Das Funtensee-Uvala Im Steinernen Meer
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Das Funtensee-Uvala im Zum anderen sind große geschlossene Hohlformen in die Gebirgsoberfläche eingesenkt, die an Talzüge ei- Steinernen Meer nes Altreliefs gebunden sind: die Schönbichlalm ein- schließlich des Himmelreich und der Gu'n und die Klaus Fischer Großdoline der Bärenlochalm im westlichen Steinernen Meer, die Schönfeldgrube im zentralen, das Grünsee- gebiet im nördlichen, die Steinige Grube, die Salzstatt- grube und das Gebiet der Wildalm im östlichen Stei- Inhalt: nernen Meer. Die größte Hohlform mit über 2 km Längserstreckung und etwa 750 m Breite ist aber das 1. Lage und geomorphologische Charakteristik Gebiet des Funtensee, neuerdings auch manchmal als des Großraumes Funtenseepolje bezeichnet. Nach strenger wissen- 2. Genese und Alter des Funtensee-Uvala schaftlicher Definition trifft diese Bezeichnung hier aber 3. Zur Geschichte des Funtensees ebensowenig zu, wie für die anderen erwähnten ge- schlossenen Hohlformen des Steinernen Meeres. Ein 4. Ursache der Seebildung Polje ist eine meist mehrere Kilometer lange und brei- 5. Die Karsthydrographie te, allseits geschlossene Hohlform. Zu einem Polje ge- 6. Der Karstformenschatz hört neben der unterirdischen Entwässerung über ei- 7. Die rezente Morphodynamik nen oder mehrere Ponore (Schlucklöcher) als beson- 8. Literatur deres Charakteristikum der flache Boden. Im dinari- schen Karstgebiet wurden und werden die flachen Bö- 9. Bildnachweis den als Ackerland und Grünland genutzt. Und vom Wort Feld (kroatisch Polje) leitet sich der Name ab. In der Karstmorphologie wurde der Begriff auf allseits ge- schlossene große Hohlformen mit ebenem Boden er- weitert. Außerdem werden die stellenweise steile Um- 1. Lage und geomorphologische Charakteristik rahmung und der Hangknick zwischen Boden und um- des Großraumes rahmenden Hängen als wichtige Merkmale genannt, Das Funtenseegebiet liegt im nördlichen Steinernen 2 sowie fluvial umgelagerte Verwitterungsrückstände Meer. Dieser Gebirgsblock ist mit 160 km (einschließ- oder angespültes feines Lockermaterial, die den Boden lich Watzmanngruppe) die größte aller Gebirgsgruppen des Poljes abdichten. Schließlich ist die enge Bindung der Berchtesgadener Alpen und zählt zu den typischen dieser großen geschlossenen Hohlformen an die verkarsteten Plateaugebirgen der Nördlichen Kalkal- Karsthydrographie wesentlich, indem Schlucklöcher pen. Verkarstung bedeutet das weitgehende Fehlen auch zu Speiem, also zu Wechselschlünden oder oberirdisch fließenden Wassers, da Kalklösung im Lau- Estavellen werden können. Neben Ponoren sind dann fe von Jahrmillionen zur Öffnung unterirdischer Abfluß- im gleichen Niveau auch Speilöcher anzutreffen. wege und zur Bildung eines spezifischen Formen- schatzes geführt hat. Der in der Literatur eingeführte Be- griff Plateaugebirge ist dagegen irreführend, da keines- Die Karsthohlform des Funtenseegebietes ist aus zwei wegs eine ausdruckslose Hochfläche den Gebirgs- großen Dolinen gebildet worden, aus einer kleineren stock beherrscht. Vielmehr wird ein Relief vom Typus Doline, der Saalfelder Au, im NW und einer größeren eines Mittelgebirges überragt von einem »Kargebirge« im SE. Getrennt werden beide durch eine glazial über- bzw. von Bergen mit dem Charakter von »Torsäulen«. prägte Felsschwelle (»In der Geigen«), auf der das Zu den Aufragungen des »Kargebirges« zählen der Kärlingerhaus steht. Derartige aus Dolinen verschiede- Große Hundstod (2594 m), die Schindelköpfe (2346 ner Dimension zusammengefügte Karsthohlformen tra- und 2356 m), die Schönfeldspitze (2653 m), das Selb- gen den Namen Karstmulde oder Uvala. J. Cvijic horn (2654 m) und der Funtenseetauern (2578 m). (1901, S. 77) definierte sie als größere, breitsohlige Berge mit der Gestalt von Torsäulen sind der Viehko- Karstsenken von unruhiger Bodengestaltung, die keine gel (2158 m) das Schottmalhorn (2232 m), der Wild- Ebene an ihrer Sohle besitzen. H. Lehmann (1970, S. almrotenkopf (2515 m), der Leiterkopf (2369 m) oder 783) erläuterte ein Uvala als »schüsseiförmige abfluß- das Mitterhörnl (2536 m). In allen genannten Fällen hat lose Wanne im Karst«. Sie können aber auch langge- die mehrfache Vergletscherung im Pleistozän zur streckt sein und »bestehen fast immer aus mehreren, Schaffung dieser Bergformen entscheidend beigetra- mehr oder weniger flachen Teilhohlformen, die gegen- gen, indem vom Eis von mehreren Seiten Kare in die einander mit Felsschwellen abgegrenzt sind« (K. Ha- Vollformen eingearbeitet wurden oder aber die beweg- serodt 1965, S. 81). Nach diesen Definitionen ist es ten Eismassen an den Bergflanken einen kräftigen sachlich richtig, vom Funtensee-Uvala und nicht vom Schliff ausübten, Schliffkehlen aushobelten und so die Funtensee-Polje zu sprechen. steilwandigen hörnerartigen Bergformen entstehen lie- Die tiefste Stelle der nordwestlichen Doline, ein ebener ßen. Der Typusbegriff »Torsäule« für eine Bergform ist Boden von mehr als einem halben Hektar, liegt in 1628 abgeleitet von dem gleichnamigen Berg (2586 m) in m und wird von einem Niedermoor eingenommen. Im der östlichen Hochköniggruppe zwischen dem Eiskarl südöstlichen Abschnitt füllt der Funtensee den tiefsten und dem Oberen Ochsenkar. Sie verdanken ihre zuge- Teil der Doline. Sein mittlerer Wasserspiegel liegt bei schärfte schmale Gestalt dem besonders kräftigen Eis- 2 1601 m NN. Er ist 34.400 m groß und maximal 5,5 m schliff an gegenüberliegenden Flanken und wohl auch, tief. Gespeist wird er von den Bächen des Stein-, wie E. Seefeldner (1961) betont, der Felsbruchtätigkeit Stuhl- und des Rennergrabens aus SE. Die Entwässe- entlang von Klüften, die der Bewegungsrichtung des rung erfolgt unterirdisch über den Ponor der Teufels- Eises parallel laufen. mühle im NE des Sees. 23 2. Genese und Alter des Funtensee-Uvala wässerung und die Gleichsinnigkeit des Gefälles gin- gen mit zunehmender Verkarstung verloren. Das Funtensee-Uvala entstand in einem tektonisch Zweifellos haben sich die verwitternden Gesteine der vorgezeichneten Gebiet. Im Bauplan des Steinernen Deckenscholle auch lösungsfördernd beim Abtrag des Meeres läßt sich hier eine flache asymmetrische West- Dachsteinkalkes und der Bildung der großen Karstmul- Ost-streichende Schichtmulde erkennen. Während die de ausgewirkt. Die Anwesenheit von Fremdionen in Bänke des Dachsteinkalkes an den Imbenwänden und 2+ den Lösungen, insbesondere von Mg aus der Verwit- südlich des Stuhlgrabens in nördlicher Richtung einfal- terung der Reichenhaller Schichten und des Ramsau- len, tauchen sie im Gebiet des Glunkerer (1932 m) und dolomites der Berchtesgadener Einheit und weiterer des Feldkogel (1886 m) nach Süden ab. In dieser Syn- Fremdionen aus den Werfener und Reichenhaller klinale sind im Zusammenhang mit der prägosauischen Schichten hat zweifellos die Lösungsfreudigkeit des Überschiebung der Tirolischen Einheit, der das Stei- CaCO des Dachsteinkalkes beträchtlich erhöht. Dies nerne Meer angehört, durch die Berchtesgadener- 3 dürfte auch rezent der Fall sein, ist aber wegen fehlen- oder Juvavische Einheit Gesteinsfolgen als Decken- der karsthydrographischer Untersuchungen noch nicht scholle verblieben. Daraus wird verständlich, warum im nachgewiesen worden. Allein mit Korrosion läßt sich Funtenseegebiet, besonders gegen die Feldalm und die Entwicklung einer derartig großen Karsthohlform den Stuhlgrabenkogel im E bzw. SE ältere Gesteine wie des Funtensee-Uvala nicht erklären, denn dazu der Berchtesgadener Einheit über dem jüngeren Dach- wären viele Millionen Jahre nötig. Selbst die Annahme steinkalk der Tirolischen Einheit liegen. So treten auf eines wärmeren und feuchteren Klimas mit höheren der Südseite des Rennergrabens Werfener Schichten Lösungsraten als heute, vermag den dazu nötigen aus dem Skyth und zwischen Renner- und Stuhlgra- Zeitraum nur unwesentlich zu verkürzen. ben gut gebankte kieselige dunkelbraune Dolomite mit feinen gelben, sandigen bis mergeligen Zwischenla- Entscheidend für die Ausbildung der großen Wanne gen, die Reichenhaller Schichten (Anis) auf. Schließ- war zweifellos die mehrfache Vergletscherung im Plei- lich folgt noch mit ca. 150 m Mächtigkeit ein heller fast stozän. Drei wichtige Abflüsse des großen Eisfeldes im weißer Dolomit (Ladin?), der normalerweise den Sok- Westteil des Steinernen Meeres trafen sich im Funten- kel der Dachsteinkalkmassen bildet, hier aber als al- seegebiet. Vom SW kam ein wesentlicher Teil des Ei- lochthones Material über dem grob gebankten bis ses vom westlichen Gebirgsabschnitt. Zwischen Vieh- massigen Dachsteinkalk des Tirolikums (Nor bis Rhät) kogel und Schottmalhorn bewegte sich das Eis des lagert. zentralen Steinernen Meeres nach Norden und zwi- schen Schottmalhorn und Stuhlwand erreichte der drit- Mit der Hebung des Gebirges im Alttertiär wurde die te Eisstrom von SE unser Gebiet. Nach den Schliffspu- Synklinale und die darin eingelagerte allochthone ren an den Bergflanken, insbesondere von Viehkogel Scholle von Störungen betroffen. Nahe dem Mulden- und Schottmalhorn zu schließen, hatten diese Eisströ- tiefsten entstand ein Grabenbruch in etwa West-Ost- me eine Mächtigkeit bis zu 350 m. Sie füllten das Ge- Richtung, der auf der Nordseite (Höhenzug Glunkerer- biet .des Funtensee so vollständig aus, daß sich sogar Feldkogel) von Staffelbrüchen begleitet ist. Die relati- ein Teil des Eises über den Höhenzug Glunkerer-Feld- ven Versatzbeträge an den fast ausnahmslos sehr steil kogel nach N bewegte und dort ausgedehnte Morä- stehenden, nahezu saigeren Störungen sind meist nur nendecken hinterließ. Vereint übten die Eisströme im schwer zu bestimmen. Im Süden des Funtenseegra- Funtenseegebiet