Lübeckische Blätter 4/2018
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€ 2,45 24. Februar 2018 · 183. Jahrgang · Heft 4 A 4342 LÜ B E C K I S C H E B L Ä T T E R Kritik an den Ausbauplänen des Elbe-Lübeck-Kanals 49 Aus der Vorsteherschaft 51 Meldungen 52 Aus der Gemeinnützigen 53 Chronik Januar 54 Die Geschichte der Stecknitzfahrt und des Elbe-Lübeck-Kanals 56 Theater- und Opern- kritiken: Niederdeutsche Bühne • Die Brüder Karamasov • Der Babier von Sevilla 60 Aus Lübeck in die Welt und zurück – Michael Augustin, ein Leben mit der Literatur 62 Impressum U3 ZEITSCHRIFT DER GESELLSCHAFT ZUR BEFÖRDERUNG GEMEINNÜTZIGER TÄTIGKEIT #30042_US_HL-Bl._4_18 Kopie.indd 1 20.02.18 11:59 L Ü B E C K I S C H E B L Ä T T E R 24. Februar 2018 · Heft 4 · 183. Jahrgang · Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit Kritik an den Ausbauplänen des Elbe-Lübeck-Kanals Bund für Natur und Umwelt dämpft Ausbau-Optimismus Plädoyer für die Erhaltung des bestehenden Kanals Von Burkhard Zarnack In einem Vortrag für den BUND (Lau- seien bei dem geplanten Ausbau erheblich Transportverlegung vom Kanal enburg): „Dunkle Wolken über dem Elbe- und würden das derzeitige Landschafts- auf die Bahn als Lösung? Lübeck-Kanal“, gehalten im Naturhistori- bild nachteilig und nachhaltig verändern. schen Museum Lübeck am 1. 2. wandte sich Heinz Klöser setzte sich deshalb dafür Das Frachtaufkommen des Kanals Dr. Heinz Klöser gegen den Optimismus ein, den jetzigen Bestand des Kanals zu schwankt stark. 1981 lag es z. B. bei der Verkehrswegeplaner in Berlin. Seine erhalten; d. h. Schleusen und Brücken nur 890 262 Tonnen, 1987 nur bei 307.492 ablehnende Stellungnahme galt der erfolg- so weit instand zu setzen, dass sie funkti- t; 2008 bei 614.000 Tonnen. Der Bun- ten Aufnahme des Elbe-Lübeck-Kanals als onsfähig bleiben. Keinesfalls aber, wie es desverkehrswegeplan geht von 600.000 dringliches Ausbauprojekt in den Bundes- geplant ist, acht neue Brücken und sechs Tonnen jährlich aus, und nicht, wie Klö- verkehrswegeplan für Projekte bis 2030. neue Schleusen zu bauen und den Kanal ser behauptete, von 2 oder gar 6 Millionen (Foto: Nicole Franke HLMS) Die Bedenken an die Adresse der Be- auf ganzer Länge zwischen 30 und 55m Tonnen. Selbst wenn man der Annahme fürworter des Ausbaus, Bundestagsabge- zu erweitern. folgt, dass nach einem Ausbau des Ka- ordnete, Kreistagsvertreter und die IHK Der Vortragende führte aus, dass der nals das Frachtaufkommen steigen würde, Lübeck, lassen sich in drei Thesen zusam- geplante Ausbau (bis zur Schleuse Büs- wäre dieser Zuwachs nach der Auffassung menfassen: 1. Der Kanal kann auch nach sau, aber – nach der derzeitigen Planung Klösers problemlos mit der Bahn zu be- einem Ausbau für Großmotorschiffe nicht – noch nicht bis Lübeck!) ca. 836 Millio- fördern. Um 600.000 Tonnen zu trans- wirtschaftlich betrieben werden. 2. Selbst nen Euro kosten würde, die der Steuer- portieren, benötige man ca. 3 Züge pro bei einem deutlich steigenden Frachtauf- zahler aufzubringen hätte. Der endgültige Tag. rechnete Klöser vor. Der Vorteil der kommen wäre es sinnvoll und folgerich- Ausbau bis Lübeck würde diese Summe Bahn bestünde nicht nur in der größeren tig, auf den teuren Ausbau zu verzichten noch einmal deutlich nach oben treiben. Umweltfreundlichkeit (die größere Um- und die Fracht mit der Bahn zu beför- Die alleinige Instandsetzung der vorhan- weltfreundlichkeit des Binnenschiffes gilt dern. 3. Die Eingriffe in die vorhandene denen Anlagen würde ein Viertel der oben nur im Vergleich mit LKW, nicht mit der gewachsene Natur- und Kulturlandschaft genannten Kosten erfordern. Bahn), sondern auch darin, dass die Ei- Foto auf der Titelseite: Werbe-Plakat zur Eröffnung des Elbe-Trave-Kanals am 16. Juni 1900 (Beitrag auf Seite 56) (Foto: © Hansestadt Lübeck) Lübeckische Blätter 2018/4 49 Kritik an den Ausbauplänen des Elbe-Lübeck-Kanals Die Gegenseite, das Bundesverkehrs- ministerium. wies genauso beharrlich im- mer wieder darauf hin, dass das zu geringe Frachtaufkommen einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zulasse. Dagegen meinen die Befürworter: die mangelhafte Kapazi- tät liege an den veralteten Kanalanlagen. Sie ist für die heutigen Großmotorschiffe nicht ausreichend. Hypothetische Annah- me also: Bei einem Ausbau des Kanals werden die Frachtraten steigen. Auch nach der Aufnahme des Ka- nals in den Bundesverkehrswegeplan als vordringlich bleibt diese Annahme Spe- kulation. Zumindest das gegenwärtige Frachtaufkommen lasse nicht den Schluss zu, dass der Kanal wirtschaftlich betrie- ben werden könne. Der Wirtschaftsfaktor liege, so Heinz Klöser (laut Bundesver- Am Elbe-Lübeck-Kanal bei Rondeshagen (Fotos: ©Gemeinde Rondeshagen) kehrswegeplan!) bei 0,5; d. h. für jeden ausgegebenen Euro im Zusammenhang senbahnverbindungen zwischen Hamburg benutzen können. Diese Schiffe haben mit einem Transport, bekommt der Betrei- und Lübeck (und darüber hinaus) in den eine Länge von 110 m, einen Tiefgang ber des Kanals 50 Cent zurück. Der Kanal nächsten Jahren im Zuge der Fehmarn- von 2,80 m, eine Breite von 11,40 m und bleibt also auch nach dem Ausbau in ei- Belt-Baumaßnahmen ausgebaut würden. eine Tragfähigkeit von ca. 2.100 t. Derzeit ner Verlustzone. Zum Vergleich: der Wirt- Die erforderliche Kapazität wäre also, so können nur Binnenschiffe mit höchstens schaftsfaktor der Großwasserstraßen, z. B. der Referent, vorhanden. 80 m Länge und einer deutlich geringe- des Rheins liegt beim 30- bis 40-fachen. Von einem Ausbau der Eisenbahn- ren Ladefähigkeit den Kanal benutzen Zurzeit hoffen die Befürworter auf strecke Lauenburg–Lübeck sprach der (Schleusenlänge der älteren Schleusen: 80 eine Zunahme der Transporte durch Con- Vortragende in diesem Referat nicht. Ob m; die einzige bereits ausgebaute Lauen- tainer. Insgesamt sei auch tatsächlich zu diese Transportverschiebung vom Kanal burger Schleuse ist 115m lang und 12,50 verzeichnen, dass der Containertransport auf die Bahn allerdings so ohne Weiteres m breit). Die derzeitige Wassertiefe des wachse, auf den ersten Blick paradoxer- möglich ist, müsste bei der Bahn hin- Kanals liegt bei 2,50 m. weise aber nicht das Transportaufkom- terfragt werden. Eine kritische Unter- Inzwischen aber mache sich bei Tei- men in Tonnen insgesamt (Container sind suchung der LN aus dem Sommer 2017 len der Binnenschiffer angeblich ein nicht immer voll beladen). Dieses sei – im bezweifelt genau diese optimistische An- Umdenken bemerkbar: Bei den Großmo- Gegenteil – sogar leicht zurückgegangen. nahme Klösers. torschiffen hätten die Betreiber zuneh- Hier müsse allerdings darauf verwiesen Gegen das Argument, dass die Bahn mend Probleme, die Laderäume voll zu werden, dass Großmotorschiffe über eine teurer sei als die Binnenschiffe, verwies befrachten. Man würde deshalb wieder wesentlich größere Container-Transport- Klöser darauf, dass die Transportkosten kleinere Einheiten bevorzugen, und zwar kapazität verfügen (bis zu 96 Container). für die Bahn künstlich hochgehalten mit einer Länge von 65 bis 80 m; genau Diese Schiffe könnten auf entsprechend würden, dass aber offensichtlich im Ver- diese Güterschiffe benutzen derzeit den ausgebauten Wasserstraßen sogar Con- kehrsministerium mit dem neuen (Bahn-) Elbe-Lübeck-Kanal. Auch vor diesem tainer in vier Lagen übereinander fahren; Güterverkehrswegeplan ein Umdenken Hintergrund stellte der Vortragende die diese Möglichkeit ist aber selbst nach dem eingesetzt habe, das langfristig den Trans- Frage nach dem Sinn eines Kanalausbaus Ausbau des Kanals wegen der zu niedri- port auf der Schiene wieder konkurrenz- mit dem Ziel einer Kapazitätserweiterung gen Brücken nicht möglich (geplante fähiger machen wolle. Grund seien die für Großmotorschiffe. Durchfahrtshöhe 5,25 m). Überlastungen der Autobahnen, denen der Kollaps drohe. Die Binnenschiffer haben Die schwierige Ermittlung des Die Arbeitsplatzsituation: bereits gegen diese Aussage des Verkehrs- Frachtaufkommens Mehr Arbeitsplätze nach dem plans protestiert. Zum „Drehthema“ Frachtaufkommen: Ausbau? Großmotorschiffe nicht mehr jahrelang, jahrzehntelang haben Bundes- Die Arbeitsplatzsituation: Dr. Klöser aktuell? tagsabgeordnete, nicht zuletzt die Bundes- bezweifelte, dass sich die Zahl der Arbeits- tagsabgeordneten Gabriele Hiller-Ohm plätze nach einem Kanalausbau deutlich Widersprüchlich sei ferner die derzei- und Norbert Brackmann, den Ausbau des vergrößern werde. Er setzt stattdessen auf tige Aussage der Binnenschifffahrt über Kanals u. a. wegen der „fehlenden Hin- den Ausbau des Tourismus in der Region, die Transportgrößen der Schiffe. Die Er- terlandanbindung Lübecks“ gefordert. und zwar unter Einbeziehung des Kanals weiterung des Kanals solle schließlich Gemeint ist damit wohl eine veraltete als idyllische Wasserstraße. Der Tourismus deshalb erfolgen – so die Begründung der Binnenwasserverbindung zum übrigen zeige im gesamten Gebiet des Elbe-Lübeck- Befürworter – damit Großmotorschiffe Kanalnetz Deutschlands mit einer zu Kanals steigende Tendenzen, und zwar die Wasserstraße von der Elbe zur Trave niedrigen Transportkapazität. nicht nur in Lübeck, sondern auch in Mölln 50 Lübeckische Blätter 2018/4 Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals/Aus der Vorsteherschaft und Lauenburg. Darüber hinaus sei der Ka- naluferweg eine wichtige Verbindungspiste zwischen Ostsee und Elbe als Fahrradweg, deutschlandweit stehe er an 14. Stelle. In diesem Zusammenhang wies Heinz Klöser auch auf den deutlich steigenden Wasserbedarf hin, den der ausgebaute Ka- nal benötige. Zzt. erhält der Kanal sein Wasser durch die Zuläufe aus der Region, deren Menge gerade ausreicht (der Kanal ist ein Fließgewässer). Der ausgebaute Kanal hätte einen dreimal