Gerlinde Kaltenbrunner - Porträt

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Achttausender sammeln aus Leidenschaft

Die Österreicherin m 21. Juli 2005 um 14.45 Uhr Ortszeit hatte es Gerlinde Kaltenbrunner geschafft. Die inzwischen 35-jährige Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner stand auf dem Gipfel des Gasherbrum II (8035 m) – nach 16 Stunden Aufstieg in ist eine der beiden der - A teils hüfttiefem Schnee und bei bis zu minus 28 Grad Celsius. Allein fürs Spuren der letzten zeit erfolg reichsten Höhenbergsteigerinnen 200 Höhenmeter benötigte die schmale, sehr sympathische und besonnen wirkende Frau der Welt. Ihr Ziel ist es, alle Achttausender fünf Stunden. Sie wühlte sich dabei teils ritt- lings auf dem überwechteten Grat sitzend bis zum Gipfel durch. Nur zwei Mitglieder eines zu besteigen – aber auf ihre eigene Art. italienischen Teams konnten ihr folgen, 13 weitere Gipfelaspiranten mussten umkehren. Sie hat die besten Voraussetzungen dazu, Nach der anstrengenden Gipfelbesteigung be- wältigte Kaltenbrunner auch noch den Abstieg dieses Ziel zu erreichen.  VON GABY FUNK über 3000 Höhenmeter vom Gipfel bis ins Ba- sislager, weil sie leichte Erfrierungen an den Zehen davongetragen hatte und sie diese so schnell wie möglich richtig versorgen wollte. Bei Erreichen des Basislagers war sie rund 30 Stunden am Stück unterwegs!

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Mit dem Gasherbrum II hatte Kaltenbrun- 2005 zusammen mit dem erfahrenen japani- ner ihren achten Hauptgipfel der insgesamt schen Höhenbergsteiger Hirotaka Takeuchi 14 Achttausender erreicht. Zudem stand sie und ihrem Lebensgefährten, dem seit vielen bei früheren Expeditionen noch auf dem 8041 Jahren sehr erfolgreichen deutschen Expedi- Meter hohen Vorgipfel des und tionsveranstalter und Höhenbergsteiger Ralf dem 8013 Meter hohen Vorgipfel des Shisha Dujmovits aus dem badischen Bühl gelungen. Pangma, die beide kaum niedriger sind als ihre Alpinstil bedeutet, dass die drei die Wand vom - wegen Wechten und Lawinengefahr oft nicht Basislager bis zum Gipfel in einem Zug durch- erreichbaren - höchsten Punkte. Ihre extreme stiegen, keine Fixseile anbrachten, alles im Leistungsfähigkeit in dieser Männerdomäne Rucksack mitschleppten, was sie für die mehr- hat sie auch schon früher bewiesen: Während tägige Durchsteigung und für den Abstieg an ihrer Besteigung des (8125 m) Ausrüstung und Verpflegung benötigten, und im Juni 2003 verliehen ihr kasachische Hö- keinen künstlichen Sauerstoff nutzten. henbergsteiger den anerkennenden Spitznamen „Cinderella Caterpillar“, als sie im Tiefschnee Shisha Pangma: die erste mit schwerem Rucksack an ihnen vorbei stieg, Überschreitung spurend vorausging und dabei den weiteren Am 2. Mai stiegen sie in die steile Südwand Aufstieg mit Fixseilen absicherte. ein, am 7. Mai standen sie auf dem Gipfel, da- nach erfolgte der Abstieg über den Normalweg Besteigungsstil – Wege zum Gipfel an der Nordseite des Berges. Nie zuvor hatte Wie bei all ihren Expeditionen hat Kalten- jemand diesen Berg von Süden nach Norden brunner auch den Gasherbrum II ohne Nut- überschritten. Beim Aufstieg durch die Süd- zung künstlichen Sauerstoffs erreicht. „Durch wand mussten sie mit ihrem schweren Gepäck

Ob Xifeng Peak (l.) oder (u.) Impressionen von I (u.), Gasher - – Gerlinde Kaltenbrunner beißt sich durch. brum I und der Shisha Pangma-Südwand (r.)

künstlichen Sauerstoff wird die Besteigung senkrechte Abschnitte im kombinierten Ge- eines Achttausenders zu der eines Sechstau- lände und lange, 60 Grad steile Rinnen mit senders degradiert“, meint sie und fügt hinzu, Blankeis bewältigen, wobei sie sich im Vorstieg dass dies zwar jeder für sich entscheiden müs- abwechselten oder seilfrei kletterten. Es schnei- se, aber dass sie lieber auf die Besteigung eines te, der Fels war mit Neuschnee bedeckt und Achttausenders verzichten würde, wenn sie da- dazu brüchig: „Das war das Brüchigste, was zu Sauerstoff aus der Flasche bräuchte. ich je geklettert bin“, lautet Kaltenbrunners Die Besteigung des Gasherbrum II war Kommentar dazu. Zu den geplanten Wand-Bi- bei diesen Verhältnissen eine wahre „Tour de waks kam auf 7400 Meter Höhe durch starken Force“, ihre anspruchsvollste Achttausender- Schneefall und akute Lawinengefahr auch noch Besteigung war jedoch die erste Überschrei- ein „Zwangs-Ruhetag“ in einer kleinen Felsni- tung des Shisha Pangma (8027 m) im reinen sche hinzu. , der in seiner lang- Alpinstil - mit Aufstieg durch die steile, rund jährigen Laufbahn als Extrembergsteiger schon 2000 Höhenmeter hohe Südwand und Abstieg viele heikle Situationen erlebte, hat die Situati- über den Normalweg auf der Nordseite. Die- on eindringlich in seinem Expeditionstagebuch se alpinistische Großtat war ihr zuvor im Mai beschrieben: „Erstmals kommen Zweifel in

DAV Panorama 2/2006 67 mir auf: Das Gas geht zur Neige, wir sind an den Männern, die eine Weithals-Flasche nutzen absolut exponierter Stelle, die Erholung in den können, muss Kaltenbrunner jedes Mal ihre tropfnassen Schlafsäcken geht gegen Null, der Schuhe anziehen und das Zelt verlassen – bei Appetit ist ebenfalls am Nullpunkt und drau- Temperaturen von bis zu minus 32 Grad und ßen donnern die Lawinen. Selten habe ich vor Wind. Ein erholsamer, die lange Wartezeit ver- einem Gipfelaufstieg schlechter und unruhiger kürzender Schlaf ist – wenn überhaupt - nur geschlafen. Gerlinde hält die Moral aufrecht kurz möglich. Selten wird einem die Relati- und lässt sich nicht wirklich einschüchtern.... vität der Zeit so stark bewusst wie an einem Wir werden es schaffen!“ Über 600 Höhenme- „Zwangs-Ruhetag“ – sie verrinnt so langsam, ter schwieriges Klettern in dünner Luft bis zum als würde sie angehalten und als hätten die Gipfel liegen da noch vor ihnen – und danach gewohnten Zeiteinheiten völlig andere Dimen- der Abstieg. sionen angenommen. Außer kochen, trinken, Was eine Übernachtung und ein „Zwangs- essen, pinkeln und vor sich hindösen hat man Ruhetag“ in einer steilen Wand in dieser Hö- nichts zu tun. Und die Gedanken darüber, wie he bedeuten, können sich nur Wenige richtig es weitergeht, drehen sich gebetsmühlenartig vorstellen: In ihrer dicken Daunenbekleidung im Kopf, wenn man es nicht schafft, sie auszu- und den feuchten Schlafsäcken liegen die drei blenden. Es sind nicht nur die bergsteigerischen Bergsteiger auf einer Fläche von 1,50 Meter Fähigkeiten, eine ausgezeichnete Höhen-Ak- Breite und zwei Meter Länge dicht aneinander klimatisation und eine extreme Leistungs- und gezwängt, die beiden Männer mit dem Kopf Leidensfähigkeit, die für solche Unternehmen nach hinten, Kaltenbrunner mit dem Kopf benötigt werden. nach vorn. Jeder spürt die kleinste Bewegung Die mentale Stärke, die Fähigkeit, all dies der anderen, umdrehen ist nur nach Abspra- gelassen zu ertragen und fest daran zu glauben,

Gerlinde Kaltenbrunner beeindruckt Fachwelt wie LaienXoxoxo mit enormer xoxo xooxalpinistischer xoox xoox Kompetenz, xoxo xoxo außergewöhnlicher Zähigkeit und schier unerschütterlicher Moral.xoxx xooxox xoxo ox.

che möglich. Durch Kondensation bildet sich dass man die Situation bewältigen wird, ist da- eine Raureifschicht an der Innenwand, kalter bei mindestens ebenso wichtig. Der Unterschied Reif rieselt herab, wenn einer an die Zeltwand einer schwierigen Achttausender-Besteigung im stößt. Schneeschmelzen, Kochen – und Pinkeln Alpinstil im Vergleich zu einer kommerziellen sind mühsame Tätigkeiten, da dies auf kleins- Achttausender-Expedition auf dem Normal- tem Raum nicht nur sehr viel Geduld, sondern weg mit eingerichteten Hochlagern und Sher- auch viel Geschick verlangt. Im Gegensatz zu pas, die die Lasten schleppen und den Aufstieg

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mit Fixseilen ausstatten, könnte nicht größer (Linke Seite): Die ��������� sein. Ganz abgesehen davon, dass die meisten Dreier-Seilschaft Kal- ��������� Achttausender-Besteigungen mit Unterstützung tenbrunner, Dujmovits durch künstlichen Sauerstoff erfolgen, teils und Takeuchi kurz ��������������� schon ab 6500 Meter Höhe. vor dem Einstieg in die Südwand des Shi- Dramatische Rettung am Everest sha Pangma. Endlich Nach der erfolgreichen Überschreitung des Wasser – nach drei Shisha Pangma hatte das Trio eigentlich noch Tagen ohne Essen und die Durchsteigung der Everest-Nordwand Trinken. durch das Supercouloir geplant – eine kühne und technisch schwierige „Magic Line“, deren Begehung im alpinen Stil 1986 erstmals den Schweizer Spitzenbergsteigern Erhard Loretan und Jean Troillet gelang und seither ohne Nut- zung künstlichen Sauerstoffs nie wiederholt wurde. Starker Höhenwind vereitelte den Ver- such des Teams jedoch bereits im Vorfeld. Als sie stattdessen auf die Normalroute am Eve- rest auswichen, bekam der eigentlich bestens akklimatisierte Takeuchi im Hochlager auf 7750 Meter Höhe völlig unerwartet ein Hö- henhirnödem.

Dujmovits und Kaltenbrunner schafften es in einer dramatischen nächtlichen Rettungs- aktion dank ihrer medizinischen Kenntnisse, dass er überlebte. Zutiefst bewegt und glück- lich brachten sie ihn hinab ins Basislager – der Everest war damit in diesem Jahr abgehakt. Kaltenbrunners Kommentar dazu: „Es ist eine große Bereicherung im Leben, wenn man ei- �������������������������������������� nem Freund das Leben retten kann!“ Es war ���������������������������������������� nicht das einzige Mal, dass Kaltenbrunner ������������������������������������������ dank ihrer medizinischen Kenntnisse als Kran- �������������������������������������� kenschwester anderen Bergsteigern helfen und ��������� ���� �������� �������������� Leben retten konnte. ���� ������� ����� ����� ������ �������� Sie kennt aber auch die andere Seite: vom ��������������������������������������� hilflosen Zuschauen-Müssen beim tödlichen ����������� ��� ��������������� ������ Absturz eines Bergsteigers, über ihre ver- ��������������������������������������� geblichen Versuche, einen völlig erschöpften ������������������������������� �������������������������������������� österreichischen Bergsteiger, den sie kannte ����������������������������������������� und schätzte, vom weiteren Aufstieg in den Nach einem harten ����������������������������������������� sicheren Tod abzubringen, bis hin zur Angst Tag am Berg geht ����������� um ihren Lebensgefährten, als der von einem im Hochlager – hier großen Stein getroffen und dabei zum Glück Lager II an der Anna- nur an der Wade verletzt wurde. Und bei ih- purna I – die Arbeit rer erfolgreichen Besteigung der Annapurna I weiter: Schnee schmel- (8091 m) im Mai 2004 hatten Kaltenbrunner zen, um genügend und Dujmovits viel Glück, als sich über ihnen trinken zu können. ����������������������������������������������� ������������������������������������������������ DAV Panorama 2/2006 �������������������������������������

Eura_Anz_Panorama.indd 1 10.02.2006 14:25:08 Uhr ein Eissérac löste und die Eisbrocken knapp an zusammen mit Dujmovits lebt, beim Biken, ihnen vorbeidonnerten. Sie weiß genau, wie Langlaufen, Joggen, an der Kletterwand oder schnell auch die Besten und Vorsichtigsten in auf dem Fahrrad-Ergometer. diesen wunderschönen, lebensfeindlichen Hö- hen umkommen können. Durch eine optimale Konkurrenz in dünner Luft? Vorbereitung versucht sie das Risiko so gering In vielen Medien wurde Kaltenbrunner gleich wie möglich zu halten: „Ein gewisses Restrisi- nach ihren ersten Achttausendern mit der bis- ko bleibt immer beim Höhenbergsteigen. Ich lang berühmtesten und erfolgreichsten Hö- denke aber, dass ich die Risiken inzwischen gut henbergsteigerin verglichen, der seit 1992 am einschätzen kann. Außerdem glaube ich, dass Kangchenzönga verschollenen Polin Wanda es vorbestimmt ist, wann mein Leben enden Rutkiewicz, die vom Besteigungsversuch ihres wird.“ Ein ängstlicher Typ sei sie nicht, das neunten Achttausenders nicht zurückkehrte. bedeute aber nicht, dass sie keine Angst kenne: Auch als weiblicher Reinhold Messner wurde „Unbeschreibliche Angst hatte ich beispielswei- Kaltenbrunner schon bezeichnet. Vergleiche wie se, als ich in Skardu in Pakistan zum Zahnarzt diese können die sonst sehr gelassene Österrei- musste“, bekennt sie und lacht. cherin richtig ärgern: „Rutkiewicz war in einer anderen Zeit und unter anderen Bedingungen Nach der Sonntagsmesse auf die erfolgreich. Und ein Vergleich mit Messner ist Berge völlig absurd. Mein Traum ist es, alle 14 Acht- Ihre Bergbegeisterung verdankt Kaltenbrun- tausender zu besteigen. Natürlich wäre es schön, ner dem Pfarrer ihrer Heimatgemeinde Spital die erste Frau zu sein, die das schafft. Aber dar- am Pyhrn in Oberösterreich, Dr. Erich Tisch- um geht es mir überhaupt nicht. Mir geht‘s ums ler. Der begeisterte Alpinist nahm sie nach der Erlebnis, um jeden einzelnen dieser Gipfel.“

Höhenbergsteigen ohne künstlichen Sauerstoff bedeutet bei widrigen Verhältnissen einen kaum vorstellbaren Härtetest für Körper und Geist.

Sonntagsmesse auf zahlreiche Bergtouren mit. Auch die Spanierin Edurne Pasabán (32) Im Alter von 13 Jahren machte sie ihre ersten hat seit ihrer Besteigung des Nanga Parbat im Klettertouren, während sie die Skihauptschule vergangenen Jahr acht Achttausender auf ihrer Windischgarsten besuchte und dort zur Renn- Erfolgsliste, darunter den technisch schwie- läuferin ausgebildet wurde. Sie gewann zwar rigen und gefährlichen , an dem sie sich unter anderem den Landestitel ihrer Altersklas- im September 2004 beim Abstieg so schwe- se, Wettkämpfe machten ihr aber keinen Spaß, re Erfrierungen zugezogen hatte, dass ihr an weil sie dabei gegen ihre Freundinnen antreten beiden Füssen jeweils das vordere Glied eines musste. Sie hörte damit auf. Ihre große Leiden- Zehs amputiert werden musste. Ferner gehört schaft war das Bergsteigen und in den kom- auch die Italienerin mit bislang menden Jahren nutzte sie auch während ihrer sechs Achttausendern zum exklusiven Club der Ausbildung zur Krankenschwester jede Mög- erfolgreichen Sammlerinnen, die auf die Un- lichkeit für Ski-, Eis- und Klettertouren. Als sie terstützung durch künstlichen Sauerstoff ver- dann im Alter von 23 Jahren zum ersten Mal zichten. auf einem Achttausender stand, dem Vorgipfel des Broad Peak, war sie zutiefst fasziniert. Vier Es geht nicht um Rekorde Jahre später erreichte sie den Gipfel des Cho Kaltenbrunner betont, dass sie sich durch die Oyu (8021 m). Medien in keinen Konkurrenzkampf drängen Das Geld für ihre ersten Expeditionen lasse. Das sei beim Höhenbergsteigen völlig verdiente Kaltenbrunner sich zum Teil auch fehl am Platz. Die anderen Frauen kenne sie durch die Geldprämien, die sie bei Mountain- nicht, Edurne Pasabán habe sie aber bereits Bike-Rennen gewann. Auch in diesem Bereich getroffen und stehe in E-Mail Kontakt mit ihr: brillierte Gerlinde, die schon seit vielen Jahren „Edurne ist sehr sympathisch, sie empfindet täglich mehrere Stunden intensiv Ausdauer dieselbe Leidenschaft wie ich und ist auch sehr und Kraft trainiert. Am liebsten auf Touren in stark“, erklärt Kaltenbrunner. Im vergange- den Bergen, daheim in Bühl, wo sie inzwischen nen Jahr hatten die beiden bereits geplant, den

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Broad Peak (8047 m) gemeinsam zu besteigen. denen es allein ums Bergsteigen geht, um ihre Das scheiterte daran, dass Kaltenbrunner nach Traumziele, ihre Freunde und die existenziellen der Besteigung des Gasherbrum II wegen ihrer Dinge des Lebens, gleich nach der Rückkehr Erfrierungen an den Zehen kein Risiko einge- zunächst schwer falle, sich wieder dem stressi- hen wollte. „Vielleicht klappt es bei einem an- gen Alltag eines Profis zu stellen. Der Kontrast deren Projekt“. Wer Kaltenbrunner näher kennt, weiß, dass sie wirklich meint, was sie sagt. Es geht :info: Gerlinde Kaltenbrunner ihr nicht um Rekorde, sondern nur ums „Er- lebnis Berg“ in d ieser grandiosen Urlandschaft Geb. am 13.12.1970 in Kirchdorf/Krems mit ihren gewaltigen Dimensionen und um das Infos: www.gerlinde-kaltenbrunner.at Ausleben ihrer Leidenschaft. Wäre es für sie Bestiegene Achttausender wichtig, die erste Frau zu sein, die auf allen 1994 Broad Peak (Vorgipf. 8041 m) Achttausendern stand, dann könnte sie ihre 2000 Shisha Pangma (Vorgipf. 8013 m) Sammlung auch schneller vervollständigen, Achttausender-Hauptgipfel wenn sie sich auf die Normalwege beschränken 1998 (8201 m) und sich zum Teil nicht wesentlich schwierige- 2001 (8463 m) re Routen aussuchen würde. 2002 (8163 m) 2003 Nanga Parbat (8125 m) Zwei verschiedene Welten 2004 Annapurna I (8091 m) Gerlinde genießt es, monatelang im Himala- 2004 Gasherbrum I (8068 m) ya und im Karakorum unterwegs zu sein mit 2005 Shisha Pangma Freunden und Menschen aus völlig verschie- (erste Überschreitung, 8027 m) 2005 Gasherbrum II (8035 m)

denen Kulturbereichen. Technische Schwie- rigkeiten oder schlechte Verhältnisse bei ihren Expeditionen betrachtet sie dabei als Heraus- forderung an ihre Fähigkeiten, an ihre Erfah- rung, ihre Intuition und ihren Instinkt. Berg- steigen bedeutet für Kaltenbrunner eben nicht „Kampf um den Berg“ oder die „Eroberung des Unnützen“, sondern Lebensform und Le- bensinhalt zugleich. Und wenn sie von ihren Erlebnissen oder ihrem nächsten Projekt er- zählt, dann strahlen ihre braunen Augen, ganz egal, wie schwierig und anstrengend eine Be- steigung war oder werden wird. Im Frühjahr 2004 war Den Medienrummel um ihre Person und den Gerlinde Kaltenbrun- Terminstress mit Interviews, Fernsehauftritten ner an der Annapur- und Vorträgen empfindet Kaltenbrunner oft als na I erfolgreich – der eine etwas mühsame Begleiterscheinung, die sie Aufstieg über die steile als Profibergsteigerin mit Unterstützung durch Gipfelrinne (l.), Ab- Sponsoren für die Realisierung ihrer Träume zwischen beiden Welten ist ihr kurz nach der stieg nach dem Gipfel letztendlich aber gerne in Kauf nimmt. Wer je Rückkehr zu extrem Aber auch das falle ihr in- (ganz o.), im Lager II die Gelegenheit hat, bei einem ihrer Vorträge zwischen leichter als früher: „Inzwischen weiß auf 6500 Meter (o.). dabei zu sein, wird begeistert sein – von der ich ja schon immer bei der Rückkehr, dass ich Art, wie sie erzählt, von den beeindruckenden bald wieder aufbrechen darf.“ Am 3. April Bildern und von ihrer Ausstrahlung. Sie gesteht geht‘s los zu ihrem nächsten Ziel, dem schwie- auch, dass es ihr nach den monatelangen Auf- rigen Kangchendzönga (8586 m). Sie kann‘s enthalten in diesen stillen Urlandschaften, in kaum erwarten. 

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