LEBENDIGE

Der Wert unseres Auwaldes Die Leipziger und Schkeuditzer Auenlandschaft LEBENDIGE LUPPE Der Leipziger und Schkeuditzer Auwald Auenlandschaften sind gekennzeich- Heute haben wir immer häufiger mit rahmenrichtlinie wider. Diese besagt, net durch ein weit verzweigtes Netz Überschwemmungen in den Städten, dass Gewässer in einen chemisch und aus Fließ- und Stillgewässern. Wälder Dürren und Unwettern zu kämpfen: ökologisch guten Zustand zurückge- wechseln sich mit Wiesen ab, Flüsse Eine Folge des Klimawandels und der führt werden müssen. Nicht nur die mit Bächen und Tümpeln. Charak- wasserbaulichen Maßnahmen in den Chemie muss also stimmen. Gewässer teristisch sind jährliche Hochwasser letzten Jahrhunderten. müssen sich auch als Lebensraum eig- verschiedenen Ausmaßes. In der In der jüngeren Vergangenheit haben nen, Wanderungen und Laichen von Vergangenheit hat der Mensch immer wir Menschen erkannt, dass wir von Amphibien und Fischen ermöglichen wieder versucht, dieser auentypischen der Natur auf vielfältige Weise profi- sowie entsprechende Nahrungsquel- Überschwemmungen Herr zu werden, tieren. Je stärker wir hingegen in sie len anbieten. Flussläufe trockenzulegen und die eingreifen, indem wir beispielsweise Auch im Projekt Lebendige Luppe Aue stärker zu besiedeln oder wirt- unseren Auwald verändern und vom versuchen wir, den nordwestlichen schaftlich zu nutzen. Die wertvolle Fluss trennen, desto mehr verlieren Auwald von und Schkeuditz Landschaft verschwindet zunehmend wir diese Vorteile. In der Gegenwart wieder in einen naturnahen Zustand – in Deutschland, in Europa, weltweit. wird zunehmend versucht, Eingriffe in zu führen: Historische Fließstrecken Dies ist nicht folgenlos geblieben: die Natur rückgängig zu machen oder sollen revitalisiert werden und der Es fehlen Flächen, in denen sich das ihre Folgen zu minimieren. Politisch Auwald soll nicht nur mehr Wasser, Hochwasser ausbreiten kann, die spiegelt sich dieses Wissen zum Bei- sondern auch eine naturnahe Dyna- Auen sind durch Deiche und Uferbe- spiel in der EU-weit gültigen Wasser- mik erhalten. festigungen vom Fluss getrennt, die Zusammensetzung von Flora, Fauna und auch der Boden verändern sich.

2 Das Besondere an Leipzig und Schkeuditz: Der Auwald reicht in die Stadtgebiete hinein.

3 LEBENDIGE LUPPE Lebendige Luppe – ein Flussrevitalisierungsprojekt Die Leipziger Auenlandschaft ist gen, Kanalisierungen, Deichbau und westlichen Auwald und trennt den bedroht. Zahlreiche wasserbauliche Verschüttungen zu landwirtschaftli- Wald von seiner wichtigen Wasser- Maßnahmen der letzten Jahrhun- chen und Siedlungszwecken haben versorgung ab. Durch die sich immer derte haben zu einer weitgehenden das Gewässersystem geprägt. Die stärker eintiefende Gewässersohle Austrocknung der Auwälder geführt. letzte, besonders einschneidende entzieht die der Umge- Flussbegradigungen und -umlegun- Maßnahme war der Bau der Neuen bung zusätzlich Grundwasser. Trotz- Luppe in den 1930er- bis 1950er-Jah- dem sind auch heute noch Elemente Schkeuditz ren. Diese verläuft durch den nord- der ursprünglichen Auenlandschaft zu finden: Überall in den hiesigen Auwäl- dern zeigen Hohlformen den Verlauf Herrnholz A9 alter, trockener Flussläufe. Papitzer Lachen

Auwaldstation N eu W e L eiße Elster up pe N te Lup eue l p Lu e r. A e pp t Domholz- S - e e se h n B c e schänke a s u t u Alte Wache e E r A r - e n g v p r a a be t m n s

a u ahle h G N

c s Burgauen Z ba ch

Das Leipzig Projektgebiet Zentrum 4

Elsterbecken Das Projekt Lebendige Luppe möchte Die Lebendige Luppe erhält als erstes solche Relikte verbinden, wieder mit sächsisches Projekt eine Förderung Wasser versorgen und so eine wich- im Rahmen des Bundesprogramms tige Lebensader in der Aue wieder- Biologische Vielfalt, das durch das herstellen. Gemeinsam arbeiten die Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln Städte Leipzig und Schkeuditz, die des Bundesministeriums für Umwelt, Landesverband Sachsen e.V. Universität Leipzig, das Helmholtz- Naturschutz, Bau und Reaktorsicher- Schkeuditz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) heit realisiert wird. Gefördert wird es und der NABU Sachsen seit 2012 an zudem durch den Naturschutzfonds der Revitalisierung ehemaliger Fluss- der Sächsischen Landesstiftung Natur Herrnholz A9 läufe im Auensystem zwischen Leipzig und Umwelt. Die Lebendige Luppe ist Papitzer Lachen und Schkeuditz. Damit werden in der ein Schlüsselprojekt des Grünen Ringes Auwaldstation N Landschaft Bedingungen geschaffen, Leipzig und des NABU Leipzig. eu W e L eiße Elster die dem Ökosystem seine natürlichen up pe N te Lup eue Funktionen wiedergeben. l p Lu e r. A e pp t Domholz- S - e e se Ausführliche Informationen zum Pro- h n B c e schänke a s u t u Alte Wache e E r A r - e n g v jekt finden Sie auf unserer Homepage: p r a a be t m n s a u ahle h G N www.Lebendige-Luppe.de. c s Burgauen Z ba ch

Das Projektgebiet der Lebendigen Luppe: Der nordwestliche Auwald von Leipzig und Schkeuditz war einst von einem dynamischen und weit verzweigten Flusssystem geprägt. Das Projekt hat Leipzig Zentrum es sich zur Aufgabe gemacht, einen wichtigen Teil dieser Auenlandschaft zu revitalisieren – alte Flussläufe werden wiederbelebt und zu einem neuen Fließgewässer verbunden. Abb.: U. Schroeder | NABU Sachsen 5

Elsterbecken LEBENDIGE LUPPE Der Wert unseres Auwaldes Mehr als 80 Jahre ist es nun her, dass ken gemacht, welchen Nutzen Sie dieser Leistungen sind in jedem Wald in Leipzig mit dem Bau der Neuen persönlich von der einmaligen Lage zu finden, andere sind den Auwäldern Luppe begonnen wurde. Seitdem hat Leipzigs bzw. Schkeuditz´ am Rande vorbehalten und stellen somit eine sich viel verändert: Ganze Flüsse sind eines Auwalds haben und was unser regionale Besonderheit dar. ausgetrocknet, die Häuser rücken Auwald leistet? immer näher an den Auwald heran In der Wissenschaft spricht man von Noch ist dieser Ansatz relativ neu; und auf den ehemaligen Auenflächen Ökosystemleistungen. Mit diesem Wirtschafts- und Naturwissenschaften wird Landwirtschaft betrieben. Seit Begriff soll der Nutzen der Natur nicht sind am Beginn ihrer Forschungen, der Errichtung des Nahleauslassbau- nur benannt, sondern auch bewertet aber auch im Projekt Lebendige werkes infolge des verheerenden werden. Grundlegende Leistungen, Luppe spielen Ökosystemleistungen Hochwassers von 1954 sind nur die wie die Nährstoffkreisläufe, sind eine wichtige Rolle. Mit der Revitalisie- Extremhochwasser von 2011 und Basisleistungen der Natur. Sie sind rung ehemaliger Flussbetten wird ein 2013 gezielt in die Aue geleitet wor- Voraussetzung für weitere Leistun- wesentlicher Schritt für die Erhaltung den – natürliche Überschwemmungen gen: die Versorgungsleistungen (z. B. des Auwaldes und somit auch für die bleiben aus. Holzproduktion), die Regulationsleis- Sicherung wichtiger Ökosystemleis- Der Begriff Auwald beschreibt Wälder, tungen (z. B. Klimaregulation) und die tungen getan. die eng mit dem Wasser verbunden kulturellen Leistungen (wie Erholung sind. Sie sind durch eine besondere in der Natur). Sie müssen stärker in das In dieser Broschüre möchten wir Artenzusammensetzung gekenn- Bewusstsein der Menschen gerückt Ihnen 24 dieser Ökosystemleistungen zeichnet. Aber nicht nur das. Wer in und können als Kriterien bei politi- vorstellen. Sicher fallen Ihnen noch bzw. an der Aue lebt, profitiert von ihr. schen und ökonomischen Entschei- weitere ein… Haben Sie sich schon einmal Gedan- dungen hinzugezogen werden. Einige

6 Lebensraum für Tiere und P anzen Klima

Luftlter

Nahrungs- Bedeutung Holz- spender des Waldes lieferant

Boden- Lärmlter schutz

Sauersto- Wasserlter lieferant Erholung

7 LEBENDIGE LUPPE Natur als Vorbild (Bionik) Die Natur dient uns in vielerlei Hin- Nehmen Sie den Ahorn: Seine Früchte, Luft segeln. Löwenzahnsamen haben sicht als Vorbild. Die Bionik führt die die „Nasen“, wirbeln durch die Luft. hingegen kleine Schirme, mit denen Natur mit der Technik zusammen. Hier Verantwortlich dafür sind die „Flügel“. sie durch die Luft getragen werden – werden Konstruktionen und Prinzi- So werden die Samen des Ahorns mit ähnlich unseren Fallschirmen. pien biologischer Systeme technisch dem Wind transportiert und keimen Die Vorbildfunktion gehört zu den angewendet. Der Mensch nutzt „Er- an anderer Stelle. Auf diese Weise kön- kulturellen Ökosystemleistungen der findungen“ der Natur - zum Beispiel nen Pflanzen, die ja an ihren Stand- Natur. bei der Entwicklung von Flugzeugen, ort gebunden sind, sich über weite Vielleicht waren die Ahornnasen ja das Robotern oder schmutzabweisenden Strecken hinweg ausbreiten. Auch die Vorbild für den folgenden Hubschrau- Oberflächen. Hainbuche lässt ihre Früchte durch die ber?

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Durchgezogene Linien einschneiden; seitliche Teile nach vorn knicken (1); (2) und (3) nach oben falten, so dass ein „Gewicht“ entsteht Die „Propeller“ über einen Stift ziehen (leicht rollen) – nicht abknicken!

8 Die Früchte des Ahorn rotieren weite Strecken in der Luft - ähnlich dem Propeller eines Hubschraubers.

9 LEBENDIGE LUPPE Wald in der Forstgeschichte Der Leipziger Auwald wurde seit jeher der Kohle begann. 1870 ging man wirtschaftlich genutzt. Noch immer daher in die Hochwaldwirtschaft über, stehen einige Eichen aus der Zeit vor die durch hochgewachsene Bäume der Industrialisierung. Damals wurde ähnlichen Alters geprägt ist. „Mittelwaldwirtschaft“ betrieben: Die Bereitstellung von Bau- und Für den Bedarf an Brennholz wurden Brennholz ist eine Versorgungsleis- regelmäßig (d.h. alle 15-20 Jahre) jün- tung der Natur. Die Nutzung dieser gere Bäume geschlagen, alte Bäume Leistung änderte sich mit der Zeit („Überhälter“, meist Eichen) wurden und dem Grad der Industrialisierung. nur zur Nutzung als Bauholz aus den Aber auch heute noch wird Holz als Wäldern geholt. Der Wald bestand erneuerbare Ressource genutzt. Der vorrangig aus großen, alten Eichen Blick in die Geschichte, den uns der in einem lichten Waldbestand. Mit Wald vor unserer Haustür gewährt, der Industrialisierung verlor Holz als gehört zu den kulturellen Leistungen Brennstoff an Bedeutung, das Zeitalter des Waldes.

Achten Sie auf alte Eichen im Wald. Während der Mittelwaldwirtschaft stan- den diese weitestgehend frei und konn- ten eine imposante Krone ausbilden. Die tiefen Astansätze an Bäumen aus dieser Zeit zeugen davon und erzählen so ein Stück (Forst-)Geschichte. 10 Der Leipziger Stadtforst betreibt heute einige Flächen nach dem Prinzip der Mittelwaldwirtschaft, um die ur- sprüngliche Artenzusammensetzung des Hartholzauwaldes zu fördern. Eine dieser Flächen befindet sich direkt am ehemaligen Luppe-Hochflutbett in der Burgaue, auch einem Relikt unserer Geschichte. Denn vor dem Bau der Neuen Luppe diente es dem Ableiten der Hochwasser.

11 LEBENDIGE LUPPE Nährstoffspeicher Auenlehm Auenlehm ist etwas Besonderes – er chern nicht nur besonders gut Wasser, neue Flussbett zur Weide hin geöffnet. speichert Wasser, bindet Schadstoffe sondern auch Nährstoffe. Darum ist Das Wasser strömte über die Weide und ist sehr nährstoffreich. Die Lehm- Auenlehm enorm nährstoffreich. Die- und lagerte die wertvollen Sedimente schichten, die auf unseren Böden lie- se grundlegende Ökosystemleistung ab. Am Ende der Weide wurde das gen, stammen aus den Gebirgslagen, nennt man Basisleistung. „Hochwasser“ wieder in das ursprüng- den Quellgebieten unserer Flüsse. Den hohen Nährstoffgehalt von Auen- liche Bett geleitet. Hierbei waren Wenn dort der Schnee schmilzt oder böden kennt der Mensch schon sehr Flößgräben hilfreich. Sie unterstützten es besonders viel regnet, fließt das lange, weiß ihn zu schätzen und zu den Abfluss des Wassers. Wasser über die Äcker, nimmt Boden- nutzen. Vor der Erfindung des Kunst- partikel von dort mit (Bodenerosion) düngers wurden oft „Flößwiesen“ und spült diese in die Flüsse und angelegt, auf denen Weidewirtschaft deren Zuläufe hinein. Seit der Mensch betrieben wurde. Das Flussbett wurde Landwirtschaft betreibt, ist dieser an den Rand der Wiese, etwas erhöht Prozess sehr ausgeprägt und die und schnurgerade, gelegt. Zum Dün- Flüsse transportieren entsprechend gen der Fläche wurde dieses gerade, viele Bodenpartikel. Kommt es in den Auengebieten entlang der Flüsse zu Überschwemmungen, lagern sie sich Tipp: Lösen Sie in einem Marmeladenglas etwas Lehm als Sedimente ab, die den Auenlehm in Wasser auf. Nun warten Sie einige Stunden - der Lehm bilden. Einige Tonminerale, die in die- wird sich am Boden absetzen! sen Sedimenten enthalten sind, spei-

12 Das Bild zeigt eine Flößwiese an der Lippe in Nordrhein-Westfalen (Tal- lehof). Die Flößgräben auf der Weide sind gut zu erkennen. Auf der linken Seite liegt das künstliche, gerade Fluss- bett (blaue Linie), von Bäumen ge- säumt. Heute ist diese Fläche übrigens renaturiert und dem Fluss wurde sein ursprüngliches Bett wiedergegeben. Weitere Informationen: http://www.nzo.de/projekte/gewaesser- renaturierung/lippe-im-bereich-talle- hof/

13 LEBENDIGE LUPPE Auwald für die Wissenschaft Im nordwestlichen Auwald von Leip- schung des komplexen Ökosystems zig gibt es seit dem Jahr 2001 eine Be- Auwald via Kran. Spannende Beob- sonderheit: Hier steht ein Kran mitten achtungen wurden bereits gemacht im Wald, der es den Wissenschaftlern – oder hätten Sie Laubfrösche in den und Wissenschaftlerinnen der Univer- Kronen der Auwaldbäume vermutet? sität Leipzig und des Helmholtz-Zen- In immerhin 25 Metern Höhe! Die For- trums für Umweltforschung - UFZ in schung am und im Auwald ist nötig, Leipzig erlaubt, die Baumkronen des um zu verstehen, wie das Ökosystem Hartholzauwaldes zu erforschen. Der funktioniert und wie man es schützen Kran hat eine Höhe von 40 Metern, kann. Baumkronen werden dabei steht auf einer 120 Meter langen selten intensiv betrachtet – sie sind Schienentrasse und verfügt über einfach schwer zu erreichen. Natur ist einen 45 Meter langen Ausleger. So eine wichtige Grundlage für Wissen- können 1,5 Hektar Kronenraum unter- schaft und Forschung. Erkenntnisse, sucht werden. Ökologische Wechsel- die daraus gewonnen werden können, beziehungen und Biodiversität sind stellen eine kulturelle Ökosystemleis- nur zwei Schlagworte bei der Erfor- tung dar.

Insektenfalle in den Baumkronen des Leipziger Auwaldes 14 Über den Leipziger Auwaldkran und die Auwaldforschung können Sie sich z.B. unter www.leipziger-auwald.de informieren.

Tipp: In Deutschland gibt es mehrere Baumwipfelpfade, auf denen man in den Baumkronen wandeln kann. Im Nationalpark Hainich können Sie sich z. B. den Wald aus 40 m Höhe anschauen!

15 LEBENDIGE LUPPE Wasser als Landschaftsgestalter Wasser hat die Kraft, Landschaften weitestgehend. Nur wenige Relikte zu gestalten: Es schneidet Täler in sind erhalten. Die ausbleibende Gebirge (denken Sie zum Beispiel an Auendynamik, wie sie in natürlichen Canyons), lagert Boden und Gestein Landschaften zu finden ist, verhindert um und verlegt vor allem in natürli- deren Entstehung. Durch Deiche und chen Flusslandschaften immer wieder Uferbefestigung wird das Wasser im Flussbetten. Dabei entstehen auch Zaum gehalten. Darum sind ehemali- Altwasser (ökologisch sehr wertvolle ge Lehmstiche und andere künstliche Stillgewässer, die mit der Zeit wieder Stillgewässer in einer Auenlandschaft verlanden) und trockene Altarme, die enorm wertvoll. Sie geben typischen als Senken im Wald erhalten bleiben Tier- und Pflanzenarten der Altwasser und auch heute, viele Jahrzehnte nach einen Lebensraum („Habitat“). Die Beginn der Trockenlegung der Leipzi- Erhaltung von auentypischen Lebens- ger und Schkeuditzer Auenlandschaft, räumen ist eine wichtige Basisleis- im Wald zu finden sind. Einige dieser tung von Ökosystemen. Altarme führen zeitweise Wasser, andere bleiben leer. Natürliche Altwasser fehlen in un- serer heutigen Auenlandschaft

16 Auf dem Foto ist das ehemalige Bett eines Luppelaufes im Leutzscher Holz zu erkennen. Der Bärlauch, hier bereits in voller Blüte, meidet die feuchteren Stellen des Luppe-Reliktes.

Hier wird unser Heft zum Daumenkino und zeigt Ihnen, wie sich ein typischer Auenfluss im Laufe der Zeit verändert.

17 LEBENDIGE LUPPE Wald als Zeitzeuge Anhand der Jahresringe kann man das Alter von Laubbäumen (zumindest in unseren Breiten) bestimmen. In jedem Jahr entstehen zwei Ringe, ein heller und ein dunkler. Das Frühholz, der hellere Ring, wird im Frühjahr gebildet und besteht meist aus relativ großen (mit bloßem Auge erkennbaren) Zellen, die den schnellen Transport von Wasser und Nährstoffen von der Wurzel in die Krone gewährleisten. Später im Jahr bildet sich das Spätholz aus. Die Zellen haushalt des Bodens spiegeln sich Beim Spaziergang finden Sie immer sind kleiner und dickwandiger. Der bspw. in schmalen Ringen wider. wieder gelagertes Holz oder Stumpen. höhere Ligninanteil ist für die dunklere Dendrochronologen (Experten zur Schauen Sie mal nach: Wie alt wurde Farbe verantwortlich. Je nach aktuel- Bestimmung des Alters von Holz) kön- der Baum, was könnte er alles „erlebt“ len klimatischen Bedingungen und nen anhand des Jahresringmusters oder „gesehen“ haben? Gibt es Unre- Wasserhaushalt des Bodens können interessante Rückschlüsse auf klima- gelmäßigkeiten bei den Jahresringen? die Ringe in ihrer Stärke variieren. tische Bedingungen und Bodenver- Was könnte die Ursache gewesen sein? Allgemein gilt: Je günstiger die klimati- hältnisse vergangener Jahrhunderte Auf der rechten Seite zeigen wir einige schen Bedingungen, desto stärker das ziehen. Dieser Blick in die Geschichte Ereignisse, die ein Baum in unserem Wachstum und damit die Jahresringe. ist eine besondere Form der Bildung. Auwald erlebt haben könnte. Ein trockenes Jahr oder sich langfristig Sie ist eine kulturelle Leistung unse- ändernde Bedingungen im Wasser- rer Landschaft. 18 Einige Leipziger Ereignisse:

1989 Die Montagsdemos, die „die Wende“ einläuteten. 1981 Einweihung des Neuen Gewandhauses 1969 Eröffnung der Leipziger S-Bahn 1954 Schweres Hochwasser in Leipzig 1947 „Steppensommer“ in ganz Mitteleuropa 1913 Fertigstellung Völkerschlachtdenkmal 1905 Fertigstellung Neues Rathaus 1813 Völkerschlacht bei Leipzig 1793 Einführung von Hausnummern in Leipzig 1701 Straßenbeleuchtung in Leipzig

Weitere Daten finden Sie z.B. unter www.leipzig.de oder www.leipzig-sachsen.de.

19 LEBENDIGE LUPPE Wald als Klimaregulierer Wald trägt zur Regulierung des Klimas Erhitzen benötigen Sie Energie in Form uns im Wald vor der Kälte und dem bei – aber wie eigentlich? von Strom oder Gas. eisigen Wind. Pflanzen geben über ihre Blätter Im Wald wird ein Teil der verdunsteten Der Wald reguliert aber nicht nur Wasser ab. Dieses Wasser verdunstet Feuchtigkeit durch das geschlosse- das eigene Klima, sondern hat auch – daher die höhere Luftfeuchtigkeit ne Kronendach im Wald gehalten. Auswirkungen auf die Siedlungen in in Wäldern. Der Verdunstungsprozess Gleichzeitig schützt das Blätterdach vor direkter Umgebung! Unser stadtnaher benötigt Energie. Der Umgebung wird der brennenden Sonne. Darum ist es Auwald versorgt uns also nicht nur mit diese in Form von Wärme entzogen. im Sommer in Wäldern auch deutlich der Möglichkeit eines erfrischenden Diesen Prozess können Sie auch beim kühler als auf Lichtungen und in Sied- Waldspazierganges an heißen Som- Wasserkochen beobachten: Sie erhit- lungen. Mit einem Thermometer lässt mertagen, sondern verbessert auch zen das Wasser, das Wasser verdunstet: sich das leicht bestätigen. Im Winter ist das Stadtklima – eine regulatorische Es entsteht Wasserdampf. Für das es andersherum: Die Bäume schützen Leistung unseres Auwaldes.

Tipp: Einen ähnlichen Effekt erzielen übri- gens Fassaden- und Dachbegrünungen!

12 Monate überwachte der Deutsche Wetterdienst mit mobilen Wetterstationen das Leipziger Wetter. Dabei konnte er bis zu 11°C Unterschied zwischen der Innenstadt und den Auwaldgebieten fest- stellen. (Stadtklimatische Untersuchungen in Leipzig; Behrens und Hoffmann, 2016) 20 Nehmen Sie zum nächsten Waldspazier- gang einmal einen Taschenspiegel mit. Lassen Sie sich am besten führen, damit Sie nicht stolpern, denn nun haben Sie nur Augen für das Kronendach der Bäume. Sie werden staunen, wie viel Geäst und Blattwerk Ihnen den Blick in den Himmel versperren! Es hält die Feuchtigkeit im Wald, schützt vor der Sonne und trägt so wesentlich zu einem angenehmeren Klima bei.

21 LEBENDIGE LUPPE Natur zur Identifizierung „Leipzig, die Stadt an der Pleiße“, die keit, Personen, Holz und verschie- Der Leipziger Raum ist Teil einer Spreewaldregion oder an der denste Waren zu transportieren, hat ­Auenlandschaft. Zahlreiche Straßen- . Wir identifizieren uns nicht nur vielen Städten zum wirtschaftlichen und Ortsnamen zeugen davon. Die mit der Stadt, in der wir leben, und ih- Aufschwung verholfen. Aue leistet also einen wesentlichen rer Geschichte, sondern auch mit ihrer Auch heute beeinflusst die Landschaft kulturellen Beitrag zum urbanen Natur. Gerade Flüsse spielen hierbei unsere Lebensqualität. Natur lädt Leben! eine wichtige Rolle, denn oft wurden zur Entspannung ein, stellt wichtige Siedlungen an Flüssen gebaut. Die Rohstoffe bereit und ist häufig ein Versorgung mit Wasser, die Möglich- Standbein für den Tourismus.

22 Leipzig wurde übrigens nicht, wie man vermuten könnte, an der Pleiße, son- dern an der Parthe gegründet– mehr über unsere Flüsse kann man in unserer Broschüre „Leipziger und Schkeuditzer Gewässer“ erfahren.

Die Broschüre gibt es bei uns im Kontaktbüro oder als Download auf www.Lebendige-Luppe.de!

23 LEBENDIGE LUPPE Genetische Vielfalt in der Natur Biodiversität ist mehr als nur Artenviel- säuerlich. Einige Sorten sind bei- Wird es beispielsweise trockener, sind falt. Sie beschränkt sich nicht nur auf spielsweise robuster gegenüber Kälte immer einige Pflanzen innerhalb einer die Anzahl der Tier- und Pflanzenar- oder Krankheiten, andere eignen sich Art dabei, die mit einem geringeren ten, die in einem Gebiet vorkommen, eher für die Lagerung. Diese Vielfalt Wasserangebot zurechtkommen. sondern umfasst die gesamte Vielfalt ist wichtig für das Überleben der Art, Die Bewahrung der genetischen des Lebens. Sehen Sie sich z. B. in denn sie erhöht ihre Chance fortzube- Vielfalt ist eine der bedeutendsten Ihrem Garten um: Sie haben dort nicht stehen, wenn sich die Umweltbedin- ­Basisleistungen von Ökosyste- nur verschiedene Pflanzenarten. Sie gungen ändern – in Zeiten des Klima- men und eine unserer wichtigsten finden auch verschiedenste Lebensbe- wandels wird dies besonders wichtig! ­Aufgaben. dingungen – einige Standorte liegen im Schatten, andere in der Sonne, manche sind etwas feuchter. Vielleicht haben Sie auch eine Trockenmauer oder eine geschützte Stelle, an der Ihre Blumen auch dann noch blühen, wenn es im Herbst schon recht kalt ist. Sogar der Kompost ist Lebensraum. Dort wimmelt es nur so von Würmern und anderen Bodenlebewesen. Auch innerhalb einer Art gibt es Keine Kastanie, keine Eichel gleicht der Vielfalt. Dies kann man vor allem bei anderen. Die genetische Vielfalt macht Nutzpflanzen sehen und schmecken. den Unterschied! Einige Apfelsorten sind süß, andere 24 Mehrere tausend Apfelsorten sind bekannt. Sie unterscheiden sich in Farbe, Form und Geschmack. Aber auch ihre Ansprüche an das Klima und den Boden oder ihre Anfälligkeit gegenüber Schädlingen sind unter- schiedlich. Durch die Anforderungen der modernen Landwirtschaft und das Konsumverhalten der Verbraucher sind jedoch nur einige wenige Sorten (etwa sieben!) auf dem Markt, viele alte Sor- ten verschwinden. Das ist auch im Zuge des Klimawandels problematisch, denn mit diesen Sorten verschwindet ihr genetisches Potential, unter bestimmten Umweltbedingungen zu bestehen.

Übrigens: In unserem Auwald gibt es einige sehr wertvolle Wildäpfel, um deren Erhaltung sich der Leipziger Stadtforst bemüht.

25 LEBENDIGE LUPPE Auwaldboden als Rohstoff Auen sind durch jährlich wieder- nach Zusammensetzung Zeugen der ehemaligen Nutzungsge- kehrende Hochwasser geprägt. enorme Vorteile bei der schichte zu sehen, wie Gleisreste der Diese entstehen durch die Wasser- und Wärmespeiche- Bahn, die zum Abtransport des Lehms Schneeschmelze in den Quell- rung. Getrockneter Lehm benutzt wurde. Die Bereitstellung gebieten der Flüsse oder Stark- wird „steinhart“ – daher wer- von Rohstoffen gehört zu den Versor- regenereignisse. Dabei werden den daraus u.a. Ziegel her- gungsleistungen der Natur. Bodenpartikel mit dem Fluss gestellt. Die Lufträume im transportiert, die sich in den Innern des Ziegels sorgen Übrigens: Nicht nur Menschen be- Überschwemmungsgebieten (den für eine hervorragende Wärmedäm- nutzen Lehm zum Bau ihrer Häuser. Auen) auf dem Boden ablagern. Über mung und ein gutes Raumklima. Schwalben mörteln mit Lehm ihre Jahrhunderte entstehen so mächtige Der Rohstoff Lehm wurde in Leip- kugeligen Nester, die vielerorts an Auenlehmschichten. Lehm ist ein zig bis in die zweite Hälfte des 20. Hausfassaden unter Dachvorsprüngen Gemisch verschiedener Bodenarten Jahrhunderts abgebaut. Die Papitzer hängen. Probleme bekommen die Vö- (Sand, Schluff und Ton) und bietet je Lachen beispielsweise, ein Teil des gel in Trockenzeiten, wenn der Lehm Projektgebiets der Lebendigen Luppe, zu hart ist. Dann können sie ihn nicht sind ehemalige Lehmstiche, die heute aufnehmen. Hier hilft es, einige frei wertvolle Lebensräume für Amphibien zugängliche Stellen mit der Gießkan- darstellen. Daneben sind noch viele ne feucht zu halten.

Schwalbennester bestehen aus Lehm – sie zu entfernen, ist übrigens verbo- ten! 26 Eimerschaufelbagger beim Lehmabbau bei Cospuden um 1960.

Tipp: Lehm lässt sich wie Ton formen und trocknen!

27 LEBENDIGE LUPPE Gewässerlandschaft als Lebensraum Eine natürliche Auenlandschaft ist Entstehen und Vergehen von Lebens­ ertragen beispielsweise für einige geprägt von einem Netz größerer räumen angepasst. Einige Fische Zeit die Austrocknung der Altwasser und kleinerer Fließgewässer und z.B. brauchen für ihre Entwicklung und graben sich in den Schlamm ein Altwasser. Altwasser sind ehemalige wechselnde Wasserstände. Beispiels- (z.B. die Karausche, Carassius carassius Flussschlingen (Mäander), die infol- weise entwickeln sich die Larven eines oder der Schlammpeitzger, Misgurnus ge der natürlichen Verlegung der typischen Auenfischs, der Quappe fossilis). Flussbetten abgetrennt wurden und (Lota lota), in den Altwassern. Mit Natürliche Altwasser entstehen im als Stillgewässer langsam verlanden. den natürlichen Hochwassern ge- Leipziger Auwald nicht mehr, weil sich Diesen Vorgang kann man sich im langen die Jungfische in den Fluss die Flüsse nicht mehr frei bewegen Daumenkino im Heft im Schnelldurch- und halten sich dort in den flacheren können. Da die Wassermenge der lauf ansehen. Eine Aue ist also ständig Abschnitten auf. Die erwachsenen Flüsse stets reguliert wird, fehlt auch in Bewegung, das Landschaftsbild Tiere besiedeln die tieferen Teile und die Anbindung kleiner Stillgewässer ändert sich permanent. Kolke des Gewässers. Aufgrund dieser an den Fluss. Die Tiere und Pflanzen sind an dieses Lebensweise findet man Quappen nur Das Entstehen vielfältiger Lebensräu- in natürlichen oder naturnahen (oft me ist eine Basisleistung der Natur. renaturierten) Gebieten. Auch andere Fische sind an das Leben in der Aue gut angepasst: Einige Auenfische

Die Quappe (Lota lota) war übrigens Fisch des Jahres 2002! 28 Bestehenden künstlichen Stillgewäs- adulte Eier Jung- Larven Fische sche sern, wie den Papitzer oder Wald- spitzlachen, fehlt die Anbindung an den Fluss über Hochwasser – wichtige Nebenbach, Kolk am Flach- häufig über- Tümpel, Lebensraumansprüche typischer Auen- Prallufer wasser schwemmte Aue Randsumpf Flutrinne fische. ? ?

29 LEBENDIGE LUPPE Natur als Bildungsort Nirgends lernt man leichter als in der scheinen, das raschelnde Laub auf So entsteht ein emotionaler Bezug Natur. den Wegen... Vor allem für Kinder gibt zu diesem Erlebnis – Sie erinnern sich Sie bietet die Möglichkeit, alle Sinne es viel zu entdecken: Insekten, kleine gern daran. Ganz nebenbei werden gleichermaßen zu schulen. In keiner Stöckchen, Tierspuren, Eicheln oder Wahrnehmung, Kreativität und Kon- anderen Umgebung können gleich- ähnliches. Die Eicheln werden daheim zentration geschult. zeitig so viele verschiedene Eindrücke verbastelt, die Stöcke gesammelt, die Ein unschlagbares Argument für und Impulse verarbeitet werden. bunten Blätter zu Collagen zusam- das Lernen in der Natur ist aber die Denken Sie an die Herbstspazier- mengefügt. An diese Ausflüge können Möglichkeit, ganzheitlich im Sinne gänge im Wald: bunte Blätter, die Sie sich oft noch lange erinnern und des Wortes zu lernen. Die Objekte des dunklen Früchte des Holunders, die der Gedanke daran zaubert ein Lä- Interesses sind greifbar und real. Gerü- Sonnenstrahlen, die durch das Geäst cheln auf Ihr Gesicht. che, die Oberflächenstruktur oder der Geschmack lassen sich weder in Bildern einfangen noch in Worte kleiden. Bildung gehört zu den kulturellen Ökosystemleistungen.

Lernen in der Natur ist nachhaltiger als im Klassenzimmer. 30 Für die Entdeckertour mit Kindern können Sie sich unseren Forscherruck- sack ausleihen! Er enthält neben Lupe, Kompass und Co. auch viele Ideen zum Erkunden des Auwaldes. Für Päda­gog_innen stellen wir gern unser Leipziger Auenheft (mit Arbeits- und Schaublättern sowie Konzepten für den Unterricht im Grünen) zur Verfügung. Sie können aber auch mit uns gemein- sam die Leipziger Auenlandschaft entdecken. Schauen Sie auf unsere Homepage (www.Lebendige-Luppe.de) – dort finden Sie die aktuellen Termine unserer Exkursionen!

31 LEBENDIGE LUPPE Auenlehm als Wasserspeicher Lehm ist ein Gemisch verschiedener Aber: Ist der Boden lange Zeit trocken, jetzt ordentlich wässern, läuft das Bodenarten: Er besteht aus Sand, „verlernt“ er die Fähigkeit, Wasser zu Wasser aber einfach zur Seite weg, der Schluff und Ton, wobei letzterer einen speichern. Das kennen Sie von Ihren Boden kann es nicht aufsaugen. wesentlichen Bestandteil bildet und Zimmerpflanzen: Vergessen Sie länger maßgeblich für die enorme Wasser- zu gießen, ist der Boden sehr hart und speicherkapazität verantwortlich Sie können die Pflanze samt Erdballen Nehmen Sie ein wenig Lehm aus dem ist. Vor allem in der Leipziger Aue ist aus dem Topf ziehen. Der Boden hat Wald oder Garten und legen Sie den Ton ein wesentlicher Bestandteil des sich „zusammengezogen“. Wenn Sie feuchten Klumpen auf die Waage. Auenlehms. Ton besteht aus verschie- Trocknen Sie den Lehm ein paar Tage denen Tonmineralen, die sich aus auf der Heizung und wiegen Sie ihn mehreren Schichten zusammenset- dann erneut. Die Differenz zeigt, wie zen. Zwischen den Schichten einiger viel Wasser der Lehm gespeichert hatte Tonminerale finden Nährstoffe und – in unserem Fall 8 Gramm, fast ein Wasser Platz, so dass sie aufquellen Fünftel seines Anfangsgewichtes! wie ein Schwamm. Trockene Minerale hingegen ziehen sich zusammen. Im Hochsommer austrocknende Böden Lehmwürfel im feuchten Zustand: 45 g zeigen dann die typischen Trocken- Lehmwürfel im trockenen Zustand: 37 g risse. Mit der Möglichkeit Wasser zu Differenz: 8 g Wasser befinden sich in einem speichern, leistet der Auenboden feuchten Lehmblock von der Größe einer einen wichtigen Beitrag zum Hoch- Streichholzschachtel! wasserschutz und erfüllt damit eine Regulationsleistung. 32 Bei langer Trockenheit reißt der Boden auf, die Tonminerale, die sonst das Was- ser speichern, ziehen sich zusammen.

33 LEBENDIGE LUPPE Natur als Nahrungsspender (Wild und Pilze) Was kommt bei Ihnen an den Weih- Wildschwein und Co. können nicht in oder Pilze, stellt also eine nicht zu un- nachtsfeiertagen auf den Tisch? Bei Massen gehalten werden. Sie verbrin- terschätzende Versorgungsleistung vielen ist es Reh oder Wildschwein. Für gen ihr Leben in der Wildnis oder in der Natur dar, von der wir profitieren. die Soße braucht man häufig Pilze, im Waldgehegen – abseits von Mastbe- Herbst gesammelt und dann getrock- trieben und Kraftfutter. Die Bereitstel- net. Daraus kann man natürlich auch lung von Nahrung, wie Wildfleisch leckere fleischlose Gerichte zaubern. Ob Reh oder Pilz: Wald spendet Nahrung – etwas, das in der Zeit der Discounter manchmal vergessen wird. 2014/15 kamen immerhin 24.400 Ton- nen heimischen Wilds auf den Tisch (lt. Statistik des Deutschen Jagdverban- des – DJV).

Das Pilzesammeln ist nicht selten eine Familientradition. Aber Vorsicht: Sammeln Sie nur Pilze, die Sie kennen! Nicht jeder Giftpilz ist so auffällig wie dieser Fliegenpilz. 34 Wild ist beliebt in der deutschen Küche. Wo man es direkt beziehen kann, verrät meist das Forstamt.

35 Seehausen

LEBENDIGE LUPPE Lützschena-Stahmeln Wiederitzsch r Mühlg Lindenthal usene raben Flusslandschaft als Energielieferant eha SCHKEUDITZ Se Typisch für Regionen mit Fließgewäs- versorgt uns in diesem Fall mit Energie lichen Flussbett zu belassen. Auch Plaußig thaler Wasser Weiße Elster Linden sern sind Mühlen – also die Nutzung – eine Versorgungsleistung dieses die Anstauung des Fließgewässers Grenzgraben Thekla Papitzer Lehmlach der Wasserkraft. besonderen Ökosystems. ist für viele Fische problematisch, da en Möckern Parthe Eutritzsch Heute sind nur noch wenige Müh- Heute erzeugt man mit Hilfe der sie Laichplätze verlieren oder in ihrer Wahren Mockau te Lupp N e Al e Bu Auensee Luppe-Wildbett eue Lupp rg t au len in Betrieb, aber es gibt einige Wasserkraft vor allem Strom. Dabei Wanderung behindert werden. Funk- r en e ba p ch Schönefeld m

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Mühlgräben, die auf diese alte besteht jedoch oft ein erheblicher tionstüchtige Fischtreppen und ein h Bauern-

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s Böhlitz- graben Heiterblick Z Nutzungsform hinweisen. Oberhalb Konflikt zwischen dem modernen Mindestwasserstand im eigentlichen Ehrenberg Parthe Nördliche Rietzschke E Elstermühlgraben lst Elsterbecken er -S Ö der Mühle wurde der natürliche Fluss Mühlenbetrieb und der Erhaltung Fluss sind dringend erforderlich, wenn aa stli le Leutzsch che -K Rie LEIPZIG a tzs n Zentrum chk Paunsdorf Parthe al e

meist angestaut. Ein Durchstich – der bzw. Wiederherstellung naturnaher man die Wasserkraft naturverträglich Pleißemühlgraben Mühlgraben (rot im Bild) – zweigte Gewässerlandschaften sowie natur- nutzen will. Engelsdorf Lindenau en b Wasser von seinem natürlichen Verlauf naher, durchgängiger Fließgewässer. K a arl al r -He n g ine-Ka h c

Mölkau u (dem Mäander) ab, führte es entlang Leider wird nicht immer darauf geach- Plagwitz a Grünau Z Z Südvorstadt s Reudnitz- c der Mühlgebäude und mündete tet, genügend Wasser im ursprüng- h Schleußig a Thonberg Althen m

p Connewitz

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z schließlich wieder in den ursprüngli- r

t üh t M lp i le Kleinzschocher n iß Holzhausen Kulkwitzer ß t e See t u Marienbrunn chen Flusslauf. Hierbei wurde auch oft n e a n e b P e b t b ra u a r lg r g h e s ein Gefälle erzeugt, das die Kraft des ü t n ö s l e Lößnig m E P r b en s grab e a e Großzschocher t Lein Meusdorf e r ls r e g Wassers verstärkte. E auer b L s ß Dölitz r c O h o e e l n r F i G a r Mühlgräben wurden typischerweise h e t n u zg inteichgrab a r e en a W Liebert- n n be e für Mehl-, Walk-, Schleif- und Polier- Nehmen Sie sich einen Stadtplan – wo K n wolkwitz ab Knautkleeberg lgr uke mühlen genutzt. Die Flusslandschaft finden Sie noch die typische Mühlgra- Scha

Knauthain Pleiße Markkleeberger Weiße Elster See benstruktur (rote Linie im Bild)? Wie bsgraben Cospudener Kre See viele Mühlgräben finden Sie?

36 Seehausen

Lützschena-Stahmeln Wiederitzsch r Mühlg Lindenthal usene raben eha SCHKEUDITZ Se Plaußig Auch in unserer Broschüre „Leipziger thaler Wasser Weiße Elster Linden und Schkeuditzer Gewässer“ (siehe Grenzgraben Thekla Papitzer Lehmlach Seite 23) wird ein Mühlgraben port- en Möckern Parthe Eutritzsch rätiert. Sie können das Heft in unse- Wahren Mockau te Lupp N e Al e Bu Auensee Luppe-Wildbett eue Lupp rg Gohlis rem Kontaktbüro abholen oder unter t au r en e ba p ch Nahle Schönefeld m www.Lebendige-Luppe.de downloaden. a

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s Böhlitz- graben Heiterblick Z Ehrenberg Parthe Nördliche Rietzschke E Elstermühlgraben lst Elsterbecken er -S Kleine Luppe Ö aa stli le Leutzsch che -K Rie LEIPZIG a tzs n Zentrum chk Paunsdorf Parthe

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Knauthain Pleiße Markkleeberger Weiße Elster See bsgraben Cospudener Kre See

37 LEBENDIGE LUPPE Natur und Erholung Was tun Sie am liebsten, wenn Sie fördernden Einfluss auf den mensch- Die Gesundheitsvorsorge, die Men- sich in der Natur aufhalten? Spazieren lichen Organismus. Aufenthalte in der schen in der Natur betreiben, ist eine gehen? Fahrradfahren? Frische Luft Natur tragen nachweislich zur Stress­ kulturelle Leistung der Natur und er- atmen? Ruhe genießen? reduktion bei. Es lassen sich Beruhi- spart den Krankenkassen jährlich sehr Warum sind Sie gern draußen? Weil gungseffekte auf Blutdruck und Puls viel Geld! Man könnte nun versuchen, Sie abschalten und eine kleine Auszeit sowie eine ausgleichende Wirkung auf den konkreten Geldbetrag auszurech- nehmen können? Weil Ihnen Bewe- den Hormonhaushalt messen. Natur nen, muss man aber nicht. Man kann gung an der frischen Luft gut tut? hat also einen Erholungswert und leis- auch einfach nur die Natur vor der Wussten Sie, dass es nicht nur Ihnen tet damit einen wichtigen Beitrag zur Haustür genießen und sich ihrer wohl- so geht? Natur hat einen gesundheits- Gesunderhaltung des Menschen. tuenden Wirkung bewusst sein.

38 Wissenschaftler konnten zeigen, dass sogar Naturfotografien einen erhol- samen Effekt auf uns ausüben. Auch der Blick aus dem Fenster kann die Genesung beschleunigen, wenn er ins Grüne führt. Ein guter Grund, das Angenehme (den Spaziergang) mit dem Nützlichen (dem Fotografieren) zu verbinden und sich den Auwald ins Büro oder Wohnzimmer zu holen.

39 LEBENDIGE LUPPE Wald als Rohstofflieferant Der bekannteste Rohstoff, den uns ein Eiche hat beispielsweise ein sehr har- tende Saft, mit dem der Baum die Wald bietet, ist sicherlich Holz. Sehen tes Holz. Die Stieleiche ist ein wichti- Wunde zu verschließen sucht (das Sie sich um – aus welchem Material ist ger Bestandteil der Hartholzaue, wie Harz), aufgefangen. Aus Harz wird z.B. Ihr Tisch? Und das Regal an der Wand? wir sie in Leipzig vorfinden. Kolophonium, ein wichtiger Klebstoff, Ihr Schrank? Auch wenn beim Möbel- Pappeln und Weiden, die typisch für hergestellt. Aber auch für Terpentin bau heute oft kein Vollholz mehr ver- Weichholzauen sind, haben weiches oder zur Herstellung von Ölfarben wendet wird, ist Holz doch meist die Holz. Holz ist aber bei weitem nicht und Lacken wird es verwendet. Grundlage. Selbst um Papier herzu- der einzige Rohstoff, den Wälder Die „Bereitstellung“ von Rohstoffen stellen, benötigen wir Holz! Aber Holz bereitstellen. Noch vor wenigen gehört zu den Versorgungsleistun- ist nicht gleich Holz. Je nach Baum­art Jahrzehnten gehörte z.B. die Harz- gen von Ökosystemen und kann in unterscheidet es sich in Härte, Farbe, gewinnung zur typischen Nutzung einigen Regionen eine besondere Elastizität und anderen Eigenschaften. im Kiefernwald, wie wir sie z.B. in der Bedeutung erlangen – z.B. wenn die Dübener Heide finden. Dafür wurde Rohstoffe einzigartig sind oder in die der Baum verletzt und der austre- lokale Kultur einbezogen werden. Denken Sie an die Schnitzkunst des Erzgebirges!

Das Beste am Holz ist, dass es nach- wächst und Produkte aus Holz wie- derverwendet werden können! Aus Zeitungspapier kann man wieder neues Papier machen – Recycling also. 40 Harzgewinnung an Nadelhölzern, ­früher ein geläufiges Bild in Nadelwäl- dern.

41 LEBENDIGE LUPPE Die Selbstreinigung natürlicher Gewässer Kein natürlicher Bach oder Fluss fließt Fließgeschwindigkeit des Wassers. Das Gewässer sind sauberer als künstli- gerade durch die Landschaft. Das gibt den mitgeführten Schwebstoffen che und können sich besser „selbst Wasser plätschert mehr oder weniger die Möglichkeit, sich abzulagern. Das reinigen“. Überflüssige Nährstoffe schnell. Typisch ist ein gewundener ist zum Beispiel Dünger, der von den (z.B. Dünger) und andere Schadstoffe Verlauf. Das Wasser formt mit der Zeit Feldern in die Flüsse gespült wird. werden in den Sedimenten gehalten Flussschlingen (Mäander), die den Die Mikroorganismen im Gewässer- und können nicht in das Grundwasser gleichen Effekt haben wie Serpentinen bett und der Uferregion können bei gelangen. Der Boden (bzw. Gewässer- in den Bergen: Genau wie man dort langsam fließendem Wasser mehr zur grund) funktioniert wie ein Filter – die mit dem Auto nicht so schnell fahren Reinigung des Gewässers beitragen, Aue verbessert also die Wasserquali- kann wie auf einer schnurgeraden da sie länger mit ihm in Kontakt treten tät! Die Selbstreinigung der Gewässer Autobahn, verringern die Mäander die können. Das bedeutet: Natürliche ist eine wichtige Regulationsleistung.

Der Burgauenbach, eine Renaturie- rungsmaßnahme der Stadt Leipzig und des NABU Leipzig aus den 1990er-Jah- ren, ist ein naturnahes Gewässer mit natürlichen Mäandern und geringer Fließgeschwindigkeit. 42 Die Neue Luppe fließt leicht geschwun- gen durch den Auwald. Sie ist von Dei- chen umrahmt und fließt relativ gerade in ihrem Bett. Die Fließgeschwindigkeit ist hier viel höher als im gewundenen Burgauenbach.

43 LEBENDIGE LUPPE Aue und Hochwasserschutz Natürliche Auenlandschaften werden sern bebaut, kann das Wasser nicht im in den angrenzenden Siedlungen gro- jährlich ein- bis zweimal überflutet. Boden versickern, sondern steht in den ßen Schaden an. Sind diese nicht vom Menschen Straßen und wird über die Kanalisation Steht ein naturnaher Auwald unter besiedelt oder werden wirtschaftlich in die Fließgewässer geleitet. Zudem Wasser, funktionieren die Flüsse und genutzt, kann sich das Hochwasser kann die Aue als Wasserrückhalteflä- Bäche der Landschaft wie ein natürli- ungestört und schadlos ausbreiten und che (Retentionsfläche) nicht genutzt cher Abfluss. Sie sammeln das Wasser versickert z.T. im Boden, eine Regula- werden. Dadurch transportieren unsere und führen es gezielt durch die Aue. So tionsleistung der Natur. Ist der Boden Flüsse bei Hochwasser mehr Wasser als werden Stauungen verhindert und das aber versiegelt, also mit Straßen, Park- nötig, treten trotz der Deiche immer Wasser bleibt immer in Bewegung. Das plätzen, Gehwegen oder gar mit Häu- wieder über die Ufer und richten dabei ist während des Hochwassers wichtig für die Bäume im Gebiet: Da bewegtes Wasser sauerstoffreicher ist als stehen- des, können sie die Überschwemmung länger ertragen.

Auwälder sind an wiederkehrende Hochwasser angepasst. Daher stellen Auen wertvolle Retentionsflächen dar. 44 Probieren Sie es aus: Sie brauchen zwei Dosen – beidseitig offen. Eine stellen Sie auf einen Gehweg, die andere auf Auenlehm (im Wald oder im Gar- ten). Drücken Sie die Dose fest in den Boden. Oben gießen Sie nun Wasser hinein. Auf dem Lehm versickert das meiste Wasser, auf dem Gehweg steht es in der Dose oder läuft auf den Steinen oberflächlich ab. Das Gleiche beobach- ten Sie nach Regen – auf den Gehwe- gen und Straßen steht das Wasser in Pfützen. Zum „Versickern“ ist hier ein Kanalisationsnetz nötig.

Übrigens: Nach einer Deichrückbaumaßnahme am Monheimer Rheinbogen (2001) wurde der zurückgewonnene Hochwasserschutz mit 6,7 Mio. Euro angegeben. (Gewässer und Auen – Nutzen für die Gesellschaft (2015), BfN)

45 LEBENDIGE LUPPE Natur als Nahrungsspender (Kräuter und Früchte) Alle unsere Nahrungspflanzen haben Sie sich nicht ausschließlich aus dem „wilde“ Vorfahren. Zum Beispiel Auwald ernähren, aber das eine oder stammen die verschiedenen, heute andere schmackhafte Gericht kann erhältlichen Kohlsorten wie Kohlra- man mit den Auenzutaten schon bi, Weißkohl und Blumenkohl vom zubereiten. Bärlauchpesto zum Bei- Wildkohl (Brassica oleracea) ab. Essbar spiel oder Holundergelee. Auch Pilze sind nicht nur die auf dem Markt oder sind sehr beliebt. Die Versorgung mit in der Gemüseabteilung zu kaufen- Nahrungsmitteln ist eine wichtige und den Zuchtformen, sondern auch viele beliebte Versorgungsleistung der Wildpflanzen. Wer sich eingehender Natur. damit beschäftigt, wird staunen, was alles genießbar ist. Natürlich können

Achtung! Sammeln Sie nur Pflanzen und Pilze, die Sie sicher Wußten Sie, dass man aus Eicheln kennen! Achten Sie darauf, die Pflanzen nicht roh zu essen, ein Heißgetränk machen kann, das sondern wenigstens kurz zu im Geschmack dem Milchkaffee überbrühen – so schützen Sie ähnelt? sich vor dem Fuchsbandwurm. Wichtig! Sammeln Sie nur in Be- reichen, in denen es erlaubt ist!

46 Schwarzer Holunder lässt sich vielfältig verarbeiten. Wenn Sie die Beeren nutzen möchten, müssen Sie sie vor dem Essen gut kochen. So zerstören Sie die giftigen Inhaltsstoffe (das blausäurehaltige Sam- bunigrin), es bleibt aber noch genügend Vitamin C erhalten. Mit etwas Wasser und Gelierzucker lässt sich zum Beispiel ein köstlicher Gelee für das Frühstücks- brötchen herstellen! Nebenbei bemerkt ist Holunder auch ein gutes Mittel gegen Erkältungen. Zudem wurden die dunklen Beeren früher zum Färben benutzt. Ein Holunderstrauch im Garten war lange Zeit ein absolutes Muss – er war das Lebenselixier der Familie. Kein Wunder, bei den vielen Verwendungs- möglichkeiten.

47 LEBENDIGE LUPPE Natur als Inspiration Natur inspiriert – das steht außer wo diese Inspiration herkam. der zu einem neuen Parfum anregt. Frage. Inspiratio bedeutet in der Viele große Künstler haben sich von Mode, Fotografie, Interieur oder lateinischen Sprache: einhauchen. Ein der Landschaft beflügeln lassen. Ein- Literatur – überall findet man Inspi- Gedanke, ein Funken einer Idee, der malig ist z.B. die Symmetrie, die immer rationen aus der Natur, eine weitere uns erreicht, im Nachhinein können wieder in der Natur zu finden ist. kulturelle Leistung. wir oft nicht mehr genau bestimmen, Davon war schon Ernst Häckel (1834 - 1919), ein Zoologe aus Jena, fasziniert! In der griechischen Mythologie sind Er hat sich u.a. mit dem Aufbau der es die Musen, die andere zu Kreativität Lebewesen beschäftigt und die Sym- anregen – also inspirieren. Ihre Heilig- metrien akribisch in Zeichnungen fest- tümer hießen Museion – die heuti- gehalten. Sein Buch „Kunstformen der gen Museen. Wenn das Wetter nicht Natur“ zeigt phantastische Zeichnun- gerade zu einem Spaziergang einlädt, gen, die verschiedenen Künstlern als kann man sich dort die Ergebnisse Inspiration dienten und sicher noch natürlicher Inspiration ansehen. Und immer dienen. Bei anderen mögen es sich selbst inspirieren lassen … die herbstlichen Farben sein, die sich in der Wärme eines Gemäldes wider- spiegeln oder der Duft des Frühlings,

48 Und wenn die Sonne scheint: Machen Sie einen Waldspaziergang. Kinder wie Erwachsene können sich von den Formen, Farben und Struk- turen, die in der Natur zu finden sind, anregen lassen. Suchen Sie Ihr „Lieblingsstück“.

49 LEBENDIGE LUPPE Die Aue als Lebensraum Auwälder zählen zu den artenreichsten flussnah, feinere Sedimente hingegen überschwemmten Gebieten, findet und vielfältigsten Lebensräumen Mit- wurden weiter in die Wälder und man Hartholzaue. Charakteristisch sind teleuropas. Sie fragen sich, wie diese Wiesen hineingetragen. Entsprechend hier Stieleiche, Ulme und Esche. Durch Vielfalt zustande kommt? Der Arten­ der unterschiedlichen Bodenbeschaf- die Dynamik der Flüsse in natürlichen reichtum ist den Hochwassern, die fenheiten in den Landschaftsbereichen Auen entstehen immer wieder neue sich ursprünglich regelmäßig in den findet eine Vielzahl verschiedener Lebensräume, wie kleine Standgewäs- Auwäldern ausbreiteten, zu verdanken. Tiere und Pflanzen hier optimale ser, Feuchtwiesen oder Lichtungen. Das Bodenmaterial, welches die Flüsse Lebensbedingungen. So sind in vielen Auch Totholz spielt als Lebensraum aus ihren Oberläufen mitbrachten, la- Auenlandschaften ufernahe, häufig eine wichtige Rolle: Im Leipziger gerte sich bei Überschwemmungen in überschwemmte Weichholzauen mit Auwald sind 162 holzbewohnende Kä- der Landschaft ab: grobes und schwe- Weiden, Erlen und Pappeln typisch. ferarten bekannt, 47 davon stehen auf res Material wie Sand und Kies meist Abseits der Flüsse, in den seltener der Roten Liste der bedrohten Arten Deutschlands. Tot- bzw. Altholz bietet aber auch einer Vielzahl von Pilzen, Vögeln und anderen Wirbeltieren, wie Fledermäusen, ein Zuhause. Daher gibt es in Auen auf kleinem Raum viele verschiedene Lebensräume, eine Basis- leistung der Natur.

Auch kleine Tümpel sind ein Lebensraum. 50 Auenwiesen gehören zu dem Mosaik der Lebensräume in einer Auenland- schaft. Allen gemein ist die Anpassung an Hochwasser.

51 LEBENDIGE LUPPE Auwaldboden als Kohlenstoffspeicher Kohlenstoffdioxid (CO2) ist ein wich- Auen sind im doppelten Sinne Koh- Zersetzung von Laub zu Humus tiges Treibhausgas und führt zur lenstoffspeicher: Auf jedem Boden durch Bodenorganismen. Erwärmung der Erde. Es wird bei der liegt in der Regel eine Schicht Humus, Atmung freigesetzt – aber auch bei krümliges, fast schwarzes Mate- der Zersetzung organischen Materials rial. Bei Schneeschmelze oder (z. B. toter Pflanzen und Tiere). Alle Starkregen in höheren Lagen Organismen (Tiere, Pflanzen, Pilze und wird die humusreiche obere Mikroorganismen) bestehen zu einem Schicht des Boden aus den großen Teil aus Kohlenstoff. Sterben Quellgebieten in die Flüsse diese, wird er teilweise in Form des gespült, mit dem Wasser Treibhausgases in die Luft abgegeben. transportiert und in den Ein großer Teil dieses organischen Auen mit dem Hochwasser (also dem Leben entspringendem) als Sediment abgelagert. Da- Kohlenstoffs wird aber auch im Boden rum ist Auenboden besonders gespeichert. Er ist dann vor allem im humusreich! Auch Moore spei- Humus gebunden. Humus ist der Teil chern sehr viel Kohlenstoff. Werden des Bodens, in dem Blätter, tote Tiere Auen oder Moore trockengelegt, wird und ähnliches schnell zersetzt werden. dieser Kohlenstoff abgebaut und in

Er ist daher besonders nährstoffreich. Form von CO2 in die Luft abgegeben! Kohlenstoffspeicherung ist eine Basis- So gelangt das Treibhausgas in die leistung des Bodens. Atmosphäre. Der Schutz von Auen und Mooren ist also ein wesentlicher Bestandteil des Klimaschutzes! 52 Beim Kompostieren wird organisches Material (v. a. Pflanzen) zersetzt. Es ent- steht Humus. Ein Teil des Kohlenstoffs aus den Pflanzen entweicht als CO2 in die Luft, der Rest wird gespeichert – im entstehenden Humus.

53 LEBENDIGE LUPPE Die Natur als Apotheke Es gibt einen Reim im Englischen: nach Knoblauch, schmecken genauso Selbst Hustensaft, den Sie in der Apo- „Iss Porree im Frühling und Bärlauch scharf und enthalten viel Vitamin C. theke kaufen, beruht oft auf pflanzli- im Mai, dann haben die Ärzte im Bärlauch soll den Blutdruck senken, chen Inhaltsstoffen. Die Bereitstellung nächsten Jahr frei“. Die Versorgung Arteriosklerose mindern, bei Verdau- von medizinisch wirksamen Pflanzen mit Bärlauch ist in unserem Au- ungsproblemen und Bronchitis helfen. ist eine Versorgungsleistung der wald besonders einfach – er wächst Die Naturapotheke hält vieles bereit, Natur. flächendeckend. Die Blätter riechen manches mag noch unentdeckt sein. Übrigens: Schon der Spaziergang im Wald wirkt sich positiv auf Ihre Gesundheit aus! Die Bewegung regt die Durchblutung und den Kreislauf an. Nicht umsonst soll man nach dem Essen „einige Schritte“ gehen. Die Verdauung gerät in Schwung und überzählige Kalorien werden abge- baut. Doch nicht nur die Bewegung an sich ist wichtig für unser Wohlbe- finden. Studien haben gezeigt, dass allein die Atmosphäre im Wald Balsam für gestresste Seelen ist.

54 So können Sie ein leckeres Bärlauchpes- to selbst herstellen: Bärlauch sammeln und sorgfältig waschen, kurz mit ko- chendem Wasser übergießen. Zwiebeln und Blätter kleinhacken (wer mag, auch Nüsse oder Pinienkerne), Parmesankä- se (oder Feta), Salz, Pfeffer und reich- lich Öl hinzufügen. Dazu passt natür- lich Pasta oder frisches Brot. Öl ist ein natürlicher Konservierungsstoff – bei richtiger Lagerung hält sich das Pesto einige Monate.

Achtung ! Denken Sie daran: Sammeln Sie nur Pflanzen, die Sie sicher kennen! Achten Sie darauf, nicht im Naturschutzgebiet zu sammeln.

55 LEBENDIGE LUPPE Impressum

Kontaktbüro ​ Lebendige Luppe Michael-Kazmierczak-Str. 25 04157 Leipzig Telefon: 0341 86967550 E-Mail: [email protected]

Diese Broschüre entstand im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung des Projektes Lebendige Luppe. Die Lebendige Luppe erhält als erstes sächsisches Projekt eine Förderung im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt, das durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit realisiert wird. Gefördert wird es zudem durch den Naturschutzfonds der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt. Die Lebendige Luppe ist ein Schlüsselprojekt des Grünen Ringes Leipzig und des NABU Leipzig. Weitere Informationen gibt es auf der Projekt-Homepage www.Lebendige-Luppe.de.

Autorin Maria Vlaic (NABU Sachsen)

Redaktion Maria Vitzthum (NABU Sachsen) | Birgit Peil (NABU Sachsen) | René Sievert (NABU Leipzig) | Mathias Scholz (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Leipzig | Sylke Nissen (Universität Leipzig)

Layout Uwe Schroeder (NABU Sachsen)

Herausgeber Naturschutzbund Deutschland (NABU) Landesverband Sachsen e. V. Löbauer Str. 68 04347 Leipzig Telefon: 0341 337415-0 E-Mail: [email protected]

Stand: Dezember 2016

56 Quellen

Fotos und Grafiken Titelfoto: A. Weiß und J. Bäss (360bit.com) Die Grafiken und Zeichnungen auf den Seiten 7, 31, 37 und 52 stammen aus dem „Leipziger Auenheft“, einer Handreichung für Grundschulpädagog_innen aus dem Projekt Lebendige Luppe. Für das Foto der Flößwiese (Seite 13) danken wir der NZO-GmbH Bielefeld. Die Grafik zum Leipziger Stadtklima (Seite 20) entstammt den Stadtklimatischen Untersuchungen in Leipzig durch den Deutschen Wetterdienst (Behrens, Ursel; Hoffmann, Kristin, Deutscher Wetterdienst Potsdam, 2016). Die Entwicklungsstadien der Quappe wurden uns von Margret Bunzel-Drüke I ABU zur Verfügung gestellt. (aus: Lippeaue – eine Flusslandschaft im Wandel (2010) Bezirksregierung Arnsberg (Seite 29)) Das Foto der Quappe wurde uns von Dr. Bernd Stemmer (www.fischfauna-online.de) zur Verfügung gestellt (Seite 28).

Weitere Fotoautoren Arndt Asperger: Seite 35 | Birgit Peil (NABU Sachsen): Seite 21 | Bärbel Franzke: Seite 26 | Christoph Buchen: Seite 47 | Helmholtz Zentrum für Umweltforschung – UFZ (Projekt Lebendige Luppe): Seiten 3, 14, 44, 51 | Ina Ebert: Seite 25 | Ludo van den Bogaert: Seite 43, 10 | Maria Vlaic (NABU Sachsen): Seiten 7, 9, 11, 17, 19, 22, 24, 33, 34, 38, 39, 42, 45, 46, 49, 50, 54, 55 | Markus Drappatz: Seiten 18, 41 | Maria Vitzthum (NABU Sachsen): Seite 30 | Roman Patzak: Seite 15 | Sarah Bähr (NABU Sachsen): Seite 31 | Sebastian Hennigs (NABU): Seite 53 | Winkler: Seite 27

57 LEBENDIGE LUPPE Quellen

Literatur Behrens, Ursel; Hoffmann, Kristin (Hrsg.: Deutscher Wetterdienst): Bericht - Stadtklimatische Untersuchungen in Leipzig. Ergebnisse statistischer Auswertungen langjähriger Klimareihen sowie temporärer Stations- und Profilmessungen. Deutscher Wetterdienst Potsdam, 2016. Lebendige Luppe (Hrsg. NABU Landesverband Sachsen): Leipziger Auenheft – wertvolle Vielfalt erleben und erhalten, Handreichung zur Umweltbildung für Pädagoginnen und Pädagogen. 2014 Lebendige Luppe (Hrsg. NABU Landesverband Sachsen): Leipziger und Schkeuditzer Gewässer – 24 Fließgewässer im Portrait. Hrsg. 2015 Bezirksregierung Arnsberg (Hrsg.): Lippeaue – eine Flusslandschaft im Wandel. 2010 Möhring, Ulrike; Peters, Astrid; Schackers, Bernd; UIH Ingenieur- und Planungsbüro (Hrsg. Bundesamt für Naturschutz): Den Flüssen mehr Raum geben – Renaturierung von Auen in Deutschland. 2015 Neubauer, Katrin: „Waldspaziergänge-warum sie für Körper und Geist gesund sind.“ Spiegel-online (03. 08. 2016) Naturkapital Deutschland – TEEB DE (Hrsg. Ingo Kowarik, Robert Bartz und Miriam Brenck): Ökosystemleistungen in der Stadt – Gesundheit schützen und Lebensqualität erhöhen. Technische Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ. Berlin, Leipzig. 2016 Schäfer, Achim; Kowatsch, Astrid (Hrsg. Bundesamt für Naturschutz): Gewässer und Auen – Nutzen für die Gesellschaft. 2015 Wagner, Iris: Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben - Erhaltung des Wild-Apfels im Leipziger Auenwald. Forschungsinstitut Pro Arbore. Kooperationspartner: TU-Dresden (Professur für Waldbau) & Stadtforstamt Leipzig. 2014 Wasserverband Obere Lippe (Hrsg.): Renaturierung der Lippe im Bereich Tallehof. 2013

Im Internet www.forsten.sachsen.de www.jagdverband.de www.leipziger-auwald.de www.leipzig.de www.leipzig-sachsen.de www.NABU-Sachsen.de

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LEBENDIGE LUPPE

LEBENDIGE LUPPE

Förderer

Projektpartner

Landesverband Sachsen e.V.

Das Projekt Lebendige Luppe wird durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt gefördert. Die Lebendige Luppe ist ein Schlüsselprojekt des Grünen Ringes Leipzig und des NABU Leipzig.