München Stuttgart Forchheim Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Köln Leipzig Lübeck Ried(A)

Waging am See CIMA Beratung + Management GmbH Brienner Straße 45 80333 München T 089-55 118 154 F 089-55 118 250 [email protected] www.cima.de

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Citymanagement Untersuchungsbericht Immobilien

Organisationsberatung Bearbeiter: Dipl.-Geogr. Achim Gebhardt (Projektleitung) B.Sc. Geogr. Christoph Rohrmeier Kultur Tourismus München, März 2017 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde

 CIMA Beratung + Management GmbH

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Inhaltsverzeichnis

1 Auftrag und Aufgabenstellung ...... 6 6.1 Selbstverständnis und Leitlinien...... 48 6.2 Planungsrechtliche Rahmenbedingungen zur Steuerung 2 Trends im Einzelhandel...... 8 der Einzelhandelsentwicklung ...... 50 2.1 Rahmenbedingungen ...... 8 6.3 Sortimentsliste („Waginger Sortimentsliste“) ...... 51 2.2 Trends im Einzelhandel ...... 11 6.3.1 Grundlegende Notwendigkeit ortsspezifischer 2.3 Entwicklung der Betriebsformen ...... 16 Sortimentslisten ...... 51 2.4 Exkurs: Aktuelle Entwicklungen im 6.3.2 Grenzen einer Sortimentsliste ...... 52 Lebensmitteleinzelhandel ...... 19 6.3.3 Kriterien zur Zentrenrelevanz einzelner Sortimente ...... 53 6.3.4 Diskussion und Vorschlag einer Waginger 3 Methodik ...... 22 Sortimentsliste ...... 56 4 Strukturdaten ...... 24 6.4 Zentrenkonzept ...... 61 4.1 Planerische Rahmendaten ...... 24 6.4.1 Vorbemerkung: Zum Begriff der zentralen 4.2 Sozioökonomische Rahmendaten ...... 26 Versorgungsbereiche...... 61 6.4.2 Zentrenstruktur in Waging am See...... 63 5 Marktanalyse ...... 32 6.4.2.1 Zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“ 63 5.1 Kaufkraft ...... 32 6.4.2.2 Solitäre Nahversorgungsstandorte 69 5.2 Regionale Konkurrenzsituation im Bereich 6.5 Standortprüfung ...... 71 Nahversorgung ...... 34 6.6 Ansiedlungsstrategie ...... 75 5.3 Einzugsgebiet ...... 35 6.6.1 Ansiedlungsstrategien für den zentralen 5.4 Leistungsdaten und Struktur des Waginger Versorgungsbereich „Ortsmitte“ ...... 76 Einzelhandels ...... 36 6.6.2 Ansiedlungsstrategie für integrierte Lagen ...... 77 5.4.1 Nachfragesituation ...... 36 6.6.3 Ansiedlungsstrategie für nicht-integrierte Lagen ...... 77 5.4.2 Angebotssituation ...... 37 5.4.3 Einzelhandelszentralität ...... 40 7 Anhang ...... 78 5.5 Kaufkraftstromanalyse ...... 42 7.1 Bestimmung des Einzugsgebietes und des Umsatzpotenzials ...... 78 5.6 Offene Umsatzpotenziale und Flächenbedarfe ...... 44 7.2 Erhebung des bestehenden Einzelhandelsangebotes und 6 Einzelhandelskonzept ...... 48 Analyse der örtlichen Situation ...... 80

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7.3 Abgrenzung von Betriebstypen ...... 82 7.5 Planungsrechtliche Grundlagen der 7.4 Begriffsdefinitionen ...... 84 Einzelhandelsentwicklung ...... 87 7.4 Begriffsdefinitionen ...... 84 7.5.1 Baugesetzbuch (BauGB) ...... 87 7.5.2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ...... 89 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Untersuchungsablauf ...... 7 Abb. 22 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte nach Abb. 2 Negative Bevölkerungsentwicklung in Deutschland ...... 8 Wirtschaftsbereichen ...... 29 Abb. 3 Umsätze des Einzelhandels und des Online-Handels ...... 9 Abb. 23 Pendlersalden im regionalen Vergleich ...... 30 Abb. 4 Kundenbindung nach Branchen Stationär/Online...... 9 Abb. 24 Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern 2015 ...... 32 Abb. 5 Umsatz nach Warengruppen im Online-Handel in Mio. € ...... 10 Abb. 25 Einzelhandelsstruktur nach Lagen ...... 39 Abb. 6 Warenpräsentation Modehaus „Erlebe Wigner“ ...... 12 Abb. 26 Einzelhandelszentralität ...... 40 Abb. 7 Einrichtung „Das Kochhaus“...... 13 Abb. 27 Markt- und Umsatzpotenzial der Gemeinde Waging am See, über alle Branchen (Angaben in Mio. €) ...... 42 Abb. 8 Convenience-Abteilung Penny to go ...... 13 Abb. 28 Eindrücke zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“ ...... 65 Abb. 9 Engelbert Strauss Store in Bergkirchen ...... 14 Abb. 29 Eindrücke „Solitäre Nahversorger“ Edeka und Lidl ...... 69 Abb. 10 Online Auftritt und Broschüre Nürnberger Meister Händler ...... 14 Abb. 30 Prüfstandort 1: „Ottinger Straße“ ...... 74 Abb. 11 Flag-Ship-Store Ritter Sport Berlin ...... 15 Abb. 31 Prüfstandort 2: „Strandbadallee“ ...... 74 Abb. 12 Modernes Bäckerei-Konzept: Baker D.Chirico, Melbourne ...... 15 Abb. 32 Zentrenhierarchie Waging (schematisch) ...... 75 Abb. 13 Marktanteile nach Vertriebsformen 2002-2013 (nominal in %) .... 16

Abb. 14 Nachfrage-/Zielgruppenorientierung von Betriebstypen ...... 18 Abb. 15 Zeitgemäßer Ladenbau in modernen Lebensmittemärkten ...... 20 Abb. 16 Zentralörtliche Funktion von Waging am See (LEP 2013) ...... 25 Abb. 17 Ausschnitt aus Regionalplan München – Zentrale Orte und Nahbereiche ...... 25 Abb. 18 Bevölkerungsentwicklung in Waging (2006-2015) ...... 26 Abb. 19 Bevölkerungsentwicklung im Vergleich (2006-2015) ...... 26 Abb. 20 Natürliche und räumliche Wanderungsbewegungen in Waging (2006-2015) ...... 27 Abb. 21 Altersstruktur im Vergleich (Stichtag jeweils 31.12.) ...... 28

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Tabellenverzeichnis Kartenverzeichnis

Tab. 1 Profile der standardisierten Lebensmittel-Betriebstypen ...... 21 Karte 1 Bevölkerungsentwicklung bis 2029 - Prognose ...... 27 Tab. 2 Fremdenverkehr im Vergleich ...... 30 Karte 5 Darstellung der Systemanbieter im direkten Umfeld von Tab. 3 Marktpotenzial (über alle Branchen) in der Marktgemeinde Waging am See (schematisch) ...... 34 Waging am See ...... 37 Karte 2 Einzugsgebiet von Waging am See ...... 35 Tab. 4 Einzelhandelsangebot in der Gemeinde Waging am See ...... 38 Karte 3 Zentraler Versorgungsbereich Ortsmitte Waging am See...... 66 Tab. 5 Offene Umsatzpotenziale und Handlungsempfehlungen nach Karte 4 Standorte aktueller Nahversorger ...... 70 Branchenbereichen ...... 45 Karte 6 Übersicht über die Prüfstandorte/ Potenzialflächen...... 71 Tab. 6 Einzelhandelsangebot in der Gemeinde Waging am See ...... 46 Tab. 7 „Waginger Sortimentsliste“ ...... 60 Tab. 8 Kennzahlen zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“...... 64

Tab. 9 Bewertung wesentlicher Standortkriterien ...... 72 Tab. 10 Verbrauchsausgaben in Deutschland 2014 ...... 79

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1 Auftrag und Aufgabenstellung

Ausgangslage: Auftrag: Die Marktgemeinde Waging am See hat sich das Ziel einer ganz- Erstellung eines Einzelhandelskonzepts für die Gemeinde Waging heitlichen, nachhaltigen und zielgerichteten Gemeindeentwicklung mit folgenden wesentlichen Inhalten: gesetzt. Waging soll sowohl als Wohn- und Arbeitsstandort sowie . Projektbegleitung auch als attraktive Tourismusdestination weiterentwickelt werden. . Analyse der Grundlagendaten sowie Bestandsanalyse Eine Voraussetzung hierfür ist die nachhaltige Sicherung der Ver- Einzelhandel und Versorgung sorgung im Ortskern. Die Strukturveränderungen im Einzelhandel in den letzten Jahren sind auch für die Marktgemeinde Waging am . Berechnung von Markt- und Umsatzpotenzialen, See von Bedeutung. Vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick auf Aufdecken offener Umsatzpotenziale und Flächenbedarfe eine ganzheitliche Ortsentwicklung, hat sich die Marktgemeinde . Erarbeiten von Leitlinien für die künftige Entwicklung entschlossen ein integriertes Einzelhandelskonzept zu erstellen, um . Ableitung einer ortsspezifischen Sortimentsliste auch zukünftig eine geordnete städtebauliche Entwicklung sowie . Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich, Darstellung sonstiger wirtschaftliche Prosperität sicherstellen zu können. Einzelhandelslagen Das integrierte Einzelhandelsentwicklungskonzept schließt dabei di- . Nahversorgungskonzept rekt an die vorangegangenen Sanierungsarbeiten im Ortskern an. . Empirie-Baustein: Point-of-Sale-Befragung Zentrale Punkte hierbei sind u.a. die Entwicklung einer Argumentati- ons- und Handlungsgrundlage zur gesamtgemeindlichen Steuerung von Ansiedlungsvorhaben im Einzelhandel sowie die Schaffung von Investitionssicherheit für Eigentümer und Gewerbetreibende in Wa- ging am See. Ferner war es im Rahmen des Einzelhandelskonzepts auch Ziel, die Nahversorgungssituation vor Ort wie auch die Ent- wicklungsmöglichkeiten für den nahversorgungsrelevanten Einzel- handel in Waging neu bewerten zu lassen, um langfristig eine si- chergestellte Nahversorgung gewährleisten zu können.

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Auftraggeber: Untersuchungsablauf: Verwaltungsgemeinschaft Waging am See Abb. 1 Untersuchungsablauf Herrn Bürgermeister Herbert Häusl Salzburger Straße 1 Projektbegleitung 83329 Waging am See Auswertung von Grundlagendaten

Analysephase Bestandsanalyse Einzelhandel, zentrenrelevante Dienstleistungsbetriebe und sonstige Bearbeitung: standortprägende Versorgungsbetriebe (inkl. City- Qualitäts-Check) Dipl.-Geogr. Achim Gebhardt (Projektleitung) Kundenbefragung, Gästebefragung B. Sc. Geogr. Christoph Rohrmeier

Markt- und Umsatzpotenziale Abstimmungsgespräch Untersuchungszeitraum: Mit Fraktionsvorsitzenden, Integriertes Einzelhandelsentwicklungskonzept Verwaltung, Waging März 2016 bis März 2017 und Maßnahmenempfehlungen: bewegt, - Standort- und Zentrenkonzept Konzeptphase - Branchen-und Nahversorgungskonzept - Ortsspezifische Sortimentsliste - Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche - Beschlussvorlage und Maßnahmenempfehlungen - Einzelbetrachtung ausgewählter Präsentation von Entwicklungsflächen/ Schlüsselimmobilien Teilergebnissen im Gemeinderat

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2 Trends im Einzelhandel

2.1 Rahmenbedingungen

Die Situation des Einzelhandels ist seit Jahren als schwierig zu be- Abb. 2 Negative Bevölkerungsentwicklung in Deutschland zeichnen. Die privaten Verbrauchsausgaben nehmen zwar momen- tan durch die gute Arbeitsmarktlage und den steigenden Gehältern leicht zu, die Einkommensschere schließt sich aufgrund der Zunah- me der Einkommen in den höheren Segmenten aber nicht. Trotz der wieder zunehmenden Qualitätsorientierung ist der Kaufpreis auf Verbraucherseite immer noch ein wichtiger Aspekt bei der Kaufent- scheidung. Der Verdrängungswettbewerb wird auch weiterhin das Wettbewerbsumfeld des Handels prägen. Hierbei wird der Preis auch weiterhin ein Instrument zur Erhöhung von Marktanteilen und Marktdurchdring bleiben. Unter Berücksichtigung ökonomischer, demographischer und politi- scher Rahmenbedingungen ergeben sich sowohl für die verschiede- nen Betriebstypen, als auch für die einzelnen Branchen unter- schiedliche Perspektiven. Die Bevölkerung wird in Deutschland trotz Zuwanderung langfristig zurückgehen. Daneben verändert sich die Bevölkerungsstruktur vor allem im Bereich der älteren Bevölkerungsgruppen. Das sich erwei- Quelle: IFH Köln 2014, ternde Marktsegment der „jungen Alten” wird dabei zu einer neuen Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2015 wichtigen Zielgruppe für den Handel. Durch politische Rahmenset- zungen wie z.B. Flexibilisierung der Arbeitszeiten in weiten Bevölke- Eine der wichtigsten Entwicklung der vergangenen Jahre ist die Zu- rungskreisen und Veränderungen der städtebaulichen Leitbilder nahme des Online-Handels und der damit verbundene Strukturwan- werden sich ebenfalls Einflüsse ergeben. del innerhalb der Handelslandschaft. Durch diese Entwicklungen steht der mittelständische Handel nicht nur regionalen Wettbewer-

bern sondern nationaler oder sogar internationaler Konkurrenz ge- genüber. Laut einer Studie des IFH Köln kaufen durchschnittlich rund 20 % der Befragten online. Somit verzeichnet der

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E-Commerce seit Jahren ein stetiges Umsatzwachstum. Je nach handel bevorzugt. Im Bereich Oberbekleidung wird der Onlineein- Untersuchungsdesign variieren hierbei die Angaben und Prognosen kauf in allen drei Stadtgrößen bevorzugt. zum Umsatz des Online-Handels: Laut IFH Köln lag der Umsatz des Online-Handels im Jahr 2014 bei 42,8 Mrd. Euro. Für das Jahr Abb. 4 Kundenbindung nach Branchen Stationär/Online 2020 wird ein Umsatz von 111,7 Mrd. Euro prognostiziert.

Abb. 3 Umsätze des Einzelhandels und des Online-Handels

Quelle: IFH Köln: 2014 Quelle: IFH Köln; KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Branchenreport Online Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2015 Handel 2015

In den letzten 5 Jahren konnte der Einzelhandel (gesamt) ein Um- Auch Sportartikel werden außerhalb von Großstädten vornehmlich satzwachstum von 32,1 Mrd. €, d.h. eine Steigerung von 7,5°% ver- online erworben. Ein weiteres Branchensegment, in dem der Anteil zeichnen. Der einzelhandelsrelevante Online-Handel konnte seine an Onlineeinkäufen überwiegt, ist Multimedia, Elektronik und Foto- Umsätze um 79,8°%, der Einzelhandel ohne Online-Handel lediglich grafie. um 3,2°% steigern. Dabei fallen die Verhältnisse zwischen den ein- Bücher, Zeitschriften und Schreibwaren sowie Haushaltswaren und zelnen Branchen höchst unterschiedlich aus. Eine Befragung der Deko werden nur in Kleinstädten überwiegend online eingekauft. In Kundenbindung in verschiedenen Branchen des IFH Köln kam zu mittelgroßen Städten und Großstädten ist der Einkauf am Wohnort folgendem Ergebnis: Im Segment Lebensmittel ist in allen drei noch die bevorzugte Wahl. Zusammenfassend ist laut Studie der Stadtgrößen der Anteil an Kunden die im stationären Handel ein- Onlineeinkauf in Kleinstädten mittlerweile über die meisten Bran- kaufen überdeutlich vertreten. Auch bei Drogeriewaren und sonsti- chen die bevorzugte Einkaufsart. Auch in mittelgroßen Städten gen Gesundheitsartikeln wird nach wie vor der stationäre Einzel- überwiegt bei den meisten Branchen der Einkauf im Internet.

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Die folgende Grafik zeigt darüber hinaus die Umsätze der einzel- satzzuwachs im Segment Bekleidung, da diese Branchen besonders nen Branchensegmente innerhalb des Online-Handels in den Jah- für die Innenstädte eine wichtige Leitfunktion ausüben. ren 2013 und 2014.

Abb. 5 Umsatz nach Warengruppen im Online-Handel in Mio. €

Quelle: Branchenverband des Online-Handels (Bevh), 2015

Dass auch der Online-Handel innerhalb der einzelnen Branchen ei- ner gewissen Volatilität unterliegt und die Umsätze nicht nur stei- gen, verdeutlichen einige der Diskrepanzen zwischen den Jahren

2013 und 2014. Allgemein lassen sich große Unterschiede zwischen den einzelnen Warengruppen feststellen. In den Branchen Bücher, Bild- und Tonträger sind deutliche Umsatzrückgänge zu verzeich- nen, während vor allem bei Möbel und Dekoration sowie Compu- tern und Zubehör die Umsätze stark gestiegen sind. Besonders re- levant für den stationären Einzelhandel ist auch der deutliche Um-

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2.2 Trends im Einzelhandel Händler zu bedienen, sondern alle Kanäle zu nutzen und (gleich- zeitig) zu bedienen. Der Kunde kann beim sogenannten Multi- Channeling beim Kauf zwischen mehreren Vertriebskanälen wählen, Sowohl Kunden als auch Einzelhändler reagieren unterschiedlich z.B. zwischen Online-Shop, Katalog oder stationärem Handel. Beim auf die gesellschaftlichen Trends. Die Konsummuster verschwimmen Cross-Channeling kann der Kunde während des Einkaufes zwischen zunehmend und der Konsument als solches wird für den Einzel- den Kanälen wechseln, z.B. das Produkt online bestellen und stati- handel zunehmend „unberechenbarer“. Kennzeichen hierfür sind ein onär im Geschäft abholen. multioptionales Verhalten des Verbrauchers beim Einkauf sowie die hohe Wechselbereitschaft zwischen Produkten, Anbietern und Ein- Andererseits eröffnen die Entwicklungen im E-Commerce auch klei- kaufsstätten. nen Händlern eine Chance: So wird eine Kaufentscheidung oftmals online vorbereitet jedoch im stationären Handel tatsächlich getätigt. Einerseits spielen v.a. beim Versorgungseinkauf, also der periodi- Hierbei spricht man vom sogenannten ROPO-Effekt (= Research on- schen Bedarfsdeckung, Aspekte wie Nähe und Erreichbarkeit, Zeit line, purchase offline (Suche Online – Kaufe Offline) – eine Chance und Preisorientierung eine wichtige Rolle. Andererseits wird im zu- für den stationären, mittelständischen Handel vor Ort. Essentiell für nehmenden Maße wieder auf Qualität und Regionalität beim Le- den stationären Händler ist dabei eine Online-Präsenz mit Informa- bensmitteleinkauf geachtet. So sind mittlerweile auch in dezentralen tionen zum Ladengeschäft, um digital vom Kunden aufgefunden zu Fachmarkt-Agglomerationen Bio-Supermärkte und Filialen lokaler werden. Eine Webseite mit Informationen zum Geschäft, Öffnungs- Metzgereien anzufinden. zeiten und eine Darstellung der Produkte stellt dabei eine absolute Die Ansprüche der Konsumenten steigen nicht nur in Punkto Quali- Notwendigkeit dar. Darüber hinaus bieten Unternehmen Dienste für tät. Über den reinen Versorgungsaspekt hinausgehend soll das Ein- Händler, um sich digital zu positionieren und insbesondere bei re- kaufen als Erlebnis und aktive Freizeitgestaltung fungieren (Erleb- gionalen Suchanfragen gefunden zu werden. Dies kann über Anbie- niseinkauf). Es besteht der Wunsch nach emotionaler Stimulierung, ter von lokalen und nationalen Online Marktplätzen (bspw. Unterhaltung und Service. Atalanda, yatego) als auch über Plattformen globaler Internetdienst- Der Haupteinflussfaktor auf das Verbraucherverhalten ist aber die leister (Google Ad Words, Google My Business etc.) erfolgen. Ferner zunehmende Digitalisierung. Für den stationären Handel kann E- bieten Social Media-Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube Commerce sowohl Risiko als auch Chance darstellen. Einerseits die Möglichkeit, Produkte, Aktionen etc. zu bewerben. verschärft sich durch die wachsende Anzahl an digitalen Angeboten Im Anbetracht dieser Entwicklungen ist es wichtig, dass der statio- und die damit einhergehenden Vorteile für den Kunden die Wett- näre Handel seinen Mehrwert darstellt und kommuniziert. Dies ist bewerbssituation für den stationären Einzelhandel. Kunden möchten nur im direkten Kontakt möglich und damit ein wesentlicher Vorteil sich vor dem Kauf jederzeit, überall und über alle Kanäle informie- des stationären Handels. Dies betrifft beispielsweise den direkten ren. Dies geschieht zum einen im Geschäft durch die Beratung vor Kontakt mit dem Produkt und dem Berater vor Ort. Schlagworte Ort, mit Laptop, PC, Tablet und Smartphone online auf Webseiten, wie Authentizität, Erlebnis, Emotion, Individualität/Personalisierung, Vergleichsportalen und in sozialen Netzwerken genauso wie analog Service und Convenience werden somit nicht nur für den Verbrau- über Printmedien. Dabei reicht es nicht mehr, nur einen Kanal als Seite 11 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

cher beim Einkauf immer wichtiger, auch für den Handel steigt de- Abb. 6 Warenpräsentation Modehaus „Erlebe Wigner“ ren Bedeutung im Wettbewerb mit dem Online-Handel. Als Folge daraus resultieren verschiedene Trends, Entwicklungen und Strategien des Handels, um den hybriden Kunden anzuspre- chen.

Cross-Selling Dem Kunden werden Zusatzangebote bereitet, die die Kundenbin- dung erhöhen. Dies kann durch die Ergänzung des eigenen Sorti- ments (Schuhe und Schuhputzcreme), durch ergänzende Serviceleis- tungen im Geschäft (Café, Postfiliale etc.) oder durch das Angebot von Produkten/Leistungen anderer Unternehmen erfolgen. Ein wei- teres Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung von Cross-Selling in- nerhalb des stationären Einzelhandels ist der Vertrieb von Service- Leistungen oder Weiterbildungsangeboten innerhalb bekannter Elektro-Fachmärkte und Filialisten. Dies kann u.a. das Anbieten von Garantieverlängerungen, den Aufbau und die Installation des Gerä- tes sowie das Veranstalten von Kursen zur Bedienung der erwor- benen Geräte einschließlich der installierten Software umfassen. Die Schaffung von Zusatzleistungen ergänzend zu den angebotenen Produkten ist eine Möglichkeit für den stationären Einzelhandel, sich gegenüber dem Online-Handel zu profilieren.

Quelle: Erlebe Wigner (www.erlebe-wigner.de)

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Profilierung Abb. 7 Einrichtung „Das Kochhaus“ Durch gezielte Profilierung werden die Markenkerne des Unterneh- mens oder auch Einzelhandelslagen und Quartiere herausgearbei- tet, um somit eine Abgrenzung und Positionierung im Vergleich zu Wettbewerbern zu verbessern. Dies kann zum Beispiel durch die spezielle Betriebs-Historie oder durch Spezialisierungen z.B. über Sortiment, Personal, Service erfolgen. Es gilt ein Bild in den Köpfen der Konsumenten zu hinterlassen.

Convenience Die Faktoren Zeit und Bequemlichkeit spielen eine wichtige Rolle im Konsumverhalten der heutigen Zeit. Covenience ist somit als An- spruch der Kunden sowohl an den Einkauf als auch an das Pro- Quelle: Kochhaus.de dukt zu verstehen. Letzteres zeigt sich zum Beispiel durch das in- Abb. 8 Convenience-Abteilung Penny to go dividuelle und passgenaue Angebot in Frischtheken zum schnellen Verzehr direkt zum Mitnehmen. Ebenso findet sich das Prinzip der Convenience in der Ladengestaltung, z.B. in Form von Kinderspiel- ecken, Sitzmöglichkeiten etc. Ein Beispiel für reinen Convenience Fokus bietet die Kette „Das Kochhaus“. Hier werden portionierte Lebensmittel mit Rezeptvorschlag angeboten.

Quelle: eigene Aufnahmen CIMA Beratung + Management 2015

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Inszenierung schränkt, auch der Online Auftritt bzw. Broschüren stellen wichtige Aufgrund des zunehmenden Angebots an Produkten und Vertriebs- Plattformen für eine gelungene Inszenierung dar. kanälen sind eine gezielte Inszenierung der Waren und Räume, so- Abb. 10 Online Auftritt und Broschüre Nürnberger Meister Händler wie die Vermittlung von Erlebniswerten und zusätzlichen Anreizen für den Kunden von großer Bedeutung. Eine professionelle und in- dividuelle Ladengestaltung spielt zunehmend eine wichtige Rolle, da das Produkt allein nicht mehr ausreicht, um Kunden in den Ver- kaufsraum zu lenken. Auch das Wecken von Sympathie durch nette Aktionen und Aufmerksamkeiten („die extra Meile gehen“) gegen- über dem Kunden, kann oftmals einen entscheidenden Faktor zur Generierung eines emotionalen Mehrwertes darstellen. .

Abb. 9 Engelbert Strauss Store in Bergkirchen

Gestaltung/Quelle: gruenklee - kommunikation.design

Flagship-Stores In den „Vorzeigeläden“ der jeweiligen Handels- oder Dienstleis- tungsunternehmen geht es weniger um den Umsatz, als um die Präsenz in den A-Lagen der Weltmetropolen. Ziel ist es durch Ex-

klusivität die Bekanntmachung der Marke bspw. bei Touristen vo- Quelle: Eigene Aufnahmen CIMA Beratung + Management GmbH 2015 ranzutreiben, weshalb in „Flaggschiffläden“ weder interaktive noch individuelle Elemente fehlen dürfen. Häufig werden die neuesten Produkte und Entwicklungen zunächst nur in Flagship-Stores prä- Die Möglichkeiten zu einer ansprechenden Inszenierung sind dabei sentiert. nicht nur auf den Verkaufsraum und die Warenpräsentation be-

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Abb. 11 Flag-Ship-Store Ritter Sport Berlin Abb. 12 Modernes Bäckerei-Konzept: Baker D.Chirico, Melbourne

Quel- le: Sascha Olschewski, solec-electro.de 2010 Quelle: Peter Benetta, www.broadsheet.com.au, 2015

Authentizität Mono-Label Store Neben den Trends zu großen Ketten und Internethandel gibt es Als Mono-Label Stores werden Geschäfte bezeichnet, die auf ihrer auch eine Rückbesinnung zu Regionalität und Einzigartigkeit im Off- Verkaufsfläche ausschließlich Produkte einer Marke verkaufen. War line-Handel. Denn durch die große Konkurrenz sind kleine Einzel- dieser Trend schon seit längerem in der Modebranche etabliert, so handelsbetriebe zur Handlung gezwungen. Die Identifikation mit sind nun Firmen verschiedener anderer Branchen mit aufgesprun- dem Produkt, das Vorweisen einer handwerklichen Tradition sowie gen. Der zentrale Vorteil dieser Läden liegt in der Nähe zwischen glaubwürdiges Auftreten kann hier von Vorteil sein. Kunden legen Verkäufer/Unternehmen und Endverbraucher. Aufgrund dieser en- weniger Wert auf den „großen Auftritt“ als auf Transparenz, Echt- gen Bindung kann schneller auf Vorlieben, Trends und Gewohnhei- heit und eine kompetente Beratung. Warenpräsentation und Laden- ten der Kunden reagiert werden. An den guten bis sehr guten design können dabei auch puristischer anmuten. Standorten der Großstädte nimmt das Platzangebot rapide ab. Mo- no-Label Stores können eine Antwort des Einzelhandels auf dieses Problem darstellen. Statt der großen Markenvielfalt in Multi-Label Stores wird hier eher eine kleinere Auswahl an Waren in enger Zu- sammenarbeit mit den Herstellern angeboten.

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2.3 Entwicklung der Betriebsformen . Die Präsentation von Marken und Labels wird immer wichtiger. Monolabel-Stores sind bis in die Ebene der Mittelzentren auf dem Vormarsch. In größeren Städten repräsentieren sog. Bei den Betriebsformen führt dies zu einer Fortsetzung des Wan- Flagship-Stores an wenigen Standorten das Prestige der Marke. dels und einer weiteren Polarisierung und Positionierung. Folgende wesentliche Muster sind dabei marktbestimmend: . Traditionelle Fachgeschäfte mit unklarem Profil und Multimarken- Image oder klassische Kaufhäuser verlieren weitere Marktanteile. . Konkurrenz- und Kostendruck im Einzelhandel steigen. Die Hersteller verlieren ihre Vertriebspartner und entwickeln eigene Flächenproduktivität sinkt. Handels- und Vertriebsnetze. Damit schließt sich der Kreis. . Weitere Spreizung zwischen discount- und premiumorientierten . Nicht kooperierender Fachhandel wird künftig ohne Angebotsformen. Die Profilierung der Anbieter wird weiter Marktbedeutung sein. Der moderne Facheinzelhändler ist geschärft. gleichzeitig Franchise-Nehmer der verschiedensten Anbieter in . Die Konzentration auf Anbieterseite schreitet weiter voran. Der seiner Stadt oder Region. Einkaufskooperationen sind das Marktanteil von Unternehmen mit mehr als 2,5 Mrd. € Mindestmaß an Verbund. Jahresumsatz steigt mittelfristig auf 85 %. . Probleme bei der Revitalisierung der Kauf- und Warenhäuser Abb. 13 Marktanteile nach Vertriebsformen 2002-2013 (nominal in %) (siehe Debatte um nicht klar positionierte Kaufhäuser). . Viele Filialisten sind nach dem Top-down-Prinzip in ihrer Expansionsstrategie mittlerweile bei den Klein- und Mittelstädten angekommen. Immobilien-Experten sind sich einig, dass eine Mischung aus bekannten Marken und Labels (Filialisten) mit individuellen, lokalen Fachgeschäften der Schlüssel für einen attraktiven Innenstadt-Einzelhandel ist. . Untersuchungen zeigen, dass die Modebranche der Top-Indikator für eine attraktive Kundenbewertung der Innenstadt ist. Je vollständiger das Markenportfolio, desto mehr unterschiedliche Zielgruppen können angesprochen werden. . Trading-up: Neue Qualitätsorientierung im Lebensmittel- Einzelhandel bringt angepasste, neue Konzepte (spezialisierte Konzepte für verdichtete Großstadtlagen, Fachmarktzentrum oder ländliche Strukturen), Aufwertung im Ladenbau (größerer Platzbedarf!) und Serviceebene (Convenience, Ausbau des Quelle: IFH Retail Consultants, 2014; Ready-to-eat-Angebots), neue Angebotsphilosophien (gesunde, Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH regionale Lebensmittel). Größe alleine ist nicht mehr Seite 16 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

entscheidend. SB-Warenhäuser wachsen künftig nur noch sein und die Kunden auch emotional ansprechen (z.B. Themen- langsam. Dafür folgen die Anbieter der zunehmenden Center von Sonae Sierra). Überalterung mit einer Dezentralisierungsstrategie. . Factory-Outlet-Center (Fabrikverkaufs-Zentren) werden trotz . Auch die Discounter sichern sich über neue Sortimentsstrategien anhaltender Beliebtheit, aufgrund der strengen (ALDI: Frischfleisch, zunehmende Etablierung von Genehmigungspraxis für Vorhaben außerhalb gewachsener Markensortimenten, LIDL: zunehmende Frischekompetenz und Zentren kein dichtes Netz von Standorten bilden können, qualitative Aufwertung der Sortimente und des Ladendesigns, aufgrund dessen werden andere Konzepte wie bspw. Inner-City- Convenience-Produkte, etc.) Marktanteile. Outlet Bad Münstereifel umgesetzt . Neue Konzepte im Segment Non-Food-Fachmärkte werden auch . Versandhändler in neuer Form mit einer Multi-Channel-Strategie zukünftig für eine anhaltende Flächennachfrage sorgen. Alte (Versandkatalog und Onlinehandel und stationärer Handel) Konzepte müssen in naher Zukunft revitalisiert werden oder werden sich weiter etablieren. scheiden wieder aus dem Markt aus. . Online Lebensmittel Handel befindet sich momentan in der . Mit der aufgezeigten Flächenentwicklung geht eine Pionierphase und wird über die nächsten Jahre weitere Betriebstypenentwicklung einher, die durch einen andauernden Marktanteile gewinnen. Die Konzepte reichen dabei von Online Rückgang der Fachhandelsquote und eine Zunahme der Shops der etablierten Lebensmittelhändler (z.B. Edeka 24, Rewe Fachmärkte gekennzeichnet ist. Die Fachmärkte stoßen dabei in Online) bis zu neuen, reinen Online-Anbietern wie immer neue Bereiche vor und setzen so als „Category Killer“ allyouneedfresh.de, hellofresh.de oder Amazon Fresh (aktuell spezialisierte Fachhandelssparten unter Druck (z.B. MediaSaturn noch in der Planungs/Testphase). im Bereich Elektro, Fressnapf im Bereich Zoobedarf). . Weitere ausländische Anbieter werden versuchen den deutschen Markt zu erschließen (Deutschland ist als Europas größter Einzelhandelsmarkt für internationale Händler attraktiv), z.B. Primark als sehr erfolgreiches Textil-Discount Konzept . Trend zur Vertikalisierung: Anbieter beherrschen die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Einzelhandel (z. B. Eigenmarken-Anbieter wie H&M). Handelsmarken nehmen zu (store branding). . Shopping mit Ambiente: Trend zum Erlebnishandel bleibt ungebrochen. Shopping-Center-Standards haben am Markt keine Chance mehr. Moderne Einkaufswelten, ob gewachsen oder geplant müssen trotz aller Markengleichheit unverwechselbar

Seite 17 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Abb. 14 Nachfrage-/Zielgruppenorientierung von Betriebstypen

Quelle und Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2014

Faktisch bedeuten diese Entwicklungstrends einen anhaltend hohen

Verdrängungsdruck auf innerörtliche Einkaufslagen sowie integrierte

Nahversorgungsstandorte in den Gemeindeteilen

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2.4 Exkurs: Aktuelle Entwicklungen im reduziert, so dass die Kunden bequem darüber hinwegblicken können und ein beschwerliches Greifen nach Waren über der Lebensmitteleinzelhandel eigenen Kopfhöhe entfällt. In Konsequenz muss die früher vertikal angeordnete Ware nun horizontal auf eine größere Der vor allem für die Nahversorgung so interessante Betriebstyp Fläche verteilt werden. des Supermarktes erlebte in den letzten Jahren eine Renaissance, . Gesetzliche Vorgaben machen einen zusätzlichen Platzbedarf sieht sich aber nach wie vor einigen Problemen gegenüber gestellt. erforderlich. So zum Beispiel die Anforderungen der Eines der wesentlichen Probleme für die Supermärkte im Wettbe- Verpackungsverordnung, nach der Kunden Verpackungsmaterial werb mit den Discountern liegt immer noch in ihrem größeren Flä- sofort im Laden entsorgen können oder die Bereitstellung von chenbedarf. Ein Vollsortiment beginnt bei 8.500 bis 12.000 Artikeln Rücknahmeautomaten für Mehr – und Einwegflaschen im Laden. und benötigt mindestens 1.200 bis 1.700°m² Verkaufsfläche. Bei . Serviceelemente wie z.B. Automaten zur Rücknahme von Neugründungen sind selbst Flächen bis 3.500°m² keine Seltenheit Pfandflaschen und Getränkekästen oder Selbstbackautomaten für mehr (sog. „Große Supermärkte“). Sind diese Flächen nicht verfüg- frische Backwaren benötigen daher zusätzlich Fläche. bar, müssen die Händler Kompromisse eingehen und verspielen auf . Durch Änderungen in der Sortimentsstruktur wie z.B. Obst sowie den häufig zu kleinen Flächen ihren wichtigsten Trumpf gegenüber anderer „Ready-to-eat“ Convenience-Produkte, die erst im Markt den Discountern: (eine Ansprechende Warenpräsentation und die selbst aufgeschnitten und abgepackt werden, ergibt sich ein Auswahl an Markenartikeln) zusätzlicher Flächenbedarf für Kühltruhen, Kühlregale, Kühlzellen Generell ist die Ursache für den im Vergleich zur Vergangenheit etc. gestiegenen Flächenbedarf im Lebensmittel-Einzelhandel in der . Großzügigere Verkehrswege tragen zu einer effizienteren Notwendigkeit zu einer verbesserten Warenpräsentation, neuen Ser- Bestückung des Ladens und zur Vereinfachung von vice- und Angebotsbausteinen und in signifikanten Prozessverände- Betriebsabläufen bei. rungen zu sehen: Grundsätzlich gilt für zukünftige Vorhaben, dass Standortgemein- . Die Ansprüche der Verbraucher an die Warenpräsentation schaften branchengleicher wie branchenungleicher Betriebe Agglo- steigen. Bei gleicher Artikelzahl entscheidet die Präsentation der merationsvorteile bieten, die die Attraktivität und damit die Akzep- Ware über die Attraktivität eines Marktes. Je großzügiger die tanz eines Nahversorgungsstandortes nachhaltig steigern können. Ware präsentiert werden kann, desto seltener muss das Regal Sie kommen auch dem Wunsch der Verbraucher nach einem „one- aufgefüllt werden, wodurch das Personal entlastet wird und stop-shopping“ entgegen. Ein idealtypisches Nahversorgungskonzept mehr Zeit für den – bei Supermärkten besonders erwarteten – in diesem Sinne könnte demnach einen Vollsortimenter und Dis- Kundenservice – zur Verfügung hat. counter als Ankerbetriebe beinhalten, die entweder unmittelbar am . Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit der Märkte und als Standort oder im weiteren Umfeld durch verschiedene Spezialisten Reaktion auf Wünsche einer alternden Kundschaft wurde bei (Bio-Markt, Obst, Feinkost, internationale Spezialitäten) und Le- vielen aktuellen Supermärkten die Höhe der Regale deutlich bensmittel-Handwerker (Bäcker, Metzger) sowie einen Drogeriemarkt Seite 19 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

und weitere Branchen des kurzfristigen Bedarfsbereiches ergänzt jedoch aufgrund der beschränkten Auswahl das individuelle Zusatz- werden. angebot im Umfeld an Bedeutung (Bäcker, Metzger, Obst, Gemüse, etc.). Abb. 15 Zeitgemäßer Ladenbau in modernen Lebensmittemärkten

Penny

Kaufland

Quelle: CIMA Beratung + Management 2015

Bei aller Standardisierung kann jedoch je nach Standorttyp und Kundenstruktur der optimale, zielgruppenorientierte Angebotsmix sehr unterschiedlich sein: In Siedlungen mit hoher Sensibilität für Bio-Produkte haben sich etwa Bio-Supermärkte als „neue Form“ des Vollsortimenters bereits bewährt. Die sog. Soft-Discounter (z.B. Netto, Penny) haben dagegen in stark verdichteten Gebieten und

Bereichen mit niedrigerem Kaufkraftniveau erfolgreich die Funktion eines Nahversorgers übernommen. Bei diesen Betriebstypen gewinnt

Seite 20 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Für die standardisierten Betriebstypen des Lebensmittel-Einzelhandels gelten im Wesentlichen folgende Standortkriterien:

Tab. 1 Profile der standardisierten Lebensmittel-Betriebstypen

Merkmale Betriebstypen

Betriebstyp Supermarkt Soft-Discounter Hard-Discounter Verbrauchermarkt SB-Warenhaus (Vollsortiment) Beispiele Edeka, Rewe, (Tengelmann: Netto, Penny Aldi, Lidl, Norma E-Center, HIT, Kaufland, Globus, Kaufland, Real, Status 09/2015 noch un- Rewe Marktkauf gewiss) Verkaufsfläche bei Neu- 1.200 - 2.500 m² 700 – 1.000 m² 900 – 1.200 m² ab 1.500 m² ab 5.000 m² gründung ca. Nebenflächen zusätzlich 20 - 30 % 20 - 30 % 30 % 30 % 30 % ca. Einzugsgebiet ab 5.000 Einwohnern ab 5.000 Einwohnern ca. 20.000 Einwohnern ab 20.000 Einwohnern ab 50.000 Einwohnern Sortimentstiefe Food 8.000 – 12.000 1.200 – 3.500 700 – 1.500 8.000 – 15.000 8.000 – 20.000 Kompetenz . Typischer Nahversorger . preisaggressiv . Autokundenorientiert . Vollsortiment . Vollsortiment mit Vollsortiment . Eigenmarken mit aus- . Preisführer . ähnliche Konzepte wie . Autokundenorientiert . aktuell in Frische und gewählten Markenarti- . nur Handelsmarken große Supermärkte . Großzügige Warenprä- Qualität keln, tlw. Frische- (Aldi), zusätzlich bis zu . großzügige Warenprä- sentation . Markenartikel mit stei- Angebote 150 Markenartikel (Lidl, sentation . Non-Food-Flächenanteil gendem Anteil an . positioniert sich ver- Norma) . Non-Food-Flächenanteil 60 – 75 % Handelsmarken stärkt als Nahversorger . bis zu 20 % Aktions- 30 – 60 % fläche für Non-Food . je nach Standort mit . Tendenz bei Lidl zeigt noch hohem Nahver- in Richtung Marken- sorgungsanspruch Discounter (Soft- Discounter) m² Verkaufsfläche je 14 - 15 8 - 12 8 - 12 12 - 14 13 - 15 Stellplatz Quelle: fortlaufende eigene Erhebung Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2015

Seite 21 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

3 Methodik

Einzelhandelserhebung Die Bestandsaufnahme wurde von erfahrenen Handelsberatern Im Rahmen der Erstellung des Einzelhandelskonzeptes für die Ge- durchgeführt, die neben quantitativen auch zahlreiche qualitative meinde Waging am See fand eine umfassende Erhebung des ge- Merkmale erhoben haben. Dies ist für die Qualität der Untersu- samten Einzelhandelsbesatzes in Waging am See statt. Die Betriebe chung entscheidend, da im Marktgeschehen nicht nur Sortimente wurden nach Standort, Verkaufsfläche, Branche, Betriebstyp und und Verkaufsflächen miteinander konkurrieren, sondern auch Be- Zustand erfasst. Die cima verwendet für diese Bestandsaufnahme triebstypen und Konzepte. Nur mit einer sorgfältigen qualitativen einen eigenen Schlüssel, der 32 Branchen differenziert. Um eine Typisierung können etwa im Rahmen der Konzeption marktgerechte möglichst genaue Sortimentsverteilung zu ermitteln, erfolgte die Positionierungsempfehlungen für unterschiedliche Zentren/ Standor- Zuordnung nicht nach dem dominanten Sortiment, sondern wird te erfolgen. Aus Gründen des Datenschutzes erfolgt in diesem auch innerhalb der Betriebe bei ggf. vorhandenen Randsortimenten Untersuchungsbericht keine Veröffentlichung von Einzeldaten. differenziert. Die Aufnahme erfolgte zudem nach unterschiedlichen Als Verkaufsflächen werden alle Flächen aufgenommen, die den Betriebstypen. Für den Lebensmittelhandel werden dabei bspw. die Kunden zugänglich sind. Diese Definition ist zum einen die cima- Betriebstypen interne Vorgehensweise und zum anderen auf das Urteil des Bun- . Bäckerei, desverwaltungsgerichtes vom 24. November 2005 zurückzuführen, nach dem alle Flächen zu berücksichtigen sind, die dem Verkauf . Metzgerei, der Ware förderlich sind. Neben den Vorkassenzonen, Windfängen . Kiosk, Tankstellenshop, und Leergutrückgaben sind dies die Flächenanteile hinter den Be- . SB-Geschäfte (bis 400 m² Verkaufsfläche), dienungstheken in Lebensmittelvollsortimentern (vgl. Metzgereien . Getränkefachmärkte, und Bäckereien). Dagegen werden Lagerflächen oder Warenausla- . Supermärkte, gen im öffentlichen Raum, ebenso wie Verkehrsflächen in Passagen oder Einkaufszentren, nicht berücksichtigt. . Discounter, . Verbrauchermärkte (bis 5.000 m² Verkaufsfläche), . SB-Warenhäuser (ab 5.000 m² Verkaufsfläche), . Kauf- und Warenhäuser (z.B.: Karstadt, Galeria Kaufhof) unterschieden. Eine detaillierte Aufschlüsselung der Branchen befindet sich im An- hang Kapitel 7, S. 78)

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Einzelhandelsnahe Dienstleister Städtebauliche Rahmenbedingungen Neben der Ausstattung mit Einzelhandelsbetrieben ist für die Bil- Das vorliegende Konzept beinhaltet die Abgrenzung des zentralen dung eines Zentrums auch die Ausstattung mit Dienstleistungsein- Versorgungsbereiches in Waging am See sowie die Darstellung wei- richtungen wichtig, um die Attraktivität und zukünftige Entwicklung terer Einzelhandelslagen. Die Einzelhandelsstandorte werden jeweils beurteilen und gewährleisten zu können. Die Erhebung dieser Daten kurz charakterisiert und städtebauliche Besonderheiten herausge- erfolgt für die jeweils ausgewiesenen Zentren. Aus funktionalen stellt. Neben der räumlichen Ausdehnung und der Qualität des Gründen, und um den Aufwand überschaubar zu halten, wurden zentralen Versorgungsbereiches wird zudem die räumlich-funktionale nur Dienstleistungsbetriebe erhoben, die im Erdgeschoss angesie- Struktur beleuchtet und der Standort ins Gemeindegefüge einge- delt sind und eine gewisse Publikumsrelevanz (Besucherfrequenzen) ordnet. aufweisen. Darunter fallen: . Einzelhandelsnahe Dienstleistungen (z.B.: Friseure, Reisebüros, Empirische Bausteine (Befragungen) Wäschereien, Reinigung, Videotheken etc.), Im Rahmen der Erstellung des Einzelhandelskonzepts wurde außer- . Medizinische Dienstleistungen, dem eine Kundenherkunftsbefragung (sog. „Point-of-Sale-Befragung“) . Gastronomiebetriebe, durchgeführt, die wichtige Grundlageninformationen und damit we- . Banken und Sparkassen, sentliche Orientierungspunkte für die Erarbeitung des Einzelhan- delskonzeptes lieferte. . Post, Mit Hilfe der Befragung konnten wichtige Erkenntnisse über die . Hotels und Pensionen. Kundenherkunft Wagings, Informationen über das Nachfrageverhal- ten, Hinweise auf Entwicklungen der Einzelhandelssituation in den Die einzelhandelsnahen Dienstleistungen stiften einen zusätzlichen letzten Jahren sowie eine Bewertung der momentanen Einkaufssitu- Nutzen für das Einkaufserlebnis, da sie Funktionsvielfalt und -dichte ation in Waging gewonnen werden. in Zentren erhöhen. Einige Dienstleistungsbranchen profitieren von Die Ergebnisse der Befragung flossen in die konzeptionellen Über- den vorhandenen Passantenfrequenzen des Einzelhandels oder sind legungen zur zukünftigen Entwicklung des Einzelhandels in Waging gar von ihnen abhängig, andere generieren durch eigene Zielkund- am See mit ein und waren damit auch wichtig für die Ableitung schaft eine zusätzliche Belebung. von Handlungsempfehlungen. Dem gegenüber stehen die Dienstleister in den oberen Geschossen, wie Steuerberater, Rechtsanwälte oder Ärzte sowie die für Zentren untypischen Dienstleister bzw. sonstiges Gewerbe (z.B. Kfz-Betriebe, Autohäuser), die im Rahmen dieser Untersuchung nicht berücksich- tigt wurden, die jedoch fallweise (bspw. Ärzte, aufgrund der gene- rierten Frequenz) ebenfalls stark zentrumsprägend sind.

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4 Strukturdaten

4.1 Planerische Rahmendaten . Die bestehende Einteilung in (nahversorgungs-), innenstadt- bzw. nicht-innenstadtrelevante Sortimente wurde durch die Einführung von drei Bedarfsgruppen (Nahversorgungsbedarf, Das Landesentwicklungsprogramm (LEP) von 2006 wurde umfas- Innenstadtbedarf und Waren des sonstigen Bedarfs) ersetzt. send reformiert und ist in seiner überarbeiteten Fassung seit Sep- tember 2013 rechtskräftig. Als Instrument der Landesbehörde wer- . Nahversorgungsbetriebe sind bis zu einer Verkaufsfläche von den die daraus resultierenden neuen Vorgaben nun sukzessive auf 1.200 m² auch in Orten ohne Zentralität zulässig. der Ebene der regionalen Planungsverbände umgesetzt. Mit der Reform des LEP ergeben sich für den Einzelhandel und Zentralörtliche Einstufung der Marktgemeinde Waging am See und die Planung von Einzelhandelsprojekten neue Rahmenbedingungen, allgemeine Rahmeninformationen wovon die wesentlichen Änderungen hier kurz aufgeführt werden: Zentrale-Orte-Stufe: Grundzentrum . Die Zentrale-Orte-Hierarchie wurde gestrafft und in drei Stufen Einwohner: 6.9291 eingeteilt: Oberzentren, Mittelzentren und Grundzentren. Die Gebietskategorie: Allgemeiner ländlicher Raum Zwischenstufen „mögliches“ Mittel- bzw. Oberzentrum entfallen. Landkreis: Im Zuge der Anpassung des LEP 2016 wurde zudem eine vierte Zentrale-Orte-Stufe „Metropole“ eingeführt, der die Großstädte Region: Südostoberbayern (Region 18) Augsburg, München und Nürnberg zugerechnet werden. Die : Oberbayern neue Kategorie „Grundzentrum“ umfasst alle bisherigen Unterzentren, Kleinzentren und Siedlungsschwerpunkte. Mit der Die Marktgemeinde Waging am See befindet sich im Landkreis Einführung der Grundzentren hat sich die Anzahl der Zentralen Traunstein und ist Teil des Oberbayern. Die Orte, in denen großflächige Einzelhandelsprojekte grundsätzlich große Kreisstadt Traunstein befindet sich in rund 9 km Entfernung, zulässig sind, nahezu verdoppelt. nächstgelegene Großstadt ist Salzburg (Entfernung rd. 30 km). Die . Maßgeblich für die Bewertung und Zulässigkeit von Gemeinde besteht aus insgesamt 12 amtlich ausgewiesenen Orts- Einzelhandelsgroßprojekten sind neu festgelegte teilen2 und weist derzeit 6.929 Einwohner3 (Stichtag: 16.03.2016) „Einzelhandelsspezifische Verflechtungsbereiche“, die als auf. Grundlage für die Berechnung spezifischer Abschöpfungsquoten

heranzuziehen sind. Aufgrund der Abgrenzung anhand von 1 Marktgemeinde Waging am See, Stand März 2016 Isochronen kommt es dabei zu stärkeren Überlappungen der 2 Waging, Feichten, Fisching, Gaden, Holzhausen, Holzleiten, Kammering, Otting, Verflechtungsbereiche. Nirnharting, Tettenhausen, Thal, Unteraschau 3 Marktgemeinde Waging am See, Stand März 2016 Seite 24 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Vor der Überarbeitung des LEP, das im Jahr 2013 rechtskräftig berg (1.513 Einwohner) zu. Der Nahbereich (inkl. Waging) umfasst wurde, gehörte die Gemeinde Waging noch der Zentralen-Orte- somit insgesamt 12.784 Einwohner.5 Stufe „Unterzentrum“ mit der Gebietskategorie eines „allgemeinen ländlichen Raums“ an. Nach Überarbeitung des LEP wir die Ge- Abb. 17 Ausschnitt aus Regionalplan München – Zentrale Orte und meinde nun als Grundzentrum eingestuft. Nahbereiche

Abb. 16 Zentralörtliche Funktion von Waging am See (LEP 2013)

Quelle: Regionalplan Südostoberbayern, 2000 (Regionaler Planungsverband Südost- oberbayern)

Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, 2013 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016

Gemäß dem im LEP abgegrenzten Nahbereich kommt der Gemein- de Waging eine wichtige Versorgungsaufgabe4 für das eigene Ge- meindegebiet aber auch für die umliegenden Gemeinden Petting (2.321 Einwohner) Taching am See (2.021 Einwohner) und Wonne-

4 Bezieht sich auf Güter des täglichen und mittelfristigen Bedarfsbereiches 5 Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Stand Januar 2016 Seite 25 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

4.2 Sozioökonomische Rahmendaten kreis- (+2,2 %) und Bundeslandebene (+2,8 %), wie Abb. 19 zeigt.

Bevölkerung Abb. 19 Bevölkerungsentwicklung im Vergleich (2006-2015) Die Gemeinde Waging hat mit ihren 12 Ortsteilen zum Zeitpunkt des Stichtags. 6.929 Einwohner6 (Stichtag: 16.03.2016). Betrachtet man die Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 2006 bis 2015, so lässt sich im Betrachtungszeitraum ein relativ kontinuierliches Be- völkerungswachstum mit vereinzelten Ausreißern im Gemeindegebiet feststellen.

Abb. 18 Bevölkerungsentwicklung in Waging (2006-2015)

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2016 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016

Der regionale Vergleich der Bevölkerungsentwicklung zeigt, dass ei- ne Zunahme der Bevölkerung seit 2006 nicht nur für die Gemeinde Waging ablesbar ist (vgl. Abb. 19). Dieser Trend zeichnet sich in der gesamten Region ab, wenn auch in unterschiedlich starken

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2016 Ausprägungen: Die große Kreisstadt Traunstein erfuhr beispielsweise Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 zwischen 2006 und 2015 eine vergleichbare Zuwachsrate per Saldo von 5,6 %. Einzig Altenmarkt weist per Saldo mit – 1,8% eine ne- Die Gemeinde Waging, die sich im Landkreis Traunstein befindet, gative Bevölkerungsentwicklung auf. Durch diesen jüngsten Auf- erlebt in diesem Zeitraum eine Zuwachsrate der Bevölkerung von schwung der Bevölkerungszahlen geht in der Region um Waging 6,5 % und liegt damit über der Bevölkerungsentwicklung auf Land- gleichzeitig ein Anstieg der örtlichen Kaufkraft einher, womit positi- ve Effekte auf den in der Region ansässigen Einzelhandel in Ver- bindung stehen.

6 Waging am See, 2016 Seite 26 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Abb. 20 Natürliche und räumliche Wanderungsbewegungen in Waging Seit dem Jahr 2013 kann zudem ein starker Anstieg des Wande- (2006-2015) rungssaldos festgestellt werden, welcher maßgeblich für die positi- ven Bevölkerungsentwicklungen in den letzten Jahren verantwortlich ist. Waging weist in den letzten sieben Jahren ein konstantes Ge- samtwachstum der Bevölkerung ohne nennenswerte Einbrüche auf.

Karte 1 Bevölkerungsentwicklung bis 2029 - Prognose

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2015 Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2014 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2015 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2015

Über die Frage, wie der beschriebene Bevölkerungszuwachs in Wa- Nach der Bevölkerungsvorausberechnung des Bayerischen Lande- ging zustande kommt, gibt Abb. 20 Aufschluss. Hier ist die Entwick- samtes für Statistik und Datenverarbeitung wird die Bevölkerungs- lung des Waginger Geburtensaldos (= Zahl der Lebendgeborenen entwicklung in Bayern – bedingt durch den demographischen Wan- abzüglich der Zahl der Verstorbenen) sowie des Wanderungssaldos del – in den nächsten 20 Jahren je nach Landesteil sehr unter- (= Differenz zwischen Zu- und Abwanderung) im Zeitraum 2006 bis schiedliche Formen annehmen. Großräumig sind im erweiterten Bal- 2015 dargestellt, wie auch der Gesamtsaldo, der „die Bilanz“ aus lungsgebiet München (bis nach Ingolstadt und Regensburg) sowie in Geburten- und Wanderungssaldo zieht. der Metropolregion Nürnberg Bevölkerungszuwächse zu erwarten, Für den gesamten Beobachtungszeitraum kann in Waging ein nega- wohingegen in Nord- und Ostbayern mit einem Rückgang der Ein- tives Geburtensaldo festgestellt werden. Im Zusammenspiel mit ei- wohnerzahlen zu rechnen ist. nem deutlich positiven Wanderungssaldo können allerdings, außer Dem Landkreis Traunstein wird vom statistischen Landesamt in im Jahr 2008, Bevölkerungsgewinne in Waging verzeichnet werden. Bayern ein Bevölkerungswachstum von „-2,5% bis unter 2,5%“ im

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Zeitraum von 2009 bis 2029 eingeräumt (vgl. Karte 1). Damit ge- Insgesamt kann die Region als demographisch stabil angesehen hört der Landkreis Traunstein zu den stabilen Regionen Bayerns werden kann. Dies hat zur Folge, dass Waging sich nicht, wie an- und weist damit ähnliche Werte wie die umliegenden Landkreise dere Gemeinden, mit dramatischen Bevölkerungsverlusten und de- auf. ren Folgen beschäftigen muss. Jedoch kann auch in Waging eine Alterung der Bevölkerung verzeichnet werden. Die damit verbunde- nen Herausforderungen müssen unseres Erachtens verstärkt in den Altersstruktur Fokus der Ortsentwicklung gerückt werden. Ende 2015 waren rd. 16 % der Waginger jünger als 18 Jahre und rd. 21 % älter als 65 Jahre. Die Altersgruppe der über 65-Jährigen im Gemeindegebiet Waging liegt im Vergleich zum bayernweiten Mittel ziemlich genau im Durchschnitt. Abb. 20 können die sehr homogen verteilten Alterszusammensetzungen der untersuchten Verwaltungsebenen entnommen werden.

Abb. 21 Altersstruktur im Vergleich (Stichtag jeweils 31.12.)

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2016 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016

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Beschäftigung und Wirtschaft Waging ebenso das produzierende Gewerbe. Rd. 48 % der sozial- Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort versicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort arbeiten in die- lag in der Gemeinde Waging am 30.06.2014 bei 1.800. Zwischen sem Segment. Der Anteil der Beschäftigten im primären Sektor 2008 und 2014 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Be- (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) ist in Waging mit unter 0,5 % schäftigten um 20,4 % (entspricht 305 Personen). Diese positive sehr gering vertreten. Dynamik mit einhergehender Steigerung der Beschäftigtenzahlen ist u.a. auch für das Thema „Einzelhandel“ als positiv zu bewerten. So Pendlersaldo kann von einer stabilen Nachfrageplattform für die zukünftige Ein- Aus der Gegenüberstellung von insgesamt 1.027 Einpendlern nach zelhandelsentwicklung ausgegangen werden. Waging und 1.828 Auspendlern ergibt sich für die Gemeinde Wa- ging ein negativer Pendlersaldo von 801 Personen. Der Vergleich Abb. 22 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte nach Wirtschaftsbereichen des Pendlersaldos aus dem Jahr 2014 mit dem aus dem Jahr 2009 (-763) zeigt, dass sich der Negativ-Saldo im Zeitverlauf leicht verstärkt hat. Ähnlich sieht die Entwicklung in der Region aus. In Altenmarkt hat sich der negative Pendlersaldo von -536 auf -559 erhöht. Der negative Pendlersaldo von Taching am See stieg von - 519 auf -545 an. Eine ähnliche Entwicklung des Pendlersaldos ist auch im gesamten Landkreis Traunstein festzustellen. Auch hier hat sich der negative Pendlersaldo weiter erhöht (von -2.097 auf - 2.325). Im Gegensatz dazu bilden das Oberzentrum Traunstein (6.964) und das Mittelzentrum Freilassing (2.529) mit ihren positiven Pendlersalden begehrte Arbeitsstätten für die Bevölkerung der Re- gion. Diese Negativ-Ausprägungen der Pendlersaldi im regionalen Vergleich sind auf Grund der räumlichen Nähe v.a. zum Oberzent- rum München nicht verwunderlich. So übt dieses eine große Sogkraft auf das Umland aus. Für Waging verstärkt sich der Effekt Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2016 des Pendelns nach München insbesondere auch durch die gute Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Anbindung der Gemeinde nach München über die A 8.

Zum Stichtag am 30.06.2014 war mit 53 % der größte Teil der so- zialversicherungspflichtig Beschäftigten im tertiären Sektor beschäf- tigt (25 % im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe; 7 % im Be- reich Unternehmensdienstleistungen und 21 % im Bereich öffentli- cher und privater Dienstleistungen. Sehr stark ausgeprägt ist in Seite 29 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Abb. 23 Pendlersalden im regionalen Vergleich Die Kennziffer der Tourismusintensität (Gästeübernachtungen je 1.000 Einwohner) erlaubt einen Vergleich touristischer Destinatio- nen. Zur Vergleichbarkeit wurde auf Datenmaterial der amtlichen Landesstatistik sowie bereitgestellte Daten der Gemeinde Waging zurückgegriffen. Es ist zu beachten, dass bei der amtlichen Statistik lediglich Betriebe mit mindestens 10 Betten erhoben werden. Waging verfügt – gemessen an den regionalen Einheiten, „Ober- bayern“ und „Bayern“ sowie im Vergleich zu benachbarten Gemein- den – über eine sehr stark ausgeprägte Tourismusintensität. Zu- sätzlich konnte die bereits sehr hohe Tourismusintensität Wagings in den letzten Jahren merklich erhöht werden (2006: 35.439; 2015:

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2016 58.572). Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Werte jeweils Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016, Stichtag 30.6.2014 auf unterschiedlichen Berechnungsverfahren fußen. Somit ist zwar eine starke Tourismusintensitätssteigerung anzunehmen, diese kann aber nicht belastbar quantifiziert werden. Die herausragenden Zah- Fremdenverkehr len der Tourismusintensität ist vor allem auf den überregional be- kannten Campingplatz „Strandcamping Waging“ zurück zu führen, Tab. 2 Fremdenverkehr im Vergleich welcher eine große Anzahl an Touristen jedes Jahr an den wärms- ten See Bayerns lockt.

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2016, Markt Wa- ging am See, 2016 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016

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Fazit Rahmenbedingungen für die zukünftige Einzelhandelsentwicklung in Seit 2008 hat sich die Bevölkerung Wagings positiv entwickelt und Waging beitragen. auch künftig wird die Gemeinde Waging weiter wachsen. Die Da sich der demographische Wandel in der Gemeinde Waging Entwicklung der Beschäftigten in Waging und den umliegenden derzeit in gleichem Maße abzeichnet, wie auf übergeordneter Ge- Ortschaften ist als sehr positiv herauszustellen. Ein Anstieg von bietsebene (vgl. z.B. Landkreis Traunstein, Oberbayern oder Bayern, 20,4 % hinsichtlich der Anzahl der Beschäftigten während der Abb. 21, S. 28), werden die allgemeinen strukturellen letzten 6 Jahre lässt auf eine gewisse wirtschaftliche Dynamik in demographische Veränderungen auch in der Gemeinde Waging für Waging schließen. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig den Einzelhandel auf betrieblicher Ebene zunehmend eine Beschäftigten mit 1.800 ist für einen Ort mit insgesamt knapp wesentliche Rahmenbedingung und Herausforderung darstellen. 6.684 Einwohnern relativ hoch. Dieser Wert ist demnach als positiv Themen wie besondere Serviceorientierung, zu vermerken. Auffällig ist der negative Pendlersaldo, der sowohl in generationenfreundliches Einkaufen, Barrierefreiheit und der Gemeinde Waging, nahe gelegenen Umlandgemeinden als auch Erlebniseinkauf werden künftig eine immer größere Rolle spielen. auf Landkreisebene festzustellen ist. Auffällig ist in Waging die In der Gesamtschau der aufgezeigten soziodemographischen Rah- zentrale Bedeutung des Tourismus. Ausgedrückt wird dies durch mendaten (Konstant hohe, steigende Besucherzahlen; Erwartetes eine sehr hohe Tourismusintensität (vgl. Tab. 2). Von der hohen leichtes Bevölkerungswachstum) in Verbindung mit der günstigen Besucherzahl profitieren freilich auch die Waginger Einzelhandelsbe- Lage ist zukünftig von einer stabilen Nachfrageplattform für die triebe in hohem Maße. Eine Positiv-Entwicklung der Einzelhandelsentwicklung in der Gemeinde Waging auszugehen. Beschäftigtenzahlen vor Ort kann als zusätzlich verfügbares Kaufkraftpotenzial ebenfalls zur weiteren Optimierung der

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5 Marktanalyse

5.1 Kaufkraft Abb. 24 Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern 20157

Das Kaufkraftniveau einer Region hängt vom Einkommen der jewei- Bundesdurchschnitt = 100 ligen Bevölkerung ab. Dies wiederum ist Folge der Wirtschaftskraft Waging am See 100,8% der jeweiligen Region. Will man einen Vergleich der unterschiedli- Kirchanschöring 111,5% chen Kaufkraftniveaus auf Bundesebene herstellen, eignet sich hier- zu die Gegenüberstellung der spezifischen, sogenannten einzelhan- Traunstein 106,3% delsrelevanten Kaufkraftkennziffern. Die einzelhandelsrelevante Kauf- kraftkennziffer bezeichnet die Kaufkraft einer Gemeinde/ eines Or- Altenmarkt a.d. Alz 101,8% tes pro Einwohner im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Die Ge- Taching a. See 96,7% meinde- bzw. Stadtgröße spielt in diesem Zusammenhang keine

Rolle. Berechnet wird die einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffer Petting 95,1% aus der Einkommensteuer-Statistik der Städte und Gemeinden: Die Netto-Einkünfte auf städtischer Ebene bzw. auf Gemeindeebene Freilassing 94,9% werden jeweils aufsummiert und durch die Zahl der Einwohner ge- teilt. Daraus ergibt sich ein ortsspezifisches Pro-Kopf-Einkommen. Der Bundesdurchschnitt des Pro-Kopf-Einkommens wird gleich 100 Bayern 105,4% gesetzt. Wie Abb. 24 verdeutlicht, ist das Kaufkraftniveau im Umfeld der Oberbayern 113,5% Gemeinde Waging heterogen geprägt. Während die Gemeinden Traunstein Lkr. 100,5% Traunstein (106,3 %) und Kirchanschöring (111,5 %) deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen, ist die verfügbare Kaufkraft in den 0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0% 120,0%

Gemeinden Taching am See (96,7 %), Petting (95,1 %) und Freilas- Quelle: BBE!CIMA!MBResearch, 2015 sing (94,6 %) unterdurchschnittlich. Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Waging selbst liegt mit einer Kaufkraftkennziffer von 100,8 % etwa im Bundesdurchschnitt (100 %). Im regionalen Vergleich liegt Wa- ging damit im Mittelfeld des Betrachtungsraumes. 7 Lesehilfe: Der bundesdeutsche Durchschnitt von 100 im Vergleich zu Waging mit 100,8 sagt aus, dass wenn ein deutscher Durchschnittsbürger 100 € für Ausgaben im Einzelhandels zur Verfügung hat, ein Waginger Bürger 100,80 € im Einzelhandel ausgeben kann. Seite 32 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Für Waging mit seinen durchschnittlichen Kaufkraftverhältnissen ist nicht davon auszugehen, dass das gesamte Potenzial auch vor Ort gebunden werden kann. Dies ist v.a. durch vorhandene Angebotslü- cken in Waging begründet, dem hybriden Einkaufsverhalten der Be- völkerung oder auch den Pendlerverflechtungen mit den umliegen- den Handelsstandorten wie z.B. Traunstein, Freilassing oder Salz- burg, welche attraktivere und umfassendere Angebote vorhalten als Waging selbst. Vor diesem Hintergrund ist allerdings die zentralörtliche Funktion Wagings zu berücksichtigen. In Waging werden nicht alle Branchen, Angebotsniveaus und Betriebskonzepte abgedeckt werden können und aus landesplanerischer Sicht ist dies auch nicht vorgesehen. Eine bestmögliche Wahrnehmung der Nahversorgungsaufgabe durch gezielte Verbesserung des örtlichen Angebotes im nahversorgungs- relevanten Bereich würde jedoch zu einer erhöhten Kaufkraftbin- dung führen und den Standort Waging in sich stärken.

Fazit Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Waging (100,8 %) liegt im Bereich des Bundesdurchschnitts (100 %). Für die Gemeinden im Einzugsgebiet von Waging sowie für die übrigen abgebildeten Umlandgemeinden sind Werte einer sehr unterschiedlich hohen Kaufkraft abzulesen. Aufgrund des grundzentralen Versorgungsauftrages der Gemeinde Waging sollte der Anspruch der Gemeinde darin bestehen, Güter des täglichen und kurzfristigen Bedarfsbereiches in qualifiziertem und ausreichendem Maße vorzuhalten, um die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung sowie der Bevölkerung der Umlandgemeinden hinsichtlich des benötigten Grundbedarfs adäquat befriedigen zu können.

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5.2 Regionale Konkurrenzsituation im Be- ansässig. Von Waging am See aus befindet sich der nächstgelege- ne Drogeriemarkt in (dm). reich Nahversorgung Insgesamt nimmt die Waginger Bevölkerung jedoch auch die attrak- tiven und umfangreichen Angebote im kurzfristigen Bedarfsbereich Die nebenstehende Karte gibt einen Überblick über die Systeman- in den westlich gelegenen Gemeinden Traunreut und Traunstein zur bieter im Segment Lebensmittel und Drogeriewaren, die in der Ge- Versorgung wahr. Insbesondere die westlichen Gemeindeteile und meinde Waging am See und in den Umlandgemeinden ansässig Berufspendler greifen auf die verkehrsgünstig gelegenen, vorhande- sind. nen Angebote zurück. Die Gemeinde Waging verfügt derzeit über zwei Edeka-Supermärkte Die Kaufkraftausrichtungen lassen sich auch aus den nachfolgen- sowie einen Lebensmitteldiscounter der Firma Lidl. Ein Systeman- den Ausführungen zum Einzugsgebiet des Waginger Einzelhandels bieter bzw. Filialist aus dem Drogeriewarensegment findet sich ak- nachvollziehen. tuell nicht in Waging. In den zur Verwaltungsgemeinschaft Waging am See gehörenden direkten Nachbargemeinden, ist lediglich in Karte 2 Darstellung der Systemanbieter im direkten Umfeld von Waging Petting ein kleiner Edeka-Markt ansässig. Die Marktgemeinde Wa- am See (schematisch) ging übernimmt deshalb auch für die Nachbargemeinden in Teilen die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs und erfüllt damit auch die im Rahmen der Landesplanung zugewiesene Versorgungs- funktion. Ferner haben auch die Befragungen8 ergeben, dass neben den Wagingern selbst, auch Bewohner der direkten Nachbargemeinden in größerem Umfang die Lebemsmittelmärkte in Waging aufsuchen, um sich dort zu versorgen – es werden hier insbesondere die Märkte Lidl und Edeka an der Staatsstraße St. 2105 frequentiert. Versorgungseinkäufe aus entfernteren Umlandgemeinden konnten nicht registriert werden. Im Segment „Drogerie“ stellt sich die Versorgungslage defizitär dar. Seit der Schlecker-Schließung ist in Waging selbst – und auch in den unmittelbaren Umlandgemeinden – kein Drogeriemarkt mehr Kartengrundlage: Openstreetmap 2016 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH 2016 Hinweis: Skizzenhafte Darstellung; Wettbewerbssituation angedeutet; Karte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit

8 Vgl. Point-of-Sale-Befragung, die im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes durchgeführt wurde Seite 34 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

5.3 Einzugsgebiet Karte 3 Einzugsgebiet von Waging am See

Jeder Ort hat, abhängig von den spezifischen Einkaufsstandorten, Wochentagen (normaler Werktag, Markttag oder Samstag) und Jah- reszeit (z.B. Vorweihnachtszeit) i.d.R. eine Vielzahl verschiedener Einzugsgebiete, die sich gegenseitig überlagern. Das Einzugsgebiet der Marktgemeinde Waging am See wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Diese sind vor allem: . Struktur und Verteilung des Einzelhandelsangebotes in Waging, Kerneinzugsgebiet . Branchenmix, (Bindung > 70 %) (Bindung 21 – 70 %) . Sogkraft ansässiger (Groß-)Betriebe Erweitertes Einzugsgebiet (Bindung 10 – 20 . Lage zu anderen zentralen Orten, Ferneinzugsgebiet%) . Verteilung der Bevölkerung im Raum, (Bindung 5 – 10 %) . Verkehrsinfrastruktur, . Mobilität der Bevölkerung im Raum, . Pendlerbewegungen (arbeits- und ausbildungsbedingt),

. Nähe zu Konkurrenzorten sowie © Openstreetmap 2016 . die „Sogkraft“ des Angebotes in den Konkurrenzorten. Quelle: eigene Berechnungen, 2016, Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016

Das durchschnittliche Einzugsgebiet des Waginger Einzelhandels Das sog. Kerneinzugsgebiet mit einer Kaufkraftbindung von „über wurde auf Basis einer ökonometrischen Modellrechnung nach Huff 70 %“ umfasst weite Teile des Waginger Gemeindegebiets sowie ermittelt. Plausibilisierungsmöglichkeit der Abgrenzung des Einzugs- Teile der zur Verwaltungsgemeinschaft gehörenden Gemeinden. Zum gebietes boten die Ergebnisse der im Rahmen der Erstellung des erweiterten Einzugsgebiet, in dem eine Kaufkraftbindung von „10 % Einzelhandelskonzeptes initiierten vor Ort durchgeführten Point-of- bis ≤ 70 %“ erreicht wird, zählen weite Teile der umliegenden Ge- Sale-Befragung sowie die Abstimmung mit Unternehmern und politi- meinden Taching am See, , Petting sowie schen Vertretern. Kirchanschöring. Aufgrund der Attraktivität der westlich gelegenen Handelsstandorte Traunreut und Traunstein orientieren sich die Bewohner der westlich gelegenen Ortsteile der Verbandsgemeinden an dieser Stelle für ihren Einkauf in Richtung der Wettbewerbsstan- dorte. Seite 35 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Ferner können durch die vorhandenen enormen touristischen Po- 5.4 Leistungsdaten und Struktur des tenziale zusätzliche Umsätze am Handelsstandort Waging generiert werden. Waginger Einzelhandels Für die zukünftige Einzelhandelsentwicklung in Waging spielen nicht nur die vorhandenen Marktpotenziale sowie die topographischen 5.4.1 Nachfragesituation Gegebenheiten, sondern auch die Vorgaben und Ziele des LEP eine Die Berechnung des Marktpotenzials9 (sortimentsgenau) der Ge- zentrale Rolle. meinde Waging erfolgt auf der Basis der sortimentsspezifischen, Gemäß Landesplanung ist Waging am See als Grundzentrum aus- einzelhandelsrelevanten Verbrauchsausgaben, der aktuellen Einwoh- gewiesen. Der Nahbereich umfasst das eigene Gemeindegebiet wie nerzahl und der ortsspezifischen Kaufkraftkennziffer. auch die Gemeinden Taching am See, Wonneberg und Petting. Es wird der statistische Ausgabesatz 10 pro Kopf im Einzelhandel Gemäß Landesplanung sollen die als Grundzentrum eingestuften von 5.668,00 € für das Jahr 2016 zu Grunde gelegt. Mit Hilfe der Gemeinden darauf hinwirken, dass die Bevölkerung ihres Nahbe- Kaufkraftkennziffer wurde dieser an das Niveau der Gemeinde Wa- reichs mit Gütern und Dienstleistungen des Grundbedarfs (umfas- sendes Angebot) in zumutbarer Erreichbarkeit versorgt wird. ging am See angepasst. Für die Gemeinde Waging (Kaufkraftkenn- ziffer: 100,8 %) ergibt sich somit ein Ausgabesatz von 5.713,3 € je

Einwohner pro Jahr. Wie die Kaufkraftkennziffer, liegt somit auch Fazit der statistische Ausgabesatz pro Kopf in der Gemeinde Waging Das berechnete Kerneinzugsgebiet mit einer Bindung von mehr als leicht über dem Bundesdurchschnitt. 70 % umfasst weite Teile des Gemeindegebiets Wagings sowie Tei- Das einzelhandelsrelevante Marktpotenzial der Gemeinde Waging le der Gemeinden Taching am See, Petting und Wonneberg. über alle Branchen beläuft sich damit insgesamt auf Weitere Gemeinden können dem sog. erweiterten Einzugsgebiet rd. 39,6 Mio. € (brutto/p.a.). Davon entfallen 14,6 Mio. € auf den zugewiesen werden (Bindung zwischen 10 % bis max. 70 %). Bereich „Lebensmittel, Reformwaren“. Weitere insgesamt 6,1 Mio. Waging kommt gemäß LEP – neben dem Versorgungsauftrag für €11 fallen auf die Warengruppen Gesundheit und Körperpflege so- das eigene Gemeindegebiet – auch die Versorgungsaufgabe für die wie Zeitschriften, Schnittblumen. Das Marktpotenzial für den mittel- Nachbargemeinden Taching am See, Wonneberg und Petting zu. Demnach sollte es Ziel sein, die bereits vorhandenen Bindungen der Kaufkraft besagter Nachbarorte weiter zu steigern und gleichzeitig auch die Kaufkraftbindung im Gemeindegebiet selbst zu 9 Das Marktpotenzial entspricht den monetären Mitteln (in Mio. €) der Bevölkerung erhöhen. der Gemeinde Waging (ohne Kaufkraftzu- und -abflüsse aus dem Einzugsgebiet), die den Wagingern insgesamt für Ausgaben im Einzelhandel zur Verfügung stehen. 10 Ausgabesatz entspricht den einzelhandelsspezifischen Verbrauchsausgaben „über alle Sortimente“ 11 Rundungsdifferenzen möglich Seite 36 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

und langfristigen Bedarfsbereich beläuft sich auf insgesamt 18,8 Touristische Potenziale Mio. €. Neben dem vor Ort vorhandenen Marktpotenzial stehen dem Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die Zusammensetzung des Waginger Einzelhandel ebenfalls Potenziale der Tages- und Über- Marktpotenzials, differenziert nach den unterschiedlichen Bedarfsbe- nachtungsgäste zur Verfügung. Aufgrund der vorhandenen Cam- reichen und Warengruppen. pingplätze ist der Tourismus im regionalen und auch im landeswei- ten Vergleich deutlich überproportional ausgeprägt (vgl. Kap. 4). Tab. 3 Marktpotenzial (über alle Branchen) in der Marktgemeinde Unter den Camping-Gästen finden sich sowohl klassische Urlauber Waging am See als auch Dauercamper. Da sich diese Gruppe ebenfalls mit Waren

Marktpotenzial des kurzfristigen bzw. täglichen Bedarfs versorgen muss, ist es u. E. cima Warengruppen in Mio. € für die Ableitung möglicher Potenziale in diesen Bereichen erforder- Täglicher und kurzfristiger Bedarf 20,8 lich, das potenzielle touristische Ausgabevolumen in einem realisti- Lebensmittel, Reformwaren 14,6 schen Szenario mit einzubeziehen. Gesundheit und Körperpflege 5,5 Zeitschriften, Schnittblumen 0,6 Mittel- und langfristiger Bedarf 18,8 5.4.2 Angebotssituation Bekleidung, Wäsche 3,4 Im Rahmen der Erstellung des Einzelhandelskonzeptes fand eine Schuhe, Lederwaren 1,1 umfassende Erhebung des Einzelhandelsbesatzes der Marktgemein- Uhren, Schmuck, medizinisch-orthopädischer Bedarf 1,6 de Waging am See statt. Die Betriebe wurden nach Standort, Ver- Bücher, Schreibwaren 0,8 Elektroartikel, Foto, Unterhaltungselektronik 3,3 kaufsfläche, Branche, Betriebstyp und Zustand erfasst. Dabei wur- Sportartikel, Fahrräder 1,1 den neben quantitativen auch qualitative Merkmale (z.B. Zielgrup- Spielwaren 0,4 penorientierung, Warenpräsentation, Wettbewerbsfähigkeit) erhoben, Hobbybedarf, Zooartikel 0,4 die im Anschluss ausgewertet und dargestellt werden. Die Berech- Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat 0,6 nung der Umsätze erfolgte auf Basis der Flächenproduktivitäten für Möbel, Antiquitäten 2,2 das Jahr 2016 (Brutto-Umsatz je m² Verkaufsfläche p.a.) für die Heimtextilien 0,5 insgesamt 32 Branchen gemäß cima-Systematik (Vgl. Anhang S. Baumarktartikel, Gartenbedarf 3,3 81). Die Flächenproduktivitäten basieren auf deutschlandweiten Einzelhandel insgesamt 39,6 Durchschnittswerten, die von erfahrenen cima Beratern an die je- Quelle: MB Research und eigene Analyse & Berechnung, weiligen regionalen Situationen angepasst werden. CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Rundungsdifferenzen möglich Neben dem Facheinzelhandel und dem filialisierten Einzelhandel werden auch die folgenden Betriebstypen zum Einzelhandel hinzu- gerechnet:

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. Gewerbliche Betriebe mit für den Kunden zugänglichen Tab. 4 Einzelhandelsangebot in der Gemeinde Waging am See Verkaufsflächen (z. B. Sanitärfachhandel) Anzahl der Umsatz Verkaufsfläche . Gärtnereien (Verkaufsfläche) cima Warengruppen Betriebe in Mio. in m² (Hauptsortiment) € Dienstleistungsbetriebe wie Reisebüros, Fitnesscenter oder Kreditin- Täglicher und kurzfristiger Bedarf 30 4210 Lebensmittel, Reformwaren 26 3.560 19,5 stitute zählen nicht zum Einzelhandel. Gesundheit und Körperpflege 3 515 4,1 Zeitschriften, Schnittblumen 1 135 *** Der Handel mit Pkw zählt ebenfalls nicht zum Einzelhandel im en- Mittel- und langfristiger Bedarf 39 5645 geren Sinne und wurde, wie auch der Handel mit Kraft-, Brenn- Bekleidung, Wäsche 12 1.525 4,2 Schuhe, Lederwaren 2 355 *** und Baustoffen, nicht in die nachfolgenden Betrachtungen einbezo- Uhren, Schmuck, medizinisch-orthopädischer Bedarf 4 210 1,2 gen. Bücher, Schreibwaren 3 180 0,8 Elektroartikel, Foto, Unterhaltungselektronik 2 350 *** Sportartikel, Fahrräder 6 950 2,4 Bezüglich der Analyse der Betriebs- und Branchenstruktur des Ein- Spielwaren - 100 *** Hobbybedarf, Zooartikel 1 145 *** zelhandels in der Gemeinde Waging ist die cima zu folgenden Er- Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat 3 555 1,2 gebnissen gekommen (Datenstand: April 2016): Möbel, Antiquitäten 3 640 1,7 Heimtextilien - 80 *** . In der Gemeinde Waging am See sind insgesamt 69 Betriebe Baumarktartikel, Gartenbedarf 3 555 1,0 ansässig. Bei 30 von den 69 Betrieben handelt es sich um Einzelhandel insgesamt 69 9.855 39,4 Anbieter aus dem Segment „Lebensmittel, Reformwaren“. Händ- Quelle: eigene Analyse & Berechnung, CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 ler mit dem Kernsortiment Drogeriewaren befinden sich derzeit Rundungsdifferenzen möglich nicht in der Gemeinde. *** Datenschutz, Darstellung erst ab drei Betrieben

. Die einzelhandelsrelevante Verkaufsfläche beläuft sich auf insgesamt auf rund 9.855 m². Im täglichen und kurzfristigen Bedarfsbereich sind aktuell 30 Be- . Der von der cima errechnete Umsatz liegt bei insgesamt triebe vor Ort ansässig, die eine Verkaufsfläche von 39,4 Mio. € (brutto p.a.) rd. 4.210 m² aufweisen. Zu den Betrieben, die die Warengruppe „Lebensmittel, Reformwa- ren“ in der Gemeinde Waging im Hauptsortiment führen, zählen u.a. ein Lidl-Discounter sowie zwei Edeka-Supermärkte (inkl. Bäcker). Diese sind im Hinblick auf die fußläufige Versorgungssituation gut im Gemeindegebiet verteilt, da sie sich im zentralen Versorgungs- bereich und in integrierter Lage befinden. Insgesamt erwirtschaften die Betriebe der Warengruppe „Lebensmittel und Reformwaren“ ei-

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nen Umsatz von rund 19,5 Mio. €. Im zentralen Versorgungsbereich originär zu betrachten ist. So gehört das Vorhalten von Gütern des befinden sich ferner vier Bäckereien, zwei Metzgereien, ein Fein- mittel- bis langfristigen Bedarfsbereiches per se nicht zum Versor- kost-Spezialgeschäft, ein Naturkostladen, ein kleines Lebensmittel- gungsauftrag eines Grundzentrums. Vielmehr steht hier die qualifi- geschäft, ein Reformhaus sowie zwei Getränkemärkte. zierte Versorgung des eigenen Gemeindegebietes sowie des Für den Einkauf von Artikeln im Bereich „Gesundheit und Körper- raumordnerisch zugeteilten Nahbereichs (Petting, Wonneberg und pflege“ stehen in Waging zwei Apotheken sowie ein Kosmetikfach- Taching) mit Gütern der nahversorgungsrelevanten Segmente im geschäft zur Verfügung. Außerdem können in Waging Drogeriewaren Fokus. in den ansässigen Lebensmittelmärkten, erworben werden (Randsor- Abb. 25 Einzelhandelsstruktur nach Lagen timent). Eine Drogerie ist vor Ort seit der Schließung des Schle- cker-Marktes jedoch nicht mehr vorhanden. Schnittblumen werden derzeit von einem Betrieb im Hauptsortiment angeboten. Zeitschrif- Umsatz in Mio. € 19,1 16,9 3,4 ten sind in der Gemeinde als Randsortimente, insbesondere der (Gesamt: 39,4) ansässigen Lebensmittelmärkte, verfügbar. Im mittel- und langfristigen Bedarfsbereich ergibt sich folgendes Bild: Mit insgesamt 39 vor Ort ansässigen Betrieben (u.a. Lebacher Anzahl der Betriebe 48 17 4 Moden, Easy Moden, Intersport Krenn, Bikesport Mayer, SchuhLiebe) (Gesamt: 69) ist die Betriebsanzahl und die Verkaufsflächengröße etwas höher als im Bereich des täglichen und kurzfristigen Bedarfs. Der Ver- Verkaufsfläche in m² 5150 3060 1645 gleich der Umsatzzahlen zeigt ein Übergewicht zugunsten der nah- (Gesamt: 9.855) versorgungsrelevanten Segmente vor Ort.

Insgesamt kann die Ausstattung Wagings insbesondere im mittel- 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% fristigen Bedarfsbereich im Vergleich zu anderen Grundzentren ähn- Ortsmitte (Lage 1) Sonstige integrierte Lagen (Lage 2) Nicht-integrierte Lagen (Lage 3) licher Größe als überdurchschnittlich bezeichnet werden. So präsen- Quelle: Eigene Erhebung tieren sich Fachgeschäfte innenstadtprägender Leitbranchen wie Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Bekleidung, Wäsche oder Schuhe in attraktiven und modernen Zu- stand und sind auch in großer Zahl vorhanden. Ferner werten die Im Hinblick auf die Einzelhandelsstruktur nach Lagen wird deutlich, in der Ortsmitte situierten Sport- und Fahrradgeschäfte den Han- dass der Schwerpunkt im Waginger Einzelhandel in den integrierten delsstandort Waging zusätzlich auf und entsprechen auch der tou- Lagen sowie in der Ortsmitte liegt (vgl. Abb. 25). In dezentralen, ristischen Funktion der Marktgemeinde. nicht integrierten Lagen sind lediglich 4 Betriebe situiert, welche Auf der anderen Seite fehlen auch einige Branchen und Handels- eine Verkaufsfläche von rund 1.645 m² aufweisen und einen kumu- formate in Waging, was jedoch aufgrund der Größe sowie der zu- lierten Jahresumsatz von rund 3,4 Mio. € erwirtschaften. geschriebenen Versorgungsfunktion Wagings als Grundzentrum als

Seite 39 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

5.4.3 Einzelhandelszentralität Waging ebenfalls Zentralitäten oberhalb der 100 %-Saldo-Linie auf. Aufgrund des für ein Grundzentrum als qualifiziert zu be- Die Einzelhandelszentralität eines Ortes beschreibt das Verhältnis zeichnenden Angebots im Lebensmittelsegment versorgen sich des am Ort getätigten Einzelhandelsumsatzes zu der am Ort vor- große Teile der Umlandbevölkerung (speziell in den Gemeinden handenen Nachfrage. Wenn die Zentralität einen Wert von über der Verwaltungsgemeinschaft) in der Gemeinde Waging. Ferner 100 % einnimmt, fließt per Saldo Kaufkraft aus dem Umland in bedingen die touristischen Versorgungseinkäufe die hohe Zentra- den Ort, die die Abflüsse übersteigt. Liegt die Zentralität unter lität in diesen Bereichen. 100 %, so existieren Abflüsse von Kaufkraft, die per Saldo nicht durch die Zuflüsse kompensiert werden können. Je größer die Abb. 26 Einzelhandelszentralität Zentralität eines Ortes ist, desto größer ist seine Sogkraft auf die Kaufkraft im Umland. Die Zentralität eines Ortes wird z.B. durch die Sportartikel, Fahrräder 214,5% Qualität und Quantität des Angebotes, den Branchenmix, die Ver- Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat 185,7% kehrsanbindung und die vor Ort vorhandene Kaufkraft gesteuert. Lebensmittel, Reformwaren 133,6%

Für die Marktgemeinde Waging am See lässt sich aus der Gegen- Bekleidung, Wäsche 124,1%

überstellung des vor Ort getätigten Umsatzes und des Marktpoten- Zeitschriften, Schnittblumen 117,7% zials für das Jahr 2016 Folgendes ablesen: Bücher, Schreibwaren 99,8%

. Die Einzelhandelszentralität über alle Branchen beträgt 99,6 %. Schuhe, Lederwaren 98,3% Der Einzelhandelsumsatz, der in Waging generiert wird, liegt also Hobbybedarf, Zooartikel 80,9% ziemlich genau auf Höhe des dort vorhandenen Marktpotenzials. Möbel, Antiquitäten 75,9% Hier wird erkennbar, dass die Kaufkraftabflüsse per Saldo durch Uhren, Schmuck, medizinisch- 73,7% Zuflüsse kompensiert werden. orthopädischer Bedarf . Die höchste Einzelhandelszentralität wird mit 214,5 % in der Gesundheit und Körperpflege 73,3% Warengruppe „Sportartikel, Fahrräder“ erreicht. Dieser Wert ist Spielwaren 47,3% für ein Grundzentrum sehr überdurchschnittlich und mitunter auf Baumarktartikel, Gartenbedarf 31,1%

die Funktion Wagings als erfolgreicher Tourismusstandort im Elektroartikel, Foto, Unterhaltungselektronik 27,7% Voralpenland zurückzuführen. Heimtextilien 27,7% . Auch die zentrenprägenden Warengruppen des mittelfristigen Bedarfsbereichs „Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat“ sowie „Be- gesamte Zentralität 99,6% kleidung Wäsche“ weisen mit 185,7 % bzw. 124,1 % überdurch- 0% 50% 100% 150% 200% 250% schnittliche Zentralitäten auf. . Die nahversorgungsrelevanten Warengruppen „Lebensmittel, Quelle: eigene Analyse, 2016 Reformwaren“ sowie „Zeitschriften, Schnittblumen“ sind weisen in Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Seite 40 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

. Für die Warengruppe „Gesundheit, Körperpflege“ wurde eine Fazit Handelszentralität von 73,3 % berechnet. Dies weist deutlich auf Die Marktgemeinde Waging am See verfügt über alle Branchen Angebotslücken in der Warengruppe hin. Die Angebotsdefizite über eine Einzelhandelszentralität von 99,6 %. Insgesamt werden liegen hier nicht im Bereich „Apotheken“, sondern im Segment die bestehenden Kaufkraftabflüsse also in etwa von den vorhande- der Drogeriewaren. So ist, wie bereits dargestellt, das nen Zuflüssen kompensiert. Drogerieangebot in Waging am See derzeit nur sehr spärlich Im Vergleich zwischen den Warengruppen sind teilweise erhebliche vertreten (lediglich als Randsortiment angeboten). Durch die Unterschiede in Bezug auf die Zentralität festzustellen. Positiv her- Ansiedlung eines Drogeriemarktes in der Gemeinde Waging vorzuheben ist die gute Ausstattung und Nachfrage in einigen könnte die Angebotslücke in der Sparte Drogerie gefüllt werden. zentrenprägenden Warengruppen wie „Bekleidung, Wäsche“, „Glas, Dies würde zu einer höheren Bindung der Kaufkraft vor Ort und Porzellan, Keramik, Hausrat“ oder „Sportartikel, Fährrader“. im Umkehrschluss zu einer deutlich höheren Handelszentralität führen. Ferner weisen die nahversorgungsrelevanten Branchengruppen „Le- bensmittel, Reformwaren“ und „Zeitschriften, Schnittblumen“ erhöhte . Ansonsten sind im mittelfristigen Bedarfsbereich zwischen den Zentralitätswerte auf. Dies ist auf die für ein Grundzentrum als sehr einzelnen Warengruppen teils deutliche Unterschiede zu gut zu bezeichnende Ausstattung an Lebensmittelmärkten und der erkennen. Während weitere zentrenprägende Branchen wie „Bü- Versorgungsfunktion für die Verbandsgemeinden sowie die touristi- cher, Schreibwaren“ oder „Schuhe, Lederwaren“ Zentralitätswerte sche Nachfrage vor Ort zurückzuführen. In der Warengruppe „Ge- von beinahe 100 % aufweisen, ist die Branche „Heimtextilien“ sundheit und Körperpflege herrscht eine verhältnismäßig geringe mit einer Einzelhandelszentralität von lediglich 27,7 % verhält- Zentralität von 73,3 % vor, was vor allem durch das Fehlen eines nismäßig unterrepräsentiert. qualifizierten Anbieters im Bereich Drogeriewaren bedingt ist. . Entsprechend seiner zentralörtlichen Funktion als Grundzentrum

weisen die meisten Warengruppen im langfristigen Bedarfsbe- reich in Waging am See geringere Einzelhandelszentralitäten auf. So liegt die Einzelhandelszentralität in den Warengruppen „Bau- marktartikel, Gartenbedarf“ sowie „Elektroartikel, Foto, Unterhal- tungselektronik“ bei 31,1 % bzw. 27,7 %.

Seite 41 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

5.5 Kaufkraftstromanalyse Wie Abbildung 27 zeigt, fließen von dem am Ort vorhandenen Marktpotenzial (39,6 Mio. € über alle Branchen) insgesamt 15,2 Mio. € an Konkurrenzstandorte im Umland ab. Diesen Abflüssen Die Höhe des generierten Umsatzes in Waging für das Jahr 2016 stehen Kaufkraftzuflüsse aus den benachbarten Kommunen in Höhe errechnet sich aus dem theoretisch verfügbaren Marktpotenzial der von 7,0 Mio. € gegenüber. Aufgrund der besonderen Situation vor Gemeinde unter Berücksichtigung der Kaufkraftzu- und -abflüsse. Ort mit den enormen touristischen Potenzialen, werden diese in So fließt zum einen ein Teil der verfügbaren Kaufkraft der der Kaufkraftstromanalyse ebenfalls berücksichtigt. Die vorhandenen Waginger Bevölkerung an andere Orte ab (Versorgungseinkäufe, Touristen bringen ein zusätzliches theoretisches Marktpotenzial in „Shopping“ etc.). Zum anderen kommt es zu Kaufkraftzuflüssen aus Höhe von 17,7 Mio. € an den Standort Waging am See12. Von die- umliegenden Ortschaften in den Waginger Einzelhandel. sem theoretisch verfügbaren touristischen Marktpotenzial können Abb. 27 Markt- und Umsatzpotenzial der Gemeinde Waging am See, über aktuell rund 8 Mio. € am Standort gebunden werden. Diese sind alle Branchen (Angaben in Mio. €) überwiegend dem kurzfristigen Bedarfsbereich zuzurechnen. Die in nebenstehender Grafik eingezeichneten, abfließenden 9,7 Mio. € 60,0 werden nur in kleinen Teilen in den Konkurrenzgemeinden gebun- den. Sie stellen vielmehr ein theoretisches Ausgabepotenzial dar, 50,0 47,1 was von den Besuchern der Region jedoch nicht im Rahmen ihres 39,6 39,4 40,0 Urlaubs ausgegeben wird. Damit beläuft sich der geschätzte Ist-Umsatz, der im Waginger Ein- 30,0 zelhandel generiert wird, auf insgesamt rd. 39,4 Mio. €.

20,0 17,7

10,0 7,0

0,0

-10,0 -9,7

-15,2 -20,0 Marktpotenzial Touristisches Kaufkraftabfluss Kaufkraftabfluss Kaufkraftzufluss IST-Umsatz Umsatzpotenzial Untersuchungsort Potenzial (Einwohner) (Touristen) (Schätzung) 12 Quelle: eigene Berechnungen, 2016 Die Tages- und Übernachtungsgäste wurden zum Zwecke der Einheitlichkeit und Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 zur Integrationsfähigkeit in das ökonometrische Simulationsmodell nach HUFF in Einwohneräquivalente umgerechnet. Diesen wurden dann die entsprechenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben zugerechnet. Herleitung der Einwohner- äquivalente findet sich im Anhang. Seite 42 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Entwicklungshypothese ein zusätzlich möglicher Umsatz (Potenzialreserve) in Höhe von Mit Blick in die Zukunft sind für die Prognoserechnung einer zu- rund 7,7 Mio. € (Zielprognose!). künftig möglichst realistischen Nachfrage im Vorfeld bestimmte An- nahmen zu treffen. Grundlage für die Ermittlung von branchenspezi- Fazit fischen Umsatzpotenzialen ist zunächst immer die Bildung einer Der in Waging am See generierte, geschätzte Ist-Umsatz liegt bei Arbeitshypothese für das unseren Berechnungen zugrundeliegende insgesamt 39,4 Mio. € und damit geringfügig unterhalb des lokal raumökonomische Zeit-Distanz-Simulationsmodell nach Huff. Für die vorhandenen Marktpotenzials von 39,6 Mio. €. Dieser ist geprägt Ermittlung von branchenbereichsspezifischen Umsatzpotenzialen ge- durch stärkere Kaukraftabflüsse sowie moderate -zuflüsse. Ferner hen wir von folgenden Grundannahmen der zukünftigen Entwicklung tragen noch touristische Ausgaben vor Ort zum lokalen Einzelhan- der Rahmenbedingungen in Waging am See selbst sowie dem zu- delsumsatz bei. Im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels können gewiesenen Nahbereich (Petting, Taching am See und Wonneberg) hier Zuflüsse aus den Gemeinden des Nahbereichs generiert wer- aus: den. Dies ist einerseits bedingt durch die spärliche Ausstattung der . Stabile Entwicklung der Verbrauchsausgaben im Einzelhandel Nachbargemeinden sowie andererseits durch das gut verteilte örtli- (in € pro Kopf und Jahr) che Angebot im Lebensmittelsegment in Waging am See. Teile der . Stabile Pro-Kopf-Kaufkraftstärke übrigen nahversorgungsrelevanten Kaufkraft fließen aufgrund . Stabile Besucherzahlen in Waging mangenden Angebotes vor Ort (u.a. kein Drogeriemarkt vorhanden) an weiter entfernt gelegene Orte mit entsprechenden Angeboten ab . Annahme eines moderaten Bevölkerungswachstums (z.B. Traunstein, Traunreut). Die daraus für die Marktgemeinde Waging am See formulierte Weitere Kaufkraftabflüsse, insbesondere im langfristigen Bedarfsbe- zentrenorientierte Entwicklungshypothese lautet folglich: reich sind aufgrund des beschränkten örtlichen Angebots entspre- Wenn es bei den angenommen konstanten Rahmenbedingungen chen der zentralörtlichen Funktion Wagings als Grundzentrum. gelingt, attraktive Ansiedlungen (in der Ortsmitte zu schaffen) und Strategisches Ziel der zukünftigen Entwicklung sollte vor diesem damit insbesondere Branchen- und Konzeptlücken zu schließen, Hintergrund eine verbesserte Angebotsstruktur im Bereich des dann wäre es auch möglich zukünftig Kaufkraftabflüsse zu verrin- täglichen- und kurzfristigen Bedarfs sein, um die Angebotslücken gern und die Eigenbindung zu erhöhen. Von einer starken Zunahme vor Ort zu füllen. Dadurch könnten die Kaufkraftzuflüsse aus den der Kaufkraftzuflüsse und einer Ausweitung des Einzugsgebietes Umlandgemeinden weiter erhöht und die Kaufkraftabflüsse aus Wa- wird dabei nicht ausgegangen. ging reduziert werden. Damit könnte die Kaufkraftbindung der Nach der Modellrechnung verfügt Waging am See entsprechend Marktgemeinde Waging am See insgesamt erhöht werden. diesem modellierten Idealfall über ein mögliches, bindungsfähiges Umsatzpotenzial von 47,1 Mio. €. Aufgrund eines geschätzten Ist- Umsatzes in Höhe von derzeit ca. 39,4 Mio. € ergibt sich daraus

Seite 43 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

5.6 Offene Umsatzpotenziale und ging wird in der Schaffung adäquater, attraktiver, den heutigen Betreiberansprüchen an Flächenzuschnitt und -größe genügenden Flächenbedarfe Verkaufsflächen bestehen, die für nahversorgungsrelevanten Einzel- handel in Frage kommen (vgl. auch Kriterien LEP „integrierte La- Der Berechnung offener Umsatzpotenziale wurde eine Entwicklungs- ge“). hypothese zugrunde gelegt. Diese besagt, dass „durch die Optimie- Die Aussagen zu den in einzelnen Branchen noch offenen Umsatz- rung des Angebotes, welche vorrangig im täglichen und kurzfristi- potenzialen stellen dabei einen Orientierungsrahmen dar, ersetzen gen Bedarfsbereich angegangen werden sollte, deutlich mehr eige- bei einem tatsächlichen Ansiedlungs- oder Erweiterungsvorhaben ne Kaufkraft, aber in gewissem Umfang auch Kaufkraft aus den jedoch keine einzelbetriebliche Beratung. Im Ansiedlungsfall muss Umlandgemeinden am Standort gebunden werden könnte. Darüber nach Standort, Ausstattungs- und Angebotsniveau zusätzlich eine hinaus könnte Waging dem Versorgungsauftrag für die im Nahbe- objektspezifische, betriebliche Wirtschaftlichkeits- ggf. auch eine reich liegenden Gemeinden Taching am See, Wonneberg und Pet- Verträglichkeitsberechnung erfolgen. Die branchenspezifischen Emp- ting noch besser nachkommen.“ Auf dieser Grundlage wurde für fehlungen sollten zudem die allgemeinen Entwicklungstrends im den Waginger Einzelhandel ein offenes Umsatzpotenzial in Höhe Einzelhandel berücksichtigen. von 7,7 Mio. € prognostiziert. In der Einzelbetrachtung ergeben sich für die einzelnen Branchen- bereiche teils nicht gedeckte Umsatzpotenziale. Es handelt sich bei den Angaben um theoretische Bedarfe, die im Einzelfall auch durch eine höhere Flächenproduktivität bzw. Erweiterungsflächen in vor- handenen Betrieben oder in Form von Randsortimenten kompen- siert werden können. In der nachstehenden Berechnung wurden dabei noch keine pauschalen Umsatzumverteilungen im Handelsbe- stand angenommen. Die folgende Tabelle gibt einen ersten Überblick über offene Po- tenziale nach Branchenbereichen. Dabei wurde bereits der Tatsache Rechnung getragen, dass Waging als Grundzentrum und aufgrund des eingeschränkten Kaufkraftpotenzials nicht gleichermaßen für al- le Branchen als Standort geeignet ist. Zusätzlich ist auch zu berücksichtigen, dass ein Teil der Potenziale den Bestandsanbietern als Wachstumspotenzial vorbehalten sein muss, um den Betrieb zu erhalten und sich ändernden Marktbedin- gungen anpassen zu können. Die größte Herausforderung für Wa-

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Tab. 5 Offene Umsatzpotenziale und Handlungsempfehlungen nach Branchenbereichen

bindungsfähiges Potenzial in Empfehlungen, zusätzlicher Bedarf Mio. € Potenzial vorhanden, Optimierung des Angebots im Lebensmittelbereich vorrangig durch Lebensmittel, Reformwaren 1,9* Erweiterung der Bestandsmärkte Potenzial vorhanden, Ansiedlung Drogeriemarkt zur Schließung der Angebotslücke, Fokus: Gesundheit und Körperpflege 1,5 integrierter Nahversorgungsstandort Zeitschriften, Schnittblumen 0,1 Geringfügiges Ergänzungspotenzial, Fokus Ortsmitte Bekleidung, Wäsche 0,0 kein Potenzial Schuhe, Lederwaren 0,1 Ergänzungspotenzial, Fokus Ortsmitte Uhren, Schmuck, medizinisch-orthopädischer Bedarf 0,5 Potenzial vorhanden, Fokus: Ortsmitte Bücher, Schreibwaren 0,3 Potenzial vorhanden, Fokus: Ortsmitte Elektroartikel, Foto, Unterhaltungselektronik 1,2 Potenzial vorhanden, Potenzial für kleinflächige Anbieterform, Fokus Ortsmitte, integrierte Lagen Sportartikel, Fahrräder 0,0 kein Potenzial Spielwaren 0,2 Ergänzungspotenzial, Fokus Ortsmitte Hobbybedarf, Zooartikel 0,1 Geringfügiges Ergänzungspotenzial, Fokus Ortsmitte Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat 0,0 kein Potenzial Möbel, Antiquitäten 0,2 Geringfügiges Ergänzungspotenzial, Fokus Ortsmitte Heimtextilien 0,4 Potenzial vorhanden, Fokus: Ortsmitte Potenzial im Baumarktsegment vorhanden, Potenzial lediglich für kleinflächige Anbieterform oder Baumarktartikel, Gartenbedarf 1,1 Erweiterungen im Bestand Quelle und Bearbeitung: eigene Analyse, CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 * Offene Potenziale von 1,9 Mio. € beziehen sich auf die Ist-Situation vor Ort, d. h. voraussichtlich schließender Edeka Böhr in der Postgasse hier noch nicht berücksichtigt; Vgl. Kap. 5.7 Potenziale: Sonderbetrachtung Nahversorgungsbedarf

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Grundlegend kann festgestellt werden, dass die errechneten „offe- Sonderbetrachtung „Lebensmittel“ und „Drogeriewaren“ nen“ Umsatzpotenziale nur eingeschränkten Spielraum für die zu- Im nahversorgungsrelevanten Bereich stellen die theoretischen Ent- künftige Einzelhandelsentwicklung in Waging am See bieten. In vie- wicklungspotenziale Grundlagen für künftige Angebotsoptimierungen len Branchen handelt es sich lediglich um Ergänzungs- und Erwei- bzw. Neuansiedlungen in Waging am See dar. Hierbei handelt es terungspotenzial, sowie um „rein rechnerische Potenziale“. Um ein sich vorrangig um die Branchen „Lebensmittel“ sowie „Gesundheit tragfähiges Wirtschaften von Konzepten zu ermöglichen, ist ein und Körperpflege“. Die ausgewiesenen Potenziale müssen jedoch entsprechendes Marktpotenzial sowie eine vertiefende Betrachtung vor dem Hintergrund der derzeitigen Angebotssituation vor Ort so- möglicher Vorhaben notwendig. wie den aus handelsspezifischer Sicht möglichen Optionen (verfüg- Für Güter des mittelfristigen Bedarfsbereichs konnten kleinere offe- bare Flächen etc.) relativiert und genau abgewogen werden. ne Potenziale errechnet werden. Bei Etablierung ergänzender, at- traktiver Angebote (Neuansiedlungen, Angebotsausbau bereits an- Tab. 6 Einzelhandelsangebot in der Gemeinde Waging am See sässiger Anbieter) vor Ort könnte (noch) mehr Kaufkraft in diesen Segmenten in Waging gebunden werden. In Anbetracht des Lokale Gesamtes Umsatz Touristische Offene Kaufkraft Umsatzpotenzial aktuell Kaufkraft Potenziale Branchenmixes in der Ortsmitte wären hier ein Ausbau in den Be- Gesamt 39,6 Mio. € 47,1 Mio. € 39, 4 Mio. € 17, 7 Mio. € 7,7 Mio. € reichen Heimtextilien oder Sanitätswaren denkbar. Lebensmittel 14,4 Mio. € 21,1 Mio. € 19,2 Mio. € 6,4 Mio. € 1,9 Mio. €

Ansiedlungsempfehlungen für langfristige Bedarfsgüter wie z.B. Mö- Drogeriewaren 1,9 Mio. € 2,3 Mio. € 1,4 Mio. € Ca. 0,8 Mio. € 0,9 Mio. € bel, Elektronikartikel oder das Baumarktsegment können auf Grund Quelle: eigene Analyse & Berechnung, CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 der sehr konservativen Grundannahmen zur Berechnung tragfähiger Umsatzpotenziale für Waging nicht gegeben werden. Zwar lassen Offene Potenziale lassen sich für die Warengruppe „Lebensmittel, sich rein rechnerisch Potenziale ausweisen. Es wären jedoch – ge- Reformwaren“ ablesen. Im Lebensmittelbereich sind noch 1,9 Mio. € messen am Umsatzpotenzial – lediglich kleinflächige Anbieterformen an Umsatzpotenzial ungedeckt, welches gegenwärtig an anderen oder Erweiterungen im Bestand möglich. Ob sich Anbieter dieser Standorten im Einzugsgebiet gebunden werden kann, wobei von Art aus betriebswirtschaftlicher Sicht langfristig am Markt etablieren von einer Kaufkraftbindung der Touristen (insbesondere Camper) könnten, ist jedoch eher fraglich. Die cima kann demnach keine von bis zu 90 % ausgegangen wird. Die in Waging gebundene tou- tatsächlichen Ansiedlungsempfehlungen für langfristige Bedarfsgüter ristische Kaufkraft im Lebensmittelbereich liegt damit zwischen 5,1 geben. Grundsätzlich kann an dieser Stelle darauf hingewiesen und 5,8 Mio. €. Waging verfügt derzeit über kleinflächige Lebens- werden, dass die Distanzempfindlichkeit des Konsumenten umso mittelbetriebe sowie einen Vollsortimenter in der Ortsmitte. In inte- geringer ist, je seltener ein Konsumgut nachgefragt wird. Damit grierter und dennoch verkehrlich gut erreichbarer Wohngebietslage steigt die Attraktivität der Konkurrenzorte, die ein deutlich bereite- sind außerdem zwei Lebensmittelmärkte ansässig. Vom ansässigen res und ausgewogeneres Angebot vorhalten können. Eine Kauf- Edeka-Markt sind bereits Erweiterungsbedarfe formuliert. Die offe- kraftbindung in Waging ist damit stark erschwert. nen Potenziale sollten zunächst vorrangig für Neupositionierungen bzw. Erweiterungen der bereits vorhandenen Anbieter genutzt wer-

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den. Im Falle eines Marktaustritts des bestehenden Edeka Marktes Entwicklungen bereit zu stellen, die den Betreiberansprüchen in der Postgasse, würden die theoretisch offenen Potenziale in ge- gerecht werden (vgl. u.a. Lage, Flächengröße, -zuschnitt). wissem Umfang weiter erhöht. Im Segment „Gesundheit und Körperpflege“ zeichnen sich offene Potenziale vor allem im Bereich Drogerie ab. Diese sollten mög- lichst für die Neuansiedlung eines Drogeriemarktes genutzt werden. Dadurch, dass die Wettbewerbssituation im direkten Umfeld der Gemeinde Waging stark eingeschränkt ist und auch die Lage bzw. Verkehrsanbindung der Gemeinde als sehr positiv bewertet werden kann, ist die Ansiedlung eines Drogeriemarktes in Waging als rea- listisch einzuschätzen. Da ein attraktiver Systemanbieter in diesem Segment heute nicht in Waging ansässig ist, ist eine Neuansiedlung in diesem Bereich anzustreben. Im Bereich „Apotheken“ besteht ein rein rechnerisches Potenzial für weitere Ansiedlungen. Den Apotheken in der Ortsmitte sollten je- doch Entwicklungsspielräume eingeräumt werden.

Fazit Für Waging ergeben sich insbesondere in den Bereichen Lebensmittel und Drogerie bindungsfähige Potenziale. Im Lebensmittelsegment sollten diese vornehmlich für eine Neupositionierung und Erweiterung bestehender Anbieter genutzt werden. Die Ansiedlung eines weiteren Anbieters im Lebensmittel- segment kann im Falle einer Schließung des Edeka Böhr in der Postgasse ebenfalls eine Option für Waging sein, da das gemeind- liche Versorgungsnetz dann einen Systemanbieter im Lebensmittel- bereich weniger aufweisen würde. Eine entsprechende Entwicklung ist jedoch stets auf ihre städtebauliche Verträglichkeit hin zu über- prüfen (Vgl. Kap. 6.5). Im Segment Drogerie hingegen sollte die Neuansiedlung eines Drogeriemarktes anvisiert werden. Voraussetzung hierfür ist, entsprechende Flächen für besagte

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6 Einzelhandelskonzept

6.1 Selbstverständnis und Leitlinien Da verstärkter Optimierungsbedarf im nahversorgungsrelevanten Be- reich besteht, (vgl. u.a. Schlecker-Schließung und in Folgedessen das Fehlen eines Systemanbieters im Bereich Drogeriewaren, zu- Die Gemeinde Waging am See verfügt bislang nicht über ein abge- künftig schließender Edeka-Markt im zentralen Versorgungsbereich stimmtes und vom Gemeinderat verabschiedetes Einzelhandelskon- und bindungsfähige Potenziale Kap. 5.6, S. 44 ff.) ist zu klären, zept mit ausgewiesenen Zentralen Versorgungsbereichen und einer welche Flächen vor Ort für Einzelhandelsentwicklungen im definierten, aus den örtlichen Gegebenheiten abgeleiteten Sorti- Drogeriewarensegment sowie im Lebensmittelbereich denkbar und mentsliste, in dem die Leitlinien für die zukünftige Entwicklung fest- auch marktseitig realisierbar wären. geschrieben sind. Zur Einordnung der nachfolgenden Empfehlungen in den ortsent- Der Handel hat für den Städtebau und die Ortsentwicklung einer wicklungspolitischen Kontext ist es zunächst notwendig, die Anfor- Gemeinde eine hohe Bedeutung. Neben seiner Versorgungsfunktion derungen an das Konzept und die Aufgaben eines kommunalen für die Bevölkerung trägt er entscheidend zur Belebung, Gestaltung Einzelhandelskonzeptes herauszustellen. und Funktion von Ortszentren bei, so dass diese ihren Aufgaben im Gefüge der Gemeinde als attraktiver Aufenthaltsort, als Ort der Zu berücksichtigen ist grundsätzlich, dass alle Investitions- und Kommunikation und als identifikationsbildender Bereich der Ge- Sachentscheidungen im Einzelhandel in privater Hand liegen. Die meinde gerecht werden können. Daher ist auch die Sicherung der Gemeinde Waging kann nur die Rahmen gebenden Bedingungen lokalen Versorgungsstrukturen so wichtig. der Einzelhandelsentwicklung als Planungsgrundlage vorgeben. Steuernd darf die Kommune mit den zur Verfügung stehenden, Kernstück des Einzelhandelskonzeptes für die Gemeinde Waging am planungsrechtlichen Mitteln nur dann eingreifen, wenn andernfalls See bildet das hierarchisch gegliederte Entwicklungsmodell mit der negative Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung oder Ortsmitte als Hauptzentrum und somit prioritär zu entwickelndem die Entwicklung Zentraler Versorgungsbereiche zu befürchten sind. zentralen Standort sowie sonstige Handelsstandorte im Gemeinde- gebiet (z. B. Gewerbegebiet am Höllenbach) als ergänzende Einzel- Die cima legt im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ein Kon- handelsstandorte. Dieses ausdifferenzierte System zentraler Orte zept vor, das auf Basis der Analyseergebnisse Handlungsansätze des Einzelhandels gewährleistet zum Einen die verbrauchernahe aufzeigt, wie eine funktionale, städtebaulich und handelsökono- Versorgung und kann zum Anderen Handelsschwerpunkte im Ge- misch optimale Standortstruktur mit dem zentralen Versorgungsbe- meindegebiet definieren, an denen zukünftig maßgeblich Einzelhan- reich in Waging aussehen kann. Gemäß der Philosophie unserer del stattfinden soll. Die an die Waginger Situation angepasste Arbeit folgen wir dabei dem Leitbild und der Tradition einer „Waginger Sortimentsliste“ kann dabei als Instrument für die Bau- zentrenorientierten europäischen Stadtentwicklung. leitplanung wichtig sein und bildet ein weiteres wichtiges Kernstück Das Waginger Einzelhandelskonzept verfolgt städtebauliche Zielvor- des Einzelhandelskonzeptes. stellungen, ein Eingriff in den Wettbewerb zu Gunsten einzelner Be-

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triebe findet nicht statt. Die Umsetzung dieser räumlichen Ziele Standortpolitik sieht vorrangig die Schaffung von Planungssicherheit vor. Lenkung Für die zukünftige Ortsentwicklungsplanung sind insbesondere die und Steuerung im Sinne der Planungshoheit der Kommune soll zur Grenzen der Expansion in den zentralen (Ortsmitte, integrierte La- gezielten Stärkung bestehender zentraler Versorgungsbereiche, so- gen) und dezentralen Lagen, die Funktionsteilung zwischen den wie zur Fortentwicklung der Ergänzungslagen eingesetzt werden. Standortlagen bzw. das konkurrierende oder ergänzende Zusam- Das Strategiekonzept für die Einzelhandelsentwicklung Wagings wird menspiel einzelner Einzelhandelslagen sowie das jeweilige Betriebs- durch folgende Leitvorstellungen bestimmt: typenspektrum zu beachten. Die Planungsaufgabe, die Entwicklung . Schaffung einer nachhaltig positiven Entwicklungsperspektive für des Handelsbereiches in die Ortsentwicklung zu integrieren, hat den Handelsstandort Waging am See zunehmend noch weitere Faktoren zu berücksichtigen. . Erfüllung des raumordnerischen Versorgungsauftrages (1) Versorgungsfunktion als Grundzentrum stärken und entwickeln: (Nahversorgung) für die Waginger Bevölkerung sowie die Die Einzelhandelsentwicklung in Waging folgt dem landesplane- Bevölkerung der Umlandgemeinden Taching am See, Wonneberg rischen Ziel der Versorgungsfunktion mit Gütern des qualifizier- und Petting. Versorgung der Touristen. ten Grundbedarfs. Laut Regionalplan kommt der Gemeinde Wa- ging auch ein Nahversorgungsauftrag für die Nachbargemeinden . Fortentwicklung und Attraktivierung der Angebotsstruktur der Petting, Taching am See und Wonneberg zu. Durch eine ent- Ortsmitte und damit Stärkung der Leitfunktion der Ortsmitte sprechende Ansiedlungspolitik soll die wohnortnahe Versorgung speziell in den für Waging als zentrenrelevant definierten der eigenen Wohnbevölkerung, wie auch die Versorgung der Sortimenten Einwohner des Nahbereichs sichergestellt werden. . Weiterentwicklung des bestehenden erfolgreichen Versorgungs- (2) Weiterentwicklung des bestehenden erfolgreichen Versorgungs- netzes im Bereich der Nahversorgung. Optimierung des Ange- netzes im Bereich der Nahversorgung. Optimierung des Ange- bots in diesen Bereichen. bots in diesen Bereichen: Generell soll die Entwicklungspriorität . Langfristige Sicherung der Immobilienwerte und damit der auf die Ortsmittenentwicklung, d.h. auf die Entwicklung des Investitionskraft der Haus- und Grundeigentümer zentralen Versorgungsbereiches gelegt werden. Aufgrund be- . Rechts- und Planungssicherheit für Investoren und Stadtplanung/ grenzter Flächenverfügbarkeiten in der Ortsmitte ist die Reali- Wirtschaftsförderung sierung eines qualitativen Nahversorgungsangebotes durch Er- . Dauerhafte Einbindung der betroffenen Verbände, Unternehmer weiterung und Modernisierung der bestehenden Lebensmittel- und Eigentümer im Rahmen eines dynamischen märkte in Kombination mit einer Ansiedlung eines Einzelhandelsentwicklungsprozesses Drogeriemarktes zur Vervollständigung des nahversorgungsrele- vanten Segmentes jedoch in integrierter Lage der Gemeinde

anzustreben. Bevor über Vorhaben im Bereich der Nahversor- gung an dezentraleren Standorten nachgedacht wird, sollten al- le Möglichkeiten einer Ansiedlung an zentraleren Standorten mit hohem Anteil fußläufiger Erreichbarkeit sowie die Entwicklungs- Seite 49 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

optionen bestehender Betriebe abgeprüft werden. Der Fokus 6.2 Planungsrechtliche sollte dabei insbesondere auf der Ansiedlung eines ergänzen- den Drogeriemarktes gelegt werden. Rahmenbedingungen zur Steuerung (3) „Gemeinde der kurzen Wege“: Eine bedarfsorientierte, wohnortnahe Versorgung mit Waren des täglichen und kurzfris- der Einzelhandelsentwicklung tigen Bedarfes nach Maßgabe der wirtschaftlich realistischen Möglichkeiten ist das Ziel. Unnötige Versorgungsfahrten sollten Die größten Veränderungen im Einzelhandel gehen seit Jahren von vermieden werden. der Entwicklung des großflächigen Einzelhandels aus. Der Gesetz- (4) Ressourcenschonung: Ein sparsamer Umgang mit (Gewerbe-) geber hat den Kommunen umfangreiche Möglichkeiten eingeräumt, Flächen unter Berücksichtigung der Ansprüche der gewerbli- die Entwicklung des großflächigen Einzelhandels planungsrechtlich chen Wirtschaft (Vorrangfunktion für höherwertige, gewerbliche zu steuern. Ziele der Landesplanung sind u.a. die Erhaltung und Nutzungen) sichert eine nachhaltige Flächenentwicklung. die Weiterentwicklung der gewachsenen Zentren (Ortsmitten) und (5) Investitionssicherheit: Die eindeutige planerische Festlegung auf die Sicherstellung qualifizierter wohnungsnaher Angebote mit Waren die Bereiche, in denen die zukünftige Einzelhandelsentwicklung des täglichen Bedarfs. Vorhaben an nicht-integrierten Standorten, stattfinden soll, schützt bereits getätigte Investitionen in Be- die dieser Zielsetzung widersprechen, können von den Kommunen standslagen und schafft Sicherheit für zukünftige Investitionstä- bei Einsatz der entsprechenden planungsrechtlichen Instrumente tigkeiten im Einzelhandel. abgelehnt werden. Negativwirkungen können vor allem dann von Betrieben ausgehen, wenn diese überwiegend zentren- oder nahversorgungsrelevante Sortimente anbieten und sie außerhalb des im folgenden

Zentrenkonzept ausgewiesenen Zentrums angesiedelt werden sollen. Diese Sortimente zeichnen sich dadurch aus, dass sie prägend für das Einzelhandelsangebot der betroffenen Versorgungsbereiche und deren Besucherattraktivität sind. Für die zentrenrelevanten Sorti- mente des Innenstadtbedarfs sei exemplarisch auf die Warengrup- pen Bekleidung/ Wäsche, Schuhe, Lederwaren, Glas, Porzellan, Ke- ramik und Uhren sowie Schmuck verwiesen. Es handelt sich um Warengruppen, die typischerweise viele Innenstadt- und Ortsmitten- besucher anziehen, oftmals einen geringen Flächenanspruch haben und somit auch von kleinteiligen Fachgeschäften gewinnbringend angeboten werden können. Darüber hinaus werden diese Angebote häufig mit anderen Innenstadt- bzw. Ortsmittennutzungen nachge- fragt und sind überwiegend ohne Pkw transportierbar.

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Fazit 6.3 Sortimentsliste („Waginger Im Folgenden wird für die Marktgemeinde Waging am See eine „Waginger Sortimentsliste“ definiert sowie ein zentraler Sortimentsliste“) Versorgungsbereich gemäß §34 Abs. 3 BauGB bzw. §9 Abs. 2a BauGB abgegrenzt. Ergänzend zu obigen Zielen ist es in Einzelhandelskonzepten obli- Die zukünftige Einzelhandelsentwicklung gilt es durch klare, gatorisch eine begründete ortsspezifische Sortimentsliste zur Diffe- steuernde Vorgaben zu sichern. So ist das Einzelhandelskonzept renzierung von zentrenrelevanten und nicht-zentrenrelevanten Sor- timenten aufzustellen, die bei formellen Planverfahren zur Steue- durch den Gemeinderat als städtebauliches Entwicklungskonzept (im rung von Einzelhandelsansiedlungen Teil der Bebauungspläne ist. Sinne von §1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) zu beschließen. Damit wird sichergestellt, dass das Einzelhandelskonzept ebenso wie Sortimente des Innenstadtbedarfs (zentrenrelevante Sortimente) so- städtebauliche Rahmenpläne o.ä. im Rahmen der Bauleitplanung wie sind primär den zentralen Versorgungsbereichen und den Nah- berücksichtigt werden muss. Um die Bedeutung des zentralen versorgungszentren (Sortimente des Nahversorgungsbedarfs) vorbe- Versorgungsbereiches und der „Waginger Sortimentsliste“ halten. Bei Ansiedlungen außerhalb sind Verträglichkeitsprüfungen hervorzuheben, sollten diese Elemente des Konzeptes in einem als obligatorisch anzusehen, um mögliche schädliche Wirkungen auf gesonderten Beschluss verabschiedet werden. die städtebauliche Funktion und Ordnung der zentralen Versor- gungsbereiche auszuschließen und eine Vereinbarkeit mit dem Zur planungsrechtlichen Absicherung der Definition sollte das Einzelhandelskonzept per Grundsatzbeschluss verabschiedet werden. Zentrenkonzept zu überprüfen. Waren des sonstigen Bedarfs (nicht- Darüber hinaus ist die bauleitplanerische Umsetzung nach zentrenrelevante Sortimente) hingegen sind im Sinne der Systema- tik grundsätzlich für alle Gebiets- und Zentrentypen geeignet. §10 oder 12 des BauGB nötig. Erst dann entsteht die erforderliche Außenwirkung13. 6.3.1 Grundlegende Notwendigkeit ortsspezifischer Sortimentslisten

Gemäß der Rechtsprechung der vergangenen Jahre (u.a. Urteil OVG Münster vom 22. April 2004 – 7a D 142/02 NE) kann eine Kom- mune unter anderem zur Verfolgung des Ziels „Schutz und Stär- kung der Attraktivität und Einzelhandelsfunktion der Innenstadt“ den Einzelhandel mit bestimmten Sortimenten innerhalb eines Be- bauungsplanes ausschließen.14 Auch das Bundesverwaltungsgericht

14 Siehe hierzu auch: OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Juni 2006 – 1 KN 155/05: „§ 13 OLG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.11.2008, AZ.: 10 A 1512/07 1 Abs. 4 – 9 BauNVO bietet eine Grundlage für den Ausschuss von Einzelhandel Seite 51 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

kommt in einem Urteil vom 26.03.2009 (4 C 21.07) zu dem Ergeb- aufnehmen, die in der Innenstadt derzeit nicht (mehr) vorhanden nis, dass ein „(nahezu) vollständiger Einzelhandelsausschluss durch sind, deren Ansiedlung dort aber erwünscht ist.“15 das Ziel einer Stärkung der in einem Gesamtstädtischen Einzelhan- Das OVG Münster weist zudem in einem Urteil vom 03.Juni 2002 delskonzept ausgewiesenen Stadtbezirks- und Ortsteilzentren als (7a D 92/99.NE) darauf hin, dass keine allgemeingültige Sorti- städtebaulich gerechtfertigt angesehen“ werden kann. Ein Aus- mentsliste besteht. „Es gibt keine Legaldefinition dafür, wann sich schluss von Sortimenten kann diejenigen Sortimente umfassen, de- ein Warensortiment als ‚zentrenrelevant’ erweist. Ebenso wenig legt ren Verkauf typischerweise in den zentralen Versorgungsbereichen der für das Land Nordrhein-Westfalen ergangene Einzelhandelser- einer Stadt erfolgt und in einer konkreten örtlichen Situation für lass 1996 (MBI NRW 1996 S. 922) verbindlich fest, dass bestimmte die jeweiligen zentralen Versorgungsbereiche von erheblicher Be- Sortimentsgruppen ‚zentrenrelevant’ sind“. Das Gericht weist viel- deutung ist. Der Rechtsprechung folgend müssen solche Ausschlüs- mehr auf die Notwendigkeit der individuellen Betrachtung der jewei- se besonders städtebaulich gerechtfertigt sein (s. §1 Abs. 9 BauN- ligen örtlichen Situation insbesondere bei vollkommenem Aus- VO). Die Maßstäbe, die an eine solche Einzelhandelssteuerung von schluss der angeführten Sortimente hin. Auch der VGH Baden- den Gerichten gestellt werden, implizieren jedoch auch, dass ohne Württemberg folgt dieser Sichtweise in einem Urteil vom 02.05.2005 vorliegendes aktuelles Einzelhandelskonzept eine städtebauliche Be- (8 S 1848/04). „Sollen in einem Sondergebiet für großflächigen gründung nicht rechtssicher ist. Dies umfasst auch die Erarbeitung Einzelhandel und Gewerbe zentren- und nahversorgungsrelevante einer spezifischen, auf die jeweilige örtliche Situation angepassten Sortimente ausgeschlossen werden, bedarf es einer individuellen Sortimentsliste, die es ermöglicht, die besondere Angebotssituation Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation. Die bloße Übernah- und ggf. zukünftige Planungsabsichten zu berücksichtigen. me der Anlage zum Einzelhandelserlass des Wirtschaftsministeriums Auch das VGH Mannheim unterstreicht in dem Urteil vom vom 21.2.2001 (GABl. S. 290) als textliche Festsetzung ohne Unter- 30.01.2006 (3 S 1259/05) noch einmal die Relevanz von ortspezifi- suchung des vorhandenen Angebotsbestands genügt diesen Anfor- schen Sortimentslisten, insbesondere vor dem Hintergrund zukünfti- derungen nicht.“ ger Planungen: „Verfolgt die Gemeinde mit dem Ausschluss innen- stadtrelevanter Einzelhandelssortimente in einem Gewerbegebiet das Ziel, die Attraktivität der Ortsmitte in ihrer Funktion als Versor- 6.3.2 Grenzen einer Sortimentsliste gungszentrum zu erhalten und zu fördern, darf sie in die Liste der Die Differenzierung der einzelnen Sortimente muss jedoch marktüb- ausgeschlossenen innenstadtrelevanten Sortimente auch Sortimente lichen Gegebenheiten entsprechen.16 Dabei kann aus Listen in Orientierungshilfen (z. B. LEP Bayern, Einzelhandelserlass Hessen) die ortsspezifische Sortimentsliste hergeleitet werden, wenn dadurch bestimmte Arten von Anlagen i. S. des §1 Abs. 9 BauNVO gekenn-

15 oder innen-stadtrelevanten Sortimente auch dann, wenn das Plangebiet nicht Siehe hierzu auch: OVG Münster, Urteil vom 03.Juni 2002 – 7 A 92/99.NE; unmittelbar an die Innenstadt oder den Bereich angrenzt, zu dessen Schutz die insbesondere bei vollkommenem Ausschluss von Sortimenten Gemeinde von dieser Feinsteuerungsmöglichkeiten Gebrauch macht.“ 16 vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.10.2001 Az. 4 BN 45.01 Seite 52 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

zeichnet werden. „Auch eine Typisierung nach – in einer auf die Dies gilt auch für bekanntere, stadtspezifische Listen wie bspw. die konkret planende Gemeinde bezogenen Sortimentsliste enumerativ „Kölner Liste“ oder „Ulmer Liste“. Das macht aus Sicht der cima und abschließend aufgeführten – nahversorgungs- und die Aufstellung einer auf die jeweilige Stadt angepassten kommuna- zentrenrelevanten Sortimenten begegnet […] im Ergebnis keinen len Sortimentsliste erforderlich. grundsätzlichen Bedenken (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. Eine solche Liste muss dann, soll sie in der Stadtplanung bauleit- 18.09.2009 Az. 7 D 85/08.NE)“.17 Ferner sollte die Sortimentsliste planerische Anwendung finden, politisch per Stadtrats- bzw. Ge- nicht abschließend formuliert sein, sondern einen Entwicklungsspiel- meinderatsbeschluss bestätigt werden. Dies nützt letzten Endes raum aufweisen, um auch Sortimente zuordnen zu können, die auch den Betroffenen (Investoren, Immobilienbesitzer, vorhandene nicht explizit erwähnt sind. Der Feindifferenzierung einzelner Sorti- Einzelhandelsbetriebe), die sich aufgrund der Verbindlichkeit der mente sind zudem Grenzen gesetzt. Die Bildung unbestimmter Ka- Festsetzungen auf eine gewisse Investitionssicherheit (auch außer- tegorien wie beispielsweise „großformatige Musikalien“ oder „groß- halb des jeweiligen „beschränkten“ Gebietes) verlassen können. formatige Sportgeräte“ können nicht hinreichend definiert werden und die Reichweite des jeweiligen Sortimentsausschlusses kann nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Zudem zeigt sich die Problematik 6.3.3 Kriterien zur Zentrenrelevanz einzelner im Bereich des generellen Ausschlusses von zentrenrelevanten Sor- Sortimente timenten. Da auch nicht zentrenrelevante Betriebe als begleitendes Angebot (Randsortiment) zentrenrelevante Angebote führen, ist ein Die Entwicklung einer Sortimentsliste für Waging am See soll trans- genereller Ausschluss aus Sicht der Rechtsprechung kritisch zu be- parent und nachvollziehbar sein. Dabei sind zum einen allgemeine trachten, da kaum Betriebsformen existieren, die ohne Randsorti- Kriterien zu beachten und zum anderen ortsspezifische Entwicklun- mente auskommen. Eine Festsetzung in Bebauungsplänen (GE, MI gen bzw. (aktuelle) Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Einord- etc.) hinsichtlich des Ausschlusses zentrenrelevanter Kernsortimente nung der Sortimente hinsichtlich der Zentrenrelevanz kann auch und der Festsetzung maximaler Verkaufsflächen im Bereich der vom Planungswillen der Gemeinde bzw. den Zielvorstellungen von Randsortimente (z. B. max. 10 % der Verkaufsfläche aber nicht Politik und Stadtverwaltung geprägt sein. Die alleinige Betrachtung mehr als 800 m² bei großflächigen Betrieben [>800 m² Verkaufsflä- der aktuellen Situation und Verkaufsflächenverteilung in Waging che] oder 80 m² bei kleinflächigen Betrieben [<800 m²]) sollte da- kann lediglich als Anhaltspunkt dienen. Für die Zentrenrelevanz sind u. E. mitentscheidend: her im Vordergrund stehen.18 Für die räumliche Lenkung der Einzelhandelsentwicklung bedeute dies, dass der bloße Übertrag einer allgemeinen Sortimentsliste – Nachfrage im Zusammenhang mit anderen Nutzungen zum Beispiel die Sortimentsliste des LEP Bayern – auf die spezifi- Kopplungsmöglichkeiten mit anderen Nutzungen, die zumeist in der sche Situation innerhalb einer Kommune nicht zu empfehlen ist. Ortsmitte angeboten werden, sind für die Abwägung der Zentrenre-

levanz mit zu berücksichtigen. Als Beispiele sind hierbei öffentliche 17 Vgl. VG Bayern (Regensburg) RO 2 K 09.2419 vom 22. Juli 2010 Einrichtungen (Rathaus, Bibliothek etc.) oder auch konsumnahe 18 Vgl. OVG Münster 10 D 52/08.NE vom 04. Dezember 2009 Seite 53 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Dienstleistungsbetriebe (u.a. Banken, Friseure, Reisebüros, Gastronomiebetriebe, Ärzte etc.) zu verstehen. Der Branchenmix einer Ortsmitte sollte attraktiv und möglichst komplett sein. Daher können auch Branchen, die aufgrund der je- weiligen Kundenfrequenz auf den ersten Blick nicht per se zentren- relevant erscheinen, ebenfalls der Innenstadt vorbehalten sein, um einen für den Kunden attraktiven, vollständigen Branchen-Mix zu gewährleisten. Die hohe Verbundwirkung einiger Sortimente untereinander führt ebenfalls zu Kombinationen, die als zentrenrelevant gelten müssen. Oftmals sind Kopplungskäufe zwischen Lebensmitteln und Drogerie- waren sowie Bekleidung und Schuhen zu beobachten. Die Ver- bundwirkung der einzelnen Sortimente ist bei der Festlegung der Zentrenrelevanz somit ebenfalls zu beachten.

Einfacher Warentransport Die Größe und Transportfähigkeit der Waren spielt eine weitere Rolle bei der Zentrenrelevanz von Sortimenten. Großformatige Wa- ren, die einen gewissen Ausstellungsbedarf haben und meist mit dem Auto transportiert werden müssen, sind möglicherweise für die zentralen Standorte weniger geeignet. So kann der Flächenbedarf und die Warenlogistik von Betrieben mit einem solchen Sortiments- schwerpunkt oftmals nicht in der Innenstadt erfüllt werden (z. B. Baumärkte, auch diverse Möbel-Anbieter). Im Gegensatz dazu ste- hen die sog. „Handtaschensortimente“. Diese Waren sind kleinfor- matig und können leicht transportiert werden. Bekleidung oder auch Schuhe fallen hierunter. Durch eine Lieferung frei Haus kann dieser Standortfaktor natürlich von Anbietern umgangen werden, solange sich dadurch für den Anbieter kein Wettbewerbsnachteil gegenüber der großformatigen Konkurrenz ergibt (z. B. Möbel- Mitnahme).

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„Frequenzbringer“ Die Flächenverfügbarkeit im innerörtlichen zentralen Versorgungsbe- Je nach Stadt-/Gemeindegröße fungieren unterschiedliche Sorti- reich muss als weiterer Diskussionspunkt beachtet werden. Ohne mente als Frequenzbringer für die Innenstadt/Ortsmitte. In einem die Möglichkeit zeitgemäße, moderne Flächen in der Ortsmitte zu Grundzentrum sind die Frequenzbringer der Ortsmitte vorrangig in entwickeln bzw. vorhandene Flächen zu modernisieren, sind die den nahversorgungsrelevanten Branchen zu finden. Aber auch eini- Entwicklungsmöglichkeiten eines zentralen Versorgungsbereiches ge Branchen des mittel- und langfristigen Bereiches (u.a. Beklei- eingeschränkt. dung, Schreibwaren, Optik, Spielwaren) können hier durchaus ange- siedelt sein und zu einer entsprechenden Kundenfrequenz beitra- gen. Neben ihrer ergänzenden frequenzbringenden Eigenschaft tra- Aktueller Bestand gen diese Sortimente erheblich zur Stärkung einer Innenstadt/ Die Flächenverteilung des aktuellen Bestandes im Gemeindegebiet Ortsmitte bei. sollte als wichtiger Anhaltspunkt für die Zentrenrelevanz von Sorti- menten dienen. Dabei steht im Fokus der Betrachtung, ob die je- weiligen Angebote in integrierten Lagen oder nicht-integrierten La- Beratungsintensität gen zu finden sind. Die aktuelle Standortverteilung (Verkaufsfläche Die Angebotsformen einer Innenstadt/ Ortsmitte umfassen in erster in m² nach Lagekategorien) dient dabei als Grundlage für die Be- Linie beratungsintensive Fachgeschäfte, die den Kunden einen wertung der Zentrenrelevanz. Mehrwert beim Einkauferlebnis bieten können. Aus diesem Grund sind solche Betriebsformen für einen zentralen Versorgungsbereich eminent wichtig, so dass reine Fachmarktstandorte keine zentralen Erreichbarkeit Versorgungsbereiche darstellen können. Der aktuelle Verkaufsflächenbestand der Ortsmitte in Verbindung mit der Erreichbarkeit der Angebote ist ein wesentlicher Faktor bei Integrierbarkeit/ zukünftige Handelsformate der Bestimmung der Zentrenrelevanz. Nur Angebotsformen, die in Die Integrierbarkeit bestimmter Formate ist ein weiterer Punkt, den fußläufiger Entfernung zueinander positioniert sind, dürfen als Agg- es abzuwägen gilt (siehe auch Warentransport). Aufgrund der Han- lomeration von Nutzungen verstanden werden, so dass die Ortsmit- delsentwicklungen und Marktbestrebungen der Unternehmen darf te einen abgrenzbaren Bereich markiert. eine Diskussion über die Zentrenrelevanz von Sortimenten die An- forderungen diverser Angebotsformen nicht unberücksichtigt lassen. Planungswille der Gemeinde Neben dem Flächenanspruch dieser Betriebsformen ist auch die Die aktuelle Rechtsprechung in Deutschland verlangt bei einer pla- Wirkung auf das Stadtbild zu beurteilen. Ein Gartenfachmarkt, ein nungsrechtlichen Steuerung die Entwicklung einer ortsspezifischen Baumarkt oder ein klassisches Möbelhaus sind beispielsweise nur Sortimentsliste. Der Planungswille der Gemeindeverwaltung und Poli- selten geeignet für einen zentralen Versorgungsbereich. tik kann dabei Auswirkungen auf die Zentrenrelevanz von Sortimen- ten haben. Der Kommune sind hierfür im Rahmen der Selbstverwal- Seite 55 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

tung weitreichende Kompetenzen zugesagt. Die Planungshoheit wird In Waging werden nach Art und Funktion folgende Sortimentsgrup- insoweit bestärkt. Die Herleitung und Begründung einer ortsspezifi- pen unterschieden und für die Sortimentsliste vorgeschlagen. schen Sortimentsliste muss allerdings mit Bezug auf die vorstehen- den Abwägungsmerkmale erfolgen. Nahversorgungsrelevante Sortimente:

Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie 6.3.4 Diskussion und Vorschlag einer Waginger . täglich/ wöchentlich benötigt werden, Sortimentsliste . i.d.R. wohnortnah angesiedelt sind, Im Zuge einer Vereinfachung von Ansiedlungsanfragen in Waging . vom Kunden sofort mitgenommen und meist problemlos soll zunächst eine „Waginger Sortimentsliste“ entwickelt werden, die transportiert werden können, als Grundlage dienen soll. Im Zuge der Erarbeitung des Einzelhan- . jedoch eine Tendenz zum Wochenendeinkauf (Autotransport - delskonzeptes ist die Anpassung der LEP-Liste (vgl. Landesentwick- Parkplatzverfügbarkeit) erkennbar ist. lungsprogramm Bayern 01.09.2013, Anlage 2) an die standortspezi- Mit Blick auf die Einzelhandelsstrukturen der Gemeinde Waging und fischen Gegebenheiten vollzogen worden. Die „Waginger Liste“ dient die formulierten Zielvorstellungen sind die nachfolgenden Sortimen- der einheitlichen Beurteilung der Zentrenrelevanz von Vorhaben. Sie te als nahversorgungsrelevant zu bezeichnen. soll bei allen Vorhaben in die landesplanerische und städtebauliche . Arzneimittel (Apotheken) Beurteilung im Rahmen der Prüfverfahren herangezogen werden. Die „Waginger Sortimentsliste“ ist somit ein wichtiges Instrument zur . Drogerieartikel, Parfümerieartikel Umsetzung der städtebaulichen Zielsetzung der Gemeinde Waging . Lebensmittel: Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und der Leitlinien zur Handelsentwicklung. Sie dient in erster Linie . Reformwaren, Naturkost dem Schutz und der Entwicklung des zentralen Versorgungsberei- . Schnittblumen ches sowie der Sicherung einer wohnortnahen Grundversorgung. Sie . Zeitschriften, Zeitungen soll nicht den Wettbewerb behindern sondern eine räumliche Zu- ordnung vornehmen, wo dieser Wettbewerb stattfinden soll. Neben der Definition von zentrenrelevanten und nicht- Aufgrund der Funktion der Ortsmitte als Wohnstandort sind die zentrenrelevanten Sortimenten wurden für Waging auch nahversor- aufgeführten Sortimente selbstverständlich dort zulässig. gungsrelevante Sortimente ausgewiesen, die natürlich auch Zentren- Die Aufstellung berücksichtigt die nachfolgenden spezifischen As- relevanz besitzen. Nahversorgungsrelevante Sortimente dienen pekte des Handels in Waging sowie das allgemeine Verbraucher- überwiegend dem täglichen oder kurzfristigen Bedarf und sind ins- verhalten: besondere in kleineren Zentren wichtige Frequenzbringer für andere Die angeführten Sortimente sind in der zum Großteil in der Orts- Betriebe und Funktionen. mitte sowie in integrierten und dennoch verkehrlich gut erreichba- ren Lagen vertreten und tragen maßgeblich zur Versorgungsfunkti-

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on bei. Ein Ausbau der wohnungsnahen Versorgung mit Waren des Zentrenrelevante Sortimente: täglichen Bedarfs gehört zu den Zielen des Einzelhandelskonzeptes. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie . Die über die Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel hinaus . aufgrund ihrer Attraktivität und ihres Kundenaufkommens aufgeführten Warengruppen stellen Waren des täglichen Bedarfs wichtige Frequenzbringer für andere Zentrenfunktionen sind, dar, deren Kauf häufig mit dem Lebensmitteleinkauf verbunden . prägend für die Innenstadt/ das Ortszentrum oder andere wird. Die Aufstellung entspricht somit dem allgemeinen zentrale Versorgungsbereiche sind und dort auch überwiegend Verbraucherverhalten und unterstützt die auch im angeboten werden, Einzelhandelsentwicklungskonzept als Ziel formulierte Sicherstellung einer wohnungsnahen Versorgung der Bevölkerung. . vom Kunden sofort mitgenommen und meist problemlos transportiert werden können, . Bei der Warengruppe „Blumen“ wird eine Differenzierung zwischen Schnittblumen und sog. gartenmarktspezifischen . i.d.R. einer zentralen Lage bedürfen, da sie auf Kundenfrequenz Sortimenten vorgenommen: Während Schnittblumen nicht nur anderer Betriebe angewiesen sind, häufig über Fachgeschäfte in den Innenstädten und Ortszentren, . Konkurrenz benötigen, um positive Agglomerationseffekte sondern auch über Geschäfte in Neben- und entstehen zu lassen. Nahversorgungszentren verkauft werden und daher als Die nachfolgenden Warengruppen werden als zentrenrelevant ein- nahversorgungsrelevantes Sortiment anzusehen sind, werden gestuft, da sie zu den Kernsortimenten des mittelständischen, Waren des Gartenbedarfes (z.B. Erde, Torf), Gartenhäuser, - Struktur prägenden Facheinzelhandels gehören und teilweise bereits geräte, Pflanzen und -gefäße vor allem über Gartenmärkte heute in der Ortsmitte Wagings angeboten werden. verkauft, die u.a. aufgrund ihrer geringen Flächenproduktivität . Bekleidung, Wäsche, Strümpfe und des Flächenbedarfes in integrierten Lagen nur noch . Brillen und -zubehör, optische Erzeugnisse, Hörgeräteakustik eingeschränkt wirtschaftlich rentabel zu betreiben sind. Gartenmarktspezifische Sortimente werden daher als nicht- . Lederwaren, Kürschner-, Galanteriewaren (inkl. Pelze, Taschen, zentrenrelevant eingestuft. Schulranzen) . Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren, Schulbedarf . Schuhe und Zubehör . Uhren, Schmuck . Antiquitäten, Kunstgegenstände . Glas, Porzellan, Keramik, Geschenkartikel, Haushaltswaren, Silberwaren . Antiquitäten, Kunstgegenstände . Sport- und Campingartikel

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. Haus- und Heimtextilien, Bettwaren Nicht-zentrenrelevante Sortimente sind hingegen vor allem Sorti- mente, die Ebenfalls als zentrenrelevant eingestuft wurden die nachfolgenden . aufgrund ihres hohen Flächenbedarfes und mangels eben dieser Sortimente. Es handelt sich hierbei um Warengruppen, die bislang großen Flächen in städtebaulich integrierten Lagen nur sehr in der Ortsmitte nicht oder nur in begrenztem Umfang vorhanden schwer anzusiedeln sind (z. B. Möbel-Kaufhäuser, Baumärkte), sind. Sie stellen jedoch Entwicklungspotenziale zur Weiterentwick- . sehr sperrige Maße aufweisen und nur relativ aufwendig zu lung der Ortsmitte dar. Zudem handelt es sich um Waren, die hin- transportieren sind (Autotransportwaren), sichtlich der Angebotspräsentation und des Warenabtransportes . i.d.R. nur über eine geringe Flächenproduktivität verfügen, durch den Kunden mit den vorhandenen örtlichen Gegebenheiten . überwiegend bereits an nicht-integrierten Standorten angeboten ohne Einschränkungen in Einklang zu bringen sind: werden. . Baby- und Kinderartikel Folgende Leitsortimente werden als nicht-zentrenrelevant eingeord- . Bücher net, da sie bislang keine strukturprägende Bedeutung für die Orts- . Devotionalien mitte Wagings haben, die Unterbringung marktüblicher Anbieter mit . Feinmechanische Erzeugnisse den städtebaulichen und verkehrlichen Rahmenbedingungen nicht oder nur sehr schwierig in Einklang zu bringen ist und/ oder auch . Foto und Fotozubehör, Film zukünftig von diesen Anbietern keine besonderen Entwicklungsim- . Hobby- und Sammelbedarf (z.B. Musikinstrumente, Briefmarken) pulse für die Ortsmitte erwartet werden: . Zooartikel (inkl. Tiere und Tiernahrung) . Autozubehör, -teile, -reifen . Stoffe, Kurzwaren, Handarbeitsbedarf, Bastelartikel . Badeeinrichtung, Installationsmaterial, Sanitärerzeugnisse . Spielwaren . Baumarktartikel, Bauelemente, Baustoffe . Orthopädische und medizinische Produkte (Sanitätsbedarf) . Boote und Zubehör Ferner sind u. E. folgende, laut LEP-Liste als nicht zentrenrelevant . Brennstoffe, Holz- und Holzmaterialen, Kohle, eingestufte Sortimente in Waging am See als zentrenrelevant zu Mineralölerzeugnisse bewerten, da sie bereits heute in großen Umfang in der Waginger . Büromaschinen Ortsmitte vorhanden sind und ebenfalls eine zentrenprägende Wir- kung entfalten: . Computer und Zubehör, Telekommunikation . Fahrräder und Zubehör . Farben, Lacke, Tapeten, Teppiche, Bodenbeläge . Haushaltselektronik („weiße Ware“) . Gartenartikel, Gartenbedarf, Pflanzen . Leuchten und Zubehör . Möbel (inkl. Matratzen, Küchen, Gartenmöbel, Kinderwagen) . Unterhaltungselektronik („braune Ware“)

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. Waffen, Jagd-, Reit- und Angelbedarf Zusammenfassend wird der Marktgemeinde Waging am See zum . Werkzeuge, Eisenwaren Erhalt der Funktionalität des Zentralen Versorgungsbereiches die nachfolgende „Waginger Sortimentsliste“ vorgeschlagen. Sie dient

als Empfehlung zur Beschlussfassung durch den Gemeinderat Auf folgende Einzelaspekte ist in diesem Zusammenhang hinzuwei- sen: Zooartikel, Tiere und Tiernahrung: Tiere und zoologische Artikel werden als zentrenrelevant definiert, da dieses Sortiment bereits heute nahezu ausschließlich im Ortskern angesiedelt ist und ein ausschließlicher Fokus dieses Sortimentes auf die Ortsmitte dem Planungswillen der Gemeinde gleich kommt. Deshalb wird das Sor- timent als zentrenrelevant eingestuft. Elektrogeräte („weiße Ware“), Unterhaltungselektronik („braune Wa- re“) Computer und Kommunikationselektronik, einschl. Zubehör: Der gesamte Bereich Elektrogeräte wird für Waging als nicht- zentrenrelevant eingeordnet, da es sich hierbei um ein Sortiment handelt, das bislang im gesamten Gemeindegebiet nur sehr einge- schränkt angeboten wird. Um überhaupt eine mögliche Ansiedlung von entsprechenden spezialisierten Fachgeschäften im Gemeindege- biet zu ermöglichen, werden diese Warengruppen als nicht- zentrenrelevant eingestuft. Da zugleich eine Zuordnung der Waren- gruppe Foto zu den zentrenrelevanten Sortimenten erfolgt, wäre dieses Sortiment im Falle eines marktüblichen Unterhaltungselekt- ronikfachmarktes auszuschließen. Als Randsortiment wäre eine de- zidierte Prüfung potenziell schädlicher Auswirkungen zu vorzuneh- men. Fährräder und Zubehör: Das Sortiment Fahrräder ist in Waging be- reits stark vertreten und wird im gesamten Gemeindegebiet durch einige Anbieter offeriert. Im Ortskern sind ebenfalls zwei Fachge- schäfte vertreten, welche den Branchenmix im Zentrum maßgeblich mitbestimmen, weshalb dieses Sortiment ebenfalls als zentrenrele- vant einzustufen ist.

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Tab. 7 „Waginger Sortimentsliste“

Zentrenrelevante Sortimente Nicht-zentrenrelevante Sortimente

. Antiquitäten, Kunstgegenstände . Autozubehör, -teile, -reifen . Baby- und Kinderartikel . Badeeinrichtung, Installationsmaterial, Sanitärerzeugnisse . Bekleidung, Wäsche, Strümpfe . Baumarktartikel, Bauelemente, Baustoffe, Eisenwaren . Brillen und -zubehör, optische Erzeugnisse . Boote und Zubehör . Bücher, Zeitungen, Zeitschriften . Brennstoffe, Holz- und Holzmaterialen, Kohle, . Devotionalien Mineralölerzeugnisse . Feinmechanische Erzeugnisse . Elektronikartikel (Unterhaltungselektronik („braune Ware“), Haushaltselektronik („weiße Ware“), Computer . Foto und Fotozubehör und Zubehör . Glas, Porzellan, Keramik, Geschenkartikel, . Farben, Lacke, Tapeten, Teppiche, Bodenbeläge Haushaltswaren, Silberwaren . Gartenartikel, Gartenbedarf, Pflanzen . Haus- und Heimtextilien, Bettwaren . Leuchten und Zubehör . Lederwaren, Kürschner-, Galanteriewaren . Möbel, Küchen . Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren, Schulbedarf . Stoffe, Kurzwaren, Handarbeitsbedarf, Bastelartikel . Sportartikel, Campingartikel . Waffen, Jagd- und Angelbedarf . Hobby- und Sammelbedarf . Fahrräder und Zubehör . Zooartikel, Tiere Nahversorgungsrelevante Sortimente . Arzneimittel, orthopädische und medizinische Produkte . Schnittblumen . Drogeriewaren, Parfüms, Kosmetika . Wasch- und Putzmittel . Lebensmittel: Nahrungs- und Genussmittel, Getränke . Reformwaren, Naturkost

Quelle und Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Seite 60 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

6.4 Zentrenkonzept 3 BauGB bildet, bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung der städtebaulich relevanten Gegebenheiten. Auch eine räumlich kon- zentrierte Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben, die darauf ange- 6.4.1 Vorbemerkung: Zum Begriff der zentralen legt ist, einen fußläufigen Einzugsbereich zu versorgen, kann einen Versorgungsbereiche zentralen Versorgungsbereich i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB bilden. Ent- Der Begriff des „zentralen Versorgungsbereichs“ ist als „Planungs- scheidend ist, dass der Versorgungsbereich nach Lage, Art und kategorie“ erstmals mit der Neuregelung § 34 Abs. 3 BauGB in das Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in ei- Baurecht eingeführt worden. Demnach ist für die Genehmigung von nem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff Ansiedlungsvorhaben im sogenannten unbeplanten Innenbereich ist nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, nicht nur das Einfügen in die nähere Umgebung Voraussetzung. Es sondern funktional zu verstehen. Zentralität kann durchaus kleintei- 19 wurde auch festgesetzt, dass „keine schädlichen Auswirkungen“ auf lig sein“. zentrale Versorgungsbereiche in der Standortgemeinde oder be- nachbarten Gemeinden zu erwarten sein dürfen. Die Raumordnungsverordnungen und die Rechtsprechung liefern Was „zentrale Versorgungsbereiche“ konkret sind, wie sie abzu- außerdem Hinweise und Vorgaben für die räumliche Abgrenzung grenzen sind und worin sie sich konkret manifestieren, wurde vom zentraler Versorgungsbereiche: Gesetzgeber nicht vorgegeben. Verwiesen wird auf die Planungspra- . Innerhalb eines Gemeindegebietes sind zentrale xis und die Kommentierung durch die Rechtsprechung. Gesetzge- Versorgungsbereiche räumlich abzugrenzen. bungsinitiativen einzelner Bundesländer bzw. die Verankerung des . Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass eine Stadt bzw. Begriffs „zentraler Versorgungsbereich“ in Raumordungsprogrammen Gemeinde mehrere zentrale Versorgungsbereiche ausweisen oder Einzelhandelserlässen haben ebenfalls zu einer weiteren Aus- kann. Dies gilt insbesondere für polyzentrisch strukturierte gestaltung des planungsrechtlichen Instrumentariums geführt. Städte und Gemeinden mit eigenständigen Stadt-/ Ortsteilen Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Definition des Begriffs und Siedlungsbereichen oder Städte mit ausgeprägten „zentraler Versorgungsbereich“ erarbeitet, die bereits in zahlreichen Stadtteilstrukturen und deutlicher Aufteilung von Urteilen und Beschlüssen zitiert wurde und daher als allgemeingül- Versorgungsbereichen. tig gelten kann: . Zentrale Versorgungsbereiche müssen eindeutig bestimmt sein. „Zentrale Versorgungsbereiche i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB sind nach Es reicht nicht aus, sie vage, z.B. als kreisförmige Markierung, der Rechtsprechung des Senats räumlich abgrenzbare Bereiche ei- zu definieren. Es hat eine gebietsscharfe Abgrenzung zu ner Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzun- erfolgen, um eindeutig zu definieren, welche Betriebe oder gen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastrono- mische Angebote – eine Versorgungsfunktion über den unmittelba- ren Nahbereich hinaus zukommt. Bei der Beurteilung, ob ein Ver- sorgungsbereich einen zentralen Versorgungsbereich i.S.d. § 34 Abs. 19 BVerwG Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 Seite 61 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Grundstücke im zentralen Versorgungsbereich liegen und somit der häufige Fall eines Vollsortimenters, eines benachbarten schützenswert sind.20 Discounters und weiterer Fachmärkte an einer Ausfahrtsstraße). . Für die Abgrenzung der zentralen Versorgungsbereiche sind die angeführten Kriterien zu beachten (Vielfalt und Umfang der Grundsätzlich gilt es, die aktuelle Situation und die zukünftigen Angebote, Nutzungsmix, integrierte Lage, verkehrliche Entwicklungsmöglichkeiten gleichermaßen zu berücksichtigen. Bei Erreichbarkeit). Neben den vorhandenen Strukturen sind der Beurteilung vor Ort, ob ein Einzelhandelsstandort als zentraler Darstellungen und Festsetzungen in Bauleitplänen bzw. in Versorgungsbereich einzustufen ist, hat die cima in Anlehnung an Raumordnungsplänen ebenso wie sonstige raumordnerische die angeführten Rechtsvorschriften folgende Bewertungsmaßstäbe oder städtebauliche Konzeptionen zu berücksichtigen. Daraus angelegt: ergibt sich, dass zentrale Versorgungsbereiche zum Zeitpunkt . Umfang des vorhandenen Einzelhandelsbesatzes, der Festlegung nicht bereits vollständig als solche entwickelt . Umfang der ergänzenden zentrenprägenden Nutzungen sein müssen; sie sollten zum Zeitpunkt der Festlegung jedoch (Dienstleistungen, Gastronomie, öffentliche, soziale und bereits als Planung eindeutig erkennbar sein. kulturelle Einrichtungen, etc.), . Zentrale Versorgungsbereiche zeichnen sich durch ein . siedlungsstrukturell integrierte Lage, gemischtes Angebot an öffentlichen und privaten Versorgungseinrichtungen (Einzelhandel, Gastronomie, . Erreichbarkeit (insbesondere ÖPNV, fußläufige Erreichbarkeit), Dienstleistungen, Handwerksbetriebe, Büronutzungen, . vorhandene funktionale, städtebauliche und räumliche Wohnungen) aus, die städtebaulich und funktional eine Einheit Strukturen, bilden. Die Vielfalt der erforderlichen Angebote hängt von der . heutige und geplante Versorgungsfunktion, Funktion eines zentralen Versorgungsbereiches ab. In dem . städtebauliche Planungen der Gemeinde. Hauptzentrum einer größeren Gemeinde ist das Angebot vielfältiger als in dem Hauptzentrum einer kleineren Gemeinde. Hierbei gilt es, die aktuelle Situation und die zukünftigen Entwick- Neben- und Nahversorgungszentren ordnen sich hinsichtlich lungsmöglichkeiten gleichermaßen zu berücksichtigen. Ihrer Ausstattung mit Versorgungsangeboten dem Hauptzentrum einer Gemeinde unter. Bei der Beurteilung des Einzelhandelsangebotes sind die Betriebsformen, die nach Branchen differenzierten Angebote sowie die Sortimentsbreite

und -tiefe zu beachten. . Eindeutig nicht als zentraler Versorgungsbereich abzugrenzen ist die bloße Agglomeration mehrerer Einzelhandelsbetriebe (z.B.

20 Vgl. Geyer (2005): Neuregelungen für den Einzelhandel. In: PlanerIn, Heft 3. 2005. Seite 62 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

6.4.2 Zentrenstruktur in Waging am See aus städtebaulicher und funktionaler Sicht nicht als Sonder- oder Nahversorgungsstandorte klassifiziert werden können. Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich nun mit der

Zentrenstruktur der Marktgemeinde Waging am See. Es wird aufge- zeigt, ob Einzelhandelsstandorte als zentrale Versorgungsbereiche 6.4.2.1 Zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“ abgegrenzt werden können und welche Standorte die Kriterien da- für nicht oder noch nicht erfüllen. Mit Hilfe der relevanten Struktur- 6.4.2.1.1 Ausgangssituation kennziffern wird die Bedeutung der einzelnen Bereiche innerhalb Der zentrale Versorgungsbereich „Ortsmitte“ erstreckt sich maßgeb- der gesamt-gemeindlichen Zentrenstruktur erläutert. Darauf aufbau- lich entlang der Salzburger Straße, dem Marktplatz sowie der end erfolgt die Ableitung von Entwicklungsstrategien. Bahnhofstraße. Im Osten reicht der zentrale Versorgungsbereich bis Die cima hat für die Gemeinde Waging einen zentralen Versor- zum Mühlberger Weg. Im Süden wird er aufgrund des gungsbereich definiert. Dabei handelt es sich um die Ortsmitte. Flurstücksverlaufs durch die Ludwig-Felber-Straße begrenzt. Im Wes- Ein weiterer zentraler Versorgungsbereich kann in Waging nicht ten reicht der zentrale Versorgungsbereich bis zur Martinstraße, im ausgewiesen werden. So befinden sich alle weiteren Einzelhandels- Norden bis zur Geppinger Straße. betriebe der Gemeinde in Streulagen und können die Kriterien ei- Die Erfolge der Ortskernsanierung der letzten Jahre sind deutlich nes zentralen Versorgungsbereiches nicht erfüllen. Die vor Ort be- zu erkennen. Maßnahmen zur Stärkung des Ortskerns wurden er- stehende Einzelhandelsagglomeration in nicht-integrierter Lage (Ge- folgreich umgesetzt. Dadurch verfügt die Marktgemeinde heute über werbegebiet) erfüllt weder aus städtebaulicher noch aus funktiona- ein attraktives und einladendes Ortsbild. ler Sicht die Anforderungen eines Zentralen Versorgungsbereiches. Die Waginger Ortsmitte zeichnet sich durch eine Nutzungsmischung an Einzelhandelsbetrieben aus, die durch Gastronomie- und Dienst- Fazit leistungsbesatz ergänzt wird. Auch öffentliche Einrichtungen und Wohnnutzung sind Teil des zentralen Versorgungsbereiches (u.a. Aufgrund der Siedlungsstruktur und des vorhandenen Rathaus). Hier ist sowohl der für die Ortsgröße überdurchschnittli- Einzelhandelsbesatzes schlägt die cima der Gemeinde Waging ein che Besatz an gastronomischen Einrichtungen als auch die Qualität Zentrenkonzept vor, dass aus dem zentralen Versorgungsbereich des öffentlichen Raums herauszustellen. So sind im Ortskern einige „Ortsmitte“ und den ergänzenden Standortlagenbesteht. Restaurants, Cafés und Eisdielen vorzufnden. Ferner ist in der Die grundstückscharfe Abgrenzung entsprechend §34 Abs. 3 BauGB Postgasse 1 ein Ärztehaus angesiedelt, für die Waginger Ortsmitte erfolgt streng nach städtebaulich-funktionalen Kriterien und anhand zentralitätssteigernd auswirkt und einen zusätzlichen Frequenzbrin- des gegenwärtigen Besatzes in den zentrenrelevanten Nutzungen. ger darstellt. So ergeben sich für die Handelsbetriebe zum Teil Im weiteren Gemeindegebiet finden sich weitere Einzelhandelsbe- wichtige Kopplungseffekte mit den vorhandenen Dienstleistern und triebe (Gewerbegebiet „Am Höllenbach“, Edeka an der Wilhelm- den nahegelegenen öffentlichen Einrichtungen (Ärztehaus, Rathaus, Scharnow-Straße), welche an den entsprechenden Standorten je- Banken, etc.). doch nicht in ausreichender Konzentration auftreten, weshalb sie Seite 63 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Der vorhandene Einzelhandelsbesatz wird vornehmlich durch Betrie- Tab. 8 Kennzahlen zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“ be des Kurz- und mittelfristigen Bedarfsbereichs aus. Insgesamt Anzahl der kann dabei schon eine hohe Qualität im Hinblick auf Warenpräsen- Betriebe Verkaufs- tation und Ladengestaltung beispielsweise im Bereich des Beklei- (Hauptsortiment) fläche in m² dungssortiments festgestellt werden. Ebenso finden sich für die La- Lebensmittel 14 1.215 ge im Alpenvorland und der Funktion Wagings als wichtiger Über- Kurzfristiger Bedarfsbereich 5 290 nachtungsort entsprechende Geschäfte, welche etwa Sport- oder Fahrradartikel offerieren im zentralen Versorgungsbereich. Mittel- und langfristiger Bedarf 29 3.645 Einzelhandel insgesamt 48 5.150 Im nahversorgungsrelevanten Bereich sind als klassische Betriebe des Lebensmittelhandwerks zwei Metzgereien sowie fünf Bäckereien, Umsatz in Mio. € 15,3 teils mit größeren gastronomischen Verzehrbereichen ansässig. Fer- Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 ner finden sich zwei Getränkemärkte, ein Reformhaus, ein kleines Lebensmittelfachgeschäft mit Bioangebot sowie ein Lebensmittelge- Wie bereits angedeutet, sind in Ergänzung zu den Einzelhandels- schäft „Nah und Gut“ am Marktplatz. Der Lebensmittelspezialbetrieb nutzungen diverse Dienstleister (z.B. Friseur, Ärztehaus, Banken) an- „Bergader Kulinarium“ rundet das Angebot in der Ortsmitte ab. gesiedelt und auch gastronomische Einrichtungen sind hier zu fin- Derzeit befindet sich noch ein Supermarkt der Firma Edeka im den. Ferner waren zum Zeitpunkt der Erhebung insgesamt zehn zentralen Versorgungsbereich in der Postgasse. Aufgrund von Pla- Leerstände vorhanden, wobei im nördlichen Teil im Bereich der nungen der Liegenschaftseigentümerin am Standort kann derzeit Seestraße eine gewisse Konzentration von Leerständen festzustellen nicht von einem dauerhaften Marktverbleib des Nahversorgrers ist. An dieser Stelle sind die Flächenzuschnitte der Ladenlokale ausgegangen werden. oftmals nicht mehr oder nur noch bedingt zeitgemäß. Darüber hin- Es befinden sich derzeit insgesamt 48 Geschäfte in der Ortsmitte, aus fehlen stärkere Frequenzbringer in diesem Bereich, sodass die auf einer Fläche von rund 5.150 m² einen Umsatz von ca. auch der Publikumsverkehr geringer ausgeprägt ist. 19,1 Mio. € erwirtschaften. Der Verkaufsflächenanteil der Betriebe, Als derzeit einzige, mögliche Potenzialfläche im zentralen Versor- die in der Ortsmitte ansässig sind, macht, gemessen an den Ver- gungsbereich ist die gegenwärtig als Parkplatz genutzte Fläche an kaufsflächen der gesamten Gemeinde Waging, mit rund 52 % einen der Wilhelm-Scharnow-Straße zu nennen, welche sich aufgrund ihrer sehr hohen Teil aus. Dabei sind auch mehr als zwei Drittel der an- Dimensionierung sowie hinsichtlich der Bereitstellung von zentralen sässigen Einzelhandelsgeschäfte in der Ortsmitte situiert. Parkplätzen jedoch nicht für Einzelhandelsentwicklungen anbietet. Die Erreichbarkeit der Ortsmitte ist als gut einzuschätzen. Von der Staatsstraße St2105 ist der zentrale Versorgungsbereich über meh- rere ausreichend ausgebaute Straßen zu erreichen. Von Norden kommend (Seestraße) ist die Erreichbarkeit aufgrund der dortigen Einbahnregelung erschwert. An dieser Stelle sollte u. E. die Beschil-

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derung und damit die Lenkung in den zentralen Versorgungsbe- reich optimiert werden. Hierdurch könnte die Ansteuerung insbe- sondere für nicht-ortskundige Personen erleichtert werden. Abb. 28 Eindrücke zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“

Fotos: CIMA Beratung + Management GmbH, März 2016

Seite 65 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Karte 4 Zentraler Versorgungsbereich Ortsmitte Waging am See

Quelle: eigene Darstellung, CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Seite 66 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

6.4.2.1.2 Entwicklungsstrategien tigen Anforderungen aufgrund ihrer Größe nicht gerecht werden kann, sind im zentralen Versorgungsbereich keine geeigneten Ent- Durch die Festlegung als zentraler Versorgungsbereich ist die wicklungsflächen vorhanden. Auch im Rahmen der Umnutzung vor- Ortsmitte zukünftig vollständig als besonders schützenswert anzu- handener Immobilien können im Abgleich mit den bestehenden An- sehen, so dass großflächige Einzelhandelsvorhaben an anderer forderungen an Flächengröße, -zuschnitt und Andienungsmöglichkei- Stelle keine negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die Orts- ten keine geeigneten Flächen identifiziert werden. mitte hervorrufen dürfen. Um die Ortsmitte jedoch als attraktiven 21 Einkaufs- und Versorgungsstandort mit Treffpunktfunktion langfristig Nach genauer „Potenzialflächenprüfung“ wurden geeignete Flä- zu erhalten und im Wettbewerb mit konkurrierenden Standorten zu chen außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches herausgestellt stärken, muss eine aktive Weiterentwicklung desselben erfolgen. und im Hinblick auf ihre Eignung sowohl aus marktseitiger Sicht als auch aus Sicht einer zentrenorientierten Ortsentwicklung bewertet22. So stellt ein attraktives Ortszentrum, das die wichtigsten Funktio- Dieser Standort soll nicht in Konkurrenz mit dem zentralen Versor- nen für den täglichen und kurzfristigen Bedarf bereithält, ein wich- gungsbereich „Ortsmitte“ treten, sondern eine „gewinnbringende tiges Kriterium für die Lebensqualität in einer Gemeinde dar. Dem- Ergänzung“ zum Ortszentrum und zum räumlich gut verteilten Nah- nach ist die langfristige Stärkung der Ortsmitte als wichtiges Ziel versorgungsangebot in Waging darstellen. Ziel ist, ein Gleichgewicht (vgl. Leitlinien) festzusetzen. Diese Funktionszuweisung beinhaltet zwischen den bestehenden Handelsstandorten in Waging am See eine klare Aufforderung zur aktiven Förderung der Ortsmitte als herzustellen. Die bestehenden Versorgungsstrukturen sollen dabei Einkaufs- und allgemein als Versorgungsstandort. Politik und Ver- strategisch weiter entwickelt, die flächendeckende Nahversorgung waltung sind gefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu gesichert sowie eine zentrums- und bestandsorientierte Entwicklung schaffen, ansässige Einzelhändler und ansiedlungsinteressierte Un- verfolgt werden. ternehmen sollten sich für die Ortsmitte engagieren, Kooperationen des örtlichen Gewerbes geeignete Marketingmaßnahmen ergreifen. Beim zentralen Versorgungsbereich ist verstärkt der Fokus darauf Hier hat die Initiative „Waging bewegt“ bereits in den vergangenen zu richten, den (teils kleinteiligen) Nutzungsbesatz weiter zu etab- Jahren einen positiven Beitrag zur Weiterentwicklung der Waginger lieren und gezielt Schwerpunkte zu setzen.23 Es gilt, vorhandene Ortsmitte geleistet. Diese Arbeit gilt es freilich auch in der Zukunft Angebote zu qualifizieren, weiter auszubauen sowie neue, gewinn- weiterhin erfolgreich fortzusetzen. bringende Nutzungen in der Ortsmitte anzusiedeln. Grundsätzlich wäre hier die Realisierung eines attraktiven modernen Ergänzungsoptionen im Ortskern bieten beispielweise die derzeit Drogeriemarkts als Frequenzbringer und zur Schließung der Ange- dort leer stehenden Ladenlokale. Durch die Ansiedlung neuer, wer- botslücke in Waging am See wünschenswert. Eine alleinige Ansied- lung eines Drogeriemarktes ist auf Grund der Anforderungen der relevanten Anbieter nach aktuellem Sachstand nicht realisierbar. Da 21 Vergleiche hierzu Kapitel 6.5, „Standortprüfungen“ die Fläche an der Postgasse (heutiger Edeka, NKD-Standort) zu- 22 perspektivischer Sonderstandort ohne Funktion eines zentralen künftig von der Liegenschaftseigentümerin anderweitig genutzt wer- Versorgungsbereiches 23 den soll und die Fläche an der Wilhelm-Scharnow-Straße marktsei- z.B. Thema „Qualität“, „unternehmergeführter Einzelhandel“, „Gesundheit“  vgl. hierzu bereits vorhandene „Sogkraft“ durch Ärztehaus Seite 67 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

tiger Betriebe könnte die Einkaufsattraktivität weiter erhöht werden. timierung der digitalen Sichtbarkeit für einige Händler ein geeigne- Das verstärkte Vorhalten qualitätsorientierter Angebotsniveaus, die tes Instrument um die Wahrnehmung insbesondere auch bei den Etablierung hochwertiger Fachgeschäfte sowie attraktiver Spezialan- Besuchern der Marktgemeinde Waging zu erhöhen. bieter stellt eine wertvolle Zielrichtung dar. Die Reduzierung der Leerstände wird der weiteren Entwicklung des Empfehlenswert ist es, den Fokus beim Ausbau des Angebotes auf Waginger Zentrums ebenfalls zuträglich sein. Um „tote Schaufens- die Ansiedlung von zentrentypischen Sortimenten zu legen (vgl. ter“ in der Ortsmitte zu vermeiden, könnte zunächst eine Kaschie- hierzu Sortimentsliste, S. 60, Tab. 7), um einen ortskerntypischen rung der Leerstände anvisiert werden (z.B. mittels hochwertiger Pla- Charakter in der Ortsmitte weiter zu forcieren. Beispielsweise könn- katierung). Auch könnte über die Realisierung von Zwischennutzun- te die Ansiedlung eines Heimtextiliengeschäfts (fehlt bisher in gen nachgedacht werden. Allgemein ist das Thema Vermarktung Ortsmitte) anvisiert werden. In Anbetracht des demographischen der leer stehenden Flächen zu forcieren. Vorhandene leer stehende Wandels wäre ebenfalls die Ansiedlung eines Sanitätswarengeschäf- Ladenlokale sollten für Nach- bzw. Umnutzungen attraktiviert wer- tes in der Ortsmitte denkbar. den (Entfernung von „Altlasten“ wie Werbeschildern an der Fassade Mit den in der Ortsmitte ansässigen Fahrrad-, Sport- und Beklei- o.ä., Ladenzuschnitt, Gestaltung, Ladenlokal). Stabile, attraktive und dungsfachgeschäften ist Waging heute bereits für Besucher der für den Ort „gewinnbringende“ Nachnutzungen sollten schließlich Ortsmitte mit wertigen zentrenprägenden Handelsbetrieben ausge- das langfristige Ziel sein. Hierbei ist empfehlenswert, dass der Dia- stattet, welche insbesondere auch eine Magnetwirkung auf die vor- log mit den Eigentümern gesucht wird, um nicht Gefahr zu laufen, handenen Touristen ausüben. Hier ist u. E. nach Möglichkeit eine dass die „erstbeste“ Nutzung zugelassen wird (Spielothek o.ä.). weitere qualitätsvolle Angebotsergänzung in tourismusrelevanten Auch sollte die Sanierung und Aufwertung renovierungsbedürftiger Sortimentsberiechen (z. B. Bücher oder Spielwaren) zu verfolgen. Immobilien weiterhin verstärkt angegangen werden, um das Ge- Trotz des insgesamt attraktiven Gesamtbilds der Ortsmitte und des samtbild der Ortsmitte weiterhin zu optimieren. Hier sind in erster Handelsbesatzes ist für einige in der Ortsmitte ansässige Anbieter Linie die Haus- und Grundeigentümer gefordert, in eine Modernisie- eine Optimierung u.a. hinsichtlich Sortimentsgestaltung und Waren- rung der Immobilien zu investieren. Die Gemeinde Waging kann präsentation empfehlenswert, um das Gesamtniveau weiter anzuhe- hierzu die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen und im ben. Ein besseres Erscheinungsbild einzelner Geschäfte wäre stim- Rahmen eines kommunalen Förderprogramms unterstützend tätig mig mit der empfohlenen Positionierung auf ein allgemein qualitativ werden. In engem Zusammenhang damit steht außerdem das The- hochwertiges Niveau. In engem Zusammenhang mit einer qualitati- ma „Sanierung der Ortsmitte“. Erstrebenswert wäre es, an bereits ven Weiterentwicklung der Ortsmitte sollten neben hochwertigen geleistete Erfolge anzuknüpfen und die Sanierung der Ortsmitte Warenangeboten und einer attraktiven Warenpräsentation außerdem entsprechend fortzuführen und die Förderkulisse entsprechend zu Themen wie „starke Serviceorientierung“ sowie „Kundenfreundlich- sichern. keit“ im Vordergrund stehen. Entsprechende Qualifizierungs- und Optimierungsmaßnahmen könnten im Rahmen einzelbetrieblicher Beratungen abgeleitet werden. Ebenso ist die Etablierung bzw. Op-

Seite 68 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Außerdem gilt es, die Beschilderung der Ortsmitte zu optimieren. 6.4.2.2 Solitäre Nahversorgungsstandorte Von der Seestraße24 aus kommend, kann man als Nicht- Ortskundiger die Anfahrt zur Ortsmitte nur schwierig finden. So ist 6.4.2.2.1 Ausgangssituation das derzeitige Beschilderungssystem im Ort sehr klein, unscheinbar Die folgenden Lebensmittelbetriebe übernehmen aktuell die maß- und für Autofahrer schlecht lesbar. Eine Anpassung bzw. Optimie- gebliche Nahversorgungsfunktion in der Gemeinde Waging. Ein Dro- rung dieses Konzeptes sollte angegangen werden. geriemarkt befindet sich aktuell nicht in Waging am See. Aufgrund Die Ortsmitte sollte insgesamt in ihrer Funktion als Treffpunkt und des Mangels an ergänzendem Besatz (Dienstleistungen, Einzelhan- Aufenthaltsort gestärkt werden. Die ansässigen Gastronomen leisten del…) erfüllen diese nicht die Voraussetzungen eines zentralen Ver- mit der teils attraktiven Außenbestuhlung bereits einen wichtigen sorgungsbereiches. Die vorhandenen Betriebe sind sehr gut im Ge- Beitrag. Dennoch gilt es Aufenthalts- und Ruheräume im Rahmen meindegebiet verteilt und dementsprechend auch fußläufig von den einer konsumfreien Zone herzustellen. Durch entsprechende einheit- direkt angrenzenden Wohnvierteln gut erreichbar. Bei den in der liche Straßenmöblierung (Bänke, Sitzgelegenheiten) können einla- Gemeinde Waging angesiedelten solitären Nahversorgungsstandor- dende Räume zum Aufenthalt geschaffen werden. ten handelt es sich um folgende Betriebe: . Edeka Peschka, Wilhelm-Scharnow-Straße 30 . Lidl, Martinstraße 3

Abb. 29 Eindrücke „Solitäre Nahversorger“ Edeka und Lidl

Fotos: CIMA Beratung + Management GmbH, März 2016

Der im zentralen Versorgungsbereich situierte Edeka-Markt in der Postgasse übt derzeit ebenfalls noch eine wichtige Versorgungs- funktion für die Gemeinde Waging aus, wird aber aufgrund der 24 von dieser zweigt unmittelbar die Marktstraße ab (= Straße, an der sich der zentrale Versorgungsbereich maßgeblich erstreckt) Seite 69 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Pläne der Liegenschaftseigentümerin voraussichtlich in naher Zu- sierung der bestehenden Filialisten im Lebensmittelsegment erstre- kunft vom Markt austreten. benswert. Da für diese Lösung jedoch nur bedingt geeignete Flä- chen zur Verfügung stehen, ist diese Möglichkeit kaum realisierbar Karte 5 Standorte aktueller Nahversorger und dementsprechend nicht weiter zu verfolgen. Folglich gilt es, die Ansiedlung eines Drogeriemarkts im weiteren Gemeindegebiet zu 500-Meter-Radius prüfen und geeignete Strategien zur Ergänzung im Lebensmittelbe- reich zu entwickeln. Aufgrund marktseitiger Erfordernisse und der offenen Potenziale vor Ort ist die Realisierung eines Kopplungs- standorts (Drogeriemarkt und Lebensmittelvollsortimenter) im Be- reich der Nahversorgung ebenfalls eine mögliche Entwicklungsstra- tegie. So kann im Zuge der Ansiedlung eines Drogeriemarkts auch ein Lebensmittelsupermarkt angesiedelt werden, da eine solitäre Drogeriemarktansiedlung seitens möglicher Betreiber (mit Ausnahme sehr zentraler Lagen) nicht verfolgt wird und an Standorten mit vorhandenen Lebensmittelbetrieben keine geeigneten Flächen zur Verfügung stehen. Ferner kann durch die Ansiedlung eines Lebens- mittelmarkts die Versorgung im Bereich Lebensmittel sowohl für die Bewohner als auch die Touristen zunächst optimiert und sicherge- stellt werden. Sofern der ergänzende Lebensmittelmarkt die Schwel- © Openstreetmap 2016 le der Großflächigkeit gemäß §11, Absatz 3 BauNVO überschreitet, Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 ist eine Prüfung der Ansiedlungsauswirkungen auf die Bestandsbe- triebe sowie die Zentralen Versorgungsbereiche geboten. 6.4.2.2.2 Entwicklungsstrategien im Bereich Nahversorgung Fazit: Die Analysen haben ergeben, dass im Segment Drogeriewaren die Aus Sicht der cima empfiehlt sich hinsichtlich der Optimierung der Ansiedlung eines Filialisten angestrebt werden sollte, um die Nah- Nahversorgungsstrukturen folgende Zielrichtung: Erstrebenswert ist versorgungsqualität zu erhöhen sowie die Angebotslücke vor Ort zu die Entwicklung eines zeitgemäßen Nahversorgungsstandortes in schließen und damit auch die Attraktivität und das Profil des Han- geeigneter Lage, der sich aus gut aufgestellten, delsstandorts Waging insgesamt zu verbessern. Vor dem Hinter- nahversorgungsrelevanten Anbietern zusammensetzt: Die grund des wahrscheinlichen Marktaustritts des Edeka-Marktes an Angebotslücke im Bereich Drogeriewaren kann damit geschlossen der Postgasse gilt es u. E. ferner, eine wohnortnahe und verträgli- und die Lebensmittelversorgung vor Ort weiter sichergestellt und che Ergänzung im Bereich Lebensmittel herzustellen. optimiert werden. Besonderes Augenmerk ist auf eine Aus Sicht der cima wäre die Ansiedlung eines Drogeriemarkts im ortsverträgliche Entwicklung zu richten, um das heute gut verteilte zentralen Versorgungsbereich sowie die Erweiterung und Moderni- Versorgungsnetz in Waging am See nicht zu gefährden. Seite 70 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

6.5 Standortprüfung Dementsprechend wurden zwei Flächen dezidiert untersucht. Dabei handelt es sich um folgende:

Um die stabile und wohnortnahe Nahversorgungssituation in Wa- . Prüfstandort 1: „Ottinger Straße“, derzeit Freifläche ging zu optimieren und weiterhin gewährleisten zu können, wurden . Prüfstandort 2: „Strandbadallee“, derzeit Freifläche im Ort vorhandene Flächen auf ihre Eignung für die Etablierung von nahversorgungsrelevantem Einzelhandel geprüft. Die einzelnen Karte 6 Übersicht über die Prüfstandorte/ Potenzialflächen Standorte wurden einer einzelhandelsspezifischen Bewertung an- hand der folgenden Kriterien unterzogen: . Lage, städtebauliche Integration25, . Angrenzende Nutzungen, Zusammenhang zu bestehenden Einzelhandelslagen, Kopplungseffekte, . Sichtbarkeit, 2 . Erreichbarkeit (fußläufig, ÖPNV, MIV), . Flächendimensionierung, 1 . Eignung für nahversorgungsrelevanten/ zentrenrelevanten/ nicht- zentrenrelevanten Einzelhandel gemäß Ansiedlungskonzept. . Eignung im Hinblick auf marktseitige Erfordernisse © Openstreetmap 2016 Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH 2016 . Aktivierbarkeit der Flächen Der Standort an der Ottinger Straße befindet sich im östlichen Insgesamt wurden 4 Standorte im Waginger Gemeindegebiet für ei- Randbereich des Kernsiedlungsgebiets, die Fläche an der Strand- ne entsprechende Nahversorgungsentwicklung geprüft. Dabei wurden badallee liegt in integrierter Wohnlage unweit des zentralen Ver- zunächst zwei Standorte (Postgasse, Salzburger Straße) im Hinblick sorgungsbereichs. Beide Standorte sind derzeit nicht Teil der be- auf ihre Eignung ausgeschlossen, da die entsprechenden Liegen- stehenden Zentrenhierarchie des Einzelhandels in Waging. Standort schaften nicht aktivierbar waren. 2 liegt jedoch in direkter Umgebung des Zentrums und kann als dessen Ergänzungsbereich gesehen werden.

25 Folgende Kriterien können gemäß LEP 2013 für die städtebauliche Integration aufgeführt werden: Standorte in einem baulich verdichteten Siedlungszusammenhang; wesentliche Wohnanteile im unmittelbaren Umfeld oder direkt angrenzend; ein anteiliger fußläufiger Einzugsbereich; ortsübliche Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr Seite 71 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Tab. 9 Bewertung wesentlicher Standortkriterien Standortkriterien Bewertung Ottinger Straße Bewertung Strandbadallee Mikroräumliche Lage, städtebauli- Der Planstandort befindet sich an einer städtebaulichen Randla- Der Vorhabenstandort befindet sich unweit (150 m) des Zentralen Ver- che Integration ge. Im direkten Umfeld befindet sich lediglich Gewerbe an der sorgungsbereichs der Marktgemeinde Waging in integrierter Wohnlage Direkte Anbindung an den Ottinger Straße, die Flurstücke gegenüber des Standorts sind je- und direkter Nachbarschaft zu einem Seniorenheim. Der Standort kann Hauptgeschäftsbereich oder doch für Wohnbebauung vorgesehen, sodass perspektivisch eine als Ergänzungsbereich des bestehenden zentralen Versorgungsbereichs Randlage: Anbindung an 1a-Lage, direkte Versorgungsfunktion gegeben sein kann. Ein Fußweg zum gesehen werden. Die fußläufige Anbindung ist für das gesamte nord- Verlängerung des Hauptge- Standort besteht derzeit nicht, würde jedoch im Zuge der Pro- östliche Gemeindegebiet Wagings sehr gut gegeben. Die Erreichbarkeit schäftsbereiches, Passantenlauf, jektentwicklung geschaffen werden. Aufgrund der Standortstruktur für den MIV ist gegeben, müsste im Zuge einer Entwicklung am Stand- vorhandene Frequenz ist primär von einem autoorientierten Standort auszugehen. ort jedoch dezidiert untersucht werden. Bedeutung für die Innenstadtent- Aufgrund der fehlenden Verknüpfung zum zentralen Versorgungs- Der Standort an der Strandbadallee schließt nordöstlich an die Innen- wicklung bereich und der Lage am Rand des Kernsiedlungsgebiets sind stadt an und kann an dieser Stelle eine wichtige handelsökonomische Schließung wesentlicher Baulü- wenige positive Impulse für die Innenstadt anzunehmen. Die di- Funktion sowohl für die Innenstadt als auch für die umliegenden cken, Verknüpfung von Bestands- rekten Wettbewerber im Nahversorgungsbereich sind im Hinblick Wohnlagen erfüllen. Die Entfernung zu den Nutzungsschwerpunkten lagen, Korrespondenz mit städte- auf die flächendeckende Versorgung besser situiert. Salzburger Straße und Marktplatz ist mit 150 bzw. 330 Metern noch in baulich-historischer Entwicklung einer fußläufigen Distanz gut gegeben. Eine Realisierung an der Wagings; Schaffung/Ersatz öffent- Strandbadallee würde die innenorientierte Entwicklung weiterführen und licher Räume ferner die Nachverdichtung einer von 2 innerörtlichen Entwicklungsflä- chen (Fläche 2: Salzburger Straße) nach sich ziehen. Städtebauliches und nutzungs- Keine öffentlichen oder kulturellen Funktionen im Umfeld. Solitä- Im weiteren Umfeld befindet sich der Zentrale Versorgungsbereich mit strukturelles Umfeld rer Einzelhandelsstandort ohne komplementäre Nutzungen. Im seinem Funktionsmix aus Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen, Funktionsmischung, Funktionser- weiteren Verlauf allerdings Wohnanteile sowie perspektivische Kultur und öffentliche Funktionen. Im direkten Umfeld befindet sich gänzung, Orientierung an der Einwohner gegeben. Wohnbebauung sowie gegenüber ein Erlebnisspielplatz. Aus Versor- vorhandenen Nutzungsstruktur; gungssicht ist die integrierte Lage als gut zu bewerten. Schaffung von Besonderheiten, keine Wiederholung vorhandener Strukturen Erreichbarkeit ohne Pkw (ÖPNV, In rund 350m Entfernung ist der Bahnhof Waging mitsamt ent- Der nächstgelegene ÖPNV-Anschluss ist mit der Haltestelle „Haupt- Fußgänger, Radfahrer) sprechender Bushaltestelle zu erreichen, wobei aktuell keine ent- schule“ in 650 Metern Fußweg zu erreichen. Hierbei besteht aber keine Wertigkeit und Qualität des sprechende Querungsmöglichkeit für die Ottinger Straße besteht. direkte Wegbeziehung zur Bushaltestelle. So ist mehrmaliges Abbiegen ÖPNV-Anschlusses, Entfernung zu Ein Fußweg zum Standort besteht derzeit nicht, würde jedoch im erforderlich. Im direkten Standortumfeld sind maßgebliche Wohnanteile Haltestellen, räumliche Verbin- Zuge der Projektentwicklung geschaffen werden. Südlich und öst- vorhanden, sodass die fußläufige Erreichbarkeit als sehr gut bezeichnet dung lich sind Wohnanteile im weiteren Umfeld vorhanden, von wel- werden kann. Ferner befindet sich der Standort an der Strandbadallee chen der Standort fußläufig zu erreichen wäre. Wohnanteile in an der Verbindungsachse zwischen Ortskern und Waginger See. größerem Umfang sind jedoch nicht vorhanden.

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Erreichbarkeit mit Pkw Aufgrund der Lage am Ortsrand an der gut ausgebauten Ottin- Die Kapazität der Strandbadallee und der umliegenden Straßen ist Kfz-Kapazität der Straßen, Belas- ger Straße ist die zusätzliche Verkehrsbelastung an dieser Stelle zwar ausreichend um entsprechende Verkehre zu bewältigen, jedoch tungswirkung des Verkehrs unbedenklich. Auch Emissionen i. S. von Lärmbelastung etc. sind sind diese an der Stelle nicht als unkritisch anzusehen. So müssen im an diesem Standort als unproblematisch zu bewerten. Falle einer Handelsentwicklung am Standort ggf. Maßnahmen zur bes- seren Verkehrsbewältigung ergriffen werden. Auch die zusätzliche Lärmbelastung ist aus Anwohnersicht zu berücksichtigen.

Flächenverfügbarkeit Die Fläche an der Ottinger Straße stünde für eine Handelsent- Die Fläche an der Strandbadallee stünde ebenfalls sofort zur Verfü- wicklung sofort zur Verfügung. gung. Hier müssten entsprechende Vereinbarungen abschließend ver- bindlich vertraglich fixiert werden.

Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2016

Seite 73 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

Aus gutachterlicher Sicht ist der Standort Strandbadallee im Sinne Abb. 31 Prüfstandort 2: „Strandbadallee“ der Ortsentwicklung hinsichtlich städtebaulicher Integration, guter fußläufiger Erreichbarkeit, Koppelungsmöglichkeiten mit bestehenden Nutzungen und der Fortführung der bisherigen zentrumsorientieren Entwicklung gegenüber der Ottinger Straße zu bevorzugen. Der Standort liegt unweit des zentralen Versorgungsbereichs Wagings und würde im Falle einer Entwicklung dessen Ergänzungs- bereich darstellen. Im Gegensatz zur Ottinger Straße ist der Stand- ort vollumfänglich städtebaulich integriert und entspräche auch den Zielen der Städtebauförderung.26 Insgesamt kann der Standort an der Strandbadallee eine umfassende fußläufige Nahversorgungs- funktion für die Waginger Wohnbevölkerung insbesondere auch vor dem Hintergrund des zunehmenden demographischen Wandels ein- nehmen.

Abb. 30 Prüfstandort 1: „Ottinger Straße“ Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH, März 2016

Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH, März 2016

26 Themen wie Verkehr und Lärm sind im Rahmen einer möglichen Standortent- wicklung gesondert zu betrachten und waren nicht Teil der Standortbewertung aus Handels- und Nahversorgungsperspektive. Seite 74 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

6.6 Ansiedlungsstrategie Abb. 32 Zentrenhierarchie Waging (schematisch)

Schützenswerter zentraler Versorgungsbereich i. S. d. § 2 Abs. 2, § 9 Anhand der Einzelhandelsanalyse, konnte verdeutlicht werden, dass Abs. 2a und § 34 Abs. 3 BauGB sowie § 11 Abs. 3 BauNVO in der Gemeinde Waging in ausgewählten Sortimenten Bedarf bzw. Potenziale für weitere Ansiedlungen bestehen. Zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“ Mit der Strandbadallee und der Ottinger Straße stehen derzeit zwei mögliche Entwicklungsflächen für die Optimierung der Nahversor- gungssituation zur Verfügung. Wie gezeigt ist aus gutachterlicher Sicht im Hinblick auf die städtebauliche Qualität und fußläufige Perspektivisch: Nahversorgungssituation (demografischer Wandel) der Standort an Sonderstandort der Strandbadallee für die Ansiedlung eines Lebensmittelvollsorti- „Nahversorgung“ menters und Drogeriemarktes zu favorisieren. Kann sich eine ent- sprechende Entwicklung an der Strandbadallee nicht umsetzen las- sonstige integrierte sen, ist für eine Ergänzung und Sicherstellung der Nahversorgung Lagen in Waging am See eine ortsverträgliche Entwicklung an der Ottin- Weitere ger Straße vorzunehmen, da die Liegenschaft sofort zur Verfügung Standort- stünde. kategorien Solitäre Nah- versorgungsstandorte, Nachfolgend sollen die Entwicklungsstrategien für die einzelnen integriert Standorte/ Lagen aufgezeigt werden. Durch die Schaffung einer (aktuell Edeka und Lidl) möglichst attraktiven Einzelhandelslandschaft mit für ein Grundzent- rum angemessenen Angeboten soll die Kaufkraftbindung der eige- nen Bevölkerung und der Umlandgemeinden (insbesondere des sonstige nicht- Nahbereiches) erhöht sowie die touristische Nachfrage befriedigt integrierte Lagen werden. Quelle: eigene Darstellung, CIMA Beratung + Management GmbH, 2016 Innerhalb der unterschiedlichen Standortkategorien sind verschiede- ne Einzelhandelsschwerpunkte zu differenzieren. Folgende Abbildung Für die unterschiedlichen Standort- und Sortimentskategorien erge- gibt einen Überblick: ben sich die folgenden strategischen Aussagen:

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Zentraler Versorgungsbereich „Ortsmitte“: 6.6.1 Ansiedlungsstrategien für den zentralen . Schwerpunkt der zukünftigen Einzelhandelsentwicklung zent- Versorgungsbereich „Ortsmitte“ renrelevanter Sortimente Der zentrale Versorgungsbereich „Ortsmitte“ soll in seiner Attrakti- . Entwicklungspriorität, neben Sonderstandort „Nahversorgung“ vität gesteigert und weiterentwickelt werden. Ziel ist ein Ausbau der Versorgungsfunktion des Bereichs sowie die optimale Entfaltung ei- Nahversorgung (perspektivisch): ner Treffpunktfunktion. Um dies erreichen zu können, liegt die Ent- . Gezielte Neuansiedlungen zur Schließung von Versorgungslücken wicklungspriorität in der Gemeinde Waging – neben der Optimie- (Stichwort: Drogeriemarkt) rung des Nahversorgungsangebots an den abgewogenen Standor- . In Ergänzung verträglicher Ausbau des Lebensmittelangebots, ten – auf der Ortsmitte. Zentrumsbildende Maßnahmen sind im insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Schließung des zentralen Versorgungsbereich „Ortsmitte“ zu intensivieren. Beste- Edeka-Marktes in der Postgasse. hende Betriebe sind zu stärken und Neuansiedlungen insbesondere im zentrenrelevanten und nahversorgungsrelevanten Bereich zu for- . Ziel: Sicherung und Verbesserung der wohnortnahen cieren. Grundversorgung in Waging und im zuständigen Nahbereich, Schließung der Angebotslücke im Bereich Drogeriewaren Für den zentralen Versorgungsbereich „Ortsmitte“ gilt demnach fol- gende Ansiedlungsstrategie:

Sonstige Standorte im Gemeindegebiet: . Klein- und großflächige An-/ Umsiedlung sowie Erweiterung . Keine aktive Forcierung neuer Einzelhandelsstandorte, zentrenrelevanter Sortimente möglich. Und: hat ausschließlich in Ansiedlungen idealerweise konzentriert an bestehenden der Ortsmitte zu erfolgen. Standorten . Klein- und großflächige Ansiedlung-/ Umsiedlung sowie . Ausschluss von zentrenrelevantem Einzelhandel Erweiterung nahversorgungsrelevanter Sortimente möglich. . Klein- und großflächige Ansiedlung sowie Erweiterung nicht- zentrenrelevanter Sortimente möglich. Grundsätzlich gilt: . Die konkrete Verträglichkeit von Planvorhaben (v.a. großflächig) Grundsätzlich sollte versucht werden, attraktive Betriebe mit ist jeweils durch ein gesondertes Gutachten zu prüfen Sogkraft im Zentrum zu etablieren, um Frequenzen zu erzeugen und den Ansprüchen an ein attraktives Ortszentrum gerecht zu . Die bestehenden Betriebe genießen Bestandsschutz werden. Generell ist auf eine ansprechende und zeitgemäße Um- setzung neuer Entwicklungen zu achten. Von besonderer Wichtigkeit ist selbstverständlich das Schließen von Versorgungslücken. Während beim zentralen Versorgungsbereich verstärkt der Fokus darauf zu richten ist, den bereits heute attraktiven Nutzungsbesatz

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weiter zu etablieren und gezielt Schwerpunkte zu setzen, soll am 6.6.3 Ansiedlungsstrategie für nicht-integrierte Lagen „perspektivischen Nahversorgungsstandort“ die Funktion eines Nah- versorgungsstandortes im Fokus stehen. Für nicht-integrierte Lagen empfiehlt die cima folgende Strategie: . Klein- und großflächige Ansiedlungen zentrenrelevanter Sortimente im Hauptsortiment sind auszuschließen. Diese sind 6.6.2 Ansiedlungsstrategie für integrierte Lagen dem zentralen Versorgungsbereich „Ortsmitte“ vorbehalten. In siedlungsstrukturell integrierten Lagen der Gemeinde Waging soll . Klein- und großflächige Ansiedlungen nahversorgungsrelevanter prioritär die Ansiedlung von nahversorgungsrelevantem Einzelhandel Sortimente im Hauptsortiment sind auszuschließen. erfolgen, ggf. ist jedoch in Ausnahmefällen eine Ansiedlung nach einer Prüfung möglich. Die cima empfiehlt daher folgende Strategie: . Klein- und großflächige Ansiedlungen von Betrieben mit nicht- zentrenrelevanten Sortimenten im Hauptsortiment sind . Großflächige Ansiedlungen zentrenrelevanter Sortimente im grundsätzlich möglich. Ggf. ist eine Vorhabenprüfung erforderlich. Hauptsortiment sind auszuschließen. Diese sind dem zentralen Versorgungsbereich „Ortsmitte“ vorbehalten. . Bei Neuansiedlungen sollten zentrenrelevante Randsortimente in den jeweiligen Bebauungsplänen auf 10 % der . Ansiedlungen im Bereich Nahversorgung sind möglich. Gesamtverkaufsfläche beschränkt werden, um Kaufkraftabflüsse Realisierung von Lebensmittelhandwerk und kleinflächigen aus der Ortsmitte an sonstige Lagen zu reduzieren. Anbietern (Obstgeschäft, Nachbarschaftsladen), die der wohnortnahen Grundversorgung dienen, sollten im Vordergrund stehen. . Die Ansiedlung von nahversorgungsrelevanten großflächigen Betrieben ist ggf. nach Einzelfallprüfung/ Abwägung nach konkreter Prüfung möglich. . Klein- und großflächige Ansiedlungen von Betrieben mit nicht- zentrenrelevanten Sortimenten im Hauptsortiment sind grundsätzlich nicht möglich; ggf. in Ausnahmefällen nach

Prüfung.

. Bei Neuansiedlungen sollten zentrenrelevante Randsortimente in

den jeweiligen Bebauungsplänen auf 10 % der Gesamtverkaufsfläche beschränkt werden, um Kaufkraftabflüsse aus der Ortsmitte an sonstige Lagen zu reduzieren.

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7 Anhang

7.1 Bestimmung des Einzugsgebietes und des Umsatzpotenzials

Das Marktgebiet für den Einzelhandel der Gemeinde Waging wurde Die einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffer wird nach der folgen- mit dem computergestützten Simulationsmodell HUFF berechnet. den Formel berechnet: Einflussgrößen für die Berechnung des Marktgebietes sind: KK (Waging) / E (Waging) * 100 . Geographische, örtliche und verkehrsbedingte Faktoren, - Zeitdistanzen (Messungen der Wegezeiten) zwischen den Dabei ist: Wohnorten der Konsumenten und den zentralen KK (Waging) = Einzelhandelsrelevante Kaufkraft Wagings in ‰ der Einkaufsorten im Einzugsbereich, einzelhandelsrelevanten Gesamtkaufkraft der BRD - Attraktivität konkurrierender Einkaufsorte gemessen an der E (Waging) = Einwohnerzahl Wagings in ‰ der Einwohnerzahl Ge- Kaufkraft, samtdeutschlands . Attraktivität konkurrierender Einkaufsorte gemessen an Zentralitätsindices der verschiedenen Bedarfsbereiche. Die Kaufkraft bezeichnet diejenigen Geldmittel, die für den Konsum zur Verfügung stehen. Das sind die Nettoeinkommen abzüglich der Das einzelhandelsrelevante Nachfragepotenzial leitet sich ab aus: Kosten für Miete, Reisen und andere Konsumzwecke (Dienstleistun- . der Attraktivität der Konkurrenzorte, gen etc.) sowie der Spareinlagen. . der geographischen Lage der Konkurrenzorte, . der Einwohnerzahl im Einzugsbereich, . den Kaufkraftverhältnissen im Einzugsbereich und . den einzelhandelsrelevanten Verbrauchsausgaben pro Kopf und Jahr.

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Grundlage für die Potenzialberechnung im Einzelhandel sind die Charakteristisch für den kurzfristigen Bedarf (v. a. Lebensmittel) ist, jährlichen Verbrauchsausgaben pro Kopf der Bevölkerung. Hierzu dass vergleichsweise häufig kleine Mengen eingekauft werden und liegen Daten vor, die aus umfangreichem, sekundärstatistischem ein dichtes Netz von Verkaufseinrichtungen auch in kleineren Ort- Material, Eigenerhebungen im Rahmen von Standortanalysen und schaften die Erledigung zahlreicher Einkäufe ermöglicht. Im mittel- Betriebsberatungen resultieren. Keine Berücksichtigung finden dabei und langfristigen Bedarfsbereich (Textilien, Elektrogeräte, Möbel die Verbrauchsausgaben für Kraftfahrzeuge, Landmaschinen, Brenn- usw.) befinden sich Versorgungseinrichtungen in der Regel in den stoffe und Mineralölerzeugnisse. In Abzug gebracht ist der Anteil größeren zentralen Orten. Einkäufe werden häufig mit dem Auto des Versandhandels an den Verbrauchsausgaben, so dass nur der durchgeführt und sind seltener als im kurzfristigen Bereich. Dem Pro-Kopf-Verbrauch, der im stationären Einzelhandel realisiert wird, Einkauf geht in der Regel auch ein intensiverer Auswahl- und Ver- in die Berechnungen eingeht. Jeder Person, vom Baby bis zum gleichsprozess voraus. Die ausgegebenen Beträge pro Einkauf sind Greis, steht entsprechend dieser Verbrauchsausgaben-Ermittlung pro dabei erheblich höher. Jahr ein Betrag in Höhe von 5.668 € für Ausgaben im Einzelhandel Die Nachfragepotenziale in den einzelnen Warengruppen ergeben zur Verfügung: sich aus dem Produkt der (rein rechnerisch) gebundenen Einwohner und den Pro-Kopf-Verbrauchsausgaben. Unter der Berücksichtigung Tab. 10 Verbrauchsausgaben in Deutschland 2014 branchenspezifischer Verkaufsflächenproduktivitäten lassen sich Bedarfsbereiche Pro-Kopf-Ausgaben Anteil in % schließlich aus den Umsatzpotenzialen die erforderlichen Verkaufs- in €/Ew. p.a. flächen ableiten. überwiegend kurzfristiger 2.925 51,6 Bedarf (davon Lebensmittel) (2.087) (36,8) überwiegend mittelfristiger 1.082 19,1 Bedarf überwiegend langfristiger 1.661 29,3 Bedarf insgesamt 5.668 100,0 Quelle und Bearbeitung: CIMA Beratung + Management GmbH 2014

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7.2 Erhebung des bestehenden Einzelhandelsangebotes und Analyse der örtlichen Situation

Im Rahmen der Untersuchung wurde eine Bestandsaufnahme aller Die Klassifizierung der Betriebstypen orientiert sich an folgenden existierenden Einzelhandelsbetriebe durchgeführt. Entscheidendes Kriterien (vgl. auch letzte Seite): Kriterium für die Erfassung eines Betriebes ist dabei die Tatsache, . Bedienungsform dass zum Zeitpunkt der Erhebung von einer branchentypischen . Preisniveau Geschäftstätigkeit ausgegangen werden kann. Die Klassifizierung al- ler erfassten Betriebe erfolgte nach folgenden Merkmalen: . Sortimentstiefe und -breite . Lage des Betriebes (Ortskern, integrierte Lage, sonstiges . Verkaufsfläche Gebiet/nicht integriert/Gewerbegebiet) . Branche Die Bedarfsbereiche setzen sich aus folgenden Einzelbranchen zu- . Betriebstyp sammen: . Verkaufsfläche Kurzfristiger Bedarf: . Sortimentsniveau Lebensmittel, Reformwaren, Apotheken, Drogerien, Parfümerien, Schnittblumen . allgemeiner Zustand des Betriebes, differenziert nach Innen- und Außengestaltung Mittelfristiger Bedarfsbereich: Die Zuordnung eines Betriebes zu einer Branche orientiert sich Oberbekleidung, Wäsche, Strümpfe, sonst. Bekleidung, Heimtextilien, grundsätzlich am Schwerpunkt des angebotenen Sortiments. Han- Kurzwaren, Handarbeitsbedarf, Sportartikel, Schuhe, Sanitätshäuser, delt es sich um Betriebe mit mehreren Sortimentsbereichen (z. B. Bücher, Schreibwaren, Spielwaren, Zoobedarf Warenhäuser, Verbrauchermärkte), so wird für die Bestimmung der gesamten Verkaufsfläche je Branche im betreffenden Untersu- Langfristiger Bedarfsbereich: chungsort eine Aufspaltung in alle wesentlichen Warengruppen Möbel, Antiquitäten, Kunstgegenstände, Eisenwaren, Hausrat, Bau- vorgenommen. marktartikel, Glas, Porzellan, Keramik, Geschenkartikel, Farben, La- cke, Tapeten , Elektrogeräte, Leuchten, Unterhaltungselektronik, Foto, Optik, Uhren, Schmuck, Lederwaren, Musikinstrumente, Musi- kalien, Fahrräder, Autozubehör, Büromaschinen, -einrichtung, Per- sonalcomputer, Gartenbedarf

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Insgesamt erhebt die cima folgende 32 Branchen: 1 Lebensmittel 2 Reformwaren 3 Apotheken 4 Drogerien, Parfümerien 5 Blumen, Pflanzen, Sämereien 6 Oberbekleidung (inkl. Kinderbekleidung) 7 Wäsche, Strümpfe, sonst. Bekleidung

8 Heimtextilien, Kurzwaren, Handarbeitsbedarf 9 Sportartikel 10 Schuhe 11 Sanitätshäuser

12 Bücher 13 Schreibwaren 14 Spielwaren/Hobby/Basteln 15 Zoobedarf

16 Möbel 17 Antiquitäten, Kunstgegenstände 18 Eisenwaren, Hausrat, Baumarktartikel 19 Glas, Porzellan, Keramik, Geschenkartikel 20 Farben, Lacke, Tapeten 21 Elektrogeräte, Leuchten 22 Unterhaltungselektronik 23 Foto 24 Optik, Akustik 25 Uhren, Schmuck 26 Lederwaren 27 Musikinstrumente, Musikalien 28 Fahrräder 29 Kfz-Zubehör 30 Büromaschinen, -einrichtung, PC 31 Zeitschriften 32 Gartenbedarf

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7.3 Abgrenzung von Betriebstypen

Die cima unterscheidet zwischen den folgenden Betriebstypen: Nonfood-Anteil: Umsatzanteil ca. 10 - 15 %, Flächenanteil ca. 20 - 30 % (z.B. Spar, Edeka, Tengelmann). Fachgeschäft

. Sehr unterschiedliche Verkaufsflächengrößen, Verbrauchermarkt branchenspezialisiert, tiefes Sortiment, in der Regel umfangreiche . Verkaufsfläche ca. 1.500 bis 5.000 m², Lebensmittelvollsortiment, Beratung und Kundenservice (Als Filialisten sind z.B. Benetton mit zunehmender Fläche stark ansteigender Flächenanteil an oder Fielmann zu nennen). Nonfood-Abteilungen (Gebrauchsgüter), Nonfood-Umsatzanteil ca. 20 - 40 %, Nonfood-Flächenanteil ca. 30 - 60 % (Kaufland). Fachmarkt . Meist großflächiges Nonfood-Fachgeschäft (Ausnahme: SB-Warenhaus Getränkemärkte) mit bestimmtem Branchenschwerpunkt, mit . Verkaufsfläche über 5.000 m², neben einer leistungsfähigen breitem und tiefem Sortimentsangebot, in der Regel viel Lebensmittelabteilung (Umsatzanteil i.d.R. über 50 %) Selbstbedienung und Vorwahl, oft knappe Personalbesetzung umfangreiche Nonfood-Abteilungen: Nonfood-Umsatzanteil ca. (z.B. Obi, Vögele, Media-Markt, Deichmann, ARO-Teppichwelt). 35 - 50 %, Nonfood-Flächenanteil ca. 60 - 75 %. Standort Fachmarktzentren vereinen zahlreiche unterschiedliche häufig peripher, großes Angebot an eigenen Kundenparkplätzen Fachmarktkonzeptionen unter einem Dach oder auch in offener (Globus, Real). Bauweise.

Fachmarktzentrum Lebensmitteldiscounter . Großflächige Konzentration mehrerer Fachmärkte verschiedener . Meist Betriebsgrößen zwischen ca. 700 und 1.200 m² Branchen, i.d.R. kombiniert mit einem Verbrauchermarkt Verkaufsfläche, ausgewähltes, spezialisiertes Sortiment mit relativ und/oder einem Lebensmitteldiscounter, meist periphere Lage, niedriger Artikelzahl, grundsätzlich ohne Bedienungsabteilungen, viele Parkplätze. preisaggressiv, weiter zunehmender Nonfood-Umsatzanteil (Aldi,

Lidl, Norma). Warenhaus

. In der Regel Verkaufsfläche über 3.000 m², in zentraler Lage, Supermarkt meist mit Lebensmittelabteilung, breites und tiefes Sortiment, . Ca. 400 bis 1.500 m² Verkaufsfläche, Lebensmittelvollsortiment hier überwiegend Vorwahlsystem und Bedienung (Karstadt, inkl. Frischfleisch, ab 800 m² Verkaufsfläche bereits höherer Kaufhof).

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Kaufhaus . In der Regel Verkaufsfläche über 1.000 m², in zentraler Lage, breites, tiefes Nonfood-Sortiment, im Gegensatz zum Warenhaus meist mit bestimmtem Branchenschwerpunkt, oft Textil (C&A, H&M).

Shoppingcenter . Großflächige Konzentration vieler Einzelhandelsfachgeschäfte diverser Branchen, Gastronomie- und Dienstleistungsbetriebe meist unter einem Dach, oft ergänzt durch Fachmärkte, Kaufhäuser, Warenhäuser und Verbrauchermärkte; großes Angebot an Kundenparkplätzen; i.d.R. zentrale Verwaltung und Gemeinschaftswerbung. Errichtung häufig aufgrund zentraler Planung. Oft werden bestehende Einkaufszentren auch weiterentwickelt und vergrößert, mit der Folge, dass sich eine gravierende Veränderung der Wettbewerbssituation ergeben kann (z.B. Olympia-Einkaufszentrum in München, Brückencenter in Ansbach).

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7.4 Begriffsdefinitionen

Abschöpfungsquote Bedeutung: Die Abgrenzung erfolgt i.d.R. nach Bedarfsbereichen für Güter des Die Abschöpfungsquote (auch Bindungsquote oder Umsatzbindungs- kurz-, mittel- und langfristigen Bereichs. Zum Einzugsgebiet zählen faktor) bezeichnet denjenigen Umsatzanteil am gesamten bindungs- alle Gemeinden, aus denen mindestens 10 % der verfügbaren fähigen Umsatzpotenzial, der zu einem Zeitpunkt x tatsächlich er- Kaufkraft in den Untersuchungsort fließen. Dabei ist zu beachten, zielt wird. dass v.a. in Verdichtungsräumen eine unter 10 % liegende Kauf- kraftbindung in €-Werten einen erheblichen Umfang erreichen kann. Berechnung:

Die Berechnung kann branchenbezogen oder branchenübergreifend erfolgen. Berechnungsbasis ist der tatsächlich erzielte Umsatz einer Kaufkraft (nominal / real) Branche/eines Ortes dividiert durch das (bindungsfähige) Umsatz- Bedeutung: potenzial dieser Branche/des Ortes. Die nominale Kaufkraft bezeichnet diejenige Geldmenge, die den privaten Haushalten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zur Einzugsgebiet Verfügung steht. Sie setzt sich zusammen aus dem verfügbaren Netto-Einkommen zuzüglich der Entnahmen aus Ersparnissen und Bedeutung: aufgenommener Kredite, abzüglich der Bildung von Ersparnissen Die Größe des Einzugsgebiets eines Ortes bestimmt zu einem we- und der Tilgung von Schulden. sentlichen Anteil die Höhe seines bindungsfähigen Umsatzpotenzi- Die reale Kaufkraft berücksichtigt das regional sehr unterschiedliche als. Niveau von Löhnen/Gehältern und Lebenshaltungskosten. Eine neue Berechnung und Abgrenzung: Untersuchung von MB Research, Nürnberg, belegt dabei deutliche Einflussgrößen zur Bestimmung des Einzugsgebiets sind v.a. Unterschiede. . die Zeitdistanzen von den Wohnorten der Konsumenten zu den zentralen Einkaufsorten in der Region; Kaufkraftkennziffer (KKZ) . die Marktpotenziale der Gemeinden des potentiellen Bedeutung: Einzugsgebiets; Die KKZ bezeichnet die Kaufkraft einer Gemeinde pro Einwohner im . die Attraktivitätsgrade der konkurrierenden Einkaufsorte; Vergleich zum Bundesdurchschnitt (unabhängig von der Größe der . die unterschiedliche Distanzempfindlichkeit und Gemeinde). Ausgabebereitschaft für Güter des kurz-, mittel- und Berechnung: langfristigen Bedarfs.

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Aus der Einkommensteuer-Statistik der Städte und Gemeinden wird erwartende Kaufkraftzufluss aus dem Einzugsgebiet hinzugerechnet das gesamte im Ort verfügbare Netto-Einkommen aufsummiert und (Ermittlung des zu erwartenden Kaufkraftzu- bzw. -abflusses über durch die Zahl der Einwohner geteilt. Daraus ergibt sich ein be- Einfluss von Entfernung und Attraktivität der Konkurrenzzentren = stimmtes ortsspezifisches Pro-Kopf-Einkommen. Distanz-Matrix-Modell nach HUFF). Der Bundesdurchschnitt dieses Pro-Kopf-Einkommens wird gleich 100 gesetzt. Angenommen dieser Bundesdurchschnitt läge bei Umsatzkennziffer (UKZ) 10.226 €, so würde einem Ort mit einem Pro-Kopf-Einkommen von Bedeutung: 11.248 € die KKZ 110,0 zugewiesen, einem Ort mit € 9.203 ent- sprechend die KKZ 90,0. Die UKZ bezeichnet die Umsatzkraft einer Gemeinde pro Einwohner (also nicht den Umsatz pro Einwohner!).

Da am Umsatz eines Ortes zu beträchtlichen Teilen auch die Be- Marktpotenzial wohner des Umlandes beteiligt sind, ist der Umsatz bzw. die Um- Bedeutung: satzkennziffer Ausdruck der Zentralität eines Ortes und ein Kriteri- Das Marktpotenzial bezeichnet den Umsatzumfang eines Ortes auf um für die Beurteilung seiner Standortattraktivität. Basis seiner Einwohnerzahl (ohne Kaufkraftzu- und -abflüsse aus Berechnungsbasis: dem Einzugsgebiet). Berechnungsbasis ist der (von MB Research jährlich geschätzte) Berechnung: örtliche Einzelhandelsumsatz (ohne Kfz/Mineralöl, aber mit Einzel- Berechnungsbasis sind die jährlich neu ermittelten durchschnittli- handels-Nahrungsmittelhandwerk wie Bäcker/Metzger). Wie bei der chen einzelhandelsrelevanten Verbrauchsausgaben pro Kopf in der KKZ wird der ortspezifische Wert mit dem Bundesdurchschnitt ver- BRD, multipliziert mit der Einwohnerzahl des Ortes. glichen und auf die Einwohnerzahl des Ortes bezogen.

Umsatzpotenzial (bindungsfähiges) Einzelhandelszentralität Bedeutung: Die Einzelhandelszentralität eines Ortes beschreibt das Verhältnis Das bindungsfähige Umsatzpotenzial bezeichnet den Umfang des des am Ort getätigten Einzelhandelsumsatzes zu der am Ort vor- Umsatzes, den ein Ort auf Basis seinen eigenen, lokalen Marktpo- handenen Nachfrage. Wenn die Zentralität einen Wert von über tenzials, abzüglich der Kaufkraftabflüsse der eigenen Bevölkerung 100 % einnimmt, so fließt Kaufkraft aus dem Umland in den Ort, und zuzüglich der Kaufkraftzuflüsse der Bewohner des Einzugsge- die die Abflüsse übersteigt. Liegt die Zentralität unter 100 %, so biets, rechnerisch erreichen kann. existieren Abflüsse von Kaufkraft, die nicht durch die Zuflüsse kompensiert werden können. Je größer die Zentralität eines Ortes Berechnung: ist, desto größer ist seine Sogkraft auf die Kaufkraft im Umland. Vom ermittelten lokalen Marktpotenzial wird der zu erwartende Die Zentralität eines Ortes wird z.B. durch die Qualität und Quanti- Kaufkraftabfluss der örtlichen Bevölkerung abgezogen und der zu

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tät an Verkaufsfläche, den Branchenmix, die Verkehrsanbindung und die Kaufkraft im Marktgebiet gesteuert.

Non-Food-Sortimente von Lebensmittelmärkten (nach EHI, EuroHandelsinstitut GmbH, Köln, 2007) Non-Food I: Wasch-, Putz-, und Reinigungsmittel, Schuh-, Kleiderpflege, Hygiene- artikel, Hygienepapiere, Säuglingspflege, Watte, Verbandsstoffe,

Haar-, Haut-, Mund- und Körperpflege, Sonnen- und Insektenschutz, Kosmetika, Fußpflegemittel, Tiernahrung/Tierpflegeartikel Non-Food II: Textilien, Heimtextilien, Kurzwaren, Schuhe, Lederwaren, Koffer, Schirme, Haushaltswaren, Bilderrahmen, Galanteriewaren, Camping-, Garten- und Sportartikel, Unterhaltungselektronik, Elektrogeräte- und artikel, Elektrogroßgeräte, Schmuck, Foto, Uhren, Brillen, Spielwaren, Papier-, Büro- und Schreibwaren, Bücher Zeitungen, Zeitschriften,

EDV, Kommunikation, Do-it-Yourself-Artikel (Baumarktartikel), Eisen- kurzwaren, Farben, Lacke, Autozubehör, Fahrradzubehör, Blumen, Pflanzen, Samen, Düngemittel, Insektizide, Sonstiges, wie Möbel und Sanitärbedarf.

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7.5 Planungsrechtliche Grundlagen der Einzelhandelsentwicklung

7.5.1 Baugesetzbuch (BauGB) 1. die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Ar- beitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Ar- § 1 BauGB Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung beitsbevölkerung, (1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige (7) … Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe die- 11. die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen ses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bau- beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, leitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan). (8) … (3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und (9) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung er- privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht ab- forderlich ist. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städte- zuwägen. baulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann (10) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von auch nicht durch Vertrag begründet werden. Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und (4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen. Aufhebung. (5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwick- lung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden §9 Abs. 2a BauGB Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Ge- nerationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl (11) (2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung ge- zur Erhaltung oder Entwicklung Zentraler Versorgungsbereiche, währleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Be- Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu völkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den all- Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten gemeinen Klimaschutz, sowie die städtebauliche Gestalt und der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zu- entwickeln. gelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unter- (6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu be- schiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf rücksichtigen: bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden Zentralen Versorgungsbe- Seite 87 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

reiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den Handwerksbetriebs oder der Erweiterung, Änderung oder zu erhaltenden oder zu entwickelnden Zentralen Versorgungsbe- Erneuerung einer zulässigerweise errichteten baulichen An- reichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für lage zu Wohnzwecken dient, Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 2. städtebaulich vertretbar ist und oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen 3. auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öf- Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein. fentlichen Belangen vereinbar ist. (16) Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die § 34 BauGB Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusam- die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchti- menhang bebauten Ortsteile gen oder schädliche Auswirkungen auf Zentrale Versorgungsbe- reiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben (12) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein können. Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der bauli- chen Nutzung, der Bau-weise und der Grundstücksfläche, die (17) Die Gemeinde kann durch Satzung überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung 1. die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile fest- einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen legen, an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt 2. bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden. bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Fläche- (13) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Bau- nnutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, gebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung 3. einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Be- dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Ver- reichs entsprechend geprägt sind. ordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1, (18) Die Satzungen können miteinander verbunden werden. im Übrigen ist § 31 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. (19) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Ab- (14) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen satz 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 ist, dass Auswirkungen auf Zentrale Versorgungsbereiche in der Gemein- 1. sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ver- de oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. einbar sind, (15) (3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der 2. die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durch- näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall führung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 abgewichen werden, wenn die Abweichung zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder 1. der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneue- nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und rung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder 3. keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter bestehen. Seite 88 Einzelhandelskonzept für die Marktgemeinde Waging am See

(20) In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 können Nutzung erneuerbarer Energien, wie Wind- und Sonnenenergie, einzelne Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 und 3 Satz 1 sowie dienen. Abs. 4 getroffen werden. § 9 Abs. 6 ist entsprechend anzuwen- den. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 sind ergän- (24) 1. Einkaufszentren, zend § 1a Abs. 2 und 3 und § 9 Abs. 1a entsprechend anzu- wenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entspre- 2. großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage chend § 2a Satz 2 Nr. 1 beizufügen. oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumord- nung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Ent- (21) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 wicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Be- können, hördenbeteiligung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie 3. sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Ab- den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkun- satz 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ist § 10 Abs. 3 entsprechend anzu- gen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben wenden. vergleichbar sind, 7.5.2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Son- dergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 § 11 Bau NVO Sonstige Sondergebiete Nr. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen (22) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den bis 10 wesentlich unterscheiden. Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich (23) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung Zent- Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige raler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht Gebiete für Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Frem- Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei denbeherbergung, Betrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3 in der Regel anzunehmen, Ladengebiete, wenn die Geschoßfläche 1.200 m² überschreitet. Die Regel des Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe, Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse, Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschoßfläche Hochschulgebiete, vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² Geschoßfläche nicht vor- Klinikgebiete, liegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Hafengebiete, Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Ge- Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder meinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbraucherna-

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hen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

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