DIE GRÜNEN – 11. WP Fraktionssitzung: 30. 5. 1989

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30. Mai 1989: Fraktionssitzung

AGG, B.II.1, 2147. Überschrift: »Protokoll zur 84. Fraktionssitzung am 30. 05. 1989«. Zeit: 14.20–22.15 Uhr. Sitzungsleitung: , Helmut Lippelt.

Anwesend: Abgeordnete: Beck-Oberdorf, Beer, Briefs, Ebermann, Eich, Eid, Flinner, Garbe, Hillerich, Hoss, Hüser, Kleinert, Knabe, Kreuzeder, Lippelt, Mechtersheimer, Meneses Vogl, Oesterle- Schwerin, Olms, Rust, Saibold, Schilling, Schily, Schmidt, Schoppe, Teubner, Vennegerts, Vollmer, Volmer, Weiss, Wetzel, Wollny Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeiter: Appel, Böttger, Günther, Kögel, Simon, Stänner Gäste: Barbara Mettler-von Meibom (Politikwissenschaftlerin Universität Essen)

Vor Eintritt in die Tagesordnung Ulrich Briefs stellt Antrag zur Tagesordnung: TOP VII soll nach dem Schwerpunktthema »PARLAKOM« behandelt werden. Gegenrede Antje Vollmer: TOP V – Wahl des/r Pressesprechers/in muß heute behandelt werden. Es wird vorgeschlagen, TOP VII vor TOP VI zu behandeln. Ohne Abstimmung wird diesem Vorschlag zugestimmt. Somit wird nach TOP V – Wahl des/r Pressesprechers/in

– erst einmal TOP VII – Mitgliedschaft im F + T Ausschuß – behandelt

Bericht des Fraktionsvorstandes Antje Vollmer berichtet über folgende Punkte: – BuVo klagt gegen neues Parteienfinanzierungsgesetz1 [Der] Bundesvorstand hat am Montag beschlossen, beim Bundesverfassungsgericht ein Organstreitverfahren gegen das Parteienfinanzierungsgesetz einzulegen. – Vorbereitungen zum Gorbatschow-Besuch2 Fraktionsvorstand und BuVo haben einen gemeinsamen Brief an Gorbatschow verfaßt3, der notwendig ist, da beim Treffen mit Gorbatschow4 die Zeit zu kurz ist, um einige wichtige Punkte anzusprechen.

1 Gemeint ist das »Fünfte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze« vom 22. De- zember 1988; BGBl. 1988, Teil I, S. 2615–2618. – Zu den grundsätzlichen Einwänden der GRÜNEN gegen das Gesetz vgl. die Ausführungen der Abg. Vollmer am 9. Dezember 1988 im Bundestag; BT Plenarprotokoll 11/117, S. 8600 f. 2 Der sowjetischen Partei- und Staatschefs Gorbatschow besuchte vom 12. bis 15. Juni 1989 die Bundesrepublik. 3 Zu dem Offenen Brief des Fraktionsvorstands und des Bundesvorstands der GRÜNEN an den sowjetischen Partei- und Staatschefs Gorbatschow vgl. den Abdruck unter der Überschrift »Herr Gor- batschow, wie soll das gemeinsame Haus denn aussehen?«; »Frankfurter Rundschau«, 14. Juni 1987, S. 14; auch in: AGG, B.II.1, 2279. 4 Während des Besuchs des sowjetischen Partei- und Staatschefs Gorbatschow in der Bundesrepublik kam es zu keinem direkten Gespräch mit Vertretern der GRÜNEN. Vgl. dazu Dok. 87, Anm. 6.

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Otto Schily spricht sich gegen die Vorgehensweise des Fraktionsvorstandes aus. Man solle den MdBs in persönlichen Umschlägen eine Fassung überreichen, um vielleicht auch nochmal über diesen Brief zu diskutieren. Der Vorstand unterstützt diesen Vorschlag. Jedoch wird wegen der Dringlichkeit des Briefes eine Frist bis Mittwochabend den MdBs gesetzt, da am Donnerstag schon der Brief an die Botschaft gesandt werden soll. – Perspektiven-Kongreß5 Jürgen Treulieb nimmt an der Vorbereitungsgruppe für diesen Kongreß teil. Ebenfalls soll Udo Knapp für die Fraktion teilnehmen. Der Vorstand hat in einem Schreiben Otto [Schily] um seine Zustimmung gebeten6, da sich Überschneidungen mit der Arbeitszeit ergeben können. Otto [Schily] hat sich über Vorgehensweise beschwert, vor allem, weil er zu spät gefragt wurde. – 17. Juni Die Fraktion hat dieses Jahr keinen Alternativvorschlag für die offiziellen Feierlichkeiten des Bundestages. In der Vergangenheit haben die GRÜNEN an der offiziellen Veranstaltung nicht teilgenommen. Für den 17. Juni ist Präsenzpflicht für Abg. laut Beschluß Ältestenrat. Da dieses Jahr Erhard Eppler (SPD) die offizielle Rede hält7, ist er und die SPD an Antje Vollmer mit der Bitte herangetreten, zu prüfen, ob die Fraktion der GRÜNEN nicht doch an der Feierstunde teilnehmen kann. Erhard Eppler ist gerne bereit, mit jeder Fraktion eine inhaltliche Diskussion zu führen. Antje [Vollmer] bittet die Fraktionsmitglieder, darüber mal nachzudenken. Eine Dis- kussion und evtl. Entscheidung soll auf der nächsten Fraktionssitzung am 13. 06. 1989 stattfinden.8 – Gratulation zu Ehe und/oder Kind von der Fraktion an Hubert Kleinert. – Trude Unruh Da dieses Thema auch auf der Tagesordnung steht9, gibt der Vorstand noch keinen Bericht ab. Antje [Vollmer] gibt nur ihre persönliche Meinung wieder, da sie später nicht mehr anwesend sein kann. – Besetzung KDV-Stelle [Der] Vorstand gibt kurze Erklärung zur Besetzung der KDV-Stelle ab. Einige Abgeordnete äußern sich zu diesem Thema ebenfalls. Der zuständige AK soll einen Vorschlag machen, wie dieses Thema betreut werden kann. – Reisen Da Reisegenehmigungen im In- und Ausland zumeist von den Abgeordneten dem Vorstand nicht pünktlich vorliegen, wird vom Vorstand keine Unterschrift mehr im Umlaufverfahren geleistet. – Wer geht zu Gorbatschow?

5 Der 2. Perspektiven-Kongress der GRÜNEN fand vom 17. bis 19. November in Saarbrücken statt. Zur Vorbereitung sowie zum Ablauf des Kongresses vgl. die Unterlagen im AGG, B.II.1., 2347 und 4031. 6 Vgl. dazu CD: Protokoll der Fraktionsvorstandssitzung vom 24. Mai 1989, TOP 2.6. 7 Zur Gedenkstunde des Deutschen Bundestages 1989 anläßlich des »17. Juni« vgl. BT Plenarprotokoll, Bd. 149, S. 11295–11301. 8 Vgl. dazu weiter Dok. 87, TOP III. 9 Der TOP VIII »Graue Panther« wurde vertagt. – Zur Gründung der Partei »Die Grauen« vgl. Dok. 87, TOP IV.

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Vorschlag vom Fraktionsvorstand: 1 Person von der Fraktion (Helmut [Lippelt]), 1 Person vom BuVo; bereits Beschlußfassung vom BuVo: 1 Person von der Fraktion, 3 Personen vom BuVo. Es werden verschiedene Vorschläge von den Abgeordneten eingebracht: Verhältnis 2 : 2 Verhältnis 1 : 1 – BuVo unsere Empfehlung geben Nach kurzer Debatte wird über den folgenden Vorschlag abgestimmt: 1 Person von der Fraktion (Helmut [Lippelt]) und 1 Person vom BuVo sollte zu Gorbatschow gehen, da nur 1/2 Stunde zur Verfügung steht. Es müsse dann dem BuVo zu unserem Vorschlag ein kurzes Schreiben gefertigt werden, in dem wir unseren Vorschlag begründen. Für diese Vorgehensweise stimmen 13 Gegen diese Vorgehensweise stimmen 6 Enthaltungen 5 Somit wird dem BuVo dieser Vorschlag mit einem Brief unterbreitet.

II: Lfd. parl. Woche – Redner zur Regierungserklärung Natogipfel10 Es liegt bisher kein Entschließungsantrag vor, wird jedoch vom AK noch vorgelegt. Zur Redezeit (21 Minuten) liegen verschiedene Vorschläge vor: 4 Redebeiträge (7, 3, 4, 7) 2 Redebeiträge (15, 6) 2 Redebeiträge (10, 11) Die Fraktion einigt sich, nur 2 Redebeiträge zu halten. Über die beiden Vorschläge wird abgestimmt: Für einen 15minütigen und einen 6minütigen Redebeitrag stimmen 16. Für einen 10minütigen und einen 11minütigen Redebeitrag stimmen 7. Enthaltungen 2. Somit wird ein 15 und ein 6minütiger Redebeitrag gehalten. Redner: 15minütigen Redebeitrag: Es bewerben sich und Angelika Beer. Es wird wie folgt abgestimmt: Otto Schily hält 15minütigen Redebeitrag 14 Angelika Beer hält 15minütigen Redebeitrag 7 Enthaltungen 4 Für den 6minütigen Redebeitrag bewirbt sich Angelika [Beer]. Mit 23 Ja-Stimmen bei 2 Enthaltungen wird von der Fraktion beschlossen, daß Angelika [Beer] den 6minütigen Redebeitrag hält. – Nachwahl PKK-Kommission Die GRÜNEN werden beantragen, die Anzahl der Sitze der PKK von 8 auf 9 zu erweitern. Otto Schily wird als Kandidat vorgeschlagen. Der Vorstand bittet um vollzählige Erscheinung der Abgeordneten zur Wahl.11

10 Am 1. Juni 1989 gab Bundeskanzler Kohl im Bundestag eine Regierungserklärung zum NATO- Gipfel am 29./30. Mai 1989 in Brüssel ab. Zu der Erklärung sowie zu den Redebeiträgen der GRÜNEN-Abg. Schily und Beer vgl. BT Plenarprotokoll 11/146, S. 10794–10801, 10809–10811, 10816 f.

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– Entwurf eines Gesetzes Dienstleistungsabend Nach Abstimmung wird keine namentliche Abstimmung beantragt (5 Ja- gegen 15 Nein- Stimmen bei 1 Enthaltung).12 – Aktuelle Stunde Die GRÜNEN haben bereits eine aktuelle Stunde zur »Einführung eines Visumszwangs für ausländische Kinder« eingebracht. -Oberdorf stellt den Antrag, eine aktuelle Stunde zum Thema »Zunehmende Gesundheitsgefährdung durch Photosmog (OZON) und Konsequenzen für die Verkehrspolitik in der Bundesrepublik Deutschland« zu beantragen. Sie begründet ihren Antrag. Auch German Meneses begründet seine bereits beantragt aktuelle Stunde. Mehrheitlich bei einigen Enthaltungen beschließt die Fraktion, eine aktuelle Stunde mit dem Thema »Zunehmende Gesundheitsgefährdung durch Photosmog und Konsequenzen für die Verkehrspolitik in der Bundesrepublik Deutschland« zu beantragen.13 Die bereits eingereichte aktuelle Stunde zur Einführung eines Visumszwangs für ausländische Kinder wird zurückgenommen und nächste Sitzungswoche beantragt oder durch andere geeignete parlamentarische Schritte Rechnung getragen. Redner: Michael Weiss und bewerben sich für den 5minütigen Redebeitrag. Für Michael Weiss stimmen 8 Für Wilhelm Knabe stimmen 7 Enthaltungen 3 Somit hält Michael Weiss den 5 Minuten Redebeitrag. Da kein Bewerber außer Wilhelm [Knabe] sich für den 2 Minuten Redebeitrag bewirbt, einigt sich die Fraktion im Konsens, Wilhelm Knabe den 2minütigen Redebeitrag zu geben.

TOP III: Zu verabschiedende Vorlagen – Gesetzentwurf von Antje Vollmer

»Errichtung einer Stiftung ›Entschädigung für NS-Zwangsarbeit‹ « Der Gesetzentwurf wird mehrheitlich bei 1 Enthaltung verabschiedet.14 – 3 Große Anfragen von Marieluise Beck-Oberdorf Thema »Arbeitsschutz«15 1. »Mutagene, teratogene und fruchtbarkeitsmindernde Stoffe in der Arbeitswelt« 2. »Die Berufskrankheitenverordnung, Anspruch und Wirklichkeit« 3. »Das Arbeitssicherheitsgesetz« Marieluise [Beck-Oberdorf] gibt ein kurzes Statement zu den drei Anfragen ab. Da die Vorlagen jedoch erst heute verteilt wurden, schlägt sie vor, dieses Thema später

11 Der Antrag, die Parlamentarische Kontrollkommission um einen Sitz zu erweitern, wurde vom Bun- destag am 1. Juni 1989 abgelehnt. Vgl. BT Plenarprotokoll 11/146, S. 10825–10827. – Die Fraktion DIE GRÜNEN war damit weiterhin in der PKK nicht vertreten. 12 Zur Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung eines Dienst– leistungsabends beantragte die SPD-Fraktion namentliche Abstimmung. Der Gesetzentwurf wurde gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE GRÜNEN angenommen. Vgl. BT Plenarprotokoll 11/147, S. 10947–10957, 10964 f. 13 Zu der Aktuellen Stunde am 1. Juni 1989 vgl. BT Plenarprotokoll 11/146, S. 10839–10853. 14 Zum Gesetzentwurf vom 6. Juni 1989 zur Errichtung einer Stiftung »Entschädigung für NS-Zwangs- arbeit« vgl. BT Drs. 11/4704. 15 Zu den drei Großen Anfragen vom 28. Juni 1989 vgl. BT Drs. 11/4894, 11/4895, 11/4896.

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nochmal ausführlich zu diskutieren. Zur Vorbereitung dieser 3 Anfragen: Änderungen können bis nächste Sitzungswoche eingebracht werden. Falls keine weitere Klärung notwendig, automatische Weiterleitung.

IV: Schwerpunktthema PARLAKOM Gast: Prof. Dr. Barbara Mettler-Meibom; Fach: Politikwissenschaften; Universität Essen Folgende Vorlagen liegen der Fraktion vor: a. zur Diskussion: – Thesenpapier Roland Appel »Datenschutzpolitik und Technikeinsatz aus GRÜNER Sicht«16 – Thesenpapier Bärbel Rust »Thesen zur Debatte über Informationstechnologie«17 – Thesenpapier Barbara Böttger 18 »Thesen zum Schwerpunktthema der Fraktionssitzung zu den I + K Techniken« – Thesenpapier Uwe Günther »PARLAKOM und Abgeordnetengesetz«19 b. zur Kenntnis: – Ulrich Briefs: »Vortrag zu PARLAKOM» in Englisch20 – Betriebsrat: Info Nr. 4 »Stand der PC-Einführung«21 c. zur Beschlußdebatte: 22 – Beschlußvorlage vom 30. 05. 1989 von Bärbel Rust (s. Anlage 1) 23 – Beschlußvorlage vom 30. 05. 1989 von PC-Kommission Zur Debatte: Die Thesenpapiere werden von den Verfassern vorgestellt. Prof. Dr. Barbara Mettler- Meibom hält als Einleitung zur Diskussion einen Redebeitrag. Es folgen weitere Redebeiträge. Nach Abschluß der Debatte zu den Thesenpapieren stellen die Verfasser ihre Vorlagen zur Beschlußfassung vor. Zur Abstimmungsvorgehensweise einigt sich die Fraktion, die Beschlußvorlage von Bärbel [Rust] in der Weise abzustimmen, als daß die drei Punkte einzelnen abgestimmt werden. Dann folgt die Abstimmung über die Beschlußvorlage von der PC-Kommis- sion. 1. Abstimmung 1. Punkt der Beschlußvorlage von Bärbel [Rust] (s. Anlage 1) Ja-Stimmen 18 Gegenstimme –

16 Das Thesenpapier ist dem Protokoll beigefügt. Vgl. AGG, B.II.1, 2147. 17 Vgl. hier Anlage A. 18 Zu dem 18-seitigen Thesenpapier vgl. AGG, B.II.1, 6008. 19 Das Thesenpapier ist dem Protokoll beigefügt. Vgl. AGG, B.II.1, 2147. 20 Dem Protokoll beigefügt. Vgl. AGG, B.II.1, 2147. 21 Dem Protokoll beigefügt. Vgl. AGG, B.II.1, 2147. 22 Vgl. hier Anlage B. 23 Vgl. hier Anlage C.

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Enthaltungen – Somit ist Punkt 1., wie in Anlage ersichtlich, so angenommen. 2. Abstimmung 2. Punkt der Beschlußvorlage von Bärbel [Rust] (s. Anlage 1) Ja-Stimmen 18 Gegenstimmen 2 Enthaltung – Somit ist Punkt 2., wie in der Anlage ersichtlich, so angenommen. 3. Abstimmung 3. Punkt der Beschlußvorlage von Bärbel [Rust] (s. Anlage 1) Ja-Stimmen 12 Gegenstimmen 2 Enthaltungen 3 Somit ist Punkt 3., wie in der Anlage ersichtlich, so angenommen. Gesamtergebnis:

Beschlußvorlage für die Fraktionssitzung am 30. 5. 1989 von Bärbel Rust ist vollständig von der Fraktion verabschiedet worden. Persönliche Erklärung von Antje Vollmer: »Ich habe gegen Punkt 3 gestimmt, weil ich ihn für illusionär halte und gegen den Punkt 2 aus grundsätzlichen Erwägungen gegen PCs.« 4. Abstimmung Beschlußvorlage der PC-Kommission – Ausstattungsvariante B Für diese Beschlußvorlage stimmen 12 Gegen diese Beschlußvorlage stimmen – Enthaltungen 8 Somit ist die Beschlußvorlage der PC-Kommission so verabschiedet, jedoch nach vorheriger Diskussion über die Verteilung mit der Maßgabe, daß 2 zusätzliche PC- Vollausstattungen den Mitgliedern des Haushaltsausschusses im AK I aus Mitteln des alten bzw. 1. Parlakom-Etats zugesprochen werden; sollte dies nicht eintreten, erhält AK I eine PC-Vollausstattung mehr zu Lasten des AK II.

TOP V: Wahl der/s Pressesprechers/in Dieser TOP ist nicht öffentlich. Aus diesem Grunde wird die Vorgehensweise und das Abstimmungsergebnis protokollarisch aufgezeigt. Einzige Bewerberin: Sibylle Kögel Vorgehensweise: – Wahlvorschlag des Fraktionsvorstands in Anwesenheit von Bewerberin und Pressesprecher24 – Bericht der Bewerberin über ihren bisherigen beruflichen Werdegang – Abgeordnete stellen detaillierte Fragen an die Bewerberin – Diskussion – Nichtanwesenheit der Bewerberin und Pressesprecher – Abstimmung, ob externe Ausschreibung oder nicht

24 Franz Stänner.

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Ergebnis: 10 Abgeordnete stimmen für eine externe Ausschreibung 12 Abgeordnete stimmen gegen eine externe Ausschreibung keine Enthaltung Somit wird keine externe Stellenausschreibung gemacht. – Wahl der Pressesprecherin Es wird geheim mit Stimmzettel gewählt. Auf Sibylle [Kögel] entfallen 12 Stimmen Gegenstimmen 7 Enthaltungen 3 ungültig – Somit ist Sibylle Kögel als Pressesprecherin gewählt. Auf die Frage, ob sie die Wahl annimmt, antwortet sie, sie wolle dies nochmals wegen des Wahlergebnisses überlegen.25

TOP VII: [Mitgliedschaft im Ausschuß für Forschung und Technologie] Vorlagen zur Debatte: 26 – Schreiben an Fraktionsvorstand vom 30. 05. von Eckhard Stratmann und AK I – Schreiben von Ulrich Briefs an die Fraktion27 Dietrich Wetzel und Imma [Hillerich] halten die Beschlußlage aufrecht.28 Es folgen weitere Stellungnahmen einzelner MdBs.

1. Abstimmung – Aufhebung der Beschlußfassung, d. h. Uli [Briefs] verliert zugunsten von Wolfgang [Daniels] den Sitz im F + T Ausschuß. 8 Ja-Stimmen 4 Nein-Stimmen 3 Enthaltungen Ergebnis: Beschlußfassung wird aufgehoben. 2. Abstimmung – Uli Briefs bleibt im Ausschuß, jedoch keine Mitarbeit im Arbeitskreis. Er bleibt für den Post-Bereich zuständig. 7 Ja-Stimmen 4 Nein-Stimmen 4 Enthaltungen

Ergebnis: Uli Briefs bleibt im F + T Ausschuß, keine Mitarbeit im Arbeitskreis. Folgende Tagesordnungspunkte sind vertagt: TOP VI: Neubesetzung von Fraktionsstellen 29 TOP VIII: Graue Panther – Wichtiger TOP für Fraktionssitzung am 20. 06. 1989

25 Zur Einführung der neuen Pressesprecherin Kögel vgl. Dok. 87, S. 719. 26 Der AK I lehnte eine Mitarbeit des Abg. Briefs im Arbeitskreis ab und sprach sich auch gegen eine Nominierung von Briefs für einen Sitz im Wirtschaftsausschuss aus. Zu dem Schreiben vom 30. Mai 1989 vgl. AGG, B.II.1, 2147. 27 Vgl. hier Anlage D. 28 Die Fraktion entschied am 7. März 1989, den Abg. Briefs aus dem Ausschuss für Forschung und Technologie zurückzuziehen und ihn durch den Abg. Daniels zu ersetzen. Vgl. dazu Dok. 78, TOP VI.2 und Anlage E. – Zur Auseinandersetzung hinsichtlich der Ausschusszuweisung für den Abg. Briefs vgl. weiterhin Dok. 80, bes. Anlage D.

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TOP X: 20-Stunden Freistellung Betriebsrat der RegionalbüromitarbeiterInnen TOP XI: Wahl von RechnungsprüferInnen Bonn, den 01. Juni 1989 Protokollführung: Barbara Simon f. d. R. Uwe Hüser30 Parlamentarischer Geschäftsführer

Anlage A

29. Mai 1989: Thesenpapier der Abgeordneten Bärbel Rust zur Fraktionssitzung am 30. Mai 1989. AGG, B.II.1, 2147.

Thesen zur Debatte über Informationstechnologie Vorbemerkung: Atomtechnologie – Gentechnologie sind Grenzüberschreitungen, die das Leben und die Lebensgrundlagen aller Menschen irreversibel verändern und zerstören können. Infor- mationstechnologien (IT) überschreiten diese Grenze nicht. Sie sind nicht existentiell bedrohlich, sondern verändern die kulturellen Gewohnheiten der Menschen. Informationstechnologien setzen sich auf leisen Sohlen, oft unbemerkt, im Alltag durch und verbergen ihren Charakter, der unser Leben verändert. Sie erleichtern das Leben auf eine Weise, die einen hohen Preis fordert, wenn wir uns gedankenlos der Bequemlichkeit ergeben. I. These: Informationstechnologien fördern die Flucht aus der direkten Kommunikation zwischen den Menschen Kommunikation zwischen Menschen ist anstrengend. Das ehrliche Gespräch – selbst mit dem Geliebten – birgt Verletzungsgefahren. Kommunikationsverlust hat also durch- aus Verlockungen zu bieten. Erzwungene Kommunikation mit berufsmäßig bedrückten Bankangestellten bei wiederholter Überziehung des Girokontos kann vermieden wer- den, erfolglose Züge durch die spießigen Klamottenläden der Bonner Innenstadt erübri- gen sich durch Sichtung avantgardistischer Versandangebote nachts um zwölf vor der Glotze. Harmlose Beispiele? Eher nein, wenn sie Schritte sind auf dem Weg der Vermeidung menschlicher Kontakte. II. These: Technik turnt an Erotische Ausstrahlung von Technik zu leugnen, ist sinnlos. Spannend ist die Frage der Grenze, also das Verhältnis zwischen Bauch und Kopf. Begeisterung für die Nutzung regenerativer Energiequellen ist legitim, gedankenlose Hingabe an Atomtechnik lebensgefährlich. Bedenklich: Technik als »Ersatzerotik«, »Ersatzliebe«. (Beispiele – schnell zusammengesammelt: der hobbymäßige PC-User, der länger und liebevoller mit seinem

29 Die Frage der Gründung der Partei »Die Grauen« wurde bereits in der Fraktionssitzung am 13. Juni 1989 behandelt. Vgl. Dok. 87, TOP IV. 30 Handschriftliche Unterschrift.

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Terminal plaudert als mit seiner Familie, oder aber der professionelle Software- Entwickler, der als zärtlichen Schlüssel zu seinen Dateien (password) vorzugsweise die Vornamen seiner Frau oder seiner Kinder benutzt.) Also auch: Liebensbeziehung zu toter Technik als Ausdruck einer Sehnsucht nach Zärtlichkeit, die im wirklichen Leben nur durch das Einlassen auf anstrengende Gespräche zu realisieren wäre. III. These: Der Alltag entsinnlicht sich Kreditkarten sind praktisch, aber das Geld knistert nicht mehr in der Hand. Stadtkinder klettern nicht mehr auf Bäume, sondern lernen im Fernsehen, daß man dabei auch herunterfallen kann. Sonntagnachmittag träumt die Familie im Kino mit Pippi Lang- strumpf von Freiheit und Abenteuer. Leben und lernen nur noch aus zweiter Hand? IV. These: IT standardisiert Schreiben, Sprechen (und Fühlen?) Das Sprechen und das Schreiben ist genauso unverzichtbar wie das Anfassen und das Fühlen können. Das Sprechen, das Schreiben und das Fühlen zu lernen, ist mühsam. Das Angebot der Informationstechnologien suggeriert Bequemlichkeit – aber dieses ge- dankenlose sich Hingeben in der Umarmung mit der Technik hat Folgen: DAS MENSCHWERDEN LERNT SICH NUR IN DER REIBUNG AN ANDEREN MENSCHEN! V. These: Demokratie ohne Gespräch? Informationstechnologien stellen die Gestalt von Leben und Demokratie zur Disposition, weil sie den Menschen erleichtern, den Kontakt zu anderen Menschen zu vermeiden; damit erodiert eine essentielle Voraussetzung der Demokratie, die Fähigkeit, den politischen Streit mit den anderen Meinungen der Mitmenschen zu suchen und auszuhalten. VI. These: Aus diesen Gründen müssen für die Einführung der Informationstechnologien, wie für alle anderen Technologien mit unklaren Langzeitwirkungen und Folgen, besondere, neue und noch nicht geklärte, demokratische Entscheidungsprozesse entworfen und in die Verfassung verbindlich eingeführt werden.

Anlage B

30. Mai 1989: Beschlussvorlage der Abgeordneten Bärbel Rust, Otto Schily, Uwe Hüser, Dietrich Wetzel und des Fraktionsmitarbeiters Roland Appel zur Fraktionssitzung am 30. Mai 1989. AGG, B.II.1, 2147.

1. Die Grünen lehnen den Anschluß an die HICOM-Anlage des Deutschen Bundestages als einen Schritt auf dem Wege der Akzeptanz von ISDN als Konzept der bundesweiten Einführung integrierter, digitalisierter Übertragungstechnik ab. Die mit der Speicherung von Sende- und Empfängerdaten verbundenen Datenschutz- risiken, die mangelnde technische Überprüfbarkeit des Datenschutzes und der Daten- sicherung sowie die nicht geklärten langfristigen sozialen und politischen Folgen der ISDN-Technik gefährden die Persönlichkeitsrechte der BürgerInnen und sind darüberhinaus ökonomisch inakzeptabel.

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2. Die Bundestagsfraktion der Grünen spricht sich für einen selbstbestimmten, den Be- dürfnissen und Arbeitsstrukturen der MitarbeiterInnen und Abgeordneten gemäßen Versuch der Einführung von Geräten der neuen Techniken (Personal Computer) aus. MitarbeiterInnen und Abgeordnete haben dabei selbst die Bedingungen entwickelt, nach entsprechenden Strukturdiskussionen Computer dort einzusetzen, wo sie geeignet erscheinen, Arbeitsabläufe zu erleichtern und Arbeitszeit zu verkürzen. 3. Ausstattungen aus dem PARLACOM-Etat des Deutschen Bundestages für Abgeord- netenbüros werden im Grünen Konzept integriert, soweit dies aufgrund der internen Strukturentscheidungen anhand des von der PC-Kommission vorgelegten Planes mög- lich ist. Auflagen wie etwa ein Vernetzungszwang werden von den teilnehmenden Ab- geordneten nicht akzeptiert.

Anlage C

30. Mai 1989: Beschlussvorlage der PC-Kommission der Fraktion DIE GRÜNEN zur Fraktionssitzung am 30. Mai 1989. AGG, B.II.1, 2147.

Beschlußempfehlungen der PC-Kommission zur Ausstattung der Fraktion mit PCs Angesichts der für das Haushaltsjahr 1989 der Fraktion zur Verfügung stehenden Mittel von DM 200 000 stellt die PC-Kommission fest, daß unter Einbeziehung der Kosten für Ergonomie, für Schulungen und begleitende Betreuung, für fortlaufende

Datensicherung und Wartung DM 20 000 pro PC-Ausstattungseinheit zu veranschlagen sind und damit maximal zehn PC-Komplettausstattungen finanzierbar sind. Die Ausstattung an Hard- und Software hat nach den Beurteilungskriterien der in der PC-Kommission zu entwickelnden Anforderungen zu erfolgen. Die Anschaffung möglichst kostengünstiger Konfigurationen wird dabei angestrebt. Die PC-Kommission hat alle schriftlich eingegangenen Anträge geprüft [und] in nach- stehender Synopse aufgelistet. […]

Anlage D

3. Mai 1989: Schreiben des Abgeordneten Ulrich Briefs an die Mitglieder der Fraktion DIE GRÜNEN. AGG, B.II.1, 2147.

Liebe KollegInnen, bevor Ihr über den Antrag, mich aus dem Ausschuß für F + T zu entfernen, entscheidet, möchte ich Euch folgende Argumente zu bedenken geben: 1. Es ist nicht zutreffend und unredlich, wenn die Absicht, mir den Ausschußsitz zu nehmen, mit dem Verweis auf den Konflikt zwischen Imma Hillerich und mir begründet wird. Ich habe mich bei Imma [Hillerich] auf einer Fraktionssitzung für den beleidigenden Gehalt meiner Äußerung entschuldigt, sie hat die Entschuldigung angenommen. Ihr könnt nun nicht im nachhinein Sanktionen quasi draufsatteln – zumal dies in anderen Fällen von beleidigenden Äußerungen nie geschehen ist. Nachdem die Fraktion festgestellt hat, daß eine Zusammenarbeit zwischen Imma [Hillerich] und mir nicht mehr möglich ist, habe ich die Bereitschaft gezeigt, über Lösungen nachzudenken, wie dies im Alltag organisatorisch zu gewährleisten ist: Eine Möglichkeit wäre z. B., daß mein Mitarbeiter Michael Barg an meiner Stelle an den Arbeitskreissitzungen teilnimmt.

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Da Imma [Hillerich] kein Mitglied des Ausschusses F + T ist, gibt es jedoch keinen be- gründbaren Zusammenhang zwischen unserem Konflikt und meiner Arbeit im Ausschuß. 2. Der Absicht, mir den Ausschußsitz zu entziehen, liegen vielmehr politische Motive zugrunde. Es gibt Differenzen zwischen mir und den realpolitisch orientierten TechnologiepolitikerInnen in der Fraktion hinsichtlich des strategischen Umgangs mit neuen Technologien. Während insbesondere Bärbel Rust und Jo Müller Technikfolgenabschätzung zum Hauptschwerpunkt ihres politischen Ansatzes gemacht haben, vertrete ich die Auffassung, daß zunächst vor allem effektiver Widerstand gegen die Einführung [von] neuen Technologien geleistet werden muß, damit Technikfolgenabschätzung mit sinnvollen Kriterien mittelfristig überhaupt politisch durchsetzbar wird. In diesem Zusammenhang verweise ich auf den Konflikt vor zwei Jahren über den Stellenwert der Enquetekommission TFA, von der ich damals die Ansicht vertreten habe, daß sie nichts anderes als ein erstklassiges Begräbnis des TFA- Ansatzes ist. Meine Einschätzung, daß es in Wirklichkeit darum geht, eine neue politische Linie in der grünen Technologiepolitik durchzusetzen, wird im übrigen auch dadurch bestätigt, daß nun ganz plötzlich nicht mehr Wolfgang Daniels, sondern Bärbel Rust an meine Stelle treten soll. Die politische Bedeutungslosigkeit der TFA-Enquetekommission hat sich nämlich mittlerweile erwiesen. 3. Der hier skizzierte politische Konflikt soll nun unter dem Vorwand des Konfliktes zwischen Imma [Hillerich] und mir administrativ und ohne politische Debatte zugunsten der Realo-Linie entschieden werden. Selbst wenn ein solches skandalöses Vorgehen in der Fraktion eine Mehrheit finden sollte, müßt Ihr Euch darüber im klaren sein, daß die Differenzen in der grünen Technologiepolitik sich so einfach nicht aus dem Wege räumen lassen.

4. Mir geht es bei meiner Arbeit im F + T-Ausschuß vor allem darum, dem Bereich »Computer und Arbeit« einen angemessenen Platz zu sichern. In wenigen Jahren wird fast jeder Arbeitsplatz computerisiert sein. Es fallen nicht nur Arbeitsplätze weg, sondern es ergeben sich auch vielfältige neue Belastungen, Qualifikationen werden entwertet, Kontrolle und Überwachung nehmen zu. Die Betriebe wollen mit dem

Einsatz der I u K-Techniken zugleich neue Wachstumsschübe erreichen. Besonders betroffen – ganz überwiegend negativ – sind Frauen an ihren Arbeitsplätzen! Dieses Feld ist voller grüner Fragestellungen (was ist sinnvolle Arbeit?, was bedeutet Mitbestimmung am Arbeitsplatz bzw. selbstbestimmtes Arbeiten?, wie organisieren sich Menschen politisch, die im Betrieb immer stärker kontrolliert und überwacht werden? usw. usf.). Wir dürfen diese Fragen nicht der Sozialdemokratie überlassen! Wir müssen uns unbedingt diesen Fragestellungen zuwenden! Ulrich Briefs

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