Naturschutzgebiet Siechenstuden : Artenvielfalt 10 Jahre Nach Seiner Gestaltung
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Naturschutzgebiet Siechenstuden : Artenvielfalt 10 Jahre nach seiner Gestaltung Autor(en): Geiger, Christian / Lippuner, Mario / Meier, Christoph Objekttyp: Article Zeitschrift: Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubünden Band (Jahr): 110 (2000-2001) PDF erstellt am: 11.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-594874 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. 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Graubünden 110 (2001), Seiten 51-89 51 Naturschutzgebiet Siechenstuden: Artenvielfalt 10 Jahre nach seiner Gestaltung von Christian Geiger, Mario Lippuner, Christoph Meier, Hans Schmocker, Peter Weidmann Adressen: Christian Geiger Geschäftsführer Pro Natura Graubünden Berggasse 7 7000 Chur Mario Lippuner Ober Ruvria 10 7430 Thusis Christoph Meier Unterdorf 39 7208 Malans Hans Schmocker Tellostr. 21 7000 Chur Peter Weidmann Falknisstr. 15 7000 Chur Zusammenfassung Summary 10 Jahre nach seiner Gestaltung weist das The nature conservation area Siechenstu- Naturschutzgebiet Siechenstuden im Churer den: biodiversity 10 years after its formation Rheintal eine vielfältige Flora und Fauna auf. 10 years after its formation, the nature conser- Der vorliegende Artikel beleuchtet die Entste- vation area Siechenstuden in the valley of the hung und Bedeutung des Gebiets im regionalen Rhine near Chur shows a multifarious flora and und lokalen Umfeld, gewichtet seine ökologi- fauna. The presented article illuminates the de- sehe Funktion, beschreibt seine Entwicklung in velopment and significance of this area in regio- den letzten 10 Jahren und die notwendigen Pfle- nal and local surroundings, assesses its ecologi- gemassnahmen. Eine kommentierte Standort- cal function, describes the progress over the bestimmung erfolgt für Vegetation und Flora, past 10 years and the necessary preservation für Tagfalter, Libellen, Reptilien, Amphibien measures. Comments are made on the situation und Vögel. Für jede Tiergruppe werden die Me- for vegetation and flora, for butterflies, dragon- thode der Beobachtung, die Bedeutung des Ge- flies, reptiles, amphibians and birds. For each bietes und mögliche Schutzmassnahmen disku- group, observation methods, the importance of tiert. the area and possible conservation techniques are discussed. Schlagworte: Schutzgebiet, Pflege, Gefäss- pflanzen, Tagfalter, Amphibien, Reptilien, Vö- gel, Rheintal 52 Entstehung und Bedeutung des Naturschutzgebietes von Christian Geiger 1. Lage, Beschreibung und Klima nes künstlich angelegten Kiesfanges. Hang- aufwärts ziehen sich Laubmischwälder entlang Das Gebiet Siechenstuden auf Territorium der des Rüfelaufs. Einzelne Obstgärten gehen über Stadtgemeinde Maienfeld in der Bündner Herr- in ausgedehnte Rebbaugebiete der Gemeinden schaft, Kanton Graubünden, liegt auf rund 520 Jenins und Malans. Etwa die Hälfte des Schutz- m ü. M. im Auslauf des gegen Südwesten ge- gebiets ist mit Laubwald bedeckt, je ein Viertel neigten Schuttfächers der Seift- und Üllrüfe nehmen Gewässer und Kies- oder Sandflächen zwischen den Weinbaugebieten Malans und ein. Oberhalb des Schutzgebiets wird heute Jenins, gut ein Kilometer vom Rhein entfernt. Kies ausgebeutet. Unterhalb des Schuttfächers (Koordinaten LK 1:25000 Blatt 1156 Schesa- grenzt das weite, flache Weide- und Ackerbau- plana 760 700 / 206 450). Die Grösse des ge- gebiet des Rossriets und der Neugüter zwischen schützten Gebiets umfasst etwas mehr als 7 ha. Hangfuss und Rhein an. Diese Gebiete werden Es wird auf drei Seiten von Wegen oder Stras- durch eingestreute Hecken, Gehölze und Wind- sen begrenzt. Das Kerngebiet liegt innerhalb ei- Schutzstreifen aufgelockert. Ü11- und Selfirüfe Abb. 1 : Planskizze Siechenstuden. (Zeichnung Ch. Meier) 53 trocknen im untersten Lauf nach kürzerer Zeit ohne Niederschlag regelmässig aus, nach Stark- niederschlügen und während der Schnee- schmelze fuhren die stark anschwellenden Was- sermassen aber grosse Mengen an kalkhaltigem Schlick, Sand und Geröll aus den höhergelege- nen Flyschgebieten am Vilan in das Gebiet. Der kleine Jeninser Dorfbach hingegen führt regel- mässig Wasser. Die Siechenstuden entwässern sich in den Malanser Mühlbach Richtung Mai- enfeld. Das Weinbauklima der Bündner Herr- schaft wird durch ziemlich warme Sommer, Föhn, wenig Nebel und 1040 mm Niederschlag pro Jahr (Landquart) geprägt. Abb. 2: Die Siechenstuden während den Gestaltungs- arbeiten im Jahre 1988. (Foto Ch. Meier) 2. Name, Entstehung und Entwicklung des Gebietes die durch die Dynamik der Rüfe bis zum Jahre Der Name des Gebiets «Siechenstuden» steht in 1987 weitgehendst mit Schutt überführt wur- Zusammenhang mit dem benachbarten Grund- den. Das reiche Leben an wasserlebenden Tie- stück «Siechenguot», wo bis zum Erlöschen der ren und Pflanzen geriet in arge Bedrängnis, da Lepra vor 1700 die Aussätzigen in einem Sie- schliesslich nur noch eine Wasserfläche von chenhaus abgesondert wurden (Kuoni 1921). wenigen Quadratmetern vorhanden war. Das Üllrüfe und Selfirüfe suchten sich in früheren Gebiet wurde immer wieder durch Kiesausbeu- Jahrhunderten ihre eigenen Wege und bildeten tung, Kiesaufbereitung, Kieslagerung, Holzla- zwei ausgedehnte Schuttfächer gegen den breit gerung und Motorfahrzeugverkehr zum ober- mäandrierenden Rhein in der Talebene. Zum halb liegenden Kieswerk verändert oder gestört. Schutz des Dorfes Malans wurde die Üllrüfe im In dieser Situation gelangte Christoph Meier an Laufe der Zeit in die Selfirüfe oberhalb der Sie- den damaligen Bündner Naturschutzbund (heu- chenstuden umgeleitet. Der Rhein wurde im te Pro Natura Graubünden). Er hatte durch seine Laufe der Jahrhunderte mit sogenannten ornithologischen Beobachtungen den Wert des Schupfwuhren und schliesslich durch die grosse Gebietes längst kennengelernt. Gemeinsam Rheinkorrektion von Richard La Nicca in das wurde eine grobe Bestandsaufnahme des noch heutige Bett gelenkt. Die grossen Auen und Vorhandenen gemacht und Pläne für eine künf- Riedgebiete zwischen Sargans und Landquart tige Gestaltung des Gebiets entwickelt. Die Be- wurden urbarisiert. völkerung und der Stadtrat von Maienfeld konnten für das Vorhaben durch Informationen Um das in aufwendiger Arbeit gewonnene Wei- und Vorträge gewonnen werden und stimmten de- und Ackerbaugebiet des Rossriets vor Über- einer Personaldienstbarkeit zum Schutz des Ge- führung mit Sand und Schlick durch die Rüfe zu biets auf die Dauer von dreissig Jahren zu. Am schützen, wurde vor dem Zweiten Weltkrieg ein 24. Mai 1988 konnte der Vertrag unterzeichnet Massnahmen grosser Kiesfang gebaut, der das Kerngebiet der werden. Die wichtigsten waren: Siechenstuden umfasste. Während des Baus der Schaffung offener Flächen und verschiedener Autostrasse A13 wurde der Kiesfang grossflä- Weiher, Sperrung der Zugänge ins Gebiet für chig ausgebaggert. Anschliessend entstanden Motorfahrzeuge, klare Wegführung für die Be- kleinere und grössere Wasserflächen und Wald, sucher, Zuweisung eines Platzes für die Holzla- 54 gerung, keine Kiesausbeutung im Gebiet oder Heute finden sich nur noch Reste naturnaher nur mit besonderer Rücksicht auf die Belange Auengebiete entlang des Rheins vor allem zwi- des Naturschutzes, keine Abfalldeponie und sehen Rhäzüns und Reichenau (Rhäzünser Kadaverbeseitigung, keine militärischen Übun- Rheinauen) sowie zwischen Trimmis und Land- gen, Parkierungsverbot, Beibehaltung der Dy- quart (speziell Untervazer und Mastrilser namik im Gebiet durch Pflegemassnahmen und Rheinauen). Diese national bedeutsamen Auen- Maschineneinsätze. Besonders hilfreich war die gebiete bilden das ökologische Rückgrat für alle Bildung einer Kommission, die das Projekt und Arten der Region in Tallage, die auf dynami- die jährlich anfallenden Massnahmen und Pfle- sehe Auenlebensräume mit Pionierstandorten gearbeiten koordiniert. Darin vertreten sind der angewiesen sind. Als Folge des Auenrückgan- Förster und der Werkführer von Maienfeld so- ges und der Entwässerung der Riedgebiete feh- wie der Schutzgebietsbetreuer und der Ge- len grössere stehende Gewässer und Moore im schäftsführer von Pro Natura Graubünden. In Bündner Rheintal. Der einstmals grosse Reich- jährlich einer Begehung werden die anfallenden tum an Wasservögeln, Amphibien, Libellen und Arbeiten besprochen und koordiniert, wobei die weiterer an stehende Gewässer gebundene Ar- Dynamik der Rüfe und des raschwüchsigen ten nahm deshalb stark ab. Viele Arten starben Waldes immer