Der Kohlenbergbau auf Spitzbergen Von Eckart Dege, Ippendorf 'c

Zusammenfassung: Der Verfasser schildert im Kreide. Die Ausbildung der Formation vorliegenden Beitrag die Entstehung der Kohlen­ lager Spitzbergens und die heutige wirtschaft­ deutet auf limnische Verhältnisse hin: Sand­ liche Lage der Kohlengruben. stein, Schiefer, Kohle und Süßwassermol• Abstract: In this contribution the author descri­ bes the formation of the coal beds of Spitzberg lusken. In der Mitte der Formation tritt and to day's economic situation of the coal pits. ein Kohleflöz auf, das jedoch sehr unrein Die unter norwegischer Verwaltung ste­ und geringmächtig ist. Abgebaut wurde hende Inselgruppe Spitzbergen liegt etwa diese Kohle in der Bohemanntundra und in 650 km nördlich des europäischen Nord­ Moskushamn an der Nordseite des Ad­ kaps und 1200 km südlich des Nordpols. ventfjords. Die Kohle aus der Bchemann­ Sie besteht aus der Hauptinsel Westspitz­ tundra stellt eine echte Steinkohle dar, die bergen (39 044 km"), dem Nordostland jedoch zu viel Asche enthält, um als Koks­ (14 530 km") und zahlreichen kleineren In­ kohle Verwendung zu finden. Die kreta­ seln; ihre Gesamtfläche wird mit 61 229 km 2 zische Kohle aus Moskushamn steht in ihrer angegeben; das entspricht ungefähr der Ausbildung zwischen der Braunkohle und Fläche der Niederlande und Belgiens zu­ Steinkohle. Der Abbau dieser Kreidekohlen sammen. ist heute wegen ihrer geringen Qualität eingestellt. Die Entstehung der Kohlenlager Die bedeutendsten Kohleflöze Spitzbergens Spitzbergens liegen in der unteren Tertiarformation, die eine Mächtigkeit von ca. 1400 m hat und In drei verschiedenen Epochen der Erd­ 2 bis 5 Flöze im unteren und ebensoviele geschichte kam es in Spitzbergen zur Bil­ im oberen Teil enthält. Abbauwürdig sind dung von Kohlelagerstätten: jedoch nur die Flöze des unteren, unmittcl­ Die ältesten Kohlelager befinden sich hier bar an der Basis der Formation gelegenen im Unterkarbon, dem Kulm. Durch inten­ Kohlehorizontes, da die des oberen Hori­ sive Faltung und Abtragung ist jedoch der zontes nur Mächtigkeiten von wenigen De­ größte Teil der Kulmablagerungen später zimetern erreichen. Die Ausbildung der wieder von der Landkarte Spitzbergens Formation, kontinentale Sandsteinablage­ verschwunden. Reste finden sich heute noch rungen mit eingeschalteten Kohleflözen, am Pyramidenberg im innersten Billefjord überdeckt von Sandsteinen mit marinen und an der Einfahrt des Bellsunds bei Camp Muscheln, läßt auf ihre Ablagerungsbedin­ Miller. Am Pyramidenberg treten in der gungen schließen: Zu Beginn des Tertiärs Kulmformation mehrere, z. T. recht mäch• war Spitzbergen landfest, wurde dann je­ tige Kohlenflöze auf. Die Kohle weist teil­ doch langsam vom Meer überflutet. Im weise Braunkohlencharakter auf. Sie wird Küstensaum bildeten sich tropische Sumpf­ heute von der sowjetischen Gesellschaft wälder aus, die später die Kohleflöze bil­ "" abgebaut. Die Kulmkohle deten. Zur Zeit dieser üppigen tertiären am Bellsund hingegen weist einen stärkeren Sumpfmoore muß .die Jahresmitteltempe­ Inkohlungsgrad auf, der wohl auf den in­ ratur Spitzbergens etwa 20 0 C über der tensiveren Faltungsdruck in der Faltungs­ heutigen, die -4 0 C beträgt, gelegen ha­ zone Westspitzbergens zurückzuführen ist. ben. Ein Wechsel von Transgressionen und Hier handelt es sich um anthrazitische Ma­ Regressionen ließ die einzelnen Flöze ent­ gerkohle mit jedoch nur 11 % flüchtigen stehen, während eine gänzliche Überflutung Bestandteilen. Da die Flöze sehr gering­ des Landes schließlich zur Auflagerung mächtig und unrein ausgebildet sind, erwies mächtiger mariner Sandsteinschichten führte. sich ein Abbau als unrentabel. Erneute Regressionen am Ende des unteren Die nächst Jungeren Kohlevorkommen Tertiärs ließen die Flöze des oberen Kohle­ Spitzbergens finden sich in der unteren horizontes entstehen.

') cand. rer. nat. Eckart Dege, 53 Ippendorf, Hauptstraße 121 268 Die tertraren Kohlen Spitzbergens sind Kohle von , Crumantbyen durchweg als reine Steinkohle ausgebildet. und mit 40 % flüchtigen Be­ Das deutet darauf hin, daß früher über dem standteilen) und ganz am Außenrand gar unteren Tertiär noch mächtige, heute wie­ nur Glanzbraunkohle ( an der der abgetragene Schichtpakete gelegen ha­ Ostseite des Adventfjords). Die Gasflamm­ ben, die mit ihrem Druck die weitgehende kohlen aus Longyearbyen haben einen Heiz­ Inkohlung dieser Tertiärkohle bewirkt ha­ wert von 7-8000 cal; das entspricht dem ben. In der großen südspitzbergischen Ter­ der Karbonkohlen des Ruhrgebietes. Sie tiärmulde bildete sich dort, wo die Kohlen zerfallen schnell zu Kohlengrus und eignen dem größten Druck ausgesetzt waren ­ sich nicht zur Verkokung. nämlich im Muldentiefsten - die gasärmste An der Westküste Spitzbergens kommen Kohle, die Fettkohle, wie z. B. am Hedge­ noch eine Reihe lokaler Tertiärgebiete vor, hogfjell (mit 20 % flüchtigen Bestandtei­ deren wirtschaftlich bedeutendstes an der len); wo der Druck nach und nach abnahm liegt. Sechs Flöze mit abbau­ - also an den Muldenflügeln - bildeten würdigen Mächtigkeiten fallen hier nach sich Gaskohle ( am Ende des Van Süden ein. Die Kohle, eine Gasflammkohle, Mijenfjords, Kohle mit 30-35 % an flüch• hat einen überdurchschnittlichen Wasserstoff­ tigen Bestandteilen), Gasflammkohle (die gehalt und eignet sich gut als Bunkerkohle.

Longyearbyen: Blick vom Adventdal auf die Kohlengruben I, H, IV und V. Die Berge sind im Niveau des Longyearfiözes (ca. 250 m über NN) abgehoben. Zeichnung: Eckart Dege Nach neueren Schätzungen belaufen sich die 400 000 to und die Grube der "Store Norske Vorräte an Kohle auf Spitzbergen auf 112 Kulkornpani" bei Longyear­ bis 3/4 Milliarden Tonnen. Genauere Ab­ byen mit ca. 300000 to jährlich. schätzungen sind wegen der geringen Auf­ geschlossenheit der Flöze schwierig. Bei Barentsburg wird tertiäre Steinkohle aus einem Tiefschacht auf Kap Heer am Die heutigen Kohlengruben Eingang des Granfjords gefördert. Das an­ Heute fördern nur noch drei Gruben auf gefahrene Flöz hat eine Mächtigkeit von Spitzbergen: die beiden Anlagen der so­ 1,70 bis 1,80 m. Die geförderte Kohle ge­ wjetischen staatlichen Gesellschaft "Arkti­ langt auf einer Grubenbahn zu den 3 km kugol" in Barentsburg und mit entfernten Lager- und Ladeanlagen in Ba­ einer }ahresförderung von zusammen ca. rentsburg.

269 Im inneren Billefjord werden zwei arn Py­ schraubte Bolzen verstärkt. Den Boden der ramideriberg in etwa 400 m Höhe frei aus­ Stollen bildet ein nur 2 bis 5 cm dickes Flöz; streichende Kulm-Kohlenflöze von der auf ihm als Unterlage kann das losge­ "Arktikugol" angefahren und im Stollen­ sprengte Gestein beim Stollenbau durch bau abgebaut. Das obere Flöz hat eine Ernco-Lader gut weggeräumt werden. Mächtigkeit von etwa 2 m, das 40 m tiefer Das Hauptkohlenflöz wird in den Feldern gelegene Flöz ist bis zu 6 m mächtig. Vom zwischen den Querschlägen, von außen zum Stollenausgang gelangt die geförderte Kohle Hauptstollen vorschreitend, von den Quer­ in einem 1100 m langen, auf Schienen lau­ schlägen aus abgebaut. Gearbeitet wird in fenden Schrägaufzug an den Fuß des Py­ drei Schichten. Die erste Schicht sprengt die ramidenberges und von dort in einer über• Kohle vom Hangenden los, die zweite för• dachten, etwa 1,5 km langen elektrischen dert sie mit Schrappern bis zu den Quer­ Kleinbahn und schließlich auf einem Trans­ schlägen, wo sie über Bretterbühnen in be­ portband zum Ladekai am Billefjord. reitstehende Loren geladen wird, und die In Longyearbyen wird von der "Store dritte Schicht nimmt die Stahlstempel dort Norske Spitsbergen Kulkompani" das Long­ weg, wo die Kohle bereits abgebaut ist, und yearflöz, ein Flöz des unteren tertiären bringt sie dort an, wo die vorhergehende Kohlehorizontcs, abgebaut. Da es fast ho­ Schicht die Kohle gerade abgeräumt hat. So rizontal und ungestört durchschnittlich 250 schreitet der Abbau des Flözes zwischen den Meter über dem Meeresspiegel liegt und einzelnen Querschlägen auf ganzer Länge durch die kastenförmigen südlichen Neben­ um 1,50 m pro Tag vor. In den ausgeraum­ täler des weiten Adventdals aufgeschlossen ten Feldern läßt man das hangende Gestein ist, kann es von den Talflanken aus ange­ herunterfallen, die Lücke schließt sich wie­ fahren und im Stollenbau abgebaut werden. der. Bei diesem Abbauverfahren wird durch die einfache Lagerung der Kohle und Die Grube I (auf der Westseite des Long­ den dadurch möglichen weitgehenden Ein­ yeardals), die Grube II (auf der Ostseite des satz von Maschinen eine Förderleistung von Longyeardals unter dem Bergklotz zwischen 7 to pro Mann und Schicht erreicht. Das Longyear- und Endalen) und die Grube IV ist, verglichen mit unseren deutschen Zechen (im Talschluß des Longyeardals) sind in­ sehr hoch. Jedoch müssen alle Arbeiten vor zwischen erschöpft. Deshalb verlegte man Ort im Liegen ausgeführt werden, da das 1960 den Kohlenabbau aus dem Longyear­ Flöz· nur eine Mächtigkeit von 70 cm hat dal in das südöstlich anschließende Parallel­ Da die Grube im Bereich des Dauerfrostes ral, das Endal, und baut heute von seiner liegt, herrscht in ihr immer eine gleich­ Ostflanke aus in der Grube V ("König mäßige Temperatur von - 4 0 C. Das Olav-V-Grube") das unter dem Bergklotz kommt den Arbeitern, die im Winter von zwischen Endalen und Todalen liegende draußen aus Temperaturen von häufig unter Longyearflöz ab. Die Mündung des Haupt­ - 30 0 C kommen, recht warm vor. Außer• stollens liegt 250 m über dem Meere an dem hat das noch den Vorteil, daß alles der steilen Bergflanke. Ein auf Schienen Wasser gefroren ist, eine Wasserhaltung in laufender Schrägaufzug befördert Arbeiter der Grube sich also erübrigt. Das meiste und Material zur Stollenmündung hoch. Grubengas ist bei Temperaturen unter dem Dieser Hauptstollen mit einem Durchmes­ Gefrierpunkt gebunden; das vereinfacht die ser von 3 X 5 m, durch den die zweigleisige durch die waagerechte Lagerung der Kohle elektrische Grubenbahn verläuft, gabelt sich und die vielen Stollenausgänge rundherum zweimal und schließt so die gesamte Grube an den Berghängen sowieso schon günstige auf. Alle 400 und später alle 800 m wur­ Bewetterung noch mehr. Kohlenstaub wird den von diesem Hauptstollen Querschläge durch Besprühen der Stollenwände mit Cal­ (3 X 3 m, eingleisig) vorgetrieben. Die Decke ciumkarbonat gebunden. der Stollen wird durch das Hangende des Die abgebaute Kohle gelangt mit der Gru­ Longyearflözes gebildet. Das Gestein ist so benbahn zu einem aus dem Berg ausge­ fest, daß es nicht abgestützt zu werden sprengten Silo und von ihm auf einem För• braucht, es wird lediglich durch einge- derband zum Scheidewerk und zur Seilbahn-

270 station an der Bergflanke. Der Transpurt vertrages die meisten Waren zoll- und zum Lager- und Verladegelände auf Hotel­ steuerfrei einkaufen, was sich besonders auf neset an der Einfahrt zum Adventfjord er­ Zigaretten und Alkohol, aber auch auf Ra­ folgt durch eine 12 km lange Drahtseilbahn, diogeräte, Jagdwaffen, Boote, Boorsmoto­ die von der Firma Heckel aus Rohrbach ren, Fischereigeräte und Kleidung auswirkt. (Saar) errichtet wurde. Allerdings ist der Alkoholverkauf einge­ Abgebaut wird wegen der geringen Kohlen­ schränkt. Jeder Arbeiter kann täglich nur nachfrage nur während des Winters; im zwei Flaschen Sdiwachhier kaufen und muß Sommer liegen die Anlagen still. Die Ar­ es in der Wirtschaft trinken. Monatlich beiter gehen dann ihrem eigentlichen Beruf steht ihm eine Flasche Schnaps zu. Steiger als Bauern und Fischer in Nordnorwegen und: Ingenieure können Spirituosen in belie­ nach. Abtransportiert werden kann die biger Menge kaufen; eine Weitergabe an Kohle nur während der Sommermonate Arbeiter wird jedoch mit Absetzung be­ (Ende Mai bis Ende November), in der straft. übrigen Zeit des Jahres ist Spitzbergen eis­ Die meisten Arbeitskräfte leben, da sie ihre blockiert. Durch Errichtung der Funkstation Familien nicht mitbringen können, in Ce­ auf Kap Linne an der Ein­ meinschaftsunterkünften und essen in Kan­ fahrt zum Eisfjord und die Aufstellung von tinen. Für Unterkunft und Verpflegung be­ Funkbaken auf Kap Martin und Rundod­ hält die Firma täglich 8,50 Kronen vom den sowie mehrerer Leuchtfeuer konnte die Lohn ein. Schiffahrtssaison schon bis in die Polarnacht Ein besonderes Problem besteht in der Frei­ hinein ausgedehnt werden. Die sowjetischen zeitgestaltung. Jeden Sonntag wird ein Gruben haben durch den Einsatz von Eis­ Film im Versammlungshaus gezeigt. Der brechern sogar ganzjährige Schiffahrtsver­ örtliche Radiosender, Radio, bindungen. Da Longyearbyen während des strahlt von morgens bis abends ein auf den \1Vinters von der Außenwelt abgeschlossen Geschmack der Arbeiter abgestimmtes Un­ ist, müssen sämtliche Vorräte, sowohl für terhaltungsprogramm aus, nur unterbrochen den Grubenbetrieb, als auch für die Bevöl• von Nachrichten, die er vom norwegischen kerung für ein Jahr im Voraus eingelagert Rundfunk übernimmt, und von örtlichen werden. Da Spitzbergen keinen Flugplatz Ansagen. Außerdem gibt es noch eine ganze besitzt, gibt es während des Winters auch Reihe von Clubs, von denen der Sportclub keine regelmäßige Postverbindung. Die Ra­ besonders viele Anhänger hat. diostation in Longyearbyen, Svalbard Ra­ Da die Steiger nicht vielmehr verdienen als dio, mit ihrer Gegenfunkstelle Harstad die Arbeiter, sind gute Steiger aus Norwe­ stellt dann die einzige Verbindung mit der gen nur schwer zu bekommen. So muß die Außenwelt dar. Erst zu Ostern wurde in "Store Norske" auf geeignete, aber nicht den letzten Jahren immer ein Flugzeug nach besonders ausgebildete Hauer zurückgreifen. Spitzbergen geschickt, das Postsäcke im Tief­ Im Gegensatz zu den Arbeitern können flug abwarf. Während des letzten Winters Steiger und Ingenieure ihre Familien mit (1963/64) konnten diese Postflüge sogar nach Spitzbergen bringen. Sie bekommen mehrmals durchgeführt werden. freies Essen, freie möblierte Wohnung und In der norwegischen Grube arbeiten Saison­ freie Heizung. Steiger, Ingenieure und Büro• arbeiter, die nur während des Winters auf angestellte wohnen in Funksjonaersbyen, Spitzbergen sind. Die meisten von ihnen einem besonderen Ortsteil auf einem arbeiten nur vorübergehend hier; sie wollen Schwemmkegel an der Ostseite des Long­ in kurzer Zeit möglichst viel Geld verdie­ ycardals. Hier befindet sich auch das mo­ nen. Der Lohn ist merklich höher als in derne Krankenhaus, die Ingenieursmesse und Norwegen, ein Hauer Vor Ort verdiente das Verwaltungsgebäude der Firma. Auf der 1957 etwa 8 Kronen in der Stunde. Davon gleichen Talseite, jedoch tiefer taleinwärts, werden ihm auf Spitzbergen nur 4 Prozent steht , die Neustadt, mit Arbeiter­ Steuern abgezogen, während er in Norwe­ unterkünfren, einer Kantine und einem pri­ gen 1-8 Prozent bezahlen müßte. ,:.) Außer• vaten Laden. Nybyen gegenüber auf der dem kann man aufgrund des Spitzbergen­ Westseite des Tales stehen in Sverdrupbyen ") siehe Lohmeyer 1961 271 weitere Arbeiterunterkünfte und eine zweite Heizung enthalten. Die Trinkwasserversor­ Kantine. Auf der gleichen Seite, jedoch am gung stellt in Spitzbergen ein besonderes Ausgang des Longyeardals, befindet sich auf Problem dar. Im Sommer wird das Wasser einer alten Terrasse Longyearbyen, das Re­ aus einem See im Adventdal gepumpt, der gierungsviertel. Hier hat der Amtmann durch hohe hölzerne Windschutzzäune ge­ Spitzbergens, Sysselmann genannt, seinen gen die im Herbst häufig aus dem Advent­ Amtssitz. Daneben steht die Radiostation dal hereinbrechenden Lößstürme geschützt Svalbard Radio mit drei hohen Gitter­ wird. Im Winter muß man Eisblöcke aus masten und die Wohnung des Bergmeisters. diesem See brechen, sie mit einem traktor­ Etwas weiter im Tal überragt ein schlanker gezogenen Schlittenzug nach Longyearbyen Glockenturm die neue schmucke Holzkirche schaffen und an die Haushalte verteilen. und das hübsch eingerichtete Gemeindehaus. Während die Abbaumethoden in den sowje­ Über all diese Gebäude hinweg zieht die tischen Gruben rückständiger sind, sind ihre ewig kreischende Drahtseilbahn. sozialen Einrichtungen z. T. recht fort­ Unten am Strand, -am alten Kai, befindet schrittlich. Hier gibt es Abendschulen für sich das Kraftwerk, das die Anlagen und die Arbeiter, sehr viele aktive Clubs und Wohnungen mit Strom und Dampf versorgt. jeden Tag einen neuen Spielfilm. In Ba­ Daneben ziehen sich Lagerhäuser, Repara­ rentsburg steht den Arbeitern sogar ein turwerkstätten, Oltanks und Bootsschuppen Hallenschwimmbad zur Verfügung. Sowohl am Strand hin. in Barentsburg, als auch in Pyramiden wird während der Sommermonate in Treibhäu• Ungefähr in der Mitte zwischen den vier sern auf eigens aus Rußland herantrans­ Ortsteilen erhebt sich das Versammlungs­ portierter Erde Frischgemüse gezogen. Hier haus, ein mächtiger Steinkasten mit Kino­ unter der intensiven Strahlung der arkti­ saal, Wirtschaft, Volksschule und Postamt. schen Sonne, die fünf Monate lang ununter­ Zwischen den Ortsteilen und hinaus zur brochen am Himmel steht, reifen sogar To­ Grube im Endal verkehren Busse der Gru­ maten und Weintrauben. Kuhherden, die bengesellschaft. Privatwagen sind auf Spitz­ während des Sommers in der Tundra wei­ bergen nicht zugelassen, da die Straßen (die den und im Winter mit importiertem Heu sowieso nicht über den Bereich der Gru­ gefüttert werden, versorgen die sowjetischen bensiedlungen hinausreichen) Eigentum der Grubensiedlungen mit Frischmilch. Die So­ Grubengesellschaft sind. Hingegen verkeh­ wjets achten in ihren Grubensiedlungen auf ren auf ihnen zahlreiche Dienstwagen der peinliche Sauberkeit. Grubengesellschaft, fast ausnahmslos Volks­ wagen, die auch während der strengsten Ob sich jetzt, wo Bunkerkohle nicht mehr Wintermonate immer einsatzbereit sind. gefragt ist und sich die norwegische Ener­ giewirtschaft auf Wasserkräfte und mine­ Abgesehen vom Versammlungshaus beste­ ralische Rohstoffe umgestellt hat, der Abbau hen in Longyearbyen alle Gebäude aus von Spitzbergenkohle, der trotz der hohen Holz. Mit ihrem frischen Anstrich bilden Förderleistung pro Mann und Schicht durch sie hübsche Farbkleckse auf den grauen die extreme Lage Spitzhergens sehr teuer Schuttfächern der Talflanken. Viele der ist, noch wirtschaftlich lohnt oder nur noch Häuser stehen auf Pfählen, die in den aus politischen Gründen als Zuschußbetrieb Dauerfrostboden eingefroren sind. Zwischen aufrecht erhalten wird, läßt sich schwer sa­ dem Erdboden und dem Haus muß ein Zwi­ gen. Gegenwärtig nehmen die Kraftwerke schenraum von etwa 1,50 m bleiben, damit Kiel und Lübeck gut die Hälfte der nor­ sich die Wärme des Hauses nicht auf den wegischen Spitzbergenkohle ab. Ein kleiner Boden überträgt und diesen zum Auftauen Teil geht nach Dänemark, und der Rest bringt, was ein Einsinken des Hauses be­ wird in Norwegen verbraucht. wirken würde. Von Haus zu Haus ziehen An dieser Stelle möchte ich Herrn Dr. H.-J. sich in Höhe der Dächer Holzkästen hin, Schwoitzer (Geolog.-päläont. Inst. der Uni­ die in dicker Isolierwollverpackung Rohre versität Bonn), dem Leiter der Deutschen zur Wasserversorgung und Dampfrohre zur Spitzbergenexpedition 1961, danken, daß er

272 mir im Rahmen dieser Expedition die Mög• Ho r n , Gunnar: Beiträge zur Kenntnis der Kohle von Sva1bard. Norges Sva1bard- og Is­ lichkeit gab, den Bergbau auf Spitzbergen havs-t.rndersakelser, Skrifter Nr. 17, Os10 1928 zu studieren. Ferner bin ich dem damaligen K not he, Herbert: Spitzbergen. Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft Nr. 211, Gotha Sysselmann Spitzbergens, Herrn Finn B. 1931. Midboe, der Leitung der "Store Norske Loh m e y er, Sigud: Spitzbergen und seine Bewohner. Geographische Rundschau, Januar Spitsbergen Kulkompani" in Longyear­ 1960, S. 28-31. byen (besonders Herrn Ing. Tiefenthai) und Loh m e y er, Sigurd: Vom Bergbau auf Spitz­ bergen. Glückauf, März 1961. S. 253-256. den Ingenieuren der sowjetischen Grube Py­ o r v in, Anders K.: Geology of the Kings Bay ramiden (besonders den Herren V. Kyrilsky Region, Spitsbergen, with Special Reference to the Coa1 Deposits. Norges Sva1bard- og und M. 1. Iwanow) für ihre freundliche rshavs-trncterseketser, Skrifter Nr. 57. Os10 1934. Hilfe zu größtem Dank verpflichtet. o r v in, Anders K.: The Settlements and Huts of Sva1bard. Norges Sva1bard- og Ishavs-Un­ dersoketser, Medde1e1se Nr. 46. Os10 1939. o r v in, Anders K.: Outline of the Geolog'i cal Literatur: History of Spitsbergen. Nor'ges Sva1bard- og tshavs-Undersekelser, Skrifter Nr. 78. Os10 Aas g a a r d , Gunnar: Svalbard under og etter 1940. Verdenskrigen. Norges Sva1bard- og Ishavs­ R 0 d La n d , Andreas: 01jefremstilling av Kings Under-salcelser, Medde1elser Nr. 65, Os10 1948. Bay-kul og ku1 og skifer fra Andoen. Norges B u t 1 er, J. R. Geochemica1 Affinities of some Geol.ogiake Undersöke1se Nr. 113. Kristiania Coa1 from Sva1bard. Norsk Po1arinstitutt, skrif­ 1924. tel' Nr. 96, Os10 1953. Statistik Sentra1byra (Herausgeber): Norges D e g e, Wilhelm. Die heutige Besiedlung und Bergverksdrift. Norges offisielle Statistik. Os10, Wirtschaft Spitzbergens. Petermanns Geogra­ jährlich. phische Mitteilungen, Bd. 85, S. 166-171, Gotha Wer e n ski 0 1 d , W. and 0 f ted a 1, Ivar: 1939. A Burning Coa1 Seam at Mt. Pyramide, Spits­ G r a m , J.: Undersakelser over bitumtnose ku1 bergen. Resu1tater av de Norske Staatsunder­ fra Spitsbergen og Andoen. Norges Geo10giske stottede. Spitsbergenekspeditioner, Bind I, Undersöke1se Nr. 111, Kristiania 1922. Nr. 3, Kristiania 1922. G r a m , J.: Den kemiske sammensaetning av W ins n es, T. S., He i n t z , A. and He i n t z Spitsbergen-Bj0rn0kul. Norges Geologiske Un­ N.: Aspects of the Geo10gy of Sva1bard. Norsk dersöke1se Nr. 112. Kristiania 1923. Po1arinstitutt, Meddelelser Nr. 87. Os10 1962.

Akkumulation und Ablation bei hochalpinen. subpolaren, temperierten Gletschern und Möglichkeiten von Schmelzwasser-Kraftwerk"-Nutzungen

Von Hans Stauber, Zürich ,:-)

Das Vortragsthema behandelt einen ver­ Bei den sehr verschiedenartigen Gletscher­ mutlich erstmaligen Darstellungsversuch, in gebieten unserer Erde gibt es - neben den obgenannten Gletschergebieten mit be­ hochpolaren Gletschertypen .- in fast allen stimmten günstigen Voraussetzungen, wirr­ Breitengraden, Klimaten und Kontinenten schaftl ichinteressante "Schmelz-Kraftwerke", viele subpolare und hochalpine temperierte - basierend auf alpinen und polaren Er­ Gletscherkuppen aufweisen, und wo sich zu­ fahrungen - auszuführen. Es kommen ins­ gedehnte spaltenlose Firnfelder und flache besondere hochliegende weite Firn- und In­ Gletscherkuppen aufweisen, und wo sich zu­ landeis-Plateaux (2- bis 3000 m), nahe von dem die jährliche Akkumulation und Ab­ tiefen Fjordgebieten in Frage (z. B. Süd• lation mehr oder weniger im Gleichgewicht grönland). Das Sammeln von reichem halten oder wo zufolge der heutigen Klima­ Schmelzwasser kann mit Abfang-Eisrinnen­ erwärmung eine stärkere Gletscherabschmel­ Eiskanälen bis zu günstigen Eis- oder Fels­ zung begann. Sammelmulden, dann Druckstollen und Da neben den hochalpinen Gletschern von Zentrale im Fels bis Fjordhöhe erfolgen. Island, Skandinavien usw. auch riesige In-

') Dr. Hans Stauber, Zürich 7, Witikonerstraße 65

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