Nach Der Einheit Die Freiheit Retten Winston Churchills Wort, Die Deutschen Seien „Fett, Aber Impotent", Darf Für Die Politik Nicht Gelten

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Nach Der Einheit Die Freiheit Retten Winston Churchills Wort, Die Deutschen Seien „Fett, Aber Impotent Heute auf Seite 3: Bismarck-Ausstellung in Berlin £w £ftpttuHmWatl UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND w — Erscheint wöchentlich Jahrgang 41 - Folge 39 Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt 29. September 1990 SSSÄS£!E££» c 5524 c Zum 3. Oktober: Nach der Einheit die Freiheit retten Winston Churchills Wort, die Deutschen seien „fett, aber impotent", darf für die Politik nicht gelten H. W. - „Der Weg zur deutschen Einheit minaren tummeln, heute schon bedeutungs• ist frei", eine Feststellung des Bundeskanz• schwer voraussagen: „In Zukunft wird nichts lers, der in der nächsten Woche, genau am 3. mehr so sein, wie es war!", dann sollte man Oktober, in der alten und neuen Hauptstadt ein genaues Augenmerk darauf haben, was Berlin Ausdruck gegeben werden soll. Ohne denn nun geändert werden soll. Zweifel wird dem Erfolg des Kanzlers und Was die Menschen in Mitteldeutschland der bundesdeutschen Politik Respekt und erringen wollten, war die deutsche Einheit Anerkennung gezollt, unabhängig davon, ob Kohl in der richtigen Stunde den Zipfel des in Freiheit und keineswegs die Einschlep• berühmten Mantels ergriff, oder aber, ob, pung sozialistischer Rudimente, die unsere wie andere Stimmen meinen, „Bonn gerade freiheitliche Ordnung langsam, aber geschickt noch auf den fahrenden Zug aufgesprungen unterwandern sollen. Diese Ideologie sollte ist." mit dem asbestverseuchten „Palast der Re• publik" auch tatsächlich ihr Ende gefunden Hier muß man sich jener Tage des No• haben. vembers 1989 erinnern, als durch die Straßen Am 3. Oktober werden, vor allem in Ber• Leipzigs und anderer in Mitteldeutschland lin, Festakte, Jubel und Trubel zugleich sein. gelegener Städte der Ruf „Deutschland - ei• Und dennoch wäre es unredlich zu ver• nig Vaterland" erscholl. Und den in einem schweigen, daß ein nicht unerheblicher Teil schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer jubelnden unseres Volkes - auch wenn er in unseren Menschen ging es nicht um eine Aufwer• Medien nicht oder unbedeutend zu Worte tung der DDR durch die Hintertür; ihnen kommt, an diesem Tage auch mit Trauer war vielmehr daran gelegen, endlich mit der erfüllt ist: Schon schrieb uns ein deutschbe• Bundesrepublik Deutschland vereint zu wußter Ostpreuße, der heute in Canada lebt, werden. Es war keineswegs, wie man nicht in Berlin feiere man „die diktierte Nation", selten hören konnte, der „Ruf nach der D- d. h. den Zusammenschluß jener beiden Teile, Mark", sondern hier stand die deutsche Fra• deren Entwicklung die Alliierten nicht mehr ge auf der Tagesordnung. Dem Wunsch der hätten verhindern können, nachdem die La• mitteldeutschen Bevölkerung hätte der Bei• wine „Einig Vaterland" einmal losgetreten tritt nach Art. 23 unseres Grundgesetzes gewesen sei. „Das kleine Deutschland war entsprochen. stets ihr Ziel!" Dem steht die jüngste Äuße• rung des Kaiserenkels gegenüber, der Hel• Die Stunde der Cleveren mut Kohls Leistung höher wertet als das Mag sein, daß man auch in Bonn von der Werk Otto von Bismarcks. Sturmgeschwindigkeit der politischen Ent• wicklung in Mitteldeutschland überrascht Kohl und Bismarck wurde. Ist doch fast gebetsmühlenartig von Ohne Kohls Leistung den Tribut verwei• Politikern und über die Medien jahraus und gern zu wollen, finden wir, der Vergleich jahrein zu suggerieren versucht worden, die Die Quadriga auf dem Brandenburger Tor zu Berlin: Symbol der Einheit von Aachen bis Königsberg mit Bismarck hinkt ein wenig. Bismarck hat deutsche Einheit sei endgültig abzuschrei• an Stelle des abbröckelnden Habsburgerrei• ben. ches in Mitteleuropa jenes Deutsche Reich Noch am 17. November 1989 schrieb Mar- beutel gepudert gewesen sein, wenn sie nicht daß die SED noch keineswegs überwunden geschaffen, dessen Kernland eben Preußen arita Mathiopoulos, inzwischen Ehefrau des versucht haben würden, für sich zu retten, ist. war. Dem Geschick des (im Willen) „eiser• was noch (nicht nur an Pfründen und Diäten) nen" Kanzlers gelang es, unter den Gege• Pressereferenten des Bundestagspräsidenten Es mag in der Volkskammer manch bra• - auch gegen den Willen des Volkes - zu benheiten seiner Zeit die deutschen Fürsten und wohl künftigen MdB Dr. Pflüger, man ven Mann gegeben haben, doch wenn man retten war. Wie anders soll man es deuten, für die Einheit des Reiches zu gewinnen. Ein solle auf die deutsche Einheit doch endlich das Seziermeser an jene Auslese, die dort wenn die vorzitierte Dame das nachstehen• Vorhaben, vielleicht ebenso schwierig wie verzichten und statt dessen einen Friedens• versammelt war, ansetzt, kommt man nicht de Signal gab: „Eine kommunistische Regie• heute etwa der Versuch, alle Parteien unter vertrag mit den beiden deutschen Teilstaa• umhin zu erkennen, daß der Arbeiter mit rung in Ost-Berlin, unter Führung eines Re• einen Hut zu bringen. ten abschließen. Dann komme auch Europa dem Geschwätz und der Geschäftigkeit oft formers Hans Modrow, könnte die weitere endlich zur Ruhe. auch nur vermeintlich Intellektueller und Zu diesem Reich Bismarcks gehörte das Existenz des DDR-Staates sichern. Warum Amateure überhaupt nichts anzufangen Kernland Preußen. Dieses Kernland ist kei• Frau Mathiopoulos schrieb Klartext: „Wenn sollte am Ende nicht die Finnlandisierung wußte. Der Wunsch aer Menschen in Mittel• neswegs einer imperialistischen Politik Hit• es der Bundesrepublik wirklich um Freiheit der DDR stehen?" und Reformen in der DDR zu tun ist, setzt deutschland ist auf die Angleichung an die lers zu danken. Bereits 1701 wurde der erste dies den formellen Verzicht auf Wiederver• Wir wagen zu behaupten, daß wir die Ein• Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Trotz Hohenzoller zum König in Preußen zu Kö• einigung und die endgültige Anerkennung heit von West- und Mitteldeutschland schon des „Profits der Unternehmerschaft" (Stein• nigsberg gekrönt. Dieses Reich Bismarcks eines zweiten deutschen Staates und der in jenen Tagen des Novembers 1989 mehr kühler), „der Macht des großen Kapitals" schuf eine neue Dimension in Europa. Diese ostdeutschen Staatsbürgerschaft voraus. als greifbar nahe hatten, bis - ja bis - man (Schmude), der „Ellenbogengesellschaft" neuaufgelebte Zentralmacht in Mitteleuro• Darum sollte die Bundesregierung die Ini• sich daran machte, auf der parlamentarischen (Momper) - zitiert aus einem Beitrag der pa paßte nicht in das Schema derjenigen, die tiative für einen europäischen Friedensver• Ebene zu agieren, um in der „Volkskam• Gattin des Ehrenvorsitzenden der SPD, Bri• über das Schicksal dieses Erdteils das ent• trag ergreifen, der die Nachkriegsordnung mer" den Versuch zu unternehmen, mög• gitte Seebacher-Brandt in der FAZ vom 21. scheidende Wort sprechen wollten. lichst viel von sozialistischen Errungenschaf• November 1989, wonach, siehe vorstehende endlich als dauerhaft anerkennt." Nach zwei Weltkriegen war es dann so• ten zu retten. Zitate, die Neigung genährt wird, „daß et• Die bisherigen politischen Macher in der was Drittes her müsse, etwas, das den Aus• weit: Von Bismarcks Reich blieb wenig übrig DDR müßten sozusagen mit dem Klammer- Man sprach nicht gerne davon, daß die wüchsen beider Systeme den Boden entzie• - vor allem der deutsche Osten soll nun, SED-Herrschaft einen maroden Staat zu• he und den Namen des wahren, des nun vorgeblich um des Friedens willen, in Wirk• rückgelassen hat. Von dem Kaufmann, der hüben wie drüben beschworenen Sozialis• lichkeit aber, um jahrhundertealten über• im Bratenrock zum Konkursrichter gehen mus verdiene." steigerten polnischen Nationalismus zu be• muß, verlangt man, daß er über Soff und friedigen, geopfert werden. Und das alles Aus dem Inhalt Seite Haben klare Auskunft zu geben vermag. Bis Niemand wird behaupten wollen, es gäbe soll Europa dienen? Gerade weil wir unse• Gleich nach Einheitseuropa? 2 heute, so hören wir, steht eine Eröffnungsbi• eine Gesellschaftsform, die einem jeden ein ren Kindern und Enkeln eine glückliche und SED-Vergangenheit vermarktet 4 lanz aus Berlin-Ost noch aus und der Fi• geradezu paradiesisches Leben ermöglicht. friedvollere Zukunft wünschen, bleibt der Walesa will Präsidentenamt 5 nanzminister in Bonn weiß nicht einmal, wie Auch bei uns gibt es Reformerfordernisse, Appell an die Bundesregierung, auch den Wer war Christian Wernicke? 9 groß eigentlich das dunkle Loch ist, in das doch es wäre gefährlich, anzunehmen, diese polnischen Nachbarn deutlich zu machen, Festung Bartenstein ]° ohnehin seit Monaten bereits Milliarden ge• Defizite durch die Übernahme der sozialisti• daß nichts geregelt ist, was nicht gerecht Bericht über Allenstem 11 schaufelt werden. Gewiß, Herr Modrow schen Errungenschaften, die die DDR mit geregelt ist. Churchüls Wort, die Deutschen Haupttreffen der Memellander W verschwand in die Reihen der Abgeordne• einem Scherbenhaufen hinterlassen hat, be• seien „fett, aber (politisch) impotent" darf Triumph nackter Gewalt, Teil 2 2U ten, wo der zungenflinke Rechtsanwalt seitigen zu wollen. Wenn die Intellektuellen, nicht zur Maxime der Politik gegenüber dem Gregor Gysi mit seiner PDS daran erinnert, die sich hauptsächlich in soziologischen Se• polnischen Nachbarn werden. 29. September 1990 - Folge 39 - Seite 2 Politik r>os CffprrußtnbfQU Ausblick: In memoriam: Hans-Georg Bock f Gleich wieder weg von Deutschland Erfülltes Leben für Volk und Heimat Gewerkschaften und Industrie sehen im neuen Nationalstaat einen „Katalysator" für Einheitseuropa Wenngleich wir In der Noch-Bundesrepublik gab es jüngst ner politischen Union Europas und einer des Sozialstaats auf das Gebiet der ehemali- auch seit Wochen einen Vorgang, der die Beachtung der Öf• Stärkung des Europäischen Parlaments. gen DDR und übersieht dabei,
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