Beethoven Orchester Bonn & Dirk Kaftan 20.9.2019
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1 Beethoven Orchester Bonn & Dirk Kaftan 20.9.2019 Das Beethovenfest Bonn 2019 steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Freitag, 20.9.2019, 20 Uhr World Conference Center Bonn Beethoven Orchester Bonn Dirk Kaftan Dirigent 19 Uhr Raum Wien, WCCB KONZERTEINFÜHRUNG Wolfram Steinbeck, Bonn Gustav Mahler im Foyer der Wiener Hofoper, 1907, Photographie von Moritz Nähr 2 Programm Mahlers siebte Symphonie Nachtstücke, Tageshymnen Gustav Mahler (1898–1962) ie siebte der zehn Symphonien: ist sie eine »Symphonie der Symphonie Nr. 7 e-Moll DNacht«? Mahler hat diesen schon früh aufgekommenen in fünf Sätzen für großes Orchester (1904/05) Beinamen nie gebraucht. Zurück geht er auf die überraschende Tat sache, dass zwei der fünf Sätze die Überschrift Nachtmusik tra- 1. Langsam – Allegro risoluto, ma non troppo gen (II, IV). Den Verleger brachte dies auf den Gedanken, die Titel- 2. Nachtmusik I. Allegro moderato seite einer separaten Druckausgabe mit Rembrandts berühmter 3. Scherzo. Schattenhaft Nachtwache zu schmücken, jenem düsteren Kolossalgemälde, das 4. Nachtmusik II. Andante amoroso zwei hell erleuchtete Figuren vor einer nächtlich verdunkelten 5. Rondo-Finale. Personengruppe zeigt. Auch diese wohlgemeinte Verständnishilfe Tempo 1. Tempo ordinario – sollte Mahler keineswegs fordern, allenfalls dulden. Tempo 2. Allegro moderato, ma energico Entstanden ist dieses wiederum mehr als einstündige Werk im Kärntner Domizil der Familie in Maiernigg nahe Klagenfurt am (Ohne Pause) Wörthersee. Noch hatte Mahler im Arbeitssommer 1904 seine sechste Symphonie nicht völlig abgeschlossen, als er bereits weit- gehende Pläne zum Folgewerk fasste und die beiden Nacht- musiken Gestalt annahmen. Dabei muss den Komponisten die im Herbst anstehende Kölner Uraufführung der Fünften zur gleichen Zeit intensiv beschäftigt haben. Und als dann im Sommer 1905 die Niederschrift der drei ergänzenden Sätze I, III und V zur Siebten folgte, da war die Sechste noch nicht im Konzertsaal erklungen, ihr neuartiges Klangbild erst erahnt, doch noch nicht realisiert. Kaum verwundert es daher, dass angesichts solcher zeitlichen Überschneidungen zwischen den Partituren Querverbindungen bestehen, dass Themen und Rhythmen bei aller Individualität ihren gemeinsamen Fundus verraten. Übrigens hatte Mahler bei der Ergänzung der beiden Nacht- musiken zur fünfsätzigen Symphonie im Sommer 1905 mit einer schöpferischen Blockade zu kämpfen. Unergiebige Wochen ver- gingen, bis bei einer Fahrt über den Wörthersee der entschei- dende Impuls erfolgte: »Ich stieg in das Boot, um mich hinüberfah- ren zu lassen. Beim ersten Ruderschlag fiel mir das Thema (oder mehr der Rhythmus und die Art) der Einleitung zum 1. Satze ein – 4 5 und in 4 Wochen war 1., 3. und 5. Satz fix und fertig!« (Mahler an seine Frau Alma, Juni 1910). Auch die siebte Symphonie sollte ihre Uraufführung nicht in Wien erleben, wo Mahler seit 1897 als höchst engagierter Direktor des Hofoperntheaters amtierte. Doch stand das erste Erklingen am 19. September 1908 in Prag insofern ganz im Zeichen der k. und k. Monarchie, als man hier zum Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs I. eigens eine Konzerthalle errichtet hatte, in der Mahler nun dirigierte. »… von der Mitte nach außen« Stets hatten die früheren Mahler-Symphonien der Zielgerichtet- heit ihrer Abläufe vertraut und im Finale eine wie auch immer geartete »Lösung« gesucht, sei es im symphonischen Durchbruch oder auch in vokaler Überhöhung. In der Siebten nun sah etwa der Mahler-erfahrene Dirigent Michael Gielen in angenäherter Sym- metrie »ein Konzept, das von der Mitte nach außen geht. Für mich ist das Zentrum dieses Gespenster-Scherzo (Satz III), das dann auf beiden Seiten ›Nachtstücke‹ hat, richtige Notturni (II, IV) … Und dagegen steht eben doch dieser heldische erste Satz (I) und der forciert positive letzte (V)…« (Gielen/Fiebig: Mahler im Gespräch. Die zehn Sinfonien, 2002). Satz I (e-Moll) erhält besonderes Gewicht durch seine düstere Adagio-Einleitung in der Manier eines Trauermarschs. Über dop- pelt punktierten Rhythmen erhebt ein Tenorhorn seine eindringli- che Stimme. Eigens wegen des Pathos dieser Verkündigung hatte Mahler dieses sonst nur in Blaskapellen anzutreffende Ventil- flügelhorn ins Orchester genommen. Der ungestüm drängende Hauptsatz (Allegro risoluto) entwickelt mehrere scharf konturierte Rembrandt, Die Nachtwache, 1642; von einem Verleger auf die Titel- Marschthemen. Von ihnen setzt sich das in ausdrucksvollen Wen- seite einer separaten Druckausgabe übernommen dungen geführte Seitenthema (Mit großem Schwung) in aller Deutlichkeit ab. Mahler setzt auf sinnlich schwelgenden Streicher- gesang, der sich mit melodischer Beredsamkeit in weite Ton- räume ausbreitet. Der in sich stark gegliederte Durchführungsteil dieses Sonatensatzes ist vom Gedanken geprägt, Zug um Zug alles Kantig-Marschartige zurückzudrängen. Über die Stationen Ge messener und Sehr feierlich dringt er, von leisen Fanfaren und 6 7 choralartigen Sequenzen geleitet, zu einer ruhevoll befriedeten gestimmten Satz. Vom Übrigen hebt sich dieses zärtliche, nur sel- »Insel der Seligen« vor. Hier beginnt sich das Gesangsthema aus ten sich verdunkelnde Andante amoroso ab durch seine verfei- großer Ruhe und Stille heraus wogend zu entfalten. Mahler- nerte kammermusikalische Setzweise in merklich reduzierter typisch ist der Preis solcher Seligkeit: der jähe Absturz in die Tiefe, Besetzung. Mit zusätzlicher Mandoline und Gitarre finden sich nach dem die Reprise mit der langsamen Marsch-Introduktion in zwar seltene, jedoch serenadentypische Gäste im Orchester ein. beklemmendem Pianissimo einsetzt. Jetzt erst kommen die Kon- Was beim ersten Hören wohlgegliedert und leicht fasslich erschei- flikte der so gegensätzlichen Themengruppen zu heftiger Austra- nen mag im Sinne von Exposition, Durchführung, Trio, Reprise und gung. Mit schmetternden Hörnern setzt eine knappe Coda den Coda, erweist sich bei näherer Betrachtung als thematisch uner- kraftvollen Schlusspunkt. hört vielgestaltig, formal ambivalent und vielseitig assoziierbar: ein kunstvolles Spiel mit Anklängen und Tonfällen. Satz II: Nachtmusik I (C-Dur / c-Moll). Zum einleitenden Dialog zweier Hörner merkt die Partitur ausdrücklich an: rufend … ant- Satz V (C-Dur). Aus dem Rondo-Finale bleibt Chromatik weit- wortend. Ins symphonische Spiel wird damit eine melancholische, gehend verbannt zugunsten komplikationsloser Diatonik. Dank mit Naturlauten durchsetzte Ländlermusik gerufen. Das aus der der nach Rondoart häufigen Wiederkehr des strahlendenMaes - Ferne herüberklingende Gebimmel von Herdenglocken weckt toso-Hauptsatzes bestätigt sich mit auffälligem Nachdruck der pastorale Illusionen. Bereicherung erfährt die Ländlermusik durch festlich-helle Grundcharakter dieses vielleicht konventionellsten Trio-Teile – durch einen ersten, sehr gemächlichen (As-Dur) und aller Mahler-Finali. Doch verrät der Partiturhinweis fürs letzte einen zweiten in bewegendem Klagelaut (c-Moll). Dur und Moll Marsch-Ritornell – …etwas feierlich. Prachtvoll – zu viel Ironie, um tauschen sich beständig aus, überlappen einander sogar grell dem pompösen C-Dur-Glanz wirklich zu trauen. Der Verdacht dissonierend in zwei realistisch nachgezeichneten »Abstürzen«. drängt sich auf, hier werde eine aufwendige und lautstarke Rhe- Von besonderem Reiz ist der Epilog: Aus den Rufen der Flöte (Wie torik lediglich bemüht, um zu überspielen, was nicht mehr gesagt Vogelstimmen) entwickelt sich in freier Stimmführung solistischer werden kann. Mit dem übermütig-verzweifelten Wort, dieser Satz Bläser eine Episode von geradezu kammermusikalischer Transpa- frage »Was kost‘ die Welt?«, könnte Mahler diese üppig insze- renz, bevor eine jäh auf- und niedersteigende Schlussgeste nächt- nierte, jedoch inhaltlich triste Leere gemeint haben. liches Verdämmern andeutet. Satz III (d-Moll / D-Dur) wirkt wie eine gespenstische Danse Rezeption macabre dank seiner gehetzten, kaum je einhaltenden Bewegung. Mehr als 500 Takte lang währt dieses spukhafte Treiben. Schatten- Die Prager Premiere brachte einen Achtungserfolg, nicht mehr. haft soll diese zwischen Dur und Moll, Hell und Dunkel irrlich- Nur langsam steigerte sich die Akzeptanz bei späteren Auffüh- ternde Musik klingen, an anderer Stelle kreischend und grell. rungen. Mahler muss geahnt haben, dass die gewaltige Band- Plötzlich dringen die Klänge einer aufdringlichen Kapelle ans Ohr, breite widersprüchlicher Emotionen, wie sie die Siebte auslotet, an die aus allen Fugen gerät und in banalen Begleitformeln endet. Musiker wie Hörer ungewöhnliche Anforderungen stellen würde. Äußerlich als Scherzo mit diesmal nur einem Trio geformt, wech- So war unverkennbar Ironie im Spiel, als Mahler seinem Verleger selt diese ungebärdige Musik zwischen losen Figuren, aus dem vor der Premiere mitteilte: »Dieses Werk hat alle Aussicht – sowohl Zusammenhang gerissen, und fest gefügtem Satz, zwischen ele- in Folge seines heiteren und ansprechenden Charakters, als auch ganter Reigen-Charakteristik und zwanghaft vorangetriebener seiner verhältnismäßig kleinen Orchesterbesetzung – in nächster Bewegung. Zeit durch die meisten Concertsäle zu gehen.« (an Bote & Bock, Sommer 1908) Satz IV: Nachtmusik II (F-Dur). Die Szenerie ist wie ausgetauscht. Mit Aufschwung eröffnet die Solo-Violine diesen wienerisch ein- Klaus Schweizer 8 9 Biographien In Beethovens Geburtsstadt auf die Suche nach dem Erbe des welt- Schauspieler Matthias Brandt eingesprochen und von der Kritik bekannten Komponisten zu gehen und dieses unter die Menschen