Die Inschriften Des Politischen Bezirks Imst
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DIE INSCHRIFTEN DES POLITISCHEN BEZIRKS IMST 1† Stift Stams, Hl. Blutkapelle 1279? Zwei Stifterinschriften (Wandmalerei und Bildfenster?), in der ehemaligen Milserkapelle, heute Heiligblutkapelle. Nach dem Stamser Stiftschronisten Lebersorg, der in seiner Chronik zwei Abbildungen der hier besprochenen Darstellungen wiedergibt, handelte es sich zum einen um ein Wappen, über dem eine Namensinschrift mit Jahreszahl in einer nicht mehr bestimmbaren Mi- nuskelschrift (?) angebracht war (I). Eine weitere Darstellung über der ersten zeigte den knienden Stifter und seine Frau, die zusammen Gott die Kapelle, die sie in den Händen halten, darbringen. Hinter den beiden Figuren je eine senkrecht gestellte Inschrift in Majuskeln (bei Lebersorg Ka- pitalis) mit den Namen des Stifterpaares: links, neben der Stifterin (II), und rechts, neben dem Stifter (III). Zerstört vor 1631. Standortangabe, Beschreibung und Text nach den Abbildungen in Lebersorg, Chronik 12 (Hai- dacher Abb. 7 und 8). – Minuskel (?; I) und Romanische oder Gotische Majuskel (?; II und III). Abb. 1 und 2 I. Rupert(us)a) // Mü l ser b) / 12//79b) II. RV PERTVS c) III. ADELHEIDISd) a) das bei Lebersorg am Ende des Wortes gesetzte g dürfte einen von ihm nicht verstandenen us-Haken des Originals darstellen. b) Is. vor dem Namen bzw. der Jz. unterbrochen durch die Helmzier des Wappens. c) die Schrift ist von unten nach oben zu lesen und zur Figur des Stifters gewandt; sie ist seitenverkehrt, muss also „von hinten“ gelesen werden; s. Kommentar. d) die Schrift, von der Figur der Stifterin abgewandt, ist von unten nach oben zu lesen; sie ist seitenverkehrt, muss also „von hinten“ gelesen werden; s. Kommentar. Wappen: Milser1). Es ist nicht mehr eindeutig bestimmbar, ob es sich bei beiden Darstellungen um Bildfenster ge- handelt hat. Zumindest das Stifterbild sei nach Lebersorg „in quadam fenestra dictae cappellae“ vorzufinden gewesen2). Diese Aussage stützen auch die Inschriften des Stifterbildes (II und III) in Lebersorgs Abbildung, die erst „von hinten“ gelesen Sinn ergeben und somit dem Befund einer von der „falschen“ Seite gezeichneten Glasscheibe entsprechen. Ob es sich auch bei der Wappen- darstellung um die Bemalung einer Glasscheibe gehandelt hat, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, da die entsprechende Inschrift (I) nicht die Charakteristiken der Inschriften des Stifterbil- des aufweist, sondern sich dem Betrachter auf Lebersorgs Abbildung seitenrichtig gelesen er- schließt. Das Stifterbild soll nach Lebersorg über der Wappendarstellung angebracht gewesen sein. Der Inschriftenbefund und die Angaben Lebersorgs könnten darauf hindeuten, dass das Wappen im unteren Teil des Fensters zu sehen oder überhaupt unterhalb des Fensters auf den Putz gemalt gewesen war, während es sich beim Stifterbild höchstwahrscheinlich um ein Bildfenster handelte. Zu diesem Befund passen auch die Angaben Lebersorgs über die Zerstörung der Bilder: Sie seien „durch die mangelnde Sorgfalt der Maurer“ im Zuge einer Renovierung unter Abt Thomas Lugga (1615–1631) zerstört worden, wobei sich diese Angabe wohl nur auf das Fenster mit dem Stifterbild beziehen dürfte, da Lebersorg kurz vorher noch zum Wappen bemerkt, dass es heute noch vorhanden sei („sua insignia [quae adhuc extant]“)3). Die in Inschrift I gegebene Datierung kann in der kopial überlieferten Form mit ihren anachro- nistischen arabischen Ziffern kaum aus dem 13. Jahrhundert stammen4). Daraus lässt sich entwe- der schließen, dass Lebersorg bei der Abschrift der wohl gemalten Inschrift eine Vereinfachung der originalen Datierung mit römischen Zahlzeichen vornahm, oder – wahrscheinlicher – dass es sich bei Inschrift I um eine spätere Zutat handelt, die ein Mitglied der Familie Milser anbringen ließ, um das Alter der familiären Präsenz vor Ort besonders zu betonen5). Offenbar bezog man sich später auf das Datum der eben 1279 getätigten Stiftung Milsers. Die Zweifel an einer Ent- stehung der Inschrift im Jahr 1279 werden auch von der Minuskelschrift bei Lebersorg genährt, die für das späte 13. Jahrhundert nicht authentisch sein kann, zumal auch das Weihedatum der Stiftskirche (1284, s. Kat.-Nr. 2) und jenes der Milserkapelle (1306) erst nach dem für das Bild- 3 fenster reklamierten Jahr liegen. Unabhängig davon scheint das verlorene Glasfenster mit den Inschriften II und III noch aus der Zeit der genannten Stifter – oder doch zumindest aus dem frühen 14. Jahrhundert – gestammt zu haben6). Die ehemalige Milserkapelle in der Stiftskirche war von Rupert Milser, der sich hier, über seinem Wappen (I), als Stifter mit seiner Frau Adelheid darstellen ließ (II und III), als Begräbnisstätte für sich und seine Nachkommen gegründet worden. Nach der Genealogie Mayrhofens war Rupert der Sohn Rudolfs I. von Müls und machte 1280 eine Schenkung an das Stift Stams, 1298 an Wilten und starb kurz darauf, vermutlich an einem 13. März7). Tatsächlich ediert Primisser eine Urkunde Rupert Milsers, in der er „pro remedio anime mee“, sowie für das Seelenheil seiner Frau seinen Besitz in Hochasten (Pitztal) vermacht; kurz darauf ersetzte er dem Kloster in einer weiteren Urkunde das Gut in Hochasten durch ein gleichwertiges Gut in Grub auf Weerberg8). Ruperts Frau, Adelheid von Schwangau, wird bereits 1279 als verstorben bezeichnet, dürfte also zum Zeitpunkt der Entstehung der Fenster bereits nicht mehr gelebt haben9). Sie ist zum 20. November in das Stamser Nekrolog eingeschrieben10). Aus der Historia Stambsensis des Abtes Paul Gay erfahren wir, dass Rupert und Adelheid Milser, sowie Konrad, Rudolf und Oswald Milser im Jahr 1306 in Stams beigesetzt worden seien11). 1306 wurde die Milserkapelle durch Bischof Bartholomäus von Trient geweiht und heißt seitdem Heiligblutkapelle. Eine vergleichbare Kombination aus Bildfenster und Wandmalerei als Medien des inschriftlichen Stiftergedenkens lässt sich aus dem frühen 14. Jahrhundert in der Filialkirche Hl. Johannes der Täufer in St. Johann im Mauerthal (Niederösterreich) nachweisen12). 1) In Silber ein aufgerichtetes rotes Einhorn; Stechhelm mit rot-silberner Helmdecke und braunem, aus der Helmdecke wachsendem Einhorn als Helmzier. 2) Lebersorg, Chronik 12 (Haidacher 24f.). 3) Lebersorg, Chronik 12 (Haidacher 24f.). Zur Renovierung unter Abt Thomas Lugga vgl. Dehio Tirol 753 und Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 303f. 4) Vgl. Einleitung Kap. 5.7. 5) Ein solches Vorgehen lässt sich auch für die Familie Eben in Stams nachweisen; vgl. Einleitung Kap. 2.1.1. und Kat.-Nr. 15. 6) CVMA Österreich 4, LVI. 7) Mayrhofen, Genealogien 5, 299. Der Todes- oder Begräbnistag Ruperts ist nach dem entsprechenden Eintrag im Nekrolog des Stiftes Stams für den 13. März anzunehmen; Necrologium Stamsense 50. 8) Primisser, Additiones II, cap. XVI, 4 und 18. 9) Mayrhofen, Genealogien 5, 299. 10) Necrologium Stamsense 58. 11) Gay, Historia I, cap. XII, 94. 12) DI 72, Kat.-Nrr. 18† und 19†. Lebersorg, Chronik 12 und 24 (Haidacher 24f. und 42f.). – Gay, Historia I, cap. XII, 94. – Primisser, Annales II, cap. XVI, § 3. – Primisser, Additiones II, cap. XVI, 4 und 18. – Primisser, Index II, 30. – Mayrhofen, Genealogien 5, 299. – Necrologium Stamsense 50 und 58. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 303f. und 321. – Dehio Tirol 753. – Bitschnau, Burg 357. – Schmitz-Esser, Inschriften (2003) 75–77. – CVMA Österreich 4, LVI (Abb. E52). – Schmitz-Esser, Stift Stams 215f. und 228f. (Anm. 36). 2 Stams, Stiftskirche 1284 Weiheinschrift, Wandmalerei, in der Mittelapsis. Elf- oder zwölfzeilige Inschrift, zu beiden Seiten des Fensters in je einem Inschriftenblock braunrot auf hellbeigem Putzgrund aufgemalt, der Text über beide Blöcke zeilenweise durchlaufend. Die beiden Schriftfelder sind durch einen Kasten- rahmen mit fast völlig verblassten einfachen schwarzen Linien begrenzt, die Zeilen durch eben- solche Linien getrennt. Beide Schriftfelder wurden ursprünglich von einer Leiste aus abwechselnd nach innen bzw. außen orientierten braunroten Dreipässen gerahmt. Während diese Gestaltung beim rechten Inschriftenblock noch erhalten geblieben ist, zeigt das linke Feld eine sekundäre (frühneuzeitliche) Adaptierung durch vegetabile Wellenranken, deren Ausläufer die als Kleeblät- ter uminterpretierten, heute aber weitgehend verblassten älteren Dreipässe gebildet hatten. Die Weiheinschrift wurde 1963 freigelegt, doch ist der Verputz jeweils an drei Stellen in der Mitte der Schriftfelder großflächig gestört und die übrige Inschrift in der oberen Hälfte mittlerweile völlig, sonst stark verblasst und kaum mehr lesbar. Ihr Text musste deshalb überwiegend nach 4 einer Zeichnung auf Millimeterpapier im Stamser Stiftsarchiv wiedergegeben werden, die den Zustand aus der Zeit der Restaurierung festhält. H. 177 cm (linker Schriftblock), 170 cm (rechter Schriftblock), B. 180 cm, Bu. 9–9,5 cm. – Gotische Majuskel. Abb. 3–5 Text ergänzt nach Stiftsarchiv Stams G VIa n. 1, pag. 6f.1) und Beilage von 1963 (Zeichnung auf Millimeterpapier). [A(NNO)a) · D(OMINI) · M · CC · L · XXX · IIII · XI · K(A)L(ENDAS)b) // NOVEMB(RIS) · CONSECR(ATVM) · EST · HOC / ALTA͜RE · A · VENER(ABILI) · D(OMI)NO · WERN(HARDO) // EP(ISCOP)O · PETIN(ENSI)c) · IN · HO͜N(ORE) · S(ANCTE) · TRIN(ITA)T(IS) / I(N) · Q(VO) · HE · RELIQ(VIE) · SUNTd) RECONDITE // APOSTOL(ORVM)e) · ANDREf) · WARTHOL(OMEI)g) // I ACOBI h) · I(TEM) · LVCE · EW(ANGELIS)TE · I(TEM)i) · – – – / – – – // – – – / ...... M(A)RT(YRVM) · .... DNA ..... // LAUREN(CII) · PANG(RA)CII · ERASMI / M(A)RT(YRVM) · I(TEM) · MA͜RTINI · BRICIJ · EP(ISCOP)OR(VM) // I(TEM) · CLEM(EN)TIS · P(A)P(E) · I(TEM) · B(E)N(E)D(I)C(T)I · ABB(ATIS) /] IT(EM) · S(AN)C(T)A͜RV(M)