SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 01 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2018

Titelthema Videobeweis Lehrwesen Porträt TAGUNG DER DER STAND ORGANISATON VORBILDER FUNKTIONÄRE DER DINGE RUND UMS SPIEL FÜR DIE BASIS Vorstellung der neuen Entwicklungen während Der Inhalt des neuen „Danke Schiri.“-Serie mit Medienplattform der Erprobungsphase DFB-Lehrbriefs Nr. 76 Preisträger Jürgen Post So gut kann Erfrischung schmecken.

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EDITORIAL LIEBE LESERINNEN UND LESER, INHALT

TITELTHEMA dass ich mich als der für das Schiedsrichter-Wesen zustän- 4 „Tolle Ideen an der Basis“ dige Vizepräsident des DFB im Editorial an Sie wende, ist Interview mit Schiedsrichter- doch eher etwas Besonderes. Gerne überlasse ich dies Lehrwart Lutz Wagner normalerweise den „Experten“ , Helmut Geyer und Lutz Michael Fröhlich, die sich tagtäglich um 10 Viel Input für die Praxis das Schiedsrichter-Wesen in Deutschland bemühen. Doch Die Themen der Verbands-Obleute besondere Situationen bedürfen besonderer Maßnah- 12 Chancen und Risiken men. Und die vergangenen Wochen und Monate, daraus Möglichkeiten sozialer Netzwerke mache ich keinen Hehl, waren für das deutsche Schieds- für Schiedsrichter richter-Wesen durchaus besondere. PANORAMA Seit Beginn der -Saison ist der Schiedsrichter- 14 Zwei „Welt-Schiedsrichter“ t Bereich wieder stärker in den Mittelpunkt des öffentli- RONNY ZIMMERMANN, DIE GUTE NACHRICHT chen, vor allem des medialen Interesses gerückt. Verant- ALS VIZEPRÄSIDENT 16 Schiedsrichter als Lebensretter wortlich hierfür waren und sind zwei Gründe. Zum einen ZUSTÄNDIG FÜR die bislang sicher nicht komplett reibungslos, aber den- VIDEOBEWEIS DAS SCHIEDSRICHTER- noch sehr Erfolg versprechend verlaufende Einführung 18 Zwischenziel erreicht WESEN IM DFB. des Video-Assistenten in der Bundesliga sowie intensive REGEL-TEST und leider viel zu oft medial geführte Diskussionen über 20 Neues von der FIFA vermeintliche, zurückliegende Missstände im Bereich der Bundesliga-Schieds- richter. Diese führten sogar dazu, dass sich die unabhängige Ethik-Kommission LEHRWESEN des DFB mit dem Schiedsrichter-Bereich befassen musste. 22 Organisation rund ums Spiel Der Inhalt des aktuellen Viele der in diesen Diskussionen genannten Punkte und übrigens völlig unab- DFB-Lehrbriefs hängig von der Berechtigung der Kritik, das möchte ich auch an dieser Stelle ANALYSE noch einmal deutlich sagen, wurden in den vergangenen Jahren unter der Lei- 24 Hochsprung im Abseits tung von Herbert Fandel und seit letztem Jahr von Lutz Michael Fröhlich, den Schiedsrichter-Entscheidungen hauptamtlichen Kollegen des DFB und auch mir persönlich bereits angegangen. unter der Lupe

So wurden unter anderem die Betreuung der Elite-Referees im psychologischen, REPORT physiologischen und organisatorischen Bereich deutlich verbessert, die Honorare 28 Plötzlich im Hexenkessel angepasst, das Bewertungssystem geändert. Und auch im Amateurbereich arbei- Schiedsrichter im Finale der ten wir gemeinsam mit den Landesverbänden intensiv an Verbesserungen für die Amputierten-EM Unparteiischen. Auf „moderne Kleinigkeiten“, wie die neue App „Schiedsrichter- AKTION Duell“ oder die Tatsache, dass die Bundesliga-Schiedsrichter mittlerweile sogar 30 Vorbilder der Basis auf Facebook aktiv sind, möchte ich an dieser Stelle gar nicht tiefer eingehen. „Danke Schiri.“-Preisträger im Porträt

In Sachen Video-Assistenten möchte ich nachdrücklich darauf hinweisen, dass AUS DEN VERBÄNDEN wir uns in der Bundesliga weiterhin in einer Testphase befinden. Erst im März 32 Bernd Domurat bleibt VSO 2018, nach Auswertung aller weltweit gesammelten Erkenntnisse, wird der IFAB VORSCHAU entscheiden, ob der Videobeweis im Fußball dauerhaft genehmigt wird. 34 Trainingslager der Elite-Schiedsrichter Für die Schiedsrichter hat sich der zusätzliche Assistent in Köln trotz aller Gewöh- nungsprobleme, die eine solche Innovation mit sich bringt, durchaus schon bewährt. Mehr als 75 Prozent der (wenigen) klaren Fehlentscheidungen, die unsere Elite-Schiedsrichter machen, wurden korrigiert, der Fußball ist somit deut- lich gerechter geworden. Eine 100-prozentige Gerechtigkeit, dessen muss man SCHIEDSRICHTER sich bewusst sein, wird es aber niemals geben. Denn dort, wo Menschen arbei- ZEITUNG 01 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2018 ten, werden Fehler gemacht. Egal ob in der Kreis- oder Bundesliga.

Allen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern wünsche ich viel Erfolg bei den anstehenden Spielleitungen.

Ihr Die Schiedsrichter- Zeitung gibt es auch

Titelthema Videobeweis Lehrwesen Porträt TAGUNG DER DER STAND ORGANISATON VORBILDER FUNKTIONÄRE DER DINGE RUND UMS SPIEL FÜR DIE BASIS Vorstellung der neuen Entwicklungen während Der Inhalt des neuen „Danke Schiri.“-Serie mit zum Download auf Medienplattform der Erprobungsphase DFB-Lehrbriefs Nr. 76 Preisträger Jürgen Post www.dfb.de TITELTHEMA 4 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 „TOLLE IDEEN AN DER BASIS“

Lutz Wagner ist der Verantwortliche für die Aus- und Weiterbildung der Unparteiischen in Deutschland.

Zweimal im Jahr treffen sich die Lehrwarte der Landesver- bände des DFB, um sich über die aktuellen Auslegungsfragen zu informieren, sich auszutauschen und fortzubilden. Im Rahmen der Tagung in Frankfurt am Main haben wir mit DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Lutz Wagner gesprochen. 5

Lutz Wagner, können Sie sich momentan eigentlich auf tensiven Bereich, in dem wir über aktuelle Regelfragen TEXT normale Lehrarbeit konzentrieren, oder müssen Sie sprechen und in dem wir die aktuellen und allgemein- Tobias Altehenger allen möglichen Leuten ständig den Videobeweis er- gültigen Auslegungen vorstellen. Das ist schon ein gewal- klären? tiger Umfang. Deshalb haben wir inzwischen auch zwei Lutz Wagner: Das geht glücklicherweise einher, weil die Tagungen im Jahr: eine im Sommer mit dem Ausschuss fachliche Grundlage in diesem Bereich auch sehr wichtig für Bildung und Qualifizierung und eine im Herbst gemein- ist. Ich denke ohnehin, dass wir in der Verpflichtung sind, sam mit den Obleuten. da fachlich aufzuklären, so gut wir können. Trotzdem ist es natürlich manchmal anstrengend, wenn man immer Lassen Sie uns ein wenig detaillierter auf die einzelnen wieder dieselben Fragen beantworten muss. Aufgaben und Themenfelder eingehen. Neu ist vor allem das DFB-Schiedsrichter-Portal. Was kann dieses Hat die Einführung des Videobeweises in der Bundes- Tool? liga Ihre Lehrarbeit verändert? Deutlich mehr als man vielleicht auf den ersten Blick ver- Eigentlich nicht, weil deutschlandweit genau genommen muten würde: Im Portal informieren wir die Verbände immer nur einige wenige Spiele betroffen sind. Aber diese über die Neulings-Ausbildung bis zu den Ergebnissen von neun Begegnungen am Wochenende strahlen natürlich den Nachwuchs-Lehrgängen in Duisburg. Alles, was vor- aus. Wahrscheinlich hat sich der Fokus der Öffentlichkeit her häufig umständlich per E-Mail verschickt werden deshalb in den vergangenen Wochen auch so sehr in musste, haben wir jetzt auf einen Blick zusammengestellt. diese Richtung verschoben. Die Fragestellung lautet Ich halte das für eine wichtige Maßnahme, um diese Infor- momentan seltener: „War die Entscheidung richtig oder mationen offenzulegen – gerade auch, um den Obleuten falsch?“ sondern: „Warum hat der Video-Assistent einge- und Lehrwarten auf Landesebene Argumente für Auf- griffen?“ oder eben: „Warum hat er es nicht getan?“ oder Abstiegs-Entscheidungen an die Hand zu geben oder DFB-Entscheidungen transparent zu machen. Aber Was waren denn – mal abgesehen vom Videobeweis – es geht auch in die andere Richtung: Wenn in einem Lan- in den vergangenen Monaten Ihre zentralen Themen? desverband zum Beispiel ein tolles Pilotprojekt entsteht, Das Lehrmaterial und die neue Plattform (siehe Seiten 8 dann können über das Portal auch die anderen Verbände und 9) müssen immer aktuell gehalten werden, wir küm- von der guten Idee profitieren und sich die Materialien mern uns ständig um aktuelle Regelanfragen, die Lehr- herunterladen. Ganz nach dem Motto: Wir lernen vom warte-Fortbildung, aber auch um die Talentförderung Nachbarn. und um den Coaching-Bereich. Außerdem sind zuletzt auch die neuen Präsentationen für die Anwärter-Lehr- gänge an den Start gegangen. Im Lehrwesen gibt es immer „Mit dem DFB-Ausbilder-Zertifikat extrem viele gleichzeitig laufende Prozesse, die ich alleine überhaupt nicht stemmen könnte. Deswegen bin ich sehr werden wir die Qualität unserer froh, so ein gutes Team wie das „Kompetenzteam Lehr- wesen“ um mich herum zu haben. Lehrwarte noch weiter steigern.“

Was ändert sich denn künftig im Bereich der Anwärter- Lehrgänge? In das Portal kann aber nicht jeder rein. Warum gibt es Zunächst einmal haben wir die Präsentationen fachlich zum Beispiel keine Zugänge für die Kreis-Lehrwarte? auf den neuesten Stand gebracht. Zweitens hat jeder Weil jeder Landesverband unterschiedlich aufgebaut ist, Lehrwart einen berechtigten Anspruch in Sachen Aufbe- vergeben wir die Zugänge nur an die Lehrwarte und reitung. Deswegen haben wir Videoszenen so eingebun- Obleute der Landesverbände. Wie die Verteilung „darun- den, dass diese nicht immer noch extra verlinkt werden ter“ funktioniert, das ist allerdings in Hamburg anders als müssen. Die Clips sollen direkt im Vollbildmodus starten. in Berlin und in Schleswig-Holstein anders als in Bayern. Das klingt nach Kleinigkeiten, war uns aber sehr wichtig. Wir überlassen es den sehr verantwortungsbewussten Schließlich haben wir noch den kompletten Aufbau der Landes-Lehrwarten, welches Material sie ihren Kollegen Folien und ihre logische Struktur überprüft und bei Bedarf in den Kreisen zur Verfügung stellen. Diese Vorgehens- angepasst. weise hat sich in anderen Bereichen auch schon so bewährt.

Standen die Themen, die Sie eben angesprochen haben, Das Lehrwesen im DFB, aber natürlich auch in den Ver- auch bei der hiesigen Lehrwarte-Tagung im Mittelpunkt? bänden und Kreisen, ist in den vergangenen Jahren Unter anderem. Wir haben bei der Tagung immer ver- zunehmend digitaler geworden. Welche Vorteile bringt schiedene Blöcke. Erst einmal geht es um Information, das mit sich? da bringe ich meine Kollegen aus den Landesverbänden Wir stellen immer wieder fest, dass man mit einem Video auf den neuesten Stand. Dann berichten die einzelnen sein Gegenüber am besten von dem, was man vermitteln Kompetenzbereiche der Kommission aus ihrem Arbeits- will, überzeugen kann. Das bewegte Bild ist durch nichts bereich. Auch das ist natürlich sehr wichtig, damit jeder zu ersetzen. Wir dürfen es natürlich nicht übertreiben; weiß, was der andere tut. Dann gibt es den externen manchmal reicht auch ein einziges Video völlig aus, um Bereich, in dem wir versuchen, ein bisschen über den Tel- verschiedene Aspekte nacheinander beleuchten zu kön- lerrand zu schauen. Das kann mal ein Gastvortrag sein, nen. Diese Videos müssen außerdem professionell auf- wie bei dieser Lehrwarte-Tagung der Vortrag von Ralf bereitet und aussagekräftig sein. Ich denke, da sind wir Lanwehr. Oder einzelne Verbände stellen ihre Pilotpro- auf einem sehr guten Weg und werden dem Anspruch, jekte vor. Und dann gibt es natürlich noch den regelin- den die Basis aus guten Gründen an uns stellt, auch gerecht. TITELTHEMA 6 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018

Als Sie als Schiedsrichter angefangen haben, wusste Unsere Lehrwarte haben Fachkompetenz, doch nur mit noch niemand, was ein Beamer ist. Wie ist das für Sie der entsprechenden Methodenkompetenz werden sie persönlich, jetzt zu sehen, wie sich die Möglichkeiten erfolgreich schulen. Worüber spreche ich eigentlich in Sachen Schulung verändert haben? und wie kann ich das bestmöglich vermitteln? Aber Das ist natürlich eine großartige Sache – wobei es wich- auch soziale Kompetenz und Medienkompetenz sind tig ist, dass man die Technik, die man nutzen will, auch gefragt. All´ diese Bereiche sind Teil des Ausbilder-Zer- wirklich bedienen kann. Gerade in der heutigen Zeit, in tifikats, wodurch wir uns erhoffen, die bereits sehr hohe der man das Gefühl hat, dass jede Woche irgendein Qualität unserer Lehrwarte noch weiter zu steigern. neues Programm auf den Markt kommt, das man für die Lehrarbeit verwenden könnte. Am Ende steht aber immer Lehrwarte haben oft eine ganz individuelle Herange- die Fachkompetenz im Vordergrund. Es geht bei den hensweise an Themen. Befürchten Sie durch diese Art neuen Möglichkeiten nicht um technische Spielereien, der Ausbildung keine Gleichmacherei? sondern um sinnvolle technische Unterstützung der Nein. Ich glaube auch, dass so etwas völlig falsch wäre. fachlichen Kompetenz. Wir müssen sehen, dass die individuelle Kreativität in keiner Weise gebremst wird. Die Leute an der Basis sind Sind technische Innovationen auch ein Auftrag an die richtig gut. Die haben tolle Ideen, und die wollen wir Schatzmeister der Kreise und Verbände, mehr Geld in auch überhaupt nicht einschränken. Was wir allerdings die Lehrarbeit zu investieren? schon haben, ist ein gemeinsamer Qualitätsanspruch Grundsätzlich ja. Es ist auch so, dass in dem Moment, in der Ausbildung und im Lehrmaterial. Hier sollten wir in dem immer mehr in Technik investiert wird, der Preis einen gewissen Standard herstellen. Kreativität lässt automatisch runtergeht. Wenn man früher noch über- sich allerdings nicht standardisieren. legen musste, ob man sich überhaupt eine teure Kamera leisten kann, kann man heute ganze Systeme zu einem Lassen Sie uns zum Abschluss noch kurz über das Bruchteil des Preises haben oder auch viel mit dem Regelwerk sprechen. Stehen uns demnächst wieder Handy machen – und das in wirklich guter Qualität. Das Änderungen ins Haus oder haben wir in nächster Zeit ist überhaupt kein Problem mehr. erst einmal Ruhe? Vor zwei Jahren gab es eine Fülle von Änderungen, dieses Jahr waren es eher Anpassungen, die aus unse- rer Sicht auch ganz überwiegend sehr sinnvoll waren. Das hat der IFAB insgesamt gut gemacht. Was wir nicht so ganz verstanden haben, ist die neue Ausnahmere- gelung bei Vergehen gegen Mitspieler, die sich außer- halb des Spielfelds befinden. Da soll es jetzt wieder nur einen indirekten Freistoß geben. Deswegen haben wir – auch im Sinne von Transparenz und Verständlich- keit – dem IFAB vorgeschlagen, diese Ausnahmerege- lung wieder abzuschaffen. Grundsätzlich ist es aber wichtig, dass es nicht ständig Änderungen in großer Zahl gibt. Denn Fußball ist auch deshalb so beliebt, weil die meisten Regeln eigentlich einfach und gut ver- ständlich sind.

In Frankfurt am Main Viele Nicht-Schiedsrichter sehen das in diesen Tagen stellte der DFB-Schieds- Ein Stichwort in diesem Zusammenhang ist das soge- anders, gerade – und mal wieder – beim Thema Hand- richter-Lehrwart unter nannte „Blended Learning“. Was bedeutet das? spiel. Gibt es Überlegungen, hier noch einmal nach- anderem die neuen Wir haben Flächen-Kreise, in denen Schiedsrichter große zujustieren? Präsentationen für Anwärter-Lehrgänge Distanzen zurücklegen müssen, bis sie den Schulungs- Ich denke, es ist wichtig, dass auch in diesem Bereich vor. ort erreichen. Doch nicht nur in diesen Kreisen ist es wieder ein bisschen Ruhe und Kontinuität einkehrt. sinnvoll, über Alternativen nachzudenken. „Blended Ständig neue Modifizierungen sind eher kontraproduk- Learning“ bedeutet, dass wir zum Beispiel vorbereitende tiv. Die Grundparameter sind inzwischen für alle klar. Maßnahmen oder Überprüfungen sinnvoll auslagern Auslegungsfragen wird es immer geben, egal, wie sehr und die Schiedsrichter mehr von zu Hause aus machen wir an dem Thema noch schrauben würden. Ich finde können. Das ersetzt natürlich keine Face-to-face-Schu- übrigens nicht, dass das Thema Handspiel momentan lungen. Gerade den persönlichen Kontakt der Schieds- extrem im Mittelpunkt steht. Eigentlich hat es sich doch richter untereinander und auch zum Lehrwart halte ich zuletzt wieder etwas beruhigt. für ganz besonders wichtig. Beide Ansätze miteinander zu verbinden und eine gute Mischung zu finden, ist hier Als Lehrwart im DFB sind Sie auch zuständig für alle unser Ziel. möglichen Regelanfragen. Welche war im vergange- nen Jahr Ihre liebste? Digital Learning ist das eine, Digital Teaching das Neulich wollte einer von mir wissen, ob es eigentlich andere. Wie stellt der DFB sicher, dass die Lehrwarte eine Mindestgröße für Schiedsrichter gibt. Der Frage- den neuen Herausforderungen auch gewachsen sind, steller war der Meinung, wenn jemand nur 1,20 Meter und welche Rolle spielt dabei das neue DFB-Ausbil- wäre, dann würde ihm der richtige Überblick fehlen. der-Zertifikat? Aber auch diese Frage habe ich beantwortet. Eine Marke der Daimler AG 7

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az_210x297_GLC_DFB_side_Paesse_D_4MATIC_DFB_Schiedsrichter.indd 1 28.09.15 14:05 TITELTHEMA 8 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 DAS NEUE PORTAL

Mit dem neuen Online-Tool sind die Lehrwarte der Landesverbände in Zukunft bestens vernetzt. DFB-Lehrwart Lutz Wagner erklärt die zwölf Rubriken.

Prüfungsfragen für Grundausbildung für Schiedsrichter-Anwärter Schiedsrichter

Hier sind die offiziellen Prüfungsfragen hinterlegt, die zum Bestehen Hier geht es um die Neulings-Ausbildung. In der Rubrik findet sich der Schiedsrichter-Prüfung notwendig sind. Diese werden vom DFB Material, um die Anwärter auf die 17 Fußball-Regeln vorzubereiten, vorgegeben und sind deutschlandweit einheitlich. sodass sie ihre Schiedsrichter-Prüfung auch bestehen.

Weiterbildung für Schiedsrichter

Diese Rubrik ist für diejenigen gedacht, die bereits Schiedsrichter sind. Hier finden sich zum Beispiel auch Lehrmaterialien für Talentgruppen und Förderkader.

Regeländerungen

Das sind immer die aktuell gültigen Regeln plus die letzten Regeländerungen.

Regelfragen

Das sind die Regelfragen, die ich für die DFB-Schiedsrichter- Zeitung erstellt habe. Die Lehrwarte können sich diese Fragen herunterladen und zum Beispiel für Regel-Tests bei der Leistungsprüfung verwenden.

Spielszenen-Analyse

Auch diese Rubrik ist aus der DFB-Schiedsrichter-Zeitung bekannt. Während die normalen User sich die Videos zu den Szenen aber nur ansehen können, dürfen die Lehrwarte die Videos auch herunterladen und zum Beispiel in Präsentationen einbinden. 9 DAS NEUE PORTAL

Assistenten-Schulung DFB-Sichtungsturniere

Das ist der spezielle Bereich für die Schiedsrichter-Assistenten, der Hier können sich jeder Obmann und jeder Lehrwart darüber informieren, heutzutage immer wichtiger wird. Das zeigt sich auch darin, dass wie ihre Schützlinge bei den DFB-Sichtungsmaßnahmen abgeschnitten wir auf DFB-Ebene spezielle Assistenten-Coaches haben. Deswegen haben. war es nur logisch, auch für die Assistenten-Ausbildung Material zur Verfügung zu stellen.

Ergebnisse DFB-Maßnahmen

Hier sind alle Lehrgangs-Ergebnisse hinterlegt – zum Beispiel von den Lehrgängen der Junioren-Bundesligen. In dieser Rubrik erfassen wir Assistenten-Tests, Regel-Tests und Konformitäts-Tests.

Fußballvarianten

Darunter finden sich zum Beispiel die Materialien aus den Bereichen Futsal und Beachsoccer.

Lehrmaterialien der Regional- und Landesverbände

Hier können besondere Projekte aus den Verbänden DFB-weit zur Verfügung gestellt werden. Wenn zum Beispiel ein Landesverband eine tolle Präsentation zu einem Thema erstellt hat, dann laden wir sie hier hoch – und die anderen Verbände profitieren davon.

Öffentlichkeitsarbeit

An dieser Stelle können sowohl Lehrwart als auch „Ömi“ Texte für die Presse sowie Unterlagen für diesen Bereich einstellen. TITELTHEMA 10 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018

Zeitgleich zu den Lehrwarten tagten auch die Obleute der Landesverbände des DFB. Sie kamen in Frankfurt am Main zusammen, um sich fortzubilden, auszutauschen und den Kollegen über die Schulter zu schauen. Ein zentrales Thema in diesem Jahr war unter anderem der Kinder- und Jugendschutz.

TEXT Programmpunkte für anderthalb Tage – Tobias Altehenger die Tagesordnung bei der DFB-Obleute- 16 Tagung war gut gefüllt. Helmut Geyer und seine Kollegen aus der Schiedsrichter-Kommission Amateure hatten im Vorfeld der Tagung ein Programm VIEL INPUT FÜR DIE PRAXIS zusammengestellt, das gleichermaßen umfassend wie abwechslungsreich gestaltet war. Nach der Anreise begann die Tagung zunächst für die Obleute und Lehr- warte gemeinsam mit aktuellen Informationen aus dem DFB und der Vorstellung der künftigen Direktorin für aus dem DFBnet, die von Robert Schröder übernom- Verbände, Vereine und Ligen, Heike Ullrich. In ihren men wurde, bevor beim gemeinsamen Abendessen die Bereich fallen künftig auch die Schiedsrichter. beiden langjährigen Funktionäre Bodo Brandt-Chollé aus Berlin und Heiner Müller aus dem Saarland aus der Nach einem Update in Sachen Videobeweis stand der Runde der Obleute und Lehrwarte verabschiedet wur- Gastvortrag von Ralf Lanwehr an. Thema: „Führung den. Vom Vorsitzenden Helmut Geyer gab es für beide heterogener Gruppen“ – für die Obleute, die mitunter eine Dankesrede; Brandt-Chollé und Müller bedankten für tausende Schiedsrichter gleichzeitig verantwortlich sich ebenfalls für die erfolgreiche Zusammenarbeit der sind, ein Thema mit absoluter Relevanz für die Praxis. vergangenen Jahre. Lanwehr, der als Professor an der Fachhochschule Süd- westfalen Betriebswirtschaftslehre lehrt und bereits Am zweiten Tag informierten die Mitglieder der Schieds- mehrere Bücher über das Verhältnis von Fußball und richter-Kommission Amateure über weitere Themen- Menschenführung veröffentlicht hat, sprach in seinem felder: Udo Penßler-Beyer stellte die aktuellen Zahlen Vortrag zum Beispiel über die zentrale Rolle von Wert- aus den Fortbildungen für die Verbands-Obleute vor, schätzung. Dabei zog der Referent die Obleute und Andreas Thiemann referierte über die Ansetzungspra- Lehrwarte sowohl inhaltlich als auch durch seinen Vor- xis in den Junioren-Bundesligen, und Josef Maier infor- tragsstil in seinen Bann. „Man konnte richtig viel mit- mierte über das neue Beobachtungssystem, das die nehmen“, schwärmte etwa Westfalens Obmann Michael meisten Landesverbände inzwischen bereits übernom- Liedtke, „ein großartiger Referent.“ men haben.

Nach dem Vortrag von Lanwehr teilte sich die Gruppe: Mit Ralf Slüter war aber auch noch ein weiterer Gast- Während Bernd Domurat und Lutz Wagner die referent eingeladen. Der Psychologe und Geschäfts- Lehrwarte über das neue Schiedsrichter-Portal und führer des Kinderschutzbundes Hamburg sprach über Regel-Erläuterungen informierten, übernahm bei der die Herausforderung des Kinder- und Jugendschutzes Obleute-Tagung Christine Baitinger und sprach über im Fußball. Bei diesem Thema arbeiteten die Obleute die Strukturveränderungen im Frauenbereich. Letzter gemeinsam mit den Lehrwarten in Kleingruppen zusam- offizieller Programmpunkt des ersten Tages war im men und diskutierten unter anderem darüber, wo sexu- Anschluss die Präsentation aktueller Informationen elle Gewalt anfängt, welche Ausprägungen es gibt, und 11

VIEL INPUT FÜR DIE PRAXIS

In Frankfurt am Main trafen sich die Schiedsrichter-Funktionäre aus den Landesverbänden des DFB zur gemeinsamen Tagung.

welche Maßnahmen man in den Verbänden treffen uns nicht in wissenschaftlichen Statistiken und Aus- kann, um sexualisierte Gewalt zu verhindern. wertungen verloren haben. Und wenn dann noch der Blick über den Tellerrand dazukommt, den wir mit „Ich bitte Euch, in Euren Ausschüssen Regeln dafür zu unseren Gastvorträgen erreichen wollen, dann ist so erarbeiten“, bat Helmut Geyer die versammelten eine Veranstaltung für alle Beteiligten eine runde Obleute. „Das ist aus meiner Sicht ein extrem wichti- Sache.“ ges Thema, dem auch wir uns stellen müssen.“ Geyer wies aber ebenfalls darauf hin, sich bei aller Vorsicht nicht verrückt machen zu lassen. Karin Steinrücke vom DFB bot den Obleuten bei Fragen oder Unsicherheiten Hilfestellungen des Verbandes an. Diejenigen Landes- verbände, die bereits eine Anlaufstelle für sexualisierte Gewalt im Fußball eingerichtet haben, berichteten von positiven Erfahrungen damit. „Das, was vorher nur als sogenannte Dunkelziffer zu erahnen war, wird uns nun konsequent gemeldet“, berichtete der Obmann des Fußball-Verbands Mittelrhein, Peter Oprei. „Dadurch können wir nun rechtzeitig die notwendigen Maßnah- men ergreifen.“

Zum Ende der Tagung zeigte sich Helmut Geyer hoch- zufrieden mit den zwei arbeitsreichen Tagen: „Es ist jedes Mal aufs Neue wichtig, sich mit den Kollegen aus den Landesverbänden auszutauschen. Wir können alle extrem viel voneinander lernen, was uns in der tägli- chen Praxis weiterhilft. Deswegen bin ich froh, dass in diesem Jahr vor allem wieder Themen aus dem Schieds- 16 Programmpunkte hatte die Schiedsrichter-Kommission Amateure um ihren richter-Alltag auf der Tagesordnung standen und wir Vorsitzenden Helmut Geyer (Vordergrund) vorbereitet. TITELTHEMA 12 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 CHANCEN UND RISIKEN

Man kann Informationen streuen, Aufmerksamkeit erzeugen oder für eine Sache werben – soziale Medien sind ein wichtiges Instrument für die Öffent- lichkeitsarbeit. Deshalb ging es bei der Tagung der Öffentlichkeits-Mitarbei- ter der Landesverbände („Ömis“) unter anderem um rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Netzwerke.

or kurzem hat die Facebook-Fanpage „DFB- Schiedsrichter“ begonnen, ein Informationspro- V gramm auf Facebook bereitzustellen. Auch in den Landesverbänden ist die Nutzung der sozialen Netz- werke unterschiedlich ausgeprägt. „Mit Blick auf die Nutzerzahlen ist die Entwicklung im Gesamten positiv“, sagte Alexander Stolz. Der 32-jährige Saarländer ist neben seiner „Ömi“-Tätigkeit im Hauptberuf Jurist und hielt einen Fachvortrag zum Thema soziale Medien.

Wer nicht auf Facebook, Twitter, Instagram & Co. unter- wegs sei, werde in der heutigen Zeit abgehängt. Denn die Nutzung sei praktisch: Mit einfachen Mitteln könne man einfach und schnell viele Menschen erreichen. Auch Themen abseits des Medien-Mainstreams finden so ihren Platz im Internet. „Schiedsrichter-Themen fris- ten im Bereich Sport oder dem Bereich Fußball doch eher ein Nischendasein, besonders wenn wir uns von der großen Bundesliga-Bühne auf die Bezirks- oder Kreisebene bewegen“, sagte Stolz. Deshalb ermutigte der Jurist die Schiedsrichter-Verantwortlichen, sich dem Thema soziale Medien trotz aller rechtlichen Fall- stricke zu stellen – denn die Chancen würden deutlich überwiegen. Wenn die Nutzung mit Sinn und Verstand erfolgt, seien die sozialen Netzwerke ein Gewinn für die Kommunikation von Schiedsrichter-Themen.

INTERNET IST KEIN RECHTSFREIER RAUM Alexander Stolz aus dem Saarland sprach über den richtigen Umgang mit sozialen Medien. Daher gab Stolz im Rahmen der Tagung einen breiten Überblick über wesentliche Rechte und Pflichten im Umgang mit sozialen Medien. „Das Internet ist schließ- lich kein rechtsfreier Raum. Hier gelten die gleichen Regeln wie in der nicht digitalen Welt.“ Der Unterschied zum normalen Leben: Rechtsverstöße geschehen rela- TEXT David Hennig tiv schnell und unbemerkt, seien fast schon Normalität geworden. Generell fehle in der Netzgemeinde ein Bewusstsein für den rechtlich sicheren Umgang. „Hier haben viele Menschen gar kein Unrechtsbewusstsein entwickelt.“ Dies betrifft besonders die Bereiche des Urheberrechts, des Rechts am eigenen Bild, des Daten- schutzes und der rechtswidrigen Nutzerbeiträge. 13

Ein alltägliches Beispiel zum Umgang mit dem Urhe- berrecht: Ein Schiedsrichter hat auf der Internetseite MEINUNGEN der Lokalzeitung ein Bild von seinem Spiel gesehen, kopiert es heraus und postet es auf seiner Facebook- CHANCEN UND Seite. „Wenn der Schiedsrichter das Bild kopiert, ohne weitere Rücksprache zu halten, und es auf einer ande- „Ich sehe soziale Medien als Chance an, um neue ren Seite hochlädt, dann liegt bereits eine Urheber- Zielgruppen anzusprechen und dadurch eine höhere rechtsverletzung vor.“ Reichweite zu generieren.“

RISIKEN Kopieren, einfügen, absenden – und schon sei ein Rechts- (Fabian Mohr, FV Rheinland) verstoß geschehen. Denn ohne Einwilligung oder Lizenz des Urhebers dürften Bilder nicht kopiert und ander- weitig veröffentlicht werden. Will der Schiedsrichter das Bild dennoch nutzen, so gäbe es nur eine Möglich- keit: Er muss sich an den entsprechenden Urheber wen- „Über soziale Medien können wir uns mitteilen, um den und dessen Einverständnis einholen. „Wenn der die Schiedsrichter-Sache voranzubringen und neue Fotograf sein Okay gibt, dann ist alles gut – sagt er Schiedsrichter zu gewinnen.“ nein, dann hat man eben kein Nutzungsrecht und muss sich daran halten“, sagte Stolz. Dies gelte für die Kom- (Peter Kein, FV Sachsen-Anhalt) munikations-Verantwortlichen in den Ausschüssen gleichermaßen. Denn das Internet sei kein Selbstbe- dienungsladen, in dem fremde Fotos und Grafiken nach „Soziale Medien sind mit viel Arbeit verbunden. Belieben für eigene Zwecke, wie Werbeplakate oder Aber um sich auf die jüngere Zielgruppe auszurich- Facebook-Banner, genutzt werden dürften. Hält man ten, muss man mit dem Zeitgeist gehen und die sich nicht an die Regeln, könnten Abmahnungen oder Kanäle sinnvoll nutzen.“ Schadenersatzansprüche schnell hohe Kosten verursa- chen. (Markus Modschiedler, Bayerischer FV)

In seinem Vortrag ging Stolz auch auf das Verfassen von rechtswidrigen Nutzer-Beiträgen ein. Mit diesen würden Schiedsrichter-Ausschüsse und Unparteiische aller Klassen immer wieder konfrontiert: In den sozia- len Medien ist nach einem Spiel schließlich neben dem spielerischen Können der Mannschaften vielfach auch die Leistung des Schiedsrichters Thema. In Foren, auf Facebook oder auf den Zeitungs- und Vereins- Seiten tummeln sich oft Hasskritiker – Sachlichkeit ist hier häufig Mangelware. Oftmals äußert sich Unmut in wüsten Beschimpfungen oder derben Beleidi- gungen.

BELEIDIGUNGEN NICHT HINNEHMEN!

„Wenn jemand eine Person auf offener Straße so beschimpfen würde, wie dies teilweise im Internet pas- siert, dann gäbe es keine Diskussion darüber, dass hier ein verfolgbarer Strafbestand vorliegt. In den sozialen Netzwerken sind Beschimpfungen quasi Alltag und werden oftmals so hingenommen.“

Doch wo liegt die Grenze? „Aus rechtlicher Sicht muss zwischen einem Werturteil und der sogenannten Die Öffentlichkeits- Schmähkritik unterschieden werden, die nicht mehr Mitarbeiter der von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.“ Diese beginnt, Darüber hinaus habe der Schiedsrichter die Option, Landesverbände – kurz: wenn nicht mehr die Auseinandersetzung mit der Sache zivilrechtliche Schritte einzuleiten. „Wichtig ist dabei, „Ömis“ – wollen im Vordergrund steht, sondern allein die Diffamierung dass der Nutzer identifizierbar ist – um mit entspre- Facebook & Co. künftig des Gegenübers, also die persönliche Verletzung. chenden Instrumentarien wie Abmahnungen, Unter- noch intensiver nutzen. lassungserklärungen oder auch vor Gericht dagegen Einfach wegzuschauen, sei deshalb der falsche Weg, vorzugehen.“ Auch eine strafrechtliche Verfolgung sei sagte Stolz. Generell habe der Betroffene mehrere Mög- in besonders schweren Fällen denkbar. „Dann sollte lichkeiten, gegen persönliche Beleidigungen vorzuge- man zur Beweissicherung einen Screenshot machen, hen. Der charmanteste Weg sei, sich an die jeweilige ausdrucken und damit zur Polizei beziehungsweise Plattform oder den Seitenbetreiber zu wenden, den Staatsanwaltschaft gehen und Strafanzeige wegen Beitrag zu melden und eine Entfernung zu verlangen. Beleidigung erstatten.“ MELDUNGEN 14 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 PANORAMA ZWEI „WELT-SCHIEDSRICHTER“ VIDEOBEWEIS

Die deutschen Unparteiischen 178 Punkten weit vor aus I N D E R und Bibiana Steinhaus wurden als „Welt- England (73) und aus Ita- KREISLIGA Schiedsrichter des Jahres 2017“ ausgezeich- lien (59). net. Diese von Experten und Medienvertre- Dass mittlerweile die Schiedsrichter in der tern aus 91 Ländern getroffene Entschei- Lutz Michael Fröhlich, Sportlicher Leiter Bundesliga Videobilder zur Auflösung strit- dung gab die International Federation of der deutschen Elite-Schiedsrichter, über tiger Szenen hinzuziehen, gehört zum Tages- Football History & Statistics (IFFHS) bekannt. die besondere Auszeichnung für das geschäft – warum nicht auch in der Kreis- Duo: „Nachdem die beiden in diesem Jahr liga B, dachte sich ein Unparteiischer. So griff Für Bibiana Steinhaus, die sich in der inter- bereits die Endspiele der UEFA Cham- der Schiedsrichter des Spiels zwischen nationalen Wahl mit 232 Punkten deutlich pions League leiten durften, rundet diese CP Reutlingen und Türkspor Dettingen kur- gegen ihre Schweizer Kollegin Esther Stäubli international angesehene Auszeichnung zerhand auf die Video-Aufzeichnung eines (137) und die Französin Stephanie Frappart ihr tolles Jahr ab. Ich freue mich sehr für Zuschauers zurück und änderte seine Ent- (50) durchsetzen konnte, ist es nach 2013 die beiden und diesen großen Erfolg für scheidung. und 2014 die dritte Auszeichnung, für Felix das gesamte deutsche Schiedsrichter- Brych hingegen die erste. Er landete mit Wesen.“ Was war passiert? Als der CP Reutlingen in der Nachspielzeit den Siegtreffer zum 3:2 erzielte, reklamierte Türkspor Dettingen ein Handspiel, das der Torerzielung vorausge- gangen sei. Als Beweis führten sie ein Video an, das ein Zuschauer aufgezeichnet hatte. Sie baten den Referee zur Seitenlinie und zeig- ten ihm das Video. Der Schiedsrichter sah sei- nen Fehler ein, entschied auf Handspiel und nahm das Tor zurück.

Doch was gut gemeint war, war letztlich nicht zulässig. „Es liegt ein klarer Regelverstoß vor, das Spiel ist annulliert und wird wiederholt“, sagte Philipp Herbst, Chef der Schiedsrichter- Vereinigung Reutlingen. Damit bestätigte er das Urteil des Sportgerichts Alb. Schließlich dürfe der Videobeweis nur bei Punktspielen in der Bundesliga angewendet werden.

Bibiana Steinhaus und Felix Brych wurden für ein erfolgreiches Jahr 2017 ausgezeichnet. BRYCH IN VORAUSWAHL VIDEO-ASSISTENT: FRÖHLICH FÜR DIE ÜBERNIMMT PROJEKTLEITUNG WM 2018 Aufgrund der aktuellen Diskussionen um ist Transparenz in den Abläufen und Inhal- den Video-Assistenten haben die Verant- ten eine Grundvoraussetzung“, erklärt FIFA-Schiedsrichter Dr. Felix Brych macht wortlichen von DFB und DFL entschieden, Fröhlich. Für ihn sei es wichtig, dass der den nächsten Schritt auf dem Weg zur Fuß- dass das Projekt aufgrund der hohen Bedeu- Schiedsrichter seine verantwortliche Rolle ball-Weltmeisterschaft 2018: Der Weltver- tung für den deutschen Fußball zur Chefsa- auf dem Feld behalte und Spieler genauso band FIFA nominierte den Münchner für den che erklärt wird. Ab sofort obliegt die Lei- wie Zuschauer weiter Vertrauen in ihn offiziellen Kandidatenkreis der Schiedsrich- tung Lutz Michael Fröhlich, dem Sportlichen haben. ter für die WM in Russland. Brych wurde in Leiter der Elite-Schiedsrichter. diesem Zusammenhang zu einem Vorberei- Schiedsrichter-Manager tungsseminar in Abu Dhabi eingeladen. Die „Ich sehe es in der jetzigen Situation als bleibt dem Projekt erhalten. Er wird die endgültigen Schiedsrichter-Nominierungen meine zentrale Aufgabe, unseren Schieds- inhaltliche Analyse und die fachliche für die Weltmeisterschaft werden jedoch erst richtern auf dem Platz und den Video-Assis- Dokumentation übernehmen sowie die im Januar 2018 bekannt gegeben. Auf der tenten die notwendige Sicherheit zu geben. Berichterstattung an den internationalen Liste der WM-Anwärter stehen 36 Schieds- Um die Akzeptanz des Projekts zu stärken, Regelboard IFAB leisten. richter. 15

ZEICHEN GEGEN GEWALT ZWEI NEUE

Nach zunehmenden Beschimpfungen und Volle Rückendeckung erhielt der Kreis dabei AU F D E R Attacken gegen Schiedsrichter zog der Fuß- durch den Verband. „Eine Generalabsage ist FIFA-LISTE ball-Kreis Arnsberg im Fußball- und Leicht- immer die Ultima Ratio“, erklärte Verbands- athletik-Verband Westfalen (FLVW) nun Kon- präsident Gundolf Walaschewski. „Wir kön- Die FIFA hat den Meldungen des Deut- sequenzen: Ein ganzer Spieltag in den Kreis- nen die Beweggründe jedoch zu 100 Prozent schen Fußball-Bundes für die FIFA- ligen wurde abgesagt. Die Verantwortlichen nachvollziehen und unterstützen die Ent- Liste der internationalen Schiedsrichter wollten damit ein Zeichen setzen. scheidung der spielleitenden Stelle im Kreis 2018 zugestimmt. Neu auf der FIFA- Arnsberg zum Wohl unserer Schiedsrichter.“ Liste sind bei den Schiedsrichter-Assis- „Vielleicht werden wieder neue Impulse für tenten Eduard Beitinger (für Holger Fairness und sportliches Miteinanderumge- Manfred Schnieders, Fußball-Vizepräsident Henschel) und bei den Beachsoccer- hen an diesem Sonntag in Gang gesetzt, des FLVW, zeigte sich ebenfalls besorgt: „Seit Schiedsrichtern Malte Gerhardt. In der wenn bei den Betroffenen, die dem Sport einigen Wochen beobachten wir, dass es kommenden Saison sind damit die nach- schaden, gerade ‚ihr’ Spiel ausfällt“, begrün- vermehrt zu ähnlichen Vorfällen und einer folgenden Unparteiischen international dete Michael Ternes, Vorsitzender des Kreis- allgemeinen Verrohung kommt.“ Es müsse im Einsatz: fußball-Ausschusses Arnsberg, die Maß- alles getan werden, um die Schiedsrichter nahme. Mit dieser wolle man die Schieds- zu schützen. Mit der Generalabsage finde FIFA-Schiedsrichter: richter, aber auch Spieler und Zuschauer bei Spielern, Trainern und Zuschauern hof- , Dr. Felix Brych, Bastian schützen. fentlich ein Umdenken statt. Dankert, , , Manuel Gräfe, , Tobias Stie- ler, , .

FIFA-Schiedsrichter-Assistenten: Marco Achmüller, Eduard Beitinger, Mark Neben den beiden Einsätzen in der Chinese Super League Borsch, Rafael Foltyn, Markus Häcker, blieb für Deniz Aytekin und Eduard Beitinger auch noch Guido Kleve, Stefan Lupp, Mike Pickel, etwas Zeit, das Land kennenzulernen. Thorsten Schiffner, Jan Seidel.

FIFA-Schiedsrichterinnen: Dr. Riem Hussein, Angelika Söder, Bibiana Steinhaus, Karoline Wacker.

FIFA-Schiedsrichter-Assistentinnen: Ines Appelmann, Christina Biehl, Sina Diekmann, Katrin Rafalski.

FIFA-Futsal-Schiedsrichter: Danijel Darandik, Swen Eichler, Ingo Heemsoth, Jacob Pawlowski.

FIFA-Beachsoccer-Schiedsrichter: Malte Gerhardt, Torsten Günther.

AYTEKIN UND BEITINGER IN CHINA IM EINSATZ

FIFA-Schiedsrichter Deniz Aytekin (Ober- beiden Spielorte so unterschiedlich waren. es gab keine Probleme in der Zusammenar- asbach) und sein Assistent Eduard Beitinger „Peking haben wir als sehr internationale, beit“, sagt der kürzlich ernannte FIFA-Assis- (Regensburg) waren im Oktober zu einem sehr offene Metropole kennengelernt. tent. besonderen Auslandseinsatz unterwegs: Chongqing lag weiter im Landesinneren – Auf Anfrage des Chinesischen Fußball-Ver- ebenfalls eine riesige und außergewöhnli- Den Regensburger beeindruckten während bandes leitete Aytekin zusammen mit Assis- che Stadt“, erzählt Beitinger. der beiden Einsätze vor allem die chinesi- tent Beitinger zwei Spiele in der Chinese Super schen Fans in den Stadien. „Die Art und League: zunächst am 22. Oktober die Partie Die asiatische Philosophie des Fußballs Weise, wie die Leute den Fußball feiern, ist zwischen Chongqing Lifan und Shanghai sei unserer sehr ähnlich, auch wenn die einfach bemerkenswert. Die Fangesänge Shenhua, drei Tage später die Begegnung Entwicklung noch nicht so weit wie in Europa sind durchweg positiv, die Mannschaft wird zwischen Beijing Guoan und Chongqing Lifan. sei. „Die Auffassung der chinesischen angefeuert, und es gibt im Stadion keine Schiedsrichter-Kollegen, wie sie an ein Spiel Aggressionen – der eigentliche Sinn des Für Aytekin und Beitinger war diese Reise herangehen, entsprach unserer. Die Kom- ‚Fan-Seins’ wird hier gelebt“, sagt der eine spannende Erfahrung – auch weil die munikation auf Englisch war reibungslos, und Regensburger. MELDUNGEN 16 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018

SCHIEDSRICHTER ALS LEBENSRETTER

Unparteiische werden gerne ein- mal zu Prügelknaben gemacht. In dieser Geschichte aus der Kreis- liga Sieg am Mittelrhein ist der Referee aber der Held. „Ich muss meine Meinung über Schiedsrich- ter grundlegend revidieren“, sagt Chris Schöpper (32), Co-Trainer der zweiten Mannschaft des SV Sieg- burg 04. Der Grund ist ganz ein- fach: Schiedsrichter Sener Tasde- mir (46) rettete ihm das Leben.

Zwei Wochen, nachdem Schiedsrichter Sener Tasdemir (rechts) Co-Trainer Chris Schöpper das Leben rettete, trafen sich beide erneut.

TEXT s war ein Spieltag wie jeder andere. Doch nach einer dort: Herzstillstand! In Absprache mit beiden Teams brach Bernd Peters knappen halben Stunde Spielzeit spielten sich dra- Schiedsrichter Tasdemir, der mit Unterbrechung 30 Jahre Ematische Szenen ab: Chris Schöppers Team kämpfte Erfahrung hat, das Spiel schließlich komplett ab. im Topspiel beim SV Eitorf um den Aufstieg, als er plötz- lich am Spielfeldrand kollabierte. Er hatte seine Zunge Toni Bunte, beim Siegburger SV für die Pressearbeit zu- verschluckt, bekam keine Luft mehr. Nur weil Spiel- ständig, bedankte sich noch einmal im Namen des gan- leiter Sener Tasdemir aus Troisdorf geistesgegenwärtig zen Vereins beim Unparteiischen: „Dank seines soforti- reagierte, überlebte er. gen, besonnenen Einsatzes rettete er unserem Trainer Chris Schöpper das Leben. Der hinzugekommene Not- Es lief die 34. Minute: Beim Stand von 3:1 für die Gäste arzt bestätigte, dass das sofortige Handeln von Sener aus Siegburg bemerkte Tasdemir Aufregung am Spiel- Tasdemir lebensrettend war.“ feldrand. Er unterbrach das Spiel, wollte wissen, was los war. „Da hatte man den Trainer schon in Seitenlage Zwei Wochen nach diesem Tag treffen sich die beiden gebracht. Ich bemerkte aber, dass er bereits blau anlief Beteiligten erneut. Ein verhaltenes Lachen, ein sanfter und er kaum Luft bekam“, erzählt er. „Ich konnte die Händedruck, eine herzliche Umarmung. An den Vorfall Zunge nicht sehen und versuchte sie hervorzuholen, da kann sich der 32-jährige Trainer nicht mehr erinnern: er zu ersticken drohte. Natürlich biss er mich reflexartig“, „Etwa zwei bis drei Minuten vor meinem Kollaps wird so der Schiedsrichter. Schließlich gelang es ihm, den alles dunkel. Ich habe überhaupt keine Erinnerung, es Kiefer zu sperren und Schöpper einen Finger in den Hals ist alles weg. Erst in der Notaufnahme bin ich wieder zu stecken. Doch der junge Mann atmete kaum. wach geworden.“

„Ich habe dann das gemacht, was man einmal gelernt Zehn Tage lag er in der Klinik, sieben davon auf der Inten- hat. Herzmassage, Mund- und Nasen-Beatmung. Irgend- sivstation. Schöpper erklärt: „Das kam alles von einer wann spürte ich wieder Puls, aber nur für kurze Zeit. Ich verschleppten Erkältung. Dadurch entwickelte sich eine musste es mehrfach wiederholen.“ Währenddessen war- Herzmuskelentzündung.“ Und die kann lebensbedroh- teten Spieler und Zuschauer auf die Rettungskräfte. lich sein, wie er am eigenen Leib erfahren musste. Seit „Schließlich konnten wir ihn in Profi-Hände geben. Sie seinem Zusammenbruch trägt er eine „LifeVest“, einen behandelten ihn auch sofort mit dem Defibrillator“, erzählt tragbaren Defibrillator. Und dankt seinem Lebensretter: der Schiedsrichter. Nach den ersten Maßnahmen wurde „Ich werde definitiv nie wieder gegen Schiedsrichter Schöpper in die Bonner Uni-Klinik geflogen. Diagnose meckern.“ • Kunde: DFB • Titel/Objekt: DFB Journal • Jung von Matt • 35004/01/15032 • DTP: Niels (-1185) mm • 1/1-Seite,mm x 297 • 210 KB rechte Seite • 4C • Produkt: Amateurfußball – „Inklusion“

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In den vergangenen Monaten wurde viel über die Einführung des Video-Assistenten in der Bundesliga diskutiert. Hat er die Erwartungen bisher erfüllt? Wo gibt es noch Möglichkeiten zur Optimierung? Ein Zwischenfazit.

sident Ronny Zimmermann an, „wäre der Fußball zumin- dest schon einmal um 75 Prozent gerechter geworden“.

Zurück in die Gegenwart. Köln, Anfang Dezember. Turbu- lente Monate sind seit dem Media Day im Trainingslager in Grassau vergangen. Lutz Michael Fröhlich, der mittler- weile gemeinsam mit Abteilungsleiter Florian Götte die Projektleitung in Sachen Video-Assistent von Hellmut Krug übernommen hat, Ansgar Schwenken, DFL-Direktor Fußball-Angelegenheiten und Fans, sowie die Bundesliga- Referees und treffen sich im Konferenzsaal eines Kölner Hotels mit den Managern der Erstliga-Vereine. Thema? Natürlich der Videobeweis, über den in den zurückliegenden Wochen eigentlich per- manent öffentlich und zumeist auch sehr emotional diskutiert wurde. Mal durchaus zu Recht, oftmals aber auch zu Unrecht. Denn die Zahlen, die an diesem Tag den Herren Heidel, Völler & Co. präsentiert werden, zeigen, dass – rein nüchtern betrachtet – die vor der Saison genann- ten, faktischen Ziele, in der Premieren-Saison des „Video- beweises“ bislang erreicht wurden.

36 Mal haben die Video-Assistenten aus dem Kontroll- zentrum im „Cologne Broadcast Center“ an den ersten 13 Spieltagen der Saison 2017/2018 eingegriffen. 27 Mal konnte somit eine falsche Entscheidung des Schieds- richters korrigiert werden, neun Mal stand auch nach Betrachtung der Bilder weiterhin eine offensichtlich inkor- Bundesliga-Schieds- rekte Entscheidung. Macht, kurz nachgerechnet, exakt richter Sascha Stegemann überprüft ückblick. Anfang Juli 2017. Trainingslager der Bun- die prognostizierte Korrekturrate von 75 Prozent. „Der mithilfe der desliga-Schiedsrichter in Grassau am Chiemsee. Fußball in der laufenden Spielzeit ist, wenn man so will, Fernsehbilder eine Wenige Tage vor Saisonbeginn. Einer Saison, in der in dieser Saison tatsächlich um 75 Prozent gerechter als Spielsituation. R der Video-Assistent bei jedem Spiel der höchsten deut- in der Vorsaison“, sagt Fröhlich. schen Spielklasse zum Einsatz kommen wird, erstmals unter Livebedingungen getestet wird. Klar, dass Vertreter Noch gar nicht eingeflossen in diese Bewertung waren von DFB und DFL im Sporthotel Achenthal an diesem son- die Entscheidungen des 14. Spieltags, dem wohl bislang nigen Tag ausführlich mit den Medienvertretern über die- besten für das Projekt Video-Assistent. Egal ob die Rote ses Thema sprechen. 104 klare Fehlentscheidungen habe Karte für den Leverkusener Wendell nach Foulspiel am es in der zurückliegenden Bundesliga-Saison gegeben, Dortmunder Castro oder die Aberkennung der Abseitstore sagt Hellmut Krug. 77 davon, also knapp 75 Prozent, hät- von Bayern München gegen und Werder ten durch die Video-Assistenten revidiert, in richtige Ent- Bremen gegen den VfB Stuttgart – in allen Fällen wurden scheidungen korrigiert werden können. Einen Wert, den klare Fehlentscheidungen der Schiedsrichter binnen kür- es auch in der Premieren-Saison des Video-Assistenten zester Zeit korrigiert. Und auch die Korrektur der Roten zu erreichen gelte. Mindestens. „Denn dann“, so fügt der Karte für Frankfurts Marius Wolf einen Spieltag später, war für das Schiedsrichter-Wesen zuständige DFB-Vizeprä- ein „Meisterstück“ des Schiedsrichters im Zusammenspiel 19

mit dem Video-Assistenten. „Das waren alles perfekte tung“, so Schalkes Manager Christian Heidel. Zufrieden Beispiele dafür, dass der Video-Assistent ein absoluter war auch Schiedsrichter Patrick Ittrich, für den der Aus- Mehrwert für die Bundesliga ist, wenn er korrekt und nur tausch mit den Vereinsverantwortlichen abseits der Spiele bei klaren Fehlentscheidungen eingesetzt wird. Positive zu einer dauerhaften Einrichtung werden soll: „Es ist gut, Erfahrungen wie an diesen Wochenenden helfen natür- die zwangsläufig verschiedenen Standpunkte und Sicht- lich auch bei der generellen Akzeptanz dieses Projekts“, weisen aller Beteiligten in Ruhe zu diskutieren. In der Hek- urteilt Schiedsrichter-Chef Fröhlich. tik kurz nach Spielende ist so etwas naturgemäß nicht immer möglich.“ 75 Prozent angepeilt – 75 Prozent erreicht. Warum also die ganze Aufgeregtheit der vergangenen Wochen? Die Gründe dafür, dass der Video-Assistent in der (medialen) Öffentlichkeit nicht von Beginn an die Akzeptanz bekom- men hat, die er vielleicht verdient, sind vielfältig. Alles begann mit technischen Problemen am ersten Spieltag. Zudem traten im Verlauf der ersten Spieltage Schwierig- keiten auf, deren Bewältigung in der Offline-Phase der vergangenen Saison nur schwer oder teilweise gar nicht geprobt werden konnte. Und nicht zuletzt mussten sich auch die Unparteiischen trotz einjähriger und sehr akribi- scher Schulung in der Livephase an ihre neue Aufgabe vor den Bildschirmen in Köln gewöhnen.

„Gerade im Bereich der Kommunikation zwischen Video- Assistenten und Schiedsrichter auf dem Feld gab es zu Beginn Defizite, zudem war die Rollenverteilung in man- chen Fällen etwas verschoben“, sagt Fröhlich. Gerade deshalb wies er, nachdem er die Projektleitung übernom- men hat, noch einmal nachdrücklich darauf hin, dass der Video-Assistent genau das ist, was sein Name auch sug- geriert: Ein weiterer Assistent, kein Ober-Schiedsrichter. „Einer muss das Sagen haben und „Einer muss das Sagen haben und die Verantwortung für die Entscheidungen tragen, das ist einzig und allein der die Verantwortung für die Entschei- Schiedsrichter auf dem Feld. Und wenn er eine falsche Entscheidung trifft, die er nach Ansicht der TV-Bilder dungen tragen, das ist einzig und unverzüglich ändern würde, dann kann der Video-Assis- tent ihn korrigieren.“ allein der Schiedsrichter auf dem

Darüber hinaus räumt Fröhlich aber auch Fehler in der Feld.“ Lutz Michael Fröhlich fachlichen Kommunikation nach außen ein. „Vielleicht haben wir in der Anfangsphase die Klubs, die Fans und Abseits der Diskussionen, die nach Ansicht von Fröhlich die Medien zu wenig mitgenommen.“ Aber auch in diesen „natürlich auch immer durch persönliche Betroffenheit“ Bereichen sei bereits nachgebessert worden. Ende Novem- ausgelöst werden, sehen alle Beteiligten das Projekt Video- ber gab es einen ausführlichen Workshop mit zahlreichen Assistent also auf einem guten Weg. Wohlwissend, dass Medienvertretern in Frankfurt am Main, wenige Tage spä- es durchaus noch Luft nach oben gibt. Die Zahl der auch ter das Treffen mit den Bundesliga-Managern in Köln. nach Eingreifen des Video-Assistenten noch falschen Ent- Hinzu kamen zahlreiche TV-Auftritte von ihm und einigen scheidungen soll weiter gedrückt werden. Auch wenn Schiedsrichtern. Alles mit einem Ziel: das Verständnis für Ronny Zimmermann zu Recht darauf hinweist, dass es den Video-Assistenten zu schärfen. Was er darf und was eine komplette Fehlerfreiheit auch mit Video-Assistent nicht. „Ich denke, wir sind auf dem Weg, möglichst gro- nicht geben wird: „Der Video-Assistent ist eben keine ßes Verständnis für den Video-Assistenten zu schaffen, Maschine, sondern auch nur ein Mensch. Und wo Men- zuletzt ein großes Stück weitergekommen“, so Fröhlich. schen arbeiten, werden eben Fehler gemacht.“ Nichts- destotrotz werde alles darangesetzt, die Fehlerquote wei- Gelungen ist dies offenbar auch auf dem Workshop mit ter zu minimieren. den Bundesliga-Managern in Köln, wie alle Beteiligte nach der rund dreistündigen Veranstaltung betonten. „Wir Eine weitere Grundlage dafür soll im Winter-Trainingslager sitzen alle in einem Boot und wollen nur das Beste für den der Elite-Schiedsrichter geschafft werden. „Wir wollen Fußball. Das ist heute deutlich geworden, und daher war anhand von Szenen aus der Hinrunde ein gemeinsames es ein sehr wichtiger und konstruktiver Austausch“, sagt Verständnis dafür erarbeiten, wann der Video-Assistent Leverkusens Sportchef Rudi Völler. Ähnlich sahen es auch eingreifen soll und wann nicht. Zudem wollen wir die seine anwesenden Manager-Kollegen. „Ich habe noch Kommunikation zwischen Video-Assistent und dem nie so sachlich und harmonisch über dieses Thema dis- Schiedsrichter auf dem Platz weiter verbessern. Wir müs- kutiert. Wir haben viel aus der Sicht der Schiedsrichter sen dahin kommen, dass es eine standardisierte, einfache erfahren und die Referees über unsere Bedenken und und klare Kommunikation gibt. Beispielsweise so, wie Zweifel. Das war ein wichtiger Schritt in die richtige Rich- zwischen Pilot und Co-Pilot im Flugzeug“, sagt Fröhlich. REGEL-TEST 20 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 AKTUELLES VON DER FIFA

Die Regelfragen von DFB-Lehrwart Lutz Wagner behandeln neben einigen Fragen aus dem benachbarten Ausland auch zwei Erläuterungen aus dem aktuellen IFAB-Zirkular.

Ball keine Luft mehr hat. Welche Entschei- dung trifft der Schiedsrichter?

SITUATION 5

Bei einem indirekten Freistoß für die angrei- fende Mannschaft, der circa 15 Meter vor dem gegnerischen Tor ausgeführt wird, schießt der Angreifer den Ball direkt auf das Tor. Ein Verteidiger wehrt den Ball absicht- lich mit der Hand vor der Torlinie ab und kann dadurch einen Torerfolg verhindern. Welche Entscheidungen trifft der Schiedsrichter?

SITUATION 6

Der Schiedsrichter sieht, dass bei laufen- dem Spiel ein Verteidiger einem gegneri- schen Team-Offiziellen, der hinter dem Tor der verteidigenden Mannschaft steht, einen Schneeball mit großer Wucht an den Kopf wirft. Welche Entscheidung trifft er nun?

Mit dem kuriosen Fall, dass ein Spieler einen zuvor geplatzten Ball fängt, beschäftigt sich Situation 4. SITUATION 7

Der Schiedsrichter sieht, dass bei laufendem Spiel ein Verteidiger seinem eigenen Phy- SITUATION 1 SITUATION 3 siotherapeuten, der hinter dem Tor der ver- teidigenden Mannschaft steht, einen Schien- Eine Mannschaft beginnt das Spiel mit nur Ein Angreifer verlässt das Spielfeld und ent- beinschoner mit großer Wucht an den Kopf zehn Spielern. Nach fünf Minuten läuft der zieht sich dadurch einer Abseitsstellung. wirft. Der Schiedsrichter unterbricht das elfte Spieler, der ordnungsgemäß im Spiel- Obwohl die Spielsituation, die ihn zum Ver- Spiel. Welche Entscheidung trifft er nun? bericht eingetragen ist, auf das Spielfeld und lassen des Spielfelds veranlasst hat, noch spielt den Ball im Bereich der Mittellinie. Er nicht abgeschlossen ist (Ball befindet sich SITUATION 8 hatte sich allerdings nicht beim Schiedsrich- im Strafraum und wird von einem Verteidi- ter angemeldet. Wie entscheidet dieser nun? ger gespielt), läuft er auf das Spielfeld zurück Sowohl Schütze als auch Torhüter begehen und erkämpft sich den Ball. Welche Entschei- bei einer Strafstoß-Ausführung ein Verge- SITUATION 2 dungen sind zu treffen? hen. Es wird kein Tor erzielt. Wie reagiert der Schiedsrichter? Während ein Mitspieler des Torhüters den SITUATION 4 Abstoß ausführt, verlässt der Torhüter das SITUATION 9 Spielfeld über die Torlinie. Bevor der Ball Nach der Ausführung eines Eckstoßes will nach dem Abstoß den Strafraum verlassen der Verteidiger den heranfliegenden Ball Ein Verteidiger verhindert mit einem regel- hat, gibt der Torhüter außerhalb des Spiel- wegschlagen. Beim Schuss platzt der Ball. widrigen Tackling im Kampf um den Ball felds einem Zuschauer eine Ohrfeige. Die Ballhülle nimmt der überraschte Ver- innerhalb des eigenen Strafraums einen aus- Welche Entscheidungen sind durch den teidiger im eigenen Strafraum in die Hand. sichtsreichen Angriff. Wie muss der Schieds- Unparteiischen zu treffen? Nun erkennt der Schiedsrichter, dass der richter reagieren? 21

SITUATION 10 So werden die 15 Der Spieler mit der Nr. 3, der wegen einer Situationen richtig gelöst: Verletzung vorübergehend das Spielfeld ver- lassen hat, kommt unangemeldet auf das 1: Direkter Freistoß und Verwarnung. Der 12: Spielfortsetzung mit Schiedsrichter- Spielfeld zurück. Der Gegner ist im Ballbe- zu spät kommende Spieler wird wie ein Ball, wo sich der Ball bei der Spielunter- sitz, und der Spieler greift nicht ein. Trotz- verletzter Spieler behandelt, der unange- brechung befand, und Rote Karte für den dem bemerkt der Schiedsrichter den uner- meldet das Spielfeld betritt und ins Spiel „Täter“. laubten Eintritt und unterbricht deshalb das eingreift. Spiel. Entscheidungen? 13: Der Schiedsrichter lässt das Spiel wei- 2: Wiederholung des Abstoßes, Rote terlaufen und nimmt den Wechsel zur SITUATION 11 Karte für den Torhüter, Spielaufnahme Kenntnis. erst nach Bestimmung eines neuen Tor- Bevor ein im Abseits stehender Angreifer hüters. 14: Der Schiedsrichter lässt diese Ein- 25 Meter vor dem gegnerischen Tor „aktiv“ wechslung nicht zu. Ein Ausschluss – ganz geworden ist, begeht ein Verteidiger ein 3: Direkter Freistoß dort, wo er ins Spiel gleich in welcher Funktion und Präsenta- Foul an diesem Spieler. Welche Entschei- eingegriffen hat, Verwarnung. Auf Abseits tion – führt dazu, dass keine weitere Teil- dung muss der Schiedsrichter nach dem und indirekten Freistoß hätte der Schieds- nahme am Spiel möglich ist. Pfiff treffen? richter nur entscheiden können, wenn der Ball vom Mitspieler gespielt worden wäre. 15: Strafstoß, Verwarnung des werfenden SITUATION 12 Spielers. Nach dem neuen IFAB-Zirkular 4: Der Schiedsrichter unterbricht das Spiel wird das Werfen auf den Ball als Wurfver- Der Schiedsrichter sieht, dass bei laufendem sofort mit einem Pfiff und lässt es mit gehen geahndet. Genauso, als wenn es Spiel ein ausgewechselter Spieler außerhalb einem Schiedsrichter-Ball fortsetzen. Der gegen Mitspieler oder Gegenspieler des Spielfelds einen anderen ausgewech- Defekt des Balls liegt zeitlich eindeutig erfolgt. Dies hat den Vorteil, dass auch selten Spieler anspuckt, der ebenfalls außer- vor dem Berühren des Balls mit der Hand. bei „Nichttreffen“ der Versuch schon straf- halb des Spielfelds steht. Der Schiedsrichter bar ist. unterbricht deshalb die Begegnung. Welche 5: Strafstoß, Verwarnung. Eine Torverhin- Entscheidungen trifft er nun? derung liegt nicht vor, da aus einem indi- rekten Freistoß direkt kein Tor erzielt wer- SITUATION 13 den kann.

Ohne Meldung an den Schiedsrichter wech- 6: Strafstoß, Feldverweis. seln der Torhüter und der Mittelstürmer in der Halbzeitpause Position und Trikot. Der 7: Indirekter Freistoß auf der Torlinie Schiedsrichter merkt den Wechsel erst, nach- neben dem Tor. Ausschluss mittels Roter dem der Torhüter den Ball während des lau- Karte. Das aktuelle IFAB-Zirkular schreibt fenden Spiels in die Hand nimmt. Was muss bei Vergehen gegen Mitspieler, eigene der Schiedsrichter unternehmen? Teamoffizielle und Aus- und Einwechsel- spieler des eigenen Teams außerhalb des SITUATION 14 Platzes einen indirekten Freistoß auf dem Punkt der Außenlinie vor, der dem Verge- Der Schiedsrichter verweist einen Spieler- hen am nächsten ist. trainer in der 40. Minute aufgrund einer Beleidigung des Innenraums. Da dieser 8: Wiederholung des Strafstoßes, Verwar- jedoch Zivilkleidung trägt, hält ihn der Unpar- nung für beide. Da beide Vergehen ver- teiische nur für einen Trainer und nicht Spie- warnungswürdig sind, gibt es kein höher- ler-Trainer und zeigt ihm folglich beim Ver- wertiges Vergehen und somit eine Wie- weis auch nicht die Rote Karte. In der Halb- derholung. zeit will sich dieser Trainer selbst einwech- seln, mit der Begründung, dass er nicht die 9: Strafstoß. Es ist keine Persönliche Strafe Rote Karte gesehen habe. Wie verhält sich nötig. der Schiedsrichter? 10: Indirekter Freistoß am Ort, wo sich der SITUATION 15 Ball bei der Unterbrechung befand, und Verwarnung für den Spieler Nr. 3. Besser Bei einem aussichtsreichen Angriff wirft ein wäre es jedoch gewesen, das Spiel weiter- verletzter, direkt neben dem Tor befindlicher laufen zu lassen (da der Spieler nicht ein- Verteidiger einen Ersatz-Ball auf das Spiel- greift) und die Verwarnung erst in der feld, um den Spielball zu treffen. Er verfehlt nächsten Spielunterbrechung auszuspre- diesen zwar, jedoch ist der Gegner dadurch chen. so irritiert, dass er den aussichtsreichen Angriff im Strafraum nicht zu Ende spielen 11: Direkter Freistoß, wo der Verteidiger Um eine Besonderheit beim indirekten Freistoß kann. Entscheidung? das Foul begangen hat. geht es in Situation 5. LEHRWESEN 22 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 ORGANISATION RUND UMS SPIEL

Die Passkontrolle gehört zu den wichtigsten administrativen Aufgaben eines Schiedsrichters. Der Job eines Schiedsrichters beschränkt sich längst nicht nur auf die 90 Minuten Spielzeit. Es gibt auch jede Menge Aufgaben rund ums Spiel: von der Passkontrolle bis hin zum Anferti- gen des Spielberichts. Um diese und weitere Tätigkeiten geht es im aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 76 mit dem Titel „Administrative Aufgaben – der Schiedsrichter als Verwaltungsorgan“. 23

ür die Schiedsrichter steht vorrangig die Leitung Volkan Alan, Obmann im Kreis Duisburg, erklärte am TEXT ihrer Spiele im Vordergrund. Es ist ihre primäre Rande dieser Weiterbildung: „Wir wissen selbst, dass sich Günther Thielking F Aufgabe, im Sinne einer Chancengleichheit unter der eigentliche Anwärter-Lehrgang fast ausschließlich den beteiligten Mannschaften, darüber zu wachen, dass auf das Regelwerk fokussiert. Deshalb bieten wir zu einem die Spielregeln eingehalten werden. Darüber hinaus späteren Termin zusätzlich eine besondere Neulings- bedeutet dies, dass die Unparteiischen in unterschied- Einweisung an, bei der nur über die Rahmenbedingun- licher Form amtliche, wie auch funktionale Pflichten zu gen zur Leitung von Fußballspielen informiert wird.“ erfüllen bzw. zu beachten haben. Im Lehrbrief 76 stellen die Verfasser in ihren methodisch- Das beginnt bereits bei der Eintragung von Frei-Termi- didaktischen Hinweisen klar, dass es selbst für langjäh- nen im Internet und damit der Information an den Anset- rige Unparteiische wichtig ist, dass diese Kenntnisse der zer, wann ein Schiedsrichter für eine Spielleitung zur Rahmenbedingungen regelmäßig aufgefrischt und ver- Verfügung steht und wann nicht. Bezogen auf die Auf- tieft werden, denn nur so wird ihre Arbeit als Schieds- gaben im Rahmen eines Spiels betrifft es nicht zuletzt richter erleichtert und kann formal korrekt ablaufen. die Platzkontrolle, den Umgang mit den Vereinsfunktio- nären, das Verhalten in besonderen Konfliktfällen, aber Zur Lehrarbeit im Rahmen dieser Einheit haben die Ver- auch mögliche Meldungen zu besonderen Geschehnis- fasser mehrere Eckpunkte zusammengestellt, die den sen. Die Verantwortlichen in den Schiedsrichter-Grup- Ausbildern einige sinnvolle Hilfestellungen geben, zum pen müssen leider oft genug feststellen, dass ihren Beispiel zur Bestätigung von Spielaufträgen oder zur „Schützlingen“ diese Aufgaben und Pflichten nur teil- Kontrolle der Trikotfrage und der Platzabnahme. Eine weise bekannt sind – wird doch an den regelmäßigen besondere Bedeutung wird in dem Lehrbrief dem Auf- Lehrabenden ansonsten meist nur an den Spielregeln treten des Schiedsrichters und seiner Assistenten bei gearbeitet. der Kommunikation mit den Spielern und Vereins-Offi- ziellen beigemessen. Dabei gehört das Thema „Spielbericht“ eigentlich zu einem Dauerbrenner in der Lehrarbeit, haben doch einige Bei der Vielzahl der aufgelisteten Hinweise, die in die- Referees sprachliche Schwierigkeiten beim Formulieren sem Lehrbrief in einer Tabelle und in einer Mind-Map von Texten wegen besonderer Vorkommnisse. Auch zusammengestellt sind, wird erkennbar, dass die Aus- ergeben sich beim „Spielbericht online“ nach wie vor bilder unterschiedliche Schwerpunkte setzen müssen. Probleme mit den notwendigen technischen Ausrüs- Sonst würde der zeitliche Umfang eines Lehrabends tungen in den Vereinen und mit dem Internet, sodass überschritten. Welchen Weg jeder einzelne Lehrwart die Schiedsrichter nicht selten den Spielbericht auf hierbei gehen wird, ist ihm selbst überlassen. ihrem Smartphone ausfüllen müssen. Als Einstieg zu dem Thema haben die Verfasser der Lehr- Im Fußball-Kreis Cuxhaven gehört Moritz Hogen zu den briefe eine Präsentation erstellt, in der die wichtigsten Schiedsrichtern an der Basis, die bei der Fußballjugend Eckpunkte zu den administrativen Aufgaben angespro- noch den Spielberichtsbogen kennengelernt haben, der chen werden. Alternativ dazu können die nachstehend von Hand auszufüllen war. Die Redaktion der Schieds- angeführten Themen an verschiedenen Lehrabenden richter-Zeitung traf ihn nach dem Spiel der „U 13“ zwi- ergänzend zum allgemeinen Lehrthema bearbeitet wer- schen dem JFV Staleke und dem JFV Unterweser. Der den: junge Referee erzählt: „Als ich vor sieben Jahren meine Schiedsrichter-Prüfung abgelegt hatte, musste ich den • Der Schiedsrichter als Organisator einer guten Spiel- Spielbericht noch mit der Post absenden. Heute geht leitung alles online, von der Ansetzung bis zum Erledigen der • Hinweise zum Auftreten (Kommunikationsformen) Formalitäten nach dem Spiel." Bevor Moritz Hogen nach des Schiedsrichters der Prüfung seine ersten Spiele im Fußball-Kreis leiten • Das taktische Verhalten im Umgang mit den Offizi- durfte, waren ihm die Termine für die Lehrabende und ellen und Spielern zahlreiche Hinweise zu den formalen Abläufen in einer • Sonstige Bestimmungen bezüglich des Regelwerks Broschüre ausgehändigt worden. Darin erfuhr er, wo die (zum Beispiel Spielerwechsel in Juniorenspielen, die Vereine ihre Sportplätze haben und welche Spesen es Spielfeldgröße, Elfmeterschießen) in den einzelnen Spielklassen geben würde. • Die Zusammenarbeit mit den Assistenten als Basis für eine gelungene Spielleitung Andreas Thiemann, Mitglied in der DFB-Schiedsrichter- Kommission Amateure, berichtete während der letzten Deutlich wird bei der Arbeit an diesen Themen, dass zu Obleute-Schulung des DFB im SportCentrum Kaiserau einer sehr guten Schiedsrichter-Leistung mehr gehört als in Kamen, dass es solche schriftlichen Informationen nur die Kenntnis der Spielregeln und deren Umsetzung. für neue Schiedsrichter auch in seinem Regionalverband Organisatorische Hinweise, administrative Vorgaben und West in zahlreichen Fußball-Kreisen gebe. Sehr zufrie- kommunikative wie auch taktisch kluge Verhaltensfor- den sei er mit den Kreisen, die den neuen Unparteiischen men müssen deshalb regelmäßig in die Lehrarbeit ein- in ihren ersten Spielen einen „Paten“ zur Seite stellen. fließen, damit die Unparteiischen auf allen Erfahrungs- Die würden die jüngeren Schiedsrichter nicht nur unter- stufen sicher und automatisiert vorgehen können. Nur stützen, wenn es mal Ärger mit Trainern oder Eltern gibt, dann bleiben genügend Handlungsräume für eine sichere sondern ihnen vor allem auch bei organisatorischen Spielleitung, und der Schiedsrichter wird zum kompeten- Fragen helfen. ten Manager eines Spiels. ANALYSE 24 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 HOCHSPRUNG IM ABSEITS Was ist eindeutig falsch, was ist eindeutig richtig? Und wie groß ist der Raum zwischen diesen beiden Polen? Bei den Analysen von Szenen aus dem Profi-Fußball geht es auch immer wieder darum, der Einheitlichkeit und der Eindeutigkeit so nahe wie möglich zu kommen. Der Weg ist dabei das Ziel.

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Aus zwei Perspektiven: Sichtfeld- 1 Abseits.

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TEXT ie meisten Entscheidungen, die Schiedsrichter in fülle zu geben, während der Spieldauer über alle Vor- Lutz Lüttig einem Spiel fällen, sind richtig. Sogar eindeutig kommnisse endgültig zu entscheiden. Auf keine andere Rainer Werthmann Drichtig, kein Zweifel möglich. Dass diese Tatsache Art und Weise schien es möglich, die für das Spiel not- von vielen Beteiligten als Selbstverständlichkeit angese- wendige Eindeutigkeit zu erreichen. Selbstverständlich hen wird, daran sind die Unparteiischen gewöhnt, Lob war man sich von Anfang an darüber klar, dass dies nur für das „Normale“ ist selten. unter Ausschaltung anderer Sichtweisen auf den jeweili- gen Spielvorgang möglich war. Es zählte fortan nur noch Knifflig wird es, wenn wir an die Grenze des Eindeutigen die Wahrnehmung des Schiedsrichters. geraten und darüber hinaus, wenn der Sachverhalt sozu- sagen zweideutig wird, wobei das nicht moralisch gemeint Das hat sich bis heute nicht geändert: „Jedes Spiel wird ist. Es gibt dann mehr als eine Deutungsmöglichkeit für von einem Schiedsrichter geleitet, der die uneinge- ein und dieselbe Spielsituation. Wer setzt seinen Körper schränkte Befugnis hat, die Spielregeln … durchzusetzen.“ in einem Zweikampf unfair ein? Machen es beide Kontra- Mit dieser eindeutigen Aussage beginnt die Regel 5 henten, wer hat dann angefangen? Ist das Handspiel des („Schiedsrichter“). Wenig später heißt es: „Er trifft die Ent- Verteidigers absichtlich geschehen oder aus Versehen? scheidungen basierend auf seiner Einschätzung und hat Greift der im Abseits stehende Spieler ins Spiel ein oder die Ermessens-Kompetenz, die angemessenen Maßnah- doch eher nicht? men im Rahmen der Spielregeln durchzusetzen.“

Wie stellt man in solchen Situationen die zum Fortgang „Einschätzung“ und „Ermessen“ – diese beiden Begriffe des Spiels unbedingt notwendige Eindeutigkeit her? Diese drücken die Bandbreite aus, innerhalb der der Unpartei- Frage haben sich die Regelhüter des Fußballs (und natür- ische sein Amt ausübt. Das tut er in mehr als 95 Prozent lich auch anderer Sportarten) sehr früh stellen müssen. aller Spiele, die im Bereich des DFB stattfinden, allein, Denn Unterschiede in der Sicht auf einzelne Spielvor- ohne die Assistenz von weiteren Unparteiischen an den gänge und deren Regelhaftigkeit hat es von Anfang an Seitenlinien, geschweige denn von elektronischen Hilfs- gegeben. Subjektive Anschauungen haben immer wieder mitteln. zu Streit geführt. Je ernsthafter der Wettbewerb, desto eher. Man sollte sich deshalb auch nicht verwirren lassen von den aufgeregten Diskussionen um den sogenannten Es war ein jahrzehntelanger Weg, bis die Erkenntnis gereift Videobeweis. Das Wohl oder Wehe des Fußballsports war, einer einzelnen Person die uneingeschränkte Macht- hängt davon nicht ab, weil es hier nur um eine verschwin- 25

dend geringe Anzahl von Spielen geht, deren mediale gesenkter Fahne stehen und signalisiert so seinem „Chef“ Bedeutung außer Frage steht, die aber ohne Einfluss auf Redebedarf. Ob das Gespräch an der Seitenlinie den den Bestand des Basisfußballs bleibt. Schiedsrichter umgestimmt hätte, bleibt Spekulation.

Dennoch hat das Anschauen von Spielszenen im Video- Und wenn man gar keine Assistenten hat? Dann muss der format natürlich auch sein Gutes. Für die Lehrarbeit in Schiedsrichter allein sowohl die Abseitsposition erken- den Kreisen und Bezirken bieten die laufenden Bilder nen als auch ihre Strafbarkeit. Sicher nicht einfach, aber eine wunderbare Möglichkeit, anhand von Szenen aus je erfahrener er ist, desto eher wird ihm das gelingen. verschiedenen Perspektiven Entscheidungsabläufe nach- zuvollziehen und zu objektivieren. Das gelingt allerdings *** nicht immer, manches Mal lässt auch das schärfste UHD- 2 Es steht 2:2 im Spiel Hannover 96 – Borussia Bild noch Zweifel am Ablauf. Dortmund (10.Spieltag), und es läuft die 59. Minute: Der Ball wird aus der Hannoveraner Hälfte in den freien Dennoch: Diese Art der Fernsehbilder-Eindeutigkeit Raum hinter der sehr „hoch stehenden“ Dortmunder ermöglicht es uns auch, aus unseren Analysen in der Viererkette gespielt. Abwehrspieler Dan-Axel Zagadou Schiedsrichter-Zeitung Schlüsse zu ziehen. Dabei geht es berührt bei der Verfolgung des Hannoveraners Jonathas nicht darum, dem Schiedsrichter Schuld zuzuweisen, son- mit dem rechten Knie dessen linken Fuß (Foto 2a), so- dern Verhaltensweisen zu erläutern, die zur falschen oder dass sich der Angreifer praktisch selbst ein Bein stellt. auch zur richtigen Entscheidung geführt haben. Daraus Oder besser gesagt: stellen muss (Foto 2b) – und des- wiederum kann jeder Schiedsrichter etwas für sich ablei- halb zu Fall kommt. ten, für sein nächstes Spiel, und dafür, dass seine Ent- scheidungen eindeutig sind. Sehr gut aufpassen muss man bei solchen Sprintduellen, wenn der Stürmer wie in dieser Szene auf dem Weg zum 1 In unserer ersten Szene geht es um eine strafbare Ball oder schon mit dem Ball am Fuß den Laufweg seines Abseitsstellung, die nicht erkannt wurde und den Grund Verfolgers kreuzt. Dabei kommt es mitunter zu kleinen dafür. Berührungen, die wegen der hohen Geschwindigkeit unmittelbar zu einem Sturz führen und dann auch als Foul Im Bundesligaspiel Hamburger SV – VfB Stuttgart zu werten sind. (11. Spieltag) schießt der Hamburger Jann-Fiete Arp den Ball zum 3:1 ins Tor. Dabei steht sein Kollege Dennis Diek- Schiedsrichter Patrick Ittrich muss wegen des steil meier in der Schussbahn und damit im Sichtfeld des Stutt- gespielten Balles rund 30 Meter bis zum „Tatort“ zurück- garter Torhüters Ron-Robert Zieler - und im Abseits. Diek- legen, hat aber eine sehr gute Sicht auf das Geschehen meier springt extra hoch, um dem Ball auszuweichen (Foto 2c) und lässt gar keine Diskussionen aufkommen, (Fotos 1a und b). indem er schon im Heranlaufen die Rote Karte wegen einer „Notbremse“ zeigt. Der Text der Regel 11 macht die Strafbarkeit dieser Aktion klar. Sie ist gegeben, wenn dem Gegner „eindeutig die *** Sicht versperrt“ wird oder wenn der Spieler „eindeutig aktiv wird und so klarerweise die Möglichkeit des Geg- 3 Wie eminent wichtig die freie Sicht und damit das ners beeinflusst, den Ball zu spielen“. Hier ist sogar bei- Stellungsspiel des Schiedsrichters ist, zeigt auch die des gegeben. nächste Szene. Im Zweitliga-Duell FC St. Pauli – Erzge- birge Aue (12. Spieltag) schießt ein Spieler der Gäste aus Und doch wurde das in der Geschwindigkeit des Spiels rund 22 Metern zentral aufs Tor. Der Schiedsrichter befin- nicht erkannt. Sicherlich hat der Assistent die deutliche det sich in diesem Moment rechts von ihm (Foto 3a) – Abseitsposition registriert, kann aber aus seiner Position grundsätzlich eine kritische Position, denn der Unpartei- nicht unbedingt die Strafbarkeit erkennen. Sein Headset- ische soll sich so stellen, dass er seinen Assistenten im Hinweis führt allerdings nicht zu einem Pfiff, weil Diek- Blick hat. Allerdings gilt das nicht unbedingt für die Pro- meiers Hochsprung im Abseits nach Wahrnehmung des filigen, in denen die Präsenz in der Nähe des Geschehens Schiedsrichters den Torwart nicht strafwürdig stört. Eine häufig vonnöten ist und in denen die Headset-Kommu- Einschätzung, die die TV-Bilder eindeutig widerlegen. nikation mangelnden Sichtkontakt ersetzen kann.

Passiert so etwas in Spielen, in denen es keine Headset- Der Schuss des Auers rutscht nach links ab zu seinem Verbindung gibt, läuft der Assistent nach der Torerzielung Kollegen Dennis Kempe. Als der den Ball Richtung nicht wie üblich Richtung Mittellinie, sondern bleibt mit Elfmeterpunkt hebt (Foto 3b), hat der Schiedsrichter sich

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„Notbremse“: Laufduell mit kleiner Berührung als Sturz- 2 ursache und die Schiedsrichter-Sicht.

bit.ly/Notbremse_SRZ012018 ANALYSE 26 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018

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Nicht geahndeter Ellenbogenschlag: Stellungsspiel als 3 wahrscheinliche Ursache.

bit.ly/Ellenbogen_SRZ012018

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zwar ein wenig nach links bewegt, aber versäumt, einen Diese in hohem Tempo fließend ausgeführte Bewegung Sprint einzulegen, um sich eine Seiteneinsicht in die nun schließt Diamantakos mit einem knallharten Schuss aus folgende Situation zu verschaffen. 14 Metern unter die Latte ab. Das 1:0 für Bochum? Nein, denn Schiedsrichter Alexander Sather unterbricht das Der Auer Sören Bertram (1,83 Meter) versucht, in Höhe Spiel schon, bevor der Ball im Tor ist. Aufgrund seines des Elfmeterpunkts, aus dem Stand springend, den Ball sehr guten Stellungsspiels hat er das Handspiel erkennen Richtung St. Pauli-Tor zu köpfen. Allerdings kommt in und sofort ahnden können (Foto 4b). Letztlich eine ganz diesem Moment Lasse Sobiech (1,96 Meter) nach meh- entscheidende Szene in einem 0:0-Spiel! reren Schritten Anlauf „angeflogen“. Dabei hat er den linken Ellenbogen angewinkelt und trifft damit den Kopf Der Schiedsrichter wirkt dabei sehr sicher, die Proteste des Auers und im gleichen Moment mit seinem Kopf den der Bochumer prallen von ihm ab. Das macht er auch Ball (Foto 3c). deutlich, indem er schnell wieder in Stellung für die Spiel- fortsetzung läuft. Ein klares Foul, auch wenn der TV-Kommentator sagt, Sobiech habe den Unterarm hochgenommen, „um ein *** bisschen Schwung mitzunehmen und sich zu schützen“. Dass der Schiedsrichter es nicht mit dem fälligen Straf- Wenn man sich die Videos unserer Analyse-Szenen, die stoß ahndet, ist vielleicht nicht nur, aber vor allem auf man inzwischen im Internet aufrufen kann, anschaut und sein mangelhaftes Stellungsspiel zurückzuführen. dabei nicht den Ton wegdreht, merkt man, wie viel Regel- wissen sich inzwischen bei den Reportern angesammelt Da er zu zentral steht, verdeckt ihm ausgerechnet der hat. Das ist sehr viel besser geworden in den vergange- Gefoulte die genaue Sicht auf den Vorgang (Foto 3d). Er nen Jahren. Manches Mal liegen sie aber auch daneben, lässt das Spiel also weiterlaufen. Und, wie um seine Sicht- deshalb ist die Übernahme des Kommentars als letztgül- weise zu unterstützen, macht er eine Geste, die man als tige Wahrheit sehr kritisch zu sehen. Fehler passieren „aufstehen/weiterspielen“ deuten kann (Foto 3e). So eben überall! etwas sollte man tunlichst unterlassen, denn man kann sich immer irren. Und dass der Auer Spieler bei diesem 5 MSV Duisburg – Union Berlin (2. Bundesliga, Ellenbogeneinsatz glimpflich davonkam, war reine 12. Spieltag): Nach einer weiten Flanke von Moritz Stop- Glückssache. pelkamp in den Berliner Strafraum spielt Peter Kurzweg den Ball bewusst mit dem Oberschenkel seinem Torwart *** zu (Foto 5a). Jakob Busk nimmt den Ball mit den Händen auf (Foto 5b) und wirft ihn einem Mitspieler zu. Schieds- 4 Ein sehr enges Spiel am Betzenberg: 11 Minuten richter Christian Dietz lässt mit einer entsprechenden vor Schluss steht es 0:0 zwischen dem 1. FC Kaiserslau- Geste das Spiel zu Recht weiterlaufen. tern und dem VfL Bochum (2. Bundesliga, 13. Spieltag). Kommentar des Reporters: „Nah dran an der Rückgabe. Kurz vor dem Strafraum der Heimmannschaft prallt der Bei einem Profi-Fußballer sage ich, das ist Absicht, den Ball in zentraler Position zu Dimitris Diamantakos. Der Ball mit dem Oberschenkel zum Torwart zurückzuspie- lässt ihn zunächst gegen den Oberkörper prallen, zieht len.“ Und deshalb sei er der Meinung, der Schiedsrichter dabei den linken Arm zurück, um ein Handspiel zu ver- hätte das abpfeifen müssen. Damit stiftet der Kommen- meiden. Als der Ball allerdings zu weit weg zu prallen tator allerdings Verwirrung beim Zuschauer. droht, bugsiert er ihn mit der linken Hand in die gewünschte Schussposition. Was im Foto ganz klar aussieht (Foto 4a), Schauen wir mal wieder ins Regelwerk. Bis 2016 hieß es ist in der realen Geschwindigkeit des Spiels natürlich viel dort, dass der Torwart den Ball nicht mit der Hand berüh- schwieriger zu beurteilen. ren darf, wenn ihm „ein Mitspieler … den Ball mit dem 27

Fuß absichtlich zugespielt“ hat. Damit war eindeutig klar, 2. Runde) auch den zweiten Strafstoß für die Gäste zu dass dem Torwart nach Zuspielen mit anderen Körper- geben (der erste führte 20 Minuten zuvor zum 1:1-Aus- teilen (Kopf, Brust, Oberschenkel zum Beispiel) die Berüh- gleich), mag für einen alten Hasen nicht die große Auf- rung mit der Hand erlaubt ist. gabe sein. Aber für einen jungen Zweitliga-Schiedsrichter wie Daniel Schlager ist das schon etwas Besonderes. Seit 2016, als der gesamte Text vom Regelgremium IFAB überarbeitet und gestrafft wurde, heißt es: „Er berührt Beim Spielstand von 2:1 für Mainz bringt der Mainzer Tor- den Ball mit den Händen nach einem absichtlichen Rück- wart Robin Zentner in der 75. Minute nach einem zu kurz pass eines Mitspielers zum Torhüter.“ Aus dem Zuspiel abgewehrten Schuss den Kieler Dominick Drexler zu Fall, mit dem Fuß ist nun der landläufig schon immer benutzte der den Ball spielt und dann vom Torwart am Fuß fest- Begriff „Rückpass“ geworden. Aber die Bedeutung hat gehalten wird (Foto 6a). Der Schiedsrichter zögert keinen sich nicht geändert: Der Begriff „einen Pass spielen“ bein- Augenblick und zeigt auf den Punkt. Eindeutig berech- haltet im Fußball immer das absichtliche Spielen des Bal- tigt, wie die Zeitlupe zeigt. les mit dem Fuß. Berührungen mit anderen Körperteilen sind danach keine Pässe, sondern allenfalls Zuspiele. Und er lässt sich weder vom schuldigen Mainzer Torwart noch von dessen Kollegen Giulio Donati beeindrucken, Im englischen Originaltext („deliberately kicked“) ist das der besonders heftig protestiert. Man könnte dessen noch klarer: Denn „to kick“ bedeutet im Sport immer, Gestik auch als Forderung nach eine Gelben Karte für etwas mit dem Fuß zu machen, hier: „mit dem Fuß schie- den Kieler wegen einer „Schwalbe“ deuten (Foto 6b). ßen“. Übrigens ist in allen Streitfällen um den Regeltext Aber der Schiedsrichter gießt kein Öl ins Feuer, und das grundsätzlich der englische Text ausschlaggebend. ist gut so.

*** Natürlich wusste Donati genau, dass der Elfmeter berech- tigt war. Schließlich stand er am dichtesten dran und muss Mut ist eine Eigenschaft, ohne die es kein Schiedsrichter das Foul erkannt haben. Sein Problem: Er wusste, dass er in höhere Klassen schaffen kann. Wer sich davor fürchtet, „geschlafen“ hatte, als sein Torwart den Ball nach vorn was dieser oder jener Pfiff auslösen könnte, sollte sich abprallen ließ. Er hatte zugeschaut statt einzugreifen. gleich eine andere Sportart suchen. Denn für eine Mann- Und da muss man schon einmal ein bisschen Theater schaft zu entscheiden, heißt auch immer gegen die andere. machen, um von sich abzulenken. Reklamationen und Proteste sind da inbegriffen. Auch etwas, das junge Schiedsrichter mit der Zeit einzu- 6 Unbeeindruckt in einem DFB-Pokalspiel Bundes- schätzen lernen und dann aus ihrem Ermessen heraus liga gegen 2. Bundesliga (FSV Mainz 05 – Holstein Kiel, entscheiden, wie sie damit umgehen.

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Blitzschnelles Handspiel, blitzschneller Schuss, 4 blitzschneller Pfiff.

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Zuspiel per Oberschenkel und Ballaufnahme mit der 5 Hand.

bit.ly/TW-Zuspiel_SRZ012018

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Klarer Fall und trotzdem oder gerade deswegen 6 Proteste der „Schuldigen“.

bit.ly/TW-Foul_SRZ012018 REPORT 28 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 PLÖTZLICH IM HEXENKESSEL

Istanbul im Oktober, der „Vodafone Park“ um Fußball für Menschen mit Arm- oder Bein- von Besiktas. 40.000 Zuschauer peitschen Amputationen kam er ein bisschen wie die Jung- Z frau zum Kind. „Ich bin 2014 mit zur WM geflo- ihr Nationalteam nach vorn. Ein ohren- gen, weil ein Kumpel von mir in der deutschen Ampu- betäubender Lärm. Für den Unparteiischen tierten-Nationalmannschaft spielt und mich vorgeschla- gen hat“, erklärt Mario Schmidt. Der 28-jährige diplo- in der Spielfeldmitte ist es „der größte mierte Bank-Betriebswirt (arbeitet bei der örtlichen Spar- Moment meines Lebens“. Denn Regional- kasse) schmunzelt. „Damals war das noch so einfach, heute hat sich auch dieser Bereich professionalisiert. liga-Schiedsrichter Mario Schmidt (28) aus Aber seitdem bin ich dabei.“ Daun (Eifel) leitete das Finale der „Ampu- Und wie! Denn während Kumpel Christian Heintz (der tierten-EM“ zwischen der Türkei vor seiner Behinderung bis zur Verbandsliga im nor- und England (2:1). malen Fußball spielte) als Kapitän des deutschen Teams bei der EM vorzeitig scheiterte, leitete Schmidt das Finale. Und weil er vorher schon im Viertelfinale in der aller- letzten Spielminute einen (korrekten) Elfmeter für die TEXT Bernd Peters Gastgeber im „vorgezogenen Endspiel“ gegen Mitfavo- rit Russland gab, der für den Ausgleich in buchstäblich letzter Sekunde sorgte, ist er dort jetzt eine kleine Berühmtheit. 29

In sieben Spielen seit der Vorrunde qualifizierte sich Die EM sei „auch kulturell ein einschneidendes Erleb- Schmidt mit durchweg guten Leistungen fürs Endspiel. nis“ gewesen, schwärmt der Karnevals-Fan (war 2016 „Da waren täglich Spiele angesetzt, das hielt die Konzen- Prinz in seinem Heimatort). „Die Türken sind sehr gast- tration hoch“, sagt er bescheiden. „Trotzdem war das Finale freundlich, höflich. Wir waren dort auch sehr professio- ziemlich verrückt. Die anderen Spiele hatten außerhalb nell ausgestattet.“ Hintergrund: Das Ziel ist, die Sportart der Stadt, mitten in der Pampa, stattgefunden. Das Finale 2024 in Paris paralympisch werden zu lassen. wurde dann aber ins Besiktas-Stadion wegen des hohen Interesses verlegt. Die normale Fußball-Nationalmann- Ein negatives Erlebnis hatte Schmidt allerdings auch, schaft der Türken war gerade in der WM-Qualifikation im Viertelfinale. Nachdem er den Elfmeter für die Türkei ausgeschieden. Durch dieses Turnier konnte das Land gegen Russland gab, stieß ihn ein russischer Spieler zu jetzt trotzdem einen Titel holen. Das hat viele Leute dazu Boden. Spielabbruch! „Meine Entscheidung war aber gebracht, ins Stadion zu kommen.“ 40.000 an der Zahl. korrekt, der Spieler wurde vom Turnier ausgeschlossen, zwei Jahre gesperrt. Weil man mir danach den Rücken Und die waren extrem laut. „Ich konnte meinen eigenen gestärkt hat, konnte ich mit dieser heftigen Erfahrung Pfiff kaum hören“, sagt der Dauner, der für das Turnier umgehen. Im Nachhinein hat mich dieses Spiel durch Sonderurlaub erhielt. „Bei einigen Gesängen lief es mir die richtigen Entscheidungen ins Finale katapultiert.“ kalt den Rücken herunter. Aber ich war so im Tunnel, das hat mir während der Begegnung erstaunlich wenig Jetzt hofft Schmidt, auch für die WM im nächsten Mai ausgemacht. Ich hatte auch kaum Zeit, nervös zu sein. in Mexiko nominiert zu werden. „Wenn eine Einladung Mir wurde erst hinterher klar, was für ein großes High- kommt, bin ich auf jeden Fall dabei“, kündigt er an. light das war. So eine Größenordnung hatte ich noch nie erlebt.“ Das Spiel wurde dazu auch noch live im tür- kischen Fernsehen übertragen.

Apropos Türkei: Dort spielt der Amputierten-Fußball generell eine größere Rolle als hierzulande. „Es gibt zwei Profiligen“, erklärt Schmidt. Die deutsche Natio- nalmannschaft besteht nur aus 20 Spielern, einer ist sogar schon über 50. „Viel mehr Spieler sind gar nicht bekannt.“ Eine Liga gibt es hier nicht.

Wo liegen die Unterschiede zwischen „normalem“ und Amputierten-Fußball? Vor allem in den Regeln. Die Tor- hüter haben nur noch einen Arm, die Feldspieler nur ein Bein, sie bewegen sich mit Krücken. Es gibt nur sechs Feldspieler plus Torwart, keine Begrenzung der Spieler- wechsel, die Spielzeit beträgt zwei Mal 25 Minuten. Der Ball darf nicht mit einer Krücke berührt werden, das gilt als Handspiel. Es wird auf Kleinfeld gespielt, es gibt kein Erst nach dem Abseits. Was wünscht er sich sonst noch für die Zukunft? „Man Finale wurde dem wird im ersten Moment wenig für voll genommen, wenn Unparteiischen so richtig klar, was er Und sonst? „Vom Fußballerischen sind die Unterschiede man sich für Amputierten-Fußball einsetzt“, sagt er – in Istanbul erleben nicht so groß“, betont Schmidt. „Das sind auch Fußbal- und das würde er gerne ändern. „Nur wer es sieht, weiß durfte. ler, die gehen voll rein, da preschen auch mal Krücken das zu schätzen. Der Sport ist besser und anspruchsvol- über den Rasen. Mit Krücken ist mancher Spieler sogar ler als sein Ruf. Nur wenige können sich vorstellen, wie schneller als manch einer ohne.“ Die Spieler trügen ihr dynamisch das ist. Schade, dass die Jungs in Deutsch- Schicksal oft mit Galgenhumor. „Die haben krasse Sprü- land immer um finanzielle Mittel kämpfen müssen. Kurz che drauf. Wenn einer einen Fehlpass spielt, sagt er vor dem Turnier haben noch 8.000 Euro gefehlt, damit schon mal: ,Ich bin mit dem falschen Fuß aufgestan- sie überhaupt in die Türkei fahren konnten. Das ist für den‘“, sagt Schmidt. Deutschland ein Trauerspiel.“

Als Schiedsrichter habe er andere Schwerpunkte. „Man Hintergrund der Finanzprobleme: Die Amputierten- muss da auf ganz andere Sachen achten“, sagt Schmidt. Nationalmannschaft ist nicht dem DFB unterstellt, son- „Vor allem auf die Unterschiede zwischen den Spielern. dern gehört zum „Freizeit- und Breitensport“. „Immerhin Manche sind ab dem Knie amputiert, manche haben nur unterstützt die Sepp-Herberger-Stiftung die Mannschaft verkürzte Beine. Ab und zu landet auch eine Krücke auf finanziell.“ Wer sich informieren oder mitspielen wolle, dem Fuß des Gegners.“ könne sich bei Christian Heintz direkt oder bei „Anpfiff Hoffenheim“ informieren, dort trainiert die National- Das Verhältnis zwischen Spielern und Referees sei mannschaft einmal pro Monat. oft familiärer als im normalen Fußball-Geschäft. „Ich habe in einem Hotel mit einigen Mannschaften über- Und was bleibt Mario Schmidt vom größten bisherigen nachtet“, so Schmidt. „Man kennt sich über die Jahre. Moment seiner Schiedsrichter-Laufbahn? „Der Ball“, sagt Das ist schon ein enges Verhältnis. Wir haben sogar er. „Den habe ich mit nach Hause genommen, der liegt Ausflüge zusammen unternommen.“ jetzt bei mir im Schrank.“ AKTION 30 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018 VORBILDER DER BASIS Die Preisträger der Aktion „Danke Schiri.“ sind Unparteiische, die auch neben dem Fußballplatz besonders großes Engagement zeigen. Und weil sie damit Vorbilder für die Kollegen an der Basis sind, stellen wir die persönlichen Geschichten von dreien dieser Preisträger vor. Im dritten Teil unserer Serie: Jürgen Post vom Niederrhein.

it seinen 72 Jahren gehörte er zu den ältesten Preisträgern des Jahres 2017 – und (ob wegen Moder trotz seines hohen Alters) zu den kultigs- ten. Denn Jürgen ist nicht nur jung geblieben, um als Schiedsrichter aktiv zu sein. Er führt auch weiterhin leidenschaftlich eine der bekanntesten Kneipen in Mön- chengladbach. „Ich kann jedem Spieler damit ,drohen‘, dass er nicht mehr in meine Kneipe darf“, erklärt der Kreisliga-B-Schiedsrichter im Interview lachend. „Damit ist dann das Eis meistens schon gebrochen.“ Jeder Glad- bacher weiß: In seinem „Markt26“ direkt am Alten Markt geht „der Post“ ab. Jeder im Ort kennt ihn – und das ist keine Floskel. Wirklich jeder.

„Jürgen Post ist seit Jahren Förderer der Schiedsrichter- Vereinigung“, schwärmt Boris Guzijan vom Fußball- verband Niederrhein, der ihn als Preisträger für „Danke Schiri.“ erkor. „Mittels Spenden unterstützt er nicht nur Veranstaltungen, sondern auch die Schiedsrichter-Mann- schaft. Außerdem macht er in seiner Gastronomie aktiv Werbung für die Schiedsrichter und die Anwärter-Lehr- gänge“, freut sich Guzijan.

TEXT Bernd Peters

Jürgen Post zählte im ver- gangenen Jahr zu den „Danke Schiri.“-Preisträgern. 31

Apropos: Obwohl er auf der Partymeile „Alter Markt“ Und wie wurde ein liebenswerter Sprücheklopfer wie er meist bis in die frühen Morgenstunden arbeitet, leitet er eigentlich zum Schiedsrichter? „Ich habe Rolf Göttel, der am nächsten Morgen oder Tag regelmäßig Spiele als damals schon Kreis-Schiedsrichter-Obmann und auch Schiedsrichter. „Das ist ein toller Ausgleich für mich“, sagt Stadionsprecher in Mönchengladbach war, 1984 privat Post. kennengelernt. Wir haben viel und gerne über Autos geredet. Irgendwann wollte er bei mir Werbung für einen Jürgen ist außerdem auch durch den Kreis-Schiedsrich- Anwärter-Lehrgang machen. Und er wusste, ich war einer, ter-Ausschuss zum „Schiedsrichter des Jahres 2016“ der in einer Saison dreimal vom Platz flog wegen Schieds- bestimmt worden. Das hängt mit seinem karitativen Enga- richter-Beleidigung. Da hat er mich gekitzelt mit der gement zusammen. „Jürgen unterstützt seit mehr als Frage: ‚Kannst du das denn besser?’ Da musste ich ran.“ einem Jahrzehnt eine Familie und soziale Projekte in Sri Lanka“, sagt Guzijan anerkennend. „Mindestens einmal Wenige Wochen später stand der letzte Tag des Lehr- im Jahr ist er dort und überbringt finanzielle und sons- gangs an: der 1. März 1984. „Die Prüfung absolvierte tige Mittel. So war er maßgeblich für den Bau einer Was- ich mit null Fehlern, und schon war ich Schiedsrichter“, serleitung nach dem verheerenden Tsunami 2004 ver- blickt Post zurück. „Mein erstes Spiel habe ich morgens antwortlich.“ Dieses Engagement ist Ehrensache für den um 11 Uhr in der Acker-Liga in Liedberg gepfiffen. In der engagierten Unparteiischen. „Ich bin zuletzt 14 Tage Halbzeitpause wäre ich am liebsten direkt wieder gefah- dort gewesen, komme quasi gerade erst aus dem Flie- ren, vor Aufregung. Aber es wurde danach besser.“ ger“, erklärt er. „Ich möchte wissen, was dort mit dem gespendeten Geld finanziert wird.“ So hat er den Einstieg in die Schiedsrichterei bis heute nicht bereut. „Ich bekomme meistens viel Lob und Bestä- Warum Sri Lanka? „Vor dem Tsunami war ich da unten, tigung auf dem Platz – auch von Mannschaften, die ver- habe Land und Leute lieben gelernt. Auch eine Familie, loren haben“, freut sich der verheiratete Familienvater die hatte durch den Tsunami alles verloren, unter ande- und Opa. „Das geht dann natürlich runter wie Öl.“ rem Haus und Auto. Sie konnten nur ihr Leben retten. Dann haben wir ein Altstadt-Fußball-Turnier für sie Seine Stärke auf dem Platz? „Ich kann die Leute einschät- organisiert und sage und schreibe 4.000 Euro einge- zen. Bei mir gibt’s keine Roten Karten, sondern Lokalver- nommen. Damit haben wir dort einiges auf die Beine bot auf Lebenszeit. Es macht mir einfach Spaß, mit Men- gestellt. Vorher haben die auf Steinen gekocht. Wir haben schen umzugehen. Und dazu noch etwas für meine kör- ihnen Kühlschrank, Gasherd und weitere lebensnotwen- perliche Ertüchtigung zu tun.“ Denn von Krankheiten dige Dinge gekauft.“ schlimmerer Art blieb er bislang sein gesamtes Leben verschont. Vor wenigen Wochen erlangte Post durch die WDR-Sen- dung „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ auch noch Wer nichts wird, wird Wirt – und/oder Schiedsrichter. bundesweiten TV-Ruhm. Denn die Show zeigte ihn auch Denn das sei eine gute Kombination, davon ist Jürgen noch in seiner dritten Rolle neben Wirt und Schiedsrich- Post überzeugt. „Wirte können gut zuhören und haben ter: Er singt für sein Leben gern. einen Blick für besondere Fälle. Das hilft auch auf dem Platz.“ Sein Highlight: „Am 10. Februar 2014 stand ich Wie kam es zu dem witzigen Beitrag von Arnd Zeigler? beim Länderspiel der Nationalmannschaft des Vatikan „Den kenne ich schon seit Jahren“, erklärt Post. „Der gegen Borussia Mönchengladbach an der Linie, Walter Zeigler veranstaltet hier immer seine Weihnachtsfeier Eschweiler hat gepfiffen. Das war toll!“ mit den Produktionsleuten von der Sendung.“ Sein locker-leichtes Auftreten vor der TV-Kamera: pure Er empfiehlt jedem jungen Menschen, es ihm gleichzu- Schiedsrichter-Werbung. Zufällig sah auch DFB-Lehr- tun – und Referee zu werden. „Ohne Schiedsrichter kein wart Lutz Wagner die Sendung. „Er hat mich Fußball. Du kannst dich weiterbilden, das Selbstwertge- direkt danach angerufen und mir zu dem fühl stärken, eine Persönlichkeit auf dem Platz formen. Aufritt gratuliert“, freut sich Post. Das ist klasse fürs ganze Leben.“

Doch trotz Bekanntheit und viel Ehr‘: Die Seine Erfahrung und sein Tipp für Anfänger: „Stellt euch „Danke Schiri.“-Ehrung bleibt Post auch nicht über die Spieler. Wir sitzen alle in einem Boot.“ heute noch besonders im Gedächtnis. „Das war einfach der Hammer, ich schwärme jedem davon vor. Das ganze Programm war geil und der PARTNER DFB-SCHIEDSRICHTER Höhepunkt das Spiel.“ Ein typischer Post-Spruch. Er kann aber auch ernst: PARTNER DFB-SCHIEDSRICHTER „Das hatte eine Wirkung weit über mich und die anderen Preisträger hinaus. Ich habe das weitererzählt bei unserer letzten Schulung, habe einen Vortrag von zehn Minuten DANKE SCHIRI. darüber gehalten. Jetzt wollen alle Kollegen einmal bei ‚Danke Schiri.’ DANKE SCHIRI. gewinnen“, sagt Post. MELDUNGEN 32 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018

AUS DEN NIEDERSACHSEN Bernd Domurat VERBÄNDEN bleibt VSO Auf dem Verbandstag in Barsinghausen wurde Bernd Domurat einstimmig für eine zweite Amtsperiode als Vorsitzender des Schiedsrichter-Ausschusses gewählt. Er wird seine Arbeit mit dem gleichen Team fortsetzen wie bisher. Die beiden Lehrwarte Matthias Kopf und Tino Wenkel sowie Anset- zer Michael Hüsing gehen ebenfalls in eine zweite Amtszeit. Im Ausschuss bleiben auch weiterhin Corinna Hedt (Schiedsrichterinnen) und Jens Goldmann (Beobachtungen/ Öffentlichkeitsarbeit).

TEXT Jens Goldmann

SCHLESWIG-HOLSTEIN

FIFA-Berufung für

1 Malte Gerhardt

Der Leistungsklasse-1-Schiedsrichter Malte Gerhardt wurde auf Vorschlag des DFB auf die FIFA-Schiedsrichterliste 2018 im Bereich „Beachsoccer“ berufen. Der 27-Jährige vom Kieler MTV, der ansons- ten in der Oberliga zum Einsatz kommt, freute sich entsprechend über seine Nominierung: „Für mich ist das eine große Ehre und eine tolle Auszeichnung. Ich darf als zweiter Deut- scher überhaupt internationale Spiele in die- ser Sportart pfeifen.“

2 TEXT Fabian Thiesen

SÜDBADEN

Eine Sportart mit Potenzial

Wenn Stefan Weber über Futsal spricht, merkt man, dass er in seinem Element ist. Aus diesem Anlass lud Verbands-Lehrwart Andreas Klopfer zwölf Schiedsrichter aus den sechs Bezirken zu einem zweitägigen Lehrgang ins verbandseigene Sporthotel in Saig ein, die von Stefan Weber auf einen ein- heitlichen Stand der Dinge gebracht werden sollten. Das Ziel war klar: eine klare Regel- 3 linie für den gesamten Verband. Im zweiten Teil des Lehrgangs stand das Schiedsrichter-Team im Fokus. Stellungs- spiel, versteckte Zeichen und Kommunika- 1_ Einmarsch des FVM-Kaders bei der traditionellen Parade zu Beginn des Turniers in Dänemark. tion im Team wurden von Stefan Weber eben- falls mit Videoszenen und Geschichten aus 2_Seit 50 Jahren ist der Rheinländer Ludwig Weber Schiedsrichter. seiner Futsal-Laufbahn erklärt. 3_Die Futsal-Schiedsrichter des Südbadischen Fußballverbandes. TEXT Felix Streibert 33

RHEINLAND THÜRINGEN NIEDERRHEIN

50 Jahre Experte für Stressbewältigung Schiedsrichter Frauen-Fußball und Kommunikation

Der 76-jährige Ludwig Weber aus Badem Sandy Hoffmann ist nicht nur Mitglied im Ende Oktober machten sich insgesamt (Eifel) ist seit 50 Jahren Schiedsrichter im Verbands-Schiedsrichter-Ausschuss in Thü- 19 Schiedsrichter aus dem Fußballverband Fußball-Kreis Eifel. Anlässlich des heimi- ringen, sondern vor allem der Frauen-Fußball Niederrhein (FVN) auf den Weg nach Heidel- schen Sportfestes würdigten die Kreis-Funk- und hier insbesondere die Schiedsrichterin- berg. Sporteinheiten, Referate und Ausflüge tionäre seine Verdienste. nen liegen ihm am Herzen. standen auf dem Lehrgangsprogramm. Ludwig zählt zu den drei dienstältesten Refe- Dies blieb auch der DFB-Schiedsrichter- Als Gastreferent konnte unter anderem Bern- rees im Fußballverband Rheinland (FVR). Kommission Amateure nicht verborgen, und hard Gutowski (DFB-Kompetenzteam) begrüßt Nicht nur dies ist laut Kreis-Schiedsrichter- deshalb berief diese Sandy Hoffmann als werden, der mit seinem Vortrag „Stressbewäl- Obmann Dieter Jardin außergewöhnlich: „In Coach für die beiden Frauen-Bundesligen. tigung und Kommunikation für Schiedsrich- all´ den Jahren ist Ludwig Weber seinem Eine Dienstreise zu seinem Arbeitgeber nach ter“ einen nachhaltigen Impuls setzte. Ver- Heimatverein treu geblieben, was heutzu- Hamburg verband er sogleich damit, die bands-Schiedsrichter-Obmann Andreas Thie- tage keine Selbstverständlichkeit mehr ist.“ Schiedsrichterinnen Franziska Wildfeuer und mann resümierte die Fortbildung als „einen Anna-Lena Heidenreich bei ihren Spielen im in allen Facetten gelungenen Lehrgang“. TEXT Fabian Mohr Männer-Bereich zu beobachten. TEXT Kevin Domnick TEXT Karl-Heinz Gläser B E R L I N MECKLENBURG-VORPOMMERN

Ricardo Scheuerer SÜDWEST Jahrestagung der als Referent Lehrgang für junge Schiedsrichter-Beobachter Eine Überraschung erwartete die Mitglieder Schiedsrichterinnen Unter der Leitung von Andreas Neumann des Team-Leistungskaders zum Stützpunkt fand in Rostock die obligatorische Jahres- im November. Es referierte Team-Mitglied Unter Leitung von Ines Appelmann führte tagung der Schiedsrichter-Beobachter statt. Ricardo Scheuerer, der seit einigen Jahren der Südwestdeutsche Fußballverband Unter anderem stand eine Videoanalyse des auf Berlins Fußballplätzen, mittlerweile in (SWFV) in Edenkoben einen Lehrgang für Bundesligaspiels zwischen Eintracht Frank- der Landesliga, pfeift und gehörlos ist. Schiedsrichterinnen durch. furt und der TSG 1899 Hoffenheim auf dem Er sprach über die geschichtliche Entwick- Für die Teilnehmerinnen stand vorrangig die Programm. Dabei mussten die Beobachter lung der Gebärdensprache und seinen All- Leitung der Spiele der Bezirks-Auswahlmann- einige schwierige und spielentscheidende tag. Begleitet wurde die Veranstaltung von schaften auf dem Programm. Jede Begeg- Situationen aus Sicht des Schiedsrichters einem Kamera-Mann des RBB, der Ricardo nung wurde per Video aufgezeichnet und bewerten und Lösungsmöglichkeiten für für einen Fernsehbeitrag derzeit bei seiner anschließend im Plenum diskutiert. den Referee aufzeigen. Schiedsrichter-Tätigkeit filmt. Neben der praktischen Spielleitung absol- TEXT Andreas Streich vierten die Talente einen Regel-Test sowie TEXT Tim Horacek eine Trainingseinheit inklusive Laufprüfung.

TEXT Roland Schäfer WÜRTTEMBERG MITTELRHEIN Erste Frau im SACHSEN „Live Coaching“ Schiedsrichter-Lehrstab beim Dana Cup Zwischen Theorie Svenja Neugebauer aus Friedrichshafen ist Zum festen Bestandteil der Nachwuchs- und Praxis die erste Schiedsrichter-Lehrwartin im Würt- förderung im Fußball-Verband Mittelrhein tembergischen Fußballverband (wfv). „Ich (FVM) gehört die Seminarreise zum Dana Zwölf Schiedsrichter aus dem Sächsischen musste mich zuvor in mehreren Stufen bewei- Cup in Dänemark. Fußball-Verband (SFV) absolvierten beim sen: erst das Kurzreferat, dann der 60-minü- Dort wurde erstmals ein „Live Coaching“ ersten gemeinsamen Coaching-Lehrgang tige Vortrag zum Thema ‚Rund um den Straf- durchgeführt. „Dabei findet schon während dieser Saison in Leipzig ein vielfältiges Pro- stoß’ und jedes Mal das Bangen: Geht der des Spiels mittels Headset und Walkie-Talkie gramm. Daumen hoch oder runter?“ Danach hatte sie ein Austausch zwischen Coach und Schieds- Sporteinheiten im Kraftraum und auf dem die Schiedsrichter-Kollegen von ihren Fähig- richter statt“, erklärt Jorge Morillo Ramirez. Feld, Regel-Test und die Analyse zahlreicher keiten überzeugt. Dieser beschränkt sich aber auf das Stel- Videoszenen standen ebenso an wie der Ihre Premiere hat sie bereits gemeistert, doch lungsspiel und Laufverhalten des Schieds- Besuch des Landespokalspiels zwischen dem ihre große Herausforderung sieht Neugebauer richters, nicht auf die Entscheidungen. „Der FC Grimma und dem FC Eilenburg, das von in ihrem ersten Neulings-Lehrgang im Frühjahr Schiedsrichter bleibt Spielleiter und Ent- drei Teilnehmern geleitet und anschließend 2018: „Da muss ich in der Regelkunde top scheidungsträger.“ analysiert wurde. sein, aber auch methodisch sauber arbeiten.“

TEXT Sven Körfer TEXT Lars Albert TEXT Jochen Härdtlein VORSCHAU 34 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2018

VORSCHAU 2/2018 IMPRESSUM Die Ausgabe erscheint am 28. Februar 2018.

HERAUSGEBER Deutscher Fußball-Bund, Otto-Fleck-Schneise 6, TITELTHEMA 60528 Frankfurt/Main, Telefon 069/6788-0, TRAININGSLAGER www.dfb.de DER ELITE- VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT SCHIEDSRICHTER Ralf Köttker

KOORDINATION David Bittner, Thomas Dohren

MITARBEITER DIESER AUSGABE Auch in diesem Winter zieht es die Elite-Schiedsrichter ins Trainingslager nach Tobias Altehenger, Stephan Brause, Mallorca. Nach einer aufregenden Hinrunde wollen sie dort in aller Ruhe die David Hennig, Martin Moers, Bernd Peters, Geschehnisse der vergangenen Monate analysieren, um dann gestärkt in die Günther Thielking, Lutz Wagner, zweite Saisonhälfte zu starten. Georg Schalk wird das Trainingslager begleiten Rainer Werthmann und für die Schiedsrichter-Zeitung berichten. LEKTORAT Klaus Koltzenburg

KONZEPTIONELLE BERATUNG LEHRWESEN Lutz Lüttig

GESTALTUNG, DRUCK UND DFB-LEHRBRIEF: VERTRIEB AWD Druck + Verlag GmbH, AGIEREN STATT Otto-Brenner-Straße 7, 52477 Alsdorf, REAGIEREN Telefon 02404/22071, Fax 02404/81822, E-Mail: [email protected]

ANZEIGENVERWALTUNG AWD Druck + Verlag GmbH, Manfred Kuper

Als Schiedsrichter sollte man den Spielern gedanklich immer einen Schritt vor- ERSCHEINUNGSWEISE aus sein – nur dann ist es möglich, ein Spiel in die richtige Bahn zu lenken. In Zweimonatlich. welchen Situationen man als Unparteiischer auf Spiel und Spieler einwirken Jahresabonnementspreis 15,– Euro. kann, darum geht es im nächsten DFB-Lehrbrief Nr. 77 mit dem Titel „Agieren Lieferung ins Ausland oder per Streifband auf Anfrage. Abonnements-Kündigungen sind sechs statt reagieren“. Günther Thielking stellt die Lehreinheit vor. Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums dem Abonnements-Vertrieb bekannt zu geben. Zuschriften, soweit sie die Redaktion betreffen, sind an den Deutschen Fußball-Bund, Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt/Main, P O R T R ÄT [email protected], zu richten.

NEUE BRÜCKE BILDNACHWEIS Amac Garbe, getty images, David Hennig, ZWISCHEN RHEIN imago, Hans Krämer, LAJ, Bernd Peters

UND MITTELMEER Nachdruck oder anderweitige Verwendung der Texte und Bilder – auch auszugsweise und in elektronischen Systemen – nur mit schriftlicher Genehmigung und Urhebervermerk.

Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung wird auf Einmal ein Erstliga-Spiel leiten! Für die allermeisten Schiedsrichter ist das ein PEFC-zertifiziertem Papier gedruckt. absoluter Lebenstraum. Ivan Mrkalj aus Köln hat sich diesen Traum erfüllt. Aller- dings nicht in Deutschland, sondern auf Malta. Tobias Altehenger erzählt er die Geschichte von einem Auslandspraktikum mit Folgen – für ihn und für seinen Fußball-Kreis. ABO bequem per E-Mail: [email protected] Offi zieller Partner der Weltschiedsrichter.

Bibiana Steinhaus und Dr. Felix Brych sind Weltschiedsrichterin und Weltschiedsrichter des Jahres 2017. DEKRA ist seit 14 Jahren offi zieller Partner der DFB-Schiedsrichter und gratuliert den beiden Referees und ihren Teams zu diesem Erfolg. Wir freuen uns auf viele weitere exzellent geleitete Spiele auf Top-Niveau!

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