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Statistisches Monatsheft -Württemberg 10/2017 Land, Kommunen

Im Blickpunkt: Die Doppelstadt Villingen-Schwenningen

Reinhard Güll

Im Jahr 2017 feiert Villingen-Schwenningen 660 bis 975 Metern. Zwischen den beiden Teil- den 1200. Jahrestag der ersten urkundlichen städten verlaufen die Europäische Wasser- Erwähnung. 817 kam es zur ersten Erwähnung scheide und die Grenze zwischen den ehema- Villingens und Schwenningens in einer Ur- ligen Ländern Württemberg und Baden. kunde Kaiser Ludwigs des Frommen. Dieses Jubiläum ist ein Grund die Stadt Villingen- Da Villingen bis zur Kreis- und Gemeindere- Schwenningen auch einmal aus statistischer form 1972 dem badischen und Schwenningen Sicht zu betrachten. Aus dem Landesinfor­ dem württembergischen Landesteil angehörte, mationssystem Baden-Württemberg (LIS) las- wirkt dies bis heute nach. So gibt es vieles an- Reinhard Güll war Büroleiter sen sich für Villingen-Schwenningen wie für gesichts der zwei großen Stadtteile doppelt. der Abteilung „Informations- jede andere Kommune des Landes interes- Die Sportvereine der gemeinsamen Stadt ge- dienste, sozial- und regional- wissenschaftliche Analysen“ sante Erkenntnisse zur Struktur und Entwick- hören verschiedenen Landesverbänden an und im Statistischen Landesamt lung gewinnen. Besonders herausgehoben auch die Kirchengemeinden gehören zu unter- Baden-Würt­temberg. werden an dieser Stelle die Bevölkerungs­ schiedlichen Landeskirchen beziehungsweise entwicklung, die Wohn- und die Beschäf- Bistümern. Villingen hat auch eine andere Tele­ tigtensituation. fonvorwahl als Schwenningen.

Die Geschichte der Teilstädte Villingen und Schwenningen ist sehr unterschiedlich. Ge­ Villingen-Schwenningen liegt im Südwesten meinsam ist beiden aber 817 die erste Erwäh- Baden-Württembergs. Die badisch-württem­ nung in einer Urkunde Kaiser Ludwigs des bergische Doppelstadt entstand bei der Ge­ meindereform 1972. Sie ist die Kreisstadt und zugleich größte Stadt des Schwarzwald-- Kreises. Villingen-Schwenningen ist das Ober- S Lage der Doppelstadt Villingen-Schwenningen zentrum der Region Schwarzwald-Baar-Heu- berg, dem die Mittelzentren , z El Rottweil, und zuge- Schonach im Königsfeld ordnet sind. Für die meisten Gemeinden im Emmen- im Schwarzwald Nieder- St. Georgen Schwarzwald dingen eschach Schwarzwald-Baar-Kreis übernimmt Villingen- im Schwarzwald r Schönwald ka Mönch- ec im Schwarzwald N Schwenningen auch die Funktion des Mittel­ weiler bereichs. Im Zuge der Gemeindegebietsreform Unter- kirnach B Anfang der 1970er-Jahre wurden die bis dahin rigach Güten- Villingen-Schwenningen selbstständigen Gemeinden Herzogenweiler, bach Furtwangen im Schwarzwald

Marbach, Mühlhausen, Obereschach, Pfaffen- Schwarzwald-Baar-Kreis weiler, Rietheim, Tannheim, Weigheim und Vöhrenbach Tuttlingen Weilers­bach eingemeindet. Mit den Gemein- Bad Dürrheim den Brigachtal, Dauchingen, Mönchweiler, Donaueschingen Nieder­eschach, Tuningen und hat die Stadt Villingen-Schwenningen eine Breisgau-Hochschwarzwald Bräunlingen Verwaltungs­gemeinschaft vereinbart. Donau Hüfingen Die Entfernung zwischen den beiden Zentren von Villingen-Schwenningen beträgt etwa W utach 8 Kilometer. Villingen liegt zwischen dem Ost­ rand des Schwarzwaldes und der Hochmulde der Baar an der . Etwas weiter östlich, bereits auf der Baar, liegt Schwenningen. Die Fläche des Schwenninger Mooses ist zugleich S C H W E I Z auch das Quellgebiet des Neckars. Die gesamte Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 88-43-17-09M Landesinformationssystem © Kartengrundlage GfK GeoMarketing GmbH Stadtregion erstreckt sich über Höhenlagen von Karte erstellt mit RegioGraph 2017

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Ausgewählte Daten zur Stadt Villingen-Schwenningen, zum Landkreis T Schwarzwald-Baar-Kreis und zu Baden-Württemberg

Stadt Landkreis Villingen- Merkmal / Indikator Einheit Schwarzwald- Land Schwen- Baar-Kreis ningen

Fläche

Fläche insgesamt am 31. Dezember 2015 ha 16 548 102 526 3 575 133 Siedlungs- und Verkehrsfläche am 31. Dezember 2015 % 19,9 11,6 14,4 Waldfläche am 31. Dezember 2015 % 46,5 45,8 38,3 Landwirtschaftsfläche am 31. Dezember 2015 % 32,5 41,4 45,4

Bevölkerung

Bevölkerung am 31. Dezember 2015 Anzahl 84 674 209 648 10 879 618 Ausländeranteil am 31. Dezember 2015 % 18,2 13,4 13,9 Durchschnittsalter Ende 2015 Jahre 43,7 44,3 43,2 Geburtenüberschuss/-defizit je 1 000 Einwohner 2005 – 2015 Anzahl – 1,9 – 2,0 – 0,6 Bevölkerungsdichte am 31. Dezember 2015 Einwohner/km² 512 204 305

Weiterführende Schulen

Übergänge auf Werkreal-/Hauptschulen 2015/16 % 7,7 10,0 7,2 Übergänge auf Realschulen 2015/16 % 34,8 37,6 33,8 Übergänge auf Gymnasien 2015/16 % 40,0 38,0 43,4 Übergänge auf Gemeinschaftsschulen 2015/16 % 15,3 12,5 13,3

Beschäftigte am Arbeitsort

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte1) je 1 000 Einwohner 2015 Anzahl 473 400 404 Beschäftigte im Produzierenden Gewerbe 20151) % 34,5 44,1 36,2 Beschäftigte im Handel, Verkehr und Gastgewerbe 20151) % 19,1 19,2 20,2 Beschäftigte im sonstigen Dienstleistungsbereich 20151) % 46,3 36,5 43,1

Verkehr

Pkw je 1 000 Einwohner 2015 Anzahl 562 587 576 Pkw-Anteil am Kfz-Bestand 2015 % 85,9 81,7 82,0

Tourismus

Ankünfte von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner 2015 Anzahl 931 2 160 1 902 Ankünfte von Auslandsgästen je 1 000 Einwohner 2015 Anzahl 255 580 454 Übernachtungen von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner 2015 Anzahl 1 785 7 645 4 737 Übernachtungen von Auslandsgästen je 1 000 Einwohner 2015 Anzahl 476 1 394 1 038

Wohnen

Anteil Einfamilienhäuser an Wohngebäuden 2015 % 54,0 56,3 61,1 Wohnfläche je Einwohner 2015 m² 44 47 46

Wasserwirtschaft

Trinkwasserverbrauch je Einwohner 2013 Liter/Tag 123 117 116 Tinkwasserpreis 2016 EUR/m³ 2,47 2,33 2,11

Gemeindefinanzen

Steuerkraftmesszahl je Einwohner 2015 EUR 904 898 983 Steuerkraftsumme je Einwohner 2015 EUR 1 277 1 200 1 322 Schuldenstand (Kernhaushalt, Eigenbetriebe) je Einwohner 2015 EUR 1 273 1 013 1 029

1) Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit.

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Frommen. 1119 gründeten die Zähringer Vil- verkehr über die Bundesautobahn A 81 Stutt- lingen neu, nach dem Aussterben ihres Ge- gart – und über die Bundesstraßen B 27 schlechts wurde Villingen 1218 Reichsstadt. ( – Schaffhausen), B 33 (Offenburg – 1283 erhielten die Fürstenberger Villingen von Konstanz) und B 523 (Villingen – Tuttlingen) zu Kaiser Rudolph von Habsburg als Reichslehen, erreichen. damit verlor die Stadt ihre Reichsfreiheit. 1326 wurde Villingen an Österreich verkauft und ge- Villingen-Schwenningen hat eine Gemarkungs- hörte bis 1805 zu Vorderösterreich. Im Jahre fläche von 16 548 Hektar (ha). Davon werden 1805 ging die Stadt an Württemberg und be- gut 32 % landwirtschaftlich genutzt. Damit reits 1 Jahr später 1806 an Baden. 1444 kam liegt diese Flächennutzungsart unter dem Lan- Schwenningen zum Herzogtum Württemberg desdurchschnitt von 45 % und ist typisch für und wurde dem Amt beziehungsweise Ober- größere Städte. Die Waldfläche beträgt knapp amt Tuttlingen zugeordnet. 1525 während der 47 % und liegt deutlich über dem Niveau des Bauernkriege griffen Villinger Schwenningen Landes (38 %). Knapp 20 % der Fläche sind an und brannten es fast vollständig nieder. besiedelt oder dienen als Verkehrsfläche, hier Schwenningen kam 1842 im Königreich Würt­ wird das Landesmittel auch deutlich über­ temberg vom Tuttlingen zum Oberamt schritten. Rottweil. Aus diesem ging 1924 der Landkreis Rottweil hervor. Im Jahre 1907 wurde Schwen- Am 31. Dezember 2015 lebten 84 674 Personen ningen, bisher größtes Dorf Württembergs, zur in Villingen-Schwenningen. Mit 512 Personen Stadt erhoben. je Quadratkilometer (km2) liegt die Besiede- lungsdichte zwischen den großstädtisch und In Villingen-Schwenningen gibt es zwei Bahn- den ländlich geprägten Teilen Baden-Württem- höfe und fünf Haltepunkte. Der Bahnhof Villin­ bergs und übersteigt den Landesdurchschnitt gen liegt an der Schwarzwaldbahn (Offenburg (305). Die Bevölkerungsentwicklung war in – Singen (Hohentwiel). Hier verkehren einzelne den Jahren zwischen 2005 und 2015 positiv. In Intercity-Züge, die in Villingen halten und die diesem Zeitraum hat die Bevölkerung um 3,9 % Stadt mit Zielen bis nach Norddeutschland zugenommen. Sie lag damit aber noch unter verbinden. Weiterhin verkehren hier Züge des der landesweiten Entwicklung. Das Durch- Regionalverkehrs. Villingen ist auch Endpunkt schnittsalter der Bürger von Villingen-Schwen- der Bahnstrecke Rottweil – Villingen, an der ningen betrug 43,7 Jahre und lag damit leicht auch der Bahnhof Schwenningen liegt. Der in- über dem Landesdurchschnitt von 43,2 Jahren. nerstädtische öffentliche Personennahverkehr Gut 18 % der Einwohner von Villingen-Schwen- wird durch Stadtbuslinien der Verkehrsge­ ningen hatten 2015 einen ausländischen Pass. meinschaft Villingen-Schwenningen bedient, Der Ausländeranteil in Villingen-Schwenningen diese sind in den Verkehrsverbund Schwarz­ lag damit deutlich über dem Landesdurchschnitt wald-Baar integriert. Die Stadt ist im Straßen- von knapp 14 %.

Die Villinger Innenstadt © Stadt Villingen-Schwenningen

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Panoramabild Schwenningens © Stadt Villingen-Schwenningen

Die Entwicklung des Wohnungsbestandes in 35 % aller Arbeitsplätze in Villingen-Schwen- Villingen-Schwenningen ist positiv. Im Zeit- ningen liegen heute noch in dem Wirtschafts- raum zwischen 2005 und 2015 stieg der Woh- bereich des Produzierenden Gewerbes und nungsbestand um fast 4 % und lag damit leicht nehmen damit keine dominierende Position über dem Landesniveau. Die Werte für bau- wie in vielen anderen Kommunen des Landes reifes Land lagen in dem Zeitraum zwischen ein. Der Schwerpunkt der Beschäftigung in Vil- 2013 und 2015 mit 91 Euro je Quadratmeter lingen-Schwenningen liegt im Bereich der (EUR/m2) um 95 EUR/m2 niedriger als die im sons­tigen Dienstleistungen mit etwas über Landesdurchschnitt ermittelten Werte. Das zeigt, 46 %. dass Villingen-Schwenningen auch einkom- mensschwächeren Familien die Möglichkeit Der Schuldenstand je Einwohner in Villingen- bietet, ein neues Eigenheim zu erstellen. Gut Schwenningen belief sich auf 1 273 Euro im 54 % der Wohngebäude sind Einfamilienhäu- Jahr 2015 und lag damit über dem Landes­ ser. Mit einer durchschnittlichen Wohnfläche durchschnitt von 1 029 Euro je Einwohner. So- von 44 m2 je Einwohner liegt der Wert in Vil- wohl die Steuerkraftmesszahl als auch die lingen-Schwenningen unter dem Landesdurch- Steuerkraft­summe je Einwohner lagen im Jahr schnitt. Architektonisch fallen im Stadtbild 2015 unter dem Landesniveau. von Villingen-Schwenningen zahlreiche histo- rische Gebäude auf: das frühgotische Münster Kulturell und auch für Naturfreunde hat Villingen- von Villingen, das spätgotische Villinger Rat- Schwenningen seinen Einwohnern und Be­ haus, die Villinger Stadtmauer mit drei erhal- suchern einiges zu bieten. Sehenswert ist das tenen Tortürmen, das Mosaik von August Bab- Naturschutzgebiet Schwenninger Moos mit berger mit dem Titel „Krieg und Frieden“ am dem Neckarursprung. Das Theater am Ring Schwenninger Rathaus sowie die ehemalige bietet Theatervorstellungen aller Gattungen. St. Vincenz-Kirche als älteste evangelische Es gibt ein Großes Haus mit Oper, Schauspiel Kirche Schwenningens. und Ballett sowie Kinder- und Jugendtheater- vorstellungen und einen kleinen Saal für Die Chance auf eine Beschäftigung in Villingen- Theatergespräche und Lesungen. Das Heimat- Schwenningen hat in den vergangenen 10 Jah- und Uhrenmuseum Schwenningen befasst ren stark zugenommen. So hatten 2015 rund sich mit der Kulturgeschichte Schwenningens. 38 990 sozialversicherungspflichtig Beschäf- Das Franziskanermuseum Villingen widmet tigte hier einen Arbeitsplatz. Dies sind gut 13 % sich der Stadt- und Regionalgeschichte von der mehr als 2005. Langfristig betrachtet lag die Frühzeit bis in die Moderne. Einen Besuch wert Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäf- sind auch das Internationales Flugzeugmuseum tigten 2015 um fast 4 550 höher als 1999. Knapp und das Uhrenindustriemuseum.

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