Sonntagszeitung, 03. Februar 2019
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sonntagszeitung.ch | 3. Februar 2019 Ski alpin 27 René Hauri und 1400 Einwohner, Philipp Rindlisbacher Abpfiff 120 000 Fans Marc Berthod (links) Åre/Zürich Sie waren die Hoffnun- und Daniel Albrecht: Morgen wird in Åre gen des Schweizer Skisports, als sie Einst waren sie die Vorhang zu, Vorhang auf die Ski-WM eröffnet 2007 an derWM in Åre zusammen «SkiZwillinge», heute drei Einzelmedaillen und Team- bewegen sie sich in für Linsdey Vonn Bronze gewannen: Dann scheiter- unterschiedlichen Åre Minus 12 Grad, leichter Nie- te die Karriere von Marc Berthod Welten Man kann Lindsey Vonn vorwerfen, was man will. derschlag – die Bedingungen in wegen seines Rückens, die von Foto: Christian Pfander Nur eines mit Bestimmtheit nicht: dass die Glamour Åre sind vergleichsweise ange- Daniel Albrecht am schweren Sturz athletin nicht wüsste, wie sie sich auf einer Bühne zu nehm. Anders war dies 2007 bei in Kitzbühel2009,nachdem er drei bewegen hat. der letzten Weltmeisterschaft in Wochen im Koma lag. Heute ist Mittelschweden, als während Berthod dreifacher Vater und Ex- Vorhang auf, Akt 1: Die SpeedQueen (Begriff fest zehn Tagen Temperaturen zwi- perte beim Fernsehen.Albrecht,der verankert) kündigt vor der Saison an, dass dies ihr schen minus 25 und minus 35 seit 2016 eine Tochter hat, hat sei- letzter Winter sei. Klar, besorgen sie sich schon Grad herrschten, die Titelkämpfe ne Bekleidungsfirma Albright ver- einmal rote Te ppiche an allen Weltcuporten, denen unter den Schneemassen zu ver- kauft und konzipiert Wohnhäuser. die beste Skifahrerin der Geschichte – und (nahen) sinken drohten. Das Schweizer Die 35-Jährigen sagen, sie seien Zukunft – ein letztes Mal ihre Ehre erweisen wird. Aufgebot umfasst nach dem ver- glücklich. Doch ihre Ski-Karrieren letzungsbedingten Ausfall von waren viel zu kurz. Doch dann Akt 2: Die Abschiedstournee gerät ins Michelle Gisin 22 Fahrerinnen Stocken, bevor sie angerollt ist. Ausgerechnet vor und Fahrer, die Ausbeute der Wenn Sie an die WM 2007 den Rennen in einem To uristenort in den kanadi Heim-WM in St. Moritz vor zwei denken: Kommt Wehmut auf? schen Rocky Mountains, der gemeinhin als Lake Jahren mit sieben Medaillen dürf- Berthod: Ich habe gute Gefühle, Lindsey bekannt ist, verletzt sich die 34Jährige am te schwierig zu wiederholen sein. ich war in der Blütezeit meiner Kar- Knie. Ein Rücktritt auf Raten ohne eine letzte Fahrt Los geht es nach der morgigen Er- riere. Ich bin ein Mensch, der das an ihrem Kraftort, wo sie 18mal gewann? Unvorstell öffnungsfeier am Dienstag mit Schlechte vergisst oder verdrängt, bar! Also sagt sie, sie werde hier 2019 schon noch dem Super-G der Frauen, zehn es ist irgendwie nicht mehr prä- einmal auftreten. Aber dann ist Schluss. Wirklich. Ein weitere Entscheidungen folgen. In sent. Ich habe nur das Gefühl, dass Schelm, der denkt, Vonn würde vielleicht doch noch der nur 1400 Einwohner zählen- ich gut war damals (lacht). eine ganze Saison anhängen, weil die 18 Siege zwar den Gemeinde werden in den Albrecht: Wir hatten Erfolg, und mithalfen zu einem Total von 82 Triumphen. Doch kommenden zwei Wochen rund alles passte zusammen: der Team- diese eben nicht reichen, um das von ihr mantrahaft 120 000 Zuschauer erwartet. (phr) geist, das Material, die Trainer. wiederholte Streben nach dem Rekord von Ingemar Alles rollte, ganz locker. Stenmark (86) ebenfalls erfolgreich zu gestalten. Berthod: Das war das Traumjahr. Wir hatten schon vorher Akzente Akt 3, Drama: In Cortina schluchzt die Skikönigin ins Östersund Åre gesetzt, dann kam die WM in Åre, ORFMikrofon, ihr Körper sei ein derartiges Wrack, kamen die Medaillen. dass das vielleicht ihr letztes Rennen war. Ist es nicht. N FINNLAND NORW. E Wie von selbst? D Berthod: Es war nicht selbstver- Akt 4, die Erlösung, folgt vor fünf Tagen: Beim E W ständlich, dass es so einschlug. RedBullSender Servus TV sagt sie: Die SkiWM in STOCKHOLM H Aber wir hatten gar nicht überlegt, Åre werde sie schon noch bestreiten, und auch in C Lake Lindsey werde sie noch einmal auftreten im S dass es nicht funktionieren könn- te. Wir waren sehr selbstbewusst. nächsten Winter. Aber dann ist Schluss. Wirklich. BALT. 100 km Malmö MEER Albrecht: Als alles vorbei war, ha- ben wir richtig gefeiert. Der Alko- Akt 5 am Freitag mit der Schlagzeile: «Lindsey hol ist in Schweden nicht gerade Vonn gibt ihren Rücktritt bekannt.» Moment, also billig, da aber haben wir es krachen WMSuperG und Abfahrt werde sie schon noch lassen – ein Dank an den Verband. bestreiten. Aber dann ist Schluss. Wirklich. Wetten, Das Programm Es rollte, wie Sie sagen, dann dass das Theaterstück noch nicht zu Ende ist? 1. Woche kamen die Tiefschläge. Wie Montag Training Abfahrt F 12.30 gingen Sie damit um? Eröffnungsfeier 18.30 Berthod: Auf die Saison 2008/09 Dienstag Training Abfahrt M 10.30 hin habe ich dem Körper zu wenig René Hauri Super-G Frauen 12.30 Sorge getragen, es entstand eine ist Redaktor Mittwoch Training Abfahrt F 10.30 Dysbalance. Der Rücken schmerz- der SonntagsZeitung Super-G Männer 12.30 te bald auch während des Fahrens. Donnerstag Training Abfahrt F 10.30 Training Abfahrt M 12.30 Und dann stürzte Dani auch noch Freitag Kombi-Abfahrt Frauen 11.00 in Kitzbühel... Training Abfahrt M 12.30 Wie haben Sie das erlebt? Kombi-Slalom Frauen 16.15 Berthod: Ich war in Österreich Samstag Training Abfahrt F 10.30 beim Training, habe nur davon ge- Abfahrt Männer 12.30 Noch ein Sieg bis zu Sonntag Training Abfahrt M 10.30 hört. Gesehen habe ich den Sturz Abfahrt Frauen 12.30 bis heute nicht. Vreni Schneiders Rekord 2. Woche Albrecht: Schade, der war krass. Wollen Sie ihn nicht sehen? Albrecht: Haben Sie ihm von der Albrecht: Albrecht: Shiffrin siegt in Maribor, Holdener Dritte Montag Kombination Männer Ich glaubte, ich hätte nur gut kennen. Aber der Kontakt ging Ich hätte jemanden ge- als viele gesunde Athleten. Aber Du musst mit dem Selbst- Dienstag Team-Event Berthod: Einen Kollegen so stür- einmal gefragt. Aber wenn sie ko- schon etwas auseinander. Rückkehr abgeraten? braucht, der gesagt hätte: Die Ab- weil ich vorher so gut gewesen war, vertrauen ran wie bei unserem Donnerstag Riesenslalom Frauen zen zu sehen – nein, dieses Verlan- misch schauten, wusste ich, dass Albrecht: Das ist so. Ich musste Berthod: Nein, er war so überzeugt, fahrt ist das Ziel, aber wir fangen wurde erwartet, dass ich wieder voll Doppelsieg in Adelboden (2008). Freitag Riesenslalom Männer «Ich war gen habe ich nicht. Danach wuss- ich etwas Dummes gesagt hatte. alles von Grund auf neu erlernen, wollte unbedingt zurück auf die mit dem Riesenslalom an. Ich woll- dabei sein würde. Dafür hätte ich Was denken Sie, wenn Sie Maribor Mikaela Shiffrin hat ihren Gegnerinnen ein Samstag Slalom Frauen ten wir lange nicht, was mit ihm Wie reagierten Sie? war extrem gefordert. Ich war der- Rennpiste. Ich dachte: Das ist ein te nur wissen, was noch geht, wie aber nie Fehler machen dürfen. Am Berthod am Fernsehen hören? weiteres Mal keine Chance gelassen. Überlegen ge- Sonntag Slalom Männer ist. Erst an der WM in Val-d’Isère Albrecht: Ich zog mich zurück, ich art mit mir beschäftigt, dass mein riesiges Unterfangen, ein Wahn- weit ich kommen kann. Hätten Anfang kannte ich nicht einmal Berthod: Er schaut ja nie zu (lacht). wann die Amerikanerin den Weltcupslalom in Mari- (2009) gab es so etwas wie Entwar- fühlte mich verloren. Diese Phase Umfeld zu kurz kam. Am Anfang sinnsprozess bis dorthin – bis du mich die Trainer einfach machen mehr meinen Namen. Es war Albrecht: Ich schaue selten. Und bor, ihren 13. in dieser Saison. Wendy Holdener, die nung. Es war eine schwere Zeit. überfordert ging lange. war das positiv, weil ich nicht merk- in Beaver Creek knapp zwei Jahre lassen, hätte ich gemerkt, was geht. schwierig, alles richtig zu machen. wenn, dann zeitversetzt und nur tags zuvor als Vierte ihr bestes Ergebnis im Riesensla- Das Schweizer Team Albrecht kam zurück und war Wie lange? te, dass kaum jemand an mein Vor- nach dem Sturz zurückkehrtest. Ich Später, beim ersten Versuch, ging Stellen Sie sich die Frage, was die zwei, drei Fahrer, die ich sehen lom egalisiert hatte, schaffte es als Dritte aufs Podest, 14 Männer, 8 Frauen nicht mehr der Gleiche. Wie war Albrecht: Jahre. Es dauerte, bis ich haben glaubte. Ich sagte meinem staunte, wie du dich entwickelt es einfach. Dabei hatten die Trai- gewesen wäre, hätte es diesen will. Also höre ich nicht viel. Was was nach dem ersten Lauf nicht mehr hatte erwartet das für Sie als Kollege? mich an meine neuen Grenzen ge- Trainer: Ich will Weltcuprennen hast, über diesen 21. Platz – auf ner bei den Sprüngen gemeint, es Sturz und die körperlichen ich höre, ist meistens gut, ab und werden können. Sie beging zwar keinen grossen Feh- Männer A SG RS SL K Berthod: Es war ein Abwarten unse- wöhnt hatte. Wenn ich nach zwei fahren. Dabei war ich nicht einmal der einen Seite. Auf der anderen sei gefährlich, es könne wieder et- Probleme nicht gegeben? zu verschätzt du dich ein wenig. ler, fuhr aber auf der aufgeweichten Unterlage zu fein Luca Aerni • mit Danis Gino Caviezel • rerseits.Wir wussten nicht, was auf Fahrten nicht mehr konnte oder fähig, einen Rucksack zu tragen. war da noch immer der Moment was passieren. Panik und Angst Albrecht: Eigentlich nicht. Ich den- Haben Sie sich komplett vom und zu sauber. «Ich habe den Lauf falsch einge- Mauro Caviezel • • • uns zukommt. Dann war er auf ein- nach zehn Minuten auf dem Velo Was dachten Sie über Albrechts zu Beginn, als ich erschrak, weil auf wurden mir fast eingeredet. ke gerne zurück, weil ich dabei war, Skizirkus abgenabelt? schätzt», bekannte sie hinterher.