Gesetze Der Kunst Und Der Menschheit
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Gesetze der Kunst und der Menschheit Christian Gottfried Körners Beitrag zur Ästhetik der Goethe-Zeit vom Fachbereich Kommunikations- und Geschichtswissenschaften der Technischen Universität Berlin genehmigte Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie vorgelegt von Christiane Krautscheid aus Wissen/Sieg Berlin 1998 D 83 Promotionsausschuß: Berichter: Prof. Dr. Miller Berichter: Prof. Dr. Baumgart Berichter: Prof. Dr.-Ing. Krause Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 25. Februar 1998 Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort.....................................................................................................5 2 Die Aufklärung und ihr Gegenteil........................................................15 2.1 Körners Kontakte zur Freimaurerei ..................................................15 2.2 Geheimbundwissen und Literatur: Don Carlos, Der Geisterseher und die Philosophischen Briefe...................................43 3 Autonomie und Objektivität der Kunst...............................................77 3.1 Autonomie und Funktionalität der Kunst .........................................78 3.2 Körners Antikenbild unter dem Einfluß Goethes .............................98 3.3 Der Kallias-Briefwechsel zwischen Körner, Schiller und Humboldt ........................................................................................107 4 Körners Theorie der Charakterdarstellung ......................................143 4.1 Der Thalia-Aufsatz Ideen über Deklamation..................................145 4.2 ‘Ethos’ und ‘Pathos’ – Körners Aufsatz Ueber Charakterdarstellung in der Musik (1795).....................................154 5 Das Jahrzehnt der Kritik ....................................................................192 5.1 Der Kritiker im Urteil seiner Zeitgenossen und der Literaturgeschichte..........................................................................192 5.2 Körners Lehrjahre-Rezension (1796).............................................201 6 Theatertheorie und Lustspielpraxis ...................................................231 6.1 Eine deutsche Oper nach englischem Stoff.....................................231 6.2 Der Aufsatz Über die Bedeutung des Tanzes (1795/1808).............234 6.3 Die Bemühungen um eine ‘deutsche’ Komödie: Körners Aufsatz Ueber das Lustspiel (1807/1808) ......................................247 7 Nation und Literatur ...........................................................................268 7.1 Ueber Geist und Esprit (1802)........................................................269 7.2 Ueber die deutsche Litteratur (1812) .............................................286 8 Zusammenfassung................................................................................308 9 Literaturverzeichnis.............................................................................317 9.1 Siglen ..............................................................................................317 9.2 Quellen............................................................................................319 9.3 Forschung........................................................................................328 5 1 Vorwort Das statische wissenschaftliche Modell, das Wirkungsgeschichte als einglei- sige Weitergabe von Ideen auffaßt, wird der Dynamik der klassisch- romantischen Jahre zwischen 1795 und 1805 und ihrem unmittelbaren histo- rischen Umfeld nicht gerecht. Will man diese These anhand eines einzigen Lebenslaufes, anhand eines Lebenswerkes verdeutlichen, so ist dafür nie- mand geeigneter als Christian Gottfried Körner. Keine andere Persönlichkeit der Goethe-Zeit1 pflegte mit berühmten Autoren so unterschiedlicher Prove- nienz vergleichbar enge Verbindungen: er war der Vertraute und Gönner Friedrich Schillers, Mentor Friedrich Schlegels, Freund Wilhelm von Hum- boldts und nicht zuletzt der Vater des Freiheitsdichters Theodor Körner. Sein Leben, mehr aber noch sein Werk zeigt ihn weder als Anfangs- noch Endpunkt eines Rezeptionsvorganges; er ist ein Katalysator von kaum zu überschätzender Bedeutung, nicht selten auch praktischer Vermittler2, der eine Art geistige Osmose in Gang bringt, mittels derer Gedanken zwischen Personen und Schulen ausgetauscht und weitergegeben werden, die in der älteren Literaturwissenschaft lange als streng geschieden, ja sogar als Oppo- sitionen aufgefaßt wurden.3 Die Literaturhistoriographie hat dieser auffallenden Schlüsselfigur lediglich einen Platz am Fuß des Standbildes von Schiller zugewiesen; die wenigen Äußerungen Körners, die eine gewisse Präsenz im germanistischen Kanon erlangt haben, beziehen sich kommentierend auf Werke des Dichterfreun- 1Diesen Begriff hat Hermann August Korff geprägt (vgl. Geist der Goethezeit. Versuch ei- ner ideellen Entwicklung der klassisch-romantischen Literaturgeschichte. 4 Bde. Leipzig 1949-55. Nachdruck der 8. Aufl., Leipzig 1966: Darmstadt 1988). 2Körners Vermittlerrolle wird bereits in den frühen Schriften zur Parallelität von Klassik und Romantik erwähnt (z.B. bei Oskar Walzel: Deutsche Romantik. Leipzig 1908. S. 28. Sowie bei Josef Körner: Romantiker und Klassiker. Die Brüder Schlegel in ihren Bezie- hungen zu Schiller und Goethe. Berlin 1924. S. 42). 3Diese literaturhistorische Praxis gipfelte in der berühmten Studie von Fritz Strich (Deut- sche Klassik und Romantik, oder Vollendung und Unendlichkeit. Ein Vergleich. Mün- chen 1922). Die jüngere Forschung hingegen betont den inneren Zusammenhang, vor al- lem zwischen den Schriften Schillers und Friedrich Schlegels. Vgl. u.a. Richard Brinkmann (Romantische Dichtungstheorie in Friedrich Schlegels Frühschriften und Schillers Begriffe des Naiven und Sentimentalischen. In: DVjs 32, 1958. S. 344-371), Hans Robert Jauß (Schlegels und Schillers Replik auf die ‘Querelle des Anciens et des Modernes’. In: Ders.: Literaturgeschichte als Provokation. Frankfurt a.M. 1970. S. 67- 106), Georg Lukács (Schillers Theorie der modernen Literatur. In: Klaus Leo Berghahn [Hrsg.]: Friedrich Schiller. Zur Geschichtlichkeit seines Werkes. Kronberg 1975. S. 95- 132) sowie Dieter Borchmeyer (Über eine ästhetische Aporie in Schillers Theorie der modernen Dichtung. Zu seinen ‘sentimentalischen Forderungen’ an Goethes ‘Wilhelm Meister’ und ‘Faust’. In: JbDSG XXII, 1978. S. 303-354). 6 des. Als „Genie der Freundschaft und Freund der Genies“4 verbucht ihn die Forschung, eine freundliche Würdigung mit pejorativem Unterton, die bis heute eine wissenschaftliche Beschäftigung mit seinem Werk verstellt. Sein Leben scheint ein allgemeines kulturgeschichtliches Muster zu erfüllen: Insbesondere die Literaturgeschichte verzeichnet eine illustre Reihe von ‘Sockelgestalten’; von Personen, die ohne oder mit nur geringer Eigen- produktivität die Lebensleistung eines Genies entscheidend gefördert haben, die ohne diese Beziehung nie in das Licht der Geschichtsschreibung getreten wären. Niemand hat annähernd so viele derartige Gestalten in seinen Um- kreis gezogen wie Goethe. Bei Schiller liegt der Fall augenscheinlich anders: in seinem nächsten Umfeld findet man die großen Namen Goethe und Wilhelm von Humboldt – ein Freundesbund, der den personalen Kern des klassischen Weimars bildet.5 Neben diesen aber wird, als langjähriger und offenkundig engster Freund Schillers, Christian Gottfried Körner genannt. Warum er über Humboldt und Goethe vergessen wurde, ist leicht zu erklären; daß er allerdings mehr ge- wesen sein muß als ein supporting actor, zeigt schon ein erster Blick auf seine zeitgenössische Stellung. Ausgangspunkt dieser Untersuchung war die Beobachtung, daß jede Beschäftigung mit der Literatur der Goethe-Zeit unweigerlich auf die Spur Körners führt. Kein bedeutender Autor, Dichter, Publizist dieser Epoche läßt sich nennen, in dessen Umkreis er nicht wenig- stens vorübergehend auftaucht. Besonders häufig fällt sein Name innerhalb des klassischen Zirkels, zuvor schon im Zusammenhang mit Lavater, mit Weisse und Gleim6. Er taucht in den Briefzeugnissen der Früh- und Hoch- romantik auf, bei Friedrich Schlegel und Novalis, dann wieder im Umfeld 4Joseph Peter Bauke: Christian Gottfried Körner und Friedrich Schlegel. Ein unbekannter Kommentar Körners zu Schlegels Frühschriften. S. 15. In: JbDSG VII, 1963. S. 15-43. 5Daß Schiller Körner gleichberechtigt neben diesen beiden behandelte – jedenfalls soweit es seine Bedeutung als Kritiker betraf –, geht aus einem Brief an Körner vom 20.10.1797 hervor. Nachdem Körner ihm sein Urteil über den Musenalmanach mitgeteilt hatte, ant- wortete Schiller: „[...] ich bin nun neugierig, was die zwei anderen aus meinem kritischen Kleeblatt, Goethe und Humboldt, dazu meinen werden.“ (Friedrich Schiller: Werke. Na- tionalausgabe. Begr. von Julius Petersen. Hrsg. von Lieselotte Blumenthal, Benno von Wiese, Norbert Oellers und Siegfried Seidel im Auftrag der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar und des Schiller-National- museums in Marbach. Bd. 1ff. Weimar 1943ff. [Im folgenden kurz NA] Bd. 29. S. 150.) 6Als junger Wissenschaftler schrieb Körner mehrere Beiträge für Weisses Neue Bibliothek der schönen Künste, wie er in einem Brief an Gleim vom 16.7.1779 berichtet. Der Schriftwechsel zwischen Körner und Gleim, der auch ihre persönliche Bekanntschaft be- legt, ist abgedruckt bei Heinrich Pröhle (Abhandlungen über Goethe, Schiller, Bürger und einige ihrer Freunde. Potsdam 1889. S.136-148. Vgl. hier S. 137). 7 der nationalen Publizisten der Befreiungskriege, bei Arndt und Müller, bei Kleist nicht zuletzt. Die Galerie seiner