Marktgemeinde Poggersdorf
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1 Römer, Künstler und Co. – eine vielfältige Wanderung in der Marktgemeinde Poggersdorf Von Markus Böhm Ziele: St. Johann, Leibsdorf, Wabelsdorf, St Michael ob der Gurk, Raunachmoos, Linsenberg und Wutschein; Marktgemeinde Poggersdorf und Marktgemeinde Magdalensberg; polit. Bezirk Klagenfurt-Land. Anreise: Über die B 70 Packer Straße bis zur Abbiegung St. Johann bzw. über die A2 Südautobahn kommend bis Abfahrt Grafenstein, dann weiter über die B 70 bis Abbiegung St. Johann. Durch St. Johann bis Leibsdorf, dort über Hauptstraße, Ströglacher Straße und Römer Straße bis zum Islandpferdehof Rapoldi (beschildert). Ausgangspunkt der Wanderung: Römerstraße auf Höhe Islandpferdehof Rapoldi (Römerstraße 30, 9132 Leibsdorf) in Leibsdorf. Sehenswürdigkeiten: Wohnhaus Hans Rapoldi und Dorfkapelle in St. Johann; „Die gläserne Familie“, Filialkirche hl. Martin mit Friedhofsportal und Sibitzkreuz sowie Toplitschkreuz mit Römerstein in Leibsdorf; Hutzkreuz (Pestkreuz), Filialkirche hl. Georg und Keltenbrunnen in Wabelsdorf; Buddhistisches Me- ditationszentrum mit Pagode, Pfarrkirche hl. Michael mit Karner, Totenkapelle, Kreuz und Brunnen in St. Michael ob der Gurk; Reste der Torfstichgründe (urzeitlicher Opferplatz) und Pferdefeldbahn in Raunachmoos; Filialkirche hl. Ägidius mit Grabstein von Schichtenaufseher und Gastwirt F. A. Weller in Linsenberg; römerzeitliche Statue einer Frau (ohne Kopf) und Relieffragment Eros bei Weinlese an Filialkirche hl. Andreas in Wutschein. Schwierigkeitsgrad und Dauer: Bis zu fünfstündige mittlere Wanderung; alle Ziele sind auch per Auto erreichbar. Hinweis: Parkmöglichkeit beim Islandpferdehof Rapoldi. Hier kann auch im Gasthaus Leibsdorferhof eingekehrt werden. In unseren Gemeinden offenbart sich oftmals eine ungeahnte Vielfalt. Das soll auch dieser Ausflugstipp zeigen. Wir fahren bzw. wandern durch sechs Ortschaften in der Marktgemeinde Poggersdorf und durch einen Ort der Marktgemeinde Magdalensberg. Dabei treffen wir u. a. auf Künstler, Torfstecher und Spuren der Römer. Wir hören von einer versunkenen Stadt, urzeitlichen Mooropfern und einer Pferdefeldbahn. Zudem treten wir durch zwei auf ganz unterschiedliche Weise beeindruckende Friedhofsportale. Vor Antritt der Wanderung bietet sich ein kurzer Halt an der Dorfstraße durch St. Johann an. Linker Hand sieht man kurz vor der dritten Abzweigung direkt neben der Straße die Dorfkapelle St. Johann. Sie ist als Ersatz für die Ende des 18. Jahrhunderts abgekommene Filialkirche St. Johann zu Emmersdorf entstanden. 1987 wurde sie vom ortsansässigen Künstler Hans Rapoldi (1940–2013) renoviert. Von ihm sind noch einige weitere Werke im Zuge des Ausflugs zu sehen, zwei davon in unmittelbarer Nähe der Dorfkapelle. Wenn wir zurück zur zweiten Abzweigung an der Dorfstraße gehen, finden wir Fassadenmalerei am früheren Wohnhaus des Künstlers (St. Johann 20) sowie etwas weiter gegenüber (linker Hand der Dorfkapelle) den heiligen Ägidius an der südseitigen Fassade des vormaligen Wirtschaftsgebäudes St. Johann 7. Abb. links: Dorfkapelle in St. Johann. © Markus Böhm Newsletter Nr. 10/2020 © Geschichtsverein für Kärnten 2 Filialkirche hl. Martin in Leibsdorf mit Heiligenbildern Sibitzkreuz vor der Leibsdorfer Kirche. © Markus Böhm von Hans Rapoldi am Portal und Christophorus an der Südmauer. © Markus Böhm Wir fahren weiter nach Leibsdorf, wo uns an der Kreuzung Hauptstraße/Ströglacher Straße „Die gläserne Familie“ der Künstlerin Christine Starzacher begrüßt. Auch hier sollte kurz Halt gemacht werden, um die Filialkirche hl. Martin zu besichtigen. Den Eingang zum Friedhof bilden zwei gemauerte Pfeiler mit einem schmiedeeisernen Tor. Die Pfeiler zieren Bilder der beiden heiligen Josef und Martin – 1994 gemalt von Hans Rapoldi. Vor Beerdigungen soll es in Leibsdorf Brauch sein, mit dem Sarg zuerst von der Kirche zum sogenannten Sibitzkreuz zu ziehen, dieses zu umrunden und dann zum Friedhof zurückzukehren. Das Sibitzkreuz (auch Zippuschkreuz) ist ein 1887 entstandener, mächtiger Dreikanter direkt unterhalb der Kirche. Auch an diesem Bildstock sind Werke von Hans Rapoldi zu sehen. Die Leibsdorfer Kirche (meist versperrt) ist heute eine Filiale der Pfarre Poggersdorf. Das Gotteshaus reicht auf jeden Fall ins Hochmittelalter zurück, als hier das Stift St. Paul begütert war. 1473 wurde die Kirche von den Türken in Brand gesetzt und 1616 ist sie als Filiale von Tainach genannt. An der Südseite ist ein Christophorusfresko aus der Zeit um 1520 erhalten geblieben. Der „Reisepatron“ befindet sich an einigen Südmauern der Kirchen im Gemeindegebiet. Laut Wilhelm Deuer könnte diese Außengestaltung vom Tainacher Probst Andreas Lochner (1527–1544) ausgegangen sein. Auf den Spuren der Römer Die Fahrt geht weiter über die Ströglacher Straße bis zur Römerstraße. Dort stehen an der Kreuzung das 1756 errichtete Paierkreuz (abermals Hans Rapoldi) sowie ein 1994 entstandener Trink- wasserbrunnen mit springendem Pferd. Wir biegen an der Kreuzung rechts ab und fahren bis zum bekannten Islandpferdehof Rapoldi, wo die Wanderung auf der Schotterstraße beginnt. Wir gehen jetzt über die Römerstraße und „nomen est omen“: In antiker Zeit war hier eine wichtige Verkehrsverbindung, die von der Provinzhauptstadt Virunum auf dem Zollfeld über Iuenna auf dem Hemmaberg in Richtung Südosten in die römischen Städte Celeia und Poetovio (heute Celje und Ptuj in Slowenien) führte. Newsletter Nr. 10/2020 © Geschichtsverein für Kärnten 3 Schon nach wenigen Schritten empfängt uns eine besondere „Sitzbank“, die aber heute nicht mehr als solche in Verwendung ist. Es handelt sich dabei um einen großen Marmorquader, der vermutlich vom Sockel eines römischen Grabmonuments stammt. Wegen dieses Römersteins wird auch das daneben befindliche Toplitschkreuz meist als Römerkreuz bezeichnet. 1946 wurde ein inzwischen erneuertes Inschriftentäfelchen am Bildstock angebracht: „Hier stand d(ie) Domkirche der Stadt Verrunum Anno Dom(in)i 406“. Die Wissenschaft vermutet, dass Funde aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert sowie ein Inschriftenfund im Jahr 1903 in Eiersdorf mit der Nennung eines Beamten der Stadt Virunum Anlass für diese Spekulationen gaben. Noch phantasievoller ist die Überlieferung, nach der hier die versunkene Stadt Sala liegen soll. Früher habe man noch von Zeit zu Zeit ihre Glocken läuten gehört. Sie seien verstummt, als ein Knecht das Feierabendgebot nicht einhielt. Toplitschkreuz an Römerstraße mit früher als Sitzbank Hans Rapoldi 2008 bei den Renovierungsarbeiten am genutztem Römerstein. © Markus Böhm Toplitschkreuz. © Manuela und Winfried Strohschein Renoviert hat auch diesen Bildstock Hans Rapoldi. 2008 gab er ihm eine farbige Fassung. Die Bilder wurden auf Tafeln gemalt und in die Nischen eingepasst, sodass die alten Fresken dahinter erhalten blieben. Rapoldi wurde 1940 in Grafenstein geboren. Er absolvierte von 1954 bis 1957 eine Malerlehre in Ferlach, arbeitete dann in verschiedenen Betrieben und schließlich von 1979 bis zur Pensionierung im Landesmuseum Kärnten. Neben Fassadenbildern und Bildstockmalereien schuf Rapoldi zahlreiche Acrylmalereien, Ölbilder, Aquarelle und Bleistiftzeichnungen. Außerdem restaurierte er Heiligenfiguren und Bauernmöbel. Das im Ausflugstipp verwendete Bild von den Renovierungsarbeiten haben Rapoldis Tochter Manuela Strohschein und ihr Mann Winfried zur Verfügung gestellt. Beim Toplitschkreuz handelt es sich übrigens um einen Pfeilerbildstock, dessen Typus auch im Wappen von Poggersdorf (als Symbolbild) dargestellt ist. Das Recht zur Führung des Wappens erhielt die Marktgemeinde 1996. Den Pfeilerbildstock hat man als Motiv gewählt, weil es auf dem Gemeindegebiet sehr viele Bildstöcke und Wegkreuze gibt. Schäferschippe und Lanze symbolisieren die in diesem Raum bedeutsamen Edlingerbauern, die geöffnete Zange steht für die einstige Eisenproduktion in der Nothburgahütte. Der grüne Schildgrund verweist auf die Landwirtschaft, das Schwarz auf die Montanindustrie des 19. Jahrhunderts und den einstigen Torfabbau im Raunachmoos. Nach etwa 15 Minuten Fußmarsch gelangen wir nach Wabelsdorf, wo alle Straßennamen Bezug auf die Römerzeit nehmen. Vom Noreiaweg biegen wir links in die Senatorenstraße. An der Weggabelung Senatorenstraße/Augustusweg steht das Hutzkreuz. Dieser Bildstock wurde 1685 über einem Pestgrab (die Pest herrschte 1646 im Ort) errichtet. Bei der Renovierung 1974 wurde er mit Bildern der Künstlerin Josefine Kreuzer gestaltet. Als nächstes treffen wir beim einmündenden Apolloweg auf die Filialkirche hl. Georg. Sie wurde Newsletter Nr. 10/2020 © Geschichtsverein für Kärnten 4 1616 erstmals urkundlich erwähnt, reicht aber im Kern zumindest ins 13. Jahrhundert zurück. Auch hier fehlt der Christophorus des frühen 16. Jahrhunderts an der Südwand nicht. Die Kirche gehört zur Pfarre Tainach/Tinje. Sie ist immer versperrt. Das Hutzkreuz in Wabelsdorf erinnert an die Pesttoten von Filialkirche hl. Georg in Wabelsdorf. © Markus Böhm 1646. © Markus Böhm In der Kirche ist eine rö- mische Grabinschrift für ein einheimisches Ehepaar aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. bekannt. Der Marmorstein soll als Mensaplatte im lin- ken Seitenaltar eingemauert sein. Leider sind die Men- saplatten beider Seitenaltäre verspachtelt worden, sodass die Inschrift nicht mehr sichtbar ist. Beachtenswert sind die Fresken in der Kirche. Sie sollen wenige Jahre nach denen des Thomas von Villach in Gerlamoss (um 1480) von einem unbekann- ten Künstler angefertigt Fresken in der Wabelsdorfer Kirche. © Markus Böhm worden sein. Über ihre Entdeckung berichtete die Kärntner Zeitung vom 6. September 1898: „Das ganze Presbyterium,