Rastower, Kraaker und Fahrbinder

BilderbogenInformationsblatt der Gemeinde Rastow - IG Kultur 8. Jahrgang - Nr. 2 - Okt. 2010 - Nr. 8. Jahrgang

Damals... - Geschichten aus dem Erleben Rastow hat zwar keine Kirche, dafür aber einen Bahnhof! Der Bahnhof Etwa 1944 bis 1954

Eckart Ziegler, geb. 1940, erzählt:

Etwa 200 Meter hinter unserem Haus verliefen die Gleise der Bahnstrecke Schwerin- . Ursprünglich war die Strecke zweigleisig gewesen, aber ein Gleis war abgebaut und in die ehemalige UdSSR gebracht worden. Da es so gut wie keine Autos gab, wa- ren die Züge für uns Kinder die Sym- bole für Geschwindigkeit. Einen Bahnübergang mit einem Häus- chen für den Schrankenwärter gab es auch. Wir wussten genau, wann welcher Zug kam und standen dann oft vor den geschlossenen Schranken. Wenn diese dann wieder hochgedreht wur- den, hielten wir uns an den Holmen fest und ließen uns mit in die Luft zie- hen. Es gab immer wieder Schimpfe Der Rastower Bahnhof mit Bahnpersonal 1941 vom Schrankenwärter! Noch aufregender war es nach 1945, zu fahren, das war der absolute Höhe- Der Bahnhof selber war für uns kein wenn am Bahnhof an der Rampe rus- punkt im Leben eines kleinen Jungen. Spielplatz. Dort gab es Männer in Uni- sisches Militär ausgeladen wurde. Weniger begeistert waren die Rasto- formen, vor denen wir allergrößten Panzer, Geschütze und LKWs standen wer Bürger, wenn die Panzer bei ihrer Respekt hatten. Nur wenn wir mal mit dann in großer Anzahl am Bahnhof. Fahrt in die die wenig befe- den Eltern nach Schwerin oder Ro- Manchmal nahmen uns die russischen stigte Dorfstraße wieder total kaputt stock fuhren, bekamen wir auch den Soldaten in ihren Fahrzeugen mit. Im gefahren hatten. Fahrkartenschalter, den Warteraum Führerstand eines LKWs oder eines und die Bahnsteige zu Gesicht. Panzers zu sitzen und durch das Dorf Direkt nach 1945 waren wir darauf Viel aufregender war der Teil des spezialisiert, auf langsam fahrende Bahnhofs, der unsere kindliche Phan- Die Bahnschranken - ein Zug fährt durch Güterzüge, die mit Kohlen beladen tasie enorm beschäftigte. Das war die waren, aufzuspringen. Dann muss- Verladerampe mit den Viehboxen und te man in größter Eile einige wenige der anschließenden Verladestation für Briketts abwerfen und schnell ein- Holz. In besseren Tagen trieben die sammeln. Zu Hause wurde ob dieses Bauern das verkaufte Vieh bis zum nicht ungefährlichen Tuns nicht ge- Abtransport zum Schlachthof hier hi- schimpft, es zählte nur das erbeutete nein. Wir Kinder konnten uns dort ver- Heizmaterial! stecken, über Umzäunungen klettern, Auch wenn die Schießübungen zur die „Gegner“ in Boxen einsperren; wir Heuerntezeit stattfanden und die Bau- konnten ganz einfach herrlich spielen. ern das Heu nicht einbringen konn-

1 Leben auf dem Lande ten, kam bei den Büdnern, Bauern die Bahngleise und alles, was da- Vorfall gekommen: Die Kinder Erika und Häuslern wenig Freude auf. Be- rauf fuhr, zu zerstören. Ende 1944 Döscher und Helmut Breuel verklei- sonders ist mir noch das Heulen der stellte das Schweriner Theater seine deten sich als Braut und Bräutigam: Stalinorgeln, die über Rastow hinweg Aufführungen ein, die Schulen wur- Erika hängte sich eine alte Gardine rauschten, in Erinnerung. den geschlossen. Es vermehrten sich als Brautschleier um, der Helmut zog Ich habe einmal direkt neben einem Tiefflieger- Angriffe auf die letzten sich lange Hosen an, was zu der Zeit Panzer gestanden, der seine Granate Züge und so manches Mal stoppte damals ungewöhnlich war, liefen die zu Übungszwecken in die Lewitz ab- eine Bahn im Wald, die Reisenden Jungs doch alle in kurzen Hosen he- geschossen hatte. Der Knall und der sprangen aus den Waggons und liefen rum, nun, und so ausstaffiert wollten Luftdruck hatten bewirkt, daß ich vor Deckung suchend in den Schutz der die beiden nach Schwerin fahren und Schreck rückwärts in den Graben ge- Bäume. Wie oft traf die Munition aus dort Hochzeit machen, ja, sie wollten flogen bin. den Bordwaffen die Waggons, bald heiraten!

Dramatisch aber wurde es schon Ende 1944, als jeden Tag Züge Richtung Westen durchfuhren, die so voller aus dem Osten kommender Flücht- linge waren, daß die Menschen auf den Trittbrettern standen oder auf den Puffern! Ein beliebter Platz waren die Bremserhäuschen, heiß begehrt, sogar auf den Dächern fand sich Platz. Nur fort aus dem Osten! Dagegen fand man in den Richtung Osten fahren- den Zügen noch Sitzplätze! Die Reisenden waren fast ausschließ- lich Mütter mit Kindern oder alte Menschen, die durstig waren und auch Hunger hatten. Einige von ihnen hatten den Fortgang aus ihrer Heimat seelisch nicht verkraftet. So erlebte ich einmal eine alte Frau, die aus dem Abteilfenster schaute. Ihr Arm hing heraus und sie jammerte immerzu Die Ziegler-Kinder „immer wieder winken...immer wie- der winken!“ Es war grauslich !! Im November 1954, am späten Abend, sah man kaum einen, der keine Ein- Eine ehemalige Rastowerin, Erika H. fand der letzte Besuch des Rastower schusslöcher in der Außenhaut hatte. erzählte mir, daß es in ihrer Familie Bahnhofs statt. Erwachsene brach- Die Fenster gingen allemal dabei zu eine Kuh gab, deren Milch eigentlich ten uns Kinder nach Schwerin. Dort Bruch! Wenn die Gefahr vorüber war, abgeliefert werden musste. Aber die wurden die Fahrkarten nach Berlin konnte weitergefahren werden. Aber Familie wärmte die Milch an und so gekauft und in der Frühe des nächsten immer blieb die große Angst vor den konnten wenigstens einige der ganz Tages waren wir dann in West- Berlin. nächsten Flugzeugen! Denn, man darf Kleinen versorgt werden. Die Flucht war geglückt, das Kapitel nicht vergessen, die Lokomotiven Rastow mehr oder minder erst einmal fuhren mit Dampf, der sie schon kilo- Der Bahnhofvorsteher Harloff be- abgeschlossen. meterweit verriet! trachtete den Bahnhof als seine Welt. Er sorgte für Ordnung und war häu- Auch Ursel Hartz, geb. 1929, Doch der Bahnhof war, trotz allem, fig streng, aber freundlich. So hatte er erinnert sich: für das junge Volk im Dorf immer ein sich mal mit Soldaten fotografieren wichtiger Ort! Wenn vielleicht ein- lassen, die für verschiedene Arbeiten Die Fahrten nach Schwerin verliefen mal Langeweile aufkam, dann hieß eingeteilt waren. bis Ende 1944 noch einigermaßen es ganz einfach: „Komm, wir gehen normal, das heißt, für längere Fahrten zum Bahnhof. Mal sehen, wer da Anfang 1945 gab es bei den sonst brauchte man schon eine Sonderge- mitkommt!“ Dann stand man da und immer so pünktlichen Zügen ständig nehmigung, aber das Fahren wurde schaute jeden an, der ausstieg. Und mehr Verspätungen. Viele Leute, die nun auch gefährlicher. freute sich, ein bekanntes Gesicht zu in Schwerin arbeiteten, kamen häufig sehen! zu spät zur Arbeit. Im Osten wie auch im Westen rückten Und so war es mal eines Tages im Die Flüchtlingszüge nahmen zu, jeder die Fronten näher und die feind- Jahr zuvor mit zwei Kindern aus dem Waggon war hoffnungslos überfüllt, lichen Flugzeuge versuchten jetzt, Dorf auch zu einem erstaunlichen das Geschrei der hungrigen Kinder

2 Leben auf dem Lande

der mit Munition beladenen Güterwa- Hand zu bedienende Sirene aus dem gen flogen mit einer gewaltigen Ex- Feuerwehr- Gerätehaus mitgehen las- plosion in die Luft. Der Luftdruck war sen. so stark, dass aus vielen Häusern in Rastow und auch in Ülitz die Fenster Monate später sorgte Harloff übrigens fielen, Dachziegel polterten von den dafür, dass Kohlenzüge kurz vor dem Dächern. Was wäre gewesen, wenn Dorf halten mussten. Das war eine der Zug in Rastow geblieben wäre? Chance für die Dorfbewohner -und Harloff war es zu verdanken, dass es Kinder!, die mit Kohlen beladenen keine Toten im Dorf gegeben hatte, Waggons zu entern und so viel wie Bahnhofsvorsteher Harloff mit Soldaten im Gegensatz zu den bombardieren- möglich von den Briketts abzuwerfen. den Fliegern, die dabei abstürzten. Dann fuhr der Zug langsam weiter und die Briketts wurden am Bahn- war nicht zu überhören. So stiegen Ende April 1945 damm eingesammelt. So gab es mit viele der Flüchtlinge aus und blieben Harloffs Hilfe wieder mal ein paar im Dorf, wo sie bei den verschie- Am Bahndamm hatten Männer vom warme Stuben! densten Familien Unterkunft fanden. RAD (Reichsarbeitsdienst) drei Ma- Der April 1945 kam, und damit eines schinengewehre zur Fliegerabwehr Mit Kriegsende gab es stundenlan- der unvergesslichsten Erlebnisse für aufgestellt. Sie lagen ein bisschen ge Zugverspätungen, meist fehlten viele Dorfbewohner. Auf den Bahn- im Gebüsch versteckt, aber bevor sie die Loks, da hieß es halt warten. Die gleisen südlich vom Bahnhof hatte zum Einsatz kamen, befahl man sie Fenster der Personenwagen waren mit ein langer Militärzug gehalten. Trans- mit anderen Kameraden zum Bahn- Holzbrettern zugenagelt, die Schei- portiert wurden Militärfahrzeuge hof und dann mussten sie „zur Ver- ben waren zu Bruch gegangen und ebenso wie Lebensmittel jeder Art. teidigung der Reichshauptstadt“ nach natürlich funktionierte die Heizung Die Soldaten wollten „zu den Amis“, Berlin abrücken. nicht. Zur „Reiseausstattung“ gehörte verschenkten die Lebensmittel und immer auch eine Wolldecke, denn es Zigaretten an die Dorfkinder, die na- Am Tag darauf fielen zwei Bomben konnte Stunden dauern, bis ein Zug in türlich gleich zu Stelle waren. Doch auf die Wiese neben den Bahngleisen, Schwerin ankam. schon fuhr der Zug weiter und alle dicht neben dem Gemeindehaus Voth! Doch es gab, wenn man Glück hat- schleppten ihre Beute heim. te, noch eine andere Möglichkeit, Ein Telefon gab es nur an der Bahn Schwerin zu erreichen und zwar mit Am Tag darauf, es war der 17. April, beim Bahnhofsvorsteher Harloff. dem Milchzug! Der bestand aus Zug- hielt erneut ein Militärzug direkt in Aber offiziell durfte er keine telefo- maschine und ein bis zwei Güterwa- Rastow am Bahnhof. nischen Anfragen von Privatpersonen gen, in die die Milchkannen gestellt Er war voll beladen mit Munition und beantworten. Das fiel wohl unter „Mi- wurden. An jedem Bahnhof wurde ge- Tellerminen, auch die V2 soll dabei litärgeheimnis“. Fragen wie etwa: halten und im Winter war es eine kalte gewesen sein. Da die Tiefflieger im- „wie weit ist der Amerikaner schon, Partie, aber man kam voran. mer häufiger auftauchten, bestand die hat er Schwerin bereits erreicht?“ große Gefahr, dass sie diesen Zug aufs oder „wo ist der Russe jetzt?“ interes- Vier Jahre später, 1949, verließ ich mit Korn nehmen würden. sierten nun mächtig! Die Menschen meiner Familie Rastow. Ein letzter hatten einfach Angst! Blick auf den Bahnhof weckte noch Da sorgte Harloff dafür, daß der Zug einmal alle Erinnerungen, Lustiges den Dorfbereich verließ und auf der Doch in diesen kritischen Tagen und Aufregendes, Ärgerliches und Strecke beim Bahnübergang - drückte er schon mal ein Auge zu und Spannendes, das alles ist bis heute le- Pulverhof anhielt. Tatsächlich griffen wenn man schön „bitte“ sagte, bekam bendig geblieben! kurz danach Tiefflieger an und einige man die gewünschte Antwort. 1. Mai: Der Ami ist jetzt Text: Ursel Hartz. Harloff rechts im Bild in Schwerin! Fotos Hartz, Ziegler und Gemeinde Am 2. Mai 1945 besetz- ten die Amerikaner Ra- stow und den Bahnhof. Familie Hartz nimmt Abschied von Rastow Schon einen Monat spä- ter verließen sie das Dorf wieder in den für den Ab- marsch bereit gestellten Zügen. Es waren haupt- sächlich Güterwagen, aus denen plötzlich bei der Abfahrt Sirenengeheul ertönte: sie hatten die per

3 Die Region

Kruzifix kehrt nach Uelitz zurück

Auch wenn man es ihr von außen Kirchgängern wird aufgefallen sein, kirche, vielleicht ähnlich dem, den nicht ansieht; es haben sich im Innern dass seit geraumer Zeit die Nische an die Johanniter in Kraak hinterlassen der Uelitzer Kirche in den letzten Jah- der Nordseite über dem alten Kirchen- haben. Eine weitere Frage drängt sich ren wichtige Dinge getan. Nachdem eingang leer gewesen ist. Das dort sonst damit auf: Wo ist der schöne Uelitzer die barocke Deckenmalerei mit Hilfe aufgestellte geschnitzte Kruzifix hatte Schnitzaltar geblieben, von dem die einer großzügigen Förderin 2007 re- der schon für die Deckenmalerei ver- Sage geht, eine seiner Apostelfiguren stauriert werden konnte, hat dieselbe antwortliche Restaurator Matthias Bre- habe an einer Hand sechs Finger ge- ihr Augenmerk auch auf einen weite- sien diesmal nicht in der Kirche bear- habt? Es stünde zu vermuten, dass er ren barocken Blickfang der Kirche ge- beiten können und es deshalb für einige wie nicht wenige bedeutende mittel- richtet und Mittel für dessen Restau- Monate mit sich und in seine Werkstatt alterliche Kunstwerke Ende des 19. rierung bereit gestellt. Aufmerksamen genommen. Jetzt ist es wohlbehalten Jahrhunderts an das großherzogliche wieder in Uelitz angekommen. Museum in Schwerin abgegeben wur- Das Kruzifix auf der Reise Darüber allerdings, wie das Kruzi- de. Dort aber ist von einem solchen fix ursprünglich einmal in die Uelit- Altar nichts bekannt. zer Kirche gekommen ist, weiß man Bis es demnächst vielleicht zu die- wenig. Man könnte nun vermuten, ser spannenden Frage im Bilderbo- dass das Kunstwerk als Aufsatz zu gen Neues zu vermelden gibt, bleibt einem barocken Altars gehörte, der der Kirchgemeinde die Freude über dann 1890 beim Umbau der Kirche die schöne Restaurierung des baro- der heutigen neugotischen Ausstat- cken Kruzifixes, die auch eine alte tung Platz machen musste und durch Inschriften auf zwei Kartuschen wie- Absägen des Gewölks an beiden Sei- der zu Tage gebracht hat: „er ist um ten für die Nische über der alten Tür unser missethat willen verwundet und passend gemacht wurde. Einen baro- um unser Sünde willen zerschlagen“ cken Altar aber hat die Kirche wohl – verstörende Worte, die mit altertüm- niemals besessen, denn der bekannte licher Wucht auf die Gottesdienstbe- mecklenburgische Historiker Fried- sucher niedergehen und – verglichen rich Lisch hat noch 1876 in Uelitz mit heute – geradezu ein Nachdenken einen mittelalterlichen Marienaltar über die historischen Wandlungen mit zahlreichen Heiligenfiguren ge- christlicher Lebens- und Glauben- sehen. Er stammte wohl aus der 1747 spraxis verlangen. abgebrochenen alten Zisterzienser- Text und Foto: Dr. René Wiese

4 Die Region

Kruzifix kehrt nach Uelitz zurück Als die Landlust noch Kulturhaus der LPG in Rastow war

Noch heute ist neben dem kleinen, aber liegt immer im Auge des Betrachters. beleuchteten Schild „Landlust“ in groß- Und hier hatte Rastow Glück – und mit en Metallbuchstaben zu lesen „Kultur- Sicherheit ist es auch Gerhard Podlech haus der LPG Vorwärts“ – und doch zu danken. Es gab unterschiedliche Vor- wissen bestimmt nur wenige, welcher schläge. Durchgesetzt hat sich letztend- Kulturschatz sich hinter diesen Mauern lich, den Auftrag an einen gerade an der versteckt. Hochschule für Grafik und Buchkunst Der ehemalige Vorsitzende der LPG, in Leipzig fertig gewordenen und in- Gerhard Podlech, weiß da einiges zu zwischen nach Mecklenburg gezogenen erzählen. Künstler namens Jürgen Schäfer zu ver- Heute die Geschichte um die Entste- geben. So entwarf Schäfer, der heute hung - später vielleicht auch etwas da- im Waldhaus 7 in Groß Brütz lebt und rüber, was die Räume schon alles erlebt arbeitet, drei großformatige Bilder, in haben. denen der Charakter unserer Landschaft Ausgangspunkt war eine nicht mehr zum Ausdruck gebracht wurde – flaches bewirtschaftete Gaststätte, die bereits in Land, das seinen Bauern manche die Jahre gekommen war. Und so erging Schweißperle abverlangt und ihn doch an die LPG der Auftrag, ein Kulturhaus ernährt. In der Bildauffassung erkennt für die Landbevölkerung zu bauen. Da- der Kundige den Mattheuer-Schüler mals brauchte man noch für alles Kon- – keine Abbildung des Realen, eher tingente und Freigaben – in der Regel. eine Interpretation. Farbig zwar, doch Für Kreative gab es schon immer einen verhalten – nicht laut. Da scheint der dritten Weg und wer etwas zu bieten rote Hintergrund, vor dem die Bilder hatte, bekam auch, was er brauchte. gegenwärtig im Saal des Kulturhauses Kurz gesagt, das Kulturhaus war in ge- hängen, fast erdrückend. Dennoch kann wisser Weise ein „Schwarzbau“, der am man froh sein, dass diese Arbeiten die Ende aber seinen Zuspruch fand – bei Bilderstürmerei der Wendejahre über- den Nutzern sowieso. standen haben. Der Eigentümer ist In einer Zeit, wo sich die Konsumgü- die LEG und diese hat das Triptychon terproduktion noch darum bemühte, als Dauerleihgabe an die jetzigen Ei- Kultur in und an die Häuser zu bringen, gentümer der Landlust, den Familien indem künstlerisch wertvolle Deko- Gilbrich und Leonhard übergeben. Sei- Elemente aus Bewehrungsstahl gefer- nerzeit wurden die Arbeiten zusammen tigt wurden, sah man in Rastow schon für 15.00,00 Mark der DDR erworben. weiter. Wenn es schon ein Kulturhaus Selbst wenn der Wert pro Stück heute geben sollte, dann doch auch in Zusam- nur 15.000,00 € sein würde, hat sich die menarbeit mit wirklichen Künstlern. Investition gelohnt – für den Eigentü- Ohnehin gab es die Regel, dass bei In- mer und auch für den Betrachter. Ach- vestitionen ein bestimmter Prozentsatz ten wir darauf, dass es so bleibt! der Investitionssumme für Kunst ein- gesetzt werden musste. Was Kunst ist, Text und Foto: Peter Möller

5 Profile - Personen - Gedanken Kennen Sie Gramineen ? - Eine Serie Die Pflanzenfamilie der Süßgräser Gräser sind nicht nur für die direkte nimmt in der Natur eine einzigartige Ernährung des Menschen dominie- Stellung ein. Es gibt keine andere rend, sondern dienen als Tierfutter so Pflanzenfamilie, deren Anteil an der auch indirekt für die menschliche Er- Vegetationsdecke der Erde auch nur nährung. annähernd so groß wäre wie der der Daneben spielen sie in der Garten- und Vertreter dieser Familie. Landschaftsgestaltung eine Rolle. Ra- Gräser sind von den Polarkappen ab- senflächen sind aus den Grünanlagen gesehen in allen Klimazonen der Erde der Städte, der Parks und Sportstätten heimisch. In den Tropen und Subtro- nicht mehr wegzudenken. Ziergräser pen genauso wie jenseits des Polar- finden Zugang zu Gärten und Woh- kreises. In Gebirgen finden sich Gräser nungen. noch weit oberhalb der Baumgrenze. Als Schutz vor Erosion ( Bodenabtra- Steppen und Savannen machen über gung ) werden Gräser auf Flugplät- 40 % der festen Erdoberfläche aus, zen, Böschungen der Autobahnen und Taiga und Tundra ca. 21%. Über 60 % Straßen angesät. Strandhafer auf den Saat-Weizen der festen Erdoberfläche sind damit in Dünen dient dem Küstenschutz. fester Hand der Gräser. Dazu wachsen Neu auch als Rohstoff haben Gräser Einige Gräser, die sich stark generativ Gräser in Wäldern und Halbwüsten. ihre Bedeutung ( Dämmstoff, Ener- und/ oder vegetativ vermehren, sind Die bis zu 30 m hohen Bambusarten giegewinnung ). in landwirtschaftlichen Kulturen un- tropischer Gebiete gehören ebenso zu In Südostasien wird der Bambus als erwünscht. Dazu gehören die Quecke, den Süßgräsern wie das Schilfrohr, Baustoff für Häuser, Brücken und an- der Windhalm, verschiedene Hirsear- das im ufernahem Bereich unserer dere Bauwerke verwendet. ten und die jährige Rispe. Seen wächst. Seit altersher ist bis heute das Schilf- Den Gräsern kommt nicht nur in der rohr (Phragmites comunis) als dauer- Die Bedeutung der Gräser für un- natürlichen Vegetation eine vorran- hafte Dachbedeckung bewährt. sere Region gige Bedeutung zu, sondern hat auch Weiterhin dienen Süßgräser zur Zellu- für die Ernährung der Menschen eine loseherstellung und für verschiedene Die Dörfer Kraak, Rastow und Fahr- hervorragende Bedeutung. Alle Ge- Flechtwerke (z.B. der Strohhut). Als binde gehören auch noch heute zum treidesorten (Weizen, Roggen, Hafer, Strohstern am Weihnachtsbaum dient Wirtschaftsgebiet der Lewitz. Gerste, Reis. Mais. Hirsearten) gehö- es auch der Kultur. Die Lewitz bildet zum hochliegenden ren zu den Süßgräsern und auch der Gräser sind rund um uns präsent- das Sander den Gegenpol. Für die Rinder im Weltmaßstab wichtigste Zuckerlie- Grün ist wegen der unauffälligen Blü- in den Dörfern der „Randlewitz„wurde ferant, das Zuckerrohr. ten nicht ins Auge stechend. Sie fügen die Lebensgrundlage „Gras“ aus der Die Nutzung des Graslandes reicht sich ins Grün anderer Pflanzen ein. Lewitz gewonnen. Beweiden, Heu- vom gelegentlichen Beweiden von Die Anpassungsfähigkeit der Gräser werbung und später Silierung der Steppen und Savannen durch noma- ist enorm. Nicht nur in allen Klimazo- Gräser führten zu einer sicheren Fut- disch lebende Völker bis zum hoch- nen zu Hause, stehen sie auch längere tergrundlage für die Wiederkäuer. produktiven, durch Düngung und Trockenperioden durch. Nach Regen- Auf dem höher liegenden Sander al- Wasserführung unterstützten Feld- fällen regeneriert sich die Pflanze bin- lerdings hatten anspruchslose Getrei- grasanbau. nen kurzer Zeit. dearten vor allem Roggen, Mühe ei- nen dürftigen Ertrag zu bringen. Seit Anbau und Ertäge der Getreidearten im Weltmaßstab der Einführung des Anbaus von Kar- toffeln (nachweislich 1768) wurde die Getreideart Fläche Kornertrag Kornproduktion Lebensgrundlage für die Bevölkerung Mio ha dt/ha Mio t mehr schlecht als recht gesichert. Ne- ben den ansässigen Bauern (60-70 Weizen 217 15,8 343 ha Land) nährten sich Büdner und ab Reis 135 22,8 307 ca. 1850 Häusler mit Nebenerwerbs- Hirse 113 8,9 101 landwirtschaft und Zuarbeit kärglich.

Mais 113 27,3 308 Bernhard Nürnberg Gerste 82 18,5 152 Nächste Folge: Die Lewitz und das Gras - Be- Hafer 31 18,5 58 deutung für die Dörfer der Lewitzregion Roggen 20 15,7 31 Literatur: gesamt 711 1.300 Schrader/Kaltofen „Gräser und Binsenge- wächse“ von U. Weymar, 1963

6 Profile - Personen - Gedanken

Das Schwimmbad in Rastow eine Erinnerung an den Dorfchronisten Karl-Heinz Höfs

An der alten Badestelle. Die neue Badeanstalt wurde am 24. Juni 1962 eröffnet

gefunden durch Hans Hubertus Koritzki

fen, die als vorbildlich bezeichnet werden können. Am 15. und 16. Juni 1957 fand in Rastow das Kreis-, Sport- und Kulturfest mit einer Teil- nahme von 2300 Sportlern statt. Das neu erbaute Schwimmbad wurde am Aus „750 Jahre Rastow“, Karl-Heinz Auf den Seiten 36-38 der Broschüre 24. Juni 1962 übergeben. Die 1948 Höfs, Beiträge zur Geschichte des wird berichtet: gegründete BSG „Traktor“ Rastow Dorfes, 1978 „Mit der Errichtung des neuen Sport- hat heute 152 Mitglieder in vier Sekti- Herausgegeben vom Rat der Gemein- platzes und dem Bau des Schwimm- onen: Fußball, Pferdesport, Leichtath- de Rastow, Kreis Schwerin-Land bades wurden Sportanlagen geschaf- letik und Tischtennis.

Wendebauten: Sarg- und Möbeltischlerei Artur Kröger

Holz ist das Material der Tischler. So Das Gelände der Tischlerei Kröger, später LEWA und dann Klempnerei und Installationsbetrieb baute im Jahre 1951 der Tischlermei- ster Artur Kröger seine neue Werk- statt natürlich mit viel Holz. Große Fenster, Holztüren, Holzfußboden, Holzdecken und querliegende Holz- balken als Unterzüge, die die Decken- balken unterstützten. Nicht mit senk- rechten Stützen, sondern mit einer aufwendigen Holzkonstruktion vom Dachstuhl aus abgehängt. Nur so war es ihm möglich große Räume ohne Hindernisse zu schaffen. Die Ziegel-

7 Land und Leute steine stammten von den gespreng- telbar an der Straße, in der jetzigen Firmenschild stand nun: „Klempnerei ten Munitionsfabriken in Pulverhof. Bahnhofstraße 23. Angelehnt an die- und Installationsbetrieb Peter Klod- Wie bei den meisten Häusern dieses se Nummerierung wurde später, als ner“. Nach fast 35 Jahren Holzwerk- Baujahres fehlt es dem Mauerwerk der Weg, der an der Werkstatt vorbei- statt wurden in den Räumen ab jetzt an Zement. Nur die Fugen des Au- führt „Schulstraße“ genannt wurde, Bleche bearbeitet und Material für ßenmauerwerks wurden mit einem die Hausnummer 23a für die Werk- Bäder zwischengelagert. Ein knappes Zement-Kalk-Sand Mörtel verfugt. statt vergeben. Private Unternehmen Jahr später wurde das Walmdach des An Arbeit mangelte es dem Tisch- waren der DDR Regierung ein Dorn Eingangsbereiches gegen ein Sattel- lermeister nicht, vielmehr jedoch an im Auge. So gab Kröger nach vielen dach ersetzt. Gleichzeitig bekamen Material. Außer Särgen, die immer staatlichen Auflagen seine Selbst- das Haupthaus eine neue Dacheinde- gebraucht werden, wurden auch Mö- ständigkeit auf und schloss sich der ckung und der straßenseitige Anbau bel in der Werkstatt hergestellt. Hier- „PGH Lewa“ („Lewa“ steht für Le- einen Strukturputz. Durch das höhere zu fällt mir ein Wohnzimmerschrank derwaren) an. Später verkaufte er die Satteldach wurde die Möglichkeit ein, der recht klein war, keine Schnör- Werkstatt an die Schweriner Firma. eines Dachgeschossausbaus geschaf- kel hatte und darum preiswert war. Er 1972 wurde die PGH verstaatlicht fen und im Jahre 1996 realisiert. Drei hatte im oberen Teil zwei Glas- Schie- und nannte sich von nun an „VEB Wohnräume, Küche und Badezimmer betüren und eine Holztür links dane- LEWA Schwerin-Görries“. Erst im entstanden dort, wo einst Leisten und ben. Im unteren Teil befanden sich Jahre 1978 wurde ein Anbau errich- Furniere lagerten. Und dort, wo früher drei Holztüren. Dieses Möbelstück tet, in dem sich das Büro und end- Sägen kreischten, werden jetzt fast sah man öfter in unserer Gegend. Für lich auch eine Toilette befanden. Die lautlos Bleche verformt. Von den 20 die Präsentation der Särge wurde spä- letzten Angestellten des VEB LEWA, Jahren des Bestehens meiner Firma ter ein separates Sarglager gebaut. Es die in dieser Werkstatt arbeiteten, spielen sich bereits 19 Jahre in diesen hatte zwei Schaufenster und trug die waren Sigfried Schulz und Reinhold Räumen ab. Aufschrift „Sarglager“. Das Gebäu- Dudda. Durch die Umstrukturierung de befindet sich auf dem ehemaligen der LEWA in der Wendezeit wurde Erzählen Sie uns Ihre Erlebnisse aus Wohngrundstück der Krögers, unmit- die Tischlerei geschlossen. Von 500 dem Leben in Rastow. Finden Sie alte Beschäftigten blieben 60 übrig. Die Fotos oder Tagebücher und teilen Sie neue Firmenbezeichnung ab 1. Juni uns die Geschichte dazu mit. Wir gehen sorgsam 1990 war „Deko & Design Raumaus- mit Ihrem Material um. stattung GmbH“. Nach über einem Rückfragen unter 03868-258312 Jahr Leerstand zog wieder Leben in oder senden Sie eine Mail an die Rastower Tischlerwerkstatt ein. [email protected]. Im Winter 1991/92 wurden Fenster und Türen versetzt und ein neuer Ein- gangsbereich geschaffen. Auf dem Impressum: Der Einst und heute „Rastower, Kraaker und Fahrbinder Bilderbogen“ wird von der Gemeinde Rastow Text und Fotos: Peter Klodner herausgegeben. Redaktion: Interessengemeinschaft Kultur, Rastow x Ziegeleiweg 25, 19077 Rastow Die Urheberrechte der Texte liegen bei den Verfassern, der Bilder bei den Personen, die sie beigesteuert haben - soweit die Rechte nicht an die Gemeinde abgetreten wurden. Unverlangt eingesandtes Bild- und Textmaterial wird nicht zurückgesandt. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Texte zu kürzen. Redaktionsschluß der nächsten Ausgabe ist: April 2011 Satz & Gestaltung: Peter Möller Druck und Verarbeitung: Druckerei Digital Design Schwerin

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