1 HÜFINGEN, Schwarzwald-Baar- Kreis. Gewann ,,Gierhalde", Grab 1

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1 HÜFINGEN, Schwarzwald-Baar- Kreis. Gewann ,,Gierhalde 1 HÜFINGEN, Schwarzwald-Baar- kreis. Gewann ,,Gierhalde", Grab 1. Den wertvollsten Teil unter den Grabbeigaben bilden zwei silberne Zierscheiben vom Pferdegeschirr, beide mit Motiven aus der spätantik-christlichen Well des Mittel- meerraumes. Ihr Besitz kennzeichnet den hohen Rang des hier im Jahre 606 nach Chr. bestatteten Angehörigen einer führenden alamannischen Adelsfamilie. (Durchmesser 11 cm.) Gerhard Fingedin: Ein Reitergrab des frühen Mittelalters an der oberen Donau Durch bedeutende Entdeckungen aus frühmittelalterlicher wurden auch die politischen Kräfte erkennbar, die das Bild Zeit hat in den letzten Jahren die Landschaft an der oberen dieser Landschaft im frühen Mittelalter geprägt, die hier Donau von sich reden gemacht, das Kernland der alten Geschichte gemacht haben (Abbildung 1). Ebenfalls in „Bertoldesbara". im südwestlichen Deutschland zählt die Hüfingen, das sich damit als zentraler Ort dieser Zeit erwies, Baar mit ihrem heutigen Mittelpunkt Donaueschingen zu gelang einige Jahre später die Entdeckung eines großen den früh von Alamannen besiedelten Gebieten, wenn auch Reihengräberfeldes, in dem während des 6. und beginnen- die archäologische Karte eine geringere Funddichte auf- den 7. Jahrhunderts eine hochgestellte Adelsfamilie ihre weist als in den fruchtbaren Ackerzonen des Hegaus oder verstorbenen Mitglieder bestattete (Abbildung 2), inmitten des Neckarlandes. Anscheinend wurden die für Landwirt- einer Bevölkerung, die offensichtlich Anteil hatte an der schaft weniger günstigen klimatischen Verhältnisse aufge- politischen und ökonomischen Sonderstellung dieses wogen durch die verkehrsgeographische und wohl auch Platzes. Mit Grabungen in Neudingen, wenige Kilometer strategische Bedeutung dieses Raumes, in dem seit römi- donauabwärts gelegen, kommt gegenwärtig ein zweiter scher Zeit gut ausgebaute Fernverbindungen zusammen- politischer Schwerpunkt dieser Landschaft wieder zum Vor- treffen; die Straße vom Schweizer Mittelland zum Neckar- schein; auch dieser Ort Sitz einer Adelsfamilie, die auf raum und die sogenannte Donausüdstraße in Richtung einem Herrenhof, vielleicht auf einem der sogenannten Augsburg, um die hauptsächlichen Routen zu nennen, die Königshöfe lebte, die zugleich Verwaltungsmittelpunkt, Ort auch in nachrömischer Zeit nichts von ihrer Wichtigkeit der Steuererhebung und der Rechtspflege waren. Wie in einbüßten. Hüfingen lassen wertvolle Totenbeigaben Rang und Reich- tum dieser Familie erkennen (Abbildung 3), die offenbar - Während die römerzeitlichen Schwerpunkte schon lange in noch sind die Untersuchungen im Gange — mehrere den Kastellen an der Donau und in daran anknüpfenden Generationen lang auf dem großen Ortsfriedhof Bestat- Siedlungen erkannt worden waren, ließ sich mit den mero- tungen vornahm. Vor dem Glanz kostbarer Goldschmiede- wingerzeitlichen Grabfunden der Baar nur ein Bild von den arbeiten (Abbildungen 1 bis 3), vor den überraschenden Lebensverhältnissen der einfachen ländlichen Bevölkerung geschichtlichen Aspekten dieser Neuentdeckungen traten entwerfen, in großen Linien der Gang der Besiedlung nach- ältere Funde in den Hintergrund, die aber doch, auf einer zeichnen. Erst mit der Entdeckung eines merowingerzeit- anderen Ebene, von nicht geringerem Informationswert lichen Adelsgrabes in Hüfmgen (1966 an der „Gierhalde") sind, nicht weniger zu einem vollständigen Bild dieser weit 18 zurückliegenden Zeit beitragen können. Ein solcher Fund, der erhaltenen Stücke. Die Spatha zum Beispiel ist keines- der manches klärt, uns aber auch Anlaß zu manchen Fragen wegs besonders kostbar verziert. Trotzdem tritt dieser gibt, kam 1967 in Geisingen zutage, einem kleinen Mann, durch seine Beigaben als berittener Krieger gekenn- Städtchen an der Donau, wenige Kilometer östlich von zeichnet, deutlich aus dem bäuerlichen Mittelmaß seiner Donaueschingen gelegen. Zeit hervor. Es erhebt sich die Frage nach seiner Stellung im Zu den bisher schon bekannten alamannischen Gräber- Leben, seinem Verhältnis zu den in der Nähe bestatteten feldern im Ortsbereich und an seinem Rand, beide nördlich Zeitgenossen, seinen möglicherweise besonderen Funk- der Donau gelegen, kam ein dritter Fundplatz hinzu. Er liegt tionen und Aufgaben. Abschließend lassen sich diese auf der anderen Seite des Flusses, nahe der sogenannten Fragen nicht beurteilen, solange Art und Größe des neu Heerstraße, in der man seit dem 19. Jahrhundert schon die entdeckten Friedhofs nicht bekannt sind. Sicher aber ge- römische Donautalstraße vermutet. Zwar konnte beim hörte der Geisinger Reiter zu seinen Lebzeiten, im späten Verlegen der Bundesstraße 31 nur ein Ausschnitt dieses 6. und frühen 7. Jahrhundert, zu den bedeutendsten und Friedhofs erfaßt werden, doch befand sich unter den etwa vornehmsten Leuten am Ort. Seine herausgehobene Stel- 20 Bestattungen auch ein Männergrab, das ein langes zwei- lung hatte wahrscheinlich auch einen lokalpolitischen, schneidiges Schwert (Spatha), einen eisenbeschlagenen sicher aber einen militärischen Aspekt. Bei näherer Be- Schild (Abbildung 4) und Zaumzeug mit verzierten Bronze- trachtung ist es nämlich recht auffällig, daß sich Reiter- beschlägen (Abbildung 5) enthielt. Kopf- und Brustriemen gräber in dieser Landschaft längs der Donau häufen, wobei eines Reitpferdes, dabei eine eiserne Knebeltrense, waren Ausstattungsniveau und damit soziale Einstufung durchaus an der rechten Seite des Toten niedergelegt worden, stell- unterschiedlich sind, ebenso die zeitliche Stellung innerhalb vertretend für das Tier, das hier nicht wie anderswo gemein- des 6. und 7. Jahrhunderts. Hüfingen wäre auch in diesem sam mit seinem Eigentümer begraben worden war. Jeden- Zusammenhang an erster Stelle zu nennen. Es folgen nach falls kam in unmittelbarer Nähe keine eventuell zugehörige Osten Neudingen, dann Geisingen, Hintschingen, Möhrin- Pferdebestattung zutage. Möglicherweise war auch ein aus gen und Tuttlingen. Eine Beziehung zum Verlauf der Holz und Leder gefertigter Sattel beigegeben, der sich aber römischen Straße drängt sich auf, die auch in der Mero- nicht mehr nachweisen ließ. Überhaupt ist die ursprüng- wingerzeit nach wie vor eine wichtige Fernverbindung liche Ausstattung des Verstorbenen nur noch teilweise vor- gewesen sein muß, deshalb eventuell auch militärisch ge- handen. Früher schon war das Grab geplündert worden, sichert. Man hat in anderen Fällen schon an kleine Trup- wahrscheinlich nicht allzulange Zeit nach der Beisetzung. penkontingente gedacht, hat von alamannischen und fränki- Das Verlorene läßt sich indes ungefähr abschätzen: zur Ausrü- schen Reiterposten an wichtigen Straßen gesprochen. Für stung gehörte neben Schild und Spatha ganz sicher auch ein Geisingen erscheint das weniger wahrscheinlich. Eher dür- zweites kürzeres Schwert (Sax), dazu ein Waffengurt mit fen wir hier ein Beispiel dafür sehen, daß an verkehrsgünstig Metallbeschlägen. Lanze oder Speer, auch Bogen und Pfeile gelegenen Orten einzelne Familien, autorisiert durch die sind ziemlich regelmäßig in vergleichbaren Gräbern über- Landesherrschaft, Aufgaben der Verkehrssicherung wahr- liefert und auch hier wahrscheinlich zu ergänzen. Bei der nahmen und damit, trotz ihrer zunächst noch bäuerlichen Plünderung herausgeholt wurde wohl auch eine am Gürtel, Lebensweise, militärische und zunehmend wohl auch hängende Tasche, in der man neben Feuerzeug und eisernen politische Ordnungsfaktoren bildeten. Gerätschaften gerne auch schutzbringende Amulette auf- Offenbar fassen wir in einem Befund wie Geisingen die bewahrte. Große Reichtümer fielen den Grabräubern aller- Frühphase einer Entwicklung, die einzelnen Familien den dings nicht in die Hände. Ganz sicher war der hier be- wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg innerhalb der dörf- stattete Mann, trotz seiner schönen Reitausrüstung, kein lichen Gemeinschaft ermöglichte. Durch die Übernahme großer adeliger Herr. Dagegen spricht schon die Qualität örtlich begrenzter Aufgaben im militärischen, rechtlichen 2 HÜFINGEN, Schwarzwald- Baarkreis. Großes Reihengräberfeld im Gewann „Auf Hohen". Dieser Fundplatz zeichnet sich aus durch die Reichhaltigkeit und den Wert der hier geborgenen Goldschmiedearbeiten. Als Beispiel eine silberne, teilweise vergoldete „Bügelfibel" von der Festtagstracht einer wohlhabenden Frau. (Länge 11,5 cm.) 3 N E U DIN G EN, Sch warz walä- Baark reis. Gewann „Löbern". In einem reich ausgestatteten Frauengrab fanden sich drei goldene Anhänger, darunter eine stark abgenützte byzantinische Münze, die eine genauere Zeitbestimmung innerhalb des 6. Jahrhunderts erlaubt. 19 4 GEISINGEN, Schwarzwald-Baarkreis. Gewann „An der Mühlenhalde/Länge", Grab I. Eisernes Schwert (Spatha) mit silberlauschiertem Knauf. Vom hölzernen Griff waren bei der Auffindung noch geringe Spuren erhalten. Ursprüngliche Länge (mit Spitze) etwa 80 cm. Zu einem runden Holzschild gehört der eiserne,,Schildbuckel" mit kurzem Knopf. Er diente zur Verstärkung der Schildmitte und zum Schutz der innen eingreifenden Hand (18,5 cm). oder administrativen Bereich wurden sie zu Amtsträgern, zu solange zu sichern, bis eines Tages planmäßige Forschungs- den ausführenden Organen herzoglicher oder königlicher grabungen das Umfeld des Geisinger Reiters weiter auf- Herrschaft. Der Weg zu den politischen Verhältnissen des hellen und vielleicht auch die spätere Entwicklung seiner hohen Mittelalters zeichnet sich ab. Sippe oder Familie zu klären vermögen. Seinen wissen- Es bleibt bedauerlich, daß es der archäologischen Denkmal- schaftlichen Rang hat dieser Fundplatz an der oberen pflege nur in Ausnahmefällen möglich ist, die von ihr Donau
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