Ostpreussen Wegweiser.Pdf
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
WEGWEISER durch unvergessenes Land (Erdkundliche Lexika) Band 1: Georg Hermanowski, Ostpreussen Wegweiser Band 2: Heinz Rudolf Fritsche, Schlesien Wegweiser Band 3: Johannes Hinz, Pommern Wegweiser Im selben Verlag erschienen: DEUTSCHE LANDSCHAFTEN IM LEXIKON (Universal-Lexika) Band 1: Hans Einsle, Bayern Lexikon (vergriffen) Band 2: Klaus Ullmann, Schlesien Lexikon Band 3: Georg Hermanowski, Ostpreussen Lexikon Band 4: Rudolf Hemmerle, Sudetenland Lexikon Band 5: Herbert Fischer, Pommern Lexikon GEORG HERMANOWSKI OSTPREUSSEN-WEGWEISER durch ein unvergessenes Land 454 Abbildungen darunter 157 Federzeichnungen von Johannes Hinz 2. Auflage Titelbild: Bernsteinkogge (Foto: Hans Georg Kuhlenkamp) mit freundlicher Genehmigung der PREUSSAG Hannover Karte im Nachsatz: Emst R. Döring BILDNACHWEIS: Döring (4); Hinz (157); Podehl (10); alte Vorlagen (283). CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Wegweiser durch unvergessenes Land: (erdkundl. Lexika). – Mannheim: Kraft Bd. 1. Hermanowski, Georg: Ostpreussen-Wegweiser durch ein unvergessenes Land. 2. Aufl. – 1989 ISBN 3-8083-1190-8 Hermanowski, Georg: Ostpreussen-Wegweiser durch ein unvergessenes Land / Georg Hermanowski. 445 Abb., darunter Federzeichn. Johannes Hinz. 2. Aufl. – Mannheim: Kraft, 1989 (Wegweiser durch unvergessenes Land; Bd. 1) ISBN 3-8083-1190-8 NE: HST © 1989 Kraft Verlag, Würzburg Satz/Druck: Walter’s Druckerei, Eltville am Rhein Buchbinderische Verarbeitung: Hollmann GmbH, Darmstadt ISBN 3 8083 1190 8 Eingelesen mit ABBYY Fine Reader OSTPREUSSEN LEBT Der Mensch ist von Natur aus vergesslich, selbst wenn es um die höchsten Werte geht, zu denen ja die Heimat zählt. Für uns jedoch muss Ostpreussen Wirklichkeit bleiben; nur so lebt es in un- seren Herzen fort. In einer Zeit, da Geschichte oft klein geschrieben wird, gilt es, das Geschichts- bewusstsein zu stärken. «Die Örtlichkeit», sagte einst Helmuth Graf von Moltke, «ist das von einer längst vergangenen Begebenheit übrig gebliebene Stück Wirklichkeit. « Grenzen wandeln sich ständig. Ostpreussens Städte und Dörfer, seine Wälder und Seen, Höhen und Täler, Flüsse und Kanäle, die Haffe und Nehrungen, das Oberland und die Niederung, das Ermland und Natangen, Masuren und das Samland aber bleiben. Viele Werte fielen dem Zahn der Zeit zum Opfer: Burgen und Kirchen wurden gebaut und verfielen. Neue Schlösser und Kirchen entstanden, die das Antlitz des Landes mitprägten, die jenen Zusammenklang zwischen Vergangenheit und Gegenwart schu- fen, dem wir allerorts begegnen. Ostpreussen zu Wasser und zu Lande, auf der Schiene und Strasse neu zu entdecken, will dieses Buch helfen. Oft mussten wir auf Quellen zurückgreifen, die ihre eigene Sprache sprechen. «Die Zahlenanga- ben in mittelalterlichen Chroniken», so der Literarhistoriker Gisbert Kranz, «pflegen nicht gerade Muster an Zuverlässigkeit zu sein.» Die Namensschreibung wandelte sich im Laufe der Zeiten; und wo zwei Chronisten über eine und dieselbe Tatsache berichten, weichen nicht nur die Mei- nungen, sondern auch die Darstellung der Tatsachen (und der Jahreszahlen) oft erheblich vonein- ander ab. Nicht nur für mittelalterliche Geschichtsforscher galt die Volksweisheit: «Wes’ Brot ich ess’, des’ Lied ich sing’.» An solchen Äusserlichkeiten sollte sich keiner stossen. Allein der Kern der Dinge zählt. Ihn gilt es, aus dem Schatten der Vergangenheit herauszulösen; ihn gilt es zu bewahren. 5 1. Land der dunk - len Wäl - der und kri - stall - nen Seen. Ü - ber wei - te Fel - der lich - te Wun - der gehn. 2. Starke Bauern schreiten hinter Pferd und Pflug, über Ackerbreiten streicht der Vogelzug. 3. Tag ist aufgegangen über Haff und Moor. Licht hat angefangen, steigt im Ost empor. 4. Und die Meere rauschen den Choral der Zeit. Elche stehn und lauschen in die Ewigkeit. 6 OSTPREUSSEN – EINE WELT FÜR SICH Eine der prussischen Landschaften – das Samland – birgt in ihrer blauen Erde ein prähistorisches Zeugnis: ein erstarrtes fossiles Harz eozäner Nadelbäume, zu- weilen mit Einschlüssen tertiärer Tiere, den Bern- stein. Hier hat es bereits im Eozän eine Vegetation, im Tertiär Insekten gegeben. Ob es im ostpreussischen Raum vor der Eiszeit eine Bevölkerung gab, lässt sich nicht feststellen. Die Ver- gletscherung des Landes – von Skandinavien über die Ostsee bis in die Norddeutsche Tiefebene hinein – vernichtete alles Leben oder zwang zur Abwande- rung in südlicher Richtung. Erst nach der letzten Schmelze – in der letzten Zwischeneiszeit – treten Pflanzen und Tiere auf, unter den Tieren das Mam- mut, der Urstier, der Wisent. Bearbeitete Knochenfunde von Mammut und Rentier- geweihstangen: Hacken, Äxte aus Geweih oder Horn, Lanzenspitzen, Angelhaken, Harpunen aus Knochen lassen darauf schliessen, dass Jäger, Fischer, Nüsse- Ordenspostbote sammler in der jüngeren Steinzeit, von Süden oder Westen kommend, den Norden des Landes durch- Zur Kammkeramik zählen zwischen Darkehmen, der querten, dass im Süden des Landes Menschen klin- kurischen Nehrung und bis zur Nogat hinauf gefun- genförmige Werkzeuge aus Feuerstein benutzten. dene Zeugnisse; zur Trichterbecherkultur vor allem Vom Ackerbau gibt es in dieser Zeit noch keine Spu- zahlreiche Bernsteinfunde. Megalithbauten kannte ren, woraus sich schliessen lässt, dass der Mensch man in Ostpreussen nicht; im Süden des Landes wa- noch nicht sesshaft war. Man vermutet, dass die Ur- ren Steinkistengräber unter der Erde üblich. Funde bewohner des Landes Urfinnen waren, die nach der bebänderter Feuersteinbeile lassen auf erste Handels- Eiszeit hierhergekommen sind. beziehungen mit dem mittleren wie auch mit dem Erstes Sesshaftwerden wohl in der jüngeren Steinzeit, südlichen Polen schliessen. vorerst längs Flussläufen, in Waldlichtungen oder wo Zur Schnurkeramik zählen Funde aus der jüngeren Brände Wälder gerodet haben. In dieser Zeit treten Steinzeit, die man auf der Elbinger Höhe, am Fri- feiner bearbeitete Steine – geschliffen, poliert – an die schen Haff und auf der Kurischen Nehrung gemacht Stelle der bisher roh behauenen, treten auch erste hat: Zeugnisse der sogenannten Haffküstenkultur. Töpferwaren auf. Die Menschen, die hier lebten, las- Die Menschen lebten hier vom Fischfang und von der sen sich nicht bestimmten Völkern, wohl aber be- Seehundjagd, von Viehzucht und Getreideanbau. Sie stimmten Kulturkreisen zuordnen. müssen bereits sesshaft gewesen sein, denn sie bauten Häuser aus Pfosten und Balken. Sie begruben ihre 7 Toten in Hockstellung, was auf den Glauben an ein Schon vor Christi Geburt bauten die Prussen Pfosten- Fortleben nach dem Tode schliessen lässt. häuser mit Vorlauben und schützten sie durch Stein- Der kammkeramische und der schnurkeramische wälle vor dem Wasser und durch Palisaden landein- Kulturkreis verschmolzen zur baltischen Kultur- wärts. Die ersten Packwerkbauten, Pfahlbauten, ent- gruppe, zu der die Litauer, Letten und Prussen gehör- standen im östlichen Masuren. ten. Brandgrub engräh er und deren Beigaben verraten Mit dem Bernstein betrieb man schon früh regen im Samland skandinavische Einflüsse. In den süd- Tauschhandel. Als Tauschobjekte kamen Kupferge- westlichen Teil des Prussenlandes drangen die Van- genstände ins Land. So lernte man die Bronze ken- dalen vor, legten dort Brandschüttungsgräber mit rei- nen. Doch blieben Waffen und Geräte vorerst aus chen Totengaben aus Eisen und Bronze an. Im Innern Stein, nahmen allein die Formen der Bronzegegen- des Landes dominierte die Hügelgräberkultur. stände an, woraus sich auf den Wert der Bronze Um 100 nach Christus drang ein Teilstamm der Go- schliessen lässt, die zu kostbar war, um den Toten ten, die Gepiden, bis zur Passarge vor; im Kunsthand- beigegeben zu werden. Nicht aus Grab-, sondern aus werk bewandert, brachte er Schmuck aus Bronze, Sil- Schatzfunden kennen wir die ersten Bronzearbeiten. ber, ja sogar Gold ins Prussenland, dazu formschöne Auf die Einfuhr folgte die Selbstherstellung. Der Ge- Tongefässe. Neben der Leichenverbrennung pflegte brauch des Eisens löste die Bronze nicht ab, sondern er die Körperbestattung. Unter den Totengaben be- floss allmählich mit ein. Das Eisen eignete sich für fanden sich Stücke römischer Herkunft. Sie müssen die Herstellung von Waffen und Geräten, während also in Handelsbeziehungen zu den Römern gestan- Schmuck weiterhin aus Bronze gefertigt wurde. den haben. Davon zeugen auch die Moorbrücken Uber die Elbinger Höhen drang ins Oberland und bis südlich des Drausensees. zur Passarge die Gesichtsurnenkultur vor. Eine Handelsstrasse führte von der unteren Weichsel zum Samland: die erste Bernsteinstrasse. Plinius der Ältere, im Jahr 79 gestorben, wusste zu berichten, dass zur Zeit des Kaisers Nero ein römischer Ritter von Staats wegen zur Bernsteinküste reiste und eine erstaunliche Menge Bernstein nach Rom mitbrachte. Tacitus erwähnte bald darauf in seiner «Germania» den Bernsteinreichtum der östlichen nichtgermani- schen Nachbarn der Goten, die er Ästier nannte. Zum ersten Male wurde die Bewohnerschaft des Prussen- landes beim Namen genannt: Aesten oder Ästier – die Ahnen der Prussen oder die Prussen selbst? Zur Zeit der römischen Kaiser blühte die Kultur. In Gräbern fand man bunte Perlenketten, kostbare Beigaben rö- mischer Herkunft, farbige Gläser, Mischkrüge und Schüsseln aus der «terra sigillata» wie auch römische Kulturen der älteren Eisenzeit (0-400 n. Chr.) 8 Münzen. All dies, eine Bereicherung der gotisch- gepidischen Kultur, festigte diese im Lande. Östlich der Passarge festigte sich – unbehelligt von der Völkerwanderung, die das Prussenland nicht be- rührte – das baltische Volkstum und zeigte eine erste Siedlungsbeständigkeit