Schwerer Verlust Am 24. Oktober 2018 um 2:00 Früh ist unser Genosse Rudi Gelbard nach schwerer Krankheit verstorben. Mit Rudi Gelbard verlor unser Bund nicht nur einen wertvollen Zeitzeugen und Lehrer, wir verloren einen guten Menschen und lieben Freund. Er war ein konsequenter Antifaschist mit lexikalischem Wissen.

udi wurde am 4. Dezember 1930 geboren. Er wuchs in der Leopoldstadt auf und wurde im Oktober 1942 mit seinen Eltern von den Nazis in das KZ Theresienstadt verschleppt. Von den 15.000 Kindern, die in Rdiesen Vorhof der Vernichtung gebracht wurden, überlebten nur etwa 200. Mit Mutter und Vater erlebte Rudi die Befreiung am 8. Mai 1945. Ende der 1940er Jahre absolvierte er die Akademie der Sozialistischen Ju- gend Österreich, in den 1950er Jahren die Parteischule der SPÖ Wien. Beruflich war Rudi beim „Kurier“ tätig. Am 7. Dezember 1996 wurde er in den Bundesvorstand der FreiheitskämpferInnen gewählt und gehörte diesem bis zu seinem Tode an. Für sein Engagement als Volksbildner im wahrsten Sinne des Wortes erhielt er zahllose

Auszeichnungen. 2008 wurden das filmische Porträt „Der Mann auf dem Balkon“ sowie das Buch „Die dunklen sabineschatz.at Shaked/via Daniel Seiten des Planeten: Rudi Gelbard, der Kämpfer“ veröffentlicht. Für Professor Rudolf Gelbard war das Dasein als Zeitzeuge Privileg und Verpflichtung Rudi scheute nie die verbale aber auch körperliche Konfrontation mit Neonazis und Leugnern der Shoa. Und zugleich – bis ins hohe Alter wurde Rudi nicht Rudi war auf dem linken Auge nicht blind – er erforschte und verurteilte die Verbrechen des Stalinismus genauso müde, seine Erfahrungen, Erinnerungen mit Akribie wie jene der NS-Barbarei. Wir werden sein Andenken bewahren und in seinem Sinn weiter agieren. und Erkenntnisse weiterzugeben Zu seinen eindrücklichsten Referaten gehörte jenes über die siebzehn Haupt- verbrechen des Nationalsozialismus. Es ist im Sinne unseres Lehrers Rudi Auszeichnungen Gelbard diese hier anstelle von Nachrufen abzudrucken: Rudi Gelbards außerordentliche Leistungen und Verdienste wurden mehrfach 1. Die Ermordung von 2/3 des europäischen Judentums aus 25 Ländern, dar- gewürdigt. unter 1,5 Millionen Babys, Kinder und Jugendliche. ● 1996 Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich 2. Die Ermordung der Sinti und Roma („Porajmos“). 3. Die Ermordung von 72.000 Menschen im Rahmen der „NS-Euthanasie“ ● 1997 Joseph-Samuel-Bloch-Medaille für besondere Verdienste im Kampf („T4“). gegen den Antisemitismus 4. Pseudomedizinische Versuche (Unfruchtbarmachung, Fleckfieber, Unter- ● 1997 Verleihung des Berufstitels Professor durch den Bundespräsidenten kühlung…). der Republik Österreich 5. Die Verfolgung der Homosexuellen mit geschätzten 15.000 getöteten Män- ● 1998 Otto-Bauer-Plakette für Verdienste im Kampf gegen nern. Rechtsextremismus und Faschismus 6. Die Verfolgung unangepasster Jugendlicher („Schlurfs“), Einrichtung eige- ● 1998 Ehrentafel der Organisation ESRA ner Jugend-KZ. 7. Die Verfolgung und Ermordung von Zeugen Jehovas („Bibelforscher“), be- ● 2000 Viktor-Adler-Plakette für besondere Verdienste um die sonders wegen der Verweigerung des Eides auf („Wehrkraftzer- Arbeiterbewegung setzung“). ● 2002 Großes Goldenes Ehrenzeichen des Bundesverbandes Israelitischer 8. Die Bestrafung von „Rundfunkverbrechen“ und für das erzählen von re- Kultusgemeinden in Österreich gimekritischen (Flüster-)Witzen (Zuchthaus, tlw. Todesstrafe). ● 2005 Theodor-Herzl-Preis der Zionistischen Föderation Österreich 9. Der Raub von 20.000 „eindeutschungsfähigen“ blond und blauäugigen pol- ● 2005 Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien nischen Kindern. ● 10. Die Verbrechen gegen politische GegnerInnen. 2008 Rudolf-Gelbard-Preis für Aufklärung gegen Faschismus und Antisemitismus des Republikanischen Clubs – Neues Österreich 11. Die Sterilisierung von 40.000 Menschen. 12. Die Inhaftierung der republikanischen Spanier im KZ Mauthausen. ● 2009 Fernsehpreis der Österreichischen Erwachsenenbildung (gemeinsam 13. Die Ermordung von 85 SA-Führern und anderer, die als „Röhm-Putsch“ mit Kurt Brazda) für den Dokumentarfilm Der Mann auf dem Balkon: verklärt wurde. Rudolf Gelbard 14. Die Ermordung eines Großteils der polnischen Intelligenz 1939 mit 60.000 ● 2011 Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich Toten. ● 2015 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 15. Die Verfolgung von römisch-katholischen und protestantischen Pfarrern. ● 2016 Victor-Adler-Plakette 16. Die Verfolgung von „Rassenschändern“. 17. Der Generalplan Ost, der die weitgehende Vertreibung und Vernichtung ● 2018 Ute-Bock-Preis für Zivilcourage der slawischen Bevölkerung Mittel- und Osteuropas zum Ziel hatte. „So lange es für uns möglich ist, werden wir berichten von den Verbrechen, deren Zeugen wir geworden sind. So lange es für uns möglich ist, werden wir dafür kämpfen, dass das, was uns passiert ist, niemals wieder einem Menschen geschehen wird.“ (Auszug aus dem Mauthausen-Schwur) Rudi Gelbards Grab befindet sich auf dem Neuen Jüdischen Friedhof, Zentralfriedhof 4. Tor, Gruppe 14A, Nähe 15A, Reihe 15. Gerald Netzl 

1 ORGANISATION

der Orte und ihrer Vergangenheit bekanntgemacht. In den Gedenkstätten Polenreise 2018 wurden wir von sachkundigen Guides durch die Geschichte der NS- Vernichtungslage begleitet.

In Lodz besuchten wir den größten jüdischen Friedhof in Europa, den Bahnhof Radegast, dort begann für viele die letzte Reise in die Vernichtungslager. Symbolisierte Tore tragen die Namen jener Orte die heute noch Angst und Schrecken ausstrahlen. Das ehemalige Ghetto ist nur sporadisch sichtbar, ein Gedenkstein erinnert an die Erschießungen.

Kulmhof war das erste Lager, in dem die Tötung von Menschen mit dem Gaswagen angewendet wurde. Der Wagen fuhr zum „Waldlager“ wo die Das Bild zeigt die Gruppe in Chelmno nad Nerem (Kulmhof am Nehr) Getöteten verscharrt wurden. Die kleine Gedenkstätte zeigt die Geschichte vor dem Gedenkstein mit der Aufschrift „wir erinnern uns“ bzw. „wir des Holocaust auf und gibt einen Überblick des Prozesses von 1963 am gedenken“ Schwurgericht in Bonn. KL Groß-Rosen war zuerst ein Nebenlager von KL Sachsenhausen, bevor es im Mai 1941 als eigenständiges Lager geführt m September 2018 hat die ARGE der NS-Opferverbände eine wurde. Eine Baracke so gestaltet, dass die Besucher einen Eindruck der Studienreise nach Polen unternommen. Geplant wurde diese Fahrt Enge erhalten. In der Ausstellung werden aufgefundene Gegenstände von unserem im Frühjahr verstorbenen Bundesvorsitzenden Hannes I der Häftlinge, aber auch der Lagerleitung gezeigt. (Stempel etc.) Die Schwantner. Die Gedenkfahrt führte in die ehemaligen Konzentrationslager Ausstellung in der Gedenkstätte in Lidice wurde durch neue interessante Kulmhof (Chelmno), Groß-Rosen, nach Lodz, Breslau, Lidice und Beiträge erweitert. Es waren bewegende Tage, der Spätsommer konnte nicht Theresienstadt sowie nach Krumau. den Schrecken und die Traurigkeit vertreiben, die uns Reiseteilnehmer an Wir wurden durch Fremdenführer (Lodz und Breslau) mit der Geschichte den besuchten Orten beschlich. Annemarie Hopfgartner  Bezirkskonferenz Donaustadt Ein Zeichen des Gedenkens

nde Oktober ist am Standort des ehemaligen KZ-Außenlagers Wien- Floridsdorf – ein Nebenlager des KZ Mauthausens – gemeinsam Evon der Bezirksvorstehung Floridsdorf und der ARGE der NS- Opferverbände eine Gedenktafel für die rund 2.000 KZ-Häftlinge in der Hopfengasse enthüllt worden. Die gemeinsame Gedenkfeier wurde von der Bezirksvorstehung Floridsdorf, SchülerInnen der Franz-Jonas Europaschule NMS Deublergasse und VertreterInnen der Opferverbände gestaltet. Der Vorstand des Floridsdorfer Fußballvereins FAC unterstützte logistisch. Am Ende der Feier stand, in Erinnerung an die Befreiung des KZ Mauthausens Am 22. Oktober fand die Jahreskonferenz unserer Bezirksgruppe vor 73 Jahren, der Mauthausen-Schwur. Vorgetragen wurde er von Gerald Donaustadt statt. Genossin Claudia Garfias löste dabei den lang- Pichowetz, der den zahlreichen Gästen einen Rat seines Großvaters mit auf jährigen Vorsitzenden Willi Soucek ab. Die Redaktion gratuliert den Weg gab: „Hinterfrage, zweifle, leiste Widerstand und – verwende nie herzlich und wünscht dem neuen, stark verjüngten Team viel Erfolg! das Wort ‚Jawohl‘ ohne vorher zu hinterfragen!“ Wir gratulieren: Oktober bis Dezember 2018 98. Geburtstag: Flieger Margareta, Waidhofen/Thaya; Brainin Charlotte, Pospichal Berta, Wien; 95. Geburtstag: Kratzer Herta, Wald Gertrude, Wien; 94. Geburtstag: Brainin Hugo, Wien; 93. Geburtstag: Hiller Ferdinand, Wien; Röttig Bibiane, Strau; 92. Geburtstag: Plattner Leo, Innsbruck; Blamhofer Barbara, Schwechat; 91. Geburtstag: Mraz Hedy, Wien; 90. Geburtstag: Tobisch Heinz, Neulengbach; Lengauer Trude, St. Pölten; Marek Arthur, Strobl Kurt, Wien; 85. Geburtstag: Gatter Franz, Gablitz; Merschitzka Heinz, ; Praher Adelheid, Gruber Hermine, St. Pölten; Springer Elisabeth, Nedwed Erika, Hofmann Leo, Franzin Verita, Baumann Rosa, Wien; 80. Geburtstag: Wandl Josef, Brunn/Gebirge; Papousek Walter, Graz; Jarolin Otto, Guntramsdorf; Messner Evelyn, Oberwart; Dobler Anna, Ranshofen; Wies-Campagner Elisabeth, Fischer Heinz, Cilek Lucia, Miksanek Hubert, Bienenfeld Johann, Schirmer Christl, Aigner Adolf, Zenk Ludwig, Kalmus Karl, Wien; 75. Geburtstag: Höpfl Dietmar, Axams; Dietl Helmut, Bad Vöslau; Glatz Klaus, Deutschfeistritz; Seidl Ernst, Frankenfels; Weberberger Reinhold, Hall In Tirol; Prieschl Klaus, Kapfenberg; Rieder Anna, Leoben; Kain Helga, Linz; Gerstorfer Kurt, Retz; Novak Richard, St. Pölten; Krammer Christine, Velm-Götzendorf; Laschka Rudolf, Stuc Rita, Zimmermann Paul, Eremias Peter, Huber Rolf, Csuvala Walter, Wagner Hans, Wien.

2 INTERVIEW

„Aufstehen, wenn Faschisten und Verharmloser auftreten!“

Gerald Netzl ist am 20. Oktober vom Bundesvorstand zum geschäfts- führenden Vorsitzenden des Bundes Sozialdemokratischer Freiheits- kämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen bestellt worden. Im Gespräch mit dem „Kämpfer“ legt Genosse Netzl dar, was für unseren Bund gerade jetzt wichtig ist und er verrät, wer ihn politisch geprägt hat und welche Farben für ihn besonders bedeut- sam sind.

Wann und wie wurdest du Mitglied unseres Bundes? 1985 oder 1986 war ich mit meinem Freund Jan Krainer bei einem (schüt- ter besuchten) Schweigemarsch am Zentralfriedhof. Wir waren so ziemlich die einzigen SJler und Rosa Jochmann hat sich damals rührend bei uns bedankt. Wenig später bin ich bei meinem Liesinger Bezirksvorsitzenden Erwin Hanzl, ein ehemaliger Schutzbündler, beigetreten. Schon als Ju- gendlicher hatte ich ein ausgeprägtes Interesse an der österreichischen und der europäischen Zeitgeschichte.

Welche Funktionen hattest du in unserem Bund bis jetzt inne? Ich war seit Ende der 1990er-Jahre stellvertretender Bezirksvorsitzender, dann eine Periode Bezirksvorsitzender und wurde, von mir eher ungeplant, 2013 Wiener Landesvorsitzender. Dem Bundesvorstand gehöre ich seit 2005 an, seit 2013 als stellvertretender Vorsitzender.

Gibt es Personen die dich geprägt haben? Da nenne ich als Ersten und Wichtigsten meinen langjährigen Vorsitzen- den Eduard Giffinger, Roter Falke und Gewerkschafter, mit dem ich in Antifaschismus verbindet: Unser geschäftsführender Vorsitzender Liesing viele Projekte wie Gedenktafeln, Veranstaltungen und lokalhisto- Gerald Netzl gemeinsam mit den ehemaligen Bundesvorsitzenden rische Broschüren umsetzen durfte. Wir haben den Mitgliederstand ver- Johannes Schwantner (verst.: 11.3.2018; links) und Ernst Nedwed doppelt. (verst.: 24.11.2013; Mitte) bei der Befreiungsfeier 2010 in Mauthausen Eingangs erwähnte ich Rosa Jochmann. Josef Hindels hörte ich oft in SJ- Seminaren und auf SJ-Konferenzen. Mit Hannes Schwantner verband mich dann auch eine persönliche Freundschaft, was die politische Zusam- hat immer noch Gültigkeit: „Unser eigentlicher Feind, unser furchtbarster menarbeit sehr erleichterte. Feind, den wir ausrotten müssen, wenn er sich einschleicht, ist die Rou- Weiters möchte ich Herbert Exenberger, grandioser Volksbildner, und tine.“ Rudi Gelbard nennen. Alfred Gusenbauer hat mich in der SJ gefördert. FreiheitskämpferInnen und SPÖ: Ein besonderes Verhältnis? Der Antifaschismus ist ein weites Feld. Wo liegt dein besonderes Interesse? Aufgabe unseres Bundes muss es sein, dass alle seine Mitglieder zugleich In jungen Jahren war das die Spaltung der ArbeiterInnenbewegung, die tätige MitarbeiterInnen der Partei werden und dass wir unsere Meinung in den 1930er-Jahren den „Erfolg“ des Faschismus und Nationalsozialis- zum Ausdruck bringen. Es ist wichtig, MandatarInnen und FunktionärIn- mus befeuerte. Später waren es lokalhistorische Forschungen, d. h. wie und nen der Partei als Mitglieder zu gewinnen. Gleichzeitig muss die Öffnung wo gab es Widerstand und Verfolgung in Liesing. Dadurch schafft man unserer Organisation für Nicht-SPÖ-Mitglieder weitergehen. Interesse und Betroffenheit. Heute ist meine zentrale Motivation unsere Organisation zukunftsfit zu machen. Rechtsextremismus und Rechtpopulismus bekämpft man wirksam durch? … eine aktive Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Was die Geschichte be- Die wichtigsten Aufgaben unseres Bundes sind… trifft dürfen wir nicht nur gedenken, sondern müssen auch mahnen. Wir Die ZeitzeugInnengeneration hat den Austrofaschismus und Nationalso- mahnen die nachfolgenden Generationen, den Ursachen und den Erschei- zialismus noch leibhaftig erlebt und durchlitten. Heute wird der Antifa- nungen des Faschismus rechtzeitig entgegenzutreten. Erinnerung ist das schismus von denen getragen, die an das, was falsch war, erinnern wol- Schlüsselwort, das Vergangenheit und Gegenwart, Vergangenheit und Zu- len und daran, wie der Faschismus zustandekam. Unsere Aufgabe ist es, kunft verbindet. die Erinnerung an den Faschismus, seine Akteure und Profiteure, ebenso wachzuhalten, wie an die Verfolgung und den Widerstand und seine Trä- Verrate uns noch etwas über dich abseits des Antifaschismus. gerInnen. Unsere Aufgabe ist es, die Erfahrungen, die die Überlebenden Ich bin glücklich verheiratet, habe drei erwachsene Töchter und arbeite uns vermittelt haben, in die gesellschaftliche Diskussion einzubringen und beim wienXtra-ferienspiel. Am besten erholen kann ich mich auf dem überall aufzustehen, wo Faschisten und Verharmloser auftreten. Fahrrad und in der Sauna. Ich bin mindestens so grün-weiß wie ich rot bin. Seit langem bin ich Mitglied der Jugendmedienkommission, der „ös- Welche/n Fehler soll unser Bund nicht machen? terreichischen FSK“. Sektierertum und politische Rechthaberei führen zur Isolation unserer Organisation, dagegen setze ich mich ein. Und Viktor Adlers Warnung Danke für das Gespräch!

3 ORGANISATION

Tirol: Elisabeth Fleischanderl neue Vorsitzende

Am 12. November 2018 fand in Innsbruck die turnusmäßige Lan- „In einer Zeit, in der rassistischer und menschenfeindlicher Jargon wieder deskonferenz unseres Tiroler Landesverbandes statt. Neben der salonfähig wird, ist es umso wichtiger die Aufklärungs- und Gedenkkultur Beschlüsse interessanter Anträge kam es zu einem (Generatio- der FreiheitskämpferInnen weiterzuführen“, betonte Genossin Fleischan- nen-)Wechsel an der Führungsspitze. derl. Muigg zeigte sich mit seiner Bilanz als Vorsitzender zufrieden und verwies etwa auf die Forschungen zum Paschberg bei Innsbruck (eine Er- 35 Genossinnen und Genossen folgten der Einladung. Nach erfolgten schießungsstätte der Deutschen ), die regelmäßigen Novem- Berichten, Entlastung und Neuwahlen beschlossen die Delegierten sechs berpogrom-Gedenken am jüdischen Friedhof in Innsbruck, den jährlichen inhaltliche Anträge: „Belebung der Friedensbewegung“, „Schaffung eines antifaschistischen Spaziergang in Denkmals für die Opfer der NS-Militärjustiz in Innsbruck“, „Jährlicher Innsbruck oder das „Tor der Er- Rechtsextremismusberichts für Tirol“, „Eigene Facebookseite für Landes- innerung“, eine Gedenkstätte im verband Tirol“, „Ausstellung mit dem International Tracing Service Bad Parteihaus in Innsbruck, die derzeit Arolsen“ und „Stärkere Teilnahme von SPÖ-FunktionsträgerInnen an anti- installiert und am 10. Dezember er- faschistischen Demonstrationen und Kundgebungen“. öffnet wird.

Die Neuwahlen führten zu einem Wechsel an der Spitze des Landesver- Im an die Konferenz fand bandes: Die 23-jährige Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin in Vomp eine ebenfalls gut besuchte Diskus- V.l.n.r.: Geschäftsführender Bun- Elisabeth Fleischanderl wurde mit 100 Prozent Zustimmung gewählt. Sie sionsveranstaltung zu „100 Jahre desvorsitzender Gerald Netzl, Ti- folgt damit Helmut Muigg nach, der künftig neben Eva Steibl als Stellver- Republik“ statt. Die Redaktion be- rols neue FreiheitskämpferInnen- treter fungieren wird. Genossin Fleischanderl, sie ist auch Bezirksvorsitzen- dankt sich bei den ausgeschiedenen Vorsitzende Elisabeth Fleischanderl de der SPÖ in Schwaz, will die enge Zusammenarbeit mit der SPÖ Tirol FunktionärInnen und wünscht dem und ihre Vorgänger und nunmehri- und besonders der SPÖ-Bildung weiterführen. neuen Team alles Gute!  ger Stellvertreter Helmut Muigg

Klagenfurter Erklärung

Am 12. Mai 2018 trafen sich mehrere tausend Rechte bei einer Ge- der europäischen Gesellschaften faschistischer Verbände Kroatiens, denkveranstaltung am Loibacher Feld/Libuško polje in Bleiburg/ unangefochten war. Heute aber Sloweniens, Friaul-Julisch Vene- Pliberk in Kärnten zum größten Faschistentreffen in Europa. Sie ge- wird er gefährdet durch die Ten- tiens bzw. Italiens sowie Kärntens denken der faschistischen kroatischen Ustaša, der Domobrani, der denz der gesellschaftspolitischen bzw. Österreichs wollen wir gegen Wehrmacht und der Waffen-SS. Die Zivilgesellschaft und die antifa- Mitte, ideologische Brücken zu diesen Rechtstrend Brücken der schistischen Verbände treten gemeinsam dagegen auf und haben ein bauen zur migrationsfeindlichen sozialen Solidarität und Humani- Verbot des Treffens als Ziel. und rassistischen Rechten. Wir tät im Sinne des antifaschistischen stellen fest, dass die Unbeirrbarkeit Erbes Europas errichten, indem lagenfurter Erklärung vom 10. zu werden. In vielen Staaten sind der tonangebenden politischen wir unsere grenzüberschreitende November 2018, unterzeich- populistische Parteien auf kom- Klasse in Europa, mit der sie den Kooperation entwickeln und uns Knet von Bund Sozialdemo- munaler, nationaler und europäi- neoliberalen Umbau unseres Kon- gegenseitig unterstützen. Wir ru- kratischer FreiheitskämpferInnen, scher Ebene dabei, zu einem fixen tinents betreibt, die soziale Verun- fen die progressive europäische Opfer des Faschismus und aktiver Bestandteil der politischen Land- sicherung breitester Bevölkerungs- Öffentlichkeit auf, die grenzüber- AntifaschistInnen, ÖVP-Kamerad- schaften zu werden. Sie werden - kreise weiter vertieft und damit schreitende Kooperation gegen den schaft der politisch Verfolgten und wie in Österreich - bereits an der den Populisten weite politische Neofaschismus und Rechtsextre- Bekenner für Österreich, Landes- Macht beteiligt oder geben - wie Räume und Möglichkeiten öffnet. mismus auf dem gesamten Konti- verband Kärnten der österreichi- in Italien - als Regierungspartei be- nent zu verstärken. Die Generation schen AntifaschistInnen, Wider- reits den Ton an. Rassistische und Wir wollen nicht tatenlos zuzuse- der Menschen, die noch persönlich standskämpferInnen und Opfer des migrationsfeindliche Tendenzen hen, wie soziale Verunsicherung, den europäischen antifaschisti- Faschismus (KZ-Verband), Maut- sind mainstreamfähig geworden Angst vor Armut und existenzielle schen Widerstandskampf getragen hausenkomitee Kärnten, Verein und verändern das politische Kli- Perspektivlosigkeit zunehmen, wie haben, hat ein Erbe hinterlassen, Erinnern Villach, Verein Erinnern ma in besorgniserregendem Aus- die Verbitterung über das politi- das uns zu Wachsamkeit, Aktivität Gailtal, Partisanenverband Kärn- maß; es ist zu befürchten, dass die sche System umschlägt in Bereit- und Kooperation verpflichtet. ten und Partisanenverbände Italien, extreme Rechte im EU-Parlament schaft, nationalistische Demagogie Kroatien und Slowenien. von derzeit 35 auf über hundert zu akzeptieren und rechtsextreme Was wir lokal in Bleiburg/Pliberk Mandate anwachsen wird. Das ist Parteien zu unterstützen, denen gegen das Ustaša- und Neonazit- Mit großer Besorgnis stellen wir nicht nur ein Ausdruck der Krise Demokratie wesensfremd ist. Als reffen begonnen haben, wollen wir fest, dass Rechtsextremismus, der europäischen Integration. Das Sprecher und Sprecherinnen zivil- auch global in Europa fortsetzen: Nationalismus und Rassismus in ist auch eine ernsthafte Gefähr- gesellschaftlicher Organisationen Unser Kontinent darf nie mehr ein Europa dabei sind, salonfähig zu dung des antifaschistischen Kon- des Alpen-Adria-Raumes sowie als Kontinent des rassistischen Hasses werden bzw. salonfähig gemacht senses, der bisher in breiten Teilen Vertreter und Vertreterinnen anti- werden. No pasaran! 

4 GEDENKEN

Novembergedenken 2018 – Niemals vergessen!

Wie in den letzten Jahren gedachte am Zentralfriedhof unser Bund So- alistische Zeitschrift zialdemokratischer FreiheitskämpferInnen der Opfer des Kampfes ge- und verfasste Briefe gen Austrofaschismus und gegen den Nationalsozialismus. Dem Aufruf an Soldaten mit folgten VertreterInnen der SPÖ, der Wiener SPÖ-Bildung, der Sozialde- der Botschaft, dass mokratischen Frauen, der Sozialistischen Jugend, der Roten Falken, der Friede wichtiger sei Jungen Generation und des VSSTÖ. als Krieg. Sie wurde wegen „Volksver- er Gedenkmarsch führte an den behrungen, trotz aller Ungerechtigkeit, hetzung“ und „Zer- Gräbern von Rosa Jochmann, die sie erlebten und erfahren mussten, setzung der Wehr- Dwo ein Kranz niedergelegt wur- die Hoffnung an eine gute Zukunft für kraft“ zum Tode de, von Bruno Kreisky und von Anton die Menschen niemals aufgegeben. Im verurteilt. „Den Benya vorbei zum Mahnmal der Stadt Gegenteil: Sie waren ArchitektInnen schönsten Gedenk- Wien für die Opfer für ein freies Ös- der Zukunft eines demokratischen und stein, den man mir terreich 1934-1945. Dort hielt Gerald friedlichen Österreichs. Doch ist dieses geben kann, ist der Netzl, geschäftsführender Bundesvor- Vermächtnis in Gefahr. Fremdenfeind- Sieg der Gerechtig- Peschat Tom Credits: sitzender, die Eröffnungsrede. Netzl lichkeit, Sozialabbau, Zurückdrän- keit!“, zitierte Him- V.l.n.r.: Hannes Harwanegg, Arijana Segalo, erinnerte an die heuer verstorbenen gung der Mitbestimmungsrechte von mer Hartmann. Gerald Netzl, Heinrich Himmer, Marina Hanke, Genossen Hannes Schwantner und Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- Elfriede Hartmann Nurten Yilmaz und Theo Maier Rudi Gelbard und die großen Lücken, mern greifen immer stärker um sich. ist gemeinsam mit die deren Tod in unserem Bund hin- Überall auf der Welt befinden sich 1.200 weiteren Opfern der NS-Justiz Bezirksgruppe Margareten Arijana terließ. Die große Zahl an Teilneh- rechtsextreme und demokratiefeindli- in der Gruppe 40 beerdigt. Šegalo. Die Geister des Nationalismus merInnen am Gedenkmarsch stimmt che Bewegungen im Vormarsch. Die und Faschismus würden überall auf ihn zuversichtlich, dass ihr Werk fort- Sozialdemokratie muss sich diesen Nach 1945 ist mehr Gerechtigkeit der Welt wieder salonfähig. Sozialde- geführt wird. Netzl appellierte auch Entwicklungen entgegenstellen. Weh- erschaffen worden, so Himmer, die je- mokratInnen müssen für ein freies Eu- daran, sich im Sinne Viktor Adlers für ret den Anfängen! doch durch diese Regierung und den ropa kämpfen, welches seine Türen für die Einigkeit und Geschlossenheit un- weltweiten politischen Entwicklun- Menschen, die vor Krieg und Gewalt serer Partei einzusetzen. Auf der Gedenkstätte für die Opfer der gen in Gefahr ist. Es lohnt sich aber, flüchten, nicht verschließt und für ein NS-Justiz und der NS-Kindereuthana- sich für Wohlstand, Gerechtigkeit gerechtes, antirassistisches Österreich Genossin Nurten Yilmaz, Abgeordnete sie in der Gruppe 40 sprach Bildungs- und Freiheit einzusetzen. Nur eine eintreten. Unrecht dürfe niemals zu zum Nationalrat, sprach ebenfalls Wor- direktor Heinrich Himmer Worte des starke Sozialdemokratie könne den Recht werden, Hass und Unmensch- te der Erinnerung und der Mahnung. Gedenkens. Seine Rede begann mit Frieden, die Freiheit und Demokratie lichkeit dürften nie wieder salonfähig Sie erinnerte an das bewegte Leben der einem Zitat Elfriede Hartmanns, die schützen und bewahren. sein, nicht hier und anderswo. drei sozialdemokratischen Ikonen Rosa am 2. November 1943 im Wiener Jochmann, Bruno Kreisky und Anton Landesgericht hingerichtet wurde. Die Abschlussrede im Ehrenhain für Der Gedenkmarsch erfuhr 2018 mit Benya. Sie lebten im Kampf und im Elfriede Hartmann hatte eine eigene die Februarkämpfer und die Spani- rund 350 Teilnehmerinnen und Teil- Widerstand und haben trotz aller Ent- Meinung, schrieb für eine illegale sozi- enkämpfer hielt die Vorsitzende der nehmern eine Rekordbeteiligung.! 

Gedenken an die Opfer der NS-Militärjustiz 70.000 Stolpersteine

nter dem Motto „Nie wieder Gleichschritt“ it Unterstützung örtlicher Gruppen und Initiati- fand am Staatsfeiertag, dem 26. Oktober ven hat der Kölner Künstler Gunter Demnig im U2018, die 17. Gedenkveranstaltung für die MOktober den 70.000sten Stolperstein verlegt. Die vom NS-Terrorregime erschossenen Angehörigen in den Boden gelassenen Steine mit Messingplatten, in die der Wehrmacht und der Wiener Feuerwehr beim Namen und Wohn- bzw. Todesdaten graviert sind, liegen Denkmal für die Ermordeten im Wiener Donau- zum Gedenken an WiderstandskämpferInnen und an Op- park statt. Eingeladen hatte das Personenkomitee fer des Naziregimes in mehr als 1.200 Städten und Gemein- „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjus- den in Deutschland und weiteren 24 Ländern. Sie gelten tiz“. Hier, beim Gedenkstein im Park, befand inzwischen als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

sich die ehemalige Hinrichtungsstätte auf dem http://deserteursdenkmal.at Alexander Wallner/via Der 70.000ste Stolperstein wurde am 23. Oktober 2018 Gelände des Militärschießplatzes Kagran, hier Gedenkstein Militärschießplatz Kagran, in Frankfurt am Main zum Gedenken an den in Hadamar starben zwischen 1938 und 1945 Hunderte we- 22., Donaupark Kagran ermordeten Willy Zimmer verlegt.  gen Fahnenflucht, Wehrdienstverweigerung und Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilte Wehr- Gruppe „Stoppt die Rechten“ hielt Karl Öllinger machtssoldaten und Feuerwehrmänner durch die die Gedenkrede. Auch Mitglieder der Hietzinger Kugeln der Exekutionskommandos. Zum Geden- Freiheitskämpfer waren unter den Teilnehmern. Der erste Stolperstein wurde ken an die erschossenen Deserteure und Zivilisten Durch das heurige Gedenken an den Einmarsch am 3. Mai 1996 für Lina Frie- versammelten mehr als 30 AntifaschistInnen, da- der Hitlerarmee in Österreich 1938 kommt der demann in Berlin-Kreuzberg in runter der Wehrmachtsdeserteur Richard Wada- Veranstaltung eine besondere Bedeutung zu. der Oranienstraße 158 verlegt. ni, Ehrenobmann des Personenkomitees. Für die Ali Kohlbacher  wikimedia/OTFW, Berlin

5 GEDENKEN

Wer war Wanda Lanzer?

Im Herbst 2018 wurden in Wien eine Neue Mittelschule (in Stam- benden, ehe sie eine Anstellung im mersdorf), eine Parkanlage (auf der Wieden) und eine städtische Archiv der schwedischen Arbei- Wohnhausanlage (in Hietzing) nach Wanda Lanzer benannt. terbewegung fand. Nach der Pen- Heimo Gruber informiert über diese außergewöhnliche Frau. sionierung kehrte Wanda Lanzer 1964 nach Wien zurück und war anda Lanzer wurde 1896 Danach trat sie in den Dienst der mit ungebrochener Leidenschaft als Tochter von Helene Arbeiterkammer. im Sozialarchiv der Arbeiterkam- Wund Max Landau in Wien mer und im Verein für Geschichte geboren. Ihr Elternhaus war ein Ihr bahnbrechendes politisches der ArbeiterInnenbewegung enga- beliebter Treffpunkt österreichi- Engagement galt vor allem der giert. Sie sichtete und ordnete die scher und polnischer Sozialdemo- ArbeiterInnenbildung. 1925 hei- Nachlässe von Viktor und Fried- kratInnen. Sie begann ihre Schul- ratete sie den Juristen Felix Lanzer rich Adler und arbeitete in ihrem bildung in Wien und übersiedelte und gebar die Töchter Helena und letzten Lebensjahrzehnt noch an 1911 nach Lemberg (Lviv), wohin Gertrude. Der Austrofaschismus der Herausgabe der neunbändigen Lanzer-Sillén Helena der Vater seine Rechtsanwaltskanz- zerstörte die berufliche Existenz Werkausgabe ihres Stiefvaters Otto Wanda Lanzer im Jahr 1925 lei verlegte. Mutter Helene blieb in Wanda Lanzers, aufgrund ihrer jü- Bauer mit. Wanda Lanzer starb am Wien und wurde enge Mitarbeite- dischen Herkunft musste sie nach 17. November 1980 in Wien und Wanda Lanzer-Schule können sich rin von Otto Bauer, den sie 1920 dem Anschluss mit den beiden liegt in Stockholm begraben. bei der Frage nach der Herkunft heiratete. 1922 kehrte Wanda Töchtern ins schwedische Exil. des Namens ihrer Schule immer nach Wien zurück, zog zu Hele- Felix Lanzer wurde ein Opfer des Die Namensgebungen nach Wan- wieder von Neuem mit der Le- ne und Otto Bauer und studierte NS-Terrors. Für Wanda begann da Lanzer setzen ein hoffnungs- bensgeschichte dieser bemerkens- Staatswissenschaften. Sie promo- ein harter Überlebenskampf in volles Zeichen auf eine lebendige werten Frau auseinandersetzen, vierte beim Austromarxisten Carl Schweden. Nach 1945 arbeitete Form der Erinnerung. Vor allem die ihr Leben in den Dienst der Grünberg mit einer Dissertation sie als Dolmetscherin in der Be- zukünftige Generationen von Bildungsbestrebungen der Arbei- über marxistische Krisentheorie. treuung von Holocaust-Überle- Schülerinnen und Schüler der terInnenbewegung gestellt hat.  Grün-weiß unterm Hakenkreuz Gemeindebau nach Erna Musik benannt

as „Rapideum“ im Weststa- Erfolge werden nicht einfach als ie städtische Wohnhausanla- Als Zeitzeugin trug sie wesentlich dion in Hütteldorf ist das solche stehen gelassen, sondern ge in der Klosterneuburger dazu bei, dass die Nazi-Gräuel nicht DMuseum des SK Rapid. Auf in den Kontext der Zeit gestellt: DStraße 99 trägt seit 2. Okto- in Vergessenheit geraten konnten. 165 m² warten die unterschied- Die Täter, Mitläufer, Widerständ- ber den Namen der Wiener Wider- In Schulen sprach sie über Erlebtes. lichsten Erinnerungsstücke auf ler und Opfer, die aus den Reihen standskämpferin und Holocaust- Des Weiteren gestaltete Erna Musik die BesucherInnen. Der Bogen des SK Rapid kamen, werden ohne Überlebenden Erna Musik. Die die österreichische Ausstellung in der spannt sich von der Gründung des Tabu dargestellt. Benennung erfolgte durch Stadträ- Gedenkstätte Auschwitz mit und war 1. Wiener Arbeiter Fußball-Clubs tin Kathrin Gaál und Bezirksvorste- Ehrenvorsitzende unseres Bundes. im Jahre 1897 bis in die harte Ge- Am 1. Oktober führte der Koor- her Hannes Derfler. genwart. Einer der inhaltlichen dinator des „Rapideum“ Laurin Als offizielles Dankeschön für ihre Schwerpunkte liegt in der Auf- Rosenberg zwanzig Mitglieder der Erna Musik, geb. Raus, wurde am 17. Bildungs- und Erinnerungsarbeit er- arbeitung der Geschichte Rapids ÖVP Kameradschaft der politisch April 1921 als Tochter einer jüdischen hielt sie das Goldene Ehrenzeichen von 1938 bis 1945. Da die Zeit Verfolgten und Bekenner für Ös- Mutter und eines christlichen Va- der Stadt Wien und das Goldene des Nationalsozialismus für Rapid terreich und unseres Bundes kom- ters in Wien geboren. Bei den Roten Ehrenzeichen für Verdienste um die sportliche Erfolge brachte (Pokal petent und spannend durch die Falken lernte sie Karl Musik kennen. Republik Österreich. Erna Musik 1938, Meister 1941), stellt sich die Ausstellung. Für vertiefende In- Gemeinsam waren die beiden im Wi- starb am 8. März 2009 in Wien.  Frage: Sollen Erfolge, die in das formation wird das Buch „Grün- derstand tätig. Folge war 1943 die Ver- dunkelste Kapitel der Geschich- weiß unterm Hakenkreuz“ (Wien haftung. Zunächst saß Erna Musik im  te fallen, gefeiert werden? Diese 2011) empfohlen. Polizeigefängnis Roßauer Lände ein. Schließlich wurde sie nach Auschwitz- Birkenau deportiert. Anfang 1945 kam sie nach Ravensbrück. Erna Mu- sik überlebte den Krieg und übernahm den von den Nazis arisierten Betrieb ihrer Mutter, eine Stickerei und Wä- schewarenerzeugung. Beim Freien Wirtschaftsverband baute sie das Frau-

enreferat mit auf. Sie wurde die erste Martin PID/Votava sozialdemokratische Fachgruppenvor- V.l.n.r.: Bezirksvorsteher Hannes steherin in der Wirtschaftskammer. Derfler, Erna Musiks Wegbegleiterin

Laurin Rosenberg Außerdem war Erna Musik SPÖ-Be- Käthe Sasso und Frauen- und Schwarze und rote AntifaschistInnen vereint das Interesse an Grün-weiß. zirksrätin in der Brigittenau. Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál

6 GEDENKEN

Über die Plattform „davor-1938-danach“

Gemeinsam mit der Arbeiterkammer Burgenland, dem VÖGB, dem das Gedenken, würde das Erinnern Steiger-Moser wies darauf hin, dass Landesmuseum Burgenland, den Burgenländischen Volkshochschulen und das Nichtvergessen genügen, die zahlreichen Reden anlässlich und der Burgenländischen Forschungsgesellschaft haben die Sozialde- dann dürfte es doch keine immer der unzähligen Festakte bei man- mokratischen FreiheitskämpferInnen Burgenland die Plattform „da- neuen Anlässe geben, zu gedenken, chen RednerInnen (meist waren vor-1938-danach“ gegründet. Ziel ist ein vielfältiges Gedenken und dann dürften nicht genau jene An- es tatsächlich nur Redner) gezeigt Breitenwirksamkeit. fänge, denen zu wehren aufgerufen hätten, welche Diskrepanz zwi- wird, sich so mehren wie heute.“ schen den Lippenbekenntnissen chon im Sommer hatte es um den Lehrgang für zukünftige NS- bei den zu haltenden Festreden die Buchpräsentation von Führungskräfte zu besuchen. Herz-Kestranek formulierte zwei und dem Handeln im politischen SEmmerich Talos gegeben, Fragen, die das Publikum, wie sich Leben herrscht. Die Demokratie im September folgte im Landes- Die Veranstaltung war sehr gut be- in den Gesprächen danach zeigte, und ihre Vorteile wurden und wür- museum die Lesung von Andrea sucht und in der Diskussion kris- wirklich zum Nachdenken gebracht den beschworen, doch viel zu oft Schramek „HITLERMÄDEL tallisierte sich heraus, wie groß das hatten: „Wie hätte ich damals ge- werde sie heute als Scheinargument VERRATEN NICHTS! März Bedürfnis nach Information über handelt? Vor allem aber: Wie hand- verwendet und beiseite gedrängt, 1938. Frauen zwischen Jubel und diese Zeit ist, vor allem auch über die le ich heute?“ wenn sie von dem, der sie einst ge- Flucht“. Wir FreiheitskämpferIn- sechziger und siebziger Jahre in Ös- fordert hatte, nun auch tatsächlich nen organisierten die Veranstaltun- terreich und wie sehr der National- Susanna Steiger-Moser reflektierte angewendet werden sollte. gen im Oktober und November, sozialismus damals noch nachwirkte in ihrer Rede über den Geschichts- dazu luden wir die Plattform aber und zum Teil verschwiegen wurde. revisionismus, der in der FPÖ aber Zur Entstehung und zum Wesen auch den BSA und die SJ als Mit- auch im Burgenland gegenwärtig der Demokratie bietet die Aus- veranstalter ein. Am 20. November fand die Veran- sehr aktuell ist. Man denke an die stellung, die an diesem Abend staltung „Gedanken zum Gedenk- (Un)-Tätigkeit der eingesetzten ebenfalls präsentiert wurde, eine Im Oktober luden wir zur Filmprä- jahr 1848-1918-1938-1968–2018“ Historikerkommission wegen der wichtige Informationsquelle: „Der sentation „Murer – Anatomie eines in der AK Eisenstadt statt. Das In- Liederbuchaffäre sowie die alljähr- Staat das sind wir. 100 Jahre De- Prozesses“ im Kino Oberpullen- teresse war überwältigend – mehr lichen Ehrungen von Ing. Hans mokratie in Österreich“ kuratiert dorf. Der politische Spielfilm von als 100 BesucherInnen kamen zu Sylvester (nicht demokratisch ge- und zusammengestellt von Dr.in Christian Frosch, der aufzeigen soll, uns. Schauspieler und Autor Migu- wählter Landeshauptmann des Brigitte Pellar und Ernst Jaritz. wie sich die verschiedenen Gruppen el Herz-Kestranek konfrontierte die Burgenlandes von 1934-1938), der Zum Thema Demokratie spra- der Täter, Opfer und Zusehenden Anwesenden in seiner Rede, die per heuer nicht wie sonst von der ÖVP chen auch die Ehrengäste AK- in Österreich darstellten und wei- Videobotschaft übertragen wurde, als das „ranghöchste Opfer“ son- Präsident Gerhard Michalitsch ter darstellen. Anhand originaler mit seinen persönlichen Zweifeln dern „stellvertretend für alle NS- und Bundesratspräsidentin Inge Dokumente wird der Fall des stei- am Gedenken: „[...] Denn würde Opfer geehrt“ wurde. Posch-Gruska in ihren Reden.  rischen Politikers und Großbauers Franz Murer nachgezeichnet, der im Zweiten Weltkrieg von 1941 bis 1943 einer der Hauptverantwortli- chen für die Tötung der Juden in Vilnius gewesen sein soll. Trotz der erdrückenden Beweislage endet der Prozess 1963 mit einem Freispruch.

Danach hatten wir eine sehr interes- sante Diskussion mit Dr. Johannes Sachslehner. Er beschreibt in seinem Buch „Rosen für den Mörder“ die zwei Leben des SS-Mannes Murer und geht auch auf Murers Zeit im Burgenland ein. Murer war anfangs Gehilfe des Verwalters auf Gut Ma- rienhof bei Nkitsch und ab Februar 1938 Verwalter eines Gutes in Klein- mutschen. Dort lernte er den Kreis- leiter von Operpullendorf Paul Kiss Sitzend: Ernst Jaritz, Brigitte Pellar, Dieter Berdel und Ingomar Kmentt kennen, der ihm empfahl die NS- Stehend: Dorottya Kickinger, AK-Direktor Thomas Lehner, Hannelore Binder, AK-Präsident Gerhard Ordensburg Krössinsee zu besuchen, Michalitsch, Susanna Steiger-Moser, Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska und Gabi Tremmel-Yakali

7 ZEITGESCHICHTE

Katholischer Widerstand 1938

Am 7. Oktober 1938 kam es in Wien zu einer bemerkens- und erinne- wegs. Als ich nach Hause kam und turmstraße, und da ist eben bei rungswerten Kundgebung gegen die neuen Nazi-Machthaber. Es war zu meiner Gruppe stieß, meinten mir eine Emotion losgebrochen. die einzige Großkundgebung unter freiem Himmel in Großdeutsch- die, na ja, da in der Stadt, da ist Ich war also irgendwie empört, land. Die Hitlerjugend hatte vor der Kundgebung in Flugschriften irgendwas passiert, sie wissen nicht erzürnt im Inneren und eben gewarnt, dass jeder, „der von nun an in dieser Kirche gesehen wird“, genau, was los ist. ‚Aber du hast ja gar nimmer so ganz von der Ver- strengstens überwacht werde. Eine Teilnahme an der Rosenkranzfeier ein Rad. Fahr einmal hinein, schau nunft her bestimmt - bin ich zu- im Stephansdom hatte viel Mut und Zivilcourage erfordert nach, was da passiert ist.‘ rückgefahren und habe auf dem Stephansplatz laut gerufen: ‚Heil ermann Lein, 1920-2006, tation überhaupt möglich ist. ... Und ich bin tatsächlich mit dem unserem Bischof!‘, was natürlich war Teilnehmer an der ka- Rad hineingefahren. ... Hab also dann eine Verfolgungsjagd ausge- Htholischen Jugenddemons- Die Rache folgte auf dem Fuß, die zerstörten Fenster gesehen, löst hat. Ich bin mit dem Rad da- tration am 7. Oktober 1938 im Hitlerjugend wurde dazu kom- hab gesehen, wie die Polizei die mals als junger Mensch noch sehr Anschluss an die Rosenkranzfeier. mandiert, das erzbischöfliche Palais Neugierigen dazu anhielt weiter- schnell unterwegs gewesen, über Kurz darauf wurde er von der Ge- zu stürmen. ... Ich hab eigentlich zugehen. Bin also vorbeigefahren den Graben, Kohlmarkt, dann fiel stapo verhaftet, kam in die KZ Da- von diesen Dingen nicht Kenntnis beim Heidentor (Hauptportal des mir ein, einem Auto, das ich hinter chau und Mauthausen, Haftentlas- genommen, war am Sonntag unter- Stephansdomes) Richtung Roten- mir schon spürte, kann ich nicht sung am 23. April 1940. so ohne weiteres entkommen. Ich versuchte dann, Kurven zu Lein schrieb nach 1945: fahren, Herrengasse, Strauch- gasse. Und auf der Freyung „Wir sind eben in den Ste- gibt es eine leichte Steigung, phansdom und waren selber die merkt man gar net, aber überrascht, dass so viele da ich war eben so ausgepumpt, waren, der Dom war wirklich dass ich da das Wettrennen voll bis zum letzten Platz. Der verloren hab.‘ Kardinal hat eine Rede gehal- ten, die uns, wenn wir sie heu- Man hat mich also verhaftet, te lesen, eher als harmlos er- ein Gestapobeamter in Zi- scheint. Aber damals in dieser vil. Ich hab die Dinge damals Situation, in dieser sensiblen auch nicht so gefährlich einge- Situation, haben wir also vie- schätzt. Ich war der Meinung, le Anspielungen, viele Dinge na gut, ich komm jetzt auf die verstanden, und wir haben sie Polizei, man wird mich auf der verstanden als klare, offizielle Polizei befragen, man wird mir Absage des Kardinals an das eine Ordnungsstrafe verpas- nationalsozialistische Regime. sen, Ähnliches mehr. Es hat ... Und dieses offene Wort sich dann anders abgespielt. entsprach so dem Bewusstsein Ich kam zwar auf die Polizei - der dort anwesenden Jugendli- zur Ehre der österreichischen chen, dass es danach zu einer Polizisten muss ich sagen, nicht geplanten, zu einer spon- dass sie mitleidig den Kopf tanen Demonstration kam, zu geschüttelt haben über meine einer Demonstration für den Tat -, aber ich wurde dann Kardinal Innitzer, wo in Verän- eingeliefert in das polizeiliche derung und in Ironisierung die Untersuchungsgefängnis. ... damals üblichen nationalsozia- Das hat sich dann gezogen. listischen Sprüche nun auf In- Ich kam zu einer einmaligen nitzer angewendet wurden. So Vernehmung auf die Gesta- z. B.: ‚Bischof befiehl, wir fol- po am Morzinplatz, aber ich gen dir‘ und Ähnliches mehr. fühlte mich als Bekenner, ich Also es hat sich eine wirkliche, hab nix verschwiegen, ich hab möcht' ich fast sagen, Weihe- ihnen dort ganz offen meine stimmung ergeben. An den Meinung gesagt. Daher be- Rändern haben sich schon gnügte man sich mit dieser Konfliktsituationen ergeben, einmaligen Vernehmung, also aber in Wirklichkeit waren die ich wurde nicht bedroht, gar damaligen Machthaber total nichts, es war ja auch gar kein überrumpelt, haben es über- Grund, ich hab ja nichts ver- haupt nicht für möglich gehal- Bwag/wikimedia/CC-BY-SA-4.0] schwiegen.“ (Quelle: DÖW) ten, dass eine solche Manifes- Im Wiener Stephansdom fand am 7. Oktober 1938 die Rosenkranzfeier statt Gerald Netzl 

8 SCHWERPUNKT

Das Leben und Denken von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht: Teil 1

Rosa Luxemburg wurde am 5. März 1871 als fünftes Kind eines jüdi- wurde er 1912 Reichstagsabgeord- wurde er von den Massen vor dem schen Holzhändlers und dessen Frau in der kleinen polnischen Stadt neter. Leipziger Reichsgericht stürmisch Zamość, geboren. Eine Gedenktafel am Geburtshaus wurde von der gefeiert. Rechtsregierung 2018 entfernt. Am Erfurter Parteitag 1891 hatte sich die SPD ein Grundsatzpro- Das „imperialistische Stadium“ ach der Übersiedlung der tische Proteste blieben nicht aus: gramm gegeben, welches als Maxi- des Kapitalismus zeichnet sich Familie nach Warschau 1873 „Was denn! Unterrockpolitik!“. malprogramm den Sozialismus als nach Karl Liebknecht durch einen Nbesuchte sie das Zweite War- Ziel der Partei formulierte. Als Mi- hohen Konzentrationsgrad aus. schauer Mädchengymnasium. Rosa In der sozialdemokratischen The- nimalprogramm sollten demokra- Familienbetriebe werden in Ak- war seit ihrer Jugend in der polni- oriezeitschrift „Neue Zeit“ erhob tische Reformen innerhalb des ka- tiengesellschaften umgewandelt, schen sozialistischen Bewegung ak- in einer Artikelserie tiv. Sie schloss sich der der revoluti- (1896-1898) der onären Partei namens „Proletariat“ deutsche Sozial- an, die 1882 gegründet worden demokrat Eduard war. Bernstein den Refor- mismus zum Prinzip. „Proletariat“ organisierte bereits In ihrer Broschüre Tausende ArbeiterInnen und führ- „Sozialreform oder te sie in der ersten polnischen Mas- Revolution“ vertei- senbewegung gegen den russischen digte Rosa den re- Absolutismus zum Streik. Das volutionären Stand- historische Polen existierte damals punkt und forderte nicht, sondern war aufgeteilt auf den Ausschluss der Russland, das Deutsche Reich und Reformisten aus der Österreich. Es setzte eine Verhaf- Partei. Im parlamen- tungswelle ein, die die Partei hand- tarischen Weg zum lungsunfähig machte. Rosa floh in Sozialismus, den die die Schweiz. ReformistInnen bis heute präferieren, sah In der Schweiz nahm sie verschie- sie einen Irrtum. dene Studien auf und promovierte

schließlich zur Volkswirtin. Wäh- Karl Liebknecht Tenax/wikimedia rend ihres Studiums in Zürich wurde am 13. Au- lernte Rosa den Polen Leo Jogiches gust 1871 in Leipzig Die Gedenktafel am Geburtshaus von Rosa Luxemburg in Zamość wurde von der kennen. Das Paar lebte bis 1906 zu- geboren. Sein Vater Rechtsregierung 2018 entfernt sammen. Gemeinsam engagierten Wilhelm Liebknecht sie sich für den Marxismus, was in war neben August der von ihr gegründeten Zeitschrift Bebel einer der bekanntesten Füh- pitalistischen Systems verwirklicht oder werden durch neu gegründe- „Sprawa Robotnicza“ (Arbeitersa- rer der deutschen Sozialdemokra- werden. Karl war bereits auf dem te Aktiengesellschaften verdrängt. che) deutlich zum Ausdruck kam. tie. Nach dem Abitur studierte Karl Parteitag 1904 für das Kampfmittel Aufsichtsratsposten werden ent- Sie rief zum Sturz der kapitalisti- Jura, hatte jedoch Schwierigkeiten, des Massenstreiks eingetreten. Am scheidend zur Lenkung eines Un- schen Wirtschaftsordnung und der als Sozialdemokrat trotz guter Leis- Parteitag 1905 beschloss die SPD, ternehmens. Die Verflechtung Monarchie auf. tungen eine Referendarstelle zu Massenstreiks (Generalstreiks) als und Vernetzung von und zwischen erhalten. Politisch war er nicht in Mittel unter Umständen in Erwä- Großkonzernen erreicht neue Di- Im Jahre 1893 gründete sie zusam- Erscheinung getreten. gung zu ziehen. Doch scheute die mensionen. Die kapitalistische men mit Leo Jogiches die Sozial- Parteiführung vor der Anwendung Expansion erzeugt eine eminente demokratie des Königreichs Polen Nachdem sich Karl als Anwalt eta- dieses Mittels zurück. Gefahr von Kriegen zwischen den (SDKP). 1897 übersiedelte sie bliert hatte, gab er seine politische kapitalistischen Großmächten. nach Deutschland, um in der SPD Zurückhaltung auf. Im Jahre 1900 Karls radikale antimilitaristische Karl zeigte diese Umstände vor al- mitzuarbeiten, die damals in einen trat Karl Liebknecht in die SPD Ansichten waren der deutschen lem anhand des Rüstungskapitals reformistischen und einen revoluti- ein. Zwei Jahre später wurde er in Rüstungsindustrie ein Dorn im auf. onären Flügel geteilt war. Um die die Berliner Stadtverordnetenver- Auge. Trotzdem gelang ihm der deutsche Staatsbürgerschaft zu er- sammlung gewählt. 1908 war Karl Aufstieg in der ArbeiterInnenbe- Teil 2: Der Erste Weltkrieg, die halten, heiratete sie einen Bekann- einer der ersten Sozialdemokraten wegung. Für seine Schrift „Mili- Revolution in Deutschland und die ten. Ihr wurde die Redaktion der im preußischen Abgeordnetenhaus. tarismus und Antimilitarismus!“ Ermordung von Rosa Luxemburg Sächsischen Zeitung angetragen, In den Jahren 1907-1910 war er wurde er am 12. Oktober 1907 zu und Karl Liebknecht in Ausgabe deren Chefredakteurin sie wurde, Präsident der Sozialistischen Ju- anderthalb Jahren Festungshaft 01/2019. doch sexistische und chauvinis- gendinternationalen. Zusätzlich wegen Hochverrats verurteilt, doch Claus Michl-Atzmüller 

9 WORT & BILD

Gruppe 40 Der Wein des Vergessens m 11. März 2013 wurde der Ehrenhain für die Widerstandskämp- ie Weißweine der Winzergenossenschaft Krems, besonders jene, die von den ferInnen in der Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof als nationale Trauben der Riede „Sandgrube“ gekeltert werden, genießen bei Weinken- AGedenkstätte eingeweiht. Seit dem Jahr 2002 gibt es dort eine eigene DnerInnen höchste Wertschätzung und Beliebtheit. Bis heute weitestgehend Gedenkstätte für die Opfer der NS-Kindereuthanasie „Am Spiegelgrund“ unbekannt geblieben ist dunkle Geschichte dieser Winzergenossenschaft und der (Steinhof). Knapp 600 Urnen mit sterblichen Überresten sind begraben. „Arisierung“ der Riede „Sandgrube“. Die Namen der Opfer sind auf acht Platten angeführt. Bernhard Herrmann und Robert Streibel ist es mit ihrem kürzlich erschienen do- Im „Kämpfer“ 4/2016 stellte kumentarischen Roman „Der Wein des Vergessens“ zu danken, Licht in die skan- Egon Humer das Projekt „Zur dalöse „Arisierung“ der Riede und der Winzergenossenschaft zu bringen. 1938 Erinnerung“ vor, dessen Ziel, befand sich die „Sandgrube“ im Besitz des jüdischen Geschäftsmanns Paul Robit- WiderstandskämpferInnen vor schek und seines Partners August Rieder. Beide verband ein Liebesverhältnis. Der dem Vergessen zu bewahren, un- jüdische Besitz und die bösartige Denunziation, dass Rieger der „Bettknabe des ser Bund unterstützt. Nunmehr Juden“ sei, erleichterte es dem Kremser NS-Ortsbauernführer und Winzer Franz gibt es seit 28. Oktober 2018 in Aigner auf Basis der antijüdischen NS-Gesetze, die „Arisierung“ („Entjudung“) der Gruppe 40 gut sichtbar zwei Screenshot der „Sandgrube“ und die Gründung einer „arischen“ Winzergenossenschaft zu dezent gestaltete Stelen, auf denen QR-Code-Plaketten angebracht sind. betreiben und bereits im „Anschluss“-Jahr 1938 durchzusetzen.

Damit wird man mit dem vom Smartphone eingescannten QR-Code vor Auf der Grundlage von bisher verschollenen Brie- Ort ausführlich über die Biographien der WiderstandskämpferInnen in- fen, Dokumenten und Tagebüchern Robitscheks formiert und sogar zu den Gräbern geleitet. Die Gruppe 40 ist damit eine konnten die Autoren 80 Jahre danach die Wahrheit reale und eine wertvolle virtuelle Gedenkstätte und würdigt die einzelnen über die „Arisierung“, die Gründungsgeschichte WiderstandskämpferInnen auf diese besondere und großartige Weise. der Winzergenossenschaft und den beschämenden Umgang der österreichischen Politik und Behörden WEBTIPP: www.gruppe40.at mit dem NS-Unrecht nach 1945 ans Licht bringen. Auf gruppe40.at wird ausführlich über WiderstandskämpferInnen Ali Kohlbacher  und Hintergründe informiert. Bernhard Herrmann und Robert Streibel: Der Wein des Vergessens. Residenz Verlag, 2018, Die größte aller Revolutionen ISBN 978-3-7017-1696-8, 256 Seiten, € 24,00. leich zwei Mal wurde im November 1918 in Berlin die Republik ausge- rufen. Der Sozialdemokrat Phillipp Scheidemann tat dies vom Westbal- Gkon des Reichstages aus. Karl Liebknecht, Führer des Spartakusbundes, proklamierte im Lustgarten vor dem Berliner Stadtschloss „die freie sozialistische Erinnerungen Republik Deutschland“. m 2. Oktober fand in der australischen Botschaft in Wien die Präsentation „Wer hat uns verraten? Sozialdemokaten!“ Friedrich Ebert war der erste Reichs- des fünften Bandes der Buchreihe „Erinnerungen. Lebensgeschichten von kanzler der Republik, der 1919 zum ersten Reichspräsidenten wurde. Ihm ist es zu AOpfern des Nationalsozialismus“ zum Schwerpunkt „Exil in Australien“ verdanken, dass die Arbeiterbewegung in einer parlamentarisch-demokratischen statt. Herausgeberin ist Renate S. Meissner vom Nationalfonds der Republik Ös- Weise gerettet wurde. Die Räterepublik erwies sich nicht als eine mögliche Alter- terreich für Opfer des Nationalsozialismus. native. Dieser Spruch – bis heute skandiert – erweist sich daher als Unsinn und Irrweg. Ungefähr 2.000 ÖsterreicherInnen gelang 1938 und danach die beschwerliche Flucht nach Australien. Auf knapp 1.000 Seiten werden 21 Lebens- und Fluchtge- Robert Gerwarth wirft einen neuen Blick auf diese epochalen Ereignisse deutscher schichten vorgestellt. Die Recherche und Texterstellung dafür dauerte zwei Jahre. Geschichte. Diese Revolution gilt bis heute als gescheitert, die letztlich auch dazu Die drei Bücher enthalten nicht nur mit vielen Fotografien und Dokumenten ver- beitrug, den Aufstieg der Nazis zu erleichtern, was jedoch Robert Gerwarth in sei- sehene biografische Texte, sondern auch drei zur Gänze über Fotografien erzählte nem Buch bezweifelt. Lebensgeschichten. Die zu Wort Kommenden erzählen über ihr Leben in Öster- Der Autor schildert die dramatischen Ereignisse zwischen den letzten Kriegsmo- reich vor 1938, während der nationalsozialistischen Machtübernahme, über ihre naten 1918 und dem Hitlerputsch 1923. Auf dreizehn Kapiteln, die sehr einfach Flucht, ihre Ankunft in Australien und ihr Leben in der neuen Heimat bzw. über lesbar sind, beschreibt Gerwarth, wie die No- ihre Rückkehr in die alte Heimat. vemberrevolution Deutschland veränderte. 40.000 Bücher der Bände 1 - 4 sind gratis an Schulen in ganz Österreich gegangen. Die „Erinnerungen“ sind, soweit sie nicht vergriffen sind, auch für Einzelpersonen Das Buch verfügt über einen interessanten erhältlich und direkt über den Nationalfonds Epilog und einen umfangreichen Anhang. beziehbar. Preis Band 5: € 26,00 www.natio- Robert Gerwarth, der 1976 geboren wurde, nalfonds.org lehrt Geschichte am University College in Renate S. Meissner (Hg.): Dublin. Er wurde mit dem renommierten Erinnerungen. Lebensgeschichten von Op- Fraenkel-Preis ausgezeichnet. fern des Nationalsozialismus. Band 5 "Exil Robert Gerwarth: in Australien". Die größte aller Revolutionen. November Nationalfonds der Republik Österreich für 1918 und der Aufbruch in eine neue Zeit. Opfer des Nationalsozialismus (Eigenverlag), Aus dem Englischen von Alexander Weber. Wien, 2018, keine ISBN, 976 Seiten, 3 Bü- Siedler Verlag, 2018, ISBN: 978-3-8275- cher im Kartonschuber (deutsch/englisch), Nationalfonds 0036-6, 384 Seiten, € 28,00. service.randomhouse.deSiedler/via € 26,00.

10 WORT & BILD

Hooligans Unser Wien ie Hooligans sind zurück, in Deutschland und in Europa. Seien es die er durch Wien spaziert kommt an vielen Ecken mit der ArbeiterIn- „Hooligans gegen Salafisten“, wieder erstarkte Gruppen in den Fan- nenbewegung in Berührung. Vom Wienerberg im Süden (Stichwort Dkurven der Stadien oder die russischen Schläger, die während der EM WZiegelarbeiterInnen) über das Amalienbad und das Vorwärts-Haus 2016 für massive Ausschreitungen sorgten. Der deutsche Autor Robert Claus bis hin zum Karl-Marx-Hof, dem Prestigeprojekt des Roten Wien im Norden. beleuchtet die zentralen Entwicklungen, Verbindungen in die Rockerszene, Von den geschichtlichen Orten der ArbeiterInnenbewegung ausgehend ver- internationale und geschäftliche Netzwerke sowie die Erfindung der soge- sucht der Autor einen Bogen zur Bedeutung der jeweiligen Einrichtung in die nannten „Ackermatches“ (verabredete Kämpfe unter Hooligans, Anmerkung heutige Zeit zu spannen. Zahlreiche Abbildungen lockern diesen Stadt- bzw. der Redaktion). Reiseführer auf.

Was vielen nicht (mehr) bewusst ist: Der Ursprung des Fußballs ist die Gewalt. Das Buch kommt an Vorgänger wie Sie wurde auf dem Spielfeld geregelt und gezügelt und verlagerte sich auf die etwa „Die Arbeiter von Wien“ von proletarisch geprägten Zuschauer in bzw. vor den Stadien. Das Phänomen ge- Kurt Stimmer nicht heran. Inhaltliche waltsuchender Hooligans gibt es erst seit etwa 40 Jahren. Anfangs eher unpoli- Fehler schmerzen. So steht, dass Mitte tisch wurde die Szene mehrheitlich bald eindeutig rechts. In den 1980er-Jahren der 1920er-Jahre eine Arbeiterfamilie bemühten sich die führenden Neonazis Gottfried Küssel (in Österreich) und 40 Prozent des Lohnes für die Monats- Michael Kühnen (in Deutschland) mit mäßigem Erfolg, Hooligans als „moder- miete in einer Gemeindebauwohnung ne SA“ für ihre Organisationen zu gewinnen. aufwenden musste (laut Hautmann, „Le- xikon…“ waren es fünf Prozent). Oder, Als Gegenreaktion entstand 1993 unter starker Beteiligung von Anhängern von dass Wilhelm Liebknecht das Vorwärts- St. Pauli und Schalke 04 das „Bündnis antifaschistischer Fanclubs und Fanin- Haus in der Rechten Wienzeile besucht itiativen“ (BAFF). Robert Claus liefert eine gut lesbare differenzierte Analyse hätte. Dieses wurde 1910 eröffnet, Lieb- und spannende Reportagen der gewalttätigen und teils neonazistischen Szene. knecht starb am 7. August 1900. Die zu Die Situation in Österreich beschreibt der Journalist und Fanszenen-Experte kurz greifende Formulierung „christlich- Michael Bonvalot so: „Neben alten Netzwerken aus den 1990er-Jahren gibt soziale Heimwehr“ ist unglücklich. Und es auch Nachwuchs. Diese Hooligans sind der „Erste Wiener Arbeiter Fußball- meist eindeutig extrem rechts und nehmen Club“ änderte seinen Namen in SC derfachverlag.at oft auch an faschistischen Aufmärschen Rapid 1899, nicht wie geschrieben 1898. Dem Büchlein hätte gutgetan, sich teil.“ Gleichzeitig sei die Szene vielschich- nicht fast ausschließlich auf die Sozialdemokratie zu beschränken, schließlich tig: „Wir sehen rechte Hooligans, aber gab es auch kommunistische, trotzkistische, anarchistische Parteien und Strö- auch rechte Ultras und Verbindungen ins mungen. Zur Ehrenrettung der Autoren sei aber festgehalten, dass sie das eine Kampfsportmilieu (inkl. Ackermatches) oder andere kaum bekannte Detail präsentieren und sie die Zeit nach 1945 und den Drogenhandel.“ behandeln. Kritisches Fazit: Gut gemeint, jedoch für Umfang und Inhalt zu teuer. Robert Claus: Hooligans - Eine Welt zwischen Fußball, Wolfgang Slapansky, Georg Sever: Gewalt und Politik. Reise in die Geschichte der ArbeiterInnenbewegung Verlag Die Werkstatt, Göttingen, 2018, in Wien - Ausgewählte Schauplätze. ISBN: 978-3-7307-0354-0, 192 Seiten, ÖGB-Verlag, Wien, 2018, ISBN: 978-3-99046-331-4,

€ 14,90. werkstatt-verlag.de 188 Seiten, € 24,90.

Partei in Bewegung: 100 Jahre KPÖ in Bildern or hundert Jahren, am 3. kommt ein „Internationalismus der Einleitungen vorangestellt, das Buch Manfred Mugrauer (Hg.): November 1918, wurde die Tat“, der für alle Phasen der KPÖ- lebt von den Fotos und Grafiken (von Partei in Bewegung. VKommunistische Partei Ös- Geschichte kennzeichnend ist. Die Maiabzeichen, Plakaten, Pickerln, 100 Jahre KPÖ in Bildern. terreichs gegründet. Sie ist die drit- KPÖ verstand und versteht sich auch Publikationen etc.). Nur schade, dass Globus-Verlag, Wien, 2018, tälteste kommunistische Partei der als Kulturbewegung. die jüngste Vergangenheit, die Jah- ISBN: 978-3-950-454-826, Welt und trotz manchem internen re 1992-2018, mit lediglich 23 von 448 Seiten, mit ca. 2.300 Abb., Bruch (1956, 1968, 1990) die älteste Selbstkritisch bekennt man im Vor- 448 Seiten sehr schmal ausgefallen ist € 39,90. Partei Österreichs mit ungebroche- wort, dass die Partei in ihrer hun- – was Folge des schwächlichen Zu- ner Kontinuität. dertjährigen Geschichte vielen Irrtü- stands der Partei nach Zusammen- mern aufgesessen ist. Mit Stolz wird bruch des realen Sozialismus ist. Der Bildband ist ein gelungenes festgehalten, dass es die KPÖ war, Panoptikum der österreichischen auf deren Antrag die Kommunisti- Zahlreiche Abbildungen etwa von Zeitgeschichte. Wie knapp 2.300 (!) sche Internationale gegründet wur- den Kundgebungen am 1. Mai und Abbildungen zeigen wollen, waren de. Nach dem Februaraufstand 1934 den Volksstimme-Festen auf der Je- Österreichs KommunistInnen in hat die – illegale – Partei durch so- suitenwiese im Wiener Prater lassen Betrieben und Gemeinden, sozialen zialdemokratische Zugänge 16.000 bei vielen LeserInnen wohl nostalgi- Kämpfen, friedenspolitisch, frau- Mitglieder zu verzeichnen. sche Gefühle aufkommen. Das Buch enpolitisch und besonders im anti- wurde mit viel Akribie und Liebe zu- faschistischen Kampf aktiv. Hinzu Den einzelnen Kapiteln sind kurze sammengestellt, Gratulation. KPÖ

11 WORT & BILD

Wege der Erinnerung in der Josefstadt

Genossin Irmtraut Karlsson gewährt im folgenden Beitrag einen Einblick in das von ihr herausgegebene Das Kapitel über die verschiedenen KZs, in denen Werk über „Erinnerungssteine“ und der Hintergründe in der Josefstadt. die Josefstädterinnen und Josefstädter ermordet wurden, reiht sie in die schier unzählbare Schar „Erinnerungssteine“, eigentlich Messingplatten in Gedenken an Widerstandsgruppen und christliche der Opfer ein. Schon beim ersten Transport nach den Gehsteig eingefügt, bewahren die Opfer des Opfer sind ebenfalls beschrieben, in der Pfarrkirche dem „Anschluss“ 1938, dem sogenannten „Promi- Nationalsozialismus vor dem Vergessen. Sie liegen Breitenfeld oder im Kreuzgang des Konvents in der nententransport“ ins Konzentrationslager Dachau, vor den Häusern der letzten freiwillig gewählten Alservorstadt. Ergänzende Texte zur mühsamen Res- wurden Josefstädter deportiert. Wohnorte unserer Mitmenschen, darunter auch titution, zu den Kindertransporten oder über die Ver- Büchern, wie den „Wegen der Erinnerung“, wird oft einige, die bereits sehr früh durch die schier unvor- treibung aus dem Gemeindebau sollen zum Weiterle- vorgehalten, sie seien stellbare Maschinerie der Vertreibung in die relativ sen anregen. Das Einleitungskapitel „Vom Vorurteil „Predigten an die Be- großen Wohnungen der Josefstadt hineingepfercht zur Vernichtung“ zeigt den verhängnisvollen Weg in kehrten“. Jedoch auch wurden und dort auf ihre Deportation warten muss- den Faschismus und Nationalsozialismus. die Bekehrten brauchen ten. Das hat neue Erkenntnisse über die „Logistik“ Am Eindrucksvollsten sind jedoch die Lebensge- Argumente und Infor- der Vertreibung gebracht. Hier gibt es noch weiter- schichten, erzählt von den Angehörigen, die flüch- mationen, brauchen hin viel zu forschen und aufzuarbeiten. ten und dadurch überleben konnten und die vielen Trost und Ermunte- Vier Wege, Bezirksspaziergänge durch die Josefstadt Fotos, die sie uns zur Verfügung stellten. Somit rung. Dieses Buch gibt verbinden diese Erinnerungsstationen. Wanderun- ist dieses Buch in gewisser Weise auch ein „Toten- alles: Anregungen zu gen durch eine Josefstadt, die verloren gegangen ist, buch“, aber eines, das die Erinnerung an unsere Spaziergängen, vertiefte vernichtet, ausgelöscht in den Jahren 1938 bis 1945. Mitmenschen lebendig hält. Diese Begegnungen Informationen und Ar-

Jede Wanderung zeigt uns die Vielfältigkeit dieser ver- und Gespräche beim Enthüllen der Steine geben gumente. Czernin lorenen Welt. immer wieder Kraft und Hoffnung. Irmtraut Karlsson (Hg.): Auch andere Orte des Gedenkens wurden aufge- Künstlerinnen, wie Marianne Saxl oder Alma Jo- Wege der Erinnerung (... in der Josefstadt) nommen, wie das Wohnhaus von Hans Kelsen oder hanna König wurden mit den „Steinen“ vor dem Czernin, Wien, 2018,ISBN: 978-3-7076-0655-3, die Büste von Edmund Eysler im Schönbornpark. Vergessen ihres Schaffens bewahrt. 200 Seiten, € 20,00. Fliehen, schleppen und schleusen – Flucht und Fluchthilfe in der Steiermark Christoph Schribl hat einen Sammelband über das organisierte und individuelle Schleusen und Abgeschlossen wird die Sammlung durch ein sehr Schleppen im 20. Jahrhundert in, aus und durch die Steiermark gelesen und seine Eindrücke für unsere persönliches Gefängnistagebuch von Wolfgang Feigl, Zeitung zusammengefasst. der im Oktober 2016 in München wegen „Ein- schleusens von Ausländern mittels lebensgefährlicher ieses Buch widmet sich diesem organisierten Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe wurde dem Behandlung“ festgenommen wurde, da er einer syri- bzw. individuellen Schleusen und Schleppen organisierten bzw. individuellen Schleusen und schen Flüchtlingsfamilie aus Freundschaft über die Dim 20. Jahrhundert in, aus und durch die Schleppen aus der Steiermark raus, durch die Steier- deutsch-österreichische Grenze gebracht hat. Steiermark bzw. stellt einzelne Steirer als Fluchthel- mark durch bzw. in die Steiermark rein nachgegan- fer vor gen. Die Autoren Prof. Werner Anzenberger, Heimo Die Sammlung, zeigt die Spanne der Fluchthilfe Halbrainer (Hrsg.), Gabriele Anderl, Thomas Alb- am Beispiel der Steiermark von 1934 bis 2016. Uns allen sind die Bilder des Jahres 2015 noch im- rich, Edda Engelke und Wolfgang Feigl haben in Sieben Geschichten mer vor Augen, als tausende und abertausende auf sieben historischen Geschichten die „Fluchthilfe“ die in ihrer Ursache der Flucht vor Krieg und Zerstörung flohen und ihr in der Steiermark, an Hand eindrucksvoller und er- und Bedeutung Weg sie auch nach Österreich führte. Damit wurden schreckender Geschichten, aufgearbeitet. nicht unterschied- auch die Themen „Schleusen“ und „Schleppen“ in licher sein könnten. Österreich wieder sehr präsent. Das Thema wurde So widmet sich der Beitrag von Werner Anzenberger Ein Buch, das dazu dabei medial, politisch sowie im öffentlichen Dis- der Flucht nach dem gescheiterten Februaraufstand einlädt, sich näher kurs größtenteils negativ besprochen. Über „Flucht- mit dem Titel „Alles zu Ende – Wohin für den An- mit der Fluchthil- hilfe“ oder „Flüchtlingshilfe“ wurde nur in den sel- fang?“. Anzenberger geht dabei auf die organisierte fe im historischen tensten Fällen berichtet. Außerlandesbringung von Schutzbündlern – vor al- Kontext auseinan- lem in die Tschechoslowakei – ein. derzusetzen. Betrachtet man die Geschichte der Fluchthilfe im Clio 20. Jahrhundert, so ist augenscheinlich, dass sie Heimo Halbrainer widmet sich in seinem Betrag Heimo Halbrainer im juristischen Kontext immer schon kriminali- dem Porträt des sogenannten Grazer „Judenschlep- (Hg.): siert wurde. In der öffentlichen Bewertung hing es pers“ Josef Schleich und beschreibt das Außerland- Fliehen, schleppen und schleusen. Flucht und grundsätzlich davon ab, wie der politische, mediale bringen von Jüdinnen und Juden im Zusammen- Fluchthilfe in der Steiermark im 20. Jahrhundert. bzw. öffentliche Diskurs im Zeitpunkt des jeweili- spiel zwischen nationalsozialistischen Staat und Clio, Graz, 2018, ISBN 978-3-902542-53-3, gen Ereignisses war. Schleppern. 160 Seiten, € 18,00.

12 WORT & BILD

Wer ist schuld am Tod von Edith Winkler?

Martin Krist reflektiert anhand von Unterrichtsmaterial über die Er- so in die Frage nach der Verantwor- der fehlenden eindeutigen Antwort mordung von Edith Winkler, wie Schülerinnen und Schüler – über tung überführt: Die „Lösung“ ist und damit einer klaren Schuldzu- eine didaktisch wohl aufbereitete Irritation – zum Nachdenken über uneindeutig, da ein Großteil der weisung ist Teil des Lernerfolgs und die Komplexität kollektiver Verantwortung angeregt werden können. Gesellschaft in unterschiedlichem bietet die Möglichkeit, gemeinsam Ausmaß mitverantwortlich war. über tradierte Geschichtsbilder und „Meine kleine Schwester hat sich an weiter Teile der Bevölkerung wären Die mögliche Irritation aufgrund Narrative zu sprechen.  mich gehängt, bitter geweint: ‚Bit- die Verbrechen des Nationalsozia- te, geh nicht weg, nimm mich mit. lismus in dieser Art nicht möglich Bitte nimm mich mit. Bitte, geh gewesen. Ausgehend von der exem- nicht weg.‘“ Dieses Zitat stammt plarischen Verfolgungsgeschichte aus einem Videointerview, das Mit- Edith Winklers diskutieren die arbeiterInnen von _erinnern.at_ in SchülerInnen daher anhand von Israel mit Jehudith Hübner geführt Informationen zu Lebensgeschich- haben. Es steht in enger Verbin- ten und Entscheidungen die jewei- dung mit dem Unterrichtsmaterial lige Verantwortung verschiedener „‚Wer ist schuld am Tod von Edith AkteurInnen. Sie gehen also der Winkler?‘ Völkermord als gesell- konkreten Verantwortung einzel- schaftliche Verantwortung.“ ner Personen oder auch von Perso- nengruppen nach. Edith Winkler ist die kleine Schwester von Jehudith Hübner, So gut wie immer haben Schüle- ehemals Jessy Winkler. Diese erin- rInnen Bilder, Eindrücke und auch nert sich an den Abschied von ih- Meinungen zum Thema aufge- rer Schwester Edith anlässlich ihrer nommen und sich als Geschichts- Flucht nach Palästina. Im Interview bilder angeeignet. Dazu gehören spricht sie über das Aufwachsen vielfach auch klare Ansichten zu mit ihrer Schwester und deren Er- den TäterInnen, den ZuschauerIn- mordung. Ihre Schwester fristet ge- nen, den ProfiteurInnen und den meinsam mit ihrer Mutter zunächst HelferInnen. SchülerInnen – aber in Wien in verschiedenen Sammel- nicht nur sie – meinen zu wissen, wohnungen ihr Leben. Beide wer- wer die Menschen waren, die sich den am 15. Oktober 1941 in das aktiv am Massenmord beteiligten, Jehudith Hübner/Jerusalem Jehudith Ghetto Litzmannstadt und am 4. die bewusst davon profitierten, die Mai 1942 ins Vernichtungslager „nur“ zuschauten und die sich ent- Edith Winkler Ende der 1930er Jahre Kulmhof/Chełmno deportiert, wo schieden zu helfen – und wie diese sie ermordet werden. Menschen sich jeweils verhielten. Ebenso gibt es häufig auch klare Im Unterrichtsmaterial „‚Wer ist moralische Ansichten darüber, aus Über _erinnern.at_ schuld am Tod von Edith Winkler?‘ welchen Gründen sich diese Men- Völkermord als gesellschaftliche schen für ihr jeweiliges Handeln _erinnern.at_ ist ein Verein, der vom BMBWF getragen und finan- Verantwortung“, richtet _erinnern. entschieden haben. ziert wird und sich intensiv mit dem Feld des Unterrichts über den at_ nun erstmals den Blick auch Nationalsozialismus, den Holocaust, aber auch generell mit Rassis- auf die TäterInnen. Die konkrete Die Unterrichtseinheit bietet die mus, Antisemitismus, Antiziganismus usw. vor allem an Schulen und Frage lautet, wer Schuld und Ver- Möglichkeit, diese Ansichten zu für Jugendliche beschäftigt. Von _erinnern.at_ wurden deshalb seit antwortung am Tod von Jehudith hinterfragen, die Kategorisierung Hübners Schwester Edith Winkler kritisch zu betrachten und aufzu- dem Jahr 2000 eine Reihe von Unterrichtsmaterialen erstellt und den trägt. Wer waren die Menschen, die brechen. In der Beschäftigung mit österreichischen Schulen und LehrerInnen zur Verfügung gestellt. diesen Tod, diesen Mord zu verant- einer Auswahl der 41 zur Verfü- worten haben? gung stehenden biographischen Das Video mit Jehudith Hübner ist Teil einer kleinen Interview- Karten werden verschiedenarti- sammlung mit ehemaligen ÖsterreicherInnen in Israel, die – für den Dieses Unterrichtsmaterial hat zum ge Formen der Mitwirkung und Schulunterricht didaktisch aufbereitet – auf www.neue-heimat-israel. Ziel, den nationalsozialistischen Mitverantwortung deutlich. Die at in Ausschnitten gesehen werden kann. Diese Website bildet, ge- Völkermord als gesellschaftlichen Bandbreite des möglichen Verhal- meinsam mit anderen Projekten, ein Kernanliegen von _erinnern. Akt zu vermitteln. Dabei soll den tens sowie Entscheidungs- und at_: Den Opfern des Nationalsozialismus ein Gesicht und eine SchülerInnen klar werden, dass sich Handlungsspielräume werden Stimme zu geben, ihre Erfahrungen hör- und sichtbar zu machen. die Verantwortung nicht auf einige sichtbar, vor allem in Bezug auf die wenige direkte MörderInnen oder zuschauend-teilnehmende Mehr- eine klar umrissene Befehlskette re- heit. Die Frage nach der Schuld am Das Unterrichtsmaterial „Wer ist schuld am Tod von Edith Winkler?“ duzieren lässt. Ohne die Mittäter- Tod von Edith Winkler, die nach ist sowohl online auf der Website von _erinnern.at_ zum Herunterla- schaft, die Unterstützung und Be- einer klaren Antwort und einigen den vorhanden als auch als gedruckte Version in einer Box verfügbar. teiligung oder auch das Wegsehen wenigen Schuldigen verlangt, wird

13 ZEITGESCHICHTE

Edmund Reismann (1881-1942): Opfer des Austrofaschismus und des Holocausts

Dominik Lang und Walter Mentzel beleuchten in ihrem Beitrag das Leben Stellvertreter und 1912 mit der Wahl sein Aufstieg in der Wiener Gemein- des bemerkenswerten Sozialisten Edmund Reismann, der sowohl von den in die „Wiener Vertrauensmänner- deverwaltung. Bereits im November Austrofaschisten als auch vom Nazi-Regime verfolgt – und von letzterem versammlung“ der Wiener Sozialde- 1918 wurde er in den provisorischen sogar ermordet – wurde. mokratischen Arbeiterpartei. Wiener Gemeinderat berufen und nach der ersten freien Wiener Ge- dmund Reismann wurde als Vortrag zur Frauenfrage unter dem Unermüdlich wirkte er am Auf- und meinderatswahl im Mai 1919 als Sohn einer verarmten jüdischen Titel „Das Recht auf Arbeit“ hielt. Ausbau der sozialdemokratischen Or- Vertreter des Bezirks Meidling in EFamilie, die aus Ungarn (heute Im Juni 1900 nahm er als Obmann ganisationen mit und blieb dabei vor den Gemeinderat gewählt, dem er Nordwesten der Slowakei) zugewan- der sozialdemokratischen Arbeiterju- allem seiner Bezirksorganisation eng bis 1934 angehörte. Zwischen 1919 dert war, am 14. August 1881 in der gend am 3. Österreichischen Gewerk- verbunden. Das bezeugt seine rege und 1921 in der Phase der Rätebe- elterlichen Wohnung in der Ignaz- schaftskongress teil. Zu dieser Zeit Referententätigkeit in den Bezirksor- wegung war er Mitglied des Meidlin- gasse 28 in Wien-Meidling geboren. verzeichnete die Meidlinger Sozialde- ganisationen, vor allem im Meidlinger ger Arbeiterrates. Die Schwerpunkte Von seinem Vater Salomon Reismann mokratie massive Mitgliederzuwächse Arbeiterheim. Neben aktueller Tages- seiner politischen Arbeit im Bezirk, (geb. ca. 1836-1904), der dem Beruf und wachsende Organisationen. politik erörterte er immer wieder his- im Gemeinderat und als Referent im eines Hausierers nachging, übernahm torische Themen der österreichischen Wohnbauamt der Stadt Wien wäh- er nach dessen Tod sein Alteisenwa- Für Reismann, der wie viele Funk- und der internationalen ArbeiterIn- rend der Jahre 1919 bis 1933 lagen rengeschäft. Um den Lebensunterhalt tionärinnen und Funktionäre seiner nenbewegung. in der Schaffung einer Hausbesorger- seiner Ehefrau Barbara (1881-1954) Generation sein Allgemeinwissen Verordnung, der Entwicklung und und seines 1907 geborenen Sohn durch Selbststudium und durch Ar- Sein Engagement in der politischen Verteidigung des Mieterschutzes und beiterbildungsvereine erwarb und und gewerkschaftlichen Organisa- Edmund zu sichern musste er sich des Mietergesetzes, sowie im Ausbau zusätzlich als Hilfsarbeiter betätigen. erweiterte, stand das Bildungswesen tionsarbeit sticht bei der Gründung des sozialen Wohnbauprogrammes. Wenige Wochen nach dem Tod seiner und die Volksbildung als zentraler und dem Aufbau einer gewerkschaft- Mutter Amalie Reismann, geborene Bezugspunkt im Mittelpunkt sozi- lichen Organisation der Wiener In diesen prononcierten Funktionen Reichsfeld (ca. 1837-1911) trat er im aldemokratischer Politik. Er wirkte „Volksmusiker“, beim Organisieren stand er in den 1920er und 1930er Alter von 30 Jahren aus der Israeliti- tatkräftig am Aufbau der städtischen der Hausbesorger und „Hausvertrau- Jahre im Mittelpunkt der politischen schen Kultusgemeinde Wien aus. Volksbibliotheken und der Arbeiter- ensmänner“, der Arbeiterjugend, der Auseinandersetzungen und war den büchereien mit und engagierte sich „sozialdemokratischen Gewerbetrei- erbitterten Anfeindungen und De- Sein politisches Engagement in der in der Arbeiter-Kulturarbeit. Sein benden und Kaufleute“ in Meidling Sozialdemokratie lässt sich bis in das Aufstieg in der sozialdemokratischen und später im Republikanischen nunziationen von Christlichsozialen Jahr 1900 zurück verfolgen, als er – Bezirksorganisation Meidling – or- Schutzbund hervor. und Deutschnationalen ausgesetzt. neunzehnjährig – als Referent im ganisiert in der Sektion 8 – begann Nach der Zerstörung der Demokra- Meidlinger Volksbildungsverein einen 1910 mit der Wahl zum Obmann- Nach dem Ersten Weltkrieg begann tie im März 1933 wurde Reismann im Oktober vorübergehend verhaf- tet. Im Februar 1934 ging er nach Brünn ins Exil, kehrte aber rasch wieder nach Wien zurück, um am Aufbau des Widerstandes der Revo- lutionären Sozialisten mitzuwirken. Dafür wurde er im Dezember 1934 zu sechs Monaten Haft verurteilt, die er im austrofaschistischen Anhaltela- ger Wöllersdorf absaß. 1938 war er in der Schönbrunner Schloßstraße 43 wohnhaft. Nach dem „Anschluss“ an das nationalsozialistische Deutsch- land wurde Reismann aufgrund sei- ner jüdischen Herkunft am 19. Ok- tober 1938 festgenommen und in das KZ Buchenwald deportiert, von wo er 1942 in das KZ Auschwitz-Birke- nau überstellt und am 27. November 1942 ermordet wurde.

1949 wurde die städtische Wohnhaus- anlage Am Fuchsenfeld 1-3, die er

Bezirksmuseum Meidling/Pressedienst der Stadt Wien der Stadt Meidling/Pressedienst Bezirksmuseum 1926 gemeinsam mit Bürgermeister Eröffnung des Gemeindebaus Am Fuchsenfeld 1-3, 1926, Karl Seitz persönlich eröffnet hatte, 1.Reihe v. l. n. r.: Bgm. Karl Seitz und GR LAbg. Edmund Reismann nach Edmund Reismann benannt. 

14 WORT & BILD

Frauen im Widerstand

rauen haben im Widerstand gegen die natio- schaulicher Herkunft als Gegnerinnen der Na- nalsozialistische Diktatur in Österreich eine tionalsozialisten; selbst in den Gefängnissen und Fmaßgebliche Rolle gespielt. Diese Tatsache Konzentrationslagern setzten sie sich zur Wehr. wurde, nicht zuletzt aufgrund eines einseitig auf Ohne die von Frauen geleisteten, oft „unspek- den politischen und militärischen Widerstand takulären“ Formen des Widerstands wäre der verengten Widerstandsbegriffs, in der zeithisto- politische und bewaffnete Kampf gegen die na- rischen Forschung wie auch in der öffentlichen tionalsozialistische Diktatur gar nicht möglich Wahrnehmung lange Zeit unterschätzt. gewesen.

Erst eine Erweiterung des Begriffs „Wider- Der 2015 erschiene Sammelband stellt die viel- stand“, der neben dem organisierten Widerstand fältigen Aspekte des weiblichen Widerstands der verschiedenen politischen Lager auch andere vor. Manche der 17 Beiträge sind allerdings Formen von Opposition, wie religiös oder hu- schon älter, basieren sie doch auf einer Vor- manitär motivierte Widerstandshandlungen, lesungsreihe 2008 – 2010. Um nur einige zu individuelles Protestverhalten und schließlich nennen: „Geschichte der Lagergemeinschaft auch den Versuch der Selbstbehauptung ver- Ravensbrück“, „Die erzbischöfliche Hilfsstel- folgter Minderheiten und Opfer des NS-Terrors le für nichtarische KatholikInnen in Wien“, miteinschließt, ermöglichte eine umfassende „Zeuginnen Jehovas“, „Die Schwedische Is- Würdigung des Anteils der Frauen am Kampf raelmission“, „Frauen in der Roten Hilfe und gegen die nationalsozialistische Herrschaft. der Sozialistischen Arbeiterhilfe“, „Steirische Frauen waren am Widerstand der SozialistIn- Widerstandskämpferinnen“ „Adelige Frauen nen, der KommunistInnen oder der konservati- im Widerstand“. In seiner Vielfalt ist das Buch ven und legitimistischen Gruppierungen ebenso informativ, bereichernd und lesenswert, für beteiligt wie am PartisanInnenkampf der Kärnt- Frauen UND für Männer.  ner SlowenInnen; als Angehörige der Konfessio- amazon.com nen, etwa der katholischen Kirche oder Zeugen Jehovas, widersetzten sie sich den totalitären An- Christine Kanzler, Ilse Korotin und Karin Nusko (Hg.innen): sprüchen des Regimes; durch Hilfeleistung und biografiA 14 (Frauen im Widerstand). „… den Vormarsch dieses Regimes einen Millimeter Solidarität gegenüber Verfolgten erwiesen sich aufgehalten zu haben …“ Österreichische Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Frauen unterschiedlichster sozialer und weltan- Praesens Verlag, Wien, 2015, ISBN 978-3-7069-0434-6, ca. 400 Seiten, € 28,90. Die erste Stunde Null

er Weltkrieg ging zu Ende, die Donaumonarchie lag auf dem Boden, Das Buch ist sehr gut strukturiert und deckt die wichtigsten Aspekte des der Kaiser musste abdanken. Eilig formten sich die Nachfolgestaaten, Zeitraums 1918-1922 ab. Detailreich werden etwa die Inhalte des Vertrags Dderen Grenzen zum Zeitpunkt der Proklamierung noch nicht fest- von St. Germain und deren innen- wie außenpolitische Implikationen, Ab- standen. Das kleine, allge- stimmungsverhalten in der Konstituierenden Nationalversammlung u. Ä. mein als nicht lebensfähig behandelt. An den Wahlen zu den Arbeiter- und Soldatenräten beteiligten betrachtete, Deutschös- sich Anfang 1919 900.000 Menschen! Es wird erklärt, warum die deutschös- terreich wollte sich dem terreichische Sozialdemokratie (bis 1933) anschlussbegeistert war (im Ge- Deutschen Reich an- gensatz zur reichsdeutschen). Interessant ist die Darstellung der schwierigen schließen, Vorarlberg der volkswirtschaftlichen und Ernährungssituation (öffentliche Entschuldung Schweiz, einzelne Bun- durch Hyperinflation, dadurch Verarmung des Mittelstands, spätere Bud- desländer kokettierten mit getsanierung durch Seipel auf Kosten der ArbeiterInnenschaft etc.). Freistaatideen. Gleichzei- tig waren die Gründungs- Die Christlichsoziale Partei war, ebenso wie der Klerus, weit heterogener als jahre der Ersten Republik man heute annehmen möchte, doch war sie in ihrer Antimodernität auch auch ein großer Aufbruch eindeutig, wie im Fastenhirtenbrief vom 1.2.1921: „Religion war und ist nie Richtung Moderne. Der Privatsache. Gott ist auch der Herr über die Staaten und Regierungen, der junge Staat beteiligte die Landtage und Nationalversammlungen, aller Schulen und Universitäten, al- Frauen am politischen ler Redaktionsstuben und Organisationen. Seine Gebote und Verbote blei- Leben, brachte neue Frei- ben in gleicher Weise in Kraft in der Monarchie und in der Republik, denn es heiten, setzte Lebenslust gibt keine Gewalt außer Gott.“ Das Buch ist sehr zu empfehlen.  und schöpferische Energie frei und gab sich dank der Alfred Pfoser, Andreas Weigl: Stärke der Sozialdemo- Die erste Stunde Null – Gründungsjahre der österreichischen Republik kratie die weltweit fort- 1918-1922. schrittlichsten Sozialge- Residenz Verlag, Wien, 2017, ISBN: 9783701734221, 360 Seiten,

Residenz Verlag Residenz setzgesetze. € 28,00.

15 DIE LETZTE SEITE

70 Jahre Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen 16. März 2019, HdB Döbling, 14.00 Uhr Hauptreferat Bürgermeister Michael Ludwig Rekt. Eva Blimlinger „Kann aus Geschichte für die Demokratie gelernt werden? Austrofaschismus, Nationalsozialismus und die Zweite Republik“ Kurt Wegscheidler „Opferfürsorge gestern, heute, morgen“ Vorstellung des Buches „70 Jahre Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen“ Chor der Roten Falken Anmeldung bevorzugt per E-Mail an [email protected] oder Tel. 01-534 27/27

ERRATUM Leider hat sich in der dritten Ausgabe des Kämpfers 2018 auf Seite 3 im Artikel „Ehrung in Meidling“ ein Fehler im ersten Satz eingeschlichen. Dieser Satz muss korrekt lauten: „Das mehrjährige Mitglied der Meidlinger FreiheitskämpferInnen, Aziz Gülüm, zeichnet sich Zeit seines Lebens durch seine konsequente Haltung gegen Diktatur, Klerikalismus und Rassismus aus.“ Die Redaktion bedankt sich herzlich für den Hinweis!

HEFTTERMINE 2019 Die Redaktion bedankt sich bei allen AutorInnen und GastautorInnen, die 2018 zum Gelingen unserer Zeitung beigetragen haben. Hiermit geben wir die Redaktionsschlüsse für 2019 bekannt. Bitte sendet eure Beiträge samt Bildmaterial – am besten nach Rücksprache mit Genossen Gerald Netzl oder Genossen Martin Oppenauer – jeweils bis 15.00 Uhr an [email protected]. Heft 1: Freitag, 15. März 2019 • Heft 2: Freitag, 31. Mai 2019 • Heft 3: Freitag, 6. September 2019 • Heft 4: Freitag, 29. November 2019

Im Folgenden noch Angaben zu den Artikellängen - mit der Bitte, diese möglichst exakt einzuhalten: 1 Seite + Bild (bitte immer ein Bild mitsenden!): 4.500 Zeichen mit Leerzeichen, 1/2 Seite + Bild: 2.500 Zeichen mit Leerzeichen,1/3 Seite + Bild: 1.500 Zeichen mit Leerzeichen

MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Ingrid Antes, Walter Farthofer, Ilse Fitzbauer, Heimo Gruber, Annemarie Hopfgartner, Irmtraut Karlsson, Ali Kohlbacher, Martin Krist, Dominik Lang, Walter Mentzel, Claus Michl-Artzmüller, Gerald Netzl, Martin Oppenauer, Christoph Schribl, Susanna Steiger-Moser. Grafische Gestaltung: Helmuth Hockauf / Wien Work - Digital Media Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 17. Dezember 2018 Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: 15. März 2019 Österreichische Post AG Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Bund Sozialdemokratischer MZ GZ02Z033355M FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver Anti- faschistInnen. 1014 Wien, Löwelstraße 18, Telefon: 01/534 27-277, Fax: Dw. 258, E-Mail-Adresse: [email protected], Internetadresse: www.freiheitskaempfer.at. Fotos: Wenn nicht anders vermerkt: Redaktion Freiheitskämpfer Hersteller: Wien Work - Digital Media, 1220 Wien Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Information über neo- faschistische und rechtsextremistische Bewegungen, Vereinsnach- richten, Informationen der Opfer des Faschismus. Die im „Kämpfer“ veröffentlichten Artikel und Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion oder des Bundesvorstandes wieder. Zlnr.: GZ 02Z033355M Nationalfonds

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