Rückblicke Zeitschrift Kap 1Apparat
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ZEITSCHRIFTENDRUCK (APPARAT) VII-55 6.2. Einzelstellenerläuterungen 1,4 Montaigne hat gesagt: Mon métier c’est vivre] Michel Eyquem, Seigneur de Montaigne (1533-1592), franz. Schriftsteller und Philo- soph, dessen Hauptwerk „Essais“ 1580 erschien (5. erweiterte Aufl. 1588). – Mon métier c’est vivre: (franz., Mein Beruf ist zu leben) von Gutzkow verkürzt zitiert: „Mon métier et mon art, c’est vivre“ (vgl. Montaigne: Œuvres complètes. Texte établi et annoté par Robert Bar- ral [...]. Paris 1967, S. 160 [Essais, 2. Buch, 6. Kapitel]). 1,7 Terenz eine seiner dramatischen Personen] Publius Terentius Afer (185[?]-159 v. Chr.) war neben Plautus der wichtigste Vertreter der altröm. Komödie. Das Zitat lautet bei Terenz genau: „Homo sum; humani nil a me alienum puto“ („Als Mensch ist mir nichts Menschli- ches fremd“; vgl. „Heautontimorumenus“ I, 1, 25). 1,10-11 für die Männer allein, nicht für die Frauen Literatur machte] Der Kontext bei Gutzkow lässt erkennen, an welchem Punkt er die Grenze angesetzt sehen wollte, jenseits welcher die Literatur nur für Männer geschrieben wurde: die Zeit bis zur Romantik. Als ein erstes Dokument der ‚Literatur für Frauen‘ ist Friedrich Schlegels Roman „Lucinde“ (1799) anzusehen, zu welcher Gutzkow 1835 Schleierma- chers „Vertraute Briefe über die Lucinde“ erneut publizierte und mit einer Vorrede versah. – Hinzuweisen ist auch auf den Zauberer von Rom, von dessen Hauptgestalt Lucinde im ersten Buch die Vorge- schichte erzählt wird. 1,11 Bekenntnisse des heiligen Augustinus] Augustinus Aurelius (354- 430), lat. Kirchenlehrer des christl. Altertums (→ auch den Global- kommentar). 1,12 Bekenntnisse Jean Jacques Rousseaus] Jean Jacques Rousseau (1712-1778), „Les confessions“ („Die Bekenntnisse“, 1782; → auch den Globalkommentar). 1,12-13 Denkwürdigkeiten Alfieris] Vittorio Alfieri (1749-1803), be- deutender ital. Tragödiendichter („Filippo“, „Mirra“, „Oreste“, „Saul“), auch Verfasser von Komödien und politischen Schriften des EDITIONSPROJEKT KARL GUTZKOW, PETER HASUBEK, GÖTTINGEN 2000/2001 (F. 1.0) VII-56 RÜCKBLICKE AUF MEIN LEBEN (APPARAT) 18. Jahrhunderts, welche im 19. Jahrhundert besonders auf das ital. Risorgimento wirkten. Gutzkow wird vermutlich die erste Übersetzung ins Deutsche von 1812 benutzt haben: „Die Denkwürdigkeiten aus dem Leben Vittorio Alfieri’s. Von ihm selbst geschrieben. Nach der ersten Italienischen Original-Ausgabe. Von Ludwig Hain. In zwei Theilen, Coelln: Hammer, 1812 (→ auch den Globalkommentar). 1,13-14 Plaudereien des Benvenuto Cellini] Benvenuto Cellini (1500- 1571), ital. Goldschmied und Bildhauer, teils am franz. Hof Franz I., teils im Dienst der Mediceer in Florenz tätig; seine kulturhistorisch bedeutende „Vita“ („Lebensbeschreibung“) erschien erst 1728 (ent- standen zwischen 1558 und 1566) (→ auch den Globalkommentar). 1,19 florentinischen Perseus] Cellini ist in Florenz geboren; Anspie- lung auf Perseus, den Sohn des Zeus und der Danae, Gründer von Mykene, der bei dem Auftrag des Königs Polydaktes von Seriphos, das Haupt der Medusa zu holen, eine sehr bewegte und abenteuerliche Reise zurücklegte. 1,20-21 Selbstbiographie neuesten Datums] → Globalkommentar. 1,21 mit Choral und Glockengeläut] Als Zitat nicht nachweisbar; Friedrich Sengle (Biedermeierzeit, Bd 2, S. 228, Anm.) weist auf den Titel der verbreiteten Schrift des Hofpredigers Friedrich Strauß als Quelle hin: Glockentöne. Erinnerungen aus dem Leben eines jungen Geistlichen, 3 Bde, Elberfeld 1815-1819 (7. Aufl. 1840). 1,24-25 der badische und Reichstagsdeputirte „Waldfried“] Gemeint ist Berthold Auerbachs (→ Lexikon) Ich-Roman „Waldfried. Eine vater- ländische Familiengeschichte in sechs Büchern“ (Erster bis Dritter Band. Stuttgart 1874). In dem Roman wird u. a. die liberale Einheits- und Freiheitsbewegung der letzten Jahrzehnte dargestellt und auf aktuelle Vorgänge (Krieg gegen Frankreich, Annexion Elsass- Lothringens, Reichseinheit) Bezug genommen. Waldfried, der 1848/49 schon in der Paulskirche gesessen hatte, wird zum Schluss Mitglied des Deutschen Reichstages. Am 12. Juli 1874 schrieb Auerbach an seinen „Freund“ (Neffen) Jakob Auerbach über Gutzkows Angriff: „Apropos! Hast du gelesen, wie Gutzkow mich in der letzten Nummer EDITIONSPROJEKT KARL GUTZKOW, PETER HASUBEK, GÖTTINGEN 2000/2001 (F. 1.0) ZEITSCHRIFTENDRUCK (APPARAT) VII-57 der ‚Gegenwart‘ anrempelt? Er war immer so. Als er noch seine Trompeter in den Zeitungen blasen ließ, war’s ihm nie genug gelobt zu werden, ich mußte daneben meinen Treff haben. O, wie recht hatte ich, daß ich mich in Berlin absolut fern von ihm hielt. Ich konnte ihm die Wahrheit nicht sagen, ohne ihn zu kränken, und heucheln oder auch nur verschweigen darf und kann ich nicht. Es war trotz alledem und ist noch ein Wahrheitsstreben in Gutzkow, aber ihm fehlt die Liebe.“ (Berthold Auerbach: Briefe an seinen Freund Jakob Auerbach. Ein biographisches Denkmal. Bd 2, Frankfurt/M. 1884, S. 213) Ungefähr ein Jahr später, am 8. Mai 1875, bezieht sich Gutzkow in einem Brief an einen Rezensenten noch einmal auf seine Äußerungen über Auer- bach in den Rückblicken: Ich beklage, daß ich Vieles in meinen „Rückblicken“ nicht noch offner ausgesprochen habe. Ohne Grund wollte ich Niemand in seiner Selbstgenüge stören. Die kleinen Necke- reien Auerbachs sind nichts gegen die Berechtigung, die ich hätte zur tiefsten Indignation über eine Persönlichkeit, die mir Jahre lang un- mittelbar nahe stand, verbunden durch freundschaftliches Du, durch die vertrautesten Freundschaftsleistungen meinerseits, und der unabläs- sig nun an der Discreditiriung meiner Person, meiner Schreibart, mei- ner Schriften überhaupt gearbeitet hat. Nicht mit der Feder, nur w ü h l e n d im literarischen Verkehr gearbeitet. (Heinrich-Heine- Institut Düsseldorf, Abschrift) – Vgl. Anton Bettelheim: Berthold Auer- bach. Der Mann, sein Werk – sein Nachlaß. Stuttgart 1907. 2,1-2 Schlußparagraphen [...] auf die Welt gekommen] → Global- kommentar. 2,,9-10 „das Leben i s t ein Traum!“] Anspielung auf Calderóns (1600- 1681) Versdrama in drei Akten „La vida es sueño“ („Das Leben ist ein Traum“, 1636). 2,14-16 Goethe [...] Selbstbiographie] „Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit“ (1811-1814); über das Konzept seiner Autobiographie und dessen Bedeutung für Gutzkow → Globalkommentar. 2,23-24 an mich ergangenen Aufforderung [...] Zeitschrift] → Entste- hungsgeschichte. EDITIONSPROJEKT KARL GUTZKOW, PETER HASUBEK, GÖTTINGEN 2000/2001 (F. 1.0) VII-58 RÜCKBLICKE AUF MEIN LEBEN (APPARAT) 2,26 „Rücksichtslosigkeiten“ seiner ironischen Feder] In einem nicht überlieferten Brief an Paul Lindau hatte Gutzkow offenbar einige un- freundliche Kritiken seiner Arbeiten durch Lindau gerügt. Lindau antwortet darauf in seinem Brief an Gutzkow vom 17. April 1874: „Sie erwähnen zwei Sünden, die ich gegen Sie begangen haben soll: meine Kritik des ,Urbild des Tartüff‘ und den ,Harmlosen Brief‘. Die erstre datirt aus einer Zeit, da ich noch ein bischen Heißsporn war; jetzt würde ich mich jedenfalls nicht mehr so ereifern. Ich gestehe offen, daß ich damals sehr aufgebracht über die Behandlung der Geschichte war. Aber das ist eine Einzelheit, die meinen Respect vor Ihren unge- wöhnlichen Gaben niemals gemindert hat. Ich glaube auch, daß selbst jene Kritik ein deutliches Zeugniß der vollen Werthschätzung Ihrer dichterischen Individualität ablegt; ich könnte mich ferner berufen auf meine Besprechung von ,Hohenschwangau‘, welche in der damals von mir redigirten ,Elberf. Zeitg.‘ erschien. [/] Die zweite Geschichte neh- men Sie, meines Erachtens, zu tragisch. Es war ein wirklich argloser Scherz, der vielleicht einen schnell verfliegenden Ärger hervorrufen konnte, aber ganz gewiß nicht Ihren Zorn verdiente. Rodenberg ist übrigens an der Sache gänzlich unbetheiligt. Es thut mir leid, daß der unschuldige Mann dadurch Ihre Gunst verscherzt hat. [/] Wenn ich Ihnen als ein systematischer Gegner erschienen bin, der den Mund voll nimmt, wenn es zu tadeln gilt, und schweigt, wo gelobt werden müßte, – so ist das nicht richtig. Seit dem Bestehen der ‚Gegenwart‘ habe ich nur einmal die [Gelegenheit geh[?], Beschädigung des Briefes]abt], ausführlicher über Sie zu sprechen. Das war gelegentlich der Wieder- aufnahme Ihres Schauspiels ,Ein weißes Blatt‘. Die Kritik ist in No 12 des I Bandes erschienen; und ich wage zu behaupten, daß sie die re- spectvolle Gesinnung ihres Verfassers in jeder Zeile ausspricht, mit Wärme anerkennt und nur behutsam rügt. Außerdem habe ich w i e - d e r h o l t auf das Erscheinen der Gesammt-Ausgabe Ihrer Werke unter den ‚Notizen‘ aufmerksam gemacht und – wie es sich von selbst verstand – jedesmal, wenn ich einige der bedeutendsten deutschen Schriftsteller der ‚Gegenwart‘ nannte, Ihren Namen in die [erste Rei- he?] [Text beschädigt] gestellt. Ich führe das nur an, um [...] [Text beschädigt] Sie mir Unrecht thun, wenn [...] [Text beschädigt] Legat: tendenziöses Todtschweigen glaubten. Unterdrückt habe ich nur solche Artikel über Sie, welche mir unbillig und gehässig erschienen, wie gerade Rutenbergs Aufsatz, der mir im Manuscript zuerst vorlag. [/] EDITIONSPROJEKT KARL GUTZKOW, PETER HASUBEK, GÖTTINGEN 2000/2001 (F. 1.0) ZEITSCHRIFTENDRUCK (APPARAT) VII-59 Es würde mich freuen, wenn diser Brief zur Verständigung beitragen könnte. Selbstverständlich werd ich es, wenn Sie es für richtig halten, gern noch eine ‚Schwelle‘ legen; sagen Sie mir nur, wie das am besten geschehen könnte. Aber selbst ohne dise Vorsicht würden die Leser der ‚Gegenwart‘ Ihr Erscheinen in dem Blatte durchaus nicht unvermittelt und befremdlich finden können.“ (StUBF, Gutzkow-Nachlass,