Oskar Niedermayer (Hrsg.)
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Die Piratenpartei Oskar Niedermayer (Hrsg.) Die Piratenpartei Herausgeber Voestalpine Oskar Niedermayer Linz, Österreich Freie Universität Berlin, Deutschland Bernhard Schmidt ISBN 978-3-531-19474-5 ISBN 978-3-531-19475-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-19475-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vs.de Inhalt Oskar Niedermayer Einleitung: Erfolgsbedingungen neuer Parteien im Parteiensystem ........................... 7 Henning Bartels Die Vorgeschichte: die Urheberrechtsdebatte und die schwedische Piratpartiet ................... 15 Oskar Niedermayer Die Piraten im parteipolitischen Wettbewerb: von der Gründung Ende 2006 bis zu den Wahlerfolgen in Berlin 2011 und im Saarland 2012 .................. 29 Oskar Niedermayer Die Wähler der Piratenpartei: wo kommen sie her, wer sind sie und was bewegt sie zur Piratenwahl ? ........... 63 Stefanie Haas und Richard Hilmer Backbord oder Steuerbord: Wo stehen die Piraten politisch ? ...... 75 Oskar Niedermayer Organisationsstruktur, Finanzen und Personal der Piratenpartei .... 81 Christoph Bieber/Markus Lewitzki Das Kommunikationsmanagement der Piraten ............ 101 Tobias Neumann Ein Blick nach Innen: Das Selbstverständnis der Piraten ........ 125 Manuela S. Kulick Die Piratenpartei und die Genderproblematik ............. 149 6 Inhalt Felix Neumann Plattformneutralität. Zur Programmatik der Piratenpartei ....... 175 Marc Debus und Thorsten Faas Die Piratenpartei in der ideologisch-programmatischen Parteienkonstellation Deutschlands: Das Füllen einer Lücke ? ..... 189 Carsten Koschmieder Die Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus .......... 213 Oskar Niedermayer Die netzpolitischen Reaktionen der anderen Parteien auf das Erscheinen der Piratenpartei .................. 237 Einleitung: Erfolgsbedingungen neuer Parteien im Parteiensystem Oskar Niedermayer 1 Zur Messung des „Erfolgs“ neuer Parteien im Parteiensystem Parteiensysteme sind über die Zeit hinweg Veränderungen unterworfen. Insbe- sondere versuchen immer wieder neu gegründete Parteien, im Parteiensystem Fuß zu fassen. Ob sie damit Erfolg haben oder scheitern, wird von einer gan- zen Reihe von Faktoren beeinflusst. Bevor man sich der Analyse dieser Erfolgs- bedingungen zuwenden kann, muss zunächst geklärt werden, was unter „Erfolg“ zu verstehen ist. Der „Erfolg“ einer neuen Partei im Parteiensystem kann sehr unterschiedlich gemessen werden. Wir werden im Folgenden das sukzessive Er- reichen von mehreren Karrierestufen, die qualitative Veränderungen der Rolle einer Partei im Parteiensystem markieren, als Erfolgskriterium benutzen.1 Die Entwicklung einer Partei über die Zeit hinweg wird somit als eine Art „Lebens- zyklus“ gesehen, in dessen Verlauf es natürlich nicht nur aufwärts geht: Es kann auch Misserfolge geben, d. h. das Zurückfallen auf eine niedrigere Karrierestufe, bis hin zum „Tod“, d. h. zur Auflösung der Partei oder ihrer Verschmelzung mit einer anderen Partei. Diese Sichtweise ist in der Parteienforschung nicht neu. Eines der bekanntes- ten früheren Modelle ist das „lifespan“-Modell von Pedersen (1982: 6 f.), der vier Karrierestufen unterscheidet: „declaration“ (die politische Gruppe entscheidet sich zur Wahlteilnahme), „authorization“ (die Partei wird zu einer Wahl zugelas- sen), „representation“ (die Partei ist parlamentarisch repräsentiert) und „rele- vance“ (die Partei verfügt über „coalition potential“ oder „blackmail potential“). Bei der Bestimmung der vierten Stufe knüpft er an Sartoris (1976: 122 f.) Kriterium für die Relevanz von Parteien an, nach dem eine parlamentarisch repräsentierte Partei dann als irrelevant angesehen werden kann, wenn sie kein Koalitionspo- tenzial hat, d. h. wenn „it is never needed or put to use for any feasible coali tion 1 Zum Folgenden vgl. auch Niedermayer 2010. O. Niedermayer (Hrsg.), Die Piratenpartei, DOI 10.1007/978-3-531-19475-2_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 8 Oskar Niedermayer majority“. Unabhängig von ihrem Koalitionspotenzial muss eine Partei jedoch immer dann als relevant angesehen werden, wenn sie Erpressungspotenzial hat, indem „its existence, or appearance, affects the tactics of party competition“. In Anlehnung an Pedersen und Lipset/Rokkan (1967) entwickelt Müller-Rommel (1993: 34) für seine Analyse der Grünen in Westeuropa ein Modell, das von drei Hürden ausgeht, die überwunden werden müssen: die Legalitätshürde (Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen für die Nominierung von Kandidaten für lokale und regionale Wahlen), die Mobilisierungshürde (Aufbau einer nationalen Orga- nisation und Nominierung von Kandidaten für nationale Parlamentswahlen) und die Repräsentationshürde (Vertretung im nationalen Parlament). Zu diesen Modellen lassen sich einige kritische Anmerkungen machen: Ers- tens umfassen politikwissenschaftliche Parteidefinitionen neben dem Kriterium der Organisiertheit in aller Regel auch das Kriterium der tatsächlichen Wahl- teilnahme und nicht der bloßen Absicht, an einer Parlamentswahl teilzuneh- men (Niedermayer 2007: 125 f.). Eine gesellschaftliche Organisation ist daher nicht schon deshalb eine Partei, weil sie sich so nennt bzw. an Wahlen teilneh- men möchte, sondern erhält diesen Status erst dann, wenn sie tatsächlich an einer Wahl teilnimmt. Zweitens kann eine Partei durchaus Erpressungspotenzial be- sitzen, ohne parlamentarisch repräsentiert zu sein. Drittens treten bei der Be- stimmung der parlamentarischen Relevanz einer Partei nach ihrer Bedeutung für „feasible“ – also politisch machbare – Koalitionen des Öfteren Operationalisie- rungsprobleme auf, da nicht immer klar zu bestimmen ist, ab wann eine neue Par- tei von den anderen Parteien als prinzipiell koalitionsfähig angesehen wird. Als problemlos operationalisierbare Alternative bietet sich an, eine parlamentarisch vertretene Partei dann als relevant anzusehen, wenn mit ihr eine minimale Ge- winnkoalition gebildet werden kann. Darunter wird im Rahmen der Koalitions- theorien eine Koalition verstanden, die zum einen über eine Regierungsmehrheit verfügt (im Gegensatz zu einer Minderheitskoalition) und zum anderen eine mi- nimale Größe in dem Sinne besitzt, dass jede Koalitionspartei zum Erreichen der Mehrheit benötigt wird (im Gegensatz zu einer übergroßen Koalition). Kann mit einer Partei eine minimale Gewinnkoalition gebildet werden, ist durch ihre Ein- beziehung also rein rechnerisch die Bildung einer Mehrheitsregierung möglich, so ist diese Partei insofern relevant, als die für eine solche Koalition in Frage kom- menden anderen Parteien die Partei in ihre prinzipiellen Koalitionsüberlegungen einbeziehen und eine positive oder negative Koalitionsentscheidung treffen müs- sen. Ist dies nicht der Fall, dann spielt die Partei für Koalitionsbildungsüberlegun- gen keinerlei Rolle und ist daher für Regierungsbildungsprozesse vollkommen irrelevant. Viertens hat eine Partei mit dem Status als relevante Parlamentspartei Einleitung: Erfolgsbedingungen neuer Parteien im Parteiensystem 9 noch nicht die höchsten Stufen der Karriereleiter erreicht. Dies ist erst mit einer Regierungsbeteiligung bzw. mit dem Stellen des Regierungschefs der Fall. Wir unterscheiden daher in unserem Modell zur Messung des Erfolgs einer neuen Partei im Parteiensystem sechs Karrierestufen: ■ Wahlteilnahme (Zuerkennung der Parteieigenschaft durch die Zulassung zu einer Parlamentswahl – in der Bundesrepublik die Zulassung zu einer Land- tags- oder Bundestagswahl). ■ Wettbewerbsbeeinflussung (die Existenz oder Aktivitäten der Partei führen zu Reaktionen anderer Parteien im Parteienwettbewerb). Die neue Partei erhält damit parteistrategische Relevanz für ihre Konkurrentinnen. ■ Parlamentarische Repräsentation (Einzug in ein Parlament, d. h. in Deutsch- land in einen Landtag, in den Bundestag oder in das Europäische Parlament). Dies ist der Indikator für elektorale Relevanz, d. h. für die Unterstützung durch einen relevanten Teil der Wählerschaft. ■ Koalitionsstrategische Inklusion (mit der Partei können rein rechnerisch mi- nimale Gewinnkoalitionen gebildet werden). Damit erhält die Partei gouver- nementale Relevanz, d. h. sie wird in Überlegungen zur Regierungsbildung einbezogen. ■ Regierungsbeteiligung (die Partei wird als Juniorpartner an einer Regierung beteiligt). ■ Regierungsübernahme (die Partei stellt die Regierungschefin/den Regierungs- chef und hat damit die höchste Stufe ihrer Karriere erreicht). 2 Erfolgsbedingungen neuer Parteien im Parteienwettbewerb Als Erfolgsbedingungen einer Partei im Parteienwettbewerb lassen sich diejenigen Faktoren ansehen, die