Anatomie Der Staatssicherheit Geschichte, Struktur Und Methoden — Mfs-Handbuch —
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Anatomie der Staatssicherheit Geschichte, Struktur und Methoden — MfS-Handbuch — Bitte zitieren Sie diese Online-Publikation wie folgt: Roger Engelmann, Frank Joestel: Die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (MfS-Handbuch). Hg. BStU. Berlin 2009. http://www.nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0292-97839421302024 Mehr Informationen zur Nutzung von URNs erhalten Sie unter http://www.persistent-identifier.de/ einem Portal der Deutschen Nationalbibliothek. Vorbemerkung Das Handbuchprojekt »Anatomie der Staatssicherheit« ist eines der ältesten Vorhaben des Forschungsbereiches der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU). Es wurde bereits im Jahr 1993 begonnen – wenige Monate nach der Gründung der Abteilung »Bil- dung und Forschung« und stellt dem wissenschaftlichen Fachpublikum wie auch anderen interessierten Nutzern von Stasi-Akten in kontinuierlich erscheinenden Teillieferungen umfassendes Grundwissen zum MfS zur Verfügung: die Entwicklung der Gesamtinstituti- on MfS in ihrem historischen Kontext, die Geschichte seiner wichtigsten Arbeitsbereiche, grundlegende Darlegungen zu den hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern sowie verschiedene Übersichten und Materialien zur Struktur des MfS und ihrer Entwicklung, Kurzbiographien des Leitungspersonals und eine Edition der wichtigsten Grundsatzdoku- mente. Das »MfS-Handbuch« folgt der Verpflichtung der BStU zur »Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch Unterrichtung der Öffentlichkeit über Struk- tur, Methoden und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes« (§ 37 Abs. 1 Nr. 5 Stasi- Unterlagen-Gesetz) und ist ein wichtiger Baustein und zugleich ein unerlässliches Hilfs- mittel für die MfS-Forschung. Inzwischen sind 20 Teillieferungen publiziert, das Projekt tritt damit in seine Endphase, und es ist an der Zeit, die Struktur des Vorhabens im Hinblick auf die Fertigstellung einer Neujustierung zu unterziehen. Das Projekt hat den Forschungsbereich der BStU wesent- lich länger beschäftigt als ursprünglich gedacht, was insbesondere einer unvermutet schwierigen Quellen- und Erschließungslage geschuldet ist. Das Konzept aus dem Jahr 1993 erwies sich im Laufe der Zeit an mehreren Stellen als überholungsbedürftig. Daher wurde Veränderungen an der Gliederung des Gesamtwerkes vorgenommen, die sich in der neu gefassten Gliederung widerspiegeln (siehe Übersicht): Einige Kapitel, die in ihrem wesentlichen Inhalt durch andere Handbuchteile oder andere Publikationen abgedeckt sind, wurden gestrichen. Das betraf vor allem den ursprünglichen Baustein II »Arbeits- und Strukturprinzipien«, der zum größeren Teil im Kapitel »Geschichte der Staatssicher- heit« aufgeht. Es betraf auch einige nicht oder überwiegend nicht operative Diensteinhei- ten (AGM, Abt. XII, HA KuSch), die sich als insgesamt weniger bedeutsam erwiesen ha- ben als zunächst angenommen und bei denen einige wesentliche Aspekte ihrer Tätigkeit von anderen, bereits erschienenen BStU-Publikationen beleuchtet werden. Die »auftrag- nehmenden« Diensteinheiten (HA III, HA VIII, Abt. M, Abt. 26) werden dagegen nicht in einem zusammenfassenden Kapitel, sondern – ausführlicher als in der ursprünglichen Pla- nung – in einzelnen Handbuchteilen behandelt. Hierdurch haben sich die inhaltlichen Schwerpunkte geringfügig zugunsten von Darlegungen zur »operativen« Tätigkeit ver- schoben. Die einzelnen Handbuchteile erscheinen jeweils unmittelbar nach ihrer Fertigstellung als Broschüre und als Pdf-Datei im Internet. Kostenlose Downloads werden bereitgestellt auf der Website: http://www.bstu.bund.de Berlin, Januar 2008 ÜBERSICHT ÜBER DAS GESAMTWERK ANATOMIE DER STAATSSICHERHEIT – MfS-Handbuch – Überblick • Geschichte der Staatssicherheit von den Anfängen bis zur Auflösung Wichtige Dienstbereiche • Hauptabteilung I: NVA und Grenztruppen • Hauptabteilung II: Spionageabwehr Hauptabteilung III: Funkaufklärung und -abwehr • Hauptabteilung VI: Grenzkontrollen, Reise- und Touristenverkehr • Hauptabteilung VII: Ministerium des Innern, Deutsche Volkspolizei Hauptabteilung VIII: Beobachtung, Ermittlung Hauptabteilung IX: Untersuchungsorgan • Abteilung XIV: Haftvollzug • Hauptabteilung XVIII: Volkswirtschaft • Hauptabteilung XX: Staatsapparat, Kultur, Kirchen, Untergrund • Hauptabteilung XXII: »Terrorabwehr« Hauptverwaltung A (HV A): Auslandsaufklärung • Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG): Flucht, Übersiedlung • Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) • Abteilung M: Postkontrolle • Abteilung 26: Telefonkontrolle, Abhörmaßnahmen und Videoüberwachung • Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) • Rechtsstelle • Hochschule des MfS (JHS) • Parteiorganisation der SED im MfS • Objektdienststellen Mitarbeiter • Die hauptamtlichen Mitarbeiter • Die inoffiziellen Mitarbeiter Anhang • Organisationsstruktur des Ministeriums für Staatssicherheit 1989 Organisationsstruktur der territorialen Diensteinheiten (BV, KD) 1989 Übersicht zur Entwicklung der Diensteinheiten 1950–1989 • Kurzbiographien • Grundsatzdokumente Die mit • versehenen Bände sind bereits erschienen. Der vorliegende Band ist in der Glie- derung fett hervorgehoben. Roger Engelmann, Frank Joestel Die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Abteilung Bildung und Forschung 10106 Berlin E-Mail: [email protected] Die Meinungen, die in dieser Schriftenreihe geäußert werden, geben ausschließlich die Auffas- sungen der Autoren wieder. Abdruck und publizistische Nutzung sind nur mit Angabe des Verfas- sers und der Quelle sowie unter Beachtung des Urheberrechtsgesetzes gestattet. Schutzgebühr für diese Lieferung: 5,00 € Berlin 2009 ISBN 978-3-942130-20-2 urn:nbn:de:0292-97839421302024 INHALT 1 Überblick 3 2 Die ZAIG 1989 5 2.1 Bereich 1: Auswertung und Information 6 2.2 Bereich 2: Kontrolle, dienstliche Bestimmungen, Planung 8 2.3 Bereich 3: EDV 10 2.4 Bereich 4: Entwicklung und Pflege des Informations- und Auswertungssystems 11 2.5 Bereich 6: Öffentlichkeitsarbeit und Traditionspflege 12 3 Entwicklungsgeschichte 17 3.1 Vorläufer der ZAIG 17 3.1.1 Die Informations- und Auswertungsorgane bis 1968 17 3.1.2 Kontrollinspektion und Arbeitsgruppe Anleitung und Kontrolle 1953–1968 34 3.1.3 Die Abteilung Agitation und ihre Vorläufer 41 3.2 Entwicklung der ZAIG 1968–1989 59 3.2.1 Der Ausbau der ZAIG als »Funktionalorgan des Ministers« 1968–1974 59 3.2.2 Weiterentwicklung des Auswertungs- und Informationssystems 1975–1979 74 3.2.3 Ausbau und Perfektionierung im Zeichen der EDV 1980–1985 78 3.2.4 Die Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit nach der Eingliederung 1985–1989 84 3.2.5 Letztmalige Expansion und Ende 1989/1990 90 4 Anhang 97 4.1 Verzeichnis der Abbildungen und Übersichten 97 4.2 Abkürzungen 98 3 1 Überblick Die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) war spätestens ab den siebzi- ger Jahren die zentrale Schaltstelle im Apparat der Staatssicherheit, in der fast alle kom- plexen Stabsfunktionen zusammenliefen. An der Entwicklung dieser Diensteinheit ist die Funktionsausweitung und -differenzierung besonders gut nachzuvollziehen, die das MfS in den vierzig Jahren seiner Geschichte durchlaufen hat – von einer vergleichsweise klei- nen und primitiven Geheimpolizei sowjetischen Typs zu einem funktional hoch differen- zierten Überwachungsmoloch, dessen Kontrollanspruch sich auf alles erstreckte, was in irgendeiner Form »sicherheitspolitisch« bedeutsam erschien. Am Anfang der Entwicklung stand der Juni-Aufstand 1953 mit seinen traumatischen Auswirkungen auf die SED-Führung. Die in diesem Zusammenhang stehende scharfe Kri- tik Walter Ulbrichts an den Versäumnissen des MfS führte im August 1953 zur Gründung von Informationsgruppen in der vorübergehend zum Staatssekretariat zurückgestuften Staatssicherheit und in ihren Bezirksverwaltungen, die eine umfassende und regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachten. In der Berliner Staatssicherheitszentrale entwickelte sich der Bereich 1955/1956 zur Ab- teilung Information mit drei Fachreferaten, geriet aber schon 1957 in den Strudel eines schweren Konflikts, den Ulbricht mit seinem Minister für Staatssicherheit, Ernst Wollwe- ber, austrug. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung übte der SED-Chef wiederum heftige Kritik insbesondere an der Berichterstattung des MfS, die er als legale Verbreitung feind- licher Hetze bezeichnete. Mit dem Sturz Wollwebers im Herbst 1957 begann für die Diensteinheit eine kurze Niedergangsphase, in der die Berichterstattung und das mit ihr befasste Personal reduziert wurden; in den Bezirksverwaltungen lösten sich die Informati- onsgruppen teilweise vollständig auf. Im November 1957 erhielt die Abteilung Information mit dem 28-jährigen Werner Irm- ler einen neuen Leiter, dem es bald gelang, die Bedeutung der Diensteinheit und ihren Aktionsradius wieder zu erhöhen, womit er längerfristig die Basis für ihre außerordentli- che Expansion legte. Im Januar 1959 wechselte zudem der für Auswertung und Schulung zuständige stellvertretende Leiter der HV A, Robert Korb, eine lebende Kundschafter- legende, an die Spitze der Abteilung, die zeitgleich in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt wurde. Das bedeutete eine Aufwertung der Diensteinheit, über die jetzt auch die Berichterstattung der Aufklärung an die politische Führung abgewickelt wurde, welche bisher eigenständig gewesen war. Irmler musste als Stellvertreter in das zweite Glied zu- rücktreten, blieb aber die treibende Kraft bei der organisatorischen und konzeptionellen