Bald Pensionen Für Staatsfeinde? Prof
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Heute auf Seite 3: Blickpunkt Berlin Wim £fintmHmb(oll UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNC FQR DEUTSCHLAND Jahrgang 29 — Folge 41 Parkallee 84, 2000 Hamburg 13 / 14. Oktober 1978 C 5524 C Bald Pensionen für Staatsfeinde? Prof. Weichmann: Die Grenze liegt, wo andere ein System aufrichten wollen, das keine Freiheit und Toleranz zum Ziele hat Wenn in früheren Wahlkämpfen von „heimlichen Wahlhelfern" gesprochen wur• de, die zugunsten der Unionsparteien in Vor einer Wende? den Wahlkampf eingegriffen haben sollen, Wiesbaden dann kann man diesmal — was die „Hessen• H. W. — Alfred Dregger, der Vorsitzende wahl" angeht — sicherlich von einer „offen" einer CDU, die sich im Wahlkampf mehr als geleisteten Wahlhilfe sprechen, die aller• tapfer geschlagen hat, versuchte nicht, in der dings schwerlich geeignet gewesen sein Stunde der Wahrheit Nebel abzulassen, sondern dürfte, zugunsten der Sozialdemokraten zu erklärte ganz eindeutig, daß die Union in Hes• Buche zu schlagen. Zum anderen aber auch sen das gestellte Wahlziel nicht erreicht habe. Das allein ist entscheidend — nach der einen wie über soviel Langzeitwirkung verfügt, daß nach der anderen Seite. Die FDP, die um ihre dieses Thema vermutlich in den nächsten Rückkehr in den Landtag gebangt und vielleicht Wochen und Monaten zu einer heißen von dem Mitleidseffekt ebenso profitiert hat Kontroverse führen kann. wie aus der Absicht manchen Wählers, weder die „Roten" noch die „Schwarzen" zu stark wer• Es handelt sich um die von dem Hambur• den zu lassen, hat sich bereits vorher eindeutig ger Bürgermeister gemachten „Vorschläge festgelegt. Es wird also in Hessen wieder zu ei• zur Neuregelung des Extremistenbeschlus• ner Koalition kommen, die nach dem Bonner ses", nach der es in Zukunft möglich sein Muster gestrickt ist. In Bonn wird man hörbar sojll, auch Mitglieder extremer Parteien inden aufgeatmet haben, und Kanzler Schmidt konnte beruhigt nach Japan abreisen. In der Bonner Staatsdienst einzustellen. Es geht hierbei FDP wird sich nichts tun; die Genugtuung darü. um eine Änderung des Beschlusses, den der her, daß man wieder in den Landtag kommen damalige Bundeskanzler Brandt zusammen wird, läßt die Prozentanteile, die verlorengin• mit den Ministerpräsidenten der Länder am gen, ebenso verschmerzen wie das Mandat, auf 28. Januar 1972 getroffen hat mit dem Ziel, das man verzichten muß. Hauptsache glücklich! den „langen Marsch" von Verfassungsfein- Und das ist verständlich angesichts der selbst in Parteikreisen kursierenden Befürchtungen deu durch die Institutionen zu verhindern. über den Wahlausgang. An sich hat sich an dieser Notwendigkeit auch bis heute nichts geändert. In seinen Wie bereits angemerkt, die hessische CDU Urteilen zum Verbot der Sozialistischen hat einen ausgezeichneten Wahlkampf geführt, Reichspartei und der KPD hat das Bundes• unterstützt durch die Prominenz aus Bonn und verfassungsgericht die Prinzipien der frei• München. Wäre es nach den überfüllten Sälen heitlich-demokratischen Grundordnung klar zu rechnen, hätte die Union die absolute Mehr• umrissen. Parteien, die diesen Grundsätzen heit erringen müssen. Hier ist erneut der Beweis widersprechen, sind verfassungswidrig, und geführt, daß Neugier und Interesse sich nicht immer auf dem Stimmzettel umsetzen. Unbe• Personen, die für solche Parteien und Grup• streitbar hat die Äußerung des Hamburger Bür• pierungen tätig sind, verwirken damit selbst germeisters Klose, den Radikalenerlaß zu än• das Recht auf Beschäftigung im öffentlichen dern, bei den Wählern Unruhe hervorgerufen. Dienst. Aber für einen Niederschlag im Wahlergebnis kam auch das zu spät. Man wird dem hessischen Ein solcher Beschluß ist auch keineswegs Ministerpräsidenten Börner testieren müssen, umwerfend neu und auch keineswegs so ab• daß er das Tief, in dem sich seine Partei be• wegig, wie er heute von bestimmten Krei• fand, nicht nur aufgefangen, sondern das Er• sen ausgelegt und gedeutet wird, denn einen gebnis für seine Partei — wenn auch nur gering Obwohl die CDU bei der Wahl am letzten Sonntag wieder die stärkste Partei gewor• — aber immerhin gebessert hat. ähnlichen Erlaß hatten bereits der preußi• den ist, bleibt sie weiter von Regierungsverantwortung ausgeschlossen. SPD und FDP sche Ministerpräsident Braun und sein In• werden auch künftig wieder in Wiesbaden die Regierung stellen. Das Abschneiden der wahlfleißigen Union in nenminister Severing — beide Sozialdemo• Hessen könnte so gedeutet werden, daß es ohne kraten — im Juni 1930 herausgegeben und Funktionär, sich sonst aber nicht sonderlich ein Mitglied der DKP oder gar ein Funk• parteipolitische Umgruppierungen nicht möglich damit allen Beamten verboten, in der aktiv hervortut, darf also in Hamburg künf• tionär dieser Partei in der Regel nicht und sein wird, das politische Kartell SPD/FDP aufzu• NSDAP oder der KPD tätig zu sein. Grund: tig Lehrer werden?" antwortet: „Wenn er jemand, der der DKP beitrete, müsse sich brechen. Eine These, die in den letzten Mona• beide Parteien, so stellte der Beschluß fest, die entsprechenden Leistungen bringt und eben darüber klar sein, daß er in der Regel ten immer wieder ventiliert wurde und die hatten den gewaltsamen Umsturz der be• seinen Dienst einwandfrei versieht — ja!" nicht damit rechnen kann, in diesem Staat letztlich zu der Frage führt, ob das Parteien• stehenden Ordnung zum Ziel. Vorgänger Kein Wunder, daß die Union den Wahl• pensionsberechtigter Beamter werden zu spektrum in der Bundesrepublik angereichert Kloses im Amt des Bürgermeisters der kampf in Hessen zum Anlaß nahm, um Klar• können. und dem Wähler, der nicht bereit ist, die so• Freien und Hansestadt Harnburg, der an• heit zu gewinnen. Zwar hat es der hessische zial-liberale Koalition zu wählen, ein breiteres Diese Feststellung verdient besondere Be• Spektrum geboten werden sollte. Eine solche gesehene Sozialdemokrat Prof. Weichmann, Ministerpräsident Börner abgelehnt, sich achtung, denn wenn zugelassen wird, daß bedeutsame Frage wird man nicht unter den am vertritt die Auffassung, Verfassungsfeinde von Kloses Äußerungen zu distanzieren, erklärte Kommunisten ins Beamtenverhält• Wahlabend herrschenden Stimmungen behan• dürften nicht in den Staatsdienst. Er unter• doch erklärte er auf Journalistenfragen, er nis übernommen und künftig gar als Erzie• deln können; sie wird vielmehr von den Lau• stellt, daß auch sein Nachfolger Klose von bleibe bei dem Einzelfall der Prüfung und her unserer Jugend zugelassen werden, fenen Gremien leidenschaftslos und unter rei• dieser Voraussetzung ausgehe, räumt aber für ihn gelte, daß jeder, der indoktriniere, „braucht uns um unsere Zukunft nicht bange nen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu prüfen ein, daß Kloses Meinung, es gebe Bereiche, „völlig egal, was und wie indoktriniert wird, zu sein" — sie ist dann eindeutig vorpro• sein. Jedenfalls sollte Hessen ein weiterer An• stoß dazu sein, diese für die Unionsparteien „in denen es unschädlich sei, zu einem Streit aus dem Schuldienst fliegt". FDP-Chef Gries grammiert. Die organisierten Kommunisten Anlaß geben könne". Nach Weichmann ging ein wenig weiter und nannte zumin• ebenso delikate wie lebenswichtige Frage sine machen nämlich kaum einen Hehl daraus, ira et studio zu untersuchen. Es sei denn, man schließt Freiheit, wenn sie nicht in Anarchie dest den Zeitpunkt der Klose-Äußerung als daß sie ihr Ziel in einer Veränderung, um ausarten soll, auch den Begriff der Bindung „ungeheuer töricht". will auf alle Zeit in der Opposition verbleiben. das Wort Umsturz zu vermeiden, sehen und Das aber erscheint schon aus dem Grunde nicht ein und diese Freiheit habe eine Grenze Ganz eindeutig dagegen hat Bundestags• dafür arbeiten. Keineswegs in der Form, erstrebenswert, weil es der Sinn einer jeden dort, „wo andere ein System errichten wol• präsident Carstens der Absicht der Hambur• daß sie nun (obwohl auch solche Beispiele Partei sein muß, an die Regierung zu gelangen, len, das keine Freiheit und keine Toleranz ger SPD, auch Kommunisten zum Staats• bekannt sind) ganz offen und sozusagen mit um ihre politischen Vorstellungen zu realisie• zum Ziele hat". dienst zuzulassen, widersprochen und fest• dem Holzhammer die Lehren von Marx und ren. Eine Partei, die zwar stets für sich in An• Verständlich, daß ob solch klarer Fest• gestellt, nach den entsprechenden Bestim• Lenin unter die Schuljugend bringen. Die spruch nehmen kann, stärkste politische Kraft mungen dürfe in das Beamtenverhältnis geworden und trotzdem von der Regierungs• stellung selbst bei einflußreichen SPD-Poli• Methoden sind heute sehr viel subtiler und nur berufen werden, wer Gewähr dafür verantwortung ausgeschlossen zu sein, ermüdet tikern der Hansestadt Unverständnis über sie werden von den Eltern meistens erst biete, daß er jederzeit für eine freiheitlich• auf die Dauer das Partei„fußvolk" wie die Wäh• die Auffassung ihres Bürgermeisters bemerkt, wenn es bereits zu spät ist. demokratische Grundordnung im Sinne des ler, und sie ist auch für die Jugend wenig attrak• herrscht, der in einem Interview auf die Grundgesetzes eintritt. Diese Gewähr biete Mit Recht hat der Vorsitzende der CDU- tiv. Frage- „Wer DKP-Mitglied ist oder gar Bundestagsfraktion, Dr. Kohl, darauf hin• gewiesen, daß das Hamburger Verfahren Am kommenden Sonntag steht die Wahl in erhebliche Gefahren beinhaltet. Wenn es Bayern an. Die Freien Demokraten erwarten, zum Modell erhoben würde, könnten Kom• daß sich ihr Abschneiden in Wiesbaden auch in munisten und andere Radikale künftig über• München positiv auswirken wird. An der domi• all ungehindert Lehrer werden, wo Sozial• nierenden Position der CSU wird nicht