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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database
Digitale Literatur/Digital Literature
Zeitschrift/Journal: Beiträge zur Paläontologie
Jahr/Year: 1996
Band/Volume: 21
Autor(en)/Author(s): Fellner (Frank) Christa, Rabeder Gernot
Artikel/Article: Neue malakologische Befunde aus dem jüngstpleistozänen Lößprofil vom Grubgraben bei Kammern (Niederösterreich) 21-31 ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien Beitr. Paläont., 21:21-31, Wien 1996
Neue malakologische Befunde aus dem jüngstpleistozänen Lößprofil vom Grubgraben bei Kammern (Niederösterreich)
Malacological news from the Early Pleistocene loess sequence “Grubgraben” near Kammern (Lower Austria)
von
Christa FRANK* und Gernot RABEDER**
FRANK, Ch. & RABEDER, G., 1996. Neue malakologische Befunde aus dem jüngstpleistozänen Lößprofil vom Grubgraben bei Kammern (Niederösterreich). — Beitr. Paläont., 21:21-31, 3 Taf., Wien.
Zusammenfassung früherer Grabungen wurden bereits publiziert (MON TET-WHITE, 1990). Die Mollusken-Faunenliste von der Grabungsstelle „Grubgraben“, in MONTET-WHITE (1990) wird zum Diese Studie enthält auch einen Beitrag von HAE- Anlaß einer kritischen Stellungnahme gegen unvoll SAERTS (1990:15-35), in welchem die „mollusc as- ständige Arterfassung und damit unexakte Interpreta semblages“ (det. Prof. J. de Conick und F. Gelaude, Paläontologisches Institut d. Univ. Gent) aufgelistet tion genommen. Der Stellenwert morphologischer Kri terien für eine Präzisierung der Standortsgeschichte sind (:20-21). Diese Auflistung war der Anlaß für eine wird diskutiert und anhand von fünf Beispielen doku neue Beprobung nach malakologischen Gesichts mentiert. punkten. Die malakologische Neuaufnahme des Profils im Be reich der archäologischen Grabungen war aus zwei Summary Gründen interessant und notwendig geworden, weil uns einerseits die publizierte Artenliste fehlerhaft er The malacothanatocoenoses registered in MONTET- schien und daher zu revidieren war, und weil anderer WHITE (1990) gave rise to the critical review pre seits eine neue klimatologische Interpretation deshalb sented below. The criticism conserns the incomplete wichtige Ergebnisse erwarten ließ, weil die archäolo mode of collection, from which we may infer unsatis gischen Fundhorizonte nach den Radiokarbondaten fying interpretations. The significance of the morpho (18960±600 und 18400±330 v.H.) einem Hochglazial logical characteristics of shells and shell fragments as des Würm-Zyklus zugeordnet worden waren (HAE- accessory criterion in the reconstruction of (former) SAERTS, 1990). environmental conditions is discussed and showed in Im Bereich der Quadranten F und G des Grabungs five examples. bereiches wurde je ein Profil gelegt, wobei Profil 1 (Qu. F) von 80 cm oberhalb der Kulturschicht 2 (Stein Einleitung lage) bis -30 cm unterhalb der Obergrenze von Kultur schicht 2; Profil 2 (Qu.G) von 0 bis -80 cm unterhalb Im Zuge des durch den Fonds zur Förderung der wis von Kulturschicht 2/3 reichte. Aus den Profilen wur senschaftlichen Forschung ermöglichten Projektes Nr. den in Schichten von 10 cm Breite insgesamt 19 9320 „Die pleistozänen Faunen Österreichs“ wurde Sedimentproben ä 5 kg entnommen (28.7.1993), ge auch die Fundstelle Grubgraben bei Kammern in Nie schlämmt und von Mag. F. C. Stadler und R. Tröstl derösterreich wiederholt von G. Rabeder und Ch. Frank, (beide Zool. Inst. d. Univ. Wien, Biozentrum) ausge während zweier von F. Brandtner durchgeführten Gra sucht. Weiters wurde eine Lößprobe (1 kg) zu Ver bungen (1993 und 1994) aufgesucht. Die Ergebnisse gleichszwecken im Hohlweg, unterhalb-westlich der Grabungsstelle gezogen, und die rezente Gastropoden- * Univ.-Doz. Dr. Ch. Frank, Biozentrum, Althanstraße 14, fauna an den Hohlwegböschungen erhoben (7.7.1994, A-1090 Wien, Österreich G. Rabeder & Ch. Frank). Literaturhinweise zur rezen ** O. Univ.-Prof. Dr. G. Rabeder, Institut für Paläontologie ten Molluskenfauna von Langenlois und Hadersdorf der Universität Wien, Geozentrum, Althanstraße 14, A- finden sich in KLEMM (1974) und REISCHÜTZ 1090 Wien, Österreich (1977). Solche Vergleichsuntersuchungen sind für eine ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien 22 Beitr. Paläont., 21, Wien 1996
richtige Interpretation an Thanatocoenosen unerläß or H. striata “] ist zwar verschiedentlich aus Österreich lich. Ohne die sekundär eingelangten Komponenten gemeldet, aber bislang nicht bestätigt worden; so auch aus den Lößfaunen umfaßt die heutige Fauna 27 be von KLEMM (1974:369-370). Soweit Exemplare von schälte Arten; die Nacktschnecken konnten nur durch Frank überprüft werden konnten, handelt es sich durch Schälchen der Gattung Deroceras (vermutlich handelt wegs um Helicopsis striata. Beide Arten sind xerophil, es sich um die kulturfolgende Art D. reticulatum (O.F. sie zeigen gegenwärtig dieselben standörtlichen MÜLLER) erfaßt werden. Den Gegebenheiten ent Präferenzen. Die rezente Verbreitung von Helicopsis sprechend -Robinia pseudacacia und Sambucus nigra, striata ist west-, mittel- und osteuropäisch, von Tro mit Urtica dioica u.a. über trocken-lehmigem Grund; choidea geyeri west- bis westmitteleuropäisch (Nord angrenzend Weinbau - herrschen heute die genügsa ostfrankreich, Belgien, deutsche Mittelgebirge, bis men, mesophile Standorte verschiedener Art bewoh Thüringen, Lothringen, Schweiz; isoliert auf Gotland). nenden Elemente vor. Eine sichere Bestimmung ist nur durch Vergleich gro Durch verschiedene Standortgruppen wird die Xero- ßer Schalenserien und die anatomische Untersuchung morphie des Standortes, mit sekundären Pflanzen möglich. Differentialdiagnostisch würde hier nur Can- gesellschaften und buschreichen Wegböschungen do didula soosiana (WAGNER, 1933) in Frage kommen, kumentiert. von der es conchologische Nachweise in Österreich Weinbauterrassen im östlichen Mitteleuropa werden vor allem nördlich der Donau, vom Kamp bis Wien, durch die Artenverbindung Granaria frumentum - gibt. Südlich von Wien sind einzelne burgenländische Zebrina detrita — Cecilioides acicula — Xerolenta ob- Funde bis in den Eisenstädter Raum bekannt. Sie ist via - Cepaea vindobonensis bezeichnet; meist kom westkarpatisch. Von manchen Autoren, vor allem in men zusätzlich noch Oxychilus inopinatus und Helix der neuen Literatur, wird sie in die Synonymie von pomatia vor. Als Kulturfolger treten im Fundgebiet Candidula unifasciata (POIRET, 1801) gestellt, die in Cecilioides acicula, Oxychilus cellarius und Xerolenta Österreich vor allem aus Nordtirol, auch aus Vorarl berg, gemeldet ist. Verbreitung: West- und mittel obvia auf. Auf feuchtigkeitsspeichernde Bodenvertie europäisch. Die ökologischen Ansprüche sind diesel fungen weisen Cochlicopa lubrica, Columella edentula ben wie von Helicopsis striata. und Euconulus alderi hin. Von Interesse ist die Prä Columella columella ist in Tab. III—1 ökologisch nicht senz der waldbewohnenden Arten Acanthinula aculeata zugeordnet worden. Sie lebt gegenwärtig vor allem in und Helicodonta obvoluta, die in der heutigen Fauna verschiedenen offenen, felsbetonten Habitaten, zwi als reliktär angesehen werden müssen, und auf frühere schen Trümmergestein, in Grasbändern an Felsen, vom größere Baumbestände schließen lassen, die durch die Hochgebirge bis in die Tallagen. Pleistozän gehörte sie Inkulturnahme der Landschaft entfernt worden sind. zu den hochkaltzeitlichen Faunenelementen und ist in mitteleuropäischen Lössen häufig nachweisbar. Fau Ergebnisse nen, in denen sie bestandsbildend auftritt, zeigen stren ges, kalt-feuchtes Klima; Tundrenlandschaft. Sie hat Obwohl die Molluskenführung in allen Profilab aber lokal auch in gemäßigten Bedingungen, an ent schnitten nur gering war, ist eine Interpretation gut sprechenden Standorten, existiert. möglich. In der Tabelle in HAES AERT‘s Beitrag schei Ferner ist es höchst unwahrscheinlich, daß die in gro nen nur acht Gastropodenarten, darunter zwei nicht ßen Individuenzahlen angeführte Pupilla muscorum sicher identifizierte, auf, aber in viel höheren Indivi (400-60-100-200 Individuen) die einzige vertretene duenzahlen (1801 Exemplare aus 4 Einheiten): „ Pupilla Pupilla- Art war, vor allem, da trotz der weit geringe muscorum, Succinea oblonga, Helicella geyeri or H. ren Anzahl an Pupilla, die bei der Neubeprobung er striata, Trichia hispida, Clausilia dubia, Vallonia pul- halten wurde, auch Pupilla muscorum densegyrata, chella, Columella columella, Succinea oblonga or S. Pupilla triplicata, Pupilla sterrii und Pupilla loessica arenaria“ (Table III-l). Die Beprobung durch die zweifelsfrei feststellbar waren. Autoren ergab dagegen 18 Arten: Succinella oblonga (sub Succinea) wird als „hydro- Columella columella, Granaria frumentum, Pupilla philus species“ eingestuft. Sie findet sich zwar bevor muscorum, Pupilla muscorum densegyrata, Pupilla zugt an feuchten Stellen am Boden, hat aber eine weitge triplicata, Pupilla sterrii, Pupilla loessica, Vallonia spannte ökologische Amplitude, die bis zu ziemlich costata incl. f. helvetica, Vallonia pulchella, Chon- trockenen Hängen, zwischen Gras und Felsmull, reicht. drula tridens, Clausilia dubia, Succinella oblonga, Dies muß bei der Interpretation jedenfalls berücksichtigt Catinella arenaria, Punctum pygmaeum, Oxychilus werden. Außerdem wird die Morphologie von Succi inopinatus, Trichia hispida, Helicopsis striata, Arian- nella oblonga nicht kommentiert, ob die Normalform ta arbustorum; Gesamtindividuenzahl 87 (Rück oder die elongata- Form (oder beide) vorliegt, die im rechnung der Fragmente nach LOZEK, 1964:47^19). Löß häufig auftritt. Aus der Schalenmorphologie ist Daher ist die Annahme naheliegend, daß einige der unerhört viel ablesbar (vgl. unten). Daher sollte sie bei Arten nicht erkannt worden sind: Faunenbeschreibungen und -interpretierungen viel Trochoidea geyeri (SOOS, 1926) [„Helicella geyeri mehr berücksichtigt werden, als dies jetzt geschieht. ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien
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„Succinea oblonga or S. arenaria“ [= Catinella are- haben. In 30-40 cm unterhalb von KS 2/3 zeichnet sich naria ]: Die beiden Arten sind vor allem aufgrund des der Übergang zu wieder trockeneren, offenen Gege Embryonalgewindes, auch der Wölbung und Zahl der benheiten in 40-50 cm bzw. 50-60 cm unterhalb von Umgänge, der Mündungsform und der Ausprägung KS 2/3 ab. Feuchtigkeitszunahme ist schließlich wie der Zuwachsstreifen unterscheidbar. Es treten beide der in 70-80 cm unterhalb von KS 2/3 gegeben; gemä im Sediment auf. ßigtes, mäßig feuchtes Klima ist anzunehmen.
Über die Bedeutung der Schalenmorphologie für Interpretation Interpretationen HAESERTS (1990:20) bringt in seiner Einheit „LC Leider wird der Aussagewert der Schalenmorphologie (up to 2 m)“ den Hinweis: “ terrestrial molluscs are viel zu gering eingeschätzt. Schalenstärke und -färbung, rather abundant (see Table 1: mollusc assemblages), Größe, Höhen-Breitenverhältnis und Form können with a majority of xerophilus species mainly Pupilla wertvolle Aufschlüsse über den Standort liefern: gün- muscorum (68, 9%) together with a few hydrophilus stige/ungünstige Bedingungen, Höhenlage, auch kli species among which Succinea oblonga (15,8%)”. Bei matische Verhältnisse und geographische Situationen Einheit „SL (up to 2 m)“ steht: “ Terrestrial molluscs können erfaßt werden. Bei den Großmuscheln kann present in the loamy layers of the upper part of unit SL, aus Form, Farbe und eventuellen Inkrustierungen auf are dominated by hydrophilus species mainly Succinea den Gewässergrund (Schlamm, Grobmaterial) und auf oblonga (11, 6 %)” Strömungsverhältnisse geschlossen werden. In den beiden neuen Profilen waren in keinem Ab Zur Verdeutlichung dieser Ausführungen werden fünf schnitt extreme Gegebenheiten ablesbar. Mit der re ausgewählte Beispiele vorgestellt: Hinter einer Fund zenten Fauna gemeinsam sind Granaria frumentum, meldung „Clausilia dubia“, Neostyriaca corynodes“, Punctum pygmaeum und Helicopsis striata (die letz „Baleabiplicata“, „Petasina unidentata“, „Ariantaar- tere subrezent). Die Vergleichsprobe aus dem Hohl bustorum“, usw., können viele Informationen versteckt weg-Löß war von den Pupilla -Arten triplicata, sterrii sein, die dem Leser vor Augen geführt werden sollen: und muscorum sowie Helicopsis striata beherrscht. In Anbetracht der kritischen Anmerkung zu „Pupilla 1. Clausilia dubia DRAPARNAUD, 1805: Eine im muscorum“ könnte diese Lößprobe etwa der Probe Ostalpenraum häufige Art, die vor allem am Ostalpen „Unit L.S. road section, P. 65“ entsprechen. rand, auch in den Karpaten, reiche Unterartbildung Fast durchgehend in beiden Profilen tritt Helicopsis zeigt. In Österreich sind 14 Unterarten bekannt, die striata auf; in Profil 1 auch Vallonia costata, in Profil morphologisch sehr unterschiedlich sind, besonders in 2 Trichia hispida. In den oberen Bereichen von Profil Größe, Rippung und Mündungsarmatur. Einige haben 1 (80-40 cm oberhalb von Kulturschicht 2) ist sicher nur kleine Areale und/oder sind kalkhold, während die eine Vermischung mit subrezenten bis jungholozänen Nominatunterart gesteinsindifferent ist (KLEMM, Bestandteilen erfolgt. Dies ist aus der Prädominanz 1960, 1974). von Vallonia costata vor Helicopsis striata, sowie der 1.1. Clausilia dubia speciosa A. SCHMIDT, 1856 (Taf. sonst geringen ökologischen Differenzierung ablesbar, 1, Fig. 1.1: Peggau, Tanneben, 560 m, 11.5.1974): Eine und spiegelt die Verhältnisse des trockenen Kultur besonders große Unterart (Mittelwert: 13,42 mm 1: landes wider. Eine bessere Differenzierung zeichnet 3,04 mm b; im Maximum 17,2 mm 1: 3,7 mm b; auch sich 30-40 cm oberhalb von KS 2 (Kulturschicht 2) ab, darüber), mittlere Schalenstärke, dunkelrotbraun bis wo eine Entwicklung in Richtung Mesophilie - offe violett, eher matt oder seidig, spärlich und in kurzen nes Buschland; gemäßigte, mittelfeuchte Klimabe Büscheln gestrichelt, vor allem die oberen Umgänge dingungen - ersichtlich wird. Der Bereich 20-10 cm und die Wangengegend stark und dicht gerippt, die bzw. 30-20 cm unterhalb der Obergrenze von KS 2 ist Umgänge ziemlich stark gewölbt; Naht tief. 3 Areale: xeromesophil geprägt: Mehr trockene Verhältnisse, aus Mittleres Murtal und das Bergland östlich und westlich davon; 1 vorgeschobener Posten im Kärntner Lavanttal gedehnte Steppenheideflächen mit vereinzelten Bü (Locus typicus = Ruine Rabenstein) / Traisental, Nie schen und/oder Bäumen. derösterreich/Höllental, Niederösterreich. Endemisch. In Profil 2 sind die Schichten 0-10 cm bzw. 10-20 cm unterhalb von KS 2/3 mesophil. Die am stärksten dif 1.2. Clausilia dubia schlechti A. SCHMIDT, 1857 ferenzierte Landschaftsstruktur ist im Bereich von 20- (Taf. 1, Fig. 1.2: Klamm bei Schottwien, 705 m, 30 cm unterhalb von KS 2/3 gegeben. Trotz der allge 19.4.1953): Mittelgroß bis klein (Mittelwert: 10,04 mm mein geringen Individuenzahlen lassen sich 10 Stand 1: 2,37 mm b), kirschfarben bis dunkelviolett, matt ortgruppen unterscheiden, die sowohl steiniges, offe oder seidenglänzend, nicht oder spärlich gestrichelt, nes Heideland, eine Art von Trockenbusch und mehr vor allem die mittleren Umgänge erscheinen fast glatt; feuchtere, krautreichere Zonen mit Büschen und Bäu sehr feine und dichte Skulptur, Umgänge fast flach, men bis größeren Baumgruppen umfassen. Hier müs Naht seicht. Vom Ötscher ostwärts bis zum Alpen sen die relativ günstigsten Bedingungen geherrscht rand: von Gutenstein (Triestingtal) im Norden bis zur ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien 24 Beitr. Paläont., 21, Wien 1996
Linie Hohe Veitsch-Semmering im Süden. Sie erreicht typicus = St. Ägyd am Neuwalde, Unrechttraisental. ein Optimum zwischen 700 und 1500 m und löst hier Endemisch. die in den tieferen Lagen lebende Clausilia dubia 2.2. Neostyriaca corynodes styriaca (A. SCHMIDT, huettneri KLEMM, 1960 in deren nördlichem Areal 1856) (Taf. 1, Fig. 2.2.: Mixnitz, 550-600 m, 23. 3. teil ab. Locus typicus = Schloßpark in Stixenstein, 1974): Größte Unterart, die in allen Hauptkriterien ein Niederösterreich. Endemisch. Maximum erreicht (Mittelwert: 11,92-13,47 mm 1:2,84 1.3. Clausilia dubia tettelbachiana ROSSMAESSLER, -2,98 mm b), sodaß sie lange Zeit sogar als eigene Art 1838 (Taf. 1, Fig. 1.3.: Schneeberg, Ochsenboden, 1800 geführt worden ist („ Clausilia styriaca A. SCHMIDT“), m, 10. 7.1952): Sehr kurz (Mittelwert: 9,16 mm 1:2,49 bevor ihre Zugehörigkeit zum Neostyriaca corynodes- mm b); mittelstark, kirschfarben, matt, ungestrichelt, Kreis bestätigt werden konnte. Fester, stark glänzend Struktur sehr schwach, fast glatt, nur in der Wangen (sonst bei keiner anderen Unterart), noch stärkere Rip gegend deutliche Rippenstreifung; Umgänge mäßig pung bzw. Rippenstreifung, Nackenwulst extrem stark, bis kräftig gewölbt, Naht tief. Niederösterreichisch immer auffallend hellgelb oder orangefarben, Unter steirische Kalkalpen im Gebiet Schneeberg - Rax - lamelle wenig gebogen. Kleinstes Areal aller Unter Schneealpe, ein kleines Vorkommen nördlich des arten: Hochlantsch und Schöckl, östliche Steiermark, Schneeberges. Extreme Gipfelform, die zwischen 600 auf Kalken, Kalkphylliten und Kalkschiefern des Gra und 2000 m vorkommt und sich aus C. dubia schlechti zer Paläozoikums. Höhenform, besonders zwischen entwickelt haben muß. Nur selten in den tieferen En 800-1500 m, autochthones Relikt des Alpenostrandes; klaven, nur unter Steinen im Coniferenmull. Locus vermutliche Entstehung in der Rißzeit. Warum eine typicus = Schneeberg zwischen Waxriegel und Kaisers morphologisch extreme Ausbildung ein so klein teig, etwa 2000 m. Endemisch. räumiges Areal einnimmt, ist nicht erklärbar, vor al 1.4. Clausilia dubia moldanubica KLEMM, 1960 (Taf. lem, da die kalkigen Gesteine des Grazer Paläozoi 1, Fig. 1.4: Schönbühela.d.Donau,210m, 11.3.1984): kums ja weiter verbreitet sind. Im gleichen steirischen Kurz (Mittelwert 10,68 mm 1: 2,66 mm b), etwas bau Gebiet erreichen aber auch andere Clausilienarten ma chig, mittelstark, dunkelrotbraun, glänzend, ziemlich ximale Dimensionen, u.a. Clausilia dubia speciosa. reich und in unregelmäßigen Büscheln gestrichelt, dicht 3. Baleabiplicata (MONTAGU, 1803): Mitteleuropä und ziemlich stark rippenstreifig, Umgänge mäßig ge isch, im Ostalpenraum ein postglazialer Wiederbesied wölbt, Naht ziemlich fein. Nördliches Niederösterreich ler, dessen Vordringen noch im Gange ist (KLEMM, im Bereich des Böhmisch-Mährischen Grundgebirges, 1974). oberösterreichisches Grundgebirge. Vermutliches Bin 3.1. Balea biplicata biplicata (MONTAGU, 1803) (Taf. deglied zwischen Clausilia dubia und Clausilia 1, Fig. 3.1.: Stopfenreuth, Donau-Au, 144 m, 18. 4. bidentata (STRÖM, 1765), atlantisch-nordwest 1981): In verschiedenen Waldbiotopen, auch außer europäisch. Locus typicus = Ruine Aggstein. Mittel halb davon in mittelfeuchten Standorten. In Auwäldern europäisch. leben optimal entwickelte, große Individuen („Mast formen“). 2. Neostyriaca corynodes (HELD, 1836): (Nord)-al- 3.2. Balea biplicata chuenringorum (TSCHAPECK, pin. Kalkholde Gebirgstiere, die an Felsen oder an 1890) (Taf. 1, Fig. 3.2.: Ruine Aggstein, 520 m, 2. 8. bemoosten Bäumen sitzen. Sie haben hohes Feuchtig 1953): Die Ausbildung trocken-warmer Standorte; klei keitsbedürfnis, lieben dunkle, feuchte Biotope und le ner und bauchiger als die Nominatunterart, mit stärker ben häufiger in nordseitigen Lagen als andere Clausi- gewölbten Umgängen und reduzierter Rippung. Sie lien. In den höchsten Lagen hauptsächlich unter Stei lebt im Bereich der letzteren, auch mit ihr vermischt. nen; Lockerböden grundsätzlich meidend. Reiche Un Locus typicus = Ruine Aggstein; auch in Aggsbach- terartengliederung mit oft stark differenzierter Schale Dorf, Ruine Dürnstein, Ruine Greifenstein, u.a. und verschiedenen entwicklungsgeschichtlichen 4. Petasina unidentata (DRAPARNAUD, 1805): Ost- Schicksalen (KLEMM, 1969, 1974). alpin-westkarpatisch. Bildet eine Reihe von Lokal 2.1. Neostyriaca corynodes brandti (KLEMM, 1960) rassen. Lebensräume sind feuchte Wälder, Hochstau (Taf. 1., Fig. 2.1.: Vorderbruck nördl. Gutenstein, 481 denfluren; sie geht auch häufig über die Baumgrenze m, 1.5.1952): Größer als die Nominatunterart (Mittel hinaus (POLINSKI, 1929; KLEMM, 1974; FECHTER wert: 10,06-11,1 mm 1: 2,27-2,6 mm b), kräftigere & FALKNER, 1989). Oberflächenstruktur, stärkerer, heller Nackenwulst, 4.1. Petasina unidentata unidentata (DRAPAR kräftigerer Gaumenwulst, Sinulus stärker zurück NAUD, 1805) (Taf. 2, Fig. 4.1.: Fischamend, Donau- gebogen, die Unterlamelle liegt noch tiefer und ver Au; 156 m, 14.2.1982): Optimale Entwicklung fluß läuft in noch flacherem Bogen in die Mündung. Nie begleitender Auwälder mit reicher Krautschichte und derösterreichisch-steirische Kalkalpen, die nördliche Laubschichte. Arealgrenze entspricht der des Kalkes. Vor allem eine 4.2. Petasina unidentata alpestris (CLESSIN, 1874) Talform; autochthoner Alpenrandbewohner. Locus (Taf. 2, Fig. 4.2.: Naintsch - Pointnergraben, 550 m; ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien FRANK, Ch. & RABEDER, G. Neue malakologische Befunde 25
21. 10. 1973): Alpin; in ganz Österreich. Gemeinsam NEMESCHKAL & KOTHBAUER (1988) bzw. mit der Nominatausbildung und in getrennten Popula KOTHBAUER et al. (1991) erkennen das Taxon tionen. Klein, kugelig, Höhenrasse, die in hochgelege alpicola bzw. styriaca aufgrund ihrer Vermessungen nen Tälern auch die Talböden besiedelt; zwischen 800 nicht an. FRANK (1992:497-498) ist der Ansicht, daß und 2300 m, selten tiefer. diese Taxa für ökologische Differenzierungen, deren 5. Arianta arbustorum (LINNAEUS, 1758): Mittel Geschichte vermutlich mit den klimatischen Abläufen und nordeuropäisch. Eine überaus vielgestaltige Art, im Pleistozän in Verbindung zu bringen ist, aufrecht bei der sowohl geographisch als auch ökologisch be bleiben sollten. dingte Unterarten bzw. Reaktionsformen auftreten. Die Diese wenigen Beispiele zeigen, wie wichtig schalen „Normalformen“ - kugelig, mit kegelförmigem Ge morphologische Kriterien sind. Gerade bei pleisto- winde, starker weißer Lippenverstärkung und vom zänem Material, das meist bruchstückhaft vorliegt, Spindelumschlag verdecktem Nabel - treten im Ost sollten daher Kriterien wie Schalenstärke, Oberflächen alpenraum überall neben den Unterarten auf. Von be struktur, Mündungsarmaturen, wenn möglich - die sonderem Interesse sind die „Höhenrassen“, die mor Größe - als zusätzliche Informationsquellen unbedingt phologisch völlig differieren: Es sind einerseits ver- beachtet werden. zwergte, festschalige, hochgewundene Individuen, die in den pleistozänen Lößsteppen und -tundren weit ver Klimatologische Interpretation breitet waren, andererseits, große, flachgedrückte, of Im oberen Bereich des Profiles 1 ist eine Vermischung fen genabelte Exemplare mit Chilostoma-ähnUchem von fossilen mit subfossilen und rezenten Mollusken Habitus. Hoch aufgewundene Schalen treten auch in festzustellen. Das Sedimentpaket oberhalb und unter Küstennähe auf; in kalkarmen bis -freien Gebieten halb der Kulturschicht 2 ist durch mesophile und sind sie dünn, dunkelbraun, fast nicht gesprenkelt. Le xeromesophile Gastropodenarten geprägt, was für ge bensräume sind Wälder, Gebüsche, Wiesen, Auen, mäßigte Klimabedingungen spricht. Die Vegetation Kulturland; die Art ist feuchtigkeitsbedürftig. In höhe bestand aus einem offenen Buschland zum Teil auch ren Lagen werden auch trockene Hänge besiedelt mit vereinzelten Bäumen. (KLEMM, 1974; FECHTER & FALKNER, 1989). Darunter liegt eine Schicht, die unter deutlich günsti 5.1. Arianta arbustorum alpicola (FÉRUSSAC, 1819) geren Klimabedingungen zur Ablagerung kam, was (Taf. 3 , Fig. 5.1. und Taf. 3, Fig. 5.3.: Schneealpe, die Existenz größerer Baumgruppen ermöglichte. An Lottersteig, 1650-1700 m; 30. 9. 1990): Alpin, im ge den Schneckenthanatocoenosen darunter ist noch ein samten Alpenzug, wahrscheinlich auch Schwäbische mal ein Wechsel zu „trocken“ und zu „feucht“ festzu Alb. Klein, kugelig bis getürmt, in der Regel in Hoch stellen. lagen, aber auch in Talböden, auf Wiesen und Wegrän Die Überraschung für die Klimageschichte Nieder dern, im Alpenvorland im Bereich der Endmoränen; österreichs besteht nun darin, daß wir nach diesen vor oft mit der „Normalform“ gemeinsam. Zwischen 400- läufigen Ergebnissen (eine intensivere Probennahme 3090 m. Ihre Entstehung muß mit den glazialen Ein und Auswertung war für 1995 geplant) annehmen müs flüssen in Zusammenhang gebracht werden. sen, daß das Klima auch zum Höhepunkt der Würm 5.2. Arianta arbustorum styriaca (KOBELT, 1876) kaltzeit zumindest gebietsweise relativ günstig war (Taf. 3, Fig. 5.2.: Großer Priel, Umkreis der Welser und einen gewissen Baumbestand ermöglicht hat. In Hütte, 1740 m; 15.1.1991): Verbreitungsschwerpunkt teressante neue Aspekte zum Klimaverlauf im Würm in den Gesäusebergen und im Toten Gebirge, auch auf haben bereits die neuen Untersuchungen an der Löß den westlicheren Gebirgen, in den oberösterreichischen sequenz von Willendorf/Wachau ergeben (FRANK & Kalkalpen, Vorposten im Kaisergebirge, nordwärts bis RABEDER, 1994). zur Schwalbenmauer, ostwärts bis fast zur niederöster Eine weitere Aufgabe für die Zukunft sehen wir im reichischen Grenze (Voralpe-Gamsstein). Flach, Na detaillierten Vergleich mit gleichalten Profilen im üb bel in der Regel offen, dickschalig, gelbliche, oft kal rigen Mitteleuropa, um die regionalen Unterschiede kig-verwitterte Oberfläche. Sie ist noch nie gemein herausarbeiten zu können. sam mit A. arbustorum alpicola beobachtet worden; diese „Höhenrassen“ scheinen einander auszuschlie ßen. Auf Höhen mit A. styriaca fehlt alpicola, in man Literatur chen Gebieten leben A. alpicola- Populationen in den FECHTER, R. & FALKNER, G., 1989. Weichtiere. — Tallagen, siyn'aca-Populationen auf den Höhen (z.B. [in:] STEINBACH, G. (Hrsg.): Die farbigen Natur im Salzkammergut, im Ausserland und im Tennen führer, 287 pp., München (Mosaik Verl. GmbH). gebirge). Im Steinernen Meer und auf den Loferer FRANK, Ch., 1992. Malakologisches aus dem Ostalpen Steinbergen scheint styriaca zu fehlen, dort lebt raum. — Linzer biol. Beitr., 24/2:383-662, Linz. alpicola. Eine genaue Untersuchung der vertikalen FRANK, Ch. & RABEDER, G., 1994. Neue ökologische Verteilung der alpinen styriaca- und alpicola- Popula Daten aus dem Lößprofil von Willendorf in der Wa tionen wäre nötig (KLEMM, 1974:439-443). chau. — Archäol. Österr., 5/2:59-65, Wien. ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien 26 Beitr. Paläont., 21, Wien 1996
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TAFEL 1
Fig. 1.1. Clausilia dubia speciosa; Peggau, Tanneben, 560 m. Fig. 1.2. Clausilia dubia schlechte, Klamm bei Schottwien, 705 m. Fig. 1.3. Clausilia dubia tettelbachiana\ Schneeberg-Ochsenboden, 1800 m. Fig. 1.4. Clausilia dubia moldanubica; Schönbühel, 210 m. Fig. 2.1. Neostyriaca corynodes brandti\ Vorderbruck, 481 m. Fig. 2.2. Neostyriaca corynodes styriaca\ Mixnitz, 550-600 m. Fig. 3.1. Balea biplicata biplicata', Stopfenreuth, 144 m. Fig. 3.2. Balea biplicata chuenringorunv, Ruine Aggstein, 520 m. ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien
FRANK, Ch. & RABEDER, G. Neue malakologische Befunde ... 27
TA FEL 1 ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien
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Fig. 4.1. Petasina unidentata unidentata', Fischamend, 156 m.
Fig. 4.2. Petasina unidentata alpestris\ Naintsch-Pointnergraben, 550 m. ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien
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TA FEL 2 ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien
30 Beitr. Paläont., 21, Wien 1996
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Fig. 5.1. Arianta arbustorum alpicola\ Schneealpe, Lottersteig, 1650-1700 m.
Fig. 5.2. Arianta arbustorum styriaca\ Großer Priel, 1740 m.
Fig. 5.3. Arianta arbustorum alpicola\ Stillfried, Lößfauna.
Fotos: H. Grillitsch, Zool. Inst. d. Univ. Wien. Balkenlänge: Fig. 1.1—4.2.: 2 mm; Fig. 5.1-5.2.: 5 mm. ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien
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