben bis zur Reformation tekten jahrzehntelang in den eignen Reihen zu ha- ben. Er ist im hohen Alter von 86 Jahren 2015 ver- storben. Von Dr. Peter Thaddäus Lang (Teil 2) Hier noch weitere Themen, die beim Kirchenge- meinderat von St. Josef immer wieder auf die Ta- Als Ambrosius Blarer den erst kurz zuvor in Balingen gesordnung kommen: aufgezogenen Pfarrer Vinzenz Hartwig befragte, so wei- - die Organisation von Gemeindefesten, gerte sich dieser, Luthers Lehre anzunehmen. Deswe- - das Mitwirken bei Gottesdiensten, gen musste er noch vor Jahresende 1534 Balingen ver- - Kinder- und Jugendarbeit (Sternsingeraktion, lassen. Es gelang ihm jedoch binnen kurzem, eine Kinderfrühstück), Pfarrstelle in der Reichsstadt Rottweil zu finden, die bei - Durchführung des von der Diözese Rottenburg dem alten Glauben geblieben war.xxxvi 2015 begonnenen Prozesses „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten“, Erster evangelischer Pfarrer wurde in Balingen der - Förderung des Zusammenwachsens in der Seel- Schweizer Johann Wagner, der zuvor als Pfarrer in Pfäf- sorgeeinheit, fikon geamtet hatte. Dort hatten sich die Gemeinde- - Mitarbeit im Dekanatsrat, und mitglieder 1528 über ihn beschwert, so dass der Schwei- - Ökumenischer Austausch. zer Reformator Huldrych Zwingli daran dachte, ihn auf In dem hier vorgegebenen Zeitraum von 1992 bis eine andere Pfarrei zu setzen.XXXVII 1530 gingen erneut 2017 waren Zweite Vorsitzende Rechtsanwalt Adolf Klagen gegen ihn ein: Er sei im Predigen ungeschickt Jansen bis 2001, dann Elisabeth Hausch bis 2015, und und missverständlich gewesen; außerdem habe er ein seitdem Dr. Petra Graf. „räses“ Weib. Er konnte sich Zwingli gegenüber recht- Es folgen nun die seit 1992 in St. Josef gewählten Per- fertigen, weshalb er seine Pfarrstelle ein Jahr lang auf sonen.3 Probe behalten durfte mit der Auflage, sich beim Pre- digen zu bessern und sein Weib zu züchtigen. Derge- 1996 stalt kam es, dass er auf der Frühjahrssynode 1531 po- Manfred Braun sitiv beurteilt wurde: „hat sich gebesseret“. Als Folge Christa Erbe dieses günstigen Zeugnisses wurde Wagner von Blarer Lucia Farinella nach Balingen berufen. Hier schaffte Wagner nun die Rosi Freye Messe ab und ließ Heiligenbilder und –skulpturen aus Tobias Fritsche den Kirchen entfernen. Dabei schien er nicht beson- Elisabeth Hausch ders geschickt vorgegangen zu sein, und wenig taktvoll Adolf Jansen Elisabeth Hausch, Hans-Martin Haller, Peter Grun, Günter-Martin Pauli, Dr. Jürgen Gneveckow, Dekan Klink im Jahr 2004. waren offensichtlich auch seine aggressiv und kontro- Marius Kawecki Foto: Privat vers gehaltenen Predigten. So darf es denn nicht ver- Marlene Luithlen wundern, dass der Rat der Stadt und wohl auch ein Teil Herbert Sauter noch stärker ausgeprägt. 2010 und 2015 verringerte sich die Partnerschaft Chambéry-Albstadt zum zehnten Mal der Bevölkerung – solchermaßen düpiert – die neue Roland Sieber die Frauen-Dominanz etwas, blieb jedoch nach wie vor jährt. In der französischen Delegation finden sich nun Lehre ablehnten.XXXVIII Die Aktivitäten charismatischer Sylvia Stimmler bestehen. Ganz entsprechend veränderten sich die drei Priester: Père Dussollier, Père Marc und Père Vé- Reformationsprediger wie Johann Murer (genannt Markus Wissmann Spitzenpositionen: War 1996 noch ein Mann an der rot. Beim 20-jährigen Jubiläum sind wiederum drei Karsthans) und Balthasar Hubmaier, die beide 1523 Ba- Spitze, so haben wir ab 2001 durchweg Frauen an der französische Priester in Albstadt - an die Stelle des ver- lingen besucht hattenXXXIX, waren also ohne Langzeit- 2001 ersten Stelle. Dieser Eindruck wird noch dadurch ver- storbenen Père Dussollier ist Père Viale getreten. ? Seit wirkung geblieben. Manfred Braun stärkt, dass zunächst ein Mann den Zweiten Vorsitz in- der Jahrhundertwende ist es um die wechselseitigen Christa Erbe nehat, nämlich Adolf Jansen, während sich diese Po- Kontakte ruhiger geworden. Schade! Wagner wurde daraufhin nach Ebingen versetzt. Erst Die Friedhofskirche in den 1950er-Jahren. Foto: Archiv Dr. Peter Thaddäus Lang Maria Fritsche sition seit 2001 in Frauenhand befindet, nämlich zu- Für das Gemeindefest von St. Josef 2002 wählt Frau seinem Balinger Nachfolger Martin Decker gelang es, Manuela Früholz nächst Elisabeth Hausch und ab 2015 Dr. Petra Graf. Hausch zusammen mit Dekan Klink die „Aktion die Wellen zu glätten. Dazu trug freilich auch der Um- S. 1-40, hier bes. S. 9-21 (Die Bekehrung der Alaman- XVI Vgl. Peter Thaddäus Lang, Würfel, Wein und Wet- Elisabeth Hausch Aus diesen Beobachtungen könnte man folgern, dass Schutzengel gegen Sextourismus“ des Internationa- stand bei, dass an die Stelle des altgläubigen Obervogts nen); Hermann Tüchle, Kirchengeschichte Schwabens, tersegen. Klerus und Gläubige im Bistum Eichstätt am Beate Pfaff die Frauen seit der Jahrtausendwende im Gemein- len Katholischen Missionswerks „missio“. Der Erlös ei- Hans von Stotzingen der dem neuen Glauben zugetane 1. Bd., Stuttgart 1950, S. 37-84; Wolfgang Müller (Hrsg.), Vorabend der Reformation. In: Volker Press / Dieter Simon Raichle deleben die Führung übernommen haben. Für eine ner Tombola geht an „missio“. Zwei Jahre später un- Schweizer Fritz Jakob von Anweil trat. Die Christianisierung der Alemannen, in: Wolfgang Stievermann (Hrsgg.), Martin Luther – Probleme seiner Dr. phil. Christian Schenk derart weitreichende Feststellung scheint unsere Da- terstützt das Gemeindefest von St. Josef eine weitere Hübener (Hrsg.), Die Alemannen in der Frühzeit, Zeit, Stuttgart 1986, 219-243, hier S. 242. Sylvia Stimmler tenbasis allerdings etwas klein. Allerdings lässt sich in Aktion von „missio“, nämlich das Projekt „Aids und Die Reformation war noch einmal gefährdet, als Kai- Bühl/Baden 1974, S. 169-183; Das Land Baden-Würt- XVII Je nachdem, ob man die eher niedrigen Getrei- Markus Wissmann anderen Kirchengemeinden eine ähnliche Tendenz er- Kinder“, wieder angeregt und vorangetrieben von Frau ser Karl V. die im Schmalkaldischen Bund vereinten temberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Ge- depreise der Kreisbeschreibung (Bd. I, S. 350) oder die kennen – und ebenso bei den Ministranten von St. Jo- Hausch. Diesmal soll es nicht bei einer einmaligen Ini- Protestanten 1547 in der Schlacht bei Mühlberg meinden, Bd. I: Allgemeiner Teil, Stuttgart ²1977, S. 140 ungefähr doppelt so hohen von Hans Jänichen (Bei- 2005 sef, oder besser: bei den Ministrantinnen, denn sie sind tiative bleiben – Frau Hausch hat die Idee, auf Home- schlug.XL Auf dem „geharnischten“ Reichstag zu Nürn- f.; Heinz Georg Tiefenbacher / Wolfgang Urban (Red.), träge zur Wirtschaftsgeschichte des schwäbischen Dor- Guiseppe D'Avanzo deutlich in der Überzahl. trainern die imaginäre Strecke von Albstadt nach Dur- berg 1548 setzte der Kaiser eine Kompromiss-Religion Das Katholische Württemberg. Die Diözese Rotten- fes, Stuttgart 1970, S. 107) zugrunde legt, 14 oder 28 Gul- Maria Fritsche ban/Südafrika von spendenwilligen Albstädtern zu- durch, die bis zu einer endgültigen Klärung der Religi- burg-Stuttgart, Ulm 1988, S. 19 f. den. Manuela Früholz rücklegen zu lassen und dafür zwei Euro für jeden ge- onsverhältnisse auf einem allgemeinen Konzil gelten II Hans Erich Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte. XVIII StadtA Balingen B 437/2 S. 4 (1/2 Viertel Eier), Dr. med. Petra Graf fahrenen Kilometer in Rechnung zu stellen. Der Zu- sollte. Dieses so genannte Interim gestand den Protes- Die katholische Kirche, Köln-Wien 51972, S. 182-187. S. 27 (50 Eier). Elisabeth Hausch Elisabeth Hausch – langjährige Vorsit- spruch ist enorm; Sogar die Lokalprominenz steigt für tanten Priesterehe und Laienkelch zu, hielt jedoch an III Ebenda, S. 161-182. XIX Ebenda S. 29. Elvira Müller zende des Kirchengemeinderats den guten Zweck aufs Rad. 36.000 Euro kommen auf der Messe und an anderen Zeremonien der alten Kir- IV Der Landkreis Balingen. Amtliche Kreisbe- XX Ebenda S. 35 Beate Pfaff diese Weise zusammen. Weitere Gelder fließen in den che fest. Insbesondere im Herzogtum Württemberg schreibung, Bd. II, Balingen 1961, S. 33. XXI Ebenda S. 45. Bettina Resemann Im katholisch geprägten Hohenzollerischen gebo- folgenden Jahren, indem das Thema durch Vorträge achtete der Kaiser streng darauf, dass das Interim pein- V Eugen Gröner, Balinger Stadtkirche feiert Dop- XXII Ebenda S. 51. Adelheid Schrenk ren und aufgewachsen, hat sie das im evangelischen und Benefizkonzerte im Bewusstsein gehalten wird. lich genau durchgeführt wurde. Kaum einer der würt- peljubiläum, in: Heimatkundliche Blätter 1993, S. 877- XXIII Ebenda S. 59. Markus Wissmann Altwürttemberg gelegene Ebingen erst im Erwachse- 2009 verpflichtet sich die Kirchengemeinde St. Josef tembergischen Pfarrer wollte die kaiserliche Zwi- 879. XXIV Ebenda S. 61. nenalter näher kennengelernt. In der Kirchenge- mit den Unterschriften von Pfarrer Gog und Elisa- schenreligion annehmen. So kam es, dass rund 400 VI Mehr darüber in dem Beitrag von Stefan Uhl. XXV Ebenda S. 63. 2010 meinde von St. Josef spielte sie jahrzehntelang eine he- beth Hausch, 600 Euro pro Monat zur Betreuung von Geistliche ihr Amt verloren; in BalingenXLI unter ande- VII Lexikon für Theologie und Kirche, Freiburg/Br. XXVI Ebenda S. 69. Guiseppe D'Avanzo rausragende Rolle, war sie doch 30 Jahre lang im Kir- Aids-Waisen in Südafrika zur Verfügung zu stellen. Bis ren der Diakon Jakob Frischlin, der Vater des berühm- 1986, Art. Patronat. XXVII Ebenda S. 71. Maria Fritsche chengemeinderat, davon 16 Jahre als Zweite Vorsit- 2017 hatten sich schon beachtliche 102.400 Euro an- ten Humanisten Nikodemus Frischlin. An die Stelle der VIII Der Landkreis Balingen (wie Anm. 4), S. 34 f. XXVIII Ebenda S. 75. Manuela Früholz zende. Eine ganze Reihe von Aktionen hat sie in die We- gesammelt. Zurückgetretenen traten die so genannten „Interimis- IX Lexikon für Theologie und Kirche (wie Anm. 7), XIX Je nach Ansatz des Getreidepreises (vgl. Anm. Dr. med. Petra Graf ge geleitet und war an deren Durchführung maß- Am 13. November 2016 erhält Frau Hausch die Mar- ten“. Dergestalt versah Michael Mocker die Balinger Art. Michael. 17) erhält man dergestalt 72 bzw. 100 Gulden, wobei an- Elisabeth Hausch geblich beteiligt. tinus-Medaille aus der Hand des Rottenburger Bi- Pfarrstelle – allerdings nur vorübergehend, denn nach X ÄhnlichauchinEbingen,vgl.PeterThaddäusLang, dereNaturalienwieBienenwachs,GänseoderEiernicht Beate Pfaff Wie es der Zufall will, ist die katholische Pfarrkir- schofs Gebhard Fürst. der so genannten „Fürstenrevolution“ schaffte Herzog Vorreformatorische Geistliche in Tailfingen, Truchtel- mitgerechnet sind. Patrick Raichle che von Albstadts französischer Partnerstadt Cham- Christoph das Interim 1552 wieder ab.XLII Mocker war fingen und Ebingen, in: Heimatkundliche Blätter 1988, XXX Über die beiden Klausen Wilhelm Foth in: Wolf- Martin Roscher béry dem heiligen Josef geweiht, hat also das gleiche anscheinend wenig wohlgelitten gewesen bei den Ba- S. 646-658. gang Zimmermann / Nicole Priesching (Hrsgg.), Würt- Patrozinium wie Ebingens katholische Hauptkirche. Anmerkungen lingern: Es verbreitete sich nämlich das Gerücht, er ha- XI Noch immer nicht überholt: Sebastian Schrö- tembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Or- 2015 Was also liegt näher, als an eine Verbindung beider Kir- be sich beim Ertönen eines evangelischen Kirchenlieds cker, Die Kirchenpflegschaft. Die Verwaltung des Nie- densgemeinschaften von den Anfängen bis zur Ge- Holger Bosch chengemeinden zu denken? Frau Hausch ist auf- 1 Hier werden zwei Abschnitte aus der jüngst er- so sehr erschrocken, dass er fluchtartig die Stadt ver- derkirchenvermögens durch Laien seit dem ausge- genwart, Ostfildern 2003, S. 183 f. Guiseppe D'Avanzo grund ihrer Französischkenntnisse die geeignete Per- schienenen Festschrift „125 Jahre St. Josef Ebingen“ ließ. henden Mittelalter. Paderborn 1934. XXXI Wie Anm. 16. Manuela Früholz son, dies in die Wege zu leiten. Drei Jahre nach der of- wiedergegeben. Der an dieser Stelle gewählte Titel ist XII StadtA Balingen, B 437/2. Es handelt sich um ein XXXII Zum Thema insgesamt Ludwig Remling, Bru- Dr. med. Petra Graf fiziell besiegelten Partnerschaft zwischen beiden Städ- bewusst etwas provokativ formuliert. Wie die erhaltenen Synodusprotokolle beweisen,XLIII Lagerbuch (dazu einführend: Gregor Richter, Lager- derschaften in Franken. Kirchen- und sozialge- Angelika Grunenberg ten im Jahr 1979 führt Frau Hausch erste Gespräche 2 Der Schreiber dieser Zeilen wurde damals als jüngs- verfestigten sich nun die kirchlichen Strukturen in Ba- bücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche schichtliche Untersuchungen zum spätmittelalterli- Beate Manas (im Mai 1982), und bereits im Juni desselben Jahres ter Kirchengemeinderat in das neu geschaffene Gre- lingen wie auch anderswo in Württemberg. In Kir- Grundzüge nach württembergischen Quellen. 1979. Ein chen und frühneuzeitlichen Bruderschaftswesen, Shelley Reiser kommteinedreiköpfigeDelegationvonChambérynach mium seiner Heimatgemeinde gewählt, St. Maria in chendingen herrschten fortan langfristig stabile Ver- weiteres, undatiertes, wohl etwas früheres Lagerbuch Würzburg 1986; zum heiligen Sebastian vgl. Lexikon Siegfried Sebera Albstadt, darunter Père Dussollier, Pfarrer von St. Jo- Neustadt bei Waiblingen (heute Waiblingen-Neu- hältnisse. zur Kirchenfabrik der Balinger Stadtkirche ebenda B für Theologie und Kirche (wie Anm. 7), s.v.; zu den Bru- Sylvia Stimmler seph in Chambéry und Generalvikar des dortigen Erz- stadt). 437/1. derschaften in Balingen Fritz Scheerer, Balinger Bru- bischofs. 1983 fährt ein Bus mit rund 40 Katholiken 3 Die Namenslisten stellte mir die Pfarramtssekre- XIII 1525 hatte Balingen 186 steuerpflichtige Häuser derschaften, in: Heimatkundliche Blätter 28, 1981, Wenn man die Listen genauer anschaut, so fällt auf, aus Albstadt nach Chambéry, und im Jahr darauf er- tärinvonSt.JoseffreundlicherweisezurVerfügung,Frau Fußnoten (Der Landkreis Balingen, wie Anm. 4, S. 10). Demnach Nr.11. dass zwischen 1996 und 2001 eine Verweiblichung widern etwa 35 Franzosen diesen Besuch. Im Juni 1985 Ingrid Hartmann. Nach reiflicher Überlegung ließ ich bezog die Balinger Kirchenfabrik Zins aus 19% aller XXXIII Sonntag nach Pfingsten, 3. Septembersonn- stattgefunden hat – hatten die Männer 1996 noch ei- sind wieder die Deutschen an der Reihe, die diesmal die Stimmenzahlen weg, obwohl diese nicht unter Da- I Literatur zur Christianisierung: Gustav Bossert, Die Häuser! tag, 3. Adventssonntag, 1. Fastensonntag – vgl. Lexikon nen leichten Vorsprung, so waren sie 2001 deutlich in mit dem Zug fahren, und so geht es gerade weiter. Ei- tenschutz stehen, weil nach den jeweiligen Kirchen- Anfänge der christlichen Kirche in Württemberg, in: XIV StadtA Balingen B 437/2 S. 20. für Theologie und Kirche (wie Anm. 7), Art. Quatember. der Minderzahl und 2005 hatte sich diese Dominanz nen Höhepunkt bildet das Jahr 1989, in welchem sich gemeinderatswahlen veröffentlicht. Württembergische Kirchengeschichte, Stuttgart 1893, XV Ebenda. XXXIVFritz Scheerer irrt, wenn er meint, diese Truhe Seite 2099 Heimatkundliche Blätter August 2018 im Balinger Heimatmuseum zu finden (Fritz Scheerer, XXXVII Ebenda S. 76. f. 49; A 1 1587 I f. 55; A 1 1587 II f. 51; A 1 1588 I f. 57; A 1 Balinger Bruderschaften, wie Anm. 32). Bei der dort auf- XXXVIII Fritz Scheerer, Die Reformation in unserer 1588 II f. 52; A 1 1589 I f. 49; A 1 1590 f. 61. Weitere Be- bewahrten Truhe handelt es sich um ein späteres Ex- Heimat. In: Heimatkundliche Blätter 1967, S. 658-664, lege im Landeskirchlichen Archiv s. Ernst Walter Zee- emplar der Balinger Handwerker-Bruderschaft aus hier S. 659. den (Hrsg.), Repertorium der Kirchenvisitationsakten nachreformatorischer Zeit (freundliche Mitteilung von XXXIXEbenda. des 16. und 17. Jahrhunderts Bd. 2: Baden-Württem- Stadtarchivar Dr. Schimpf-Reinhardt). XLDas Folgende nach Brecht/Ehmer (wie Anm. 34) berg, Teilband II, Stuttgart 1987, S. 299 (1601), 319 XXXV Martin Brecht / Hermann Ehmer (Hrsgg.), Süd- S. 293-304. (1602), 336 (1603), 363 (1621), 389 (1653), 413 (1654), westdeutsche Reformationsgeschichte. Zur Einfüh- XLI Fritz Scheerer (wie Anm. 38) S. 663. 420 (1655), 433 (1657), 443 (1658) 455 (1659), 467 (1660), rung der Reformation im Herzogtum Württemberg XLII Brecht/Ehmer (wie Anm. 35) S. 316. 496 (1661), 506 (1662-1665), 512 (1663), 523 (1665), 534 1534, Stuttgart 1984, S. 210. XLIII Im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart, A 12 Nr. (1666), 541 (1667), 558 (1672), 572 (1676), 601 (1676), XXXVI Gustav Bossert, Aus den ersten Tagen der Re- 41 1580 f. 405-408; A 1 1581 f. 53; A 1 1582 f. 41; A 1 1583 605 (1677), 617 (1678), 627 (1679), 636 (1680), 646 (1680), formation in Balingen, in: Blätter für württembergische I f. 43; A 1 1583 II f. 52; A 1 1584 I f. 58; A 1 1584 II f. 52; A 662 (1683), 670 (1684), 709 (1685), 770 (1692), 789 (1695), Jahrgang 65 31. August 2018 Nr. 8 Kirchengeschichte 1910, S. 72-87. 1 1585 I f. 48; A 1 1585 II f. 45; A 1 1586 I f. 44; A 1 1586 II 800 (1697), 811 (1699). Veranstaltungen und Exkursionen Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung im September und Oktober

SEPTEMBER im Starzeltal, in deren Folge drei Frauen ertranken, und endorf, oberhalb der Tennisplätze, des Gasthaus „Berg- so wurde das „Killer valley“ zum Topthema in der Ta- hütte“ und des Berghof). Die Teilnahme ist frei. gesschau. Zum anderen aber wird aus historischen Samstag, 1. September: Tagesexkursion mit Monika Gründen das Starzeltal von der Quelle bis nach He- Mittwoch, 10. Oktober: Filmabend mit Dorothea Reu- Medel. Auf den Spuren alten schwäbischen Adels: Alt- chingen Killertal genannt. Namensgebend ist da Dorf ter: „Alt und neu“. Filme aus dem Stadtarchiv Alb- steußlingen, Schelklingen; Kloster Urspring; Herr- Killer, dessen Pfarrei für den Teil des Tales zuständig stadt. In Kooperation mit der VHS Albstadt schaftssitz Justingen, abgetragenes Schloss Hohen- war. Kurz unterhalb von Neuweiler auf der Straße nach Das Stadtarchiv Albstadt verfügt über eine stattli- justingen Hausen im Killertal liegt das Quellgebiet der Starzel. cheAnzahlvonFilmen,zudenenjedesJahrimmermehr Auf den Spuren der einst mächtigen Dynastie der Die Fahrt geht über Hausen, Starzeln nach Killer, wo hinzukommen. In Schwarzweiß oder Farbe, mit und Freien Herren von Steußlingen und zweier ihrer Sei- der Besuch des Peitschenmuseums ansteht. In dem ohne Ton dokumentieren sie unsere Stadt, ihre Men- tenlinien besuchen wir zunächst den Stammsitz Alt- ehemaligen Bahnhofsgebäude wird die Geschichte und schen und ihre Geschichte(n). Vergangenes wird so ge- steußlingen wo man stolz an den bedeutendsten Ver- Herstellung von Fuhr- oder Stockpeitschen gezeigt. Der zeigt, wie es die Filmemacher über Jahrzehnte hinweg treter des Geschlechts erinnert, den streitbaren Erz- nächste Ort ist Jungingen. Die über 500 Jahre alte St- An- selbst gesehen und erlebt haben. An diesem Abend wird bischof Anno von Köln, zeitweilig Reichsregent. Als na-Kapelle ist vor allem wegen ihrer interessanten Bo- eine Auswahl an Episoden aus den 1930er bis 1990er nächstes geht es ins Gebiet der Lutherischen Berge mit denfliesen sehenswert. Auf Grund von Platzmangel Jahren gezeigt: Feuerwehrübungen in Onstmettingen, der in dezentem evangelischen Rokoko erbauten Pan- baute man im 15. Jh. die heutige Pfarr- und Wall- Fußballspielen in Laufen, Feste in den verschiedenen kratiuskirche von Weilersteußlingen. Viel zu wenig be- fahrtskirche St. Sylvester. 1819 wurde sie erweitert. Der Teilorten, Szenen aus Tailfinger Trikotfirmen und noch kannt ist der größte gotische Freskenzyklus Württem- neue Bau bot Platz für die Bauernglocke aus dem 14. viel mehr. Gehen Sie mit uns auf eine Zeitreise in die bergs in der Schelklinger St. Afrakirche, die wir mit ei- Jh., die Jungingen bedeutendstes Kulturdenkmal ist. Vergangenheit und lassen Sie sich überraschen von Alt- ner Führung besichtigen. Ebenso geführt werden wir Nach der Mittagspause wird die ehemalige Kloster- bekanntem oder auch neuem Unbekannten. zu den historischen Gebäuden des ehem. Klosters Ur- kirche zum Heiligen Kreuz in Rangendingen besich- 20 Uhr. Albstadt-Ebingen, Bildungszentrum Unoth, spring bei einer zauberhaften Karstquelle. Die herr- tigt. Bei einer interessanten Führung wird die beson- Johannesstr. 5, Großer Saal. Der Eintritt ist frei. schaftliche Kirche Justingens erstrahlt wieder in fri- dere Ausstattung der Kirche erläutert. Die letzte Sta- schem Glanz, eine Stauferstele verweist auf die Be- tion der Exkursion ist das Diasporahaus Bietenhau- Mittwoch, 24. Oktober 2018: Vortrag mit Dr. Matti deutung des Ortes in früherer Zeit und auch an den sen. Der Vorstandsvorsitzende wird über die Ge- Münch: Für den Frieden? Gegen den Krieg? Krieger- größten Sohns Justingens wird erinnert - den bedeu- schichte, Entwicklung und heutigen Bedeutung der und Gefallenendenkmale in der Region. tenden Wissenschaftler Johannes Stöffler, der aber vor Einrichtung referieren. Eine kleine katholisch-pietis- 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- allem als „Weltuntergangsprophet“ eine Massenpanik tische Bibellesegruppe konvertierte 1868 zum evan- zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. auslöste.EinkurzerSpaziergangbringtunszudemPlatz gelischen Glauben. Diese kleine Gruppe konnte sich auf dem einst das prächtige Renaissanceschloss Ho- durch Spenden zwei Jahre später ein Gemeindehaus henjustingen stand, zeitweilig Zufluchtsstätte des ei- mit Betsaal, Küche und Gemeinschaftsraum bauen. genständigen Reformators Schwenckfeldt. 1837 wurde Später wurde ein Verein zur „Pflege und Erziehung es niedergerissen, das imposante Kellergewölbe ist je- evangelischer Kinder“ gegründet. Danach entstand ein STAMMTISCHE doch wieder hergestellt und kann von uns besichtigt Schul-undWohnhausunddieEinrichtungwurdedurch werden. Zu Fuß oder mit dem Bus geht es hinunter in Hauseltern geleitet. Heute ist das Diasporahaus eine den einstigen Burgweiler Hütten zu einer Schlussein- moderne Jugendhilfeeinrichtung, die weit über die Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich kehr. Gutes Schuhwerk empfehlenswert. Landesgrenze hinaus in der Fachwelt einen Namen hat. unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 7 Uhr; Alb- Zum Abschluss wird die Mündung der Starzel in den ger Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- stadt-Ebingen, Busbahnhof, 7.20 Uhr. Umlage 35 Euro Neckar bei Bieringen besichtigt. nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: 07431 4188. für Fahrt, Eintritte und Führungen. Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 7.30 Uhr; Alb- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- stadt-Ebingen, Busbahnhof, 8 Uhr. Umlage 35 Euro für schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Samstag, 22. September: Tagesexkursion mit Mar- Fahrt, Eintritte und Führungen. 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- St. Josef in Ebingen. Peter Thaddäus Lang garete Bühler-Weber: „Die Starzel – ein Killer-Bach?“ [email protected] beziehungsweise Vom Quellgebiet über Killer, Jungingen, Rangen- [email protected] dingen, Bietenhausen zur Mündung bei Bieringen. sowie über www.heimatkundliche–vereinigung.de. Der etwas provokante Titel leitet sich zum einen von OKTOBER dem Ereignis des 2. Juni 2008 ab. Da kam es bei einem Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- Gewitter zu schweren Regenfällen und Überflutungen lich willkommen. Fest in Frauenhand Sonntag, 7. Oktober: Halbtagesexkursion mit Jörg Berbalk: Die 4. Gebirgsdivision im Raum Balingen. 1 Wanderung entlang des Albtraufs zum Gedenkstein Der Kirchengemeinderat von St. Josef, Ebingen, seit 1996 – Von Dr. Peter Thaddäus Lang der 4. Gebirgsdivision und auf das Lochenhörnle. Herausgegeben von der Die leichte Wanderung auf der Hochfläche mit sehr Heimatkundlichen Vereinigung Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) chenstiftungsräte nun auch für den Kirchengemein- zu kommen Bausachen; im Fall von St. Josef waren geringen Höhenunterschieden auf Wiesenwanderwe- Zollernalb herrschte in der katholischen Kirche eine Aufbruch- derat zur Wahl. In seinen Entscheidungen war dieses dies in den vergangenen Jahren der Umbau des Ma- Die Autoren dieser Ausgabe gen führt am Albtrauf entlang, im Naturschutzgebiet stimmung, die sich auch auf der Ebene der Pfarreien be- neue Gremium jedoch nicht völlig frei: Der Pfarrer hat- rienheims, die Vermietung an die Caritas im Mari- „Hüllenbuch“ zum Aussichtspunkt Hörnle. Die Ex- Vorsitzender: merkbar machte. So trat 1968 in der Diözese Rot- te stets den Vorsitz inne; die vom Gremium gewählte enheim (2008), der Umlauf um die Kirche, das Ge- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, kursionsteilnehmer erwartet ein Rundblick von Ebin- tenburg in jeder Pfarrei ein Kirchengemeinderat an die Leitungsperson war somit immer der/die Zweite Vor- stühl in dem Gotteshaus sowie Umbau und Erweite- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 gen (Schlossfelsen) durch das Eyachtal, Gräbelesberg, Stelle des Kirchenstiftungsrats. Letzterer hatte die Auf- sitzende. Die Tagesordnung stellt der Erste Vorsit- rung des Kindergartens von Mai bis November 2017. Schalksburg, Hohenzollern, dem Albvorland um Ba- Geschäftsführung: gabe, dem Pfarrer in finanziellen und wirtschaftli- zende zusammen, der auch die Sitzungen leitet. Da Zu den Bausachen gehören auch größere Reparatu- Dr. Peter Thaddäus Lang lingen (bei guter Sicht bis auf die Fildern) über den Klei- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, chen fragen zu beraten. Die Mitglieder wurden vom es sich im Laufe der Jahre als immer schwieriger er- ren in Kirche, Pfarrhaus und Gemeindesaal, die er- Lammerbergstraße 53 nen Heuberg, den nahen Schwarzwald, bis in die Ge- 72461 Albstadt, Pfarrer unter dem Gesichtspunkt ihrer Sachkompe- wies, geeignete Kandidaten zu finden, ließ man sei- fahrungsgemäß alle paar Jahre anzufallen pflegen. Die 72461 Albstadt gend um Rottweil. Die Teilnehmer besuchen den Ge- Telefon (0 74 32) 68 07 tenz ausgewählt und berufen. Im Frühjahr 1968 wur- tens des Bischöflichen Ordinariats wurde vor einigen Bausachen werden vom Verwaltungsausschuss vor- denkstein (ein Kleindenkmal) der 4. „Enzian“ Ge- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- den in der Diözese Rottenburg erstmals die neuen Kir- Jahren die Vorschrift fallen, nach welcher der Kan- beraten, damit die Erörterung in dem größeren Gre- birgsdivision und erfahren mehr über die Geschichte vereinigung.de chengemeinderäte gewählt2: Wählbar war (und ist heu- didat/die Kandidatin der eigenen Gemeinde ange- mium schneller vonstatten geht. Auch hat es sich als äu- der Division, deren Aufstellung im Raum Balingen so- te immer noch)ist jeder erwachsene Angehörige der hören müsse. ßerst zweckdienlich erwiesen, wenn einige Hand- wie die Entstehung des Gedenksteins. Redaktion: Gemeinde; die Wahlperiode dauert fünf Jahre. Die Zahl Auf die Tagesordnung des Kirchengemeinderats werksleute in diesem Gremium sitzen, die sich mit ih- Achtung neuer Treffpunkt: 14 Uhr beim Wander- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, der zu wählenden Räte und Rätinnen richtet sich nach kommen als wesentliche Themen vor allem der jähr- rem Fachwissen und ihrer Erfahrung einbringen kön- parkplatz „Stockäcker“ (von Balingen kommend in 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 der Größe der Gemeinde, beträgt indes zumeist zehn liche Haushaltsplan, der stets von dem Vertreter des nen, wenn es um einschlägige Dinge geht. Die Ge- Tieringen, erste Abzweigung links in Richtung Feri- oder zwölf Personen. Vielfach stellten sich die alten Kir- Verwaltungszentrums erläutert zu werden pflegt. Da- meinde St. Josef kann sich glücklich schätzen, mit Herrn Seite 2103 Heimatkundliche Blätter September 2018 von Gertrud und Otto Mörike vor der Wiederentde- ckung durch die Verfasserin allerdings nicht ausrei- chend erkannt und diese beiden „Stille Helden“ noch nicht entsprechend geehrt.

Anmerkungen (1) Helber, Ingrid: Widerstandskämpfer aus Dürr- wangen. Ingrid Helber auf der Suche nach Straßen- namen. Otto Emil Mörike ist in Israel hoch geehrt. Jahrgang 65 30. September 2018 Nr. 9 www.zak.de/artikel/details/252132,vom24.1.2015.Vgl. Helber, Ingrid: Ein stiller Held. Otto Mörike kam in Ba- lingen-Dürrwangen zur Welt. In: Heimatkundliche Blätter Zollernalb. Hrsg. von der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb e.V. Beilage im Zollern-Alb Ku- rier. Jahrgang 64 vom 31. Juli 2017, Nr. 7, S. 2044ff. (2) https://www.gdw-berlin.de/ort-der-erinne- rung/1933-bis-1945/, Zugriff 20.7.2018. (3) Von 2008 bis 2017 befand sich die Ausstellung in der Rosenthaler Straße 39. https://www.gedenkstaet- te-stille-helden.de/gedenkstaette/entstehung/, Zugriff 20.7.2018. (4) Gedenkstätte Stille Helden. Widerstand gegen die Judenverfolgung 1933 bis 1945. Katalog zur Dauer- ausstellung. Gedenkstätte Stille Helden in der Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Stauffenbergstr. 13-14. 10785 Berlin-Mitte. Berlin 2018, S. 14. Verglei- che: www.gedenkstaette-stille-helden.de. 5) Krakauer Max: Lichter im Dunkel. Flucht und Ret- tung eines jüdischen Ehepaares im Dritten Reich. Neu Ein lick in die AusstellunggStille HeldendM herausgegeben von Gerda Riehm und Jörg Thierfelder unter Mitarbeit von Susanne Fetzer. Mit einem Vor- wort von Eberhard Röhm. Calwer Taschenbibliothek 7) Abgelehnt im Ortschaftsrat mit 7:8 Stimmen. Wa- eine Otto-Mörike-Schule werden. Schwarzwälder Bo- 108. 3. Auflage. Stuttgart 2012. nia-Dreher, Lydia: Frommerner Räte einigten sich nicht te, 7.7.2017. Maier, Steffen: Schulen dürfen wie Per- 6) https://www.gedenkstaette-stille-helden.de/ret- auf Schulnamen. Zollern-Alb Kurier, 13.10.2017. Der sonen heißen. Schwarzwälder Bote, 22.11.2017. tungsversuche/thema/th/von-pfarrhaus-zu-pfarr- Antrag der Schule wurde dann auch im Gemeinderat 8) Breisinger, Dennis: Etwas aufgeben, um zu ge- Luftaufnahme Flugplatz Hailfingen Ende 1944 Quelle: USAF/Archiv Gedenkstätte H/T haus/. Zugriff 20.7.2018. von Balingen abgelehnt. Meinhold, Günther: Es sollte winnen. Schwarzwälder Bote, 6.5.2018. Veranstaltungen und Exkursionen Athen – Hailfingen – Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung im Oktober und November Stetten bei Haigerloch – Balingen OKTOBER nesstr. 5, Großer Saal. Der Eintritt ist frei. STAMMTISCHE Griechische Zwangsarbeiter auf dem Militärflugplatz Hailfingen - Von Volker Mall Mittwoch, 24. Oktober: Vortrag mit Dr. Matti Münch: Mittwoch, 10. Oktober: Filmabend mit Dorothea Reu- Für den Frieden? Gegen den Krieg? Krieger- und Ge- Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich ter: „Alt und neu“. Filme aus dem Stadtarchiv Alb- fallenendenkmale in der Region. unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- Ende 1943 gehörte der Ausbau des 1938 begonnenen weisung Hitlers vom 24. August 1944 zum erneuten brocken - etwa 5 Kilo schwer - und schleuderte ihn in un- stadt. In Kooperation mit der VHS Albstadt. Nachdem die landesweit erfolgte Erfassung von ger Stammtisch um 15 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Hailfinger Flugplatzes zu den „wichtigen Bauvorha- Ausbau des sogenannten „Westwalls“ eingesetzt. sere Richtung. Der Brocken traf mich am Kopf und ver- Das Stadtarchiv Albstadt verfügt über eine stattli- Kleindenkmalen in Baden-Württemberg abgeschlos- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: ben“ im Bereich der Rüstungsinspektion Württem- Auf der Fahrt von Zweibrücken nach Nebringen blie- letzte mich. Dies hatte seine Frau gesehen, denn ihr Haus cheAnzahlvonFilmen,zudenenjedesJahrimmermehr sen ist, widmet sich die Heimatkundliche Vereinigung 07431/4188. berg Hohenzollern (V a)1. Der Platz sollte im Jahr 1944 ben die hinteren sieben Wagen in Mannheim, die rest- lag ja neben dem Steinbruch. Sie lief herbei und hinzukommen. In Schwarzweiß oder Farbe, mit und in ihrem diesjährigen Jahresprogramm just jenen Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- so erweitert werden, dass er sich für den Einsatz von lichen kamen ins „Gäu“. So kamen am 20. September schnauzte ihren Mann vor uns an. Danach nahm sie ohne Ton dokumentieren sie unsere Stadt, ihre Men- Kleindenkmalen in der Region. Ausgehend von den ge- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Nachtjägern eignet. Dazu sollte u. a. die Startbahn von 1944 etwa 350 bis 380 Männer auf dem Bahnhof in Ne- mich mit ins Haus um die Wunde zu versorgen. Dann schen und ihre Geschichte(n). Vergangenes wird so ge- sammelten Datensätzen begibt sich der Balinger Dr. 72461 Albstadt, Telefon 07432/6807. Email: anfra- 1200 auf 1600 Meter verlängert werden.2 bringen an. Sie waren zwischen 14 und 60 Jahre alt, Ge- ließ sie mich hinsetzen auf ein Sofa, auf dem eine wei- zeigt, wie es die Filmemacher über Jahrzehnte hinweg Matti Münch auf die Spur von Kriegerdenkmalen in [email protected] oder gescha- Bis Kriegsende bestand auf dem Hailfinger Flug- schäftsleute, Arbeiter, Taxifahrer oder Studenten.4 ße Decke lag. Das war mir peinlich, denn als ich saß, lie- selbst gesehen und erlebt haben. An diesem Abend wird der Region. Die Auswertung geschieht dabei mit einer [email protected] sowie platz ein Arbeitslager mit knapp 1500 „Fremdarbei- fen gleich meine Flöhe über die weiße Decke. Aber sie be- eine Auswahl an Episoden aus den 1930er bis 1990er klassisch regionalgeschichtlichen Fragestellung: War es über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- tern“, unter ihnen etwa 100 russische und 300 bis 400 ruhigte mich. Sie versorgte die Wunde, gab mir Unter- Jahren gezeigt: Feuerwehrübungen in Onstmettingen, hier wie überall? Auf das Thema bezogen: Lassen sich einigung.de. britische Kriegsgefangene aus Indien und knapp 400 Zwangsarbeit in Hailfingen wäsche, Strümpfe und ein Hemd. Dann gab sie mir noch Fußballspielen in Laufen, Feste in den verschiedenen die für Deutschland typischen Formen von Krieger- und griechische Zwangsarbeiter. Mit der Ankunft von 601 ein Frühstück. Ich dankte ihr und ging. (Skaltsas) Teilorten, Szenen aus Tailfinger Trikotfirmen und noch Gefallenendenkmale in der Region nachweisen? Las- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- jüdischen Häftlingen aus dem KZ Stutthof bei Danzig Untergebracht wurden sie in der Flugzeughalle viel mehr. Gehen Sie mit uns auf eine Zeitreise in die sen sich die Zäsuren in der Deutung der Kriegstoten lich willkommen. im November 1944 wurde außerdem ein KZ-Außen- (Hangar), die eigentlich für Juden vorgesehen (war), Es war keinerlei ärztliche Versorgung vorgesehen. Ei- Vergangenheit und lassen Sie sich überraschen von Alt- (nach 1870/71, nach dem Ersten Weltkrieg, nach dem lager eingerichtet. die hier zum Sterben hinkommen sollten.5 ner der Griechen war Apotheker; er wurde offiziell da- bekanntem oder auch neuem Unbekannten. 20 Uhr. Zweiten Weltkrieg) hier ebenso nachweisen? Oder gibt Die nach Hailfingen gebrachten Griechen waren in Nachdem 601 jüdische Häftlinge im November 1945 mit beauftragt, die Kranken zu betreuen. Mehrmals Albstadt-Ebingen, Bildungszentrum Unoth, Johan- es gar regionale Besonderheiten, die einer speziellen Razzien (blocco, mploko) im August 1944 von der SS vom KZ Stutthof bei Danzig nach Hailfingen gekom- holte er mit einem Begleiter in Rottenburg Medika- Erklärung bedürfen? Diesen und weiteren Fragen wird und griechischen kollaborierenden Sicherheitsbatail- men waren und in diesem Hangar untergebracht wur- mente. Einige der Griechen gingen, wenn sie krank oder Dr. Münch bei einem Vortrag im Landratsamt Zol- lonen aufgegriffen und in das KZ Chaidari verschleppt den, wurden die Griechen in eine östlich vom Hangar verletzt waren, zu Fuß in das drei Kilometer entfernte lernalbkreis nachgehen und versuchen, Antworten zu worden.3 Sie stammten v. a. aus Dourgouti und Viron, gelegene Tiefbaracke verlegt. Seebronn, wo sie von Stabsarzt Dr. Ernst Rothe8 im Re- geben. 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis Herausgegeben von der den beiden „roten“ Stadtvierteln Athens. Nach einer In Hailfingen arbeiteten wir an den Eisenschienen für servelazarett im Gasthof Hirsch ambulant behandelt (Sitzungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. Heimatkundlichen Vereinigung Selektion in Chaidari wurden am 16.8.1944 1040 als eine Lorenbahn. Die Gleise, 10 Meter lang, hoben 10 wurden. Die Autoren dieser Ausgabe Zollernalb Zwangsarbeiter in Richtung Deutsches Reich ge- Mann hoch. Das war sehr hart, und wir aßen sehr Da war bei uns niemand (kein Arzt), wissen Sie, viel bracht. Marine- und Infanteriesoldaten begleiteten den schlecht. Wir aßen eine kraftlose Suppe mit einem Stück viel später, da wo wir allein waren, da ging mein Bru- Vorsitzender: Zugtransport. Der Weg führte über Jugoslawien, Un- Brot. Von diesem Hunger bekamen einige Hungeröde- der, verbrannt hat er irgendwas in der Küche, nach … Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, NOVEMBER garn, Wien und München nach Vaihingen/Enz, wo et- me. Und die Arbeit war furchtbar hart. Da gab es auch ei- Seebronn. Da war eine kleine Baracke, da warn paar Pa- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Volker Mall wa 200 bis 300 von ihnen aussteigen mussten und ver- nen Deutschen namens Karl (Karl Bäuerle) , ein Sadist, tienten drin, und da war ein deutscher Militärarzt da.9 Hohe-Wacht-Str.7 Geschäftsführung: mutlich auf Baustellen im Raum Stuttgart geschickt der uns quälte. Er folterte uns regelrecht. Er zwang uns, 71083 Herrenberg Mittwoch, 14. November: Vortrag mit Dr. Michael Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, wurden. Die restlichen ca. 800 kamen nach Busonville mit schweren Hölzern unterm Arm durch den Regen zu Unter den griechischen Zwangsarbeitern kam es Walther: Kriegsende 1918 im Oberamt Balingen 72461 Albstadt, in Lothringen, von wo aus sie zu Fuß über Völklingen, rennen. In Hailfingen bettelten wir. Die dortigen Ein- während ihrer Zeit auf dem Flugplatz Hailfingen (20.9. 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- Telefon (0 74 32) 68 07 Saarbrücken und Türkismühle nach Neuhausen (Saar- wohner gaben uns oft etwas zu essen, aber sie waren da- bis Anfang Dezember 1944) nachweislich zu drei To- Dr. Ingrid Helber zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- land) gehen mussten. Von dort ging es im Zug nach Pir- bei sehr vorsichtig. … Und noch eine persönliche Erin- desfällen. Alle drei Toten wurden außerhalb des Hail- Westerwaldstr. 17 vereinigung.de masens. Am 5. September kamen sie in Zweibrücken nerung von mir zum Steinbruch7: Dort mussten wir Stei- finger Friedhofs begraben10 und erst später nach in- 72336 Balingen Donnerstag, 22. November: Ausstellungsführung mit an und wurden 14 Tage in der dortigen Ludwig-Schu- ne brechen. Als wir die Steinbrocken auf die Loren lu- nen umgebettet. Auf den beiden Gräbern stehen Grab- Dr. Veronika Mertens: Felix Hollenberg Redaktion: le untergebracht. Manche wurden vom Zweibrücke- den, erwartete der Chef des Steinbruchs (Schäfer) wohl steine mit den Namen und teilweise falschen Daten. 19.30 Uhr. Albstadt-Ebingen, Kunstmuseum Alb- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, ner Arbeitsamt für die Arbeit in der Landwirtschaft aus- ein größeres Ergebnis, obwohl wir doch ausgelaugt und Am 24.9.1944 starb der aus Naxos stammende Sty- stadt, Kirchengraben 11. Die Teilnahme ist frei. 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 gewählt oder zusammen mit russischen Zwangsar- zerlumpt waren. Wahrscheinlich um uns zu demonst- lianos Wassiliou an den Folgen einer Zahninfektion. beitern und italienischen Gefangenen nach der An- rieren, wie man arbeitet, nahm er einen großen Stein- Stelios starb an Blutvergiftung nach einer Zahnent- Seite 2101 Heimatkundliche Blätter September 2018 September 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2102

zündung. Wir haben ihn in Hailfingen begraben, nach- Wachleute waren zwei alte Soldaten, die sich abwech- dem er vier Tage lang unbeerdigt im Schnee gelegen hat- selten, einer war Deutscher, der andere ein Österrei- te. (Skaltsas) cher. Den Namen des Deutschen erinnere ich nicht (viel- Am 8.10.1944 starb der 1910 in Ksylikoi (bei Amfik- leicht Theodor?); er war ein Schwergewicht, vielleicht leia, Kreis Phitotida) geborene Athanasios Zotas bei ei- 65 Jahre alt. Dagegen war der Österreicher, den sie Fritz- nem Luftangriff. le nannten, etwas jünger, vielleicht 55 bis 60 Jahre alt. Mikirditsch Sachakian starb erst nach der Verle- Der war immer guter Dinge, spielte mit uns im Schnee gung der Griechen Ende Januar 1945 in einem Kran- und ließ uns auch mit seiner Waffe spielen. Er sagte: kenhaus in Tübingen. Er hatte bereits vor seiner An- „Wenn das rauskommt, werde ich erschossen!“ Fritzle kunft in Hailfingen an einer schweren Darmkrankheit hatte zwei schöne Töchter. gelitten. Mikirditsch Sachakian ist armenischer Ab- Der Koch blieb immer im Schafhaus, um das Essen stammung.11 vorzubereiten. Er war von Beruf Koch, und obwohl er keine vernünftigen Zutaten hatte, bereitete er doch schmackhaftes Essen. Ihm zugeteilt waren zwei Mann Von Hailfingen zu anderen Einsatzorten als Helfer. Sie brachten uns das Essen auf einem Schlit- als Zwangsarbeiter ten. Sie waren auch dafür zuständig, unsere Kleidung auf dem Ofen zu kochen, um unsere Läuse zu vernich- ten. Der Koch kochte außerhalb des Schafhauses auf der Ab 10. Dezember 1944 wurden die Griechen nach Nordseite der Außenmauer. Dort gab es auch einen Was- und nach an andere Orte gebracht. Eine kleine Grup- serhahn. Auch die Toilette befand sich außerhalb des pe mit 28 Personen kam nach Mötzingen (Landkreis Schafhauses. Böblingen). Sie war dort in einer Scheune bei einem In Oberjesingen wurden wir von allen sehr gut be- Bauernhaus im Rohbau untergebracht und sollte auf handelt, mit Ausnahme eines deutschen Wachmanns. dem dortigen Flugplatz v. a. Blindgänger beseitigen. Ich erinnere mich an diesen Albert - etwa 65 Jahre alt. In Mötzingen sollte ursprünglich ein Einsatzhafen II. Er war für die Werkzeuge verantwortlich und hinkte Ordnung gebaut werden. leicht. Es gab auch noch einen anderen alten, den Ja- Anscheinend wurde dann zu Anfang des Jahres 1944 kob mit seiner Pfeife, auch er sehr nett. ein Rollfeld freigemacht, das … für Landungen ein- Ich erinnere mich an einen Morgen Ende Februar 1945 motoriger Flugzeuge geeignet war.12 Tatsächlich wurde in Oberjesingen. Da kam ein Major der Luftwaffe zu der Platz dann als Nachtscheinflughafen geführt, mit as Gra, v9nStClian9s 'assili9uaufdem uns und er sah unsere Lumpen. Wir sagten ihm, dass Flugzeugattrappen und später auch ausgemusterten Friedh9f in HailfingenM F9t9: Archiv all wir aus Athen kommen und er antwortete, er kenne Maschinen. Athen. Wir hatten „Hab-Acht“-Stellung eingenommen, Eine weitere Gruppe mit etwa 50 Personen kam nach aber er sagte, wir sollen sitzen bleiben. Wir sprachen et- Neuhausen ob Eck bei Tuttlingen auf den dortigen Pferdestalls war ein wohlgenährter älterer Mann (den wa 10 Minuten mit ihm, denn er sprach hervorragend Flugplatz (Einsatzhafen mit Leithorst Memmingen13); Namen erinnere ich nicht, vielleicht Bauer). Er war ge- Griechisch. Er sagte, dass er 12 Monate für eine Firma einige kamen auf den Militärflugplatz Mengen, auf dem rührt und weinte sogar, wenn wir ihn - wie es oft ge- in Aspiooti/Athen gearbeitet habe. Er versprach uns Klei- Rollwege und 1 Startbahn befestigt waren14. schah - „Vater“ nannten. Bauer hatte immer gute Lau- dung für 30 Mann zu schicken, was wir nicht glaubten. Und eine Gruppe kam nach Oberjesingen. ne. In dem Stall, der die Form eines I- hatte, schliefen Aber dann bekamen wir lauter Kleidung: Strümpfe, Un- wir auf dem Boden, auf den sie Stroh gestreut hatten. terwäsche, Jacken (mit Hakenkreuz auf den Knöpfen), Hier kamen wir als 30 Zwangsarbeiter aus Grie- Wir hatten keine Pritschen, und unsere Kleider waren Militärjacken, Hosen und Regenschutzsachen. Die chenland. Einen von diesen, der Arzt war, haben sie so- zerlumpt. Außer den Lumpen hatten wir zwei Decken, Knöpfe haben wir abgeschnitten, weil wir befürchteten, fort zur Arbeit ins Krankenhaus abgestellt. Ein anderer die sie uns in Zweibrücken gegeben hatten. dass die Alliierten uns für Deutsche gehalten hätten nach namens Panagiotis (Takis) Adamakopoulos (s. u.) kam Unsere Arbeit bestand im Anlegen von Straßen und ei- der Befreiung. Mit dieser Kleidung, die er uns geschickt schnell weg und wurde wegen Krankheit ins Kranken- nes Hilfsflughafens im Wald, etwa 1 km entfernt von hatte, konnten wir die Kälte besser aushalten. Es gibt haus eingeliefert. Da wir ihn lange Zeit nicht sahen, nah- Oberjesingen (Deckenfronn). Wenn der Lastwagen mit auch ein Foto im Schnee auf einem Hügel auf dem Weg men wir an, dass er gestorben sei. So waren wir noch Kies kam - er konnte nicht gekippt werden - dann muss- Richtung Stuttgart. Zum Spaß rollten wir von diesem 28. Von diesen 28 waren die meisten Griechen und Ar- ten wir ihn innerhalb von 10 Minuten leeren, weil der Hügel einmal auch auf einem Karren runter bis zum menier aus Neos Kosmos und Dourgouti in Athen, ei- Lastwagen von den Bombenflugzeugen aus gesehen Schafhaus, als sei es ein Schlitten. Abends sahen wir von nige auch aus Kokkinia (Piräus), aus Byrona, und Kat- werden konnte. Für den Flughafen legten wir breite Ab- dort oben aus auch das Feuer von Stuttgart, wenn es sipodi in Athen, aus Braxami, Nea Smyrni. Dourgouti stellplätze für die Flugzeuge an. Der Wald war sehr groß. bombardiert worden war. (Skaltsas) tt9Ęrike ist auf der EhrentafelgStille Heldendin erlin verzeichnet F9t9s: rMngrid Hel,er und Neos Kosmos waren in Athen die Stadtviertel, in de- Daneben lag ein See (Egelsee), der zugefroren war. Je- (Fortsetzung folgt) nen die Armenier wohnten. den Morgen brachen wir zu 25 Mann auf in den Wald. Unser Schlafsaal war ein Pferdestall. Eigentümer des Auf dem Weg begleitete uns immer ein Wachmann. Neues zu Otto Mörike, dem stillen Helden1 Von Dr. Ingrid Helber

Bei einer vom Bundespresseamt organisierten Infor- Trotz des äußerst engen Zeitplans gelang es der Ver- den Kindern zu sehen. Die Dokumente zeigen das Pre- mationsreise nach Berlin vom 9. bis 12. Juli 2018 stand fasserin, den Bereich „Stille Helden“ aufzusuchen. Am digtverbot gegen Otto Mörike von 1938, das Verbot zur auch der Besuch der Gedenkstätte Deutscher Wider- Eingang des neuen Ausstellungsbereichs steht eine Erteilung von Religionsunterricht wie auch einen Be- stand auf dem Programm. Diese befindet sich im so- große schwarze Tafel, in die alphabetisch bunt durch- richt über ihn als „verbissenen Gegner“ des National- genannten „Bendlerblock“ in der Stauffenbergstraße einandergemischtdie Namen vieler „Stiller Helden“ mit sozialismus. Der Sohn, Pfarrer Frieder Mörike, ist im 13-14. Das Gebäude war zur Zeit des Nationalsozia- weißer Farbe eingelassen sind. Im Zentrum der Tafel Gespräch mit Joseph Walk, dem Leiter des Leo Baeck lismus Sitz des „Allgemeinen Heeresamtes“ des Ober- fiel der Blick der Verfasserin sofort auf Otto Mörike. Ei- Instituts in Jerusalem, dokumentiert. Der Sohn ist kommandos des Heeres und Zentrum des Wider- nige Reihen weiter oben ist auch seine Ehefrau Ger- ebenfalls mit seiner Ehefrau in der Gedächtnisstätte standes vom 20. Juli 1944 um Generaloberst a.D. Lud- trud Mörike zu finden. Die Namen beider sind auch Yad Vashem in Israel abgebildet. wig Beck und Oberst Claus Schenk Graf von Stauffen- im neuen Katalog zur Ausstellung abgedruckt.3 Online kann man unter der „Gedenkstätte Deut- berg.2 Die Büros der beiden konnten besichtigt wer- Die Ausstellung beleuchtet zehn Aspekte des Wi- scher Widerstand“ Otto Mörike unter „Rettungsver- den. Nach dem Attentat auf Hitler wurde Beck in sei- derstands gegen die Judenverfolgung. Neben den be- suche“ und „von Pfarrhaus zu Pfarrhaus“ bei der sog. nem Büro und Stauffenberg noch in der Nacht im Hof kannten „Schindlers Listen“ steht das „Asyl im Pfarr- „Pfarrhauskette“6 finden. Er steht hier im Zusam- erschossen. Die Leiterin zeigte zusätzlich den bisher haus“, das auch Otto und Gertrud Mörike gewährt ha- menhang mit Max Krakauer (Lichter im Dunkel). Bei eher unbekannten Widerstand - wie der von Jugend- ben. An einem interaktiven Computerterminal kön- Eingabe des Suchbegriffs Otto Mörike finden sich eben- lichen und der Swing-Jugend oder den Widerstand von nen die Besucher zusätzliche Informationen erhalten. falls Ergebnisse bzw. Querverweise in den Biografien Georg Elser auf. Im Neubaugebiet in Balingen-Dürr- Unter dem Stichwort „Max Krakauer“, bekannt durch zweier Pfarrfrauen. Mörike hatte Hildegard Spieth um wangen wurde bekanntlich bereits eine Straße als seine Autobiografie „Lichter im Dunkel“5, findet man HilfebeiderUnterbringungvonJudengebetenwieauch Georg-Elser-Ring benannt. Otto und Gertrud Mörike. Sie haben u.a. Max und sei- Elisabeth Goes. Beide versorgten u.a. Max Krakauer und Auf die Frage an die Leiterin, ob sie eigentlich Otto ne Frau Karoline Ines Krakauer versteckt. Das Layout dessen Frau. Mörike kenne, der in Balingen-Dürrwangen geboren zeigt eine dreigeteilte Seite, wobei links das Foto des Otto Mörike war in Balingen zuletzt bezüglich der sei, und ob es etwas über ihn und seine Frau Gertrud bzw. der Aufgerufenen zu finden ist. Und es gibt wei- Namensgebung der Frommerner Verbundschule im in der Gedenkstätte in Berlin gebe, wusste diese sofort tere Links zu Max Krakauer, andere Verfolgte sowie Gespräch 7 wie auch für die neue zu bildende evan- Bescheid. Natürlich kenne sie Otto Mörike, antwortete „weitere Personen“. In der Mitte ist die Biografie zu le- gelische Kirchengemeinde Frommern-Dürrwangen- die promovierte Historiker-Kollegin. Mörike sei Be- sen. Im rechten Bereich findet man Dokumente und Stockenhausen-Zillhausen-Streichen8. standteil der Ausstellung im Hause. Sie wies auf die Fotos zur ausgewählten Person. Unter dem Stichwort Mit der Ausstellung in Berlin und der dortigen Wür- seit dem 14. Februar 2018 am neuen Standort beste- Max Krakauer sind links 19 Personen verzeichnet, die digung kann Stimmen in Balingen, die meinen, der in hende Ausstellung „Stille Helden“ hin.3 Dort gebe es In- dem Ehepaar geholfen haben. Hier erscheinen auch se- Dürrwangen geborene Otto Mörike sei nicht bekannt, formationen zu Otto Mörike. Beim „Kirchlichen Wi- parat Gertrud Mörike und Otto Mörike. Auf der rech- eindeutig widersprochen werden. Das Ehepaar Möri- derstand“seiMörikeihrbeiRecherchenebenfallsschon ten Seite finden sich Fotos aus unterschiedlichen Le- ke war in der württembergischen Landeskirche nie ver- as Schafhaus in ,er4esingenM Quelle: "9th begegnet. bensaltern der beiden. Es sind auch Abbildungen mit gessen worden. In Balingen hat man die Bedeutung Seite 2101 Heimatkundliche Blätter September 2018 September 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2102

zündung. Wir haben ihn in Hailfingen begraben, nach- Wachleute waren zwei alte Soldaten, die sich abwech- dem er vier Tage lang unbeerdigt im Schnee gelegen hat- selten, einer war Deutscher, der andere ein Österrei- te. (Skaltsas) cher. Den Namen des Deutschen erinnere ich nicht (viel- Am 8.10.1944 starb der 1910 in Ksylikoi (bei Amfik- leicht Theodor?); er war ein Schwergewicht, vielleicht leia, Kreis Phitotida) geborene Athanasios Zotas bei ei- 65 Jahre alt. Dagegen war der Österreicher, den sie Fritz- nem Luftangriff. le nannten, etwas jünger, vielleicht 55 bis 60 Jahre alt. Mikirditsch Sachakian starb erst nach der Verle- Der war immer guter Dinge, spielte mit uns im Schnee gung der Griechen Ende Januar 1945 in einem Kran- und ließ uns auch mit seiner Waffe spielen. Er sagte: kenhaus in Tübingen. Er hatte bereits vor seiner An- „Wenn das rauskommt, werde ich erschossen!“ Fritzle kunft in Hailfingen an einer schweren Darmkrankheit hatte zwei schöne Töchter. gelitten. Mikirditsch Sachakian ist armenischer Ab- Der Koch blieb immer im Schafhaus, um das Essen stammung.11 vorzubereiten. Er war von Beruf Koch, und obwohl er keine vernünftigen Zutaten hatte, bereitete er doch schmackhaftes Essen. Ihm zugeteilt waren zwei Mann Von Hailfingen zu anderen Einsatzorten als Helfer. Sie brachten uns das Essen auf einem Schlit- als Zwangsarbeiter ten. Sie waren auch dafür zuständig, unsere Kleidung auf dem Ofen zu kochen, um unsere Läuse zu vernich- ten. Der Koch kochte außerhalb des Schafhauses auf der Ab 10. Dezember 1944 wurden die Griechen nach Nordseite der Außenmauer. Dort gab es auch einen Was- und nach an andere Orte gebracht. Eine kleine Grup- serhahn. Auch die Toilette befand sich außerhalb des pe mit 28 Personen kam nach Mötzingen (Landkreis Schafhauses. Böblingen). Sie war dort in einer Scheune bei einem In Oberjesingen wurden wir von allen sehr gut be- Bauernhaus im Rohbau untergebracht und sollte auf handelt, mit Ausnahme eines deutschen Wachmanns. dem dortigen Flugplatz v. a. Blindgänger beseitigen. Ich erinnere mich an diesen Albert - etwa 65 Jahre alt. In Mötzingen sollte ursprünglich ein Einsatzhafen II. Er war für die Werkzeuge verantwortlich und hinkte Ordnung gebaut werden. leicht. Es gab auch noch einen anderen alten, den Ja- Anscheinend wurde dann zu Anfang des Jahres 1944 kob mit seiner Pfeife, auch er sehr nett. ein Rollfeld freigemacht, das … für Landungen ein- Ich erinnere mich an einen Morgen Ende Februar 1945 motoriger Flugzeuge geeignet war.12 Tatsächlich wurde in Oberjesingen. Da kam ein Major der Luftwaffe zu der Platz dann als Nachtscheinflughafen geführt, mit as Gra, v9nStClian9s 'assili9uaufdem uns und er sah unsere Lumpen. Wir sagten ihm, dass Flugzeugattrappen und später auch ausgemusterten Friedh9f in HailfingenM F9t9: Archiv all wir aus Athen kommen und er antwortete, er kenne Maschinen. Athen. Wir hatten „Hab-Acht“-Stellung eingenommen, Eine weitere Gruppe mit etwa 50 Personen kam nach aber er sagte, wir sollen sitzen bleiben. Wir sprachen et- Neuhausen ob Eck bei Tuttlingen auf den dortigen Pferdestalls war ein wohlgenährter älterer Mann (den wa 10 Minuten mit ihm, denn er sprach hervorragend Flugplatz (Einsatzhafen mit Leithorst Memmingen13); Namen erinnere ich nicht, vielleicht Bauer). Er war ge- Griechisch. Er sagte, dass er 12 Monate für eine Firma einige kamen auf den Militärflugplatz Mengen, auf dem rührt und weinte sogar, wenn wir ihn - wie es oft ge- in Aspiooti/Athen gearbeitet habe. Er versprach uns Klei- Rollwege und 1 Startbahn befestigt waren14. schah - „Vater“ nannten. Bauer hatte immer gute Lau- dung für 30 Mann zu schicken, was wir nicht glaubten. Und eine Gruppe kam nach Oberjesingen. ne. In dem Stall, der die Form eines I- hatte, schliefen Aber dann bekamen wir lauter Kleidung: Strümpfe, Un- wir auf dem Boden, auf den sie Stroh gestreut hatten. terwäsche, Jacken (mit Hakenkreuz auf den Knöpfen), Hier kamen wir als 30 Zwangsarbeiter aus Grie- Wir hatten keine Pritschen, und unsere Kleider waren Militärjacken, Hosen und Regenschutzsachen. Die chenland. Einen von diesen, der Arzt war, haben sie so- zerlumpt. Außer den Lumpen hatten wir zwei Decken, Knöpfe haben wir abgeschnitten, weil wir befürchteten, fort zur Arbeit ins Krankenhaus abgestellt. Ein anderer die sie uns in Zweibrücken gegeben hatten. dass die Alliierten uns für Deutsche gehalten hätten nach namens Panagiotis (Takis) Adamakopoulos (s. u.) kam Unsere Arbeit bestand im Anlegen von Straßen und ei- der Befreiung. Mit dieser Kleidung, die er uns geschickt schnell weg und wurde wegen Krankheit ins Kranken- nes Hilfsflughafens im Wald, etwa 1 km entfernt von hatte, konnten wir die Kälte besser aushalten. Es gibt haus eingeliefert. Da wir ihn lange Zeit nicht sahen, nah- Oberjesingen (Deckenfronn). Wenn der Lastwagen mit auch ein Foto im Schnee auf einem Hügel auf dem Weg men wir an, dass er gestorben sei. So waren wir noch Kies kam - er konnte nicht gekippt werden - dann muss- Richtung Stuttgart. Zum Spaß rollten wir von diesem 28. Von diesen 28 waren die meisten Griechen und Ar- ten wir ihn innerhalb von 10 Minuten leeren, weil der Hügel einmal auch auf einem Karren runter bis zum menier aus Neos Kosmos und Dourgouti in Athen, ei- Lastwagen von den Bombenflugzeugen aus gesehen Schafhaus, als sei es ein Schlitten. Abends sahen wir von nige auch aus Kokkinia (Piräus), aus Byrona, und Kat- werden konnte. Für den Flughafen legten wir breite Ab- dort oben aus auch das Feuer von Stuttgart, wenn es sipodi in Athen, aus Braxami, Nea Smyrni. Dourgouti stellplätze für die Flugzeuge an. Der Wald war sehr groß. bombardiert worden war. (Skaltsas) tt9Ęrike ist auf der EhrentafelgStille Heldendin erlin verzeichnet F9t9s: rMngrid Hel,er und Neos Kosmos waren in Athen die Stadtviertel, in de- Daneben lag ein See (Egelsee), der zugefroren war. Je- (Fortsetzung folgt) nen die Armenier wohnten. den Morgen brachen wir zu 25 Mann auf in den Wald. Unser Schlafsaal war ein Pferdestall. Eigentümer des Auf dem Weg begleitete uns immer ein Wachmann. Neues zu Otto Mörike, dem stillen Helden1 Von Dr. Ingrid Helber

Bei einer vom Bundespresseamt organisierten Infor- Trotz des äußerst engen Zeitplans gelang es der Ver- den Kindern zu sehen. Die Dokumente zeigen das Pre- mationsreise nach Berlin vom 9. bis 12. Juli 2018 stand fasserin, den Bereich „Stille Helden“ aufzusuchen. Am digtverbot gegen Otto Mörike von 1938, das Verbot zur auch der Besuch der Gedenkstätte Deutscher Wider- Eingang des neuen Ausstellungsbereichs steht eine Erteilung von Religionsunterricht wie auch einen Be- stand auf dem Programm. Diese befindet sich im so- große schwarze Tafel, in die alphabetisch bunt durch- richt über ihn als „verbissenen Gegner“ des National- genannten „Bendlerblock“ in der Stauffenbergstraße einandergemischtdie Namen vieler „Stiller Helden“ mit sozialismus. Der Sohn, Pfarrer Frieder Mörike, ist im 13-14. Das Gebäude war zur Zeit des Nationalsozia- weißer Farbe eingelassen sind. Im Zentrum der Tafel Gespräch mit Joseph Walk, dem Leiter des Leo Baeck lismus Sitz des „Allgemeinen Heeresamtes“ des Ober- fiel der Blick der Verfasserin sofort auf Otto Mörike. Ei- Instituts in Jerusalem, dokumentiert. Der Sohn ist kommandos des Heeres und Zentrum des Wider- nige Reihen weiter oben ist auch seine Ehefrau Ger- ebenfalls mit seiner Ehefrau in der Gedächtnisstätte standes vom 20. Juli 1944 um Generaloberst a.D. Lud- trud Mörike zu finden. Die Namen beider sind auch Yad Vashem in Israel abgebildet. wig Beck und Oberst Claus Schenk Graf von Stauffen- im neuen Katalog zur Ausstellung abgedruckt.3 Online kann man unter der „Gedenkstätte Deut- berg.2 Die Büros der beiden konnten besichtigt wer- Die Ausstellung beleuchtet zehn Aspekte des Wi- scher Widerstand“ Otto Mörike unter „Rettungsver- den. Nach dem Attentat auf Hitler wurde Beck in sei- derstands gegen die Judenverfolgung. Neben den be- suche“ und „von Pfarrhaus zu Pfarrhaus“ bei der sog. nem Büro und Stauffenberg noch in der Nacht im Hof kannten „Schindlers Listen“ steht das „Asyl im Pfarr- „Pfarrhauskette“6 finden. Er steht hier im Zusam- erschossen. Die Leiterin zeigte zusätzlich den bisher haus“, das auch Otto und Gertrud Mörike gewährt ha- menhang mit Max Krakauer (Lichter im Dunkel). Bei eher unbekannten Widerstand - wie der von Jugend- ben. An einem interaktiven Computerterminal kön- Eingabe des Suchbegriffs Otto Mörike finden sich eben- lichen und der Swing-Jugend oder den Widerstand von nen die Besucher zusätzliche Informationen erhalten. falls Ergebnisse bzw. Querverweise in den Biografien Georg Elser auf. Im Neubaugebiet in Balingen-Dürr- Unter dem Stichwort „Max Krakauer“, bekannt durch zweier Pfarrfrauen. Mörike hatte Hildegard Spieth um wangen wurde bekanntlich bereits eine Straße als seine Autobiografie „Lichter im Dunkel“5, findet man HilfebeiderUnterbringungvonJudengebetenwieauch Georg-Elser-Ring benannt. Otto und Gertrud Mörike. Sie haben u.a. Max und sei- Elisabeth Goes. Beide versorgten u.a. Max Krakauer und Auf die Frage an die Leiterin, ob sie eigentlich Otto ne Frau Karoline Ines Krakauer versteckt. Das Layout dessen Frau. Mörike kenne, der in Balingen-Dürrwangen geboren zeigt eine dreigeteilte Seite, wobei links das Foto des Otto Mörike war in Balingen zuletzt bezüglich der sei, und ob es etwas über ihn und seine Frau Gertrud bzw. der Aufgerufenen zu finden ist. Und es gibt wei- Namensgebung der Frommerner Verbundschule im in der Gedenkstätte in Berlin gebe, wusste diese sofort tere Links zu Max Krakauer, andere Verfolgte sowie Gespräch 7 wie auch für die neue zu bildende evan- Bescheid. Natürlich kenne sie Otto Mörike, antwortete „weitere Personen“. In der Mitte ist die Biografie zu le- gelische Kirchengemeinde Frommern-Dürrwangen- die promovierte Historiker-Kollegin. Mörike sei Be- sen. Im rechten Bereich findet man Dokumente und Stockenhausen-Zillhausen-Streichen8. standteil der Ausstellung im Hause. Sie wies auf die Fotos zur ausgewählten Person. Unter dem Stichwort Mit der Ausstellung in Berlin und der dortigen Wür- seit dem 14. Februar 2018 am neuen Standort beste- Max Krakauer sind links 19 Personen verzeichnet, die digung kann Stimmen in Balingen, die meinen, der in hende Ausstellung „Stille Helden“ hin.3 Dort gebe es In- dem Ehepaar geholfen haben. Hier erscheinen auch se- Dürrwangen geborene Otto Mörike sei nicht bekannt, formationen zu Otto Mörike. Beim „Kirchlichen Wi- parat Gertrud Mörike und Otto Mörike. Auf der rech- eindeutig widersprochen werden. Das Ehepaar Möri- derstand“seiMörikeihrbeiRecherchenebenfallsschon ten Seite finden sich Fotos aus unterschiedlichen Le- ke war in der württembergischen Landeskirche nie ver- as Schafhaus in ,er4esingenM Quelle: "9th begegnet. bensaltern der beiden. Es sind auch Abbildungen mit gessen worden. In Balingen hat man die Bedeutung Seite 2103 Heimatkundliche Blätter September 2018 von Gertrud und Otto Mörike vor der Wiederentde- ckung durch die Verfasserin allerdings nicht ausrei- chend erkannt und diese beiden „Stille Helden“ noch nicht entsprechend geehrt.

Anmerkungen (1) Helber, Ingrid: Widerstandskämpfer aus Dürr- wangen. Ingrid Helber auf der Suche nach Straßen- namen. Otto Emil Mörike ist in Israel hoch geehrt. Jahrgang 65 30. September 2018 Nr. 9 www.zak.de/artikel/details/252132,vom24.1.2015.Vgl. Helber, Ingrid: Ein stiller Held. Otto Mörike kam in Ba- lingen-Dürrwangen zur Welt. In: Heimatkundliche Blätter Zollernalb. Hrsg. von der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb e.V. Beilage im Zollern-Alb Ku- rier. Jahrgang 64 vom 31. Juli 2017, Nr. 7, S. 2044ff. (2) https://www.gdw-berlin.de/ort-der-erinne- rung/1933-bis-1945/, Zugriff 20.7.2018. (3) Von 2008 bis 2017 befand sich die Ausstellung in der Rosenthaler Straße 39. https://www.gedenkstaet- te-stille-helden.de/gedenkstaette/entstehung/, Zugriff 20.7.2018. (4) Gedenkstätte Stille Helden. Widerstand gegen die Judenverfolgung 1933 bis 1945. Katalog zur Dauer- ausstellung. Gedenkstätte Stille Helden in der Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Stauffenbergstr. 13-14. 10785 Berlin-Mitte. Berlin 2018, S. 14. Verglei- che: www.gedenkstaette-stille-helden.de. 5) Krakauer Max: Lichter im Dunkel. Flucht und Ret- tung eines jüdischen Ehepaares im Dritten Reich. Neu Ein lick in die AusstellunggStille HeldendM herausgegeben von Gerda Riehm und Jörg Thierfelder unter Mitarbeit von Susanne Fetzer. Mit einem Vor- wort von Eberhard Röhm. Calwer Taschenbibliothek 7) Abgelehnt im Ortschaftsrat mit 7:8 Stimmen. Wa- eine Otto-Mörike-Schule werden. Schwarzwälder Bo- 108. 3. Auflage. Stuttgart 2012. nia-Dreher, Lydia: Frommerner Räte einigten sich nicht te, 7.7.2017. Maier, Steffen: Schulen dürfen wie Per- 6) https://www.gedenkstaette-stille-helden.de/ret- auf Schulnamen. Zollern-Alb Kurier, 13.10.2017. Der sonen heißen. Schwarzwälder Bote, 22.11.2017. tungsversuche/thema/th/von-pfarrhaus-zu-pfarr- Antrag der Schule wurde dann auch im Gemeinderat 8) Breisinger, Dennis: Etwas aufgeben, um zu ge- Luftaufnahme Flugplatz Hailfingen Ende 1944 Quelle: USAF/Archiv Gedenkstätte H/T haus/. Zugriff 20.7.2018. von Balingen abgelehnt. Meinhold, Günther: Es sollte winnen. Schwarzwälder Bote, 6.5.2018. Veranstaltungen und Exkursionen Athen – Hailfingen – Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung im Oktober und November Stetten bei Haigerloch – Balingen OKTOBER nesstr. 5, Großer Saal. Der Eintritt ist frei. STAMMTISCHE Griechische Zwangsarbeiter auf dem Militärflugplatz Hailfingen - Von Volker Mall Mittwoch, 24. Oktober: Vortrag mit Dr. Matti Münch: Mittwoch, 10. Oktober: Filmabend mit Dorothea Reu- Für den Frieden? Gegen den Krieg? Krieger- und Ge- Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich ter: „Alt und neu“. Filme aus dem Stadtarchiv Alb- fallenendenkmale in der Region. unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- Ende 1943 gehörte der Ausbau des 1938 begonnenen weisung Hitlers vom 24. August 1944 zum erneuten brocken - etwa 5 Kilo schwer - und schleuderte ihn in un- stadt. In Kooperation mit der VHS Albstadt. Nachdem die landesweit erfolgte Erfassung von ger Stammtisch um 15 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Hailfinger Flugplatzes zu den „wichtigen Bauvorha- Ausbau des sogenannten „Westwalls“ eingesetzt. sere Richtung. Der Brocken traf mich am Kopf und ver- Das Stadtarchiv Albstadt verfügt über eine stattli- Kleindenkmalen in Baden-Württemberg abgeschlos- nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: ben“ im Bereich der Rüstungsinspektion Württem- Auf der Fahrt von Zweibrücken nach Nebringen blie- letzte mich. Dies hatte seine Frau gesehen, denn ihr Haus cheAnzahlvonFilmen,zudenenjedesJahrimmermehr sen ist, widmet sich die Heimatkundliche Vereinigung 07431/4188. berg Hohenzollern (V a)1. Der Platz sollte im Jahr 1944 ben die hinteren sieben Wagen in Mannheim, die rest- lag ja neben dem Steinbruch. Sie lief herbei und hinzukommen. In Schwarzweiß oder Farbe, mit und in ihrem diesjährigen Jahresprogramm just jenen Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- so erweitert werden, dass er sich für den Einsatz von lichen kamen ins „Gäu“. So kamen am 20. September schnauzte ihren Mann vor uns an. Danach nahm sie ohne Ton dokumentieren sie unsere Stadt, ihre Men- Kleindenkmalen in der Region. Ausgehend von den ge- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Nachtjägern eignet. Dazu sollte u. a. die Startbahn von 1944 etwa 350 bis 380 Männer auf dem Bahnhof in Ne- mich mit ins Haus um die Wunde zu versorgen. Dann schen und ihre Geschichte(n). Vergangenes wird so ge- sammelten Datensätzen begibt sich der Balinger Dr. 72461 Albstadt, Telefon 07432/6807. Email: anfra- 1200 auf 1600 Meter verlängert werden.2 bringen an. Sie waren zwischen 14 und 60 Jahre alt, Ge- ließ sie mich hinsetzen auf ein Sofa, auf dem eine wei- zeigt, wie es die Filmemacher über Jahrzehnte hinweg Matti Münch auf die Spur von Kriegerdenkmalen in [email protected] oder gescha- Bis Kriegsende bestand auf dem Hailfinger Flug- schäftsleute, Arbeiter, Taxifahrer oder Studenten.4 ße Decke lag. Das war mir peinlich, denn als ich saß, lie- selbst gesehen und erlebt haben. An diesem Abend wird der Region. Die Auswertung geschieht dabei mit einer [email protected] sowie platz ein Arbeitslager mit knapp 1500 „Fremdarbei- fen gleich meine Flöhe über die weiße Decke. Aber sie be- eine Auswahl an Episoden aus den 1930er bis 1990er klassisch regionalgeschichtlichen Fragestellung: War es über unsere Homepage www.heimatkundliche–ver- tern“, unter ihnen etwa 100 russische und 300 bis 400 ruhigte mich. Sie versorgte die Wunde, gab mir Unter- Jahren gezeigt: Feuerwehrübungen in Onstmettingen, hier wie überall? Auf das Thema bezogen: Lassen sich einigung.de. britische Kriegsgefangene aus Indien und knapp 400 Zwangsarbeit in Hailfingen wäsche, Strümpfe und ein Hemd. Dann gab sie mir noch Fußballspielen in Laufen, Feste in den verschiedenen die für Deutschland typischen Formen von Krieger- und griechische Zwangsarbeiter. Mit der Ankunft von 601 ein Frühstück. Ich dankte ihr und ging. (Skaltsas) Teilorten, Szenen aus Tailfinger Trikotfirmen und noch Gefallenendenkmale in der Region nachweisen? Las- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- jüdischen Häftlingen aus dem KZ Stutthof bei Danzig Untergebracht wurden sie in der Flugzeughalle viel mehr. Gehen Sie mit uns auf eine Zeitreise in die sen sich die Zäsuren in der Deutung der Kriegstoten lich willkommen. im November 1944 wurde außerdem ein KZ-Außen- (Hangar), die eigentlich für Juden vorgesehen (war), Es war keinerlei ärztliche Versorgung vorgesehen. Ei- Vergangenheit und lassen Sie sich überraschen von Alt- (nach 1870/71, nach dem Ersten Weltkrieg, nach dem lager eingerichtet. die hier zum Sterben hinkommen sollten.5 ner der Griechen war Apotheker; er wurde offiziell da- bekanntem oder auch neuem Unbekannten. 20 Uhr. Zweiten Weltkrieg) hier ebenso nachweisen? Oder gibt Die nach Hailfingen gebrachten Griechen waren in Nachdem 601 jüdische Häftlinge im November 1945 mit beauftragt, die Kranken zu betreuen. Mehrmals Albstadt-Ebingen, Bildungszentrum Unoth, Johan- es gar regionale Besonderheiten, die einer speziellen Razzien (blocco, mploko) im August 1944 von der SS vom KZ Stutthof bei Danzig nach Hailfingen gekom- holte er mit einem Begleiter in Rottenburg Medika- Erklärung bedürfen? Diesen und weiteren Fragen wird und griechischen kollaborierenden Sicherheitsbatail- men waren und in diesem Hangar untergebracht wur- mente. Einige der Griechen gingen, wenn sie krank oder Dr. Münch bei einem Vortrag im Landratsamt Zol- lonen aufgegriffen und in das KZ Chaidari verschleppt den, wurden die Griechen in eine östlich vom Hangar verletzt waren, zu Fuß in das drei Kilometer entfernte lernalbkreis nachgehen und versuchen, Antworten zu worden.3 Sie stammten v. a. aus Dourgouti und Viron, gelegene Tiefbaracke verlegt. Seebronn, wo sie von Stabsarzt Dr. Ernst Rothe8 im Re- geben. 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis Herausgegeben von der den beiden „roten“ Stadtvierteln Athens. Nach einer In Hailfingen arbeiteten wir an den Eisenschienen für servelazarett im Gasthof Hirsch ambulant behandelt (Sitzungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. Heimatkundlichen Vereinigung Selektion in Chaidari wurden am 16.8.1944 1040 als eine Lorenbahn. Die Gleise, 10 Meter lang, hoben 10 wurden. Die Autoren dieser Ausgabe Zollernalb Zwangsarbeiter in Richtung Deutsches Reich ge- Mann hoch. Das war sehr hart, und wir aßen sehr Da war bei uns niemand (kein Arzt), wissen Sie, viel bracht. Marine- und Infanteriesoldaten begleiteten den schlecht. Wir aßen eine kraftlose Suppe mit einem Stück viel später, da wo wir allein waren, da ging mein Bru- Vorsitzender: Zugtransport. Der Weg führte über Jugoslawien, Un- Brot. Von diesem Hunger bekamen einige Hungeröde- der, verbrannt hat er irgendwas in der Küche, nach … Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, NOVEMBER garn, Wien und München nach Vaihingen/Enz, wo et- me. Und die Arbeit war furchtbar hart. Da gab es auch ei- Seebronn. Da war eine kleine Baracke, da warn paar Pa- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Volker Mall wa 200 bis 300 von ihnen aussteigen mussten und ver- nen Deutschen namens Karl (Karl Bäuerle) , ein Sadist, tienten drin, und da war ein deutscher Militärarzt da.9 Hohe-Wacht-Str.7 Geschäftsführung: mutlich auf Baustellen im Raum Stuttgart geschickt der uns quälte. Er folterte uns regelrecht. Er zwang uns, 71083 Herrenberg Mittwoch, 14. November: Vortrag mit Dr. Michael Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, wurden. Die restlichen ca. 800 kamen nach Busonville mit schweren Hölzern unterm Arm durch den Regen zu Unter den griechischen Zwangsarbeitern kam es Walther: Kriegsende 1918 im Oberamt Balingen 72461 Albstadt, in Lothringen, von wo aus sie zu Fuß über Völklingen, rennen. In Hailfingen bettelten wir. Die dortigen Ein- während ihrer Zeit auf dem Flugplatz Hailfingen (20.9. 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- Telefon (0 74 32) 68 07 Saarbrücken und Türkismühle nach Neuhausen (Saar- wohner gaben uns oft etwas zu essen, aber sie waren da- bis Anfang Dezember 1944) nachweislich zu drei To- Dr. Ingrid Helber zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- land) gehen mussten. Von dort ging es im Zug nach Pir- bei sehr vorsichtig. … Und noch eine persönliche Erin- desfällen. Alle drei Toten wurden außerhalb des Hail- Westerwaldstr. 17 vereinigung.de masens. Am 5. September kamen sie in Zweibrücken nerung von mir zum Steinbruch7: Dort mussten wir Stei- finger Friedhofs begraben10 und erst später nach in- 72336 Balingen Donnerstag, 22. November: Ausstellungsführung mit an und wurden 14 Tage in der dortigen Ludwig-Schu- ne brechen. Als wir die Steinbrocken auf die Loren lu- nen umgebettet. Auf den beiden Gräbern stehen Grab- Dr. Veronika Mertens: Felix Hollenberg Redaktion: le untergebracht. Manche wurden vom Zweibrücke- den, erwartete der Chef des Steinbruchs (Schäfer) wohl steine mit den Namen und teilweise falschen Daten. 19.30 Uhr. Albstadt-Ebingen, Kunstmuseum Alb- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, ner Arbeitsamt für die Arbeit in der Landwirtschaft aus- ein größeres Ergebnis, obwohl wir doch ausgelaugt und Am 24.9.1944 starb der aus Naxos stammende Sty- stadt, Kirchengraben 11. Die Teilnahme ist frei. 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 gewählt oder zusammen mit russischen Zwangsar- zerlumpt waren. Wahrscheinlich um uns zu demonst- lianos Wassiliou an den Folgen einer Zahninfektion. beitern und italienischen Gefangenen nach der An- rieren, wie man arbeitet, nahm er einen großen Stein- Stelios starb an Blutvergiftung nach einer Zahnent- Seite 2107 Heimatkundliche Blätter Oktober 2018

B162/4348. Zeugenaussage Erna Schäfer, 1963, Bl.231-233. 8) Dr. Ernst Rothe arbeitete von September 1944 bis Ende März 1945 als Stabsarzt in Seebronn. 9) Interview mit Eduard Rock-Tabarowski, 13.3.2008 (Kuhn/Mall). 10) StASig: Wü 65/36 T7, Acc. Nr. 628: Gräberliste des Bürgermeisteramts Hailfingen (Hammer). Dort folgende Angaben und abweichende Schreibwei- sen: Zotas, Athanasias, geb. 1910 in Kremoa, De- portierter, gest. 8.10.1944 Flugplatz Hailfingen. Sti- Jahrgang 65 31. Oktober 2018 Nr. 10 lianos, Wassilekis, geb. 1919 in Naxos Filotisu, De- portierter, gest. 24.9.1944 Flugplatz Hailfingen. Mi- kirdis, Sahakian, Grieche, Deportierter, 29.1.1945 in Tübingen. 11) Nach Dourgouti kamen mehr als 10 000 Armenier als Flüchtlinge des Griechisch-Türkischen Krieges 1919 bis 1922. (Iason Chandrinos) Die Entdeckung eines Kunstwerks 12) Jürgen Zapf: Flugplätze der Luftwaffe 1934 – 1945. Und was davon übrig blieb, Bd. 10. 2016, S. 304. 13) Ries/Dierich: Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Käte Schaller-Härlin (1877-1973) schuf ein Glasfenster für Engstlatt – Von Dr. Ingrid Helber Luftwaffe, Stuttgart 1993, S.49. 14) Ebenda S. 48. Gewidmet dem verstorbenen Balinger Stadtarchivar Dr. 15) Zapf S. 73. Außerdem Ries/Dierich S.28: Einsatz- Hans Schimpf-Reinhardt (1952-2017) hafen, Grasnarbe; ab Frühjahr 1944 Abstell- und Schattenplatz für Böblingen. Beim „Tag des offenen Denkmals“ im Jahr 2014 ent- 16) GmdeArchiv Stetten 1424 und 1416. deckte die Verfasserin ein bedeutendes Kunstwerks von 17) Auskunft Burkhard Schneider, ehemaliger Orts- Käte Schaller-Härlin in Balingen-Engstlatt. Das Motto vorsteher, Mai 2018. der bundesweiten Veranstaltung lautete: „Farbe“. Re- 18) Auskunft Wacker Chemie Mai 2018. lativ kurzfristig beschloss der damalige Balinger Stadt- 19) DanielCapitaine:VerwaltungderDPsinBlau-weiß- archivar Dr. Hans Schimpf-Reinhardt, sich an der Ak- rot: Leben unter der Trikolore: die Kreise Balingen tion zu beteiligen. Gezeigt werden sollten die Farben und Hechingen in der Nachkriegszeit 1945-1949 / am gotischen Taufstein in der evangelischen Balinger Hrsg.: Landratsamt Zollernalbkreis. Bearb. von Friedhofkirche sowie das bekannte spätgotische Fres- Andreas Zekorn, Balingen 1999 S.301 ff. Im Juli 2018: Iason Skandrinos (links) und Nikos Skaltas. Quelle: Privat ko in der evangelischen Peterskirche in Balingen- 20) Mitteilung Iason Chandrinos Juni 2018. Engstlatt. Der Stadtarchivar gab der Verfasserin die freie At least 67 persons out of 107 names of the list co- gouti – Neos Kosmos – Katsipodi – Nea Smurni). A few loniki and other parts of Greece. C. Arapinis (Juni 2018) Wahl zwischen den beiden Denkmalen. Die Ent- me from the raid (blocco) of August 9, 1944 (Dour- are from Vyronas (7-8-1944) and some from Thessa- (Ende) scheidung lautete: Engstlatt. Schon in ihrem 2001 er- schienenen Buch zu den Kunst- und Kulturdenkma- len im Zollernalbkreis ist das spätgotische Fresko mit Ähnlichkeiten zu Grafiken von Martin Schongauer und Michael Wolgemut erwähnt worden.(1) Zur Vorberei- Veranstaltungen und Exkursionen tung für den Tag des offenen Denkmals sichtete die Ver- fasserin nochmals alle im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen zur Engstlatter Kirche. Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung in den Monaten November und Dezember Der ehemalige Balinger Stadtpfarrer Martin Voll- mer hatte im Ruhestand 1994 zur Baugeschichte der NOVEMBER Folgelasten Auslöser für die Erweiterungen und Ver- korn: „Kleindenkmale im Zollernalbkreis“. Kirche in Engstlatt recherchiert, wozu er die Pfarrbe- besserungen sozialer Leistungen, zunächst durch die 19 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- richte herangezogen hatte. In Vollmers Ausarbeitung Städte. Wie sahen diese politischen und sozialen Um- zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. fand sich ein wichtiger Hinweis über die Urheber- Mittwoch, 14. November: Vortrag mit Dr. Michael brüche im Oberamt Balingen aus? Auf der Grundlage schaft eines Glasfensters im Chor der Kirche, jedoch er- Walther: Kriegsende 1918 im Oberamt Balingen von Gemeinderatsprotokollen, Tageszeitungen und kannte er nicht die Künstlerin und deren Bedeu- Das Ende des Ersten Weltkriegs stellt in vielerlei Hin- den Aufzeichnungen zweier Zeitzeugen, von Louis tung.(2) sicht eine epochale Zäsur dar. Allerdings greift das Landerer aus Balingen (1872 – 1941) und von Gottlob STAMMTISCHE Zur Renovierung des Chors im Jahr 1907 folgt hier ei- Schlagwort des amerikanischen Historikers George F. Friedrich Hummel (1869 - 1952) aus Ebingen, wird den ne kurze Zusammenfassung: Als in Augsburg Johann Kennan von der „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts Ereignissen der Jahre 1918 und 1919 nachgegangen. Georg Michael, der Sohn des früheren Engstlatter zu kurz, da es sich aus dem Wissen der nachfolgenden 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich unter Schwanenwirts Johann Friedrich Michael gestorben Generationen speist. Denn ohne den Ersten Weltkrieg zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger war, beschlossen die Erben „zum Andenken des Ver- ist weder das Aufkommen des deutschen Nationalso- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- storbenen 6.000 Mark“ für die Renovierung der Pe- zialismus, noch die Machtergreifung der russischen Donnerstag, 22. November: Ausstellungsführung mit nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Telefon terskirche zu stiften. Unter den Erben waren Marie Ka- Bolschewiki erklärbar. Zu den oftmals übersehenen Dr. Veronika Mertens: Felix Hollenberg (0 74 31) 41 88. tharine Michael und deren Bruder, der Kaufmann Carl Folgen gehört aber auch die Unabhängigkeit einer Rei- Zur 150. Wiederkehr des Geburtstages von Felix Hol- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- Christian Michael, die beide in Stuttgart lebten. Deren he europäischer Staaten, darunter Finnlands oder Po- lenberg (1868–1945) würdigt das Kunstmuseum Alb- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Vetter war der damalige Pfarrer von Nehren, Karl Walz. lens. Und in Deutschland zog der verlorene Krieg die Er- stadt den großen Erneuerer der Radierung mit einer 72461 Albstadt, Telefon (0 74 32) 68 07. Dieser riet den Erben, eine Stiftung zu tätigen. Neben richtung der ersten parlamentarischen Demokratie und umfassenden Ausstellung seines graphischen und ma- Email: [email protected] oder der Renovierung sollten auch zwei „farbige Bildfens- die Einführung des Frauenwahlrechts nach sich. Ein lerischen Werkes. Die kunsthistorische Bedeutung [email protected] ter“ im Chor eingesetzt werden. ähnliches Szenario ist in Bezug auf die Entwicklung des Hollenbergs liegt in seinen Radierungen. Einer Aus- sowie über unsere Homepage: Sozialstaates zu beobachten. Auf der einen Seite führ- wahl aus dem rund 1000 Blätter umfassenden Muse- www.heimatkundliche–vereinigung.de. In Engstlatt stand damals typisch für Württemberg ten vier Jahre Krieg und Blockadepolitik der Entente umsbestand werden in der Ausstellung Beispiele aus und für die Zeit nach der Reformation - die Orgel auf ei- zu einer Verarmung weiter Bevölkerungskreise. Auf der Hollenbergs malerischem Werk gegenübergestellt, zu- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit will- ner Empore im Chor.(3) Um nun neuerdings über- anderen Seite waren die soziale Probleme und deren meist Leihgaben aus dem Nachlass und Privatbesitz. kommen. haupt Sicht auf das Mittelfenster im Chor zu erhalten, Gerade an den zahlreichen Wolken- und Land- musste für die beabsichtigte Renovierung zunächst die schaftsstudien wird deutlich, wie sehr diese sponta- Orgel ausgebaut werden, da sie das Mittelfenster ver- nen Freilichtstudien, die auch auf den Höhen der deckte. Die Stuttgarter Architekten Böklen & Feil lei- Schwäbischen Alb entstanden sind, die Arbeit in der Herausgegeben von der teten die Renovierungsmaßnahmen. Da man schnell Radierwerkstatt bedingen. Hollenberg gehört zu den Heimatkundlichen Vereinigung sah, dass die Orgel das Herabsetzen auf den Boden – wenigen Künstlern mit der Fähigkeit, auch im Freien Zollernalb die Orgel sollte also im Chor verbleiben - nicht über- Die Autoren dieser Ausgabe „nach der Natur“ direkt auf die Platte zu radieren. Sei- stehen würde, sollte schnell ein neues Instrument ge- ne Meisterschaft, schwindendes Licht und Nacht- Vorsitzender: kauft werden. Im Zuge der Renovierungsarbeiten wur- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, stimmungen auf die Druckplatte zu bannen, entwi- de deutlich, dass die ursprüngliche Absicht, das Ein- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 ckelt er jedoch in der Werkstatt mit Kaltnadel, Mez- fügen von Glasfenstern, nun finanziell nicht mehr mög- Dr. Ingrid Helber zotinto und ausgeklügelten Ätzverfahren. 19.30 Uhr. Geschäftsführung: lich war. „Um ihren Wunsch erfüllt zu bekommen, Westerwaldstraße 17 Albstadt-Ebingen, Kunstmuseum Albstadt, Kirchen- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, mußte Frl. Michael noch einmal kräftig spenden. Doch 72336 Balingen graben 11. Die Teilnahme ist frei. 72461 Albstadt, offensichtlich bezahlte sie die Künstler und Kunst- Telefon (0 74 32) 68 07 glaser jetzt direkt, ohne Einschaltung der Kirchenge- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- meinde“. Im Frühjahr 1907 erfolgte die Ausführung der Volker Mall vereinigung.de Glasfenster. „Auf Wunsch von Frl. Michael hat der Hohe-Wacht-Straße 7 DEZEMBER Kunstmaler Rudolf Yelin d.Ä. ein Bild entworfen, das Je- 71083 Herrenberg Redaktion: sus zeigt, wie er die Kinder segnet. Der Entwurf fand Bei- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, fall und entkräftete auch die künstlerischen Bedenken Mittwoch, 12. Dezember: Jahresrückblick 2018 und 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 von Prof. Böklen, die auch der OKR

Anmerkung der Verfasserin> Merz vom Verein für Athen-Hailfingen- christliche Kunst geteilt hatte.“ Die beiden größeren Kinder sollen als Porträts von Yelins Kindern ausge- führt worden sein.(4) Stetten bei Haigerloch-Balingen Kunstgeschichtlich besonders interessant war die anschließende Passage: „Auch die Kreuzigungsszene im Seitenfenster, entworfen von Frl. Härlin in Stutt- Griechische Zwangsarbeiter auf dem Militärflugplatz Hailfingen, Teil 2 – Von Volker Mall gart, der Tochter des Pfarrers von Bodelshausen, wur- de von Saile ausgeführt.“(5) Der Verfasserin war na- In Deckenpfronn wurde ab September 1939 ein Mi- türlich sofort klar, um welche bekannte Künstlerin es litärflugplatz gebaut (1000 x 300 m). Bisher ist nur ei- sich hierbei handelt: um Käte Schaller-Härlin (1877- ne Belegung des Platzes bekannt: Demnach lag die 7. 1973). Im Jahr 1907 war diese noch nicht verheiratet F/Lehrgeschwader 2 mit ihren Dornier Do 17 … auf dem und als Käte Härlin bekannt. Der Doppelname der Feldflugplatz. … Danach scheint der Feldflugplatz mehr Künstlerin entstand durch ihre Verehelichung im Jahr oder weniger aufgegeben worden zu sein. … ab No- 1911. Sie heiratete in Bodelshausen, der damaligen vember 1944 (ist eine Belegung) durch ein Platz- Pfarrstelle ihres Vaters, den Kunsthistoriker und Kunst- kommando der Fl.H.Kdtr. (Fliegerhorstkommandan- händler Dr. Hans Otto Schaller (1883-1917) aus Stutt- tur) A (o) 10 VII Böblingen bekannt. Im August und Sep- gart. Er stammte aus dem Kunsthaus Schaller und war tember 1944 gab es ´Räumungsflüge´ von Böblingen dort nach der Heirat leitend tätig.(6) nach Deckenpfronn und wieder zurück.15 Vermutlich In einem Artikel über den „Tag des offenen Denk- sollte der Platz wieder aktiviert werden. mals“ berichtete Daniel Seeburger 2014 aktuell im Zoll- ern-AlbKurier über die Entdeckung des bisher völlig unbekannten Werks von Käte Schaller-Härlin in Engst- Als Zwangsarbeiter in Stetten bei Hai- latt. Abgedruckt wurde auch ein Foto während der Füh- gerloch rung für interessierte Besucher durch die Verfasserin. Ein paar Wochen später kam dann bei der Verfasserin ein Telefonanruf der Kunsthistoriker-Kollegin Dr. Car- Von Oberjesingen kam diese Gruppe Ende März 1945 la Heussler an, die bei ihrer Recherche zu Käte Schal- nach Stetten bei Haigerloch. ler-Härlin durch die Pressemitteilung über den Fund Gegen Ende März, Anfang April brachten sie uns nach von Ingrid Helber in Engstlatt erfahren hatte. Heussler Haigerloch. Dort war ein großes provisorisches Lager er- arbeitete damals für die bevorstehende Ausstellung in richtet für Griechen, Italiener, Polen, Russen, Fran- der Städtischen Galerie in Böblingen für das Jahr 2015 zosen. Wir waren mehr als 1000 Insassen: nicht nur „Die Klasse der Damen: Künstlerinnen erobern sich die Zwangsarbeiter, sondern auch Kriegsgefangene. Es gab Moderne“.(7) nichts zu essen für so viele Menschen. Es gab nur ro- Um bezüglich der Urheberschaft Käte Schaller-Här- he Kartoffeln und Brot. Dort hörten wir dann zum ers- lins ganz sicher zu sein, fragte die Verfasserin beim be- ten Mal Geschützdonner und Tanks der Alliierten. Nach kannten Engstlatter Heimatforscher Alfred Jenter nach. drei oder vier Tagen brachten sie uns in ein Salz- Dankenswerterweise stellte dieser der Verfasserin sei- bergwerk (Stetten). Wir verluden das Salz auf Loren, ne Abschrift aus der Pfarrbeschreibung zur Verfü- die es irgendwohin wegbrachten. Am 16. April wurde gung, die aus dem Ergänzungsheft stammt, aufge- das Lagertor geöffnet, und sie brachten uns Griechen schrieben von Herrn Pfarrer Ernst Kreeb, (Pfarrer in nach Tübingen, verließen uns aber unterwegs. So ka- Griechische Zwangsarbeiter in Oberjesingen. N. Skaltas ist der Dritte von links in der hinteren Reihe. Quelle Skaltas Engstlatt von 1895 – 1934), IV, 1 zu Ziffer 4 (Kirchliche men wir allein nach Tübingen, blieben dort aber kei- Gebäude). Dort heißt es: „Frühjahr und Sommer 1907 nen Tag lang, sondern kehrten zurück nach Haiger- Am 2. Mai 1945 wurde in Balingen die Französi- Fußnoten wurde der Chor und die Sakristei mit Hilfe einer Stif- loch. Dort suchten wir uns einen Platz im Unterholz sche Mission für die Repatriierung … der DPs in ih- tung von Frl. Marie Michael, Stuttgart, früher hier auf und gruben mit unserem Zink-Essgeschirr eine Art von re Heimat gegründet. Am 10.6.1945 waren dort im Dé- 1) Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg (MArchFR): der Schwane, renoviert. Die Orgel, welche neu erstellt provisorischem Unterschlupf. Einige von uns gingen un- tachement des Prisoniers civils Grecs en Allemagne 119 RL 19 215: Neuanmeldung der im I. Vierteljahr 1944 worden ist von Fr. Weigle, Echterdingen, wurde in den ter Lebensgefahr zum Salzbergwerk, holten Schippen, Griechen.19 geplanten Bauvorhaben im Bereich der Rüs- Chor herabgesetzt, hernach das Chorfenster freige- um einen Luftschutzgraben gegen die Bomben an- Die Liste des Griechischen Roten Kreuz vom tungsinspektion V a (Wrttbg. Hohenzollern). legt. Letzteres erhält ein schönes farbiges Glasgemäl- zulegen. Dort blieben wir volle drei Tage und spiel- 25.7.1945 enthält 107 Namen. Es scheint, dass es sich 2) MArchFR: RL 19 213: Genehmigtes Kriegsbau- de (Jesus segnet die Kinder), von Kunstmaler Yelin, ten Karten, um uns die Zeit zu vertreiben. Wir hat- bei den Balinger DPs meistens um die Deportierten vom programm 1.Quartal 1944 („Geheime Komman- Stuttgart, erstellt. Im Seitenfenster des Chors wurde ein ten nur rohe Kartoffeln und holten uns Wasser aus ei- 16. August 1944 handelt.20 dosache“). Hailfingen bekommt im Baupro- kleines Glasgemälde (Jesus am Kreuz mit Maria und Jo- nem Flüsschen. Im Dorf war ein Grieche von uns ge- gramm die Rangfolgenummer Va 44 X a 1. hannes) von Frl. Härlin, Malerin in Stuttgart, Tochter blieben, der sagte den Amerikanern, wo wir übrigen uns Nikos Skaltsas und seine Freunde wollten von Ba- 3) Diese Razzien liefen so ab: Im Morgengrauen um- von Pf. H. in Bodelshausen gemalt, angekauft. – Her- versteckt hatten. So kamen vier amerikanische Jeeps am lingen aus über die Grenze nach Frankreich, muss- stellten deutsche Einsatztruppen zusammen mit stellungskosten des Umbaus für die Kirchenpflege: 23. April und holten uns ab aus dem Wald. (Skalt- ten aber in Offenburg in ein (für DPs) beschlag- Mitgliedern der Sicherheitsbataillone (zusammen 14.085 Mark 67 Pfennig.“(8) Damit ist die Urheber- sas) nahmtes Haus, wo sie sich ausruhten und erholten. meist mehrere tausend Mann) den jeweiligen Ort, schaft Käte Schaller-Härlins eindeutig geklärt und be- Im August 1945 begann die Repatriierung in kleinen per Lautsprecher wurden alle männlichen Ein- stätigt. In Stetten bei Haigerloch war bereits im April 1944 Gruppen, mit der Bahn nach München und mit dem wohner zwischen 14 und 60 Jahren aufgefordert, mit dem Bau von zwei Stollen und einer Schacht- Flugzeug nach Griechenland, mit einem Zwischen- sich sofort auf einem zentralen Versammlungsort Man kann vermuten, dass sich der Vater der Künst- anlage neben dem dortigen Salzbergwerk begonnen stopp in Foggia (Italien). einzufinden, während Haus für Haus durchsucht lerin, Pfarrer Emmerich Härlin in Bodelshausen, Pfar- worden. In den abgebauten Stollen des Bergwerkes Panagiotis Adamakopoulos (1928 bis 2006) war wurde. Waren alle Männer zusammengetrieben, rer Karl Walz von Nehren, der ein Cousin der aus der sollten ursprünglich Panzerketten hergestellt wer- ebenfalls in der Gruppe der im Dezember 1944 nach wurden ihre Papiere gegen Suchlisten geprüft, und Schwane stammenden Michael-Geschwister war, und den. Nachdem das verkehrstechnisch zu schwierig war, Oberjesingen gebrachten Griechen. Er kam mit Ty- Informanten sorgten dafür, dass Sympathisanten Pfarrer Ernst Kreeb von Engstlatt persönlich gekannt sollte ein Teil der Mauserwerke nach Stetten verla- phus in das Nagolder Krankenhaus (s. o.). Nach sei- des EAM-Widerstands sofort verhaftet wurden. Die haben. Pfarrer Härlin wirkte von 1902 bis 1912 in Bo- gert werden. Auftraggeber war die OT Heidelberg. Es ner Entlassung am 7.2.1945 war er zurück nach Ober- so ausgewählten Männer wurden meist in das KZ delshausen.(9) Kontakte können auch durch den Künst- entstand wohl ein eher provisorisches Stalag. jesingen gegangen. Chaidari bei Athen transportiert und danach zur ler und Lehrer Käte Schaller-Härlins Rudolf Yelin d. Ä., Welche und wie viele Arbeiter in diesem Stalag tä- Sein Sohn Theodoros Adamakopoulos erzählt, er sei Zwangsarbeit in deutsche Lager deportiert. durch den Oberkirchenrat Merz und den Verein für tig waren, ist unklar. Auf dem „Verzeichnis der Aus- dann mit einigen Zwangsarbeitern geflohen, sie hät- 4) Alle Angaben Eduard Rock-Tabarowski. Vgl. christliche Kunst oder durch die Architekten geknüpft länder – ehemalige Arbeiter des geheimen Bauvor- ten aus einem entgleisten Versorgungszug, der ge- Wein/Mall/Roth: Spuren von Auschwitz ins Gäu, worden sein. Möglich wäre sogar eine persönliche Be- Käte Schaller-Härlin: Dr. Wolfgang Pfleiderer. Gemälde in Privatbesitz Foto: Dr. Ingrid Helber habens Stollen u. Schachtbau Owingerstraße 1944/45“ rade von Deutschen geplündert wurde, die jedoch beim Filderstadt 2007, S. 26. Nikos Skaltsas, geboren am kanntschaft von Maria Katharine Michael und Käte stehen 96 Namen, 77 Kroaten, 19 Polen. Die„Auf- Anblick der Zwangsarbeiter geflohen seien, Piloten- 9.11.1926 in Neos Kosmos behauptet, er sei mit 700 Schaller-Härlin, da beide damals in Stuttgart wohn- handelt.(12) Käte Härlin schuf übrigens ebenfalls 1907 chenfenster gestiftet. Der damalige Pfarrer Löw „sah ei- enthaltserlaubnis“ der Kroaten galt bis 20.4.1945, bei kleider und Lebensmittel an sich genommen. Nach ei- Griechen in Hailfingen angekommen. ten. ein monumentales Fresko für die Altarwand der evan- ne gute Gelegenheit, das Yelin-Fenster von 1907, das den Polen z.T. bis nach Kriegsende.16 nigen Tagen seien sie auf farbige französische Sol- 5) Interview mit Eduard Rock-Tabarowski, Februar Interessant ist auch, dass ein Vorfahr von Käte Schal- gelischen Pauluskirche in Albstadt-Tailfingen. Das er kitschig fand, los zu werden…“. Es gab einen Be- Von den Baracken an der Owinger Straße (bei der ge- daten gestoßen. Die Franzosen hätten sie (in Ba- 2006 und Informationen von Iason Chandrinos ler-Härlin, der Pfarrer Magister Georg Härlin (1611- Werk in Tailfingen wurde beim Erdbeben 1978 be- schluss des Kirchengemeinderats, alle drei Fenster des genwärtigen OMV-Tankstelle), in denen die Arbeiter lingen?) zu unofficial militia ernannt. Sie erhielten da- (August 2016). Iason Chandrinos, der 2015 bei Ha- 1681) in Erzingen bei Balingen geboren sein soll, wo schädigt, aber gesichert und erhalten. Jedoch wurde Chors „bildlos“ (durchsichtig) zu verglasen - mit „blei- untergebracht waren, ist praktisch nichts mehr vor- zu Mauser-Pistolen. gen Fleischer in Athen promovierte – 2017 Gast- er bis 1635 als Pfarrer gewirkt haben soll.(10) Diese Aus- anschließend eine neue „Kreuzwand“ von Wolf-Dieter gefaßtem Kathedralglas“. Damit wollte man wohl mehr handen. Eine weitere Baracke steht noch am Sträß- Panagiotis Adamakopoulos kam mit einigen Freun- dozent in Regensburg – fand 2015 im Archiv des sage konnte allerdings noch nicht aus den Original- Kohler vor das Fresko von Käte Schaller-Härlin ge- Licht in den Chor bringen. Als alles zu den Verände- chen in Richtung Gruol, am linken Stunzach-Ufer.17 den wie Nikos Skaltsas im Juli 1945 ins DP-Lager Ba- Griechischen Roten Kreuzes die vollständige Na- akten zu Erzingen bestätigt werden. setzt. Deren Kunstwerk ist seit damals völlig ver- rungen vorbereitet war, zog der Pfarrer 1959 nach Enin- Die beiden Stollen sind vermauert, die alten Zu- lingen (s. o.), wo er allerdings sehr viel länger blieb. menliste der im August 1944 deportierten Grie- Ingrid Helber stellte Carla Heussler für den Böblin- deckt.(13) Engstlatt und Tailfingen zählen zu den frü- gen. Das „Yelin-Fenster“ lag bereits ausgebaut in der gänge sind noch zu sehen (hinter der Tankstelle); die Am 10. August kam er von dort in das DP-Lager Müh- chen mit insgesamt 1040 kompletten Namen, Ad- ger Ausstellungskatalog von 2015 die neuesten Infor- hesten Werken der Künstlerin hinsichtlich von Kir- Sakristei. Die neuen Glasfenster von „Geisser, Stutt- Schachtanlage wurde nach dem Krieg verfüllt.18 lau (centre de rapatriement). Das abgebildete Do- ressen und Geburtsorten. mationen und zusätzlich ein Foto des Engstlatter Glas- chen. Der erste Auftrag für ein Porträt ist aus dem Jahr gart, wurden im Oktober 1959 eingebaut“.(15) Das „al- kument zeigt, dass er dort „geduscht“ und „ent- 6) Karl Bäuerle arbeitete seit Herbst 1944 als Trupp- fensters zur Verfügung, das im Katalog auf Seite 114 1906 bekannt. Damals war Käte Härlin bereits 29 Jah- te“ Yelin-Fenster wurde dann im Gemeindehaus in laust“ wurde. Repatriiert wurde er Ende August von führer der Organisation Todt, zunächst mit grie- oben als Abbildung 4 abgedruckt worden ist.(11)Auch ren alt. Sie hatte viele fruchtbare Jahre für ihre Stu- Engstlatt eingefügt und blieb damit weiterhin für die Befreiung und Repatriierung München aus und kam am 30.8.1945 auf dem Mi- chischen Zwangsarbeitern, später mit jüdischen in der 2017 erschienenen Monographie Heusslers über dien unter anderem in München, Florenz, Rom, Zü- Gemeinde erhalten.(16) Das Glasfenster von Käte Schal- litarflugplatz Elefsis an. KZ-Häftlingen. Er überwachte die Häftlinge beim Käte Schaller-Härlin „Zwischen Avantgarde und Tra- rich, Stuttgart und Paris aufgewendet.(14) ler-Härlin wurde nicht entfernt, sondern blieb an Ort Bau der Rollwege. In den Rastatter Prozessen wur- dition“ ist das Engstlatter Glasfenster auf Seite 58 ganz- Erhaltung trotz Renovierungen im Chor und Stelle im Chor der Engstlatter Peterskirche. Mög- Am 23.4.1945 wurde Haigerloch durch amerika- Ende Juli 2018 waren Nikos Skaltsas, sein Sohn Gior- de er verurteilt. seitig abgebildet und beschrieben. Carla Heussler führt Eine weitere Renovierung der Engstlatter Peters- licherweise hat der Wegzug des Pfarrers dieses Kunst- nische Truppen befreit. Nikos Skaltsas und 15 wei- gios und Theodorus Adamakopoulos zu Besuch im Gäu 7) Schotterwerk August Schäfer & Söhne in Reusten. aus, dass es sich beim Entwurf für Engstlatt von 1907 kirche stand 1958 an. Kurz vor seinem Tod hatte ein werk an seinem ursprünglichen Standort gerettet. tere Griechen kamen nach Balingen, wo sie aller- - mit vielen Fotos, Dokumenten und Informationen. Frau Schäfer erinnerte sich an den Einsatz von um das „erste“ bekannte Glasfenster der Künstlerin Engstlatter Gemeindemitglied 1.000 Mark für ein Kir- (Fortsetzung folgt) dings nur sehr kurz blieben. Griechen und an „polnische Juden“. BArchL: Seite 2105 Heimatkundliche Blätter Oktober 2018 Oktober 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2106

Anmerkung der Verfasserin> Merz vom Verein für Athen-Hailfingen- christliche Kunst geteilt hatte.“ Die beiden größeren Kinder sollen als Porträts von Yelins Kindern ausge- führt worden sein.(4) Stetten bei Haigerloch-Balingen Kunstgeschichtlich besonders interessant war die anschließende Passage: „Auch die Kreuzigungsszene im Seitenfenster, entworfen von Frl. Härlin in Stutt- Griechische Zwangsarbeiter auf dem Militärflugplatz Hailfingen, Teil 2 – Von Volker Mall gart, der Tochter des Pfarrers von Bodelshausen, wur- de von Saile ausgeführt.“(5) Der Verfasserin war na- In Deckenpfronn wurde ab September 1939 ein Mi- türlich sofort klar, um welche bekannte Künstlerin es litärflugplatz gebaut (1000 x 300 m). Bisher ist nur ei- sich hierbei handelt: um Käte Schaller-Härlin (1877- ne Belegung des Platzes bekannt: Demnach lag die 7. 1973). Im Jahr 1907 war diese noch nicht verheiratet F/Lehrgeschwader 2 mit ihren Dornier Do 17 … auf dem und als Käte Härlin bekannt. Der Doppelname der Feldflugplatz. … Danach scheint der Feldflugplatz mehr Künstlerin entstand durch ihre Verehelichung im Jahr oder weniger aufgegeben worden zu sein. … ab No- 1911. Sie heiratete in Bodelshausen, der damaligen vember 1944 (ist eine Belegung) durch ein Platz- Pfarrstelle ihres Vaters, den Kunsthistoriker und Kunst- kommando der Fl.H.Kdtr. (Fliegerhorstkommandan- händler Dr. Hans Otto Schaller (1883-1917) aus Stutt- tur) A (o) 10 VII Böblingen bekannt. Im August und Sep- gart. Er stammte aus dem Kunsthaus Schaller und war tember 1944 gab es ´Räumungsflüge´ von Böblingen dort nach der Heirat leitend tätig.(6) nach Deckenpfronn und wieder zurück.15 Vermutlich In einem Artikel über den „Tag des offenen Denk- sollte der Platz wieder aktiviert werden. mals“ berichtete Daniel Seeburger 2014 aktuell im Zoll- ern-AlbKurier über die Entdeckung des bisher völlig unbekannten Werks von Käte Schaller-Härlin in Engst- Als Zwangsarbeiter in Stetten bei Hai- latt. Abgedruckt wurde auch ein Foto während der Füh- gerloch rung für interessierte Besucher durch die Verfasserin. Ein paar Wochen später kam dann bei der Verfasserin ein Telefonanruf der Kunsthistoriker-Kollegin Dr. Car- Von Oberjesingen kam diese Gruppe Ende März 1945 la Heussler an, die bei ihrer Recherche zu Käte Schal- nach Stetten bei Haigerloch. ler-Härlin durch die Pressemitteilung über den Fund Gegen Ende März, Anfang April brachten sie uns nach von Ingrid Helber in Engstlatt erfahren hatte. Heussler Haigerloch. Dort war ein großes provisorisches Lager er- arbeitete damals für die bevorstehende Ausstellung in richtet für Griechen, Italiener, Polen, Russen, Fran- der Städtischen Galerie in Böblingen für das Jahr 2015 zosen. Wir waren mehr als 1000 Insassen: nicht nur „Die Klasse der Damen: Künstlerinnen erobern sich die Zwangsarbeiter, sondern auch Kriegsgefangene. Es gab Moderne“.(7) nichts zu essen für so viele Menschen. Es gab nur ro- Um bezüglich der Urheberschaft Käte Schaller-Här- he Kartoffeln und Brot. Dort hörten wir dann zum ers- lins ganz sicher zu sein, fragte die Verfasserin beim be- ten Mal Geschützdonner und Tanks der Alliierten. Nach kannten Engstlatter Heimatforscher Alfred Jenter nach. drei oder vier Tagen brachten sie uns in ein Salz- Dankenswerterweise stellte dieser der Verfasserin sei- bergwerk (Stetten). Wir verluden das Salz auf Loren, ne Abschrift aus der Pfarrbeschreibung zur Verfü- die es irgendwohin wegbrachten. Am 16. April wurde gung, die aus dem Ergänzungsheft stammt, aufge- das Lagertor geöffnet, und sie brachten uns Griechen schrieben von Herrn Pfarrer Ernst Kreeb, (Pfarrer in nach Tübingen, verließen uns aber unterwegs. So ka- Griechische Zwangsarbeiter in Oberjesingen. N. Skaltas ist der Dritte von links in der hinteren Reihe. Quelle Skaltas Engstlatt von 1895 – 1934), IV, 1 zu Ziffer 4 (Kirchliche men wir allein nach Tübingen, blieben dort aber kei- Gebäude). Dort heißt es: „Frühjahr und Sommer 1907 nen Tag lang, sondern kehrten zurück nach Haiger- Am 2. Mai 1945 wurde in Balingen die Französi- Fußnoten wurde der Chor und die Sakristei mit Hilfe einer Stif- loch. Dort suchten wir uns einen Platz im Unterholz sche Mission für die Repatriierung … der DPs in ih- tung von Frl. Marie Michael, Stuttgart, früher hier auf und gruben mit unserem Zink-Essgeschirr eine Art von re Heimat gegründet. Am 10.6.1945 waren dort im Dé- 1) Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg (MArchFR): der Schwane, renoviert. Die Orgel, welche neu erstellt provisorischem Unterschlupf. Einige von uns gingen un- tachement des Prisoniers civils Grecs en Allemagne 119 RL 19 215: Neuanmeldung der im I. Vierteljahr 1944 worden ist von Fr. Weigle, Echterdingen, wurde in den ter Lebensgefahr zum Salzbergwerk, holten Schippen, Griechen.19 geplanten Bauvorhaben im Bereich der Rüs- Chor herabgesetzt, hernach das Chorfenster freige- um einen Luftschutzgraben gegen die Bomben an- Die Liste des Griechischen Roten Kreuz vom tungsinspektion V a (Wrttbg. Hohenzollern). legt. Letzteres erhält ein schönes farbiges Glasgemäl- zulegen. Dort blieben wir volle drei Tage und spiel- 25.7.1945 enthält 107 Namen. Es scheint, dass es sich 2) MArchFR: RL 19 213: Genehmigtes Kriegsbau- de (Jesus segnet die Kinder), von Kunstmaler Yelin, ten Karten, um uns die Zeit zu vertreiben. Wir hat- bei den Balinger DPs meistens um die Deportierten vom programm 1.Quartal 1944 („Geheime Komman- Stuttgart, erstellt. Im Seitenfenster des Chors wurde ein ten nur rohe Kartoffeln und holten uns Wasser aus ei- 16. August 1944 handelt.20 dosache“). Hailfingen bekommt im Baupro- kleines Glasgemälde (Jesus am Kreuz mit Maria und Jo- nem Flüsschen. Im Dorf war ein Grieche von uns ge- gramm die Rangfolgenummer Va 44 X a 1. hannes) von Frl. Härlin, Malerin in Stuttgart, Tochter blieben, der sagte den Amerikanern, wo wir übrigen uns Nikos Skaltsas und seine Freunde wollten von Ba- 3) Diese Razzien liefen so ab: Im Morgengrauen um- von Pf. H. in Bodelshausen gemalt, angekauft. – Her- versteckt hatten. So kamen vier amerikanische Jeeps am lingen aus über die Grenze nach Frankreich, muss- stellten deutsche Einsatztruppen zusammen mit stellungskosten des Umbaus für die Kirchenpflege: 23. April und holten uns ab aus dem Wald. (Skalt- ten aber in Offenburg in ein (für DPs) beschlag- Mitgliedern der Sicherheitsbataillone (zusammen 14.085 Mark 67 Pfennig.“(8) Damit ist die Urheber- sas) nahmtes Haus, wo sie sich ausruhten und erholten. meist mehrere tausend Mann) den jeweiligen Ort, schaft Käte Schaller-Härlins eindeutig geklärt und be- Im August 1945 begann die Repatriierung in kleinen per Lautsprecher wurden alle männlichen Ein- stätigt. In Stetten bei Haigerloch war bereits im April 1944 Gruppen, mit der Bahn nach München und mit dem wohner zwischen 14 und 60 Jahren aufgefordert, mit dem Bau von zwei Stollen und einer Schacht- Flugzeug nach Griechenland, mit einem Zwischen- sich sofort auf einem zentralen Versammlungsort Man kann vermuten, dass sich der Vater der Künst- anlage neben dem dortigen Salzbergwerk begonnen stopp in Foggia (Italien). einzufinden, während Haus für Haus durchsucht lerin, Pfarrer Emmerich Härlin in Bodelshausen, Pfar- worden. In den abgebauten Stollen des Bergwerkes Panagiotis Adamakopoulos (1928 bis 2006) war wurde. Waren alle Männer zusammengetrieben, rer Karl Walz von Nehren, der ein Cousin der aus der sollten ursprünglich Panzerketten hergestellt wer- ebenfalls in der Gruppe der im Dezember 1944 nach wurden ihre Papiere gegen Suchlisten geprüft, und Schwane stammenden Michael-Geschwister war, und den. Nachdem das verkehrstechnisch zu schwierig war, Oberjesingen gebrachten Griechen. Er kam mit Ty- Informanten sorgten dafür, dass Sympathisanten Pfarrer Ernst Kreeb von Engstlatt persönlich gekannt sollte ein Teil der Mauserwerke nach Stetten verla- phus in das Nagolder Krankenhaus (s. o.). Nach sei- des EAM-Widerstands sofort verhaftet wurden. Die haben. Pfarrer Härlin wirkte von 1902 bis 1912 in Bo- gert werden. Auftraggeber war die OT Heidelberg. Es ner Entlassung am 7.2.1945 war er zurück nach Ober- so ausgewählten Männer wurden meist in das KZ delshausen.(9) Kontakte können auch durch den Künst- entstand wohl ein eher provisorisches Stalag. jesingen gegangen. Chaidari bei Athen transportiert und danach zur ler und Lehrer Käte Schaller-Härlins Rudolf Yelin d. Ä., Welche und wie viele Arbeiter in diesem Stalag tä- Sein Sohn Theodoros Adamakopoulos erzählt, er sei Zwangsarbeit in deutsche Lager deportiert. durch den Oberkirchenrat Merz und den Verein für tig waren, ist unklar. Auf dem „Verzeichnis der Aus- dann mit einigen Zwangsarbeitern geflohen, sie hät- 4) Alle Angaben Eduard Rock-Tabarowski. Vgl. christliche Kunst oder durch die Architekten geknüpft länder – ehemalige Arbeiter des geheimen Bauvor- ten aus einem entgleisten Versorgungszug, der ge- Wein/Mall/Roth: Spuren von Auschwitz ins Gäu, worden sein. Möglich wäre sogar eine persönliche Be- Käte Schaller-Härlin: Dr. Wolfgang Pfleiderer. Gemälde in Privatbesitz Foto: Dr. Ingrid Helber habens Stollen u. Schachtbau Owingerstraße 1944/45“ rade von Deutschen geplündert wurde, die jedoch beim Filderstadt 2007, S. 26. Nikos Skaltsas, geboren am kanntschaft von Maria Katharine Michael und Käte stehen 96 Namen, 77 Kroaten, 19 Polen. Die„Auf- Anblick der Zwangsarbeiter geflohen seien, Piloten- 9.11.1926 in Neos Kosmos behauptet, er sei mit 700 Schaller-Härlin, da beide damals in Stuttgart wohn- handelt.(12) Käte Härlin schuf übrigens ebenfalls 1907 chenfenster gestiftet. Der damalige Pfarrer Löw „sah ei- enthaltserlaubnis“ der Kroaten galt bis 20.4.1945, bei kleider und Lebensmittel an sich genommen. Nach ei- Griechen in Hailfingen angekommen. ten. ein monumentales Fresko für die Altarwand der evan- ne gute Gelegenheit, das Yelin-Fenster von 1907, das den Polen z.T. bis nach Kriegsende.16 nigen Tagen seien sie auf farbige französische Sol- 5) Interview mit Eduard Rock-Tabarowski, Februar Interessant ist auch, dass ein Vorfahr von Käte Schal- gelischen Pauluskirche in Albstadt-Tailfingen. Das er kitschig fand, los zu werden…“. Es gab einen Be- Von den Baracken an der Owinger Straße (bei der ge- daten gestoßen. Die Franzosen hätten sie (in Ba- 2006 und Informationen von Iason Chandrinos ler-Härlin, der Pfarrer Magister Georg Härlin (1611- Werk in Tailfingen wurde beim Erdbeben 1978 be- schluss des Kirchengemeinderats, alle drei Fenster des genwärtigen OMV-Tankstelle), in denen die Arbeiter lingen?) zu unofficial militia ernannt. Sie erhielten da- (August 2016). Iason Chandrinos, der 2015 bei Ha- 1681) in Erzingen bei Balingen geboren sein soll, wo schädigt, aber gesichert und erhalten. Jedoch wurde Chors „bildlos“ (durchsichtig) zu verglasen - mit „blei- untergebracht waren, ist praktisch nichts mehr vor- zu Mauser-Pistolen. gen Fleischer in Athen promovierte – 2017 Gast- er bis 1635 als Pfarrer gewirkt haben soll.(10) Diese Aus- anschließend eine neue „Kreuzwand“ von Wolf-Dieter gefaßtem Kathedralglas“. Damit wollte man wohl mehr handen. Eine weitere Baracke steht noch am Sträß- Panagiotis Adamakopoulos kam mit einigen Freun- dozent in Regensburg – fand 2015 im Archiv des sage konnte allerdings noch nicht aus den Original- Kohler vor das Fresko von Käte Schaller-Härlin ge- Licht in den Chor bringen. Als alles zu den Verände- chen in Richtung Gruol, am linken Stunzach-Ufer.17 den wie Nikos Skaltsas im Juli 1945 ins DP-Lager Ba- Griechischen Roten Kreuzes die vollständige Na- akten zu Erzingen bestätigt werden. setzt. Deren Kunstwerk ist seit damals völlig ver- rungen vorbereitet war, zog der Pfarrer 1959 nach Enin- Die beiden Stollen sind vermauert, die alten Zu- lingen (s. o.), wo er allerdings sehr viel länger blieb. menliste der im August 1944 deportierten Grie- Ingrid Helber stellte Carla Heussler für den Böblin- deckt.(13) Engstlatt und Tailfingen zählen zu den frü- gen. Das „Yelin-Fenster“ lag bereits ausgebaut in der gänge sind noch zu sehen (hinter der Tankstelle); die Am 10. August kam er von dort in das DP-Lager Müh- chen mit insgesamt 1040 kompletten Namen, Ad- ger Ausstellungskatalog von 2015 die neuesten Infor- hesten Werken der Künstlerin hinsichtlich von Kir- Sakristei. Die neuen Glasfenster von „Geisser, Stutt- Schachtanlage wurde nach dem Krieg verfüllt.18 lau (centre de rapatriement). Das abgebildete Do- ressen und Geburtsorten. mationen und zusätzlich ein Foto des Engstlatter Glas- chen. Der erste Auftrag für ein Porträt ist aus dem Jahr gart, wurden im Oktober 1959 eingebaut“.(15) Das „al- kument zeigt, dass er dort „geduscht“ und „ent- 6) Karl Bäuerle arbeitete seit Herbst 1944 als Trupp- fensters zur Verfügung, das im Katalog auf Seite 114 1906 bekannt. Damals war Käte Härlin bereits 29 Jah- te“ Yelin-Fenster wurde dann im Gemeindehaus in laust“ wurde. Repatriiert wurde er Ende August von führer der Organisation Todt, zunächst mit grie- oben als Abbildung 4 abgedruckt worden ist.(11)Auch ren alt. Sie hatte viele fruchtbare Jahre für ihre Stu- Engstlatt eingefügt und blieb damit weiterhin für die Befreiung und Repatriierung München aus und kam am 30.8.1945 auf dem Mi- chischen Zwangsarbeitern, später mit jüdischen in der 2017 erschienenen Monographie Heusslers über dien unter anderem in München, Florenz, Rom, Zü- Gemeinde erhalten.(16) Das Glasfenster von Käte Schal- litarflugplatz Elefsis an. KZ-Häftlingen. Er überwachte die Häftlinge beim Käte Schaller-Härlin „Zwischen Avantgarde und Tra- rich, Stuttgart und Paris aufgewendet.(14) ler-Härlin wurde nicht entfernt, sondern blieb an Ort Bau der Rollwege. In den Rastatter Prozessen wur- dition“ ist das Engstlatter Glasfenster auf Seite 58 ganz- Erhaltung trotz Renovierungen im Chor und Stelle im Chor der Engstlatter Peterskirche. Mög- Am 23.4.1945 wurde Haigerloch durch amerika- Ende Juli 2018 waren Nikos Skaltsas, sein Sohn Gior- de er verurteilt. seitig abgebildet und beschrieben. Carla Heussler führt Eine weitere Renovierung der Engstlatter Peters- licherweise hat der Wegzug des Pfarrers dieses Kunst- nische Truppen befreit. Nikos Skaltsas und 15 wei- gios und Theodorus Adamakopoulos zu Besuch im Gäu 7) Schotterwerk August Schäfer & Söhne in Reusten. aus, dass es sich beim Entwurf für Engstlatt von 1907 kirche stand 1958 an. Kurz vor seinem Tod hatte ein werk an seinem ursprünglichen Standort gerettet. tere Griechen kamen nach Balingen, wo sie aller- - mit vielen Fotos, Dokumenten und Informationen. Frau Schäfer erinnerte sich an den Einsatz von um das „erste“ bekannte Glasfenster der Künstlerin Engstlatter Gemeindemitglied 1.000 Mark für ein Kir- (Fortsetzung folgt) dings nur sehr kurz blieben. Griechen und an „polnische Juden“. BArchL: Seite 2107 Heimatkundliche Blätter Oktober 2018

B162/4348. Zeugenaussage Erna Schäfer, 1963, Bl.231-233. 8) Dr. Ernst Rothe arbeitete von September 1944 bis Ende März 1945 als Stabsarzt in Seebronn. 9) Interview mit Eduard Rock-Tabarowski, 13.3.2008 (Kuhn/Mall). 10) StASig: Wü 65/36 T7, Acc. Nr. 628: Gräberliste des Bürgermeisteramts Hailfingen (Hammer). Dort folgende Angaben und abweichende Schreibwei- sen: Zotas, Athanasias, geb. 1910 in Kremoa, De- portierter, gest. 8.10.1944 Flugplatz Hailfingen. Sti- Jahrgang 65 31. Oktober 2018 Nr. 10 lianos, Wassilekis, geb. 1919 in Naxos Filotisu, De- portierter, gest. 24.9.1944 Flugplatz Hailfingen. Mi- kirdis, Sahakian, Grieche, Deportierter, 29.1.1945 in Tübingen. 11) Nach Dourgouti kamen mehr als 10 000 Armenier als Flüchtlinge des Griechisch-Türkischen Krieges 1919 bis 1922. (Iason Chandrinos) Die Entdeckung eines Kunstwerks 12) Jürgen Zapf: Flugplätze der Luftwaffe 1934 – 1945. Und was davon übrig blieb, Bd. 10. 2016, S. 304. 13) Ries/Dierich: Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Käte Schaller-Härlin (1877-1973) schuf ein Glasfenster für Engstlatt – Von Dr. Ingrid Helber Luftwaffe, Stuttgart 1993, S.49. 14) Ebenda S. 48. Gewidmet dem verstorbenen Balinger Stadtarchivar Dr. 15) Zapf S. 73. Außerdem Ries/Dierich S.28: Einsatz- Hans Schimpf-Reinhardt (1952-2017) hafen, Grasnarbe; ab Frühjahr 1944 Abstell- und Schattenplatz für Böblingen. Beim „Tag des offenen Denkmals“ im Jahr 2014 ent- 16) GmdeArchiv Stetten 1424 und 1416. deckte die Verfasserin ein bedeutendes Kunstwerks von 17) Auskunft Burkhard Schneider, ehemaliger Orts- Käte Schaller-Härlin in Balingen-Engstlatt. Das Motto vorsteher, Mai 2018. der bundesweiten Veranstaltung lautete: „Farbe“. Re- 18) Auskunft Wacker Chemie Mai 2018. lativ kurzfristig beschloss der damalige Balinger Stadt- 19) DanielCapitaine:VerwaltungderDPsinBlau-weiß- archivar Dr. Hans Schimpf-Reinhardt, sich an der Ak- rot: Leben unter der Trikolore: die Kreise Balingen tion zu beteiligen. Gezeigt werden sollten die Farben und Hechingen in der Nachkriegszeit 1945-1949 / am gotischen Taufstein in der evangelischen Balinger Hrsg.: Landratsamt Zollernalbkreis. Bearb. von Friedhofkirche sowie das bekannte spätgotische Fres- Andreas Zekorn, Balingen 1999 S.301 ff. Im Juli 2018: Iason Skandrinos (links) und Nikos Skaltas. Quelle: Privat ko in der evangelischen Peterskirche in Balingen- 20) Mitteilung Iason Chandrinos Juni 2018. Engstlatt. Der Stadtarchivar gab der Verfasserin die freie At least 67 persons out of 107 names of the list co- gouti – Neos Kosmos – Katsipodi – Nea Smurni). A few loniki and other parts of Greece. C. Arapinis (Juni 2018) Wahl zwischen den beiden Denkmalen. Die Ent- me from the raid (blocco) of August 9, 1944 (Dour- are from Vyronas (7-8-1944) and some from Thessa- (Ende) scheidung lautete: Engstlatt. Schon in ihrem 2001 er- schienenen Buch zu den Kunst- und Kulturdenkma- len im Zollernalbkreis ist das spätgotische Fresko mit Ähnlichkeiten zu Grafiken von Martin Schongauer und Michael Wolgemut erwähnt worden.(1) Zur Vorberei- Veranstaltungen und Exkursionen tung für den Tag des offenen Denkmals sichtete die Ver- fasserin nochmals alle im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen zur Engstlatter Kirche. Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung in den Monaten November und Dezember Der ehemalige Balinger Stadtpfarrer Martin Voll- mer hatte im Ruhestand 1994 zur Baugeschichte der NOVEMBER Folgelasten Auslöser für die Erweiterungen und Ver- korn: „Kleindenkmale im Zollernalbkreis“. Kirche in Engstlatt recherchiert, wozu er die Pfarrbe- besserungen sozialer Leistungen, zunächst durch die 19 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- richte herangezogen hatte. In Vollmers Ausarbeitung Städte. Wie sahen diese politischen und sozialen Um- zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. fand sich ein wichtiger Hinweis über die Urheber- Mittwoch, 14. November: Vortrag mit Dr. Michael brüche im Oberamt Balingen aus? Auf der Grundlage schaft eines Glasfensters im Chor der Kirche, jedoch er- Walther: Kriegsende 1918 im Oberamt Balingen von Gemeinderatsprotokollen, Tageszeitungen und kannte er nicht die Künstlerin und deren Bedeu- Das Ende des Ersten Weltkriegs stellt in vielerlei Hin- den Aufzeichnungen zweier Zeitzeugen, von Louis tung.(2) sicht eine epochale Zäsur dar. Allerdings greift das Landerer aus Balingen (1872 – 1941) und von Gottlob STAMMTISCHE Zur Renovierung des Chors im Jahr 1907 folgt hier ei- Schlagwort des amerikanischen Historikers George F. Friedrich Hummel (1869 - 1952) aus Ebingen, wird den ne kurze Zusammenfassung: Als in Augsburg Johann Kennan von der „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts Ereignissen der Jahre 1918 und 1919 nachgegangen. Georg Michael, der Sohn des früheren Engstlatter zu kurz, da es sich aus dem Wissen der nachfolgenden 20 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- Jeweils am 1. Mittwoch eines Monats trifft sich unter Schwanenwirts Johann Friedrich Michael gestorben Generationen speist. Denn ohne den Ersten Weltkrieg zungssaal), Hirschbergstr. 29. Der Eintritt ist frei. der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger war, beschlossen die Erben „zum Andenken des Ver- ist weder das Aufkommen des deutschen Nationalso- Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- storbenen 6.000 Mark“ für die Renovierung der Pe- zialismus, noch die Machtergreifung der russischen Donnerstag, 22. November: Ausstellungsführung mit nenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Telefon terskirche zu stiften. Unter den Erben waren Marie Ka- Bolschewiki erklärbar. Zu den oftmals übersehenen Dr. Veronika Mertens: Felix Hollenberg (0 74 31) 41 88. tharine Michael und deren Bruder, der Kaufmann Carl Folgen gehört aber auch die Unabhängigkeit einer Rei- Zur 150. Wiederkehr des Geburtstages von Felix Hol- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- Christian Michael, die beide in Stuttgart lebten. Deren he europäischer Staaten, darunter Finnlands oder Po- lenberg (1868–1945) würdigt das Kunstmuseum Alb- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, Vetter war der damalige Pfarrer von Nehren, Karl Walz. lens. Und in Deutschland zog der verlorene Krieg die Er- stadt den großen Erneuerer der Radierung mit einer 72461 Albstadt, Telefon (0 74 32) 68 07. Dieser riet den Erben, eine Stiftung zu tätigen. Neben richtung der ersten parlamentarischen Demokratie und umfassenden Ausstellung seines graphischen und ma- Email: [email protected] oder der Renovierung sollten auch zwei „farbige Bildfens- die Einführung des Frauenwahlrechts nach sich. Ein lerischen Werkes. Die kunsthistorische Bedeutung [email protected] ter“ im Chor eingesetzt werden. ähnliches Szenario ist in Bezug auf die Entwicklung des Hollenbergs liegt in seinen Radierungen. Einer Aus- sowie über unsere Homepage: Sozialstaates zu beobachten. Auf der einen Seite führ- wahl aus dem rund 1000 Blätter umfassenden Muse- www.heimatkundliche–vereinigung.de. In Engstlatt stand damals typisch für Württemberg ten vier Jahre Krieg und Blockadepolitik der Entente umsbestand werden in der Ausstellung Beispiele aus und für die Zeit nach der Reformation - die Orgel auf ei- zu einer Verarmung weiter Bevölkerungskreise. Auf der Hollenbergs malerischem Werk gegenübergestellt, zu- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit will- ner Empore im Chor.(3) Um nun neuerdings über- anderen Seite waren die soziale Probleme und deren meist Leihgaben aus dem Nachlass und Privatbesitz. kommen. haupt Sicht auf das Mittelfenster im Chor zu erhalten, Gerade an den zahlreichen Wolken- und Land- musste für die beabsichtigte Renovierung zunächst die schaftsstudien wird deutlich, wie sehr diese sponta- Orgel ausgebaut werden, da sie das Mittelfenster ver- nen Freilichtstudien, die auch auf den Höhen der deckte. Die Stuttgarter Architekten Böklen & Feil lei- Schwäbischen Alb entstanden sind, die Arbeit in der Herausgegeben von der teten die Renovierungsmaßnahmen. Da man schnell Radierwerkstatt bedingen. Hollenberg gehört zu den Heimatkundlichen Vereinigung sah, dass die Orgel das Herabsetzen auf den Boden – wenigen Künstlern mit der Fähigkeit, auch im Freien Zollernalb die Orgel sollte also im Chor verbleiben - nicht über- Die Autoren dieser Ausgabe „nach der Natur“ direkt auf die Platte zu radieren. Sei- stehen würde, sollte schnell ein neues Instrument ge- ne Meisterschaft, schwindendes Licht und Nacht- Vorsitzender: kauft werden. Im Zuge der Renovierungsarbeiten wur- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, stimmungen auf die Druckplatte zu bannen, entwi- de deutlich, dass die ursprüngliche Absicht, das Ein- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 ckelt er jedoch in der Werkstatt mit Kaltnadel, Mez- fügen von Glasfenstern, nun finanziell nicht mehr mög- Dr. Ingrid Helber zotinto und ausgeklügelten Ätzverfahren. 19.30 Uhr. Geschäftsführung: lich war. „Um ihren Wunsch erfüllt zu bekommen, Westerwaldstraße 17 Albstadt-Ebingen, Kunstmuseum Albstadt, Kirchen- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, mußte Frl. Michael noch einmal kräftig spenden. Doch 72336 Balingen graben 11. Die Teilnahme ist frei. 72461 Albstadt, offensichtlich bezahlte sie die Künstler und Kunst- Telefon (0 74 32) 68 07 glaser jetzt direkt, ohne Einschaltung der Kirchenge- E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- meinde“. Im Frühjahr 1907 erfolgte die Ausführung der Volker Mall vereinigung.de Glasfenster. „Auf Wunsch von Frl. Michael hat der Hohe-Wacht-Straße 7 DEZEMBER Kunstmaler Rudolf Yelin d.Ä. ein Bild entworfen, das Je- 71083 Herrenberg Redaktion: sus zeigt, wie er die Kinder segnet. Der Entwurf fand Bei- Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, fall und entkräftete auch die künstlerischen Bedenken Mittwoch, 12. Dezember: Jahresrückblick 2018 und 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 von Prof. Böklen, die auch der OKR

S. 11. Zur Geburt in Erzingen auch: https://www.ge- rid: Evangelische Kirchen Balingen. Schnell, Kunst- Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Lan- nealogieonline.nl/de/west-europese- führer Nr. 1065. 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Re- deskunde in Baden-Württemberg. Hrsg. von Rainer adel/I231852.php, Zugriff 5.9.2018. Diese Aussage gensburg 2006. Brüning und Regina Keyler. 24. Band der als Schwä- konnte noch nicht aus den Originalakten zu Erzingen 22) Ebd., S. 118. bische Lebensbilder eröffneten Reihe. Stuttgart 2013. bestätigt werden. Dank für die freundliche Auskunft 23) Köster, Felicitas E.M. / Borchardt, Stefan (Hrsg.): S. 369-383. an Frau Bach vom Evang. Pfarramt in Erzingen. Es gibt Maria Caspar-Filser. Stuttgart 2013, S. 119, Professor 33) Katz, Gabriele: Stuttgarter Damenklasse. Künst- keine Pfarrerliste für den Ort und die Kirchenbücher der bildenden Künste, Verleihungsurkunde vom 12. lerinnen auf dem Weg in die Moderne. Karlsruhe 2013. befinden sich im Landeskirchlichen Archiv in Stutt- Dezember 1925. 34) http://www.tettnang.evkirche- gart-Möhringen. 24) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, rv.de/pdf/schlosskirchenfuehrer.pdf, Zugriff 5.9.2018. 11) Beim Bildnachweis auf Seite 120 ist die Urhe- S. 143ff. Seit 1854 evangelische Kirche. Drei farbige Glasfenster Jahrgang 65 30. November 2018 Nr. 11 berschaft nachgewiesen. 25) Ebd., S. 146. https://de.wikipedia.org/wi- mit Szenen aus dem Leben Jesu. Im unteren Teil wa- 12) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, ki/Dorkas_Reinacher-Härlin. Zugriff 5.9.2018. ren die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs S. 58f. 26) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, aufgezeigt. 13) Helber, Kunst- und Kulturdenkmale, S. 51. S. 154f. 35) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, 14) Heussler, Halb Frau, halb Künstlerin, S. 114. 27) Ebd., S. 156f. S. 175. 15) Vollmer, Baugeschichte, Renovierung 1959/60, 28) https://de.wikipedia.org/wiki/Käte_Schaller- 36) https://www.theodor-heuss-haus.de/theodor- S. 10. Härlin. Zugriff 5.9.20187. heuss-haus/sonderausstellung/zurueckliegende- Die Entdeckung eines Kunstwerks 16) Dank für die freundliche Information an Herrn 29) Ebd., S. 162ff und Schaller-Härlin: Die Schöp- sonderausstellungen/zeitgesichter/ 31.7.2018. Joachim Bay, Engstlatt. fung der Welt. Faksimile des Künstlerbuchs. Heraus- 37) https://www.albstadt.de/includes/data/kultur- 17) Vergleiche Kunstsammlung Helmuth Uhrig im gegeben von der Stadtkirche Bad Cannstatt. Bad Cann- freizeit/...galerie/.../flyer_fruehling.pdf, 31.7.2018. Käte Schaller-Härlin (1877-1973) schuf ein Glasfenster für Engstlatt - von Dr. Ingrid Helber Kloster Kirchberg bei Sulz am Neckar. Helber, Ingrid statt 2013. Dank für den Hinweis an Frau Edith Nill, Bo- https://www.swp.de/suedwesten/landkreise/zollerna Teil 2 und Ende (Hg.): Helmuth Uhrig 1906-1979. Ein christlicher delshausen. lb/programmatischer-aufbruch-auf-der-alb- Künstler aus Württemberg. Veröffentlichung des Ver- 30) Neumann, Edith: Zwischen Tradition und Mo- 22015611.html, Zugriff 31.7.2018. eins Berneuchener Haus e.V. Kloster Kirchberg, Sulz derne – Künstlerinnen in Württemberg. In: Schwäbi- 38) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, Die Gestaltung des Glasfensters von Kä- am Neckar. 2006. sche Heimat 2002/2, S. 144-149, hier S. 148. S. 158-166, hier S. 161. te-Schaller-Härlin 1907 18) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, 31) „Zeit/Gesichter, Die Malerin Käte Schaller-Här- 39) Sachs, Hannelore / Badstübner, Ernst / Neu- S. 60. lin zwischen Avantgarde und Tradition, 30 Porträts. mann, Helga: Erklärendes Wörterbuch zur christli- Im Zusammenspiel der Auftraggeber und der Künst- 19) Helber, Kunst- und Kulturdenkmale, S. 65, Farb- https://www.theodor-heuss-haus.de/theodor-heuss- chen Kunst. Hanau o.J., S. 67 und S. 130ff. lerin einigte man sich auf eine Kreuzigungsgruppe. In tafel 3 und S. 71. haus/sonderausstellung/zurueckliegende- 40) Ebd., S. 67. der Kunstgeschichte verwendet man diesen Begriff bei 20) Vgl. Helber, Helmuth Uhrig. sonderausstellungen/zeitgesichter/ 31.7.2018 41) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, einer Kreuzigung Christi mit Personen oder Men- 21) Adolf Valentin Saile schuf später ebenfalls die 32) Heussler, Carla: Käte Schaller-Härlin. Malerin. S. 104f und 161. schengruppen am Fuße des Kreuzes. Seit der Zeit um Glasfenster in der Balinger Friedhofkirche. Helber, Ing- 1877-1973. In: Lebensbilder aus Baden-Württemberg. 1000 n. Chr. werden besonders oft die Mutter Maria (links) und der Apostel Johannes (rechts) dargestellt - entsprechend des Johannesevangeliums in der Bibel (Joh 19,25-27). Käte Schaller-Härlin war als Pfarrers- tochter diese Darstellungsweise sicherlich seit ihrer Veranstaltungen und Exkursionen Kindheit bekannt. Ganz traditionell stellte sie ins Zent- rum ihrer Komposition Christus am Kreuz. Dabei zeigt sie nicht den leidenden und sterbenden, sondern den Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung in den Monaten November und Dezember toten Christus wie dies in der romanischen Kunst üb- lich war (ca. 1000 bis ca. 1250 n. Chr.). Für das Kreuz DEZEMBER schlag, eine Hausinschrift und ein Wirthausschild füh- anstehen, erhält dieses Jubiläum eine besondere Rele- wählte die Künstlerin die Farbe Rot aus, die symbo- ren uns zu einem Hexenprozess im Jahre 1596, ein Ge- vanz. Der Vortrag zum Thema „100 Jahre Frauenwahl- lisch für das Blut steht, das Christus für die Mensch- Mittwoch, 12. Dezember 2018: Jahresrückblick 2018 denkstein erinnert an den ersten missglückten Start ei- recht im Zollernalbkreis“ möchte zunächst die ersten heit vergossen hat. Rot steht als Symbol auch für den und Ausblick 2019. Mit einem Vortrag von Dr. Andreas nesbemanntenRaketen-FlugzeugsimJahre1945.Diese politisch engagierten Frauen unserer Region vorstellen, Heiligen Geist. Die ganze Christusfigur leuchtet in wei- Zekorn:„KleindenkmaleimZollernalbkreis“. und zahlreiche weitere Kleindenkmale im Zollernalb- wobei besonders auf die Stadt Balingen fokussiert wer- ßem Licht vor der Landschaft. Die Beine liegen paral- Zunächst findet der Rückblick auf das Jahrespro- kreis werden in dem Vortrag vorgestellt. Sie finden sich den soll. Ausgehend davon sollen sodann die Möglich- lel nebeneinander und weisen je einen Nagel auf. Es gramm 2018 der Heimatkundlichen Vereinigung, ver- auch in der Publikation, die den Titel „Schätze am We- keiten und die Grenzen von Kommunalpolitikerinnen handelt sich um den sog. „romanischen Viernagelty- bunden mit einem Ausblick auf das Programm im kom- gesrand“ trägt. 19 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollern- im historischen Verlauf herausgearbeitet werden. 19 pus“, der im 20. Jahrhundert von vielen Künstlern wie- menden Jahr 2019 statt. Dieses Programm wird unter albkreis(Sitzungssaal),Hirschbergstr.29. Der Eintrittist Uhr, Balingen, Zehntscheuer, Neue Straße 59, Eintritt der aufgegriffen worden ist. Auch andere Künstler er- dem Schwerpunktthema „Burgen und Ruinen“ stehen. frei. frei. schlossen sich nun wieder die Symbolsprache des Mit- Die Mitglieder der Heimatkundlichen Vereinigung er- telalters.(17) Die Hände von Christus wenden sich qua- halten das Programm, wie gewohnt, vor Weihnachten si segnend den beiden unten stehenden Gestalten zu. zugeschickt. Anschließend hält Dr. Andreas Zekorn ei- Der Kopf neigt sich ebenfalls diesen entgegen. Im to- nen Vortrag zum Thema „Kleindenkmale im Zollern- JANUAR STAMMTISCHE ten Christus wird hier bereits auf die Auferstehung hin- albkreis“. Die Kleindenkmale im Zollernalbkreis wur- gewiesen. Bei Christus ist der Nimbus (Heiligen- den im Rahmen eines landesweiten Projekts in den Jah- Samstag, 12. Januar 2019: Tagesexursion mit Wilfried schein) angedeutet, jedoch typisch evangelisch nicht ren von 2010 bis 2014 flächendeckend mit Hilfe von 116 Groh: Kloster Schussenried. Krippenausstellung, Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich beidenbeidenanderenFiguren.LinksdesKreuzessteht ehrenamtlichen Helfern inventarisiert und dokumen- Kloster Sießen: Krippen im Hummelsaal und im Tor- unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Maria mit trauerndem, gesenktem Kopf, die betenden tiert. Im Verlaufe von rund drei Jahren erfassten die Eh- bau. Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Hände nach rechts gebogen. Über der weißen Tunika renamtlichen 3392 Kleindenkmale. In einem zusam- Erste Station ist das Kloster in Bad Schussenried, wo nenstr.67,72458Albstadt-Ebingen:Tel.:074314188. ist ein goldgelbes Kleid geworfen, wobei Gold als Sym- men mit dem zweiten Projektkoordinator Helmut Lo- auch in diesem Jahr wieder eine interessante Krippen- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- bol für den Himmel verwendet wird. Der Kopf wird renz herausgegebenen Buch werden rund 440 ausge- ausstellung neu zusammengestellt wurde. Nach der schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, von einem weißen Tuch bedeckt. Weiß steht für Licht wählte Denkmale vorgestellt. Die Mehrzahl der Fotos Führung durch diese Ausstellung geht es zum Mittages- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- und Unschuld. Auf der rechten Seite des Kreuzes steht fertigte Hilmar Hahn, Balingen, an. Das Buch steht kurz sen in die Schussenrieder Brauereigaststätte. Am Nach- [email protected] oder geschaefts- üblicherweise der Jünger Johannes. Über die Tunika vor dem Erscheinen. Im Zollernalbkreis finden wir eine mittag gilt der Besuch dem Hummelsaal im Kloster Sie- [email protected] sowie über ist ein blauer Umhang in der Farbe des Himmels ge- Vielzahl an Kleindenkmalen vor, die oft zu spannenden ßen. Dort ist in der Weihnachtszeit im Hummelsaal die unsereHomepage schlungen. Die Hände sind zum Gebet geformt. Meist und bewegenden Geschichten führen. Ein Sühnekreuz Naturkrippe von Sr. M. Capistrana Bucher OSF (1921 - www.heimatkundliche–vereinigung.de. wird Johannes als junger Mann dargestellt. Hier nur dokumentiert einen um das Jahr 1473 begangenen Tot- 1983) aufgebaut, deren Figuren aus Naturmaterial ge- handelt es sich offensichtlich um einen älteren Mann fertigt sind. An ihr können wir mit Franziskus neu stau- mit teilweiser Glatze, gekräuselten Haaren und einem nen lernen über den Abstieg Gottes zu uns Menschen langen Bart. Carla Heussler, die Biografin von Schal- und seine Liebe erahnen, die Ihn dazu gebracht hat, un- ler-Härlin, vermutet deshalb, es handle sich um Jo- ser Bruder zu werden. Nach der Führung können noch Herausgegeben von der seph von Arimathia.(18) Es erscheint hier jedoch wahr- weitereKrippenaufdemWegzumKlostercafébesichtigt Heimatkundlichen Vereinigung scheinlicher, dass es sich um die Stifterin Maria Ka- werden, unter anderem auch die Jahreskrippe von Sr. M Zollernalb tharine Michael und ihren verstorbenen Bruder Jo- Die Autorin dieser Ausgabe EhrenfriedaSieber. hann Friedrich Michael handelt, an den in Engstlatt er- Vorsitzender: Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 8.15 Uhr. Alb- innert werden soll. Die Namensgleichheit ist jeden- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, stadt-Ebingen, Busbahnhof, 8.35 Uhr. Umlage 35,00 falls auffallend: Maria und Johannes. Bekannt ist au- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 EurofürFahrt,EintritteundFührungen. ßerdem die Vorliebe und Meisterschaft von Käte Schal- Geschäftsführung: ler-Härlin hinsichtlich von Porträts. Des Weiteren soll Dr. Ingrid Helber Samstag, 19. Januar 2019: Vortrag von Dr. Yvonne Ar- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, Rudolf Yelin d.Ä. bei seinem Engstlatter Glasfenster Westerwaldstraße 17 ras: 100 Jahre Frauenwahlrecht. Eröffnung der Aus- 72461 Albstadt, ebenfalls seine beiden Kinder porträtiert haben (siehe 72336 Balingen stellung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ (19.1. – Telefon (0 74 32) 68 07 oben). Das gotische Fresko der Peterskirche, das 1893 10.3.2019). E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- gefunden wurde, zeigt ebenfalls eine Kreuzigungs- Am 19. Januar 1919 durften Frauen in Deutschland vereinigung.de gruppemiteinemStifter.(19) DergotischenFassungsteht erstmalsanWahlenteilnehmenundauchselbstgewählt die zeitgenössische Interpretation von Käte Schaller- werden – ein „Meilenstein in der Geschichte der Demo- Redaktion: Härlin gegenüber. kratie in Deutschland“, wie es in der deutschlandweit Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Nach evangelischer Tradition wurde bei beiden Per- begangenen Aktion verlautet. Im Hinblick auf die Kom- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 sonen auf die Nimben verzichtet. Im Vergleich dazu munalwahlen, die im Frühjahr 2019 im Zollernalbkreis verwendete auch der Künstler Helmuth Uhrig Heili- Blumenstillleben aus dem Jahr 1950 von Käte Schaller-Härlin. Foto: Archiv Helber Seite 2109 Heimatkundliche Blätter November 2018 November 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2110

genscheine fast ausschließlich für Jesus-Christus.(20) Am brachte ihr in gewisser Weise auch schon Kritik ein.(27) 1926 Glasfenster in der Laurentiuskirche in Stutt- den Himmel hin. Rot ist die Farbe der Liebe und kommt Boden des Engstlatter Glasfensters schlingt sich die Es wird geschätzt, dass die Künstlerin um 2000 Port- gart-Rohr. im Zusammenhang mit der Nelke vor (Nagel des Kreu- Schlange als Symbol des Bösen um das Kreuz. Ihm ist räts geschaffen hat. 1930 Glasfenster für die Dionysius Kirche in Bo- zes). In der Zahlensymbolik weisen drei Blüten auf die durch den Tod Christi die Macht genommen. Käte Die Zeit während des Zweiten Weltkriegs mit ihrer delshausen. Dreifaltigkeit hin.(39) Schaller-Härlin verwendete den Kreuzestitel in latei- Evakuierung und die unmittelbare Nachkriegszeit wa- 1931 erste kunsthistorische Würdigung durch Dr. Der Strauß steht in einer hellbraunen, bauchigen nischer Sprache INRJ – Jesus von Nazareth, König der ren für die Künstlerin nicht einfach. Für ihre vier En- Wolfgang Pfleiderer. Terracotta-Vase auf einem runden Tisch. Dieser ist von Juden. Das Schild bildet den waagrechten Abschluss kel malte die Künstlerin zu Weihnachten 1949 das sog. 1932-1933 Reise nach Italien, Ausstellung bei der einem grün-beigen Tischtuch bedeckt. Käte Schaller- der Komposition. „Eschacher Bilderbuch“. Es handelt sich um eine ganz Stuttgarter Sezession. Härlin stellte eine Vielzahl von Blumen zusammen. Sie Der Boden der Kreuzigungsszene wird aus Steinen individuell gestaltete Kinderbibel mit Szenen der 1937 Ausstellung im Kunsthaus Schaller in Stuttgart sind in Form eines Dreiecks mit der Spitze nach oben und grünem Gras, also durch die Natur gebildet. Eine Schöpfungsgeschichte und den entsprechenden Bi- zum 60. Geburtstag. arrangiert. Der Blick des Betrachters wird von links nach breite hellgrüne Wiesenfläche hinter Maria und Jo- belstellen der ersten vier Kapitel des ersten Buchs Mo- 1944 Kriegszerstörung ihres Wohnhauses in Stutt- rechts zur weißen Lilie gelenkt, die mit drei Blüten und hannes lässt die Figuren stark hervortreten. Weitere se. Es fallen Ähnlichkeiten zu den Glas- und Wand- gart. einer Knospe in die Mittelachse bildet. Dann schweift waagrechte Farbbänder mit satteren Grüntönen bil- malereien der Künstlerin auf. Ein Faksimile des Künst- 1945-1949 evakuiert nach Eschach beim Schw. der Blick kreisförmig im Uhrzeigersinn. Die Licht- den den Rahmen oberhalb der Gestalten. Die Kulisse lerbuchs „Die Schöpfung der Welt“ wurde 2013 mit dem Gmünd, viele Blumenbilder. punkte werden neben den Lilien auch durch die Mar- der Schwäbischen Alb mit ihren typischen Weißjura- Druck gewürdigt. In Bodelshausen wurde das Buch als 1950 Umzug in die Villa Schaller in Stuttgart-Rot- geritenblüten mit ihrem weiß-gelben Blütenstand und bergen grenzt das Bild nach oben ab. Hinter der wei- Geschenk der Kirchengemeinde bei Jubiläen usw. ver- enberg, noch sehr produktiv tätig. durch eine Anemone gesetzt. Gelber Sonnenhut (Rud- ßen „Lichtgestalt“ der Christusfigur erscheinen die Ber- teilt.(29) 1964-1966 letzte Porträts. beckia) mit braunem Blütenstand bringt warme Kont- ge bräunlich. Links und rechts der Szene sind jeweils In Stuttgart war die Künstlerin auch wegen ihres Be- 1973, am 9. Mai gestorben und auf dem Pragfried- raste zum Weiß der Margeriten. Hinter diesen sind in ei- Bäume angeordnet, die das Geschehen abschließen. zugs zum Kunsthaus Schaller nie vergessen. In einem hof beim Ehemann begraben.(35) nem Bogen rote Dahlien angeordnet. Drei Blüten des Über dem Berg und hinter den Bäumen leuchtet sym- Aufsatz von Edith Neumann „Zwischen Tradition und Rittersporns sind in Lila-Rosa-Tönen farblich sehr zu- bolisch das tiefe Blau des Himmels. Moderne – Künstlerinnen in Württemberg“ in der rückgenommen und vereinen sich fast mit dem Hin- Fachzeitschrift „Schwäbische Heimat“ im Jahr 2002 Ausstellungen nach dem Tod tergrund. Im unteren Bereich ragen auf der linken Sei- Die Ausführung des Fensters erfolgte durch die tra- wurden zwar Anna Peters und andere ausführlich be- te rosarote Nelken über die Vase hinaus. Auf der rech- ditionsreiche Glaswerkstätte Saile in Stuttgart.(21) Bei schrieben, doch wurde immerhin auch Käte Schaller- 2011/12 im Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart ten Seite neigt sich eine undefinierbare, duftige rosa- Glasfenstern werden Bleistege benötigt, die das Bild zu- Härlin bezüglich ihrer Fresken in Kirchen erwähnt (Ba- Zeit/Gesichter, Die Malerin Käte Schaller-Härlin zwi- farbene Blume fast bis auf den Tisch hinunter. Fein- sammenhalten. Diese Tatsache muss ein Künstler bei den-Baden-Lichtental 1910 und Stuttgart-Gaisburg schen Avantgarde und Tradition, 30 Porträts(36). gliedrige blaue Blümchen, wohl Stängel der Gewöhn- seinem Entwurf mit berücksichtigen. Durch die Stege 1913).(30) Seit der Ausstellung in den Jahren 2011/12 im 2013/14 Frühling im Südwesten, Neuer Stil um 1900, lichen Wegwarte (Zichorie), runden den Strauß nach können Umrisslinien gebildet werden. Außerdem kön- Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart“(31) erfuhr die Künst- Städtische Galerie Albstadt(37). außen ab. nen die Bleistege gezielte Bereiche betonen. Für die Ge- lerin wieder einige Beachtung und Würdigung. 2013 er- 2015 Die Klasse der Damen – Künstlerinnen er- wänder wählte Käte Schaller-Härlin Umrisszeich- schien eine Biografie von Carla Heussler in den Le- obern die Moderne, in Böblingen. Im Gegensatz zum Glasfenster in der Peterskirche nungen. Die Binnenstruktur, die Falten, hat sie mit bensbildern aus Baden-Würtemberg.(32) Neben der 2017 Ein Leben an der Staffelei. Käte Schaller-Här- in Engstlatt gibt es beim Blumenstillleben von 1950 nur schwarzer Farbe auf das Glas gemalt. Die Christusfi- „Stuttgarter Damenklasse“ von Gabriele Katz von lin zum 140. Geburtstag. Kunstmuseum Hohenkarp- beim Tisch und bei der Vase glatte Flächen. Ansons- gur wurde von der Künstlerin ebenfalls stark mit 2013(33) und dem Ausstellungskatalog von Böblingen fen, Hausen ob Verena. ten ist viel Gefühl spürbar, das die Künstlerin in die ein- schwarzer Farbe ausmodelliert, ebenso das Gesicht des „Die Klasse der Damen“ im Jahr 2015 ist vor allem auf zelnen Blüten und deren Charakteristik legte. Die Blü- „Johannes“, die Felsen und die Blätter der Bäume. die Monographie „Zwischen Avantgarde und Traditi- ten wirken eher impressionistisch mit dem Festhalten on - Die Malerin Käte Schaller-Härlin“ von Carla Heuss- eines flüchtigen Augenblicks. Der Pinselstrich ist be- Das weitere Lebenswerk der Künsterlin ler aus dem Jahr 2017 hinzuweisen. Blumenstillleben 1950 von Käte Schal- wegt und zeigt teilweise einen dicken Farbauftrag bei ler-Härlin den weißen und gelben Blütenblättern. Das Gemälde Käte Schaller-Härlin war eine sehr selbstbewusste Die evangelische Peterskirche in Engstlatt besitzt ein ist eine wohl proportionierte, nicht symmetrische, aber Frau, die sich lange überlegte, ob sie heiraten sollte. frühes und beeindruckendes Werk der Künstlerin Käte Öl auf Hartfaser 54,5 x 41cm. harmonisch ausgewogene Komposition hinsichtlich Sie befürchtete, in der Ehe und eventuell mit Kindern Schaller-Härlin, das auch aufgrund des lokalen Be- Signiert rechts oben KSchH. der Formen und Farben. in ihrer künstlerischen Arbeit eingeengt zu werden. Das zugs als besonders schützenswert angesehen wird. Privatbesitz. Ein Blumenstillleben zeigt immer die „Nature mor- war dann aber bei ihrem kunstverständigen Gatten Engstlatt steht am Anfang eines illustren Kreises von Als Vorbereitung und zur Einstimmung auf die Gar- te“, die tote Natur. Die Blüten sind abgeschnitten wor- nicht der Fall. Doch wurde sie schon nach sechs Jah- Kirchen, für die Schaller-Härlin Werke geschaffen hat: tenschau 2023 in Balingen kann ein Blumenstillleben den und dem Verderben geweiht. Sie stehen noch in ren Witwe, da Hans Otto Schaller im Ersten Weltkrieg Pauluskirche Albstadt-Tailfingen 1907, Evang. St. Bla- von Käte Schaller-Härlin vorgestellt werden, das ne- voller Pracht, aber diese wird bald enden. Blumen- gefallen ist. Danach arbeitete die allein erziehende siuskirche in Lichtenstein-Holzelfingen 1908/09, Lu- ben dem Glasfenster in der Engstlatter Kirche seinen sträuße tragen immer den Hinweis auf die Vergäng- Mutter weiterhin als Künstlerin. Seit der Verheiratung therkirche Baden-Baden-Lichtental 1908-1910, Ebe- Weg nach Balingen gefunden hat. Nach dem Ende des lichkeit in sich. Sie weisen auf die Kürze des Men- im Jahr 1911 führte sie den Doppelnamen, was da- rhardskirche Tübingen 1911, Evang. Kirche Stuttgart- ZweitenWeltkriegsschufdieausStuttgartnachEschach schenlebens hin.(40) Ähnliche Blumenbilder von Käte mals noch nicht üblich war. Sie signierte normaler- Gaisburg 1913, Evang. Stadtkirche in Oberndorf am Ne- bei Schwäbisch Gmünd evakuierte Künstlerin als Auf- Schaller-Härlin sind von 1945 und 1949 bekannt.(41) weise ihre Werke mit KSchH oder KSH. ckar 1916, Martinskirche Oberesslingen 1918, Lau- tragsarbeiten zahlreiche Porträts, besonders auch von rentiuskirche Stuttgart-Rohr 1926, Evang. Schlosskir- Bauern des Ortes und der Umgebung. Daneben lag ih- Die erste „umfassende kunsthistorische Würdi- che Tettnang 1922(34), Dionysiuskirche Bodelshausen re Vorliebe im Malen von großen „Feldblumenstäu- Endnoten gung“ für Käte Schaller-Härlin erfolgte 1931 durch den 1930, Evang. Kirche Eschach (bei Schwäbisch Gmünd) ßen“ und von „Gartensträußen“. Sie war fasziniert von Kunsthistoriker Dr. Wolfgang Pfleiderer bei der Eröff- 1947 und Evang. Kirche Stuttgart-Rotenberg (Unter- den schönen Blumen in der Umgebung von Eschach. 1) Helber, Ingrid : Kunst- und Kulturdenkmale im nung der Sammlung Hugo Borst in Stuttgart für die Öf- türkheim) 1955/56. Dabei legte sie einen gewissen „Vorrat“ an Gemälden Zollernalbkreis. Mit einem Beitrag von Andreas Ze- fentlichkeit. Pfleiderer ist von Schaller-Härlin schon an – zum Verkauf und zum Verschenken. Der ganze korn. Zollernalb-Profile Reihe B Bd. 1. Schriftenreihe 1916 in Uniform porträtiert worden. Pfleiderer war Ku- Flur ihrer Unterkunft war mit Bildern behängt. Mit der des Zollernalbkreises. Konrad Theiss Verlag. Stuttgart rator der Sammlung und Hugo Borst war ein wichti- Kurzbiografie Haushälterin Anna Zaiss war die Künstlerin nach ei- 2001.“ Hier S. 71. ger Sammler von Werken Schaller-Härlins. Die Künst- niger Zeit in eine Wohnung in einem Bauernhaus ge- 2) Vollmer, Martin: Die Baugeschichte der St. Pe- lerin wurde von Pfleiderer 1931 unter den bekannten 1877, 19. Oktober geboren in Mangalore, Karnata- zogen, in dem zuvor ihre Tochter Sibylle Barth mit der terskirche in Engstlatt. Teil 2. Maschinenschriftlich. Ba- südwestdeutschen und internationalen Künstlern he- ka, Indien, wo der Vater Missionar bei der Basler Mis- Familie gewohnt hatte. Die Rahmen für ihre Gemälde lingen-Engstlatt 1994. Hier S. 4f. rausgehoben. Sie war in der Sammlung mit ihren wich- sion war. lieferte der Schreiner von Eschach. Die Bemalung er- 3) Seeger, Christoph: Katholischer Chorraum und tigsten Werken vertreten. In der technischen Ausfüh- Eltern: Pfarrer Emmerich Härlin und Anna, geb. Nast. folgte durch die Künstlerin höchst persönlich. Schließ- protestantischer Kult. Zur Adaptierung vorreformato- rung wurde sie als ausgezeichnet eingestuft. Auch hieß 1884-1893 Pfarrstelle in Gruibingen, Besuch des lich war 1948 ihre Auftragslage schon wieder sehr gut. rischer Kirchenräume in Württemberg. Ein Beitrag zur es, sie „dringe“ tief in die Stimmungen und die Cha- Töchterinstituts in Göppingen. 1949 zeichnete sie für ihre Enkel das sog. „Eschacher Stellung der Prinzipalstücke – vornehmlich der Orgel raktere der Porträtierten ein.(22) Das Porträt von Dr. 1894-1899 Städtische Gewerbeschule, Kurse bei Ru- Bilderbuch“. Im Herbst 1950 zog Käte Schaller-Härlin – im Wandel der Zeit. Magisterarbeit. Universität Tü- Wolfgang Pfleiderer in der Uniform des Ersten Welt- dolf Yelin d.Ä. mit Anna Zaiss in die Villa Schaller in Rotenberg. Sie bingen 1991. kriegs befindet sich in Privateigentum. 1899 Mitglied im Württembergischen Malerinnen- richteten sich ein, so gut es ging, da das Haus bis auf 4) Zitiert nach Vollmer, S. 4f. Käte Schaller-Härlin ging nicht wie Maria Caspar- Verband. das Erdgeschoss durch den Krieg stark beschädigt wor- 5) Ebd., S. 5. Filser den Weg in den Lehrbetrieb einer Akademie als 1900-1901 Studien in München an der Damen-Aka- den war. Die Künstlerin musste sich neu zurechtfin- 6) Heussler, Carla: Zwischen Avantgarde und Tra- Dozentin und Kunstprofessorin(23), sondern erledigte demie. den. Anna Zaiss pflegte und erweiterte die Flora des dition. Die Malerin Käte Schaller-Härlin. Stuttgart 2017, nach dem Ersten Weltkrieg ihre vielen Auftragsarbei- 1902 Erster Preis des Württ. Malerinnen-Vereins zu- Gartens, was Käte Schaller-Härlin erneut inspirierte. S. 129ff. ten, besonders mit Porträts wie für die Familie von sammen mit Charlotte Conz und Maria (Caspar) Fil- Die Künstlerin pflückte bei Spaziergängen die Blumen 7) Die Klasse der Damen: Künstlerinnen erobern sich Theodor Heuss und Elly Heuss-Knapp.(24) Die Schwes- ser (vgl. Balingen). selbst und arrangierte sie dann, um sie zu malen.(38) die Moderne. Herausgegeben von der Städtischen Ga- ter der Künstlerin, die Keramikerin Dorkas Härlin, lehr- 1903-1906 Studien in Florenz, Rom, Zürich. Das vorgestellte Gemälde entstand wohl noch im lerie der Stadt Böblingen. Böblingen 2015. Ausstel- te um 1920 an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule. Sie 1907 erstes Glasfenster in Balingen-Engstlatt, Fres- Sommer 1950 in Eschach vor dem Umzug nach Rot- lungsdauer 8. März bis 5. Juli 2015. Heussler, Carla: heiratete 1923 den Lyriker Eduard Reinacher.(25) Schal- ko der Altarwand in Tailfingen, in der Folgezeit sak- enberg. Es ist deutlich sichtbar, dass die Goldfarbe qua- „Halb Frau halb Künstlerin sein halte ich für unmög- ler-Härlin erhielt 1930 den Auftrag, für die evangeli- rale Werke in Holzelfingen, Baden-Baden Lichtental litativ hochwertig von Hand auf den Rahmen aufge- lich“ – Die Karriere der Käte Schaller-Härlin. Ebd., S. sche Dionysius-Kirche in Bodelshausen, an der ihr Va- usw. malt worden ist. Dieser bildet einen harmonischen Ab- 113-120. ter als Pfarrer tätig gewesen war und in der sie gehei- 1909 Vorlesungen bei Hölzl an der Akademie in Stutt- schluss und „hebt“ die Farben der ausgewählten Blu- 8) Dank an Alfred Jenter, maschinenschriftliche Mit- ratet hatte, zwei Glasscheiben zu entwerfen. Danach gart. men. Ganz in der Tradition der niederländischen Meis- teilung an die Verfasserin vom 11.2.2015: Abschrift aus war sie auf Reisen in Italien und in der Schweiz, auf de- 1909-1910 Reise nach Paris. ter des 17.und 18. Jahrhunderts verwendete die Künst- dem Ergänzungsheft zur Pfarrbeschreibung aufge- nen sie auch Porträts malte.(26) Im Nationalsozialis- 1911 Heirat mit Dr. Hans Otto Schaller (1883-1917); lerin einen dunkelbraunen bis beigen Hintergrund, auf schrieben von Herrn Pfarrer Ernst Kreeb (Pfarrer in mus wurde die berufliche Situation für Käte Schaller- in der Folgezeit Beteiligung an vielen Ausstellungen. dem die Leuchtkraft der Blüten stark zur Geltung Engstlatt von 1895 – 1934); IV, 1 zu Ziffer 4 (Kirchliche Härlin immer schwieriger. Es gab keine öffentlichen 1913 Geburt der Tochter Sibylle. kommt. Von links fällt Licht (von einem imaginären Gebäude). Vgl. Ders.: Einblicke in Engstlatts Dorfge- Aufträge mehr. Stilistisch eckte sie nicht an wie Maria 1915 Krankheit und Aufenthalt in Arosa. Fenster) auf das Stillleben. Des Weiteren war der Künst- schichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Balingen 2014. Caspar-Filser, die als „entartete Künstlerin“ gebrand- 1917 Tod des Ehemanns bei Ypern, dann allein er- lerin sicherlich die mittelalterliche, christliche Blu- 9) Herzlichen für die schriftliche Information von markt und später rehabilitiert worden ist. Dass Schal- ziehende Mutter. mensymbolik geläufig. Weiße Lilien waren wichtige 6.9.2018 laut Pfarrertafel in der Dionysiuskirche in Bo- ler-Härlin mehr in der gegenständlichen Malweise ver- 1918 Hugo Borst wird Sammler von Werken Schal- Mariensymbole. In der Farbsymbolik steht weiß für delshausen an Frau Edith Nill. haftet blieb und nicht zur Abstraktion wechselte, Das Glasfenster von Käte Schaller-Härlin in der Engstlatter Kirche. Foto: Archiv Helber ler-Härlins; nachfolgend viele Porträtaufträge. Reinheit, Frieden und Licht. Blau und Gold weisen auf 10) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, Seite 2109 Heimatkundliche Blätter November 2018 November 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2110

genscheine fast ausschließlich für Jesus-Christus.(20) Am brachte ihr in gewisser Weise auch schon Kritik ein.(27) 1926 Glasfenster in der Laurentiuskirche in Stutt- den Himmel hin. Rot ist die Farbe der Liebe und kommt Boden des Engstlatter Glasfensters schlingt sich die Es wird geschätzt, dass die Künstlerin um 2000 Port- gart-Rohr. im Zusammenhang mit der Nelke vor (Nagel des Kreu- Schlange als Symbol des Bösen um das Kreuz. Ihm ist räts geschaffen hat. 1930 Glasfenster für die Dionysius Kirche in Bo- zes). In der Zahlensymbolik weisen drei Blüten auf die durch den Tod Christi die Macht genommen. Käte Die Zeit während des Zweiten Weltkriegs mit ihrer delshausen. Dreifaltigkeit hin.(39) Schaller-Härlin verwendete den Kreuzestitel in latei- Evakuierung und die unmittelbare Nachkriegszeit wa- 1931 erste kunsthistorische Würdigung durch Dr. Der Strauß steht in einer hellbraunen, bauchigen nischer Sprache INRJ – Jesus von Nazareth, König der ren für die Künstlerin nicht einfach. Für ihre vier En- Wolfgang Pfleiderer. Terracotta-Vase auf einem runden Tisch. Dieser ist von Juden. Das Schild bildet den waagrechten Abschluss kel malte die Künstlerin zu Weihnachten 1949 das sog. 1932-1933 Reise nach Italien, Ausstellung bei der einem grün-beigen Tischtuch bedeckt. Käte Schaller- der Komposition. „Eschacher Bilderbuch“. Es handelt sich um eine ganz Stuttgarter Sezession. Härlin stellte eine Vielzahl von Blumen zusammen. Sie Der Boden der Kreuzigungsszene wird aus Steinen individuell gestaltete Kinderbibel mit Szenen der 1937 Ausstellung im Kunsthaus Schaller in Stuttgart sind in Form eines Dreiecks mit der Spitze nach oben und grünem Gras, also durch die Natur gebildet. Eine Schöpfungsgeschichte und den entsprechenden Bi- zum 60. Geburtstag. arrangiert. Der Blick des Betrachters wird von links nach breite hellgrüne Wiesenfläche hinter Maria und Jo- belstellen der ersten vier Kapitel des ersten Buchs Mo- 1944 Kriegszerstörung ihres Wohnhauses in Stutt- rechts zur weißen Lilie gelenkt, die mit drei Blüten und hannes lässt die Figuren stark hervortreten. Weitere se. Es fallen Ähnlichkeiten zu den Glas- und Wand- gart. einer Knospe in die Mittelachse bildet. Dann schweift waagrechte Farbbänder mit satteren Grüntönen bil- malereien der Künstlerin auf. Ein Faksimile des Künst- 1945-1949 evakuiert nach Eschach beim Schw. der Blick kreisförmig im Uhrzeigersinn. Die Licht- den den Rahmen oberhalb der Gestalten. Die Kulisse lerbuchs „Die Schöpfung der Welt“ wurde 2013 mit dem Gmünd, viele Blumenbilder. punkte werden neben den Lilien auch durch die Mar- der Schwäbischen Alb mit ihren typischen Weißjura- Druck gewürdigt. In Bodelshausen wurde das Buch als 1950 Umzug in die Villa Schaller in Stuttgart-Rot- geritenblüten mit ihrem weiß-gelben Blütenstand und bergen grenzt das Bild nach oben ab. Hinter der wei- Geschenk der Kirchengemeinde bei Jubiläen usw. ver- enberg, noch sehr produktiv tätig. durch eine Anemone gesetzt. Gelber Sonnenhut (Rud- ßen „Lichtgestalt“ der Christusfigur erscheinen die Ber- teilt.(29) 1964-1966 letzte Porträts. beckia) mit braunem Blütenstand bringt warme Kont- ge bräunlich. Links und rechts der Szene sind jeweils In Stuttgart war die Künstlerin auch wegen ihres Be- 1973, am 9. Mai gestorben und auf dem Pragfried- raste zum Weiß der Margeriten. Hinter diesen sind in ei- Bäume angeordnet, die das Geschehen abschließen. zugs zum Kunsthaus Schaller nie vergessen. In einem hof beim Ehemann begraben.(35) nem Bogen rote Dahlien angeordnet. Drei Blüten des Über dem Berg und hinter den Bäumen leuchtet sym- Aufsatz von Edith Neumann „Zwischen Tradition und Rittersporns sind in Lila-Rosa-Tönen farblich sehr zu- bolisch das tiefe Blau des Himmels. Moderne – Künstlerinnen in Württemberg“ in der rückgenommen und vereinen sich fast mit dem Hin- Fachzeitschrift „Schwäbische Heimat“ im Jahr 2002 Ausstellungen nach dem Tod tergrund. Im unteren Bereich ragen auf der linken Sei- Die Ausführung des Fensters erfolgte durch die tra- wurden zwar Anna Peters und andere ausführlich be- te rosarote Nelken über die Vase hinaus. Auf der rech- ditionsreiche Glaswerkstätte Saile in Stuttgart.(21) Bei schrieben, doch wurde immerhin auch Käte Schaller- 2011/12 im Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart ten Seite neigt sich eine undefinierbare, duftige rosa- Glasfenstern werden Bleistege benötigt, die das Bild zu- Härlin bezüglich ihrer Fresken in Kirchen erwähnt (Ba- Zeit/Gesichter, Die Malerin Käte Schaller-Härlin zwi- farbene Blume fast bis auf den Tisch hinunter. Fein- sammenhalten. Diese Tatsache muss ein Künstler bei den-Baden-Lichtental 1910 und Stuttgart-Gaisburg schen Avantgarde und Tradition, 30 Porträts(36). gliedrige blaue Blümchen, wohl Stängel der Gewöhn- seinem Entwurf mit berücksichtigen. Durch die Stege 1913).(30) Seit der Ausstellung in den Jahren 2011/12 im 2013/14 Frühling im Südwesten, Neuer Stil um 1900, lichen Wegwarte (Zichorie), runden den Strauß nach können Umrisslinien gebildet werden. Außerdem kön- Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart“(31) erfuhr die Künst- Städtische Galerie Albstadt(37). außen ab. nen die Bleistege gezielte Bereiche betonen. Für die Ge- lerin wieder einige Beachtung und Würdigung. 2013 er- 2015 Die Klasse der Damen – Künstlerinnen er- wänder wählte Käte Schaller-Härlin Umrisszeich- schien eine Biografie von Carla Heussler in den Le- obern die Moderne, in Böblingen. Im Gegensatz zum Glasfenster in der Peterskirche nungen. Die Binnenstruktur, die Falten, hat sie mit bensbildern aus Baden-Würtemberg.(32) Neben der 2017 Ein Leben an der Staffelei. Käte Schaller-Här- in Engstlatt gibt es beim Blumenstillleben von 1950 nur schwarzer Farbe auf das Glas gemalt. Die Christusfi- „Stuttgarter Damenklasse“ von Gabriele Katz von lin zum 140. Geburtstag. Kunstmuseum Hohenkarp- beim Tisch und bei der Vase glatte Flächen. Ansons- gur wurde von der Künstlerin ebenfalls stark mit 2013(33) und dem Ausstellungskatalog von Böblingen fen, Hausen ob Verena. ten ist viel Gefühl spürbar, das die Künstlerin in die ein- schwarzer Farbe ausmodelliert, ebenso das Gesicht des „Die Klasse der Damen“ im Jahr 2015 ist vor allem auf zelnen Blüten und deren Charakteristik legte. Die Blü- „Johannes“, die Felsen und die Blätter der Bäume. die Monographie „Zwischen Avantgarde und Traditi- ten wirken eher impressionistisch mit dem Festhalten on - Die Malerin Käte Schaller-Härlin“ von Carla Heuss- eines flüchtigen Augenblicks. Der Pinselstrich ist be- Das weitere Lebenswerk der Künsterlin ler aus dem Jahr 2017 hinzuweisen. Blumenstillleben 1950 von Käte Schal- wegt und zeigt teilweise einen dicken Farbauftrag bei ler-Härlin den weißen und gelben Blütenblättern. Das Gemälde Käte Schaller-Härlin war eine sehr selbstbewusste Die evangelische Peterskirche in Engstlatt besitzt ein ist eine wohl proportionierte, nicht symmetrische, aber Frau, die sich lange überlegte, ob sie heiraten sollte. frühes und beeindruckendes Werk der Künstlerin Käte Öl auf Hartfaser 54,5 x 41cm. harmonisch ausgewogene Komposition hinsichtlich Sie befürchtete, in der Ehe und eventuell mit Kindern Schaller-Härlin, das auch aufgrund des lokalen Be- Signiert rechts oben KSchH. der Formen und Farben. in ihrer künstlerischen Arbeit eingeengt zu werden. Das zugs als besonders schützenswert angesehen wird. Privatbesitz. Ein Blumenstillleben zeigt immer die „Nature mor- war dann aber bei ihrem kunstverständigen Gatten Engstlatt steht am Anfang eines illustren Kreises von Als Vorbereitung und zur Einstimmung auf die Gar- te“, die tote Natur. Die Blüten sind abgeschnitten wor- nicht der Fall. Doch wurde sie schon nach sechs Jah- Kirchen, für die Schaller-Härlin Werke geschaffen hat: tenschau 2023 in Balingen kann ein Blumenstillleben den und dem Verderben geweiht. Sie stehen noch in ren Witwe, da Hans Otto Schaller im Ersten Weltkrieg Pauluskirche Albstadt-Tailfingen 1907, Evang. St. Bla- von Käte Schaller-Härlin vorgestellt werden, das ne- voller Pracht, aber diese wird bald enden. Blumen- gefallen ist. Danach arbeitete die allein erziehende siuskirche in Lichtenstein-Holzelfingen 1908/09, Lu- ben dem Glasfenster in der Engstlatter Kirche seinen sträuße tragen immer den Hinweis auf die Vergäng- Mutter weiterhin als Künstlerin. Seit der Verheiratung therkirche Baden-Baden-Lichtental 1908-1910, Ebe- Weg nach Balingen gefunden hat. Nach dem Ende des lichkeit in sich. Sie weisen auf die Kürze des Men- im Jahr 1911 führte sie den Doppelnamen, was da- rhardskirche Tübingen 1911, Evang. Kirche Stuttgart- ZweitenWeltkriegsschufdieausStuttgartnachEschach schenlebens hin.(40) Ähnliche Blumenbilder von Käte mals noch nicht üblich war. Sie signierte normaler- Gaisburg 1913, Evang. Stadtkirche in Oberndorf am Ne- bei Schwäbisch Gmünd evakuierte Künstlerin als Auf- Schaller-Härlin sind von 1945 und 1949 bekannt.(41) weise ihre Werke mit KSchH oder KSH. ckar 1916, Martinskirche Oberesslingen 1918, Lau- tragsarbeiten zahlreiche Porträts, besonders auch von rentiuskirche Stuttgart-Rohr 1926, Evang. Schlosskir- Bauern des Ortes und der Umgebung. Daneben lag ih- Die erste „umfassende kunsthistorische Würdi- che Tettnang 1922(34), Dionysiuskirche Bodelshausen re Vorliebe im Malen von großen „Feldblumenstäu- Endnoten gung“ für Käte Schaller-Härlin erfolgte 1931 durch den 1930, Evang. Kirche Eschach (bei Schwäbisch Gmünd) ßen“ und von „Gartensträußen“. Sie war fasziniert von Kunsthistoriker Dr. Wolfgang Pfleiderer bei der Eröff- 1947 und Evang. Kirche Stuttgart-Rotenberg (Unter- den schönen Blumen in der Umgebung von Eschach. 1) Helber, Ingrid : Kunst- und Kulturdenkmale im nung der Sammlung Hugo Borst in Stuttgart für die Öf- türkheim) 1955/56. Dabei legte sie einen gewissen „Vorrat“ an Gemälden Zollernalbkreis. Mit einem Beitrag von Andreas Ze- fentlichkeit. Pfleiderer ist von Schaller-Härlin schon an – zum Verkauf und zum Verschenken. Der ganze korn. Zollernalb-Profile Reihe B Bd. 1. Schriftenreihe 1916 in Uniform porträtiert worden. Pfleiderer war Ku- Flur ihrer Unterkunft war mit Bildern behängt. Mit der des Zollernalbkreises. Konrad Theiss Verlag. Stuttgart rator der Sammlung und Hugo Borst war ein wichti- Kurzbiografie Haushälterin Anna Zaiss war die Künstlerin nach ei- 2001.“ Hier S. 71. ger Sammler von Werken Schaller-Härlins. Die Künst- niger Zeit in eine Wohnung in einem Bauernhaus ge- 2) Vollmer, Martin: Die Baugeschichte der St. Pe- lerin wurde von Pfleiderer 1931 unter den bekannten 1877, 19. Oktober geboren in Mangalore, Karnata- zogen, in dem zuvor ihre Tochter Sibylle Barth mit der terskirche in Engstlatt. Teil 2. Maschinenschriftlich. Ba- südwestdeutschen und internationalen Künstlern he- ka, Indien, wo der Vater Missionar bei der Basler Mis- Familie gewohnt hatte. Die Rahmen für ihre Gemälde lingen-Engstlatt 1994. Hier S. 4f. rausgehoben. Sie war in der Sammlung mit ihren wich- sion war. lieferte der Schreiner von Eschach. Die Bemalung er- 3) Seeger, Christoph: Katholischer Chorraum und tigsten Werken vertreten. In der technischen Ausfüh- Eltern: Pfarrer Emmerich Härlin und Anna, geb. Nast. folgte durch die Künstlerin höchst persönlich. Schließ- protestantischer Kult. Zur Adaptierung vorreformato- rung wurde sie als ausgezeichnet eingestuft. Auch hieß 1884-1893 Pfarrstelle in Gruibingen, Besuch des lich war 1948 ihre Auftragslage schon wieder sehr gut. rischer Kirchenräume in Württemberg. Ein Beitrag zur es, sie „dringe“ tief in die Stimmungen und die Cha- Töchterinstituts in Göppingen. 1949 zeichnete sie für ihre Enkel das sog. „Eschacher Stellung der Prinzipalstücke – vornehmlich der Orgel raktere der Porträtierten ein.(22) Das Porträt von Dr. 1894-1899 Städtische Gewerbeschule, Kurse bei Ru- Bilderbuch“. Im Herbst 1950 zog Käte Schaller-Härlin – im Wandel der Zeit. Magisterarbeit. Universität Tü- Wolfgang Pfleiderer in der Uniform des Ersten Welt- dolf Yelin d.Ä. mit Anna Zaiss in die Villa Schaller in Rotenberg. Sie bingen 1991. kriegs befindet sich in Privateigentum. 1899 Mitglied im Württembergischen Malerinnen- richteten sich ein, so gut es ging, da das Haus bis auf 4) Zitiert nach Vollmer, S. 4f. Käte Schaller-Härlin ging nicht wie Maria Caspar- Verband. das Erdgeschoss durch den Krieg stark beschädigt wor- 5) Ebd., S. 5. Filser den Weg in den Lehrbetrieb einer Akademie als 1900-1901 Studien in München an der Damen-Aka- den war. Die Künstlerin musste sich neu zurechtfin- 6) Heussler, Carla: Zwischen Avantgarde und Tra- Dozentin und Kunstprofessorin(23), sondern erledigte demie. den. Anna Zaiss pflegte und erweiterte die Flora des dition. Die Malerin Käte Schaller-Härlin. Stuttgart 2017, nach dem Ersten Weltkrieg ihre vielen Auftragsarbei- 1902 Erster Preis des Württ. Malerinnen-Vereins zu- Gartens, was Käte Schaller-Härlin erneut inspirierte. S. 129ff. ten, besonders mit Porträts wie für die Familie von sammen mit Charlotte Conz und Maria (Caspar) Fil- Die Künstlerin pflückte bei Spaziergängen die Blumen 7) Die Klasse der Damen: Künstlerinnen erobern sich Theodor Heuss und Elly Heuss-Knapp.(24) Die Schwes- ser (vgl. Balingen). selbst und arrangierte sie dann, um sie zu malen.(38) die Moderne. Herausgegeben von der Städtischen Ga- ter der Künstlerin, die Keramikerin Dorkas Härlin, lehr- 1903-1906 Studien in Florenz, Rom, Zürich. Das vorgestellte Gemälde entstand wohl noch im lerie der Stadt Böblingen. Böblingen 2015. Ausstel- te um 1920 an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule. Sie 1907 erstes Glasfenster in Balingen-Engstlatt, Fres- Sommer 1950 in Eschach vor dem Umzug nach Rot- lungsdauer 8. März bis 5. Juli 2015. Heussler, Carla: heiratete 1923 den Lyriker Eduard Reinacher.(25) Schal- ko der Altarwand in Tailfingen, in der Folgezeit sak- enberg. Es ist deutlich sichtbar, dass die Goldfarbe qua- „Halb Frau halb Künstlerin sein halte ich für unmög- ler-Härlin erhielt 1930 den Auftrag, für die evangeli- rale Werke in Holzelfingen, Baden-Baden Lichtental litativ hochwertig von Hand auf den Rahmen aufge- lich“ – Die Karriere der Käte Schaller-Härlin. Ebd., S. sche Dionysius-Kirche in Bodelshausen, an der ihr Va- usw. malt worden ist. Dieser bildet einen harmonischen Ab- 113-120. ter als Pfarrer tätig gewesen war und in der sie gehei- 1909 Vorlesungen bei Hölzl an der Akademie in Stutt- schluss und „hebt“ die Farben der ausgewählten Blu- 8) Dank an Alfred Jenter, maschinenschriftliche Mit- ratet hatte, zwei Glasscheiben zu entwerfen. Danach gart. men. Ganz in der Tradition der niederländischen Meis- teilung an die Verfasserin vom 11.2.2015: Abschrift aus war sie auf Reisen in Italien und in der Schweiz, auf de- 1909-1910 Reise nach Paris. ter des 17.und 18. Jahrhunderts verwendete die Künst- dem Ergänzungsheft zur Pfarrbeschreibung aufge- nen sie auch Porträts malte.(26) Im Nationalsozialis- 1911 Heirat mit Dr. Hans Otto Schaller (1883-1917); lerin einen dunkelbraunen bis beigen Hintergrund, auf schrieben von Herrn Pfarrer Ernst Kreeb (Pfarrer in mus wurde die berufliche Situation für Käte Schaller- in der Folgezeit Beteiligung an vielen Ausstellungen. dem die Leuchtkraft der Blüten stark zur Geltung Engstlatt von 1895 – 1934); IV, 1 zu Ziffer 4 (Kirchliche Härlin immer schwieriger. Es gab keine öffentlichen 1913 Geburt der Tochter Sibylle. kommt. Von links fällt Licht (von einem imaginären Gebäude). Vgl. Ders.: Einblicke in Engstlatts Dorfge- Aufträge mehr. Stilistisch eckte sie nicht an wie Maria 1915 Krankheit und Aufenthalt in Arosa. Fenster) auf das Stillleben. Des Weiteren war der Künst- schichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Balingen 2014. Caspar-Filser, die als „entartete Künstlerin“ gebrand- 1917 Tod des Ehemanns bei Ypern, dann allein er- lerin sicherlich die mittelalterliche, christliche Blu- 9) Herzlichen für die schriftliche Information von markt und später rehabilitiert worden ist. Dass Schal- ziehende Mutter. mensymbolik geläufig. Weiße Lilien waren wichtige 6.9.2018 laut Pfarrertafel in der Dionysiuskirche in Bo- ler-Härlin mehr in der gegenständlichen Malweise ver- 1918 Hugo Borst wird Sammler von Werken Schal- Mariensymbole. In der Farbsymbolik steht weiß für delshausen an Frau Edith Nill. haftet blieb und nicht zur Abstraktion wechselte, Das Glasfenster von Käte Schaller-Härlin in der Engstlatter Kirche. Foto: Archiv Helber ler-Härlins; nachfolgend viele Porträtaufträge. Reinheit, Frieden und Licht. Blau und Gold weisen auf 10) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, Seite 2111 Heimatkundliche Blätter November 2018

S. 11. Zur Geburt in Erzingen auch: https://www.ge- rid: Evangelische Kirchen Balingen. Schnell, Kunst- Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Lan- nealogieonline.nl/de/west-europese- führer Nr. 1065. 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Re- deskunde in Baden-Württemberg. Hrsg. von Rainer adel/I231852.php, Zugriff 5.9.2018. Diese Aussage gensburg 2006. Brüning und Regina Keyler. 24. Band der als Schwä- konnte noch nicht aus den Originalakten zu Erzingen 22) Ebd., S. 118. bische Lebensbilder eröffneten Reihe. Stuttgart 2013. bestätigt werden. Dank für die freundliche Auskunft 23) Köster, Felicitas E.M. / Borchardt, Stefan (Hrsg.): S. 369-383. an Frau Bach vom Evang. Pfarramt in Erzingen. Es gibt Maria Caspar-Filser. Stuttgart 2013, S. 119, Professor 33) Katz, Gabriele: Stuttgarter Damenklasse. Künst- keine Pfarrerliste für den Ort und die Kirchenbücher der bildenden Künste, Verleihungsurkunde vom 12. lerinnen auf dem Weg in die Moderne. Karlsruhe 2013. befinden sich im Landeskirchlichen Archiv in Stutt- Dezember 1925. 34) http://www.tettnang.evkirche- gart-Möhringen. 24) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, rv.de/pdf/schlosskirchenfuehrer.pdf, Zugriff 5.9.2018. 11) Beim Bildnachweis auf Seite 120 ist die Urhe- S. 143ff. Seit 1854 evangelische Kirche. Drei farbige Glasfenster Jahrgang 65 30. November 2018 Nr. 11 berschaft nachgewiesen. 25) Ebd., S. 146. https://de.wikipedia.org/wi- mit Szenen aus dem Leben Jesu. Im unteren Teil wa- 12) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, ki/Dorkas_Reinacher-Härlin. Zugriff 5.9.2018. ren die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs S. 58f. 26) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, aufgezeigt. 13) Helber, Kunst- und Kulturdenkmale, S. 51. S. 154f. 35) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, 14) Heussler, Halb Frau, halb Künstlerin, S. 114. 27) Ebd., S. 156f. S. 175. 15) Vollmer, Baugeschichte, Renovierung 1959/60, 28) https://de.wikipedia.org/wiki/Käte_Schaller- 36) https://www.theodor-heuss-haus.de/theodor- S. 10. Härlin. Zugriff 5.9.20187. heuss-haus/sonderausstellung/zurueckliegende- Die Entdeckung eines Kunstwerks 16) Dank für die freundliche Information an Herrn 29) Ebd., S. 162ff und Schaller-Härlin: Die Schöp- sonderausstellungen/zeitgesichter/ 31.7.2018. Joachim Bay, Engstlatt. fung der Welt. Faksimile des Künstlerbuchs. Heraus- 37) https://www.albstadt.de/includes/data/kultur- 17) Vergleiche Kunstsammlung Helmuth Uhrig im gegeben von der Stadtkirche Bad Cannstatt. Bad Cann- freizeit/...galerie/.../flyer_fruehling.pdf, 31.7.2018. Käte Schaller-Härlin (1877-1973) schuf ein Glasfenster für Engstlatt - von Dr. Ingrid Helber Kloster Kirchberg bei Sulz am Neckar. Helber, Ingrid statt 2013. Dank für den Hinweis an Frau Edith Nill, Bo- https://www.swp.de/suedwesten/landkreise/zollerna Teil 2 und Ende (Hg.): Helmuth Uhrig 1906-1979. Ein christlicher delshausen. lb/programmatischer-aufbruch-auf-der-alb- Künstler aus Württemberg. Veröffentlichung des Ver- 30) Neumann, Edith: Zwischen Tradition und Mo- 22015611.html, Zugriff 31.7.2018. eins Berneuchener Haus e.V. Kloster Kirchberg, Sulz derne – Künstlerinnen in Württemberg. In: Schwäbi- 38) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, Die Gestaltung des Glasfensters von Kä- am Neckar. 2006. sche Heimat 2002/2, S. 144-149, hier S. 148. S. 158-166, hier S. 161. te-Schaller-Härlin 1907 18) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, 31) „Zeit/Gesichter, Die Malerin Käte Schaller-Här- 39) Sachs, Hannelore / Badstübner, Ernst / Neu- S. 60. lin zwischen Avantgarde und Tradition, 30 Porträts. mann, Helga: Erklärendes Wörterbuch zur christli- Im Zusammenspiel der Auftraggeber und der Künst- 19) Helber, Kunst- und Kulturdenkmale, S. 65, Farb- https://www.theodor-heuss-haus.de/theodor-heuss- chen Kunst. Hanau o.J., S. 67 und S. 130ff. lerin einigte man sich auf eine Kreuzigungsgruppe. In tafel 3 und S. 71. haus/sonderausstellung/zurueckliegende- 40) Ebd., S. 67. der Kunstgeschichte verwendet man diesen Begriff bei 20) Vgl. Helber, Helmuth Uhrig. sonderausstellungen/zeitgesichter/ 31.7.2018 41) Heussler, Zwischen Avantgarde und Tradition, einer Kreuzigung Christi mit Personen oder Men- 21) Adolf Valentin Saile schuf später ebenfalls die 32) Heussler, Carla: Käte Schaller-Härlin. Malerin. S. 104f und 161. schengruppen am Fuße des Kreuzes. Seit der Zeit um Glasfenster in der Balinger Friedhofkirche. Helber, Ing- 1877-1973. In: Lebensbilder aus Baden-Württemberg. 1000 n. Chr. werden besonders oft die Mutter Maria (links) und der Apostel Johannes (rechts) dargestellt - entsprechend des Johannesevangeliums in der Bibel (Joh 19,25-27). Käte Schaller-Härlin war als Pfarrers- tochter diese Darstellungsweise sicherlich seit ihrer Veranstaltungen und Exkursionen Kindheit bekannt. Ganz traditionell stellte sie ins Zent- rum ihrer Komposition Christus am Kreuz. Dabei zeigt sie nicht den leidenden und sterbenden, sondern den Das Programm der Heimatkundlichen Vereinigung in den Monaten November und Dezember toten Christus wie dies in der romanischen Kunst üb- lich war (ca. 1000 bis ca. 1250 n. Chr.). Für das Kreuz DEZEMBER schlag, eine Hausinschrift und ein Wirthausschild füh- anstehen, erhält dieses Jubiläum eine besondere Rele- wählte die Künstlerin die Farbe Rot aus, die symbo- ren uns zu einem Hexenprozess im Jahre 1596, ein Ge- vanz. Der Vortrag zum Thema „100 Jahre Frauenwahl- lisch für das Blut steht, das Christus für die Mensch- Mittwoch, 12. Dezember 2018: Jahresrückblick 2018 denkstein erinnert an den ersten missglückten Start ei- recht im Zollernalbkreis“ möchte zunächst die ersten heit vergossen hat. Rot steht als Symbol auch für den und Ausblick 2019. Mit einem Vortrag von Dr. Andreas nesbemanntenRaketen-FlugzeugsimJahre1945.Diese politisch engagierten Frauen unserer Region vorstellen, Heiligen Geist. Die ganze Christusfigur leuchtet in wei- Zekorn:„KleindenkmaleimZollernalbkreis“. und zahlreiche weitere Kleindenkmale im Zollernalb- wobei besonders auf die Stadt Balingen fokussiert wer- ßem Licht vor der Landschaft. Die Beine liegen paral- Zunächst findet der Rückblick auf das Jahrespro- kreis werden in dem Vortrag vorgestellt. Sie finden sich den soll. Ausgehend davon sollen sodann die Möglich- lel nebeneinander und weisen je einen Nagel auf. Es gramm 2018 der Heimatkundlichen Vereinigung, ver- auch in der Publikation, die den Titel „Schätze am We- keiten und die Grenzen von Kommunalpolitikerinnen handelt sich um den sog. „romanischen Viernagelty- bunden mit einem Ausblick auf das Programm im kom- gesrand“ trägt. 19 Uhr. Balingen, Landratsamt Zollern- im historischen Verlauf herausgearbeitet werden. 19 pus“, der im 20. Jahrhundert von vielen Künstlern wie- menden Jahr 2019 statt. Dieses Programm wird unter albkreis(Sitzungssaal),Hirschbergstr.29. Der Eintrittist Uhr, Balingen, Zehntscheuer, Neue Straße 59, Eintritt der aufgegriffen worden ist. Auch andere Künstler er- dem Schwerpunktthema „Burgen und Ruinen“ stehen. frei. frei. schlossen sich nun wieder die Symbolsprache des Mit- Die Mitglieder der Heimatkundlichen Vereinigung er- telalters.(17) Die Hände von Christus wenden sich qua- halten das Programm, wie gewohnt, vor Weihnachten si segnend den beiden unten stehenden Gestalten zu. zugeschickt. Anschließend hält Dr. Andreas Zekorn ei- Der Kopf neigt sich ebenfalls diesen entgegen. Im to- nen Vortrag zum Thema „Kleindenkmale im Zollern- JANUAR STAMMTISCHE ten Christus wird hier bereits auf die Auferstehung hin- albkreis“. Die Kleindenkmale im Zollernalbkreis wur- gewiesen. Bei Christus ist der Nimbus (Heiligen- den im Rahmen eines landesweiten Projekts in den Jah- Samstag, 12. Januar 2019: Tagesexursion mit Wilfried schein) angedeutet, jedoch typisch evangelisch nicht ren von 2010 bis 2014 flächendeckend mit Hilfe von 116 Groh: Kloster Schussenried. Krippenausstellung, Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich beidenbeidenanderenFiguren.LinksdesKreuzessteht ehrenamtlichen Helfern inventarisiert und dokumen- Kloster Sießen: Krippen im Hummelsaal und im Tor- unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebinger Maria mit trauerndem, gesenktem Kopf, die betenden tiert. Im Verlaufe von rund drei Jahren erfassten die Eh- bau. Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, Son- Hände nach rechts gebogen. Über der weißen Tunika renamtlichen 3392 Kleindenkmale. In einem zusam- Erste Station ist das Kloster in Bad Schussenried, wo nenstr.67,72458Albstadt-Ebingen:Tel.:074314188. ist ein goldgelbes Kleid geworfen, wobei Gold als Sym- men mit dem zweiten Projektkoordinator Helmut Lo- auch in diesem Jahr wieder eine interessante Krippen- Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- bol für den Himmel verwendet wird. Der Kopf wird renz herausgegebenen Buch werden rund 440 ausge- ausstellung neu zusammengestellt wurde. Nach der schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, von einem weißen Tuch bedeckt. Weiß steht für Licht wählte Denkmale vorgestellt. Die Mehrzahl der Fotos Führung durch diese Ausstellung geht es zum Mittages- 72461 Albstadt, Telefon 07432-6807. Email: anfra- und Unschuld. Auf der rechten Seite des Kreuzes steht fertigte Hilmar Hahn, Balingen, an. Das Buch steht kurz sen in die Schussenrieder Brauereigaststätte. Am Nach- [email protected] oder geschaefts- üblicherweise der Jünger Johannes. Über die Tunika vor dem Erscheinen. Im Zollernalbkreis finden wir eine mittag gilt der Besuch dem Hummelsaal im Kloster Sie- [email protected] sowie über ist ein blauer Umhang in der Farbe des Himmels ge- Vielzahl an Kleindenkmalen vor, die oft zu spannenden ßen. Dort ist in der Weihnachtszeit im Hummelsaal die unsereHomepage schlungen. Die Hände sind zum Gebet geformt. Meist und bewegenden Geschichten führen. Ein Sühnekreuz Naturkrippe von Sr. M. Capistrana Bucher OSF (1921 - www.heimatkundliche–vereinigung.de. wird Johannes als junger Mann dargestellt. Hier nur dokumentiert einen um das Jahr 1473 begangenen Tot- 1983) aufgebaut, deren Figuren aus Naturmaterial ge- handelt es sich offensichtlich um einen älteren Mann fertigt sind. An ihr können wir mit Franziskus neu stau- mit teilweiser Glatze, gekräuselten Haaren und einem nen lernen über den Abstieg Gottes zu uns Menschen langen Bart. Carla Heussler, die Biografin von Schal- und seine Liebe erahnen, die Ihn dazu gebracht hat, un- ler-Härlin, vermutet deshalb, es handle sich um Jo- ser Bruder zu werden. Nach der Führung können noch Herausgegeben von der seph von Arimathia.(18) Es erscheint hier jedoch wahr- weitereKrippenaufdemWegzumKlostercafébesichtigt Heimatkundlichen Vereinigung scheinlicher, dass es sich um die Stifterin Maria Ka- werden, unter anderem auch die Jahreskrippe von Sr. M Zollernalb tharine Michael und ihren verstorbenen Bruder Jo- Die Autorin dieser Ausgabe EhrenfriedaSieber. hann Friedrich Michael handelt, an den in Engstlatt er- Vorsitzender: Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 8.15 Uhr. Alb- innert werden soll. Die Namensgleichheit ist jeden- Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, stadt-Ebingen, Busbahnhof, 8.35 Uhr. Umlage 35,00 falls auffallend: Maria und Johannes. Bekannt ist au- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 EurofürFahrt,EintritteundFührungen. ßerdem die Vorliebe und Meisterschaft von Käte Schal- Geschäftsführung: ler-Härlin hinsichtlich von Porträts. Des Weiteren soll Dr. Ingrid Helber Samstag, 19. Januar 2019: Vortrag von Dr. Yvonne Ar- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, Rudolf Yelin d.Ä. bei seinem Engstlatter Glasfenster Westerwaldstraße 17 ras: 100 Jahre Frauenwahlrecht. Eröffnung der Aus- 72461 Albstadt, ebenfalls seine beiden Kinder porträtiert haben (siehe 72336 Balingen stellung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ (19.1. – Telefon (0 74 32) 68 07 oben). Das gotische Fresko der Peterskirche, das 1893 10.3.2019). E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- gefunden wurde, zeigt ebenfalls eine Kreuzigungs- Am 19. Januar 1919 durften Frauen in Deutschland vereinigung.de gruppemiteinemStifter.(19) DergotischenFassungsteht erstmalsanWahlenteilnehmenundauchselbstgewählt die zeitgenössische Interpretation von Käte Schaller- werden – ein „Meilenstein in der Geschichte der Demo- Redaktion: Härlin gegenüber. kratie in Deutschland“, wie es in der deutschlandweit Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Nach evangelischer Tradition wurde bei beiden Per- begangenen Aktion verlautet. Im Hinblick auf die Kom- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 sonen auf die Nimben verzichtet. Im Vergleich dazu munalwahlen, die im Frühjahr 2019 im Zollernalbkreis verwendete auch der Künstler Helmuth Uhrig Heili- Blumenstillleben aus dem Jahr 1950 von Käte Schaller-Härlin. Foto: Archiv Helber Seite 2115 Heimatkundliche Blätter Dezember 2018

Der Vater von 23 Kindern Der Ebinger Polizeidiener Jakob Friedrich Gern (1821-1899) war ein echtes Original

Ebinger Legenden: Peter Thaddäus Lang veröffent- blickte am 1. Mai 1881 das Licht der Welt, und zwei Ta- lichte 2007 in seinem gleichnamigen Buch die Lebens- ge später sank seine Mutter ins Grab, allem Anschein geschichten von Ebinger Originalen. Dazu gehörte un- nach an den Folgen einer schweren Geburt. Noch im Jahrgang 65 31. Dezember 2018 Nr. 12 ter anderem der Polizeidienser Jakob Friedrich Gern. selben Jahr verehelichte sich der fidele Vater von 23 Kin- Geboren wurde der spätere Polizeidiener am 26. Januar dern ein drittes Mal; zur Frau nahm er sich Anna Maria 1821 als Sohn des Christian Friedrich Gern, seines Zei- König. Wie ihre Vorgängerin stammte sie von auswärts, chens Strumpfweber und Polizeidiener. Diese berufli- von der Hundsberger Sägemühle bei Pfahlbronn im che Kombination behielt der Sohn bei – zunächst al- Welzheimer Wald. lerdings war er ausschließlich als Strumpfweber tä- Nun aber war Schluss mit dem Kinderkriegen. 23 tig,damals einer der häufigsten Berufe in Ebingen. Kinder also – fast eine ganze Schulklasse. Sie werden je- „Geschichte nicht nur vom Am 20. April 1847 heiratete er Christina Barbara, doch gewiss nicht alle gleichzeitig im Haushalt des wa- Tochter des Strumpfwebers Benjamin Fuß. Schmal war ckeren Polizeidieners gelebt haben. Es ist wohl davon das Verzeichnis dessen, was die beiden in die Ehe auszugehen, dass die Ältesten die elterliche Wohnung brachten.Und mehr als bescheiden mussten demzu- mit 14 oder 15 verließen, um bei einem Lehrherrn (als folge ihre Lebensumstände gewesen sein. Das erste Lehrling) oder bei einer Herrschaft (als Dienstmäd- Ende her denken.“ Ehejahr war noch nicht verstrichen, da kam auch schon chen) unterzukommen. So durfte zum Beispiel der erst- das erste Kind zur Welt. Und in fast regelmäßigen Ab- geborene Friedrich (geboren 1847) bei der Geburt des Hindenburg, Aussetzung der Bürgerrechte im Nationalsozialismus ständen folgten elf weitere, insgesamt drei Buben und elften Kindes (geboren 1862) bereits aus dem Haus ge- neun Mädchen, bis die offensichtlich physisch total wesen sein, nachdem seine jüngeren Geschwister Pau- und die Vertreibung der Balinger Juden – Von Dr. Michael Walther verbrauchte Christina Barbara starb. la und Robert bereits im Säuglingsalter verstorben wa- Wenig später, am 10. Januar 1865, heiratete der Po- ren. Der so erstaunlich zeugungsfähige Polizeidiener Im Herbst 2017 wurde in den beiden Balinger Tages- die Leitung einer Armee nicht in Frage. Nur diesem Um- Österreich-Ungarn sowie das Osmanische Reich und lizeidiener Gern abermals – diesmal eine Auswärtige, seinerseits segnete das Zeitliche am 29. März 1899 im zeitungen Zollern-Alb-Kurier und Schwarzwälder Bo- stand hatte Hindenburg die Ernennung zum Oberbe- Bulgarien) besiegelt wurde. Die Absetzung von Reichs- nämlich Christine Lust aus Brackenheim, Tochter des Alter von 78 Jahren. te eine, zumeist über Leserbriefe geführte Diskussion fehlshaberzuverdanken.HinzukamderUmstand,„daß kanzler Theobald von Bethmann-Hollweg im Sommer Weingärtners Andreas Lust. In seiner ersten Ehe hatte über die Frage der Umbenennung der Hindenburg- man von seinem Phlegma absolute Untätigkeit er- 1917, der im Gegensatz zu Hindenburg auf einen Ver- Jakob Friedrich Gern offenbar ausnehmend sparsam straße geführt. Dabei ging es vor allem um die Frage wartete, um Ludendorff völlig freie Hand zu lassen“. ständigungsfrieden hinarbeitete und sich für eine Plu- gelebt, denn er konnte sein Vermögen in diesen 18 Jah- Literatur nach der Rolle, die Paul von Hindenburg als Reichs- So übernahmen Hindenburg und Ludendorff die Auf- ralisierung des politischen Systems und innenpoliti- ren trotz der vielen Kinder mehr als verfünffachen. präsident bei der Übertragung der Reichskanzler- gabe, die beiden in Ostpreußen einmarschierten rus- sche Reformen einsetzte, war ebenfalls das Werk des Ein Jahr nach dieser zweiten Eheschließung ging es Aus: Peter Thaddäus Lang, Ebinger Legenden, Alb- schaft an Adolf Hitler gespielt hatte. sischen Armeen zurückzudrängen. Noch im August Chefs der Obersten Heeresleitung. Erst als Hinden- mit dem Kindersegen wieder los. Zu den Sprösslingen stadt 2007. Mit freundlicher Genehmigung des SP-Ver- Sowohl im Jahr 2013 wie auch zwei Jahre später the- 1914 wurde die 2. Russische Armee bei Tannenberg ver- burg und Ludendorff im Herbst 1918 sowohl das Zu- aus erster Ehe kamen noch einmal elf hinzu, fünf Söh- lags. matisierte Klaus Irion im Zollern-Alb-Kurier die Frage nichtend geschlagen und der Mythos Hindenburgs als sammenbrechen der Westfront als auch die Revoluti- ne und sechs Töchter, der jüngste von diesen allen er- der Straßenbenennung sowie der Ehrenbürgerschaft „Sieger von Tannenberg“ war begründet.3 on im Innern befürchten mussten, drängten sie die po- für Hindenburg, die 1946 nicht entzogen wurde, und Wesentlich ausgeprägter als die militärischen Fä- litische Führung unter Reichskanzler Max von Baden kritisierte das „Schweigen des ‚offiziellen‘ Balingens. higkeiten Hindenburgs war dessen politisches Ge- zur Aufnahme von Friedensverhandlungen. Hinden- Diese Diskussion soll an dieser Stelle nicht neu belebt spür, das von großem Machtinstinkt und Opportu- burg spielte schließlich bei der Abdankung Kaiser Wil- werden. Vielmehr geht es zunächst einmal um die Dar- nismus geprägt war. Diese Charaktereigenschaften ka- helms II. eine wichtige Rolle. Vor allem der später als stellung der Rolle, die Hindenburg bei der Übergabe men ihm nach der Berufung zum Chef der Obersten „Flucht“ bezeichnete Gang ins niederländische Exil, der Veranstaltungen und Exkursionen der Regierungsgewalt an die Nationalsozialisten ge- Heeresleitung (OHL) im August 1916 zugute, nach- das Ansehen der Hohenzollernmonarchie irreparable spielt hat. In diesem Zusammenhang wird auf einige, dem sein Vorgänger Erich von Falkenhayn nach dem beschädigen sollte, war seinem Einfluss geschuldet. Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung im Januar und Februar – auch in Leserbriefen des Jahres 2017 – verwendete Ste- Scheitern der Verdun-Offensive zurücktreten musste. Die von der OHL wesentlich geprägten politischen reotype in Bezug auf den Gesundheitszustand Hin- Ausgestattet mit der Machtfülle des obersten militä- Entscheidungen führten letztendlich zur militärischen denburgsundseinerBeeinflussbarkeiteinzugehensein, rischen Befehlshabers und durch das politische Macht- Niederlage, zu großen Versorgungsproblemen der Be- JANUAR Klostercafé besichtigt werden, unter anderem auch die STAMMTISCHE die längst nicht mehr dem aktuellen wissenschaftli- vakuum, das sich im Zuge des allmählichen Zerfalls völkerung, die Hundertausende von zivilen Opfern for- Jahreskrippe von Sr. M Ehrenfrieda Sieber. chen Erkenntnisstand entsprechen. Dazu gehört das monarchischer Souveränität auftat, konnte Hinden- derte und schließlich zum Zusammenbruch eines po- Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 8.15 Uhr. Alb- „Märchen“ vom „greisen Staatsmann“, der der Situa- burg zum heimlichen politischen Herrscher des deut- litischen Systems. Mit Paul von Hindenburg, dem Meis- Samstag, 12.1.2019: Tagesexkursion mit Wilfried stadt-Ebingen, Busbahnhof, 8.35 Uhr. Umlage 35 Euro Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich tion Anfang 1933 nicht mehr gewachsen gewesen sein schen Kaiserreichs aufzusteigen, obwohl er kein Man- ter des politischen Doppelspiels, wurde allerdings kei- Groh: Kloster Schussenried. Krippenausstellung, für Fahrt, Eintritte und Führungen. unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- soll. Ebenso wie die Unterstellung, dass Intrigen und dat inne hatte. Die Zustimmung die Hindenburg nicht ne der genannten Entscheidungen und ihrer Auswir- Kloster Sießen: Krippen im Hummelsaal und im Tor- ger Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, falsche Berater, die sogenannte „Kamarilla“, die Ent- nur in weiten Teilen der Bevölkerung, sondern auch in- kungen in Verbindung gebracht. bau. Samstag, 19.1.2019: Vortrag von Dr. Yvonne Arras: Sonnenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: (07431) scheidung Hindenburgs, Adolf Hitler zum Reichs- nerhalb der politischen und wirtschaftlichen Eliten er- Nach Kriegsende verstand es Hindenburg, seine Ver- Erste Station ist das Kloster in Bad Schussenried, wo 100 Jahre Frauenwahlrecht. Eröffnung der Ausstel- 4188. kanzler zu ernennen, maßgeblich beeinflusst hätten.1 fuhr, beruhte auf der Zuschreibung hoher Problem- antwortung für die militärische Niederlage, den Waf- auch in diesem Jahr wieder eine interessante Krip- lung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ (19.1. – 10.3.2019). Die nachfolgende Biografie Hindenburgs, seine po- lösungskompetenz. Hindenburgs Macht war damit fenstillstand und den späteren Friedensvertrag auf an- penausstellung neu zusammengestellt wurde. Nach der Am 19. Januar 1919 durften Frauen in Deutschland Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- litische Programmatik und seine Rolle als Reichsprä- Ausfluss von „charismatischer Herrschaft“. Eine nach dere abzuwälzen. So verlieh er der sogenannten Führung durch diese Ausstellung geht es zum Mit- erstmals an Wahlen teilnehmen und auch selbst ge- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, sident der Weimarer Republik basiert dabei auf der dem immer noch aktuellen und auch in den Ge- „Dolchstoßlegende“, die allerdings nicht von ihm er- tagessen in die Schussenrieder Brauereigaststätte. Am wählt werden – ein „Meilenstein in der Geschichte der 72461 Albstadt, Telefon (07432) 6807. wegweisenden Studie des Zeithistorikers Wolfram Py- schichtswissenschaften verwendeten Typologie des funden oder in die Welt gesetzt worden war, die „hö- Nachmittag gilt der Besuch dem Hummelsaal im Klos- Demokratie in Deutschland“, wie es in der deutsch- Email: [email protected] oder ta. Seine Analyse basiert dabei auf der Auswertung von Soziologen und Nationalökonomen Max Weber. Sie be- heren Weihen“. Das „im Felde unbesiegte Heer“ war ter Sießen. Dort ist in der Weihnachtszeit im Hum- landweit begangenen Aktion verlautet. Im Hinblick auf [email protected] Material aus 96 Nachlässen und 42 Archiven.2 schreibt die soziale Beziehung zwischen einem Cha- durch das heimtückische Wirken „innerer Feinde“, al- melsaal die Naturkrippe von Sr. M. Capistrana Bucher die Kommunalwahlen, die im Frühjahr 2019 im Zol- sowie über unsere Homepage rismaträger (Herrscher) und einem Charismagläubi- so politischer Parteien wie den Sozialdemokraten, von OSF (1921 - 1983) aufgebaut, deren Figuren aus Na- lernalbkreis anstehen, erhält dieses Jubiläum eine be- www.heimatkundliche–vereinigung.de. gen (Volk) in einer Herrschaftsbeziehung. hinten erdolcht worden. Die Geschichte erhielt in den turmaterial gefertigt sind. An ihr können wir mit Fran- sondere Relevanz. Der Vortrag zum Thema „100 Jahre Die wichtigsten politischen Weichenstellungen zwi- 1920er-Jahren in Deutschland noch eine antisemiti- ziskus neu staunen lernen über den Abstieg Gottes zu Frauenwahlrecht im Zollernalbkreis“ möchte zu- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- Weltkriegsgeneral und politischer Herr- schen 1916 und 1918, in der Zeit, in der Hindenburg sche Einfärbung. Begünstigt wurde diese Sichtweise uns Menschen und seine Liebe erahnen, die Ihn dazu nächst die ersten politisch engagierten Frauen unse- lich willkommen. die Leitung der OHL inne hatte, sollen hier kurz skiz- dadurch, dass zum Zeitpunkt des Waffenstillstandes gebracht hat, unser Bruder zu werden. Nach der Füh- rer Region vorstellen, wobei besonders auf die Stadt Ba- scher ziert werden. die deutschen Truppen weit in Belgien und Nord- rung können noch weitere Krippen auf dem Weg zum lingen fokussiert werden soll. Ausgehend davon sollen Paul von Hindenburg wurde 1847 als Sohn des preu- Mit der Durchsetzung des „Gesetzes über den va- frankreich standen und der Krieg im Osten im Jahr 1917 sodann die Möglichkeiten und die Grenzen von Kom- ßischen Offiziers und Gutsbesitzers Robert von Bene- terländischen Hilfsdienst“, vom 5. Dezember 1916, das mit dem Frieden von Brest-Litowsk erfolgreich been- munalpolitikerinnen im historischen Verlauf heraus- ckendorff und von Hindenburg in Posen im heutigen als „Hindenburg-Programm“ in die Geschichte ein- det werden konnte. So kann man in Hindenburgs letz- gearbeitet werden. 19 Uhr, Balingen, Zehntscheuer, Polen geboren. Wie der Vater schlug er eine militäri- gehen sollte, kam es zu einer Umstrukturierung der tem Tagesbefehl lesen, dass die von ihm geführten Ar- Neue Straße 59, Eintritt frei. Herausgegeben von der sche Karriere ein. Als junger Offizier nahm Hinden- deutschen Wirtschaft in eine Kriegswirtschaft. Das meen „im Felde unbesiegt“ geblieben seien. Vor allem Heimatkundlichen Vereinigung burg an zwei Kriegen teil, dem Preußisch-Österrei- konnte nur zu Lasten der Produktion von zivilen Gü- die konservativen Parteien und Gruppierungen der ext- Die Autoren dieser Ausgabe Zollernalb chischem Krieg von 1866 und dem Deutsch-Franzö- tern und Lebensmitteln gehen, da den nicht kriegs- remen Rechten sollten diese auf Hindenburgs Autori- FEBRUAR Vorsitzender: sischen Krieg von 1870/71. Paul von Hindenburg soll- wichtigen Industrien durch diese wirtschaftspolitische tät gestützte „Dolchstoß-Legende“ erfolgreich zur Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, te alle militärischen Ränge innerhalb der preußischen Neuausrichtung Rohstoffe und Arbeitskräfte entzogen hasserfüllten Agitation gegen die Republik, und die so- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Armee durchlaufen. Seine Karriere endete, heute kann wurden. Das Hindenburg-Programm beschleunigte genannten „Novemberverbrecher“ verwenden. Tat- Dr. Michael Walther Donnerstag, 7.2.2019: Führung durch die Ausstel- man sagen vorläufig, im Jahr 1911, als er als im Range ei- damit die Entwicklung der Verarmung und Verelen- sächlich war die Geschichte ein Dolchstoß in den Rü- Schwanenstraße 13 lung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ mit Dr. Yvonne Ar- Geschäftsführung: nes Generalleutnants und als Kommandierender Ge- dung großer Teile der deutschen Bevölkerung. Auch cken der Republik. Einer der Meuchelmörder war Paul 72336 Balingen ras (Die Ausstellung ist vom 19.1 – 10.3.2019 zu se- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, neral eines Armeekorps in den Ruhestand trat. ein Teil der bis zu 800000 Hungertoten in den Jahren von Hindenburg.4 hen). 72461 Albstadt, Nur drei Wochen nach Beginn des Ersten Welt- 1916 bis 1918 geht auf das Konto dieser Politik. Mit 17 Uhr, Balingen, Zehntscheuer, Neue Straße 59. Der Telefon (0 74 32) 68 07 kriegs, noch im August 1914, wurde Hindenburg re- dem uneingeschränkten U-Bootkrieg sollte Großbri- Eintritt ist frei. E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- aktiviert und übernahm als Oberbefehlshaber die 8. Ar- tannien von der Versorgung aus Übersee abgeschnit- Dr. Peter Thaddäus Lang vereinigung.de mee. Wobei der Generalstabschef Generalmajor Erich ten und zum Frieden gezwungen werden. Dieser im Reichspräsidentschaft und die Ent- Lammerbergstraße 53 Mittwoch, 13.2.2019 Vortrag von Prof. Dr. Paul Ludendorff, der eigentliche Befehlshaber und strate- Februar 1917 vollzogene Schritt führte letztlich aber da- 72461 Albstadt Münch: Die Hohenzollernburg: Schwäbischer Kyff- Redaktion: gische Kopf der 8. Armee war. Der 18 Jahre jüngere Lu- zu, dass zwei Monate später die USA in den Krieg hi- scheidung für Adolf Hitler Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, häuser und Nationaldenkmal. dendorff kam allerdings aus „Anciennitätsgründen“, neingezogen und damit die Niederlage der vom Deut- Nach der Unterzeichnung des Versailler Friedens- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 20 Uhr, Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- d.h. er hatte zu wenige Dienstjahre vorzuweisen, für schen Reich angeführten Mittelmächte (Deutschland, vertrag hatte die Oberste Heeresleitung ihre Existenz- zungssaal), Hirschbergstr. 29, Eintritt frei. Seite 2113 Heimatkundliche Blätter Dezember 2018 Dezember 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2114

berechtigung verloren und wurde Anfang Juli 1919 auf- beiter Hindenburgs, war ebenfalls kein eigenständiger tat aus dem Gedicht „Frühlingsgruß an das Vaterland“ gelöst. Hindenburg verschwand fast fünf Jahre von der politischer Akteur und trat nicht mit eigenen politi- des Dichters Max von Schenkendorf, der als Freiwilli- politischen Bildfläche. Erst als nach dem frühen Tod schen Ideen hervor. Die ostpreußischen Gutsbesitzer, ger an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teilge- des ersten Reichspräsidenten, des Sozialdemokraten denen Hindenburg wegen der Rettung seiner ost- nommen hatte. Friedrich Ebert, Neuwahlen notwendig wurden, tauch- preußischen Residenz Gut Neudeck zu Dankbarkeit Für Hindenburg bedeutete die Wahl vom 5. März te der nun 77-jährige Hindenburg wieder auf der po- verpflichtet gewesen sein soll, konnten ebenfalls kei- 1933 eine entscheidende Zäsur. NSDAP und DNVP er- litischen Bühne auf. Als Kandidat des sogenannten nen nennenswerten Einfluss auf die Entscheidungen hielten zusammen 53% der Stimmen und konnten ei- „Reichsblocks“, einer Gruppierung konservativer und Hindenburgs ausüben. Das wurde nach dem Tod des ne neue, von den präsidialen Machtbefugnissen des völkischer Parteien, gewann Hindenburg im zweiten Reichspräsidenten von dessen Gutsnachbar Elard von Reichspräsidenten unabhängige Regierung bilden. Es Wahlgang die Wahl gegen den Zentrumspolitiker Wil- Oldenburg-Januschau bestätigt. war für Hindenburg die Bestätigung seiner Entschei- helm Marx, der von den Parteien der sogenannten Die gelegentlich auftauchende Behauptung, Hin- dung vom 30. Januar 1933. Die von ihm ernannte Re- „Weimarer Koalition“ (SPD, katholische Zentrums- denburg habe seinem hohen Alter Tribut zollen müs- gierung hatte sich einen eigenen Wählerauftrag ver- partei und linksliberale DDP) aufgestellt worden war sen und sei körperlich und geistig in den letzten Jah- schafft.AufatmendkonstatierteHindenburg,„dassjetzt und gegen Ernst Thälmann von der KPD. ren seiner Präsidentschaft nicht mehr in der Lage ge- ein für allemal mit der Wählerei Schluss sei“. Die erste Reichspräsidentschaft Hindenburgs fiel in wesen seinen Amtsgeschäften nachzugehen, entbehrt Nach der Machtübertragung, d.h. dem Übertrag der eine Zeit der relativen Ruhe und Stabilität. Das än- jeder Grundlage. So nahm er noch im Jahr 1931, im Al- Reichskanzlerschaft an Hitler, war es das Ziel sowohl derte sich mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise ter von 84 Jahren, an Hochgebirgsjagden teil. Erst 1932 Hitlers wie auch Hindenburgs gewesen, durch Neu- Ende Oktober 1929. Die letzte parlamentarische Re- beeinträchtigte ihn sein Gehvermögen in einem Ma- wahlen eine Zweidrittelmehrheit im Reichstag zu be- gierung unter dem Sozialdemokraten Hermann Mül- ße, dass er diese körperlichen Strapazen nicht mehr kommen und ein Gesetz zu verabschieden, das die Re- ler brach Ende März 1930 auseinander. Schon wenige auf sich nahm. gierung in Zukunft ermächtigten würde, unter Aus- Tage später ernannte Hindenburg den Zentrumspoli- Ein anderes Beispiel dafür, dass Hindenburg bis kurz schaltung des Reichstags Gesetze zu erlassen. Dieses tiker Heinrich Brüning zum neuen Reichskanzler. vor seinem Tod am 2. August 1934 auf Gut Neudeck in Ziel konnte nach der Wahl vom 5. März umgesetzt wer- Nachdem Brüning vor allem für die harten wirt- der Lage war, sein Amt auszufüllen, war sein Verhal- den. schaftspolitischen Maßnahmen in Verbindung mit sei- ten im Zuge des sogenannten „Röhm-Putsches“. Da- Am 23. März 1933 votierte der Reichstag mit einer nem außenpolitischen Kurs der Begleichung der Re- bei ließ Hitler zwischen dem 30. Juni und 2. Juli 1934 sei- Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten für parationslasten keine dauerhaften parlamentarischen ne innerparteilichen Gegner ausschalten. Gleichzeitig das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“, mit dem die Mehrheiten mehr finden konnte, einer Politik, die von entledigte er sich einer Reihe möglicher konservativer Reichsregierung in Zukunft ohne Zustimmung von Hindenburg unterstützt wurde, rückte der Reichsprä- Opponenten. Damals wurde auch der ehemalige Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung sident in den Mittelpunkt des Geschehens. Heinrich Reichskanzler Franz von Papen festgesetzt, aber kurz des Reichspräsidenten Gesetze erlassen konnte. Die Brüning regierte bis zu seiner Ablösung im Mai 1932 darauf, auf Anweisung Hindenburgs, wieder freige- Zweidrittelmehrheit kam nur deswegen zustande, da mit der Unterstützung und den Machtmitteln des lassen. Zu den Todesopfern dieser Mordaktion ge- die Parteien der bürgerlichen Mitte nach der taktisch Reichspräsidenten, die ihm die Weimarer Reichsver- hörten u.a. Hitlers Vorgänger als Reichskanzler, Ge- bedingten Zusage Hitlers, das Gesetz „kontrolliert“ an- fassung (WRV) zur Verfügung stellte, der Reichstags- neralmajor Kurt von Schleicher und dessen Ehefrau. zuwenden, diesem zugestimmt hatten und die Abge- auflösung (Artikel 25 WRV) und den Notverordnungen Die rücksichtslose Ermordung eines Reichswehrge- ordneten der KPD verhaftet waren oder sich auf der (Artikel 48 WRV). nerals konnte nur mit dem Einverständnis und der Rü- Flucht befanden. Das Ermächtigungsgesetz blieb bis Im April 1932 wurde Hindenburg wiedergewählt. ckendeckung Hindenburgs erfolgen. Die Reichswehr zum Ende des NS-Regimes im Mai 1945 die rechtliche Diesmal unterstützte ihn eine große Koalition der de- sollte, so die Absprache zwischen Hindenburg und dem Grundlage der deutschen Gesetzgebung. mokratischen Parteien, unter Einschluss der SPD, ge- Chef der Heeresleitung Freiherr von Fritsch, nur ein- In der Folgezeit mischte sich Hindenburg, dessen le- gen die Parteien der nationalistischen Rechten mit de- greifen, falls Polizeikräfte und SS nicht Herr der Lage gale Befugnisse zwar eingeschränkt waren, dessen ren Kandidaten Adolf Hitler. werden würden. Am 1. Juli 1934 billigte Hindenburg Stimme als direkt gewählter Reichspräsident aber im- Mit der NSDAP war in den 1920er-Jahren eine kraft- ausdrücklich Hitlers Vorgehensweise in einem Ge- mer noch etwas zählte, nur noch gelegentlich ins Ta- volle und dynamische Bewegung auf der politischen spräch mit dem Reichspressechef.5 gesgeschäft ein. So beispielsweise im April 1933, als das Bühne erschienen, die Hindenburgs Leitthemen der erste gegen Juden gerichtete Ausnahmegesetz, das nationalen Wiedergeburt und der Verwirklichung der „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamten- Volksgemeinschaft durch die Überwindung aller Klas- tums“, erlassen wurde. Das Gesetz sah vor, jüdische sen- und Konfessionsschranken propagierte. Hin- Auflösung der Republik Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst aus ih- denburg und Hitler verbanden durchaus inhaltliche ren Positionen zu entlassen. Hindenburg protestierte Gemeinsamkeiten: beide hatten das Ziel einer poli- Nach dem 30. Januar 1933 zog sich Hindenburg zu- nicht generell gegen diese fundamentale Attacke auf tisch geeinten Nation, in der die als unpatriotisch iden- nehmend aus dem politischen Geschäft zurück und die staatsbürgerliche Gleichheit Deutscher jüdischen tifizierten Kräfte des Marxismus, wozu nicht nur die überließ es Adolf Hitler, die politische Arbeit zu ver- Glaubens, sondern setzte sich nur für die ehemaligen KPD, sondern auch die Sozialdemokratie und die Ge- richten. Die Einheit der Nation hatte, nach Auffassung Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs ein, die deshalb Dr. Alexander Bloch, ca. 1930. Foto: Archiv Dr. Michael Walther werkschaften zählten, ausgeschaltet werden sollten. Hindenburgs, durch die Zusammenfassung aller na- von den Maßnahmen des Gesetzes zunächst ver- Nach beider Lesart war das eine Voraussetzung für den tionalen Kräfte in der Regierungskoalition des 30. Ja- schont blieben. Unter dem Druck der Nationalsozia- ten Weltkrieg als preußischer Stabsarzt gedient, - eine geschlossen. Im Stammcafe Dr. Blochs, dem Cafe Ehin- gierung Brüning als Reaktion auf die durch die Welt- machtpolitischen Wiederaufstieg des Reiches. nuar ihren Ausdruck gefunden. Der zweite Schritt soll- listen übernahmen im Jahr 1933 viele Organisationen, Selbstverständlichkeit für einen Patrioten. Im Som- ger in der Friedrichstraße stand eines Tages ein Schild wirtschaftskrise ausgelöste Kapitalflucht eingeführt Für Hindenburg wurden die Nationalsozialisten te folgen, die Schaffung eines autoritären, vom Parla- Verbände und berufsständische Vereinigungen die Re- mer 1919 zog Dr. Bloch nach Balingen. Sowohl seine mit der Aufschrift „Juden sind hier unerwünscht“ auf worden. Ab 1933 wurde sie auch von politischen Geg- spätestens ab 1932 für die Vollendung dieser natio- ment unabhängigen Systems – die Abschaffung des gelung des Ausschlusses von Mitbürgern jüdischen Praxis wie auch die Wohnräume befanden sich in ei- seinem Tisch. Im Gasthaus Schwanen geschah das- nern der Nationalsozialisten und jüdischen Emigran- nalen Erneuerung unentbehrlich. Nur mit Unterstüt- „ewigen Parteiengezänks“. Glaubens - den sogenannten „Arierparagraphen“ (§ 3: nem Wohnhaus in der Ebertstr. 2, an der Ecke zum Vieh- selbe, nur mit dem Unterschied, dass dort versucht ten eingezogen. Zum anderen musste er eine „Juden- zung der zur stärksten Massenbewegung aufgestiege- Nach der Übertragung der Reichskanzlerschaft an „Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in marktplatz. Das Haus wurde vor einigen Jahren ab- wurde, Dr. Bloch das Hausverbot „schonender“ bei- vermögensabgabe“ in Höhe von 10000 Reichsmark nen NSDAP würde er sein Lebenswerk krönen kön- Adolf Hitler unterzeichnete Hindenburg nur noch Not- den Ruhestand zu versetzen“). gerissen, auf dem Grundstück entstand ein modernes zubringen. Man behandelte den beliebten und ange- entrichten, die den jüdischen Mitbürgern im An- nen. Allerdings waren die Monopol- und Diktaturan- verordnungen, um der Regierung Hitler neue Macht- Dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbe- Geschäftshaus. sehenen Arzt wie einen Aussätzigen. Aufgrund der Schi- schluss an das Novemberpogrom von 1938 auferlegt sprüche Hitlers für Hindenburg zunächst nicht ak- mittel an die Hand zu geben. So erließ er am 4. Feb- amtentums waren wenige Tage nach den Reichstags- Während seiner Tätigkeit als Arzt in Balingen legte kanen verließ er in den Monaten vor seiner Ausreise sei- wurde. zeptabel, da sie sich auch gegen die konservativen Kräf- ruar 1933 die „Verordnung des Reichspräsidenten zum wahlen vom 5. März 1933, die ersten, allerdings nicht Dr. Bloch eine ausgeprägt soziale Einstellung an den ne Wohnung nur noch bei Dunkelheit. Dr. Bloch hatte sich 1932 eine Haushälfte in der Geis- te richteten, die nach Meinung des Reichspräsidenten Schutze des deutschen Volkes“, die massive Eingriffe organisierten „Boykottaktionen“ gegen jüdische Mit- Tag, die sich etwa in der kostenlosen Behandlung von Die überwiegende Mehrzahl der Balinger mag sich linger Straße 32 gekauft - es sollte einmal sein Alters- gleichberechtigt an der Realisierung des Projekts der in die Presse und Versammlungsfreiheit zur Folge hat- bürger vorausgegangen. Da die NSDAP zur Verab- mittellosen Arbeiterfamilien äußerte. Nach eigenen zwar nicht direkt an Aktionen gegen Dr. Bloch betei- sitz werden. Das Haus, ein Bankguthaben sowie Wert- „nationalen Einigung“ mitzuwirken ein Recht hatten. te und die Betätigungsfreiheit der Oppositionspartei- schiedung des Ermächtigungsgesetzes auf die Zu- Angaben hat Dr. Bloch Balingern, die sich in finanzi- ligt haben, aber sie haben zugesehen und geschwie- papiere mussten nach seiner Emigration von einem Als Hitler, heute wissen wir es, – zum Schein – ein- en stark einschränkte. Damit erhöhten sich die Chan- stimmung der bürgerlichen und konservativen Par- ellen Nöten befanden, Darlehen zur Verfügung ge- gen. Dieses gesellschaftliche Verhalten ermöglichte es Anwalt verwaltet werden, da Emigranten nicht über ihr lenkte, sah Hindenburg die Zeit gekommen, diesen mit cen, dass die anstehende Reichstagswahl die erhoffte teien angewiesen war, wurden diese „wilden“ antijü- stellt – die nie beglichen wurden. Außerdem be- den Nationalsozialisten die gesellschaftliche Aus- Eigentum verfügen durften. Im Februar 1941 verfügte der Bildung der Regierung zu beauftragen. Allerdings Bestätigung der neuen Regierung bringen und den Weg dischen Aktionen von der NS-Führung weitgehend un- schenkte der „Schokoladenonkel“ Kinder ärmerer Fa- grenzung, Diskriminierung, Vertreibung und schließ- die Gestapo die „Sicherstellung“ des Vermögens des jü- bestand Hindenburg auf ein Kabinett der nationalen zu einem Ermächtigungsgesetz ebnen würde. Noch terbunden. Das sollte sich nach der Annahme des Ge- milien an Festtagen mit Süßigkeiten. lich die Ermordung der jüdischen Mitbürger in die Pra- dischen Emigranten Alexander „Israel“ Bloch. Ab Au- Kräfte. Von den 11 Personen im Kabinett Hitler waren kurz vor den Wahlen unterschrieb Hindenburg am 28. setzes schlagartig ändern. Schon am 1. April 1933 kam Weder Beruf noch soziale Einstellung oder die Ei- xis umzusetzen. Und: die Diskriminierung und Ver- gust 1938 mussten deutsche Juden stigmatisierende dann fünf Posten mit parteilosen Konservativen und Februar 1933 zudem die „Verordnung des Reichsprä- es zu reichsweit organisierten Boykottaktionen von jü- genschaft des Frontkämpfers schützten Dr. Bloch vor folgung der jüdischen Mitbürger, bis hin zu den ers- Vornamen annehmen: Männer hatten „Israel“, Frau- zwei weitere Ämter mit Männern der Deutschnatio- sidenten zum Schutz von Volk und Staat“, die soge- dischen Geschäften und Einrichtung von Freiberuf- der nationalsozialistischen Verfolgung. Der Arierpa- ten Morden, spielte sich bis in die 1940er-Jahre in al- en „Sara“ als Zweitnamen zu führen. Im November 1941 nalen Volkspartei (DNVP) besetzt, der Partei, der Hin- nannte „Reichstagsbrandverordnung“. Damit wurden lern. So auch in Balingen. Am 1. April 1933 mar- ragraph wurde noch im April 1933 auf weitere Be- ler Öffentlichkeit ab. erfolgte schließlich die Ausbürgerung. denburg am nächsten stand. wesentliche Grundrechte wie Freiheit der Person, die schierten auch vor der Praxis des Mediziners Dr. Ale- rufsgruppen angewandt, so auch auf jüdische Ärzte, Für die jüdischen Mitbürger war der einzig rettende Erst fünf Jahre nach Kriegsende wurden die Be- Adolf Hitler die Reichskanzlerschaft anzutragen war Unverletzbarkeit der Wohnung, das Post- und Tele- xander Bloch SA-Leute auf und hielten mit ihrer Ha- die damit ihre Kassenzulassung verloren. Die von Hin- Ausweg die rechtzeitige Emigration. Im Januar 1937 schlagnahmungen für nichtig erklärt. Finanzielle Ent- eine rationale Entscheidung Hindenburgs. Eine „Ka- fongeheimnis, die Meinungs- und Versammlungs- kenkreuzstandarte Wache.6 denburg eingeforderte Ausnahme für Frontkämpfer reiste Dr. Alexander Bloch deshalb nach Efringen-Kir- schädigungen für die Vermögensverluste und für ent- marilla“, d.h. eine Gruppe von Personen in der un- freiheit, das Vereinigungsrecht sowie die Gewährleis- sollte Dr. Bloch noch für ein Jahr, bis in den April 1934, chen bei Lörrach zu seinen Verwandten. Von dort gangenes Einkommen erhielt Dr. Bloch im Laufe der mittelbaren Umgebung eines Herrschers, die ohne Be- tung des Eigentums außer Kraft gesetzt. Die Verord- vor dem Verlust der Zulassung bewahren. Neben die- schrieb er an seine Balinger Haushälterin am 10. Ja- 1950er-Jahre zugesprochen. Für einen Emigranten oh- fugnis oder Verantwortung unkontrollierbaren Ein- nung diente in den ersten Wochen nach Inkraftset- ser gesetzlichen Diskriminierung berichtete Dr. Bloch nuar 1937: „So habe ich mich dann doch entschließen ne großes Einkommen, er konnte in der Schweiz we- fluss auf diesen ausübt, die Hindenburg dazu ge- zung als Rechtsgrundlage für die Verfolgungswelle ge- Dr. Alexander Bloch in Briefen an seine Haushälterin über die „Bewa- müssen, meines Leidens wegen mich in Behandlung genseinerErkrankungnichtmehrpraktizieren,wardies drängt haben soll, Hitler die Reichskanzlerschaft zu gen die oppositionellen Kräfte, vor allem gegen Kom- chung“ seiner Praxis durch SS-Männer. Dadurch blie- zu begeben. Überdies bin ich mit meiner seelischen Wi- eine lange Zeit. Finanziell wurde er deshalb auch von ei- übergeben, hat es nie gegeben. Zwar hatten alle die munisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Wobei Balingen nie ein Zentrum des jüdischen Glau- ben seine Patienten allmählich seiner Praxis fern. Dr. derstandskraft am Ende“. Von Efringen-Kirchen aus ner Schweizer Stiftung unterstützt. der „Kamarilla“ angeblich angehörenden Personen ei- Für die Reichstagswahl am 5. März 1933 lieh Hin- bens wie die Gemeinden des Mühringer Rabbinats (u.a. Bloch verlor seine wirtschaftliche Existenzgrundlage. begab sich Dr. Bloch nach Basel in ärztliche Behand- Ende Mai 1959 zog Dr. Bloch in die schweizerische nen privilegierten Zugang zum Reichspräsidenten, denburg schließlich der Partei Adolf Hitlers seinen Rexingen, Baisingen, Horb) oder die zollerischen Städ- Diese Probleme lassen sich auch aus einer Aufstellung lung. Erst in der Schweiz hat er sich endgültig dazu ent- Gemeinde Riehen, in ein Alters- und Pflegeheim. Kurz doch sind Nachweise für eine Beeinflussung Hinden- Nimbus, nämlich das symbolische Kapital des „Hel- te Haigerloch und Hechingen war. In den 1930er-Jah- der Einkünfte Dr. Blochs für die Jahre zwischen 1927 schlossen nicht wieder nach Balingen zurückzukeh- darauf, am 16. Oktober 1959, ist er in Riehen verstor- burgs nicht vorhanden, so der Historiker Wolfram Py- den von Tannenberg“ – eine wertvolle Unterstützung ren lebten in Balingen nur wenige jüdische Mitbürger. und 1935 nachvollziehen. ren. ben. Dr. Alexander Bloch hat sein seine Wahlheimat Ba- ta. Der Sohn und erste Adjutant des Reichspräsiden- im Wahlkampf. Hindenburg erschien zusammen mit Neben der Unternehmerfamilie Schatzki war das der Die Lebensumstände für jüdische Mitbürger wur- Nicht nur, dass Dr. Bloch aus seiner Heimat fliehen lingen nie wiedergesehen.7 ten Oskar von Hindenburg wurde schon von Zeitge- Hitler auf Wahlplakaten der NSDAP, die die Kernbot- Mediziner Dr. Alexander Bloch. den in den Jahren nach der Machteroberung der Na- musste, es wurden ihm auch noch Sondersteuern auf- nossen als „politisch bedeutungsloser Haussohn“ be- schaft Hindenburgs verkündeten: „Nimmer wird das Dr. Alexander Bloch, geboren am 25.12.1877 in Kir- tionalsozialisten immer unerträglicher. Sie wurden erlegt. Zum einen die „Reichsfluchtsteuer“ in Höhe von (Fortsetzung folgt) zeichnet. Staatssekretär Otto Meißner, engster Mitar- Reich zerstöret – wenn ihr einig seid und treu.“ Ein Zi- chen, Kreis Lörrach, ledig und kinderlos, hatte im Ers- nach und nach auch vom gesellschaftlichen Leben aus- 16667 Reichsmark. Diese war im Jahr 1931 von der Re- Seite 2113 Heimatkundliche Blätter Dezember 2018 Dezember 2018 Heimatkundliche Blätter Seite 2114

berechtigung verloren und wurde Anfang Juli 1919 auf- beiter Hindenburgs, war ebenfalls kein eigenständiger tat aus dem Gedicht „Frühlingsgruß an das Vaterland“ gelöst. Hindenburg verschwand fast fünf Jahre von der politischer Akteur und trat nicht mit eigenen politi- des Dichters Max von Schenkendorf, der als Freiwilli- politischen Bildfläche. Erst als nach dem frühen Tod schen Ideen hervor. Die ostpreußischen Gutsbesitzer, ger an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teilge- des ersten Reichspräsidenten, des Sozialdemokraten denen Hindenburg wegen der Rettung seiner ost- nommen hatte. Friedrich Ebert, Neuwahlen notwendig wurden, tauch- preußischen Residenz Gut Neudeck zu Dankbarkeit Für Hindenburg bedeutete die Wahl vom 5. März te der nun 77-jährige Hindenburg wieder auf der po- verpflichtet gewesen sein soll, konnten ebenfalls kei- 1933 eine entscheidende Zäsur. NSDAP und DNVP er- litischen Bühne auf. Als Kandidat des sogenannten nen nennenswerten Einfluss auf die Entscheidungen hielten zusammen 53% der Stimmen und konnten ei- „Reichsblocks“, einer Gruppierung konservativer und Hindenburgs ausüben. Das wurde nach dem Tod des ne neue, von den präsidialen Machtbefugnissen des völkischer Parteien, gewann Hindenburg im zweiten Reichspräsidenten von dessen Gutsnachbar Elard von Reichspräsidenten unabhängige Regierung bilden. Es Wahlgang die Wahl gegen den Zentrumspolitiker Wil- Oldenburg-Januschau bestätigt. war für Hindenburg die Bestätigung seiner Entschei- helm Marx, der von den Parteien der sogenannten Die gelegentlich auftauchende Behauptung, Hin- dung vom 30. Januar 1933. Die von ihm ernannte Re- „Weimarer Koalition“ (SPD, katholische Zentrums- denburg habe seinem hohen Alter Tribut zollen müs- gierung hatte sich einen eigenen Wählerauftrag ver- partei und linksliberale DDP) aufgestellt worden war sen und sei körperlich und geistig in den letzten Jah- schafft.AufatmendkonstatierteHindenburg,„dassjetzt und gegen Ernst Thälmann von der KPD. ren seiner Präsidentschaft nicht mehr in der Lage ge- ein für allemal mit der Wählerei Schluss sei“. Die erste Reichspräsidentschaft Hindenburgs fiel in wesen seinen Amtsgeschäften nachzugehen, entbehrt Nach der Machtübertragung, d.h. dem Übertrag der eine Zeit der relativen Ruhe und Stabilität. Das än- jeder Grundlage. So nahm er noch im Jahr 1931, im Al- Reichskanzlerschaft an Hitler, war es das Ziel sowohl derte sich mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise ter von 84 Jahren, an Hochgebirgsjagden teil. Erst 1932 Hitlers wie auch Hindenburgs gewesen, durch Neu- Ende Oktober 1929. Die letzte parlamentarische Re- beeinträchtigte ihn sein Gehvermögen in einem Ma- wahlen eine Zweidrittelmehrheit im Reichstag zu be- gierung unter dem Sozialdemokraten Hermann Mül- ße, dass er diese körperlichen Strapazen nicht mehr kommen und ein Gesetz zu verabschieden, das die Re- ler brach Ende März 1930 auseinander. Schon wenige auf sich nahm. gierung in Zukunft ermächtigten würde, unter Aus- Tage später ernannte Hindenburg den Zentrumspoli- Ein anderes Beispiel dafür, dass Hindenburg bis kurz schaltung des Reichstags Gesetze zu erlassen. Dieses tiker Heinrich Brüning zum neuen Reichskanzler. vor seinem Tod am 2. August 1934 auf Gut Neudeck in Ziel konnte nach der Wahl vom 5. März umgesetzt wer- Nachdem Brüning vor allem für die harten wirt- der Lage war, sein Amt auszufüllen, war sein Verhal- den. schaftspolitischen Maßnahmen in Verbindung mit sei- ten im Zuge des sogenannten „Röhm-Putsches“. Da- Am 23. März 1933 votierte der Reichstag mit einer nem außenpolitischen Kurs der Begleichung der Re- bei ließ Hitler zwischen dem 30. Juni und 2. Juli 1934 sei- Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten für parationslasten keine dauerhaften parlamentarischen ne innerparteilichen Gegner ausschalten. Gleichzeitig das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“, mit dem die Mehrheiten mehr finden konnte, einer Politik, die von entledigte er sich einer Reihe möglicher konservativer Reichsregierung in Zukunft ohne Zustimmung von Hindenburg unterstützt wurde, rückte der Reichsprä- Opponenten. Damals wurde auch der ehemalige Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung sident in den Mittelpunkt des Geschehens. Heinrich Reichskanzler Franz von Papen festgesetzt, aber kurz des Reichspräsidenten Gesetze erlassen konnte. Die Brüning regierte bis zu seiner Ablösung im Mai 1932 darauf, auf Anweisung Hindenburgs, wieder freige- Zweidrittelmehrheit kam nur deswegen zustande, da mit der Unterstützung und den Machtmitteln des lassen. Zu den Todesopfern dieser Mordaktion ge- die Parteien der bürgerlichen Mitte nach der taktisch Reichspräsidenten, die ihm die Weimarer Reichsver- hörten u.a. Hitlers Vorgänger als Reichskanzler, Ge- bedingten Zusage Hitlers, das Gesetz „kontrolliert“ an- fassung (WRV) zur Verfügung stellte, der Reichstags- neralmajor Kurt von Schleicher und dessen Ehefrau. zuwenden, diesem zugestimmt hatten und die Abge- auflösung (Artikel 25 WRV) und den Notverordnungen Die rücksichtslose Ermordung eines Reichswehrge- ordneten der KPD verhaftet waren oder sich auf der (Artikel 48 WRV). nerals konnte nur mit dem Einverständnis und der Rü- Flucht befanden. Das Ermächtigungsgesetz blieb bis Im April 1932 wurde Hindenburg wiedergewählt. ckendeckung Hindenburgs erfolgen. Die Reichswehr zum Ende des NS-Regimes im Mai 1945 die rechtliche Diesmal unterstützte ihn eine große Koalition der de- sollte, so die Absprache zwischen Hindenburg und dem Grundlage der deutschen Gesetzgebung. mokratischen Parteien, unter Einschluss der SPD, ge- Chef der Heeresleitung Freiherr von Fritsch, nur ein- In der Folgezeit mischte sich Hindenburg, dessen le- gen die Parteien der nationalistischen Rechten mit de- greifen, falls Polizeikräfte und SS nicht Herr der Lage gale Befugnisse zwar eingeschränkt waren, dessen ren Kandidaten Adolf Hitler. werden würden. Am 1. Juli 1934 billigte Hindenburg Stimme als direkt gewählter Reichspräsident aber im- Mit der NSDAP war in den 1920er-Jahren eine kraft- ausdrücklich Hitlers Vorgehensweise in einem Ge- mer noch etwas zählte, nur noch gelegentlich ins Ta- volle und dynamische Bewegung auf der politischen spräch mit dem Reichspressechef.5 gesgeschäft ein. So beispielsweise im April 1933, als das Bühne erschienen, die Hindenburgs Leitthemen der erste gegen Juden gerichtete Ausnahmegesetz, das nationalen Wiedergeburt und der Verwirklichung der „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamten- Volksgemeinschaft durch die Überwindung aller Klas- tums“, erlassen wurde. Das Gesetz sah vor, jüdische sen- und Konfessionsschranken propagierte. Hin- Auflösung der Republik Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst aus ih- denburg und Hitler verbanden durchaus inhaltliche ren Positionen zu entlassen. Hindenburg protestierte Gemeinsamkeiten: beide hatten das Ziel einer poli- Nach dem 30. Januar 1933 zog sich Hindenburg zu- nicht generell gegen diese fundamentale Attacke auf tisch geeinten Nation, in der die als unpatriotisch iden- nehmend aus dem politischen Geschäft zurück und die staatsbürgerliche Gleichheit Deutscher jüdischen tifizierten Kräfte des Marxismus, wozu nicht nur die überließ es Adolf Hitler, die politische Arbeit zu ver- Glaubens, sondern setzte sich nur für die ehemaligen KPD, sondern auch die Sozialdemokratie und die Ge- richten. Die Einheit der Nation hatte, nach Auffassung Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs ein, die deshalb Dr. Alexander Bloch, ca. 1930. Foto: Archiv Dr. Michael Walther werkschaften zählten, ausgeschaltet werden sollten. Hindenburgs, durch die Zusammenfassung aller na- von den Maßnahmen des Gesetzes zunächst ver- Nach beider Lesart war das eine Voraussetzung für den tionalen Kräfte in der Regierungskoalition des 30. Ja- schont blieben. Unter dem Druck der Nationalsozia- ten Weltkrieg als preußischer Stabsarzt gedient, - eine geschlossen. Im Stammcafe Dr. Blochs, dem Cafe Ehin- gierung Brüning als Reaktion auf die durch die Welt- machtpolitischen Wiederaufstieg des Reiches. nuar ihren Ausdruck gefunden. Der zweite Schritt soll- listen übernahmen im Jahr 1933 viele Organisationen, Selbstverständlichkeit für einen Patrioten. Im Som- ger in der Friedrichstraße stand eines Tages ein Schild wirtschaftskrise ausgelöste Kapitalflucht eingeführt Für Hindenburg wurden die Nationalsozialisten te folgen, die Schaffung eines autoritären, vom Parla- Verbände und berufsständische Vereinigungen die Re- mer 1919 zog Dr. Bloch nach Balingen. Sowohl seine mit der Aufschrift „Juden sind hier unerwünscht“ auf worden. Ab 1933 wurde sie auch von politischen Geg- spätestens ab 1932 für die Vollendung dieser natio- ment unabhängigen Systems – die Abschaffung des gelung des Ausschlusses von Mitbürgern jüdischen Praxis wie auch die Wohnräume befanden sich in ei- seinem Tisch. Im Gasthaus Schwanen geschah das- nern der Nationalsozialisten und jüdischen Emigran- nalen Erneuerung unentbehrlich. Nur mit Unterstüt- „ewigen Parteiengezänks“. Glaubens - den sogenannten „Arierparagraphen“ (§ 3: nem Wohnhaus in der Ebertstr. 2, an der Ecke zum Vieh- selbe, nur mit dem Unterschied, dass dort versucht ten eingezogen. Zum anderen musste er eine „Juden- zung der zur stärksten Massenbewegung aufgestiege- Nach der Übertragung der Reichskanzlerschaft an „Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in marktplatz. Das Haus wurde vor einigen Jahren ab- wurde, Dr. Bloch das Hausverbot „schonender“ bei- vermögensabgabe“ in Höhe von 10000 Reichsmark nen NSDAP würde er sein Lebenswerk krönen kön- Adolf Hitler unterzeichnete Hindenburg nur noch Not- den Ruhestand zu versetzen“). gerissen, auf dem Grundstück entstand ein modernes zubringen. Man behandelte den beliebten und ange- entrichten, die den jüdischen Mitbürgern im An- nen. Allerdings waren die Monopol- und Diktaturan- verordnungen, um der Regierung Hitler neue Macht- Dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbe- Geschäftshaus. sehenen Arzt wie einen Aussätzigen. Aufgrund der Schi- schluss an das Novemberpogrom von 1938 auferlegt sprüche Hitlers für Hindenburg zunächst nicht ak- mittel an die Hand zu geben. So erließ er am 4. Feb- amtentums waren wenige Tage nach den Reichstags- Während seiner Tätigkeit als Arzt in Balingen legte kanen verließ er in den Monaten vor seiner Ausreise sei- wurde. zeptabel, da sie sich auch gegen die konservativen Kräf- ruar 1933 die „Verordnung des Reichspräsidenten zum wahlen vom 5. März 1933, die ersten, allerdings nicht Dr. Bloch eine ausgeprägt soziale Einstellung an den ne Wohnung nur noch bei Dunkelheit. Dr. Bloch hatte sich 1932 eine Haushälfte in der Geis- te richteten, die nach Meinung des Reichspräsidenten Schutze des deutschen Volkes“, die massive Eingriffe organisierten „Boykottaktionen“ gegen jüdische Mit- Tag, die sich etwa in der kostenlosen Behandlung von Die überwiegende Mehrzahl der Balinger mag sich linger Straße 32 gekauft - es sollte einmal sein Alters- gleichberechtigt an der Realisierung des Projekts der in die Presse und Versammlungsfreiheit zur Folge hat- bürger vorausgegangen. Da die NSDAP zur Verab- mittellosen Arbeiterfamilien äußerte. Nach eigenen zwar nicht direkt an Aktionen gegen Dr. Bloch betei- sitz werden. Das Haus, ein Bankguthaben sowie Wert- „nationalen Einigung“ mitzuwirken ein Recht hatten. te und die Betätigungsfreiheit der Oppositionspartei- schiedung des Ermächtigungsgesetzes auf die Zu- Angaben hat Dr. Bloch Balingern, die sich in finanzi- ligt haben, aber sie haben zugesehen und geschwie- papiere mussten nach seiner Emigration von einem Als Hitler, heute wissen wir es, – zum Schein – ein- en stark einschränkte. Damit erhöhten sich die Chan- stimmung der bürgerlichen und konservativen Par- ellen Nöten befanden, Darlehen zur Verfügung ge- gen. Dieses gesellschaftliche Verhalten ermöglichte es Anwalt verwaltet werden, da Emigranten nicht über ihr lenkte, sah Hindenburg die Zeit gekommen, diesen mit cen, dass die anstehende Reichstagswahl die erhoffte teien angewiesen war, wurden diese „wilden“ antijü- stellt – die nie beglichen wurden. Außerdem be- den Nationalsozialisten die gesellschaftliche Aus- Eigentum verfügen durften. Im Februar 1941 verfügte der Bildung der Regierung zu beauftragen. Allerdings Bestätigung der neuen Regierung bringen und den Weg dischen Aktionen von der NS-Führung weitgehend un- schenkte der „Schokoladenonkel“ Kinder ärmerer Fa- grenzung, Diskriminierung, Vertreibung und schließ- die Gestapo die „Sicherstellung“ des Vermögens des jü- bestand Hindenburg auf ein Kabinett der nationalen zu einem Ermächtigungsgesetz ebnen würde. Noch terbunden. Das sollte sich nach der Annahme des Ge- milien an Festtagen mit Süßigkeiten. lich die Ermordung der jüdischen Mitbürger in die Pra- dischen Emigranten Alexander „Israel“ Bloch. Ab Au- Kräfte. Von den 11 Personen im Kabinett Hitler waren kurz vor den Wahlen unterschrieb Hindenburg am 28. setzes schlagartig ändern. Schon am 1. April 1933 kam Weder Beruf noch soziale Einstellung oder die Ei- xis umzusetzen. Und: die Diskriminierung und Ver- gust 1938 mussten deutsche Juden stigmatisierende dann fünf Posten mit parteilosen Konservativen und Februar 1933 zudem die „Verordnung des Reichsprä- es zu reichsweit organisierten Boykottaktionen von jü- genschaft des Frontkämpfers schützten Dr. Bloch vor folgung der jüdischen Mitbürger, bis hin zu den ers- Vornamen annehmen: Männer hatten „Israel“, Frau- zwei weitere Ämter mit Männern der Deutschnatio- sidenten zum Schutz von Volk und Staat“, die soge- dischen Geschäften und Einrichtung von Freiberuf- der nationalsozialistischen Verfolgung. Der Arierpa- ten Morden, spielte sich bis in die 1940er-Jahre in al- en „Sara“ als Zweitnamen zu führen. Im November 1941 nalen Volkspartei (DNVP) besetzt, der Partei, der Hin- nannte „Reichstagsbrandverordnung“. Damit wurden lern. So auch in Balingen. Am 1. April 1933 mar- ragraph wurde noch im April 1933 auf weitere Be- ler Öffentlichkeit ab. erfolgte schließlich die Ausbürgerung. denburg am nächsten stand. wesentliche Grundrechte wie Freiheit der Person, die schierten auch vor der Praxis des Mediziners Dr. Ale- rufsgruppen angewandt, so auch auf jüdische Ärzte, Für die jüdischen Mitbürger war der einzig rettende Erst fünf Jahre nach Kriegsende wurden die Be- Adolf Hitler die Reichskanzlerschaft anzutragen war Unverletzbarkeit der Wohnung, das Post- und Tele- xander Bloch SA-Leute auf und hielten mit ihrer Ha- die damit ihre Kassenzulassung verloren. Die von Hin- Ausweg die rechtzeitige Emigration. Im Januar 1937 schlagnahmungen für nichtig erklärt. Finanzielle Ent- eine rationale Entscheidung Hindenburgs. Eine „Ka- fongeheimnis, die Meinungs- und Versammlungs- kenkreuzstandarte Wache.6 denburg eingeforderte Ausnahme für Frontkämpfer reiste Dr. Alexander Bloch deshalb nach Efringen-Kir- schädigungen für die Vermögensverluste und für ent- marilla“, d.h. eine Gruppe von Personen in der un- freiheit, das Vereinigungsrecht sowie die Gewährleis- sollte Dr. Bloch noch für ein Jahr, bis in den April 1934, chen bei Lörrach zu seinen Verwandten. Von dort gangenes Einkommen erhielt Dr. Bloch im Laufe der mittelbaren Umgebung eines Herrschers, die ohne Be- tung des Eigentums außer Kraft gesetzt. Die Verord- vor dem Verlust der Zulassung bewahren. Neben die- schrieb er an seine Balinger Haushälterin am 10. Ja- 1950er-Jahre zugesprochen. Für einen Emigranten oh- fugnis oder Verantwortung unkontrollierbaren Ein- nung diente in den ersten Wochen nach Inkraftset- ser gesetzlichen Diskriminierung berichtete Dr. Bloch nuar 1937: „So habe ich mich dann doch entschließen ne großes Einkommen, er konnte in der Schweiz we- fluss auf diesen ausübt, die Hindenburg dazu ge- zung als Rechtsgrundlage für die Verfolgungswelle ge- Dr. Alexander Bloch in Briefen an seine Haushälterin über die „Bewa- müssen, meines Leidens wegen mich in Behandlung genseinerErkrankungnichtmehrpraktizieren,wardies drängt haben soll, Hitler die Reichskanzlerschaft zu gen die oppositionellen Kräfte, vor allem gegen Kom- chung“ seiner Praxis durch SS-Männer. Dadurch blie- zu begeben. Überdies bin ich mit meiner seelischen Wi- eine lange Zeit. Finanziell wurde er deshalb auch von ei- übergeben, hat es nie gegeben. Zwar hatten alle die munisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Wobei Balingen nie ein Zentrum des jüdischen Glau- ben seine Patienten allmählich seiner Praxis fern. Dr. derstandskraft am Ende“. Von Efringen-Kirchen aus ner Schweizer Stiftung unterstützt. der „Kamarilla“ angeblich angehörenden Personen ei- Für die Reichstagswahl am 5. März 1933 lieh Hin- bens wie die Gemeinden des Mühringer Rabbinats (u.a. Bloch verlor seine wirtschaftliche Existenzgrundlage. begab sich Dr. Bloch nach Basel in ärztliche Behand- Ende Mai 1959 zog Dr. Bloch in die schweizerische nen privilegierten Zugang zum Reichspräsidenten, denburg schließlich der Partei Adolf Hitlers seinen Rexingen, Baisingen, Horb) oder die zollerischen Städ- Diese Probleme lassen sich auch aus einer Aufstellung lung. Erst in der Schweiz hat er sich endgültig dazu ent- Gemeinde Riehen, in ein Alters- und Pflegeheim. Kurz doch sind Nachweise für eine Beeinflussung Hinden- Nimbus, nämlich das symbolische Kapital des „Hel- te Haigerloch und Hechingen war. In den 1930er-Jah- der Einkünfte Dr. Blochs für die Jahre zwischen 1927 schlossen nicht wieder nach Balingen zurückzukeh- darauf, am 16. Oktober 1959, ist er in Riehen verstor- burgs nicht vorhanden, so der Historiker Wolfram Py- den von Tannenberg“ – eine wertvolle Unterstützung ren lebten in Balingen nur wenige jüdische Mitbürger. und 1935 nachvollziehen. ren. ben. Dr. Alexander Bloch hat sein seine Wahlheimat Ba- ta. Der Sohn und erste Adjutant des Reichspräsiden- im Wahlkampf. Hindenburg erschien zusammen mit Neben der Unternehmerfamilie Schatzki war das der Die Lebensumstände für jüdische Mitbürger wur- Nicht nur, dass Dr. Bloch aus seiner Heimat fliehen lingen nie wiedergesehen.7 ten Oskar von Hindenburg wurde schon von Zeitge- Hitler auf Wahlplakaten der NSDAP, die die Kernbot- Mediziner Dr. Alexander Bloch. den in den Jahren nach der Machteroberung der Na- musste, es wurden ihm auch noch Sondersteuern auf- nossen als „politisch bedeutungsloser Haussohn“ be- schaft Hindenburgs verkündeten: „Nimmer wird das Dr. Alexander Bloch, geboren am 25.12.1877 in Kir- tionalsozialisten immer unerträglicher. Sie wurden erlegt. Zum einen die „Reichsfluchtsteuer“ in Höhe von (Fortsetzung folgt) zeichnet. Staatssekretär Otto Meißner, engster Mitar- Reich zerstöret – wenn ihr einig seid und treu.“ Ein Zi- chen, Kreis Lörrach, ledig und kinderlos, hatte im Ers- nach und nach auch vom gesellschaftlichen Leben aus- 16667 Reichsmark. Diese war im Jahr 1931 von der Re- Seite 2115 Heimatkundliche Blätter Dezember 2018

Der Vater von 23 Kindern Der Ebinger Polizeidiener Jakob Friedrich Gern (1821-1899) war ein echtes Original

Ebinger Legenden: Peter Thaddäus Lang veröffent- blickte am 1. Mai 1881 das Licht der Welt, und zwei Ta- lichte 2007 in seinem gleichnamigen Buch die Lebens- ge später sank seine Mutter ins Grab, allem Anschein geschichten von Ebinger Originalen. Dazu gehörte un- nach an den Folgen einer schweren Geburt. Noch im Jahrgang 65 31. Dezember 2018 Nr. 12 ter anderem der Polizeidienser Jakob Friedrich Gern. selben Jahr verehelichte sich der fidele Vater von 23 Kin- Geboren wurde der spätere Polizeidiener am 26. Januar dern ein drittes Mal; zur Frau nahm er sich Anna Maria 1821 als Sohn des Christian Friedrich Gern, seines Zei- König. Wie ihre Vorgängerin stammte sie von auswärts, chens Strumpfweber und Polizeidiener. Diese berufli- von der Hundsberger Sägemühle bei Pfahlbronn im che Kombination behielt der Sohn bei – zunächst al- Welzheimer Wald. lerdings war er ausschließlich als Strumpfweber tä- Nun aber war Schluss mit dem Kinderkriegen. 23 tig,damals einer der häufigsten Berufe in Ebingen. Kinder also – fast eine ganze Schulklasse. Sie werden je- „Geschichte nicht nur vom Am 20. April 1847 heiratete er Christina Barbara, doch gewiss nicht alle gleichzeitig im Haushalt des wa- Tochter des Strumpfwebers Benjamin Fuß. Schmal war ckeren Polizeidieners gelebt haben. Es ist wohl davon das Verzeichnis dessen, was die beiden in die Ehe auszugehen, dass die Ältesten die elterliche Wohnung brachten.Und mehr als bescheiden mussten demzu- mit 14 oder 15 verließen, um bei einem Lehrherrn (als folge ihre Lebensumstände gewesen sein. Das erste Lehrling) oder bei einer Herrschaft (als Dienstmäd- Ende her denken.“ Ehejahr war noch nicht verstrichen, da kam auch schon chen) unterzukommen. So durfte zum Beispiel der erst- das erste Kind zur Welt. Und in fast regelmäßigen Ab- geborene Friedrich (geboren 1847) bei der Geburt des Hindenburg, Aussetzung der Bürgerrechte im Nationalsozialismus ständen folgten elf weitere, insgesamt drei Buben und elften Kindes (geboren 1862) bereits aus dem Haus ge- neun Mädchen, bis die offensichtlich physisch total wesen sein, nachdem seine jüngeren Geschwister Pau- und die Vertreibung der Balinger Juden – Von Dr. Michael Walther verbrauchte Christina Barbara starb. la und Robert bereits im Säuglingsalter verstorben wa- Wenig später, am 10. Januar 1865, heiratete der Po- ren. Der so erstaunlich zeugungsfähige Polizeidiener Im Herbst 2017 wurde in den beiden Balinger Tages- die Leitung einer Armee nicht in Frage. Nur diesem Um- Österreich-Ungarn sowie das Osmanische Reich und lizeidiener Gern abermals – diesmal eine Auswärtige, seinerseits segnete das Zeitliche am 29. März 1899 im zeitungen Zollern-Alb-Kurier und Schwarzwälder Bo- stand hatte Hindenburg die Ernennung zum Oberbe- Bulgarien) besiegelt wurde. Die Absetzung von Reichs- nämlich Christine Lust aus Brackenheim, Tochter des Alter von 78 Jahren. te eine, zumeist über Leserbriefe geführte Diskussion fehlshaberzuverdanken.HinzukamderUmstand,„daß kanzler Theobald von Bethmann-Hollweg im Sommer Weingärtners Andreas Lust. In seiner ersten Ehe hatte über die Frage der Umbenennung der Hindenburg- man von seinem Phlegma absolute Untätigkeit er- 1917, der im Gegensatz zu Hindenburg auf einen Ver- Jakob Friedrich Gern offenbar ausnehmend sparsam straße geführt. Dabei ging es vor allem um die Frage wartete, um Ludendorff völlig freie Hand zu lassen“. ständigungsfrieden hinarbeitete und sich für eine Plu- gelebt, denn er konnte sein Vermögen in diesen 18 Jah- Literatur nach der Rolle, die Paul von Hindenburg als Reichs- So übernahmen Hindenburg und Ludendorff die Auf- ralisierung des politischen Systems und innenpoliti- ren trotz der vielen Kinder mehr als verfünffachen. präsident bei der Übertragung der Reichskanzler- gabe, die beiden in Ostpreußen einmarschierten rus- sche Reformen einsetzte, war ebenfalls das Werk des Ein Jahr nach dieser zweiten Eheschließung ging es Aus: Peter Thaddäus Lang, Ebinger Legenden, Alb- schaft an Adolf Hitler gespielt hatte. sischen Armeen zurückzudrängen. Noch im August Chefs der Obersten Heeresleitung. Erst als Hinden- mit dem Kindersegen wieder los. Zu den Sprösslingen stadt 2007. Mit freundlicher Genehmigung des SP-Ver- Sowohl im Jahr 2013 wie auch zwei Jahre später the- 1914 wurde die 2. Russische Armee bei Tannenberg ver- burg und Ludendorff im Herbst 1918 sowohl das Zu- aus erster Ehe kamen noch einmal elf hinzu, fünf Söh- lags. matisierte Klaus Irion im Zollern-Alb-Kurier die Frage nichtend geschlagen und der Mythos Hindenburgs als sammenbrechen der Westfront als auch die Revoluti- ne und sechs Töchter, der jüngste von diesen allen er- der Straßenbenennung sowie der Ehrenbürgerschaft „Sieger von Tannenberg“ war begründet.3 on im Innern befürchten mussten, drängten sie die po- für Hindenburg, die 1946 nicht entzogen wurde, und Wesentlich ausgeprägter als die militärischen Fä- litische Führung unter Reichskanzler Max von Baden kritisierte das „Schweigen des ‚offiziellen‘ Balingens. higkeiten Hindenburgs war dessen politisches Ge- zur Aufnahme von Friedensverhandlungen. Hinden- Diese Diskussion soll an dieser Stelle nicht neu belebt spür, das von großem Machtinstinkt und Opportu- burg spielte schließlich bei der Abdankung Kaiser Wil- werden. Vielmehr geht es zunächst einmal um die Dar- nismus geprägt war. Diese Charaktereigenschaften ka- helms II. eine wichtige Rolle. Vor allem der später als stellung der Rolle, die Hindenburg bei der Übergabe men ihm nach der Berufung zum Chef der Obersten „Flucht“ bezeichnete Gang ins niederländische Exil, der Veranstaltungen und Exkursionen der Regierungsgewalt an die Nationalsozialisten ge- Heeresleitung (OHL) im August 1916 zugute, nach- das Ansehen der Hohenzollernmonarchie irreparable spielt hat. In diesem Zusammenhang wird auf einige, dem sein Vorgänger Erich von Falkenhayn nach dem beschädigen sollte, war seinem Einfluss geschuldet. Die Termine der Heimatkundlichen Vereinigung im Januar und Februar – auch in Leserbriefen des Jahres 2017 – verwendete Ste- Scheitern der Verdun-Offensive zurücktreten musste. Die von der OHL wesentlich geprägten politischen reotype in Bezug auf den Gesundheitszustand Hin- Ausgestattet mit der Machtfülle des obersten militä- Entscheidungen führten letztendlich zur militärischen denburgsundseinerBeeinflussbarkeiteinzugehensein, rischen Befehlshabers und durch das politische Macht- Niederlage, zu großen Versorgungsproblemen der Be- JANUAR Klostercafé besichtigt werden, unter anderem auch die STAMMTISCHE die längst nicht mehr dem aktuellen wissenschaftli- vakuum, das sich im Zuge des allmählichen Zerfalls völkerung, die Hundertausende von zivilen Opfern for- Jahreskrippe von Sr. M Ehrenfrieda Sieber. chen Erkenntnisstand entsprechen. Dazu gehört das monarchischer Souveränität auftat, konnte Hinden- derte und schließlich zum Zusammenbruch eines po- Busfahrt. Abfahrt Stadthalle Balingen, 8.15 Uhr. Alb- „Märchen“ vom „greisen Staatsmann“, der der Situa- burg zum heimlichen politischen Herrscher des deut- litischen Systems. Mit Paul von Hindenburg, dem Meis- Samstag, 12.1.2019: Tagesexkursion mit Wilfried stadt-Ebingen, Busbahnhof, 8.35 Uhr. Umlage 35 Euro Jeweils am ersten Mittwoch eines Monats trifft sich tion Anfang 1933 nicht mehr gewachsen gewesen sein schen Kaiserreichs aufzusteigen, obwohl er kein Man- ter des politischen Doppelspiels, wurde allerdings kei- Groh: Kloster Schussenried. Krippenausstellung, für Fahrt, Eintritte und Führungen. unter der Leitung von Dr. Peter Th. Lang der Ebin- soll. Ebenso wie die Unterstellung, dass Intrigen und dat inne hatte. Die Zustimmung die Hindenburg nicht ne der genannten Entscheidungen und ihrer Auswir- Kloster Sießen: Krippen im Hummelsaal und im Tor- ger Stammtisch um 15.00 Uhr im Café Wildt-Abt, falsche Berater, die sogenannte „Kamarilla“, die Ent- nur in weiten Teilen der Bevölkerung, sondern auch in- kungen in Verbindung gebracht. bau. Samstag, 19.1.2019: Vortrag von Dr. Yvonne Arras: Sonnenstr. 67, 72458 Albstadt-Ebingen: Tel.: (07431) scheidung Hindenburgs, Adolf Hitler zum Reichs- nerhalb der politischen und wirtschaftlichen Eliten er- Nach Kriegsende verstand es Hindenburg, seine Ver- Erste Station ist das Kloster in Bad Schussenried, wo 100 Jahre Frauenwahlrecht. Eröffnung der Ausstel- 4188. kanzler zu ernennen, maßgeblich beeinflusst hätten.1 fuhr, beruhte auf der Zuschreibung hoher Problem- antwortung für die militärische Niederlage, den Waf- auch in diesem Jahr wieder eine interessante Krip- lung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ (19.1. – 10.3.2019). Die nachfolgende Biografie Hindenburgs, seine po- lösungskompetenz. Hindenburgs Macht war damit fenstillstand und den späteren Friedensvertrag auf an- penausstellung neu zusammengestellt wurde. Nach der Am 19. Januar 1919 durften Frauen in Deutschland Anmeldung zu den Veranstaltungen über den Ge- litische Programmatik und seine Rolle als Reichsprä- Ausfluss von „charismatischer Herrschaft“. Eine nach dere abzuwälzen. So verlieh er der sogenannten Führung durch diese Ausstellung geht es zum Mit- erstmals an Wahlen teilnehmen und auch selbst ge- schäftsführer Hans Schöller, Johann-Strauß-Str. 4, sident der Weimarer Republik basiert dabei auf der dem immer noch aktuellen und auch in den Ge- „Dolchstoßlegende“, die allerdings nicht von ihm er- tagessen in die Schussenrieder Brauereigaststätte. Am wählt werden – ein „Meilenstein in der Geschichte der 72461 Albstadt, Telefon (07432) 6807. wegweisenden Studie des Zeithistorikers Wolfram Py- schichtswissenschaften verwendeten Typologie des funden oder in die Welt gesetzt worden war, die „hö- Nachmittag gilt der Besuch dem Hummelsaal im Klos- Demokratie in Deutschland“, wie es in der deutsch- Email: [email protected] oder ta. Seine Analyse basiert dabei auf der Auswertung von Soziologen und Nationalökonomen Max Weber. Sie be- heren Weihen“. Das „im Felde unbesiegte Heer“ war ter Sießen. Dort ist in der Weihnachtszeit im Hum- landweit begangenen Aktion verlautet. Im Hinblick auf [email protected] Material aus 96 Nachlässen und 42 Archiven.2 schreibt die soziale Beziehung zwischen einem Cha- durch das heimtückische Wirken „innerer Feinde“, al- melsaal die Naturkrippe von Sr. M. Capistrana Bucher die Kommunalwahlen, die im Frühjahr 2019 im Zol- sowie über unsere Homepage rismaträger (Herrscher) und einem Charismagläubi- so politischer Parteien wie den Sozialdemokraten, von OSF (1921 - 1983) aufgebaut, deren Figuren aus Na- lernalbkreis anstehen, erhält dieses Jubiläum eine be- www.heimatkundliche–vereinigung.de. gen (Volk) in einer Herrschaftsbeziehung. hinten erdolcht worden. Die Geschichte erhielt in den turmaterial gefertigt sind. An ihr können wir mit Fran- sondere Relevanz. Der Vortrag zum Thema „100 Jahre Die wichtigsten politischen Weichenstellungen zwi- 1920er-Jahren in Deutschland noch eine antisemiti- ziskus neu staunen lernen über den Abstieg Gottes zu Frauenwahlrecht im Zollernalbkreis“ möchte zu- Bei allen Veranstaltungen sind Gäste jederzeit herz- Weltkriegsgeneral und politischer Herr- schen 1916 und 1918, in der Zeit, in der Hindenburg sche Einfärbung. Begünstigt wurde diese Sichtweise uns Menschen und seine Liebe erahnen, die Ihn dazu nächst die ersten politisch engagierten Frauen unse- lich willkommen. die Leitung der OHL inne hatte, sollen hier kurz skiz- dadurch, dass zum Zeitpunkt des Waffenstillstandes gebracht hat, unser Bruder zu werden. Nach der Füh- rer Region vorstellen, wobei besonders auf die Stadt Ba- scher ziert werden. die deutschen Truppen weit in Belgien und Nord- rung können noch weitere Krippen auf dem Weg zum lingen fokussiert werden soll. Ausgehend davon sollen Paul von Hindenburg wurde 1847 als Sohn des preu- Mit der Durchsetzung des „Gesetzes über den va- frankreich standen und der Krieg im Osten im Jahr 1917 sodann die Möglichkeiten und die Grenzen von Kom- ßischen Offiziers und Gutsbesitzers Robert von Bene- terländischen Hilfsdienst“, vom 5. Dezember 1916, das mit dem Frieden von Brest-Litowsk erfolgreich been- munalpolitikerinnen im historischen Verlauf heraus- ckendorff und von Hindenburg in Posen im heutigen als „Hindenburg-Programm“ in die Geschichte ein- det werden konnte. So kann man in Hindenburgs letz- gearbeitet werden. 19 Uhr, Balingen, Zehntscheuer, Polen geboren. Wie der Vater schlug er eine militäri- gehen sollte, kam es zu einer Umstrukturierung der tem Tagesbefehl lesen, dass die von ihm geführten Ar- Neue Straße 59, Eintritt frei. Herausgegeben von der sche Karriere ein. Als junger Offizier nahm Hinden- deutschen Wirtschaft in eine Kriegswirtschaft. Das meen „im Felde unbesiegt“ geblieben seien. Vor allem Heimatkundlichen Vereinigung burg an zwei Kriegen teil, dem Preußisch-Österrei- konnte nur zu Lasten der Produktion von zivilen Gü- die konservativen Parteien und Gruppierungen der ext- Die Autoren dieser Ausgabe Zollernalb chischem Krieg von 1866 und dem Deutsch-Franzö- tern und Lebensmitteln gehen, da den nicht kriegs- remen Rechten sollten diese auf Hindenburgs Autori- FEBRUAR Vorsitzender: sischen Krieg von 1870/71. Paul von Hindenburg soll- wichtigen Industrien durch diese wirtschaftspolitische tät gestützte „Dolchstoß-Legende“ erfolgreich zur Dr. Andreas Zekorn, Landratsamt Zollernalbkreis, te alle militärischen Ränge innerhalb der preußischen Neuausrichtung Rohstoffe und Arbeitskräfte entzogen hasserfüllten Agitation gegen die Republik, und die so- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 92 11 45 Armee durchlaufen. Seine Karriere endete, heute kann wurden. Das Hindenburg-Programm beschleunigte genannten „Novemberverbrecher“ verwenden. Tat- Dr. Michael Walther Donnerstag, 7.2.2019: Führung durch die Ausstel- man sagen vorläufig, im Jahr 1911, als er als im Range ei- damit die Entwicklung der Verarmung und Verelen- sächlich war die Geschichte ein Dolchstoß in den Rü- Schwanenstraße 13 lung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ mit Dr. Yvonne Ar- Geschäftsführung: nes Generalleutnants und als Kommandierender Ge- dung großer Teile der deutschen Bevölkerung. Auch cken der Republik. Einer der Meuchelmörder war Paul 72336 Balingen ras (Die Ausstellung ist vom 19.1 – 10.3.2019 zu se- Hans Schöller, Johann-Strauß-Straße 4, neral eines Armeekorps in den Ruhestand trat. ein Teil der bis zu 800000 Hungertoten in den Jahren von Hindenburg.4 hen). 72461 Albstadt, Nur drei Wochen nach Beginn des Ersten Welt- 1916 bis 1918 geht auf das Konto dieser Politik. Mit 17 Uhr, Balingen, Zehntscheuer, Neue Straße 59. Der Telefon (0 74 32) 68 07 kriegs, noch im August 1914, wurde Hindenburg re- dem uneingeschränkten U-Bootkrieg sollte Großbri- Eintritt ist frei. E-Mail: geschaeftsfuehrer@heimatkundliche- aktiviert und übernahm als Oberbefehlshaber die 8. Ar- tannien von der Versorgung aus Übersee abgeschnit- Dr. Peter Thaddäus Lang vereinigung.de mee. Wobei der Generalstabschef Generalmajor Erich ten und zum Frieden gezwungen werden. Dieser im Reichspräsidentschaft und die Ent- Lammerbergstraße 53 Mittwoch, 13.2.2019 Vortrag von Prof. Dr. Paul Ludendorff, der eigentliche Befehlshaber und strate- Februar 1917 vollzogene Schritt führte letztlich aber da- 72461 Albstadt Münch: Die Hohenzollernburg: Schwäbischer Kyff- Redaktion: gische Kopf der 8. Armee war. Der 18 Jahre jüngere Lu- zu, dass zwei Monate später die USA in den Krieg hi- scheidung für Adolf Hitler Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, häuser und Nationaldenkmal. dendorff kam allerdings aus „Anciennitätsgründen“, neingezogen und damit die Niederlage der vom Deut- Nach der Unterzeichnung des Versailler Friedens- 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 20 Uhr, Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (Sit- d.h. er hatte zu wenige Dienstjahre vorzuweisen, für schen Reich angeführten Mittelmächte (Deutschland, vertrag hatte die Oberste Heeresleitung ihre Existenz- zungssaal), Hirschbergstr. 29, Eintritt frei.