Das Spanische Suebenreich
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Diplomarbeit Titel der Diplomarbeit „Gescheiterte Reichsbildungen im Frühmittelalter - Die hispanischen Sueben und die Rugier“ Verfasser Manfred Trambauer Angestrebter akademischer Grad Magister der Philosophie (Mag.phil.) Wien im April 2008 Studienkennzahl laut Studienblatt: A 312 Studienrichtung laut Studienblatt: Geschichte Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Walter Pohl Gescheiterte Reichsbildungen im Frühmittelalter - Die hispanischen Sueben und die Rugier“ 1 INHALTSVERZEICHNIS: EINLEITUNG.......................FEHLER! TEXTMARKE NICHT DEFINIERT. I. DAS SPANISCHE SUEBENREICH......................................................9 I.1) ALLGEMEINES ....................................................................................9 I.2) DIE „GENS SUEBORUM“ UND DER SUEBENNAME ..................................16 I.3) BEGRÜNDUNG DER SUEBISCHEN HERRSCHAFT IN GALICIEN.................29 I.4) DIE INNEREN STRUKTUREN DES REGNUM SUEVORUM BIS 456 .............38 I.5) DIE KONTINUITÄT DER SUEBISCHEN HERRSCHAFT BIS ZUM ABBRUCH DER ÜBERLIEFERUNGEN HYDATIUS’ 468.........................................................60 I.6) KONSOLIDIERUNG UND UNTERGANG DES REGNUM SUEBORUM .............70 I.7) ZUSAMMENFASSUNG – GRÜNDE DES SCHEITERNS..............................90 II. DAS RUGIERREICH AN DER DONAU.............................................97 II.1) ALLGEMEINES .................................................................................97 II.2) DIE RUGIER VOR IHRER ERWÄHNUNG IN DER VITA SEVERINI.............104 II.3) DAS „KREMSER RUGIERREICH“ ......................................................110 II.4) ZUSAMMENFASSUNG - GRÜNDE DES SCHEITERNS ...........................129 FAZIT ...................................................................................................135 LITERATUR:........................................................................................138 QUELLEN: ...........................................................................................156 2 Einleitung Die Vorstellung vom „Decline and Fall of the Roman Empire“, wie sie lange Zeit durch Edward Gibbon geprägt war, ist in der modernen Forschung weitgehend jener der „Transformation of the Roman World“ gewichen.1 Die Erkenntnis, daß die meisten wandernden Völkerschaften zwischen dem vierten und sechsten Jahrhundert in erster Linie nicht den Untergang des Imperiums an sich herbeiführen wollten, sondern lediglich versuchten, ihren Platz innerhalb desselben zu erkämpfen,2 wirft ein neues Licht auf deren historische Bewertung. Auch rückte man in den letzten Jahrzehnten von der Illusion der Völkerwanderung als eine Epoche von Eroberungszügen, in sich geschlossener und über Generationen unverändert gebliebener Abstammungsgemeinschaften, ab. In der Deutung spätantiker bzw. frühmittelalterlicher gentes als Quasi-Nationen, die lange Zeit in der Geschichtsforschung präsent war, spiegelten sich vor allem Wunschbilder und Rückprojektionen des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts wider.3 Stattdessen kam man mittlerweile zu der Einsicht, daß es sich bei den wandernden Völkern meist um heterogen zusammengesetzte Verbände, die sich um einen Traditionskern gebildet hatten und ständigen kulturellen und ethnischen Veränderungen ausgesetzt waren, handelte. Besonders im Falle diverser germanischer Stämme mußten auch romantisierende Stereotypen vielfach revidiert werden. Nicht die Eroberung von gutem Ackerland, daß man friedlich zu bestellen suchte, stand oft im Zentrum einer Wanderung, sondern das Schaffen von tributären Verhältnissen, die zumindest den Kerngruppen der gens ein parasitäres Leben als 1 Vgl. POHL, Walter, Introduction: The Empire and the integration of barbarians, in: Walter Pohl (Hrsg.), Kingdoms of the Empire. The Integration of Barbarians in Late Antiquity, S. 11 2 Eine Ausnahme bildeten die Langobarden, deren Landnahme in Italien nicht im Status römischer Föderaten (wie jene der Ostgoten) stattfand, sondern eine feindliche Eroberung darstellte. Vgl. JARNUT, Jörg, Geschichte der Langobarden, S. 35 3 Vgl. POHL, Walter, Die Völkerwanderung. Eroberung und Integration, S. 7 3 Kriegerelite sicherte.4 Besonders ostgermanische Gruppen übernahmen dabei oftmals die „skythischen“ Lebensweisen ihrer sarmatischen und hunnischen Nachbarn. Mit der veränderten Wahrnehmung der wandernden, barbarischen Verbände in der Forschung, erfolgte auch eine Neubewertung ihrer Reichsbildungen. Dabei konzentriert sich das Interesse der Wissenschaft naturgemäß in erster Linie auf die „erfolgreichen“ Beispiele gentiler Herrschaften, die als direkte Wegbereiter verschiedener moderner Nationen gedeutet werden können. So nehmen beispielsweise die Reiche der Franken und Angelsachsen seit jeher im französischen und englischen Geschichtsbild schon wegen der Kontinuität der Namen einen wichtigen Platz ein. In beiden Fällen verdrängten die Bezeichnungen der germanischen Eroberervölker die althergebrachten Landesnamen und schufen damit neue Identitäten. Im Falle Englands war das angelsächsische Bewußtsein sogar stark genug, um auch die fremde, normannische Eroberung des elften Jahrhunderts zu überdauern. Aber auch das westgotische Spanien oder das langobardische Italien erweckten langsam das Interesse der Einwohner ihrer modernen „Nachfolgestaaten“ und schürten vielfach auch deren nationale Fantasien, wobei vor allem in romanischen Ländern, die manchmal undifferenzierte Gleichsetzung von „germanisch“ mit „deutsch“ oder „gotisch“ mit „barbarisch“5 oft eine negative Bewertung der frühmittelalterlichen Gentilreiche nach sich zog. Manche gescheiterten Barbarenreiche, die keine Nachfolge (ob reelle oder angenommene sei dahingestellt) in einem modernen Staatsgebilde fanden, übten, zumindest wenn ihr Untergang spektakulär genug war, eine gewisse morbide Faszination auf die Nachwelt aus. 4 Vgl. POHL, Völkerwanderung, S. 26 5 Z.B. die ursprünglich abwertend verstandene Bezeichnung „Gotik“ als barbarische Stilrichtung im Gegensatz zur, an die klassische Antike angelehnten, italienischen Renaissance. 4 Beispielgebend dafür sind das erste Burgunderreich am Rhein, dessen Vernichtung in der Nibelungensage literarisch verewigt wurde, oder das italienische Ostgotenreich mit seinem König Theoderich dem Großen, der als Dietrich von Bern Einzug in die mittelalterliche Heldendichtung fand. Der Untergang der ostgotischen Herrschaft in Italien wurde im späten neunzehnten Jahrhundert, als nach der Begründung des wilhelminischen Kaiserreiches das Interesse an der „deutschen Frühzeit“ sehr groß war, in den Gedichten und Romanen Felix Dahns zum Kampf germanischen Heldentums gegen römische Verschlagenheit romantisch verklärt.6 Aber wie verhält es sich mit Völkern und deren regna, die nach mehr oder weniger langem Bestand fast sang- und klanglos, ohne sichtbares politisches oder kulturelles Erbe und auch ohne wagnerianisches Untergangsszenario, aus der Geschichte verschwanden? Das allgemeine Interesse an diesen „Verlierern“ des gentilen Ausscheidungskampfes ist eher gering, da sich meist keine unmittelbaren „Erben“ zu ihrer historischen Aufarbeitung verpflichtet fühlen. Die teilweise sehr spärliche Quellenlage erschwert diese Aufgabe zusätzlich.7 Was waren aber die tatsächlichen Gründe für das Scheitern etlicher Gentilreiche, und was unterschied diese von erfolgreicheren Modellen? Ziel dieser Arbeit ist es, zwei dieser „failed states“8 der Völkerwanderungszeit genauer zu betrachten: Zum einem das Reich der Sueben im Nordwesten der Iberischen Halbinsel und zum anderen jenes der Rugier an der niederösterreichischen Donau. Die geopolitischen 6 Z.B. in Felix Dahns Historienroman Ein Kampf um Rom. 7 In der Geschichtsüberlieferung der hispanischen Sueben klafft beispielsweise ein Lücke von ca, achtzig Jahren. 8 Der Begriff ist dabei natürlich nicht exakt nach der modernen Definition dessen, was einen „gescheiterten Staat“ des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhunderts (z.B. Afghanistan oder Somalia) ausmacht zu verstehen. Die Bedeutung von „Staatlichkeit“ im Sinne einer abstrakten, transpersonalen Vorstellung, ist auf die, auf persönlicher Gefolgschaft des Königs oder einer stirps regia basierenden Gentilreiche der Völkerwanderungszeit sicher nicht übertragbar. Vgl. GOETZ, Hans-Werner, Die Wahrnehmung von „Staat“ und „Herrschaft“ im frühen Mittelalter, in: Stuart Airlie / Walter Pohl / Helmut Reimitz (Hrsg.) Staat im frühen Mittelalter, S. 41; Zu den „failed states“ der Gegenwart vgl. http://www.foreignpolicy.com/story/cms.php?story_id=3865 5 Rahmenbedingungen dieser beiden Herrschaftsbildungen waren einerseits sehr unterschiedlich. Während die Sueben ihr Regnum in maritimer Randlage errichteten, siedelten die Rugier in einer sehr zentralen europäischen Region, obwohl diese ebenfalls an der Peripherie des Imperiums lag.9 Andererseits ähnelte sich die topographische und ökonomische Beschaffenheit ihrer Territorien in gewisser Weise. Beide Regionen, Galicien und Ufernoricum, waren bergig, relativ dünn besiedelt, klimatisch nicht begünstigt und von nur eher bescheidenem Wohlstand. Diese Umstände machten die Provinzen nicht gerade zu Ziel-Eins-Gebieten barbarischer Eroberungspolitik. Die dominanten gentes der Völkerwanderungszeit richteten ihre Aufmerksamkeit bevorzugt auf reiche Provinzen des Imperiums wie Gallien, Italien oder Afrika. Die Entwicklung der Reiche der Sueben und der Rugier gestaltete sich sehr unterschiedlich. Während den Sueben in der Abgeschiedenheit ihrer neuen Heimat eine erstaunlich lange Herrschaft beschienen war, die ihnen zeitweise sogar große expansive Möglichkeiten eröffnete, kämpften