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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt

Jahr/Year: 1997

Band/Volume: 140

Autor(en)/Author(s): Wachtendorf Susanne

Artikel/Article: Bericht 1996 über geologische Aufnahmen in den Nördlichen Kalkalpen auf Blatt 114 308 ©Geol. Bundesanstalt, Wien; download unter www.geologie.ac.at bis in das Gebiet von umfangreiche Unter- Das kartierte Gebiet gehört zur Allgäu-Decke, die sich in lagen vor, welche 1994/95 im Rahmen der „Lechtalstudie“ tektonische Einheiten (Schuppen) gliedern läßt. Das Ar- erarbeitet wurden. Der derzeitige Kenntnisstand ergibt beitsgebiet gehört der Nebelhorn-Rauhhornschuppe an. stark vereinfacht und zusammenfassend folgendes Bild: Das Gebiet wird von zwei Mulden aufgebaut, deren Ach- Die Alimentation des Talgrundwasser-Aquifers er- sen SW–NE verlaufen. Die Mulden wurden tektonisch be- folgt im Lechtalabschnitt – Ehenbichl schwer- ansprucht. Hierzu gehören Querstörungen und generell punktmäßig in folgenden Bereichen: schichtparallele Einschuppungen. – aus der orographisch rechten Talflanke in Form von Im Nordwesten bildet der Hauptdolomit den Höhenzug Bergwasserübertritten, die teilweise an fossil-instabile des Westlichen und Östlichen Wengenkopfes. Der Nord- Talflanken gebunden sind (Stanzach bis zur Rotlech- flügel der nördlichen Mulde zeigt eine komplette, jedoch mündung), durch interne Schuppung gestörte Schichtenfolge vom – über Infiltration der Seitenbäche in Schwemmkegel- Hauptdolomit bis zu den Älteren Allgäu-Schichten. Nur im fließstrecken, wie bspw. dem Schwarzwasserbach, Westen, südlich des Zeigers, sind etwa 25 m der Mittleren – aus Talflankenabschnitten mit (verkarstungsfähigem) Allgäu-Schichten aufgeschlossen. Sie bilden das jüngste Wettersteinkalkaufbau (Talabschnitte Ehenbichl-Rie- Schichtglied der Mulde. Die Jüngeren Allgäu-Schichten den und Weißenbach-Höfen), sind im gesamten Kartiergebiet nicht mehr aufgeschlos- – durch lokale Lechinfiltration im ufernahen Bereich, sen. bspw. oberstromig der Schwarzwasserbachmündung, Der Südflügel zeigt ebenfalls eine vollständige Abfolge in der Blockau östlich Stanzach, orographisch links der Schichtglieder bis zum Hauptdolomit im Tal des Ober- abstromig der Johannesbrücke und abstromig des talbaches. Der Hauptdolomit bildet einen Sattel, dessen „Gredle“ bei Hornberg, Achse in nordöstlicher Richtung abzutauchen scheint. – und durch Lechinfiltration wie bspw. orographisch Die südliche Mulde weist Ältere Allgäu-Schichten im rechts abstromig von . Muldenkern auf. Mittlere Allgäu-Schichten sind hier nicht – Ein beachtlicher Anteil der lateral zuströmenden Berg- mehr aufgeschlossen. Infolge eines südgerichteten /Grundwässer tritt auf relativ kurzem Weg teilweise Rückschubes sind die Mulden von Querstörungen zerris- wieder zum Vorfluter über. sen und weisen Versatzweiten bis zu 200 m auf. Der fungiert als Vorfluter für das Grund- Im Kartiergebiet sind Schichtglieder aufgeschlossen, wasser u.a. in folgenden Abschnitten: die stratigraphisch von der Trias (Nor) bis in den oberen – abstromig der Schwarzwasserbachmündung, Jura (Malm) reichen. – orographisch rechts abstromig der Blockau bis westlich Im Nor sind die intra- bis supratidalen Plattformkarbo- von Forchach (Bergwasserübertritte), nate (Hauptdolomit und Plattenkalk) zur Ablagerung ge- – orographisch rechts beginnend ca. 300 m oberstromig kommen. Darüber folgen die Schelfbeckenablagerungen der Johannesbrücke bis zur „alten Johannesbrücke“ vis der Kössener Schichten in ihrer typischen Ausbildung als a vis von Weißenbach und Kalk-Mergel-Wechsellagerung mit unregelmäßig einge- – orographisch rechts abstromig von Rieden. schalteten Kalk- und Lumachellenbänken. Das im Norden Die großräumige Grundwasserströmung im Lechtal liegende Vindelizische Land war Liefergebiet für die mar- wird durch die lateralen Bergwasserzutritte zwischen kanten roten Tonschiefer, die Schattwalder Schichten, die Stanzach und der Rotlechmündung und aus den Wetter- im Westen des Kartiergebietes auftreten. Im kartierten steinkalkarealen sowie die Grundwasserprovinz Rad- Gebiet sind stattdessen die dunkleren, auf ruhigere Abla- sperrboden, Forchach Ost und Weißenbach Ost be- gerungsbedingungen zurückzuführenden, Kössener Kal- stimmt. ke entwickelt. Stellenweise liegen die Kössener Kalke als In diesem Zusammenhang liegen Hinweise vor, daß der Thecosmilien-Fleckenriffe (= Kössener Riffkalke) vor. Mit Lech großräumig unterströmt wird, was im Gebiet Forch- Beginn des Jura kam es zur Ablagerung der Beckensedi- ach – Weißenbach durch jüngst durchgeführte Leitfähig- mente der Allgäu-Schichten. Die Allgäu-Schichten lassen keits- und Temperaturkartierungen bestätigt wurde. sich in die Älteren, die Mittleren und die Jüngeren Allgäu- Die Mächtigkeit des Grundwasserleiters beträgt grö- Schichten gliedern. Etwa 10 m oberhalb der Grenze Ͻ ßenordnungsmäßig 40 m, allerdings ist durch keines der zwischen den Kössener Kalken und den Älteren Allgäu- dokumentierten Bohrprofile festzustellen, ob tatsächlich Schichten folgt eine Sonderfazies des Unterlias-Rotkalks. die Staueroberkante erreicht wurde. Seismische Unter- Hierbei handelt es sich um mehrfache Einschaltungen von suchungen, die im Meßgebiet Forchach durchgeführt ungelagerten Rotkalken (pebbly mudstones). Je nach wurden, haben in diesem Talabschnitt Mächtigkeiten für Tongehalt ist sein Erscheinen plattig oder knollig-ge- die „grundwasserführende Schotterfazies“ von ca. bankt. Er ist von intensiv roter Farbe oder grau-rot marmo- 20–30 m ergeben. riert. Die Älteren Allgäu-Schichten sind Kalke und Mergel von dünnplattiger bis dickbankiger Ausbildung. Sie sind an der Basis grau und werden zum jüngeren hin dunkler. Bericht 1996 Reiche Spurenfossilien (Zoophycos, Chondrites, Planolites) be- über geologische Aufnahmen stimmen die generell fleckige Erscheinung. Belemniten- in den Nördlichen Kalkalpen funde sind häufig, auch Ammoniten und gelegentlich Bra- auf Blatt 114 Holzgau chiopoden konnten beobachtet werden. Mit den Mergeln können diffus verkieselte Kalke und Hornsteinlagen in SUSANNE WACHTENDORF Wechsellagerung auftreten. Mergelpakete sind häufig (Auswärtige Mitarbeiterin) sehr mächtig und geben der Landschaft ein hügeliges Im Auftrage der Geologischen Bundesanstalt Wien Erscheinungsbild. Die Allgäu-Schichten sind die wich- wurde im Sommer 1996 in den Allgäuer Alpen südlich Hin- tigsten Almbildner im Gebiet. delang das ca. 10 km2 große Gebiet Lachenkopf – See- Die Mittleren Allgäu-Schichten sind nur geringmächtig kopf – Wengenkopf im Maßstab 1 : 10.000 kartiert. erhalten (max. 25 m). Es sind sehr dunkle, fast schwarze

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Mergel, denen Manganschieferbänke von bis zu 1 m Radiolarit und Malm-Aptychenkalk treten nur im Osten Mächtigkeit eingeschaltet sind. des Gebiets auf. Es handelt sich hier um lokale Einschup- Die Jüngeren Allgäu-Schichten sind nicht mehr aufge- pungen, die sich aber nicht in das südlich angrenzende schlossen. Kartiergebiet verfolgen lassen.

Blatt 115 Reutte

Bericht 1996 Die im Kartenbild als Moränenmaterial ausgewiesenen über geologische Aufnahmen Quartärsedimente sind pleistozäne Glazialformen des in den Nördlichen Kalkalpen Dyras- und Würmglazials. Sie sind nicht weiter differen- auf Blatt 115 Reutte ziert worden, da teils Mischformen vorlagen, teils gering- mächtige holozäne Überdeckung dies nicht zuließ. KLAVS M. CHRISTENSEN Die pleistozänen Ablagerungen sind vereinzelt in den (Auswärtiger Mitarbeiter) zahlreichen Karen, sowie im Gartner Tal und westlich des Sommerbergjöchles auszumachen. Auch Muren, Bach- Im Rahmen meiner Diplomarbeit wurde die von mir im schüttungen und der typische rezente Hangschutt des Sommer 1995 begonnene geologische Neuaufnahme auf Hauptdolomits sind nur teilweise auseinanderzuhalten, da dem Kartenblatt 115 Reutte fortgeführt und abgeschlos- diese Erosionsformen parallel ablaufen. sen. Als Kartengrundlage ist eine vergrößerte Kopie des Die anmoorigen Flächen nahe des Wasserfalls bei Bi- Blattes 115 Reutte, im Maßstab 1 : 10.000 beibehalten chelbach und nördlich des Östlichen Kreuzjochs lassen worden. auf Wasserstauende Ablagerungen im Untergrund schlie- Das Arbeitsgebiet ist im Norden von der Straße zwi- ßen. Der großen Bergsturzmasse nördlich von Fern schlie- schen Lähn/Wengele und Bichelbach begrenzt. Die west- ßen sich südlich des Kartiergebiets weitere an, die haupt- liche Grenze zieht sich von der Straße von Bichelbach sächlich aus der Lorea-Gruppe gestürzt sind. nach Kleinstockach über die Sockacheralpe, den Roten Die quartären Seeablagerungen zwischen Bichelbach Stein und der Galtbergspitze bis zum Mittleren Kreuzjoch. und Lähn zeugen davon, daß der Heiterwanger See und Der Grat vom Mittleren Kreuzjoch zwischen dem Kälbertal der Plansee nur der Rest eines größeren Sees sind, der und Im Luttereig bis zur Ortschaft Fern bildet die Süd- mindestens bis am Fuße der Zugspitze reichte. grenze. Die östliche Begrenzung ist durch den Karten- blattrand vorgegeben. Tektonik Stratigraphie Das Kartiergebiet ist Teil der Lechtaldecke und zeigt Das Kartiergebiet gehört der oberen Trias und dem Jura eine generelle Streichrichtung aller Einheiten von E des Oberostalpins an. nach W. Die stratigraphischen Einheiten Hauptdolomit, Plat- Das gesamte Gebiet ist eine einfache große nordvergen- tenkalk, Kössener Schichten, Schattwalder Schichten te Faltenstruktur. Diese läßt sich in die von TOLLMANN und Allgäu-Schichten umfassen die Serien Nor bis Lias/ (1976) beschriebenen Holzgau-Leermooser Synklinale im Dogger. Norden und die Galtberg-Antiklinale im Süden unterglie- Der Hauptdolomit, die älteste Kartiereinheit, besteht dern. Den Muldenkern bilden die Allgäu-Schichten Die aus einer Wechsellagerung von Kalk- und Dolomitbänken Achse verläuft nördlich der Linie Mühlwaldköpfel – Blei- sehr unterschiedlicher Mächtigkeit und ist dem unteren spitze – Gartner Berg. Somit ist die Mächtigkeitszunahme und mittleren Nor zuzurechnen. Er bildet sämtliche Gipfel dieser Einheit tektonisch bedingt. Die Sattelachse verläuft und Kämme des südlichen Kartiergebiets in der für die im Bereich zwischen der südlichen Kartiergrenze und dem Lechtaler Alpen typischen Form. Eine Untergliederung Kälbertal und läßt sich nur mit den Meßwerten am Gipfel des Haupdolomits durch den Natica-Horizont (SCHER- des Östlichen Kreuzjochs belegen, da die Hänge des Käl- REIKS, 1967) war nicht möglich, da diese typische Schilla- bertals kaum zugänglich waren. Das deutlich flachere Ein- ge nur an einer Lokation zugänglich aufgeschlossen war. fallen dieser Schichten läßt jedoch vermuten, daß das Die Abgrenzung des Plattenkalks, der das obere Nor re- Östliche Kreuzjoch bereits Teil des normalgelagerten Sat- präsentiert, ist mit dem völligen Ausbleiben der Dolomit- telschenkels ist. Die Fortsetzung des von BODECHTEL & bänke beibehalten worden. SCHERREIKS (1967) beschriebenen Galtberg-Bruchs, die Im Hangenden schließen sich die Kössener Schichten von STIPP (in Vorbereitung) kartiert wurde, läßt sich nur als Wechselfolge von dunklen, dünnplattigen bis blättri- vermuten, da dort das Gelände entweder nicht zugänglich gen Tonmergeln mit dünnbankigen Mergelkalken an. oder mit Quartär bzw. mit Vegetation überdeckt ist. Die geringmächtigen Schattwalder Schichten vertreten Die vermutete Blattverschiebung im südöstlichen Re- die andernorts im Oberostalpin typischen Rhätolias-Kal- gall ließ sich nach genauer Überprüfung der Schichtgren- ke. Diese rötlichen Tonmergel sind als Rhät/Lias-Über- ze Hauptdolomit/Plattenkalk nicht aufrechthalten. gang im Kartenbild deutlich mächtiger dargestellt. Eine mehr oder weniger schichtparallele Überschie- Die oft als Fleckenmergel bezeichneten Allgäu-Schich- bungsbahn im Plattenkalk des invers gelagerten Fal- ten vertreten den Jura. Eine Untergliederung z.B. nach JA- tenschenkels läßt sich vermuten, da der Hauptdolomit COBSHAGEN (1965) ist aufgrund der Aufschlußverhältnisse und der Plattenkalk nach SSW, die Kössener Schichten nicht möglich gewesen. jedoch nach SSE einfallen. Untergeordnete Internverfal- Die quartären Ablagerungen des Kartiergebiets sind tungen im dm- bis m-Bereich, die in diesem Schenkel zu zum überwiegenden Teil holozäne Hangschüttungen. beobachten sind, unterstützen diese Vermutung.

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