Jahrbuch Des Oberaargaus 1974
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JAHRBUCH DES OBERAARGAUS 1974 JAHRBUCH DES OBERAARGAUS 1974 Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Siebzehnter Jahrgang Herausgeber: Jahrbuch-Vereinigung Oberaargau Druck und Gestaltung: Fritz Kuert AG, Langenthal Klischees: Henzi AG, Bern Umschlag (Hohwacht-Mättenbach): Willy Liechti, Langenthal Farbbild: Stadtansicht Wangen a. Aare von E. de Muralt, 1831. Zeitglocken mit Berntor, Landschreiberei und Rösslischeune. Oelgemälde in Privatbesitz. INHALTSVERZEICHNIS Vorwort (Dr. Karl H. Flatt, Gymnasiallehrer, Solothurn/Wangen a.A.). 7 Dörfer und Einzelhöfe. 9 (Prof. Dr. Hermann Walser †, Bern) Gedichte . 16 (Maria Waser-Krebs †, Zürich/Herzogenbuchsee) Cuno Amiet und der Brand des Münchner Glaspalastes. 23 (Peter Killer, Journalist, Käppu/Ochlenberg) Dr. h.c. Walter Flükiger (1889—1973. 29 (Prof. Dr. Hans Georg Bandi, Bern) Das Dorfrecht von Thunstetten aus der Reformationszeit. 35 (Dr. Karl H. Flatt, Gymnasiallehrer, Solothurn/Wangen a.A.) Das Gericht Ursenbach im altbernischen Staat. 41 (Otto Holenweg, alt Lehrer, Ursenbach) Der Gewässerschutz im Oberaargau. 82 (Rudolf Merki, Oberingenieur, kant. Wasser- und Energiewirtschaftsamt, Bern) Die Grundwasserquellen der Brunnmatten b. Roggwil und die Brunnenkresse- kulturen von Mathias Motzet, Wynau . 89 (Dr. Valentin Binggeli, Langenthal; Dr. Christian Leibundgut, Roggwil; Jakob Jenny, Bundesgärtner, Bern) Die Auswirkungen des Autobahnanschlusses Wangen/Wiedlisbach . 113 (Ernst Stauffer, cand. phil., Oberbipp) Der Bahnhof Langenthal. 125 (Willy Sägesser, Bahnhofvorstand, Langenthal) 150 Jahre Ersparniskasse des Amtsbezirks Wangen. 134 (Dr. Karl H. Flatt, Gymnasiallehrer, Solothurn/Wangen a.A.) 5 100 Jahre Anzeiger des Amtsbezirks Aarwangen . 153 (Ernst Gerber, Notar, Langenthal) Der Fronten-Krawall in Bützberg — 11. November 1933. 161 (Ernst Troesch, Lehrer, Langenthal) Das Ende des Bauernkrieges 1653 in Herzogenbuchsee — Quellen . 174 (Hans Henzi, alt Sekundarlehrer, Herzogenbuchsee) Das Gefecht zu Herzogenbuchsee 1653 . 209 (Hans Indermühle, Lehrer, Herzogenbuchsee; Dr. Karl H. Flatt, Solothurn) Die Heimatschutzgruppe Oberaargau 1973. 222 (Ulrich Kuhn, Architekt, Langenthal) 6 VORWORT Herbstzeit — Erntezeit! Dank und Genugtuung erfüllen uns, wieder ein Jahr- buch unter Dach und Fach zu wissen, das sich — hoffentlich würdig — zu seinen 16 Vorgängern gesellt. Hat ein solches Werk angesichts der dräuenden Weltprobleme noch seinen Sinn, oder ist es unverantwortliche Selbstüber- schätzung? Wir möchten das Urteil dem Leser überlassen. Seit wir im Jahre 1958 im Freundeskreis das Jahrbuchwerk begannen, ist die Welt wahrlich nicht glücklicher geworden. Ob der angeblichen Entspannung zwischen den Mächten dürfen wir die politisch-militärische Bedrohung im Hintergrund nicht vergessen. Die Kluft zwischen Entwicklungsländern und hochindustrialisierten Staaten vergrössert sich und droht zum internationalen Klassenkämpf auszuarten. Angesichts der wachsenden Kosten für Umwelt- schutz, der Verteuerung und des bevorstehenden Mangels an Rohstoffen und Energie ist unsere westliche Wohlstandsgesellschaft jäh aus der Illusion dauern- der dolce vita aufgeschreckt: das Weltwährungssystem ist in Unordnung; dem Teufelskreis der Stagflation zu entrinnen, liefern offenbar weder Wissenschaft, noch praktische Politik das Rezept. Auch das Verhältnis des Bürgers zum Staat ist gestört: die Bedürfnisinflation und der Ruf nach Ausbau des Sozialstaates sind ungebrochen, koste es, was es wolle. In jedem Bereich fordern wir Demo- kratisierung, Mitbestimmung, ohne damit die Vorstellung von Verantwortung, Pflicht und Opfer zu verbinden. Konsummentalität auch im Geistigen, Um- bruch aller Wertvorstellungen, Verunsicherung. Düstere Zukunftsaussichten? Sicher. Ein Blick auf die Geschichte lehrt uns jedoch, die heutigen Prob- leme nicht zu überschätzen. Stets ist der Mensch mit der Grösse der Aufgaben gewachsen. Nicht Technik und Wissenschaft, nicht Staat und Gesellschaft werden als Wunderdoktor helfen, wenn nicht der einzelne Mensch, die Fami- lie, der Freund mit Einsicht, Wagemut und Nächstenliebe, mit einer gewan- delten Einstellung bei sich und um sich, die Welt meistert: «Gut sein, tätig sein und Vertrauen haben!» (Simon Gfeller). Den Menschen dazu zu befähigen, mag auch das Jahrbuch seinen bescheidenen Teil beitragen. 7 Der Tod hat uns auch dieses Jahr betagter Erforscher oberaargauischer Ver- gangenheit beraubt: Dr. h.c. Walter Flükiger, dem verdienten Prähistoriker, widmet Prof. H. G. Bandi in diesem Band Worte des Gedenkens. Dankbar erinnern wir uns aber auch unseres langjährigen Mitarbeiters, Pfarrer Wilhelm Wellauer (1882—1974) aus Wimmis, der manche volkskundliche Miszelle beisteuerte. Dem Nestor unserer Autoren, dem Langenthaler Paläontologen Dr. Fritz Brönnimann, gilt unser herzlicher Glückwunsch zum 90. Geburtstag, unse- rem Meisterphotographen, Hans Zaugg, die Gratulation zur Auszeichnung mit der «bronzenen Linse». In den Ruhestand begleiten unsere Wünsche Oberrichter Dr. Hans Leist und den das Schulmeisterszepter niederlegenden Redaktionskollegen Otto Holenweg. Wir freuen uns auf beider Früchte der Musse, die dem Jahrbuch zugute kommen werden. Endlich ist Nationalrat Fritz Blatti zu danken; er überlässt nach langjähriger erfolgreicher Tätigkeit das Präsidium der Finanzierungskommission jüngeren Händen. Mit dem Dank an alle Helfer schicken wir das Jahrbuch auf die Reise zu den Lesern nah und fern. Möge es gute Aufnahme finden! Solothurn und Wangen, Michaelis 1974 Karl H. Flatt Redaktionskommission Dr. Karl H. Flatt, Solothurn/Wangen a.A., Präsident Dr. Valentin Binggeli, Langenthal Otto Holenweg, Ursenbach Hans Indermühle, Herzogenbuchsee Hans Moser, Wiedlisbach, Sekretär Dr. Robert Obrecht, Wiedlisbach, Präsident der Jahrbuch-Vereinigung Werner Staub, Herzogenbuchsee Karl Stettler, Lotzwil Geschäftsstelle: Hans Indermühle, Herzogenbuchsee 8 Jahrbuch des Oberaargaus, Bd. 17 (1974) DÖRFER UND EINZELHÖFE HERMANN WALSER Wer ein Land als Heimat kennen will, der sucht es dort auf, wo die mensch- lichen Werke, und zwar die lebendigen, nicht die abgestorbenen, am meisten den Charakter der Ursprünglichkeit bewahrt haben. Wandert der Natur- forscher am schaffensfrohsten durch unberührte Wälder, Moore, Hochgebirgs- zonen und so über alle vereinsamten Erdstellen, so zieht es den Heimatforscher zu jenen in die Landschaft gebetteten Menschenwerken, zu Städten, Dörfern, Höfen, Wegen und Betrieben aller Art, die am klarsten von der Herkunft und Art eines Volkes reden, und die am lebenskräftigsten noch jetzt in das Ganze der Landschaft sich einfügen. So mag einer in den alten Ländern südlicher und westlicher Kultur den Städten mit ihren Römerwerken nachgehen, so muss, wer gleichen Sinnes jüngeres deutsches Land verstehen will, hinaus zu den ländlichen Siedlungen. Denn diese sind hier älter als die Städte, auf diesen hat hier, auch auf dem einstigen Keltoromanenboden der Westseite der Deutschen, das jetzige Volks- tum sich herangebildet, indem es jahrhundertelang, ohne Städte zu besitzen, in der Landschaft draussen feste Wurzeln fasste. Diese ländlichen Siedlungen sind es auch, die, sei es durch ihre Erscheinung selbst, sei es durch die von ihnen ausgegangenen Arbeitsleistungen, am tiefgreifendsten und umfassends- ten das Wesen, wie das Bild der Landschaft umgestaltet haben, und so lockt es nicht allein den Freund der Geschichte, den Freund des Volkstümlichen, son dern ebensosehr den Geographen, ihnen näher zu treten. So soll denn in den nachfolgenden Blättern der Versuch gewagt werden, in die Erscheinungswelt der ländlichen Siedlungen des bernischen Landes zwischen Jura und Alpen in dem Sinne einer geographischen Aufgabe einige orientierende Schritte zu tun. Es soll insbesondere jener Kontrast geschlossener und zerstreuter Ansiedlungen, der unter der Formel Dörfer und Einzelhöfe bekannt und den Lesern dieses Blattes speziell mit Beziehung auf Jeremias Gotthelfs dichterischer Erschaffung der mit ihm verknüpften Lebenserschei- nungen veranschaulicht worden ist, nochmals dargestellt und die Verbreitung 9 Jahrbuch des Oberaargaus, Bd. 17 (1974) der beiden Typen beschrieben werden. (Neujahrsblatt 1898. Dr. K. Geiser, Land und Leute bei Jeremias Gotthelf.) An dem Gegenstande sind zwei Seiten, eine äussere und eine innere. Ein Dorf ist nicht bloss eine Gesellschaft ländlicher Wohn- und Wirtschafts- gebäude inmitten irgendwelcher Felder, Wiesen und Wälder, sondern es ist auch der Sinn und Ausdruck einer besonderen Landteilungs-, d.i. Bodenbesitz - und Bodennutzungsorganisation. Ein Dorf ist eine kleine Verfassung. Und ein Einzelhof ist nicht bloss ein vereinzeltes Bauernhaus, sondern der Kern einer ländlichen Sonderwirtschaft, die wieder mit ähnlichen Sonderwirtschaften in einem Verbände lockerer Natur zu stehen pflegt. Von seiner innern so gut wie von seiner äussern Seite muss auch geogra- phisch der Gegenstand aufgefasst werden. Von der äussern Seite ist das bloss Zufällige abzulösen, und es sind die natürlichen Bedingungen nachzuweisen, unter deren gesetzlichem Einwirken der Mensch im Laufe der Zeiten immer wieder das Charakteristische gestaltet hat. Die innere Seite steht in weit feine- rer, meist sogar unmerklicher Wechselbeziehung zur Natur. Jeder Teil von ihr bedeutet ein gut Stück Willkür und Freiheit. Aber auch hier ist am Ende das viele Willkürliche und Vorübergehende auszuscheiden und das allein heraus- zuschälen, was aus dem nie versiegenden Drang einer Volksart, sich geltend zu machen, herrührt, und so als ein Gesetzmässiges von höherer Ordnung zur Erscheinung kommt. Dann decken sich wohl äussere und innere Seite