1

100 JAHRE SCHWALMVERBAND

BEWAHREN UNTERHALTEN GESTALTEN INHALT

100 Jahre Schwalmverband Bewahren, unterhalten, gestalten 3 Die Schwalm Ein Fluss verbindet Länder 4 Ereignisreiche Geschichte 100 Jahre Schwalmverband 6 Wasserwirtschaft Im Einklang mit der Natur 11 Bewahren Artenreiche Gewässerlandschaft 12 Unterhalten Aufmerksame Pflege 15 Gestalten Mit Erfahrung und guten Ideen 18 Gute Gründe Warum werden Gewässer ausgebaut? 22 100 JAHRE SCHWALMVERBAND Bewahren, unterhalten, gestalten 3 Der Schwalmverband ist wichtig, weil er in vorbildlicher Weise die Belange der Gewässerpflege und des „ Gewässerschutzes in einer Hand vereint. Unsere vorbildliche Zusam- menarbeit erlebe ich immer wieder mit großer Freude. Wolfgang Müller, Bezirksregierung Düsseldorf, Dezernat 54

weil wir in die Niederlanden sagen: „lieber ein guter „ Nachbar als ein entfernter Freund“. Und in unserem Fall weil er schon seit den 1980er Jahren Vorreiter in Sachen ist der Nachbar zugleich auch ein guter Freund mit den „ Fließgewässerrenaturierung ist. Gleichzeitig trägt er eine gleichen Ideen zur Renaturierung! große Verantwortung, weil an der Schwalm einige der Jac Peerboom, Adviseur watersysteem en –keten, wertvollsten Naturschutzgebiete im Kreis Viersen liegen. Waterschap Limburg Nicht ohne Grund hat sich hier 1997 der erste Biber der Region angesiedelt. Peter Kolshorn, NABU Krefeld/Viersen e.V.

weil er gradlinig die Gewässer wieder krumm macht. Am Nie- „ derrhein gehört ein gewaltiger Spagat dazu, um den ordnungs- gemäßen Wasserabfluss, den Hochwasserschutz und die Öko- logie in ein Bachbett zu bekommen. Für die ersten 100 Jahre „Gradlinigkeit + Spagat“ ein herzliches DANKE SCHÖN, für die weiteren 100 Jahre ein ebenso herzliches GLÜCK AUF!!! Bruno Schöler, Landwirtschaftskammer NRW; Ressourcenschutz Wasser und Boden

weil die Unterhaltung und Pflege der Schwalm und ihrer Nebengewässer für die Natur, die „ Landschaft und die Menschen im Kreis von großer Bedeutung sind. Dieser wun- derschöne Landstrich entlang der Schwalm beherbergt zahlreiche Naturschutzgebiete und ist darüber hinaus auch aus touristischer Sicht äußerst wertvoll. Stephan Pusch, Landrat Kreis Heinsberg 4

DIE SCHWALM Ein Fluss verbindet Länder Die Schwalm ist ein Nebenfluss der Maas. Sie Ein geologischer Exkurs fließt rund 33 Kilometer durch den Westen Die Schwalm durchquert auf ihrem Weg durch das niederrheinische Tiefland meh- Nordrhein-Westfalens und mündet nach wei- rere Fließgewässerlandschaften und weist dementsprechend eine relativ vielsei- teren 12 Kilometern in der niederländischen tige Typologie auf. Von der Quelle bis zur Mündung durchläuft der Fluss den Na- Provinz Limburg bei Swalmen in die Maas. Zwi- turraum Schwalm--Platte. Im Bereich des Oberlaufs durchfließt er zunächst schen und liegen die Quell- die Löß- und Verwitterungsgebiete, Flussterrassen, Moränen und hauptsächlich läufe der Schwalm. In Folge des Braunkohleab- Sandgebiete. Beginnend mit der Flussniederung des Mittellaufs, dominieren baus südlich des Schwalmeinzugsgebietes und typische organische Substrate sowie Sande und Kiese. Die organisch geprägten der damit verbundenen Sümpfungsmaßnah- Gewässertypen überwiegen eindeutig. men sind diese teilweise trockengefallen. Das Gebiet des Schwalmverbandes Eine vorübergehende Quellschüttung im Be- Das Verbandsgebiet des Schwalmverbandes erstreckt sich über das in Deutschland reich von Genhof wird heute erreicht, indem liegende oberirdische Einzugsgebiet der Schwalm einschließlich ihrer Nebenge- Sümpfungswasser direkt eingeleitet wird. wässer. Es hat eine Größe von 249 Quadratkilometer. Die größten Schwalm-Zuflüs- . se sind Elmpter Bach, Kranenbach, Knippertzbach, Mühlenbach und Beeckbach. Im Oberlauf durchfließt die Schwalm zunächst Schwalm stark begradigt und eingetieft entlang diverser Torfstichseen und Kies- landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie den abgrabungen durch das Naturschutzgebiet Elmpter Schwalmbruch und geht hier Tüschenbroicher Wald. Daran schließt sich der in die Niederlande über. urban geprägte Raum der Stadt Wegberg an, wo auch der Beeckbach in die Schwalm mündet. Im weiteren Verlauf folgen ausgedehnte, feuchte- 5 geprägte Auenwaldbereiche. Innerhalb dieser naturnahen Landschaft nordwestlich des Orts- teils Rickelrath münden sowohl der Mühlenbach als auch der Knippertzbach in die Schwalm. Ab Kranenbach der Ortschaft Schwalmtal-Lüttelforst werden die Elmpter Bach Flächen an der Schwalm vorwiegend als Grün- land, Ackerflächen und Hausgärten genutzt.

Knippertzbach Die Landschaft der Schwalm ist geprägt von Mühlen, deren Ursprung zum Teil bis ins 13. Mühlenbach

Jahrhundert zurückreicht. Nördlich der Ort- Beeckbach schaft Brempt, unterhalb der Brempter Müh- le, ist die Schwalm durch das Wehr an der Mühlrather Mühle zum Hariksee aufgestaut. Dieser ehemals durch Torfstich entstandene See ist heute ein beliebtes Ausflugsziel im Er- Organisch geprägte Gewässer holungsgebiet Schwalm-Nette. Unterhalb der Mühlrather Mühle ist die Schwalm streckenweise Organisch geprägte Gewässer sind gekennzeichnet durch eine Sohle aus organi- schem Material: Holz, Torf und Detritus. Das Wasser ist oftmals durch Huminstof- eingedeicht. Innerhalb des Laarer Bruchs an der fe bräunlich verfärbt. Meist kann man natürliche, organische Tieflandgewässer Borner Mühle mündet der Kranenbach in die auch am flachen Profil, dem mäandrierenden Verlauf und dem unregelmäßigen Schwalm, unterhalb schließt sich die Gemeinde Mehrbettgerinne erkennen. Die Gewässer sind durch Totholz und Wasserpflan- Brüggen mit der Brüggener Mühle an. zen strukturreich geprägt. Der Wasserspiegel liegt auch bei Mit- An der westlichen Grenze von Brüggen mündet telwasser nur kurz unter dem um- der Elmpter Bach in die Schwalm. Im weiteren liegenden Gelände, so dass die Verlauf der Schwalm nach Westen schließt sich angrenzenden Flächen und die auf über zwei Kilometern der renaturierte Be- Talsohle bei jedem Hochwasser reich der Dilborner Benden mit seiner naturna- überflutet werden ‒ die Auen mit hen Aue an. Unterhalb der Dilborner Benden ihren Bruchwäldern können gut bis zur niederländischen Grenze verläuft die gedeihen. .de 6

EREIGNISREICHE GESCHICHTE 100 Jahre Schwalmverband Es klappern die Mühlen... Nebengewässern, von denen einige heute noch zu sehen sind, andere immerhin Seit dem 13. Jahrhundert gehörte die Schwalm noch im Ortsnamen verankert sind. Für die Nutzung des Flusses wurden schon wegen der Wasserkraft zu den wichtigen Wirt- damals Umbauten vorgenommen: Es wurden Mühlengräben und -teiche gebaut. schaftsfaktoren in der Region. Davon zeugen Durch die Gewässerverlegung vergrößerte sich die Fallhöhe des Wassers und lie- die einst 36 Mühlen am Hauptfluss und seinen ferte somit mehr Energie. Konflikte und Professionalisierung 1917 wurde schließlich die Schwalm-Meliorationsgenossenschaft gegründet, die Im 15. Jahrhundert kam es zunehmend zu die Schwalm von der Landesgrenze bis zum Oebeler Bruch (westlich von Brüggen) Konflikten zwischen den Müllern: Aufgrund ausbaute: Die Schwalm wurde begradigt und vertieft, es wurden neue Entwässe- höher gelegener Staue stand den flussabwärts rungsgräben hergestellt. gelegenen Mühlen weniger Wasserenergie zur 7 Verfügung. In dieser Zeit wurden die ersten Zwischen 1919 und 1939 erreichten die Meliorationsmaßnahmen ihren Höhe- wasserwirtschaftlichen Regelungen getroffen, punkt. Zur Gewinnung weiterer landwirtschaftlich nutzbarer Flächen wurden gro- über die sich die Müller untereinander einigen ße Auenbereiche entwässert und gerodet. mussten.

Die extremen Veränderungen am Gewässer be- Melioration dingten, dass die Unterhaltung – zum Beispiel die Reinigung der Mühlenteiche – immer auf- Unter Melioration (lat. melioare = verbessern) versteht man in Deutschland den Einsatz von Maßnahmen, die den Wert der Bö- wändiger und gefährlicher wurde, sodass man den erhöhen sollen. Gewässer wurden zum Beispiel begradigt, um zu Beginn des 17. Jahrhunderts Unternehmer die Bewirtschaftung von landwirtschaftlich genutzten Flächen zu für diese Arbeiten beauftragte. Es entstand vereinfachen. Auch Entwässerung, Drainierung und Eindeichung eine professionelle Gewässerunterhaltung. von Überschwemmungsgebieten sind Meliorationsmaßnahmen.

Industrialisierung und Melioration Im Zuge der Industrialisierung verloren die Mühlen im 19. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Auch der wachsende Tourismus veränderte die Schwalm nachhaltig – Mühlen wurden zu Gaststätten und Badeanstalten um- genutzt. Gleichzeitig wurden die ersten Pla- nungen zur Melioration der Schwalm durch das Preußische Kulturbauamt aufgestellt. Mit sehr aufwändigen und teuren Maßnahmen wurden die Schwalm begradigt, künstliche Entwässe- rungsgräben angelegt und der Wasserspiegel in den Gewässern abgesenkt.

Die Meliorationspläne sahen Eingriffe auf über 1.100 Hektar, davon 440 Hektar Moor- und Wasserflächen und 24 Flusskilometern vor. Zeit des Wandels Die negativen Auswirkungen der Melioration führten zu Beginn der 1970er Jahre Die fortwährenden Eingriffe in die Landschaft zu einem Umdenken und man versucht seitdem, die ursprünglichen Strukturen blieben nicht ohne Folgen. Die Begradigung der so gut wie möglich durch ökologische Gewässerunterhaltung und biologische Ab- Gewässer brachte höhere Fließgeschwindig- wasserreinigung in Kläranlagen wiederherzustellen. keiten und stärkere Tiefenerosionen mit sich. 8 Da durch die baulichen Veränderungen das Aus der Meliorationsgenossenschaft der Schwalm wurde 1938 der Wasser- und Grundwasser abgesenkt wurde, verlandeten Bodenverband der Schwalm und dann im Jahr 1971 der Schwalmverband in sei- Seeflächen. Durch die Zerstörung der Auen ner heutigen Form. Seit der letzten Umstrukturierung ist der Verband nun für die stieg das Hochwasserrisiko stark an, da wert- Bewirtschaftung aller Gewässer im deutschen Anteil des Einzugsgebiets zuständig. volle Retentionsflächen verloren gingen. Durch die zunehmende Urbanisierung wurden zudem Erste große Projekte des Schwalmverbandes waren der Ausbau des Borner Sees verstärkt Abwässer in die Gewässer eingelei- und die Entschlammungen diverser Mühlenweiher. Im Jahr 1986 wurde das öko- tet. Die Folgen: Die Gewässer eutrophierten, logisch-hydrologische Entwicklungskonzept „Aktivierung der Schwalm“ aufge- die Wasserqualität sank und die Artenvielfalt stellt, ein Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen, welches als Vorreiter der heutigen ging zurück. Konzepte zur naturnahen Gewässerentwicklung (KNEF) gelten kann.

15. Jahrhundert Konflikte unter den Müllern, erste gesetzliche Wasserregelungen 1971 Das Verbandsgebiet wird auf das gesamte deutsche Einzugsgebiet der Schwalm 1608 ausgeweitet. Der Verband erste Professionalisierung der erhält den Namen Gewässerunterhaltung „Schwalmverband“ 1910 erste Meliorationspläne 11.-13. Jahrhundert Zeit der Mühlen

1917 Gründung der Schwalm- 1938 Meliorationsgenossenschaft Umbenennung in Wasser- und Bodenverband Schwalm 9

1988 Bau der ersten Fischaufstiegsanlage an der Brempter Mühle 1986 Ab 2000 Pilotprojekt „Aktivierung Realisierung von ca. 15 maßgeblichen der Schwalm“ Renaturierungen, 5 Fischaufstiegsanlagen und diversen Gewässerentwicklungsprojek- ten im Einklang mit der EG-Wasserrahmen- richtlinie 1994 Fortschreibung des KNEF für Nebengewässer 1980-1995 Hochwasserschutzmaßnahmen am Beeckbach durch Bau von vier Hochwasserrückhaltebecken 1995 Schwalmrenaturierung in den Dilborner Benden 10

DER SCHWALMVERBAND – EIN WASSER- UND BODENVERBAND Der Schwalmverband erfüllt wasserwirtschaftliche Aufgaben im öffentli- chen Interesse und zum Nutzen seiner Mitglieder. Rechtsgrundlage ist das bundesweit geltende Wasserverbandsgesetz (WVG). Als Körperschaft des öffentlichen Rechts erfüllt er hoheitliche Aufgaben. Mitglieder -des Ver bandes sind die Gemeinden Brüggen, Niederkrüchten und Schwalmtal, die Städte Erkelenz, Mönchengladbach und Wegberg, die Kreise Heinsberg und Viersen sowie einige nicht-öffentliche Mitglieder, die die Gewässerunter- haltung beeinflussen oder einen besonderen Nutzen aus ihr ziehen (z. B. Mühlenbetreiber). Die Mitgliederversammlung bestimmt einen Vorstand, zu dem auch Vertreter der Landwirtschaft gehören, und den Verbandsvor- steher. Die Verbandsaufsicht obliegt der Bezirksregierung Düsseldorf. Die Hauptaufgaben sind Unterhaltung und Ausbau der Gewässer, die Siche- rung des Hochwasserabflusses und der Ausgleich der Wasserführung. WASSERWIRTSCHAFT Im Einklang mit der Natur Die Ansprüche an die Gewässer unterliegen ei- In der Vergangenheit wurden Gewässer häufig intensiv technisch ausgebaut 11 nem stetigen Wandel. Sie werden beeinflusst und begradigt. Heute geht es darum, wieder lebendige Gewässer herzustellen durch wechselnde gesellschaftliche Anforde- sowie Nutzung und Erholung für den Menschen im Einklang mit der Natur zu rungen und Sichtweisen. ermöglichen.

Kranenbach Elmpter Bach

Steckbrief

Der Schwalmverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts Knippertzbach Mitarbeiter* 18 Angestellte, davon 2 Auszubildende im Wasserbau Mühlenbach Beeckbach Verbandsgebiet 249 km² in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln Hauptgewässer Länge [km] Einzugsgebiet [km²] Schwalm 33 249 Elmpter Bach 3,79 16 Kranenbach 9,46 49 Knippertzbach 6,69 22 Mühlenbach 13,31 26 Beeckbach 9,15 22

Gewässer insgesamt 413 Gewässer und Gräben mit einer Länge von 235 km * (Stand 6/2017) .de 12

BEWAHREN: Artenreiche Gewässerlandschaft Das Einzugsgebiet der SchwaIm zeichnet sich Biber: Baumeister der Gewässerlandschaften durch eine artenreiche und typische Flora und Für einige Zeit war der Biber (Castor fiber) aus fast ganz Europa verschwunden. Fauna aus. Diesen Lebensraum zu sichern und Seitdem Biber jedoch zu Beginn der 1980er Jahre in NRW und wenig später auch ein gewässertypisches ausgeglichenes Ökosys- in den Niederlanden ausgewildert wurden, konnten sich die Bestände hier erho- tem herzustellen und zu bewahren, gehört zu len. Im Schwalmeinzugsgebiet vermutet man heute rund 40 der großen Nage- den Aufgaben des Schwalmverbandes. tiere. Biber beeinflussen die Gewässerlandschaften mit ihren charakteristischen Zu den typischen Bewohnern im Schwalmgbiet Baumfällungen, Erdbauten und Kanälen erheblich und tragen zu einer naturna- gehören: hen Gewässer- und Auenstruktur bei. Eisvogel: Libellen: Edelsteine am Gewässer Schillernder Bewohner von Steilufern Überall am Wasser sind Libellen aktiv. Viele von ihnen bevorzugen einen Lebens- Der unverwechselbare, farbenfrohe Eisvogel raum mit sauberem, sauerstoffreichem Wasser und einem abwechslungsreichen (Alcedo atthis) ist auch an der Schwalm zuhau- Uferbewuchs. An der Schwalm ist unter anderem auch die Gebänderte Prachtli- se. Diese streng geschützte Art nistet in großen belle (Calopteryx splendens) anzutreffen. Wurzeltellern umgestürzter Bäume oder in 13 Uferabbrüchen. Das Fehlen natürlicher Steil- Makrozoobenthos: Gewimmel im Wasser ufer hat dazu geführt, dass der Eisvogel heute Zum Makrozoobenthos zählt man kleine, mit dem bloßen Auge erkennbare wir- zu den stark gefährdeten Arten zählt. Durch bellose Tiere, die die Gewässer besiedeln. Makrozoobenthos ist ein wichtiger Be- Gewässer-Renaturierungen können wieder standteil intakter Ökosysteme. Das Vorhandensein von z.B. Köcherfliegenlarven, Brutmöglichkeiten (künstliche Steilufer) und Muscheln, Krebsen, Schnecken und Würmern sagt viel über den Zustand eines Sitzwarten für ihn geschaffen werden. Gewässers aus.

Graureiher: Immer in der Nähe der Gewässer Der Graureiher (Ardea cinerea) wird auch Fischreiher genannt und ist sowohl in Europa als auch im südlichen Afrika und Asien verbrei- tet. Er mag die Nähe zu Gewässern mit Flach- wasserzonen und durchaus auch künstliche Gewässer wie Stauseen oder Fischteiche, wo er seine Nahrung findet: kleine Fische, Frösche und Wasserinsekten. Auch auf den angrenzen- den Weideflächen ist er oft zu finden.

Fische: Uneingeschränkt unterwegs Zahlreiche Fischarten sind in der Schwalm zu- hause. Dazu gehören zum Beispiel Aal, Döbel, Gründling, Hasel, Rotauge, Schleie, Schmer- le und Dreistachliger Stichling. Nur wenn die Schwalm völlig durchgängig ist, ist ein artspe- zifisches Wander- und Bewegungsverhalten möglich, und die Fische können ihren natürli- chen Lebensraum von der Quelle bis zur Mün- dung nutzen. 14

DIE WASSERRAHMENRICHTLINIE (EG-WRRL) Im Jahr 2000 ist die Europäische Wasserrahmenrichtlinie in Kraft getreten. Mit ihr wurde eine gemeinsame Wasserpolitik formuliert. Alle Mitglieds- staaten sind dazu verpflichtet, flächendeckend Umweltziele in Bezug auf die ober- und unterirdischen Gewässer zu erreichen. Konkret bedeutet dies für die Oberflächengewässer, dass sie nicht mehr verschlechtert werden dürfen und in einen guten Zustand gebracht werden sollen. Die EU-Richtlinie wurde in Deutschland im sogenannten Wasserhaushaltsgesetz umgesetzt. 15

UNTERHALTEN Aufmerksame Pflege Für viele ist es selbstverständlich, dass das Wasserbau, sondern ein komplexes Aufgabengebiet und beinhaltet Maßnahmen Wasser nach einem kräftigen Regenguss im zur Pflege und Entwicklung von Gewässern mit dem Ziel der Erhaltung und Ver- Boden versickert und eines Tages ins Meer ge- besserung der wasserwirtschaftlichen und naturräumlichen Funktion. Dabei muss langt. Doch bis dahin ist es ein langer Weg über sie sich an den Bewirtschaftungszielen der Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) Gräben, Bäche und Flüsse. Die Gewässerunter- orientieren und darf diese nicht gefährden. Geregelt ist die Gewässerunterhal- haltung ist heute nicht mehr nur „klassischer“ tung durch das Wasserhaushaltsgesetz und das Landeswassergesetz.

Pflegemaßnahmen der Gewässerunterhaltung

>> Böschungsmahd >> Gehölzpflege >> Spülen von Verrohrungen >> Sedimententnahme >> Ausbesserung der Ufer >> Räumen von Hindernissen (insbesondere im Bereich von Bauwerken) >> Unterhaltung von Bauwerken wie Fischaufstiegsanlagen, Sandfängen oder Hochwasserrückhaltebecken Für trockene Füße Auch die Beseitigung größerer Abflusshindernisse aus dem Fließquerschnitt, wie Der Aufwuchs von Gräsern und Schilf in den das Räumen umgestürzter Bäume nach Windwurf, gehören zu den Arbeiten, die Gewässern kann die Abflussleistung reduzie- die Mitarbeiter des Verbandes regelmäßig durchführen müssen. Hierbei ist fachli- ren, was besonders in bebauten Gebieten zu ches Know-how genauso wichtig wie der Einsatz der richtigen Maschinen. Problemen führen kann, wenn die Gewässer- 16 querschnitte nicht ausreichend groß ausgebaut Holz ist wichtig – tot oder lebendig sind. Hier ist es notwendig, die Abflussleis- Oft ist es möglich, das anfallende Totholz zur Strukturanreicherung in geeigneten tung der Gewässer durch Mahd aufrechtzuer- Gewässerabschnitten unter Beachtung der hydraulischen Randbedingungen wie- halten. Dies betrifft besonders die ehemals der einzubauen. So werden gleichzeitig natürliche Baustoffe genutzt und wichtige als reine Entwässerungsgräben hergestellten Lebensräume im Gewässer wiederhergestellt. künstlichen Gewässer. Die Arbeiten werden aber auch in diesen Bereichen nach der tat- sächlichen Notwendigkeit in Umfang und Zeit ausgeführt. 17

Hochwasser Ein Hochwasser mit all seinen Begleiterscheinungen resultiert aus meteorologi- schen Ereignissen und hat einen natürlichen Ursprung. Daher lässt es sich weder verhindern noch exakt vorhersagen. Durch den Eingriff des Menschen in die Natur und die zunehmende Nutzung, zum Beispiel durch

>> Begradigung der Gewässer zur Landgewinnung und Trockenlegung >> Versiegelung durch Siedlungen, Gewerbe, Industrie und Verkehr >> Veränderung der Landschaft durch Flurbereinigungen >> und damit insgesamt eine Verminderung der Retentionsräume wirken jedoch solche natürlichen Ereignisse für den Menschen als Bedrohungen, gegen die er sich schützen muss.

Hochwasserschutz – was tut der Schwalmverband? Der Verband ist im Hochwasserfall dafür zuständig, den Abfluss möglichst schad- los abzuführen oder zurückzuhalten. Dies geschieht unter anderem über

>> den Betrieb und die Unterhaltung von technischen Hochwasserrückhalte- becken und natürlichen Retentionsräumen >> die Kontrolle der Gewässer und Bauwerke >> die Beseitigung onv Abflusshindernissen

Dennoch: Einen absoluten Hochwasserschutz gibt es nicht. Die Gefahren und Schäden durch ein Hochwasser lassen sich allenfalls minimieren. 18

GESTALTEN Mit Erfahrung und guten Ideen In der Vergangenheit wurden Fluss- und Bach- Die Folgen waren zum Teil verheerend: läufe begradigt und in ihrer Lauflänge verkürzt, sei es zur Erhöhung der landwirtschaftlichen >> starke Tiefenerosion durch erhöhte Fließgeschwindigkeit Produktion mit dem Ziel der Trockenlegung >> Erhöhung des Hochwasserrisikos durch fehlende Retentionsräume und Landgewinnung oder zum Hochwasser- >> zunehmende Qualitätsverschlechterung durch fehlende Selbstreinigungskraft schutz (schneller Abtransport des Wassers). >> starke Verkrautung durch fehlende Beschattung 19

Mit der Zeit wuchs das Verständnis für die ökologischen Zusammenhänge zwi- schen Gewässer und Aue und es setzte ein Umdenkprozess ein. Heute orientiert man sich in der Bewirtschaftung am naturnahen Zustand der Gewässer und ihrer Auen. Wichtige Maßnahmen zur Gewässerentwicklung sind daher heute:

>> Einbau von Totholz zur Verbesserung der Gewässerstrukturen >> Ufersicherung aus „lebenden Baustoffen“ >> Pflanzung und Pflege von Ufergehölzen >> naturnahe Gewässerumgestaltung

Ein paar Beispiele für einige besonders gelungene Projekte der Gewässerentwick- lung im Verbandsgebiet:

Kranenbach Der Kranenbach wurde bereits in einigen Teilabschnitten renaturiert, zuletzt auf einer Strecke von 700 Metern in Schwalmtal-Amern. Zwischen Kockskamp und Hauptstraße wurden dazu in einer „Ersatzaue“ kleine Überflutungsflächen geschaffen. Die Fließstrecke wurde verlängert und an den Ufern kann sich eine naturnahe Vegetation entwickeln. Zudem wurde durch einen neuen Gewässer- verlauf eine 80 Meter lange Verrohrung unter einem Parkplatz umgangen. Diese dient in Zukunft nur noch als Flutgerinne bei Hochwasser. Die Renaturierungs- maßnahmen im Kranenbach sind ein hervorragendes Beispiel für die ökologische Aufwertung eines Fließgewässers in einem Siedlungsgebiet. 20

FISCHAUFSTIEGSANLAGEN (FAA) Fischaufstiegsanlagen ermöglichen es wandernden Fischarten, Hindernisse wie Stauwehre zu überwinden und zu anderen Flussabschnitten zu gelan- gen. Sie bieten Wanderkorridore nicht nur für Fische, sondern auch für viele andere Wasserorganismen.

Im Gebiet des Schwalmverbandes wurden diverse Fischaufstiegsanlagen er- richtet. Dabei wurde auf eine naturnahe Gestaltung geachtet. Die Fischauf- stiegsanlagen an der Schwalm sind als Umgehungsbäche angelegt, die die Wehranlagen wie ein Bypass umgehen. Sie bestehen wie natürliche Bach- läufe aus Abschnitten unterschiedlicher Fließtiefen und Fließgeschwindig- keiten.

Insgesamt sechs Fischaufstiegsanlagen gibt es im Verbandsgebiet. Durch sie wird die ökologische Durchgängigkeit der Gewässer an den historischen Stauanlagen wiederhergestellt. Die bedeutsamen Kulturbauwerke bleiben dabei erhalten. Seit 2017 ist die Schwalm damit von der Maas bis zum Stadtkern Wegberg wieder durchgängig. Der Schwalmverband arbeitet daran, auch die weiteren Wanderhindernisse in Schwalm und Mühlenbach wieder durchgängig zu gestalten. Dilborner Benden Schon im Jahre 1997 wurde auf 2,1 Kilometern die Schwalm in den Dilborner Ben- den bei Brüggen neu gestaltet und die ökologische Durchgängigkeit wiederherge- 21 stellt. Die Rückführung in einen naturnahen Zustand von Gewässer und Aue setz- te dynamische Prozesse in Gang, die das Ökosystem stabilisieren. Es entstanden Sedimentationszonen, Kiesbänke, Uferabbrüche und Kolke, die den Lebensraum strukturreicher gestalten. Die Einbindung alter Schwalmabschnitte als Stillgewäs- ser bietet Lebens- und Laichraum für Amphibien und sorgt für eine Vernetzung der umliegenden Biotope.

Zwei Absturzbauwerke wurden durch Sohlgleiten ersetzt. Zudem wurde die na- türliche Aue wieder ans Gewässer angeschlossen. Der Ersatz der Sohlabstürze durch Sohlgleiten ermöglicht nun auch Fischen und kleineren Organismen die Wanderung im Gewässer. Dank flach auslaufender Ufer und dem Ankauf angren- zender Flächen ist die Wasserspeicherkapazität bei starken Regenfällen deutlich gesteigert worden. Es wurde ein Retentionsraum für rund 60.000 Kubikmeter Wasser geschaffen.

Beeckbach Die Entwicklung und Expansion der Städte Erkelenz und Wegberg haben dazu ge- führt, dass der Beeckbach als zentrales Gewässer dieser Region nicht mehr ohne regelnde Eingriffe in der Lage war, eine schadlose Vorflutsituation zu gewährleis- ten. Das übergeordnete Planungsziel war, den Hochwasserschutz für die Ortsla- gen Rath-Anhoven, Schönhausen, Bissen und Moorshoven sowie für die intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen der Erkelenzer Börde sicherzustellen.

Der Schwalmverband erwarb für das Projekt Flächen von rund 43 Hektar, um den Bach aufzuweiten, zu verlegen und Pufferzonen zu schaffen. Diese Pufferzonen sollen den Eintrag der Düngemittel und Pestizide verhindern und gleichzeitig den bei Regenfällen abgetragenen Oberboden der Felder zurückhalten. Die naturnahe Umgestaltung wirkte sich positiv auf das biologische Selbstreinigungsvermögen des Gewässers aus. Verschiedene Pflanzen- und Tierarten finden heute wieder einen geeigneten Lebensraum. GUTE GRÜNDE Warum werden Gewässer ausgebaut? 22

Die gesetzlichen Pflichten werden umgesetzt.

Hochwertiger Lebens- raum wird geschaffen. Die Artenvielfalt wird erhöht.

Hochwasserschäden werden vermindert.

Die Naherholung wird verbessert.

Der Laufweg des Flusses wird verlängert. Die ökologische Durchgängig- keit wird wiederhergestellt. Entwässerung und Bewässerung werden sichergestellt 23

Impressum © Schwalmverband I Borner Str. 45a I 41379 Brüggen Tel.: 02163 / 95 43-0 Fax: 02163 / 95 43-21 [email protected] www.schwalmverband.de

Bildnachweis: Schwalmverband

Realisation: K2 I agentur für kommunikation, Bonn

Druck: (2017) Warlich Druck, Meckenheim

Die Realisierung dieser Broschüre wurde ermöglicht durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Sparkassen-Stiftung „Natur und Kultur“ Kreis Viersen und der Kreissparkasse Heinsberg. Wir danken den Sponsoren! Wir sagen Danke. Eine gute Bewirtschaftung der Gewässer kann nur gelingen, wenn die unterschiedlichen Akteure und Interessensvertreter konstruktiv zusammenwirken. Der Schwalmverband blickt auf viele Jahre zurück, in denen deutlich wurde, dass dies auch bei unterschiedlichsten Interessen im Verbandsgebiet immer wieder funktioniert. Wir bedanken uns bei allen Mitgliedern, dem Vorstand, den Gewässeranliegern und -nutzern, den Auf- sichts- und Genehmigungsbehörden und allen anderen haupt- und ehrenamtlichen Vertretern von Interes- sensgruppen und Organisationen für das konstruktive Miteinander und die vielen wertvollen Anregungen.

Schwalmverband Borner Str. 45a 41379 Brüggen Tel.: 02163 / 95 43-0 Fax: 02163 / 95 43-21 [email protected] www.schwalmverband.de