Schutzgebietssystem Elbe-Ostsee
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Schutzgebietssystem Elbe-Ostsee Naturschutzprojekte zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zehn Jahre nach Grenzöffnung Martina Kairies Bereits vor 1989 war die besondere Be- die Ebene des Büchener Sander zur Nie- deutung des beruhigten Raumes entlang derung der Stecknitz-Delvenau als Zufluß der damaligen „innerdeutschen Grenze“ zur Elbe. Über die Schaale in Mecklen- für den Naturschutz bekannt. Seit Öffnung burg-Vorpommern ist ein Biotopverbund der Grenzen bestehen vielfältige Aktivitä- jedoch über den natürlichen Abfluss der ten, die Naturschutzwerte dieses „Grünen Schaalsee-Rinne bis zur Elbe gesichert. Bandes“ in den ehemaligen Grenzregio- nen von Schleswig-Holstein und Mecklen- Im Rahmen der landesweiten Biotopkar- burg-Vorpommern bis nach Bayern und tierung wurde die besondere Naturschutz- Sachsen und weiter in die Tschechische bedeutung des Raumes im Schatten der Republik und den Böhmerwald zu erhalten. Grenze in Schleswig-Holstein deutlich. Viele Flächen konnten sich hier, beson- Dieses Biotopband hat innerhalb Deutsch- ders gefördert durch die geringeren bau- lands eine Gesamtlänge von 1.378 Kilo- lichen Aktivitäten in diesem Raum, ohne metern. Der Anteil zwischen Schleswig- menschliche Nutzung ungestört als Le- Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bensräume für bedrohte Tier- und Pflan- umfasst davon eine Länge von 132 Kilo- zenarten entwickeln. metern. Erst nach Grenzöffnung wurde jedoch Fast überall wurde das Band mittlerweile ersichtlich, dass die Naturausstattung öst- durchbrochen. Dennoch gelang es bisher, lich der Landesgrenze noch um ein Viel- durch enge Zusammenarbeit zwischen faches höher bewertet werden musste. den anderen angrenzenden Ländern we- Artenvorkommen wie sie in Schleswig- sentliche Kernbereiche für Naturschutz- Holstein bestenfalls noch in den 50er Jah- belange zu sichern. ren bestanden, vergleichsweise große und zusammenhängende „Komplexe“ nicht oder kaum genutzter Gebiete mit verschie- Bedeutung des Raumes denen Lebensräumen in direktem Kontakt stellten in Mecklenburg ein Potential dar, für den Naturschutz das durch die nach Grenzöffnung abzuse- henden Aktivitäten zu verschwinden drohte. Mit ihrem Verlauf im Hügelland, Sander und Elbtal umfasst die „Grenzregion“ in So ist das „Grenzgebiet“ für Schleswig- Schleswig-Holstein drei unterschiedliche Holstein als „Keimzelle“ der mittlerweile Naturräume, mit einer Vielzahl unter- erfolgreichen Wiederausbreitung des Kra- schiedlicher Biotoptypen. Durch die für nichs und des Seeadlers nach Westen zu schleswig-holsteinische Verhältnisse ins- betrachten. Der Fischotter weist hier, gesamt kontinentaleren Klimaeinflüsse durch den Kontakt mit den mecklenburgi- (mit aus mecklenburgischer Sicht eher at- schen Artgenossen, das letzte gesicherte lantischer Prägung) finden sich eine Reihe Vorkommen in Schleswig-Holstein auf. Bei von Arten und Lebensgemeinschaften in geeigneter Lebensraumentwicklung be- dieser Übergangszone der Verbreitungs- steht die Möglichkeit, dass in Schleswig- grenzen. Sie bestimmen damit in beson- Holstein weitere gefährdete oder bereits derer Weise die Lebensräume von der ausgestorbene Arten wie zum Beispiel der Ostseeküstenlandschaft des Priwall und Biber oder die Brenndolde aus den west- Pötenitz über die Traveförde, die Fluss- lichen Bereichen Mecklenburgs wieder in landschaft der Wakenitz sowie die Seen- die Niederungssysteme nach Westen ein- rinnen zwischen Ratzeburger See und wandern. Schaalsee. Die Grenze zwischen beiden Ländern verlässt zwar im Süden die natür- Die Landesgrenze verläuft in vielen Ab- lichen Rinnensysteme und verläuft über schnitten wechselnd entlang der Förde- 28 Länderübergreifendes Naturschutzgebietssystem Elbe-Ostsee 29 und Seeufer, aber auch mitten durch die ratsbeschluss noch im Herbst 1990 als Wasserflächen zum Beispiel des Schaal- Naturschutzgebiete und als Landschafts- sees oder inmitten der Delvenau- schutzgebiet/Naturpark Schaalsee ausge- Niederung. Zur Sicherung und Entwick- wiesen. lung dieser Gebiete ist eine länderüber- greifende Zusammenarbeit also unab- Eine erste Bestandsaufnahme der für den dingbar. Naturschutz bedeutsamen Flächen konnte mit finanzieller Hilfe Schleswig-Holsteins Aufgrund des Vorkommens von Arten und durch eine Color-Infrarot-Bild-Befliegung, Lebensräumen mit europäischer Bedeu- eine Biotopkartierung des Grenzraumes tung (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der und ein Untersuchungsprogramm des Europäischen Gemeinschaft), wurden vie- gesamten Schaalsees kurzfristig realisiert le Gebiete des Raumes auch als Vorschlag werden. der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein mittlerweile als Teil des europäischen Schutzgebiets- Teilabschnitte des systems Natura 2000 benannt. Grünen Bandes in Aktivitäten nach 1989 Schleswig-Holstein Es war klar, dass die Wiedereröffnung der Priwall bis Wakenitz verbindenden Verkehrswege, eine „Modernisierung“ der Bodennutzung, Der starke Siedlungsdruck Lübecks, der Sanierung der Bausubstanz und der Infra- sich zwangsläufig aus der hohe Besied- struktur und Beunruhigungen des Raumes lungsdichte der Stadt im Vergleich zum durch Besucher nicht verhindert werden, östlich angrenzenden Umland ergibt, be- sondern möglichst unter Berücksichtigung stimmt auch die naturschutzfachlichen der Naturschutzbelange erfolgen sollte. Sicherungsmöglichkeiten in diesem Ab- Innerhalb weniger Wochen wurden des- schnitt. Hinzu kommt die Situation Lü- halb Konzepte zur Erhaltung der besonde- becks als neuer Verkehrsknotenpunkt mit ren naturschutzfachlichen Werte erstellt. vielfältigen Planungen wie der Bau der Nach Erörterung mit den damaligen Bezir- A 20 und weitere Straßenverbindungen. ken und der Regierung der Deutschen Insofern konzentrieren sich die Maßnah- Demokratischen Republik wurden die men des Naturschutzes auf eine Siche- besonders wichtigen Kernbereiche in rung der Kerngebiete um die Traveförde Schleswig-Holstein als Naturschutzgebiete im Bereich der Pötenitzer Wiek und der sichergestellt, im Osten durch Minister- Wakenitz südlich der Hansestadt. Strukturreiches Niederungsgebiet der Stecknitz/ Delvenau bei Bröthen (1999) 30 Großschutzprojekt Die Ergebnisse diese Planes bilden die „Schaalsee-Landschaft“ Grundlage für weitere Naturschutzmaß- nahmen aus Sicht des Arten- und Ökosy- Einen besonderen Kernbereich des Natur- stemschutzes im Gebiet. Die Umsetzung schutzes mit bundesweiter Bedeutung soll dann nach Beteiligung der Betroffe- stellt die Seenkette zwischen Ratzeburger nen vor Ort durch den Zweckverband er- See und Schaalsee dar, für dessen Schutz folgen und wird intensiv naturschutzfach- auch Bundesmittel bereitgestellt werden. lich auch durch das Landesamt für Natur und Umwelt Schleswig-Holstein (LANU), Zur Umsetzung eines „Gewässerrandstrei- Abteilung Naturschutz und Landschafts- fenprojektes“ wurde Ende 1990 der pflege, in Mecklenburg-Vorpommern Zweckverband „Schaalsee-Landschaft“ als durch das Amt für das Biosphärenreservat Träger durch die heutigen Kreise Nord- Schaalsee und durch das Bundesamt für west-Mecklenburg, Ludwigslust, Herzog- Naturschutz begleitet. tum Lauenburg und die Umweltstiftung WWF Deutschland gegründet. Die Finan- Zur Zeit (Stand 12/99) verfügt der Zweck- zierung erfolgt zu etwa 75 Prozent durch verband über eine Eigentumsfläche von Bundesmittel, 15 Prozent durch die rund 2.523 Hektar, davon liegen 1.276 Bundesländer und die restlichen 10 Pro- Hektar in Schleswig-Holstein. Eingerech- zent durch den Zweckverband. Fast 40 net sind auch 670 Hektar Waldflächen, die Millionen Mark fließen im Rahmen des dem Land Mecklenburg-Vorpommern in Projektes in das 33.000 Hektar große Pro- Schleswig-Holstein gehörten und mit Son- jektgebiet. dermitteln des Landes, des Bundes und der Umweltstiftung WWF für Naturschutz- Das Projektkerngebiet umfasst eine Fläche zwecke erworben werden konnten. von etwa 13.200 Hektar. Hauptziel ist hier die dauerhafte Sicherung von bedeutsa- Auch der Kreis Herzogtum Lauenburg men Flächen für den Naturschutz durch stellt seine, für die Umsetzung der Schutz- Ankauf, teilweise auch Anpachtung zur ziele als Pufferflächen oder zur Renaturie- Rücknahme der intensiven land- und forst- rung des Wasserhaushaltes erforderlichen wirtschaftlichen Nutzung, um die Gewäs- Eigentumsflächen für Naturschutzzwecke sergüte der Seen und Fließgewässer zu zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um verbessern. Tier- und Pflanzenarten der die Seeflächen in den bestehenden und natürlichen und halbnatürlichen Lebens- geplanten Naturschutzgebieten, sowie räume sollen gefördert, das besondere weitere derzeit landwirtschaftliche genutz- Landschaftsbild erhalten und der Biotop- te Flächen, soweit ihre Nutzungsaufgabe verbund gesichert oder auch wiederherge- oder Extensivierung zum Schutz der Ge- stellt werden. Wo erforderlich, werden wässer vor Nährstoffeinträgen nötig ist. Maßnahmen vor allem zur Renaturierung Für die Waldflächen des Kreises in den des Wasserhaushaltes durchgeführt. Ein bestehenden oder geplanten Naturschutz- weiterer Schwerpunkt besteht in der ex- gebieten liegt ein mit dem LANU erarbei- tensiven Beweidung von Grünland unter tetes Zonenmodell über die Anteile der anderem auf ehemaligen Ackerflächen ungenutzten beziehungsweise naturnah zu zum Schutz der Gewässerränder. Damit nutzenden Flächenanteile vor. sich die Waldflächen des Zweckverbandes in Zukunft unbeeinflusst von mensch- Durch den Erwerb von Flächen im Projekt- lichen Nutzungen entwickeln können, wird Kerngebiet und geeigneten Tauschflächen zur Renaturierung der Wälder beispiels- sollen in den nächsten Jahren derzeit weise das Nadelholz weitgehend entnom-