Keiner Will Schießen Wechsel Sei „Überfällig“, Sagte Im Jahr 2008 Robert Habeck
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A P D / H C A P S N A E W U Parteifreunde Özdemir, Palmer: Mehr Platz an der Spitze? Al-Wazir, die Alten ließen die Jungen GRÜNE nicht hochkommen: „Unser Problem ist ja nicht, dass wir zu wenig Köpfe hätten. Ganz im Gegenteil.“ Ein Generations - Keiner will schießen wechsel sei „überfällig“, sagte im Jahr 2008 Robert Habeck. Damals war er Parteichef in Schleswig-Holstein, heute Eine Urwahl der Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl ist er dort Spitzenkandidat für die Land - bietet die Gelegenheit, die Grünen-Führung zu tagswahl. Eine Urwahl könnte das komplizierte verjüngen. Doch der Nachwuchs scheut den offenen Machtkampf. Geflecht von Doppelspitze, Frauenquote und Flügelproporz überwinden, das den o muss man sich wohl einen Partei - 2005 wird bei den Grünen mit schöner Führungsleuten in den vergangenen Jah - präsidenten vorstellen. Cem Özde - Regelmäßigkeit die personelle Erneue - ren das Überleben leichtgemacht hat und Smir steht im dunkelgrauen Mantel rung an der Spitze gefordert, doch geän - das viele junge Grüne kritisieren. vor der Bundesgeschäftsstelle der Grünen dert hat sich wenig. Ganz oben tummeln Das Problem ist nur: Keiner will. Der in Berlin. Seine Partei zankt sich seit Wo - sich immer noch Leute, die schon Schlach - Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt, doch chen darum, wer die Grünen in die Bun - ten gegen Helmut Kohl geführt haben: es findet sich kein Schütze. Denn Özde - destagswahl führt, doch der Vorsitzende Jürgen Trittin, 57, Renate Künast, 56, und mir, 46, ist nicht der Einzige, der betreten schwebt ein bisschen über den Dingen. Claudia Roth, 56. zur Seite schaut. Auch der Tübinger Ober - Er sehe seine Rolle als „Sachwalter des Die Jungen reden viel, aber sie haben bürgermeister Boris Palmer oder Al-Wa - Gesamtinteresses“, sagt er salbungsvoll wenig zu sagen. Jetzt wäre die Gelegen - zir halten die Füße still. in die Mikrofone. Es müsse „auch Team - heit günstig wie nie, die personelle Er - Schon vor Jahren ruhte das Auge des player geben, die das Gesamtprojekt mit starrung an der Spitze aufzulösen. Özde - Parteipatriarchen Joschka Fischer wohl - forcieren“. Spitzenkandidatur? Nein, dan - mirs Co-Vorsitzende Claudia Roth hat gefällig auf dem Trio Özdemir, Palmer ke. Vielleicht hat Cem Özdemir eine neue eine Urabstimmung der Basis über die und Al-Wazir. Fischer erkannte in den Bescheidenheit ergriffen, und es genügt Spitzenkandidaten für die Bundestags - smarten, rhetorisch gewandten Jungpoli - ihm tatsächlich, im Herbst als Grünen- wahl ins Spiel gebracht. tikern jeweils ein bisschen von sich selbst: Chef bestätigt zu werden. Schon seit Jahren fordern die Jungen in Özdemir den ehrgeizigen Aufsteiger, Man kann es aber auch anders sehen. mehr Platz für sich an der Spitze. 2007 in Palmer den Querkopf, in Al-Wazir den Seit der Abwahl aus der Bundesregierung klagte der hessische Fraktionschef Tarek Strategen. Doch Joschkas Enkeln geht Grüne Karrieren Politische Ämter von Jürgen Trittin und Claudia Roth Claudia Roth Bundesvorsitzende Abgeordnete im Fraktionsvorsitzende Bundestags- Europaparlament im Europaparlament abgeordnete N E S N E Z . R 1990 1995 2000 2005 2010 Jürgen Trittin Niedersächsischer Mi- Vorsitzender I N I R Mitglied des Landtags nister für Bundes- und Bundesvorstands- Minister für Umwelt, Vizefraktionsvorsitz der Bundes- A B M Niedersachsen Europaangelegenheiten sprecher Naturschutz und Reaktorsicherheit im Bundestag tagsfraktion A G . M 19851990 1995 2000 2005 2010 28 # $" ! 13/2012 Deutschland offensichtlich ab, was der Alte im Über - Wähler gewinnen. Im Parteirat hat er maß besaß: Kampfgeist. voriges Jahr ein für Grüne provokantes So steht ausgerechnet die Partei, die Positionspapier vorgelegt, in dem er mehr einst das Wort Basisdemokratie prägte, Polizei forderte und das Adoptionsrecht vor einer kuriosen Situation: Stell dir vor, für Schwule kritisierte. es ist Urwahl, und keiner tritt an. Palmer will nicht, dass die Grünen nur Tarek Al-Wazir verspottete kürzlich mit Parteilinken wie Roth und Trittin für den hessischen Ministerpräsidenten Vol - die Bundestagswahl antreten. „Man kann ker Bouffier. Der CDU-Mann sei ja lange nicht mit der Hälfte der Partei in den Zeit eine Art „Prince Charles“ gewesen, Wahlkampf gehen“, sagt er. Der Realo- der ewig auf die Thronfolge wartete. Ein Flügel der Partei müsse auch an der Spit - bisschen „Prince Charles“ steckt nun ze vertreten sein. auch in Al-Wazir, 41. Seit bald zwölf Jah - Palmer könnte selbst kandidieren. Das ren führt er die oppositionelle Landtags - wäre ein spannender Test. In den vergan - fraktion in Wiesbaden. genen drei Jahren sind die Grünen um fast Der Grünen-Politiker hält nichts von 15 000 Mitglieder gewachsen. Vielleicht einer Urwahl, er bezeichnet sie als haben sich die Gewichte wirklich ver - „überflüssigen Schönheitswettbewerb, schoben, und Parteilinke wie Trittin und der zudem die Gefahr persönlicher Ver - Roth sind nicht mehr so stark wie früher. letzungen“ in sich trage. Da ist etwas Allerdings, es besteht das Risiko, dass dran, im Wahlkampf kann es garstig zu - Palmer schlecht abschneidet. Das würde gehen. Aber gehört das nicht zu einer seine Position schwächen. Einem Praxis - Demokratie? test unterzieht er seine These nicht. „Die 35- bis 45-Jährigen haben noch Zeit, der Ruf nach einem Generationswechsel ist noch nicht so laut“, sagt er. Aber ob man Jürgen Trittin einfach aus - sitzen kann, ist fraglich. Sollten die Grü - nen nach der Bundestagswahl in die Re - D gierung eintreten, wird die Generation P A D Trittin die wichtigsten Ministerien beset - / S E zen, wahrscheinlich bis 2017. G A M I Özdemir wäre als Parteichef auch da - P D D bei. Für ihn persönlich kann das Kalkül / S E aufgehen, vor der Bundestagswahl keine N H O L offene Schlacht gegen Trittin zu wagen. S A M Aber ist es auch das Richtige für die O H T Partei? Trittin und Özdemir geraten zu - Grünen-Politiker Al-Wazir sehends heftiger aneinander. Die beiden Zwölf Jahre Opposition haben unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft der Grünen. Trittin will Da er ein talentierter Politiker ist, wird die Grünen fest im linken Teil des Partei - in Berlin regelmäßig der Ruf nach Al-Wa - enspektrums verankert lassen, Özdemir zir laut, wenn es wichtige Posten zu be - will sie mehr in die Mitte rücken. setzen gibt. Doch immer, wenn es ernst Diese Auseinandersetzung ist keine Al - wird, verlässt den Hessen der Mut. Al- ters-, sondern eine politische Frage. Nur Wazir steht für eine Generation von wird sie nicht ausgetragen. Stattdessen Nachwuchspolitikern, die mit den 68ern sucht der Realo-Flügel fieberhaft nach und ihren Epigonen hadern. Sie lehnen einer Frau, die neben Trittin in den Wahl - deren Politikstil ab, den K-Gruppen - kampf ziehen könnte. Womöglich könnte sprech, die aggressive Muffeligkeit. Sie Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring- wollen die Grünen etwas bürgerlicher Eckardt oder die neue Vizechefin der machen, weniger links. Fraktion, Kerstin Andreae, die bisherige Aber sie kämpfen nicht. Im Land gebe Realo-Kandidatin Renate Künast ersetzen. es „konkrete Politik“ statt der Intrigen in Jetzt scheint es, als ob die Frauen ran Berlin, schwärmt Al-Wazir. Im Bund wür - sollen, weil sich die Männer nicht trauen. den sich die Grünen meist „über politi - Offen fordert niemand eine Kampfabstim - sche Sprachregelungen streiten“. Aller - mung. Aber intern ist die Irritation über dings wird im Bund auch über Strategie die Mutlosigkeit der Jungen groß: Die hät - und Inhalte der Grünen entschieden, nicht ten eben „keinen Arsch in der Hose“, sagt in den Ländern. Und da gibt es Streit. einer aus der Führungsriege. Boris Palmer etwa stellt sich ein ande - Auf den offenen Streit zu verzichten, res Morgen für die Grünen vor als Jürgen hielt schon Patriarch Fischer für falsch. Trittin. Der 39-Jährige ist der markanteste Für Zauderer hatte er noch nie etwas üb - Vertreter des rechten Parteiflügels. Aus rig. Zum Abschied aus dem Bundestag seiner Sympathie für Bündnisse mit der im Jahr 2005 sagte er voller Verachtung CDU macht er kein Hehl. Er will die Grü - über seine Leute: „Die jungen Grünen nen zu einer Volkspartei der Mitte ma - hätten mich stürzen sollen.“ chen und damit enttäuschte bürgerliche R! B$% # $" ! 13/2012 29.