Die Kunstsammlungen Des Stiftes Schlierbach
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
1 Die Kunstsammlungen des Stiftes Schlierbach Hannes Etzlstorfer Beschreibender Katalog aus: 650 Jahre Stift Schlierbach, Red. P. Ludwig Keplinger, OCist, Schlierbach 2005 Inhaltsübersicht I. Ordens- und Stiftsgeschichte I.1 Zisterzienserheilige I.2 Gründungs- und Hausgeschichte I.2 Äbte und Persönlichkeiten des Stiftes Schlierbach I.3 Angehörige anderer Ordensgemeinschaften I.4 Stiftsansichten und Stiftspfarren II. Diözesangeschichte – Kirchengeschichte II.1 Vorjosephinische Bischöfe II.2 Linzer Bischöfe II.3 Päpste III. Religiöse Sujets III.1 Altes Testament III.2 Neues Testament III.3 Christliche Ikonographie – Allgemein III.4 Heilige IV. Profane Themen IV. 1 Mythologische und antike Themen IV. 2 Historische Themen IV. 3 Allegorische Sujets IV. 4 Profane Porträts IV. 5 Genremalerei IV. 6 Landschaften IV. 7 Stillleben 2 V. Skulpturenbestände VI. Literaturverzeichnis I. Ordens- und Stiftsgeschichte I.1 Zisterzienserheilige Hl. Benedikt von Nursia mit Pedum, aufgeschlagenem Buch und Weltkugel Deutsch, um 1700 Öl auf Leinwand, 90 x 72,5 cm; der Buchtext zitiert den Beginn der Benediktusregel: "AVSCVLTA O FILI (linke Seite) PRECEPTA MAGISTRI (rechts)" Inv.Nr.062 (wohl Pendant zu Inv.Nr.316) Die besondere Verehrung des hl. Benedikt von Nursia durch die Zisterzienser erklärt sich aus dem Umstand, dass der Zisterzienserorden einen Zweigorden der Benediktiner darstellt. Benedikt, der um 480 zu Nursia in Umbrien als Spross einer adeligen Familie geboren wur- de, trägt in diesem barocken Kniestück in Dreiviertelansicht den schwarzen Habit. Das Pe- dum mit der barocken Krümme weist ihn als Klostervorsteher aus. In dieser Funktion wurde er bereits ins Kloster Vicovaro gewählt. Nach einem vereitelten Vergiftungsversuch der Mön- che kehrte Benedikt jedoch nach Subiaco im Sabinergebirge zurück, wo er schon zuvor als Einsiedler in einer Höhle lebte. In der Umgebung von Subiaco gründete Benedikt, der wahr- scheinlich nie Priester, sondern höchstens Diakon war, 12 kleine Klöster, die seiner Leitung unterstanden. Im Jahr 529 übersiedelte er mit diesen Mönchen nach Monte Cassino, wo er jenes berühmte Kloster gründete, das nicht nur die Wiege des Benediktinerordens, sondern die Hochburg des abendländischen Mönchtums darstellen sollte. Das Gemälde zitiert auch den Beginn jener Regel („Höre, oh Sohn“), die Benedikt selbst verfasste und Gebet (Litur- gie), Arbeit und Studium als wichtigste Aufgaben vorsah. Sein Leitspruch lautete „Ora et la- bora“ (bete und arbeite). Benedikt verstarb am 21. März 547, einem Gründonnerstag. Seine Gebeine wurden 673 von Monte Cassino nach Fleury in die Abteikirche St.Benoit-sur- Loire übertragen, ein Teil der Reliquien jedoch auf Bitten von Papst Zacharias (741-752) wieder nach Monte Cassino zurückgebracht. Wenige Jahrzehnte nach dem Tod des heiligen Bene- dikt von Nursia verfasste der später zum großen abendländischen Kirchenlehrer erhobene Papst Gregor der Große († 604) jene ,,Vier Bücher Dialoge über das Leben und die Wunder- taten italischer Väter". Aus diesen Büchern beziehen wir auch die biographischen Daten Be- nedikts: Im zweitem Buch seiner Dialoge ,,Leben und Wunder des ehrwürdigen Abtes Bene- dikt" widmet Gregor sein besonderes Interesse dem Leben des heiligen Benedikt. Es ist da- mit die einzige zeitgenössische Quelle über das Leben und Wirken des Heiligen, wobei Gre- gor dieses in der Art eines (fiktiven) Wechselgesprächs (Dialog) zwischen dem Verfasser und seinem Diakon Petrus darstellt. Gregor deutet in seiner ausdrucksstarken Symbolik von Wundern und Zeichen das Leben Benedikts als den Weg des Menschen zu Gott und möchte folglich keine Biographie im modernen Sinn schreiben. Diese Benediktsvita im zweiten Buch der Dialoge ist in 38 unterschiedlich langen Kapiteln als ein Weg des Aufstiegs zu Gott dar- gestellt. 3 Im vorliegenden Bild ist der Heilige vor einem aufgerissenen Wolkenhimmel gegeben, in dessen Zentrum eine blaue erdballähnliche Kugel zu sehen ist, wie wir den hl. Benedikt bei- spielsweise auch in dem um 1680 entstandenen Altarblatt des Kapellenzimmers in der Stern- warte von Kremsmünster kennen. Diese auch hier prominent vorgestellte Himmelserschei- nung referiert eine benediktinische Wunderepisode, die Papst Gregor der Große im erwähn- ten zweiten Buch seiner „Dialoge“ (Die kosmische Vision, Dialoge II, 35, 1-4) niederschrieb: „Wieder einmal war der Diakon Servandus nach seiner Gewohnheit bei Benedikt zu Besuch. Servandus war auch Abt des Klosters, das in Kampanien von dem ehemaligen Patrizier Li- berius erbaut worden war, und kam oft zum Kloster Benedikts; denn auch er war erfüllt von göttlicher Weisheit und Gnade. Sie sprachen dann über das Glück des ewigen Lebens und erbauten sich gegenseitig. Wenn sie auch in diesem Leben die köstliche Speise der himmli- schen Heimat noch nicht in vollendeter Freude genießen konnten, so wollten sie doch we- nigstens in ihrer Sehnsucht davon kosten. Es wurde Zeit, zur Ruhe zu gehen. Der heilige Benedikt legte sich im oberen Teil des Turmes nieder, der Diakon Servandus im unteren. In diesem Turm führte eine gerade Stiege von unten nach oben. Vor dem Turm befand sich ein größeres Gebäude, wo ihre Schüler ruhten. Während die Brüder noch schliefen, stand der Mann Gottes Benedikt schon vor der Zeit des nächtlichen Gebetes auf und hielt Nachtwa- che. Er stand am Fenster und flehte zum allmächtigen Gott. Während er mitten in dunkler Nacht hinausschaute, sah er plötzlich ein Licht, das sich von oben her ergoss und alle Fins- ternis der Nacht vertrieb. Es wurde so hell, dass dieses Licht, das in der Finsternis aufstrahl- te, die Helligkeit des Tages übertraf. Etwas ganz Wunderbares ereignete sich in dieser Schau, wie er später selbst erzählte: Die ganze Welt wurde ihm vor Augen geführt, wie in einem einzigen Sonnenstrahl gesammelt. Während der ehrwürdige Vater den Blick unver- wandt auf den strahlenden Glanz dieses Lichtes gerichtet hielt, sah er, wie Engel die Seele des Bischofs Germanus von Capua in einer feurigen Kugel zum Himmel trugen. Für dieses große Wunder wollte Benedikt einen Zeugen haben. Darum rief er den Diakon Servandus zwei- oder dreimal ganz laut beim Namen. Der erschrak über das laute Rufen, das er von diesem Mann nicht gewohnt war, stieg hinauf, schaute hin und sah nur noch einen Schimmer des Lichtes. Sprachlos stand er vor diesem Wunder; da erzählte ihm der Mann Gottes ganz genau, was geschehen war. Sogleich ließ Benedikt dem gottgeweihten Mann Theoprobus im Ort Casinum ausrichten, er möge noch in der Nacht einen Boten in die Stadt Capua senden. Er solle in Erfahrung bringen, wie es um den Bischof Germanus stehe, und ihm Nachricht geben. So geschah es. Der Bote erfuhr, dass der hochwürdige Bischof Germanus schon gestorben war. Auf genauere Nachfrage fand er heraus, dass sein Heimgang im gleichen Augenblick erfolgt war, in dem der Mann Gottes seinen Aufstieg zum Himmel geschaut hatte. Vielleicht will diese Himmelserscheinung auch daran erinnern, dass der hl. Benedikt die See- le des Bischof von Capua, des hl. Germanus (gest. 540/541), als feurigen Ball zum Himmel steigen sah. Lit.: Gregor/ Dialoge 1995, S. 193f. - Puzicha 1992, S. 67f. – Nahmer 1987, S. 81f. – Kat. Kremsmünster 1977, S. 319. 4 Sterben des hl. Benedikt mit Erscheinung der hl. Scholastika Rottmayr-Umkreis?, um 1700 Öl auf Leinwand, 300 x 225 cm Inv.Nr.152 Der problematische Erhaltungszustand erlaubt derzeit nur eine Annäherung an die Zuschrei- bungsproblematik: In der kompositorischen Disposition finden sich noch Anklänge an den römischen Hochbarock - etwa in der Formulierung durch Pietro da Cartona, den großen rö- mischen Künstlern des Seicento wie Bernini und Borromini zur Seite gestellt. Er ist der Be- gründer des römischen Hochbarocks und besticht durch konsequente Untersichten, einen durchgreifender Illusionismus, Dynamik, malerische Massenkompositionen - und im Spät- werk dann durch den voll rauschendem Festcharakter. In der Modellierung einzelner Köpfe vermeinen wir aber vielmehr die Nähe zur Werkstatt des Loth-Schülers Johann Michael Rott- mayr zu erkennen, wenngleich das Kolorit nicht jenen strahlend-festiven Charakter aufweist, wie wir dies aus der von Loth vermittelten venezianischen Palette kennen. Venezianisch- römische Anregungen scheinen hier in sordinierter Koexistenz referiert worden zu sein. Klar ist hingegen der ikonographische Gehalt des Bildes: Gregor der Große überliefert in seinem zweiten Buch der „Dialoge“ auch Art und Weise des Sterbens des hl. Benedikt von Nursia, die in der Folge für die künstlerischen Darstellungen verbindlich werden sollte und zumeist den von seinen Mitbrüdern gestützten, jedoch stehen- den Heiligen wiedergibt: „Das Jahr, in dem Benedikt aus dem Leben scheiden sollte, war gekommen. Da sagte er einigen Jüngern im Kloster und einigen in der Ferne den Tag seines heiligen Todes voraus. Die bei ihm lebten, wies er an, über das Gehörte zu schweigen, die Abwesenden wies er auf ein bestimmtes Zeichen hin, das sie empfangen sollten, wenn seine Seele aus dem Leib scheiden werde. Sechs Tage vor seinem Tod ließ er sein Grab öffnen. Bald darauf befiel ihn hohes Fieber, und große Hitze schwächte ihn. Von Tag zu Tag verfielen zunehmend seine Kräfte. Am sechsten Tag ließ er sich von seinen Jüngern in die Kirche tragen; dort stärkte er sich durch den Empfang des Leibes und Blutes unseres Herrn für seinen Tod. Er ließ seine geschwächten Glieder von den Händen seiner Schüler stützen, so stand er da, die Hände zum Himmel erhoben, und hauchte unter Worten des Gebetes seinen Geist aus. An diesem Tag empfingen zwei seiner Brüder eine Offenbarung durch