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Selbst und bewusst sein

ie Chance, dass einem so ein Model beim Spaziergang durchs Herbstlaub begegnet, ist wohl eher gering. Der D Fotograf Richard Avedon hat die Szene für den Pirelli-Kalender 1995 inszeniert. Das Bild stammt aus dem Best-of-Band „50 Jahre und mehr“, den Taschen kürzlich verlegt hat. Wir haben es aus- gewählt, klar, wegen der Laub-Assoziation, aber vor allem, weil Christy Turlington ein Typ ist. Denn das ist doch eine der großen Herausforderungen heute. Eine (elegante) Marke zu sein, eine Identität zu ha- ben, eine Basis, auf der alles andere wächst. Das gilt für Labels wie für Leute. Oder um es mit Tomas Maier von Bottega Veneta zu sagen: „Es geht um mehr als das übliche Branding. Es geht eher um Sensibilität und Empfinden, eine Würdigung von Individualismus.“ Und so finden Sie in dieser Aus- gabe auch eine Geschichte über die Anfänge von Jil Sander, die wie keine das deutsche Stil-Empfinden geprägt hat, oder auch eine Modestrecke mit den so berühmten wie zugleich bodenständigen Schau- spielern Alexandra Maria Lara und Sam Riley. Mo- disch haben wir Kurs auf die Cruise-Kollektionen genommen, einst als Reisekleidung für die „Happy Few“ erfunden, inzwischen die umsatzstärksten Teile der großen Häuser. Schon weil uns die Ur- Idee daran so gut gefällt. Weniger vielleicht den „Few“-Aspekt, aber die Unbeschwertheit, das Träumen, brauchen wir unbedingt. Also, gehen Sie nicht durchs Laub. Springen Sie doch

DAL CALENDARIO PIRELLI, 2005 DI RICHARD AVEDON 11 PIRELLI, 2005 DI RICHARD AVEDON CALENDARIO DAL einfach hinein.

JIL SANDER & PETER LINDBERGH „Strand geht immer“. So ein typischer Satz von Peter Lindbergh. Er bezog das auf die Kulisse für Fotoaufnahmen. Auch für Jil Sander, die Norddeutsche, geht Strand immer, vor allem als Ort der Erholung, der Besinnung, der reinen Freude. Beide verbindet seit Jahrzehnten eine enge Freundschaft. Unabhängig davon, dass sie sich nur noch selten begegnen. „Wir knüpfen immer da an, wo wir aufgehört haben“, sagte Peter Lindbergh nur, und lachte sein warmes Lachen, als die De- signerin ihn kürzlich anrief. Schon früh haben sie auch zusammen gearbeitet, und als die Kampagne mit Linda Evangelista für die Herbst-Winter Kollektion 1993 am Strand von Arles in der Camargue entstand, bat Lindbergh auch Freundin Jil vor die Kamera. Ein rarer Moment. Wir danken sehr, dass wir die Bilder abdrucken dürfen. Ab Seite 76

INGEBORG HARMS Wie nähert man sich Jil Sander? Am besten über Arbeit und Ethos. In ihnen spiegelt sich die Seele der Designerin. So gesehen hat Ingeborg Harms einen ungewöhnlich direkten Zugang zu einer sonst eher als verschlossen geltenden Frau. Seit 2009, als Frau Sander ihre Kooperation mit dem japanischen Modekonzern Uniqlo verwirklichte, stand Ingeborg Harms ihr immer wieder beratend zur Seite. Die Autorin und Professorin für Designtheorie an der UdK Berlin attestiert ihr absolute Integrität und eine charmante Kompro- misslosigkeit bei ihrer Arbeit: „Sie würde nie mit dem Fuß auftreten, um ihre Linie zu bestimmen. Sie bleibt immer freundlich und leise, aber sie weiß genau, was sie will, und setzt es auch durch.“ Mit dieser Strategie ist Jil Sander weit gekommen. Die Autorin erzählt in dieser Ausgabe vom Aufstieg der Designerin aus Hamburg, die sie bis heute als „durch und durch Avantgarde“ beschreibt. Ab Seite 76

CHRISTIAN ANWANDER Die Berge von Österreich bieten schon viel. Die Wolkenkratzer von New York aber noch viel mehr, fand auch unser Fotograf Christian Anwander. Seit rund zehn Jahren lebt und arbeitet der gebürtige Bregenzer nun in Brooklyn im Stadtteil Williamsburg. Dort schätze er besonders das internationale Klima und die Weltoffenheit, mit der Neuankömmlinge empfangen würden. Beruflich musste er sich am Anfang dennoch durchboxen. Es hat sich gelohnt. Heute hat sich der 31-Jährige einen Namen als Modefotograf gemacht, dazu inszeniert er Stars wie die Rennfahrer Lewis Hamilton und Jenson Button. Die Heimat hat Anwander aber nie ganz aus den Augen verloren. Er bringt sie sich bei seinen regelmäßigen Besuchen mit, in kleinen Brocken in Form von Käse. Für unser Shooting ist er gen Westen gereist, ins kalifornische Palm Springs, um dort die Cruise Collection von Louis Vuitton ins rechte Wüstenlicht zu setzen. Mehr ab Seite 54 Auf dem Cover: Model Egle trägt ein Kleid von Louis Vuitton

IMPRESSUM ICON Chefredakteurin: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Heike Blümner, Jennifer Hinz, Silvia Ihring, Mira Wiesinger; Nicola Erdmann, Julia Hackober (Icon.de) Korrespondentin in New York: Huberta von Voss. Fashion Editor in New York: Nadia Rath. Korrespondentin in Paris: Silke Bender. Autoren: Susanne Opalka, Esther Sterath, Andreas Tölke Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver, Rebecca Bülow Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Katja Schroedter Fotoredaktion: Julia Sörgel; Elias Gröb Bildbearbeitung:Thomas Gröschke, Tom Uecker, Kerstin Schmidt Verlagsgeschäftsführung: Dr. Stephanie Caspar, Dr. Torsten Rossmann General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stefan Mölling; Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([email protected]) 15 Objektleitung: Carola Curio ([email protected]) Verlag: WeltN24 GmbH Druck: Prinovis Ltd. & Co KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 15. November 2015. Sie erreichen uns unter [email protected] COVER: CHRISTIAN ANWANDER; DIESE SEITE: MARIO TESTINO; PETER LINDBERGH, OLIVER MARK DIESE SEITE: CHRISTIAN ANWANDER; COVER: Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. O O O O ICON OKTOBER 2015

AUSGEWÄHLT Rundum schön: Der Ring „Today 22 NEUE JAHRESZEIT, & Tomorrow“ ist von Vahina Tahi NEUES GLÜCK Unsere Stil-Experten freuen sich auf neue Kollektionen, Kunst und Kulinarik

32 FALLING FOR FALL Icona und Iken lieben den Herbst – und sich natürlich auch

Augen auf: Die aparten Ohrstecker sind SCHMUCK von Ileana Makri über stylebop.com 34 CONFIDENTIAL Die Attribute „privat“ und „ausgestellt“ scheinen sich zu widersprechen. Nicht jedoch in der Ausstellung „Mademoiselle Privé“ – Inga Griese hat geluschert

38 GLÄNZENDE REISEBEGLEITER Dieser Schmuck braucht Licht, Luft und Leidenschaft – Juwelen für die Kreuzfahrt Vor 83 Jahren konzipierte eine Ausstellung für ihre erste und einzige MODE High-Jewellery-Kollektion in London. Nun findet sie statt. 40 BILDERBUCH Mehr zu „Mademoiselle Privé“ Bilder sagen (und verkaufen) mehr als auf Seite 34 Worte. Ein Fotobuch zeigt nun die impo- Doppelspitze! Den Ring von Nikos Koulis gibt es über matchesfashion.com santesten Kampagnen von Bottega Veneta Fares Beflügelnd:finden Sie beiDie net-a-porter.com Ohrringe von Noor 44 WIR SIND DANN MAL WEG Damit die Gesichter nicht so lang werden wie der Winter in Mitteleuropa, gibt es Cruise-Kollektionen. Wir haben schönste Looks für Sie rausgesucht. Gute Reise!

48 EIN HERBST WIRD KOMMEN Und hoffentlich auch ein Schiff. Für alle Fälle sollten Sie sich die Cruise Collections von Gucci, Chanel und Dior ansehen

54 KING VUITTON Coole Kleider, dachten wir uns – und widmen der Cruise-Kollektion von Louis Vuitton eine Fotostrecke in Palm Springs

66 ENTROPIE? UND WIE! Rodolfo Paglialunga über die Übernahme von Jil Sanders Posten, die Verjüngung eines Erwachsenenlabels und Chaos

72 STOFF GEBEN! Viel Stoff gegeben haben das Haus Zegna für ein Sondermodell von Maserati und auch Philip Cassier bei einer Testfahrt durchs Piemont

76 DUFTE KARRIERE Kosmetik bildete das solide Fundament der Marke Jil Sander. Und auch ihre Mode war niemals abgehoben. Ingeborg Harms er-

ILLUSTRATION: MARIA AGERKOP; FOTOS:CHANEL; MONTAGE: ICON MONTAGE: FOTOS:CHANEL; MARIA AGERKOP; ILLUSTRATION: zählt von den Anfängen einer mutigen Frau EDITH HELD Traumpaar: Schauspielerin Alexandra Maria Lara und ihr Angetrauter Sam Riley sind für unser 19 Shooting durch Moorlake in Berlin flaniert. Diese und alle anderen Outfits gibt es ab Seite 90 O O ICON OKTOBER 2015

DESIGN 86 LEBEN MIT LIAIGRE Der Möbeldesigner Christian Liaigre ist für raffiniertes Interieur bekannt. Und für seine berühmte Kundschaft. Über die er auch gern mal lästert

88 LÜCKENFÜLLER Diese Möbel lassen sich gern in die Ecke stellen. Und sehen dabei auch noch gut aus

GESCHICHTEN 68 I’M A WANDERER Allein, um dort zu flanieren, reiste Autor Wolfgang Büscher nach Biarritz. Plus: Schönste Begleiter für den Weg ohne Ziel 90 FOTO LOVE STORY Ein Ausflug mit Alexandra Maria Lara, ihrem Mann Sam Riley und herrlicher Herbstmode. Außerdem: ein Happy End!

110 GROSSSTADTCOWBOYS Vergessen Sie die Hamptons! Silke Bender war in Millbrook, wo nicht nur Manhattan ganz locker zu sich selbst kommt

113 GLOBAL DIARY Diesmal geht es nach Toronto und Sansibar

114 DER BAUPLAN Insiderwissen: Wir durften zusehen, wie die „Inside Bag“ von Prada gefertigt wird

KOSMETIK 100 SCHÖN DURCH DEN HERBST Mit diesen Produkten leuchten Sie mit der goldenen Jahreszeit um die Wette Exquisite Mode verlangt 101 FLÜSSIGE PROVOKATION nach extravaganten Orten. Für Frédéric Malles neuer Duft „Cologne die Präsentation ihrer Cruise- Indélébile“ orientiert sich an seinen Vor- Kollektion wählte (von oben) gängern: Er fordert heraus. Wir stachelten Chanel das Dongdaemun Design den Parfümeur zu einem Gespräch an Plaza von Zaha Hadid in Seoul und Dior das Privathaus 102 ALLE NASE LANG ... „Palais Bulles“ von Pierre Cardin ... bringt die Industrie neue Düfte auf den an der Côte d’Azur, Louis Vuitton Markt. Und es gibt Nasen wie Alberto mietete hingegen das Haus von Morillas. Wir haben ihn in Genf besucht Bob Hope in Palm Springs und bei Gucci wurde in einer alten Garage 104 NEW DOCS ON THE BLOCK im New Yorker Stadtteil West „Dr. Brands“ erfreuen sich schon seit einigen Chelsea defiliert Jahren an Beliebtheit. Zu Recht, finden wir: Die besten Produkte – ohne Rezept

105 GRUSS VON DER KÜSTE Warum ein schwedisches Ehepaar sich voll und ganz auf Naturkosmetik stürzte und Erfolg damit hat, weiß Caroline Börger

108 TANZ DER MOLEKÜLE

AGENCE / BESTIMAGE USA; DIOR GETTY IMAGES(2); / BESTIMAGE AGENCE Die Poesie des Francis Kurkdjian

Hätte auch den Schauen gut gestanden: Sessel „Tokyo Pop“ von 21 Tokujin Yoshioka. Über unseren Wohnblog iconist.de. Übrigens: The Iconist wurde für den LEAD Designaward 2015 in der Kategorie „Webmagazin des Jahres“ nominiert O

STILISTEN ES IST HERBST – UND UNSERE STILWEISEN FEIERN DIE BUNTE JAHRESZEIT

Guck mal, wie BRIGITTE LACOMBE gemütlich hier! Nachts sind alle Katzen grau. Aber tagsüber ist die eine schicker, dachte sich Fotografin Brigitte Lacombe. Für den guten Zweck lud Moncler-Chef Remo Ruffini sie und einige ihrer Kollegen wie Annie Leibovitz und Bruce Weber ein, die Maya-Daunenjacke in Szene zu setzen. Die „Art for Love“-Ergebnisse wurden versteigert und die Einnahmen „Amfar“ einer Stiftung zur Aids-Forschung, gespendet. BLAUE WINTERZEIT Immer schwanken wir zwischen den Reizen, uns der kurzlebigen Faszination des Augenblicks hinzugeben oder lieber auf die Sicherheit von Produkten mit ästhetischen Werten zu vertrauen, die Trend und Saison überleben und für im- mer Teil unserer modischen Identität sein werden. Die Fähigkeit zur Orientierung wird von multimedialen Botschaften Halloween im immer mehr geschult – oder schleichend zerstört –, doch der Stil, den wir aus unserer Kultur schöpfen, und den wir im Laufe der Zeit weiter ausgeprägt haben, verleitet uns zu einer „persönlichen“ Auswahl. Ganz oben auf meiner Anmarsch: Wunschliste dieser Wintersaison, die Tradition und Innovation einzigartig verbindet, steht der Füllfeder- Schöner gruseln halter Montblanc „M“ nach einem Entwurf von Marc Newson. Blau und Schwarz durchziehen die Must- haves der Saison: von der Bottega Veneta Tasche in Blau, über die Herrenjacke für den Abend mit geo- mit Glow-in-the metrischen Motiven von Tom Ford und die maßgeschneiderte Bluejeans von Valentino bis zum, klar, blauen Filzmantel in Übergröße von Balenciaga. Und gern natürlich der Blazer aus blauem Rossleder von Dark-Spinnennetz Pal Zileri, kombiniert mit einem Rollkragenpullover aus blauem Kaschmir und Hosen aus Schurwolle von VON CHARLOTTE OLYMPIA Neil Barret. Bei den Schuhen fällt der Blick auf die unvergänglichen Church’s oder die neuen Chelsea Boots von Lanvin. Nun kann der Winter kommen. 22 Mauro Krieger Kreativdirektor von Pal Zileri in Mailand O

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HOW TO ART – TEIL V: Kitsch me if you can Man kommt nicht daran vorbei, spätestens wenn man Kinder in einem bestimmten „Oh wie süß“-Alter hat, dann scheint der Kitsch einen förmlich zu umzingeln. Meine Tochter und mein Sohn leben in einer rosa, pinken, türkisen Glitzerchen- und Stern- chen-Welt, die sich aus glupschäugigen Stofftieren und geflügelten Plastikpüppchen zusammensetzt. Mein Versuch, dieser Welt ab und an eine „gute“ Käthe-Kruse-Pup- pe beizusteuern, scheiterte kläglich (von dem peinlichen Streit mit der Verkäuferin darüber, dass diese Puppen erst seit Kurzem aus Plastik sein können, schließlich habe ich doch noch die mit den zerbrechlichen Köpfchen gehabt, und die mir dann etwas sarkastisch sagte, dass seit Kurzem in meinem Fall eben schon 35 Jahre sein dürften, möchte ich hier nicht berichten). Der Begriff „Kitsch“ muss neu definiert werden. Auch in der Kunst hat er ja längst eine Reformation erhalten, denn nicht wenige meiner ehemaligen Studienkollegen verdienen sich, nun als gestandene Maler von Füchsen und Häschen im Zwielicht, goldene Näschen. Sei es die Kuckucksuhr (Danke, Herr Strumbel) oder das Porzellanfigürchen mit Goldlasur (Herr Koons lässt im Erzgebirge seine pornografischen Figuren drechseln). In Florentine Zeiten von Manga-Graphics und Disney-3-D-Animationsfilmen (Elsa sei Joop Dank, trägt meine Tochter immerhin Mütze, Ohrschützer und gekämmtes llustratorin Haar), können wir uns nicht mehr einfach so verschließen und uns schau- und Autorin dernd abwenden, wenn im Vorgarten ein Plastikzwerg rumsteht. Kitsch ist in Berlin einer der am schwierigsten zu definierenden Begriffe. Niemand weiß ge- nau, woher er stammt, ob aus dem Jiddischen „verkitschen“, jemandem etwas andre- hen, was er nicht braucht, oder aber von „kitschen“, was „Schmutz zusammenkehren“ bedeutet. Kunst und Kitsch kamen sich immer wieder sehr nah, manchmal berühren sie sich auch, neuerdings tauschen sie auch mal die Plätze. Da wird sich der Eindeu- tigkeit beziehungsweise der Unzweideutigkeit des Kitsches bedient und mit dieser Erwartung lässig gespielt. Unzweifelhaft ist, dass sich der Begriff „Kitsch“ früher leichter eingrenzen ließ, denn man wusste, wo er einem begegnet. Meist in sogenannten Souvenirläden, wer schon mal nach Lourdes gepilgert ist, weiß, wovon ich rede. Heute ist man nirgendwo mehr sicher, nicht in Museumsshops (ich sag nur: Edvard Munchs „Der Schrei“ als Plastik- ballon zum aufblasen) und nicht mehr in den ehrwürdigen Hallen selbst – „dem Inno- vationsdruck der modernen Kunst“ geschuldet –, und es wird immer komplizierter, Kunst und Kitsch auseinanderzuhalten. Auf die Frage: „Mama, ist mein Einhorn schön?“, ist eine schlichte Antwort unmög- lich geworden. „Nein“, liegt auf der Hand, doch das Glück in den Augen des Kindes, gepaart mit dem emotionalen Wert, den eine pinke Glitzerplastik für das noch junge Leben zu haben scheint, inklusive mythischer Bedeutung der Sagenfigur an sich, macht „Nein“ unaussprechbar und sie zum Konzept. Die Figur erfährt eine Mehrdeu- tigkeit. Ergo wird sie Kunst. Und die Kunst spricht auch nur aus, was Eltern schon lan- ge vermuten: Der Kitsch ist ÜBERALL. Wir müssen damit umgehen oder wir werden darin untergehen. Es ist nicht damit getan, ihn zu banalisieren und abzutun. Die ein- deutige Emotion, die sich nicht umdeuten lässt, ist nichts, wovor man sich fürchten muss. Er sollte eben gut gemacht sein. Ein paar rote Zipfelmützen im Zwielicht im Birkenwäldchen, oder so.

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Am Urlaubshimmel Ferien: endlich Ruhe. Nicht so am Strand von St. Maarten. Nebenan befindet sich nämlich der Flughafen. Fotograf Josef Hoflehner schaute daher nur zum Arbeiten vorbei. Der Österreicher kommt viel rum, fängt ein, was er sieht – mit Vorliebe in Schwarz-Weiß. Das Fotobuch „Retrospective 1975–2015“ wirft in rund 150 Fotografien einen Blick zurück, teNeues Verlag.

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2015 JOSEF HOFLEHNER. ALL RIGHTS RESERVED JOSEF HOFLEHNER. ALL RIGHTS 2015 Herr Haka Marken sind eigentlich völlig out, denn der Konsument ist ziemlich enttäuscht. Frus- ANACHRONISMUS triert auch davon, dass im einstigen Sehn- suchtsland Italien zunehmend chinesische Die Winter in Berlin sind lang, kalt und düster ... in diesen unendlichen Monaten, in denen die Arbeiterkolonnen in den wunderbaren Dämmerung schon um 15 Uhr einsetzt und der Himmel in seinen Grauschattierungen unse- alten Fabriken sitzen. Die Reaktion, ren Gemütszustand widerspiegelt, ist jeder Lichtblick willkommen. Bei uns im Corner Berlin natürlich auf die Welt überhaupt: heißt die wirksame Medizin: The Cruise Collection! In den ersten mürrischen Novemberta- Freestyle ist in. Mode nicht als Kleid, gen erhalten wir erste Teile. Farben, Muster, leichte Stoffe, Beschwingtheit ... Schnell in unse- sondern individuell und als intelligen- re Auslagen gestellt, sind sie Vorboten des Frühlings. Viele Betrachter denken dabei sicher an tes Chaos. Fusion ist der neue Code. einen Trugschluss, eine Verrücktheit. Weshalb beim Einbruch der winterlichen Tempe- raturen plötzlich leichte, bunte, transparente Modelle zeigen? Wäre es nicht der richti- ge Zeitpunkt, um dicke Pullover und warme, kuschelige Wintermäntel zu lancieren? Frau Dob Ja, und weshalb zeigt man mitten im Juni, bei 30 Grad Sommerhitze Lammfelljacken Du meinst die Couture-Puffärmel von und Winterstiefel, wo das Wetter doch nach einer leichten, ärmellosen Bluse verlangt? J. W. Anderson mit Schleifenband Willkommen in der wunderbar verrückten Welt der Mode und des Anachronismus! zusammengehalten, Adidas Hoo- Die Heldin dieses internationalen Spektakels: la Fashionista! Ihr Motto: so schnell wie die drüber, Bomberjacke vom Po- Emmanuel möglich die Paradestücke der kommenden Saison erwerben. Bevor sie ausverkauft lenmarkt, seine Sachen, ihre Sachen, mor- de Bayser sind oder vielleicht gar von einer Freundin ergattert, die ihr Foto womöglich bereits bei gens, abends – alles gemischt ohne gesell- Mitbesitzer von Instagram gepostet hat. Schnell, schnell die mit Pelz gefütterten Slippers aus der Guc- schaftliche Grenzen? So als wäre alles The Corner ci-Werbung, die neue Patchwork-Puzzle-Tasche von Loewe, in limitierter Auflage und Berlin gleichgültig? Aber man darf dabei nicht innerhalb von zwei Tagen überall ausverkauft, genauso wie das rosa Kübeltäschchen vergessen: Das Regellose ist eine Kunst. von Mansur Gavriel. Man kauft nicht mehr überlegt und innerhalb der herrschenden Saison, man kauft nach Laune und nicht nach Jahreszeiten, egal ob Winter, Sommer, Crui- se ... Der Ursprung der Verrücktheit? Die rei- chen Amerikanerinnen, die in ihren Villen in UND SONST NOCH Palm Beach und auf ihren Yachten in der Karibik überwinterten. In den Winterkollektionen der FRÜHSTÜCK IN PRADA: Gutes muss bewahrt werden. Die Fondazione Prada hat daher in Couturiers gab es nichts Adäquates für diese Mailand eine Filiale der Traditionskonditorei „Pasticceria Marchesi“ eröff- Breitengrade, voilà, die Geburt der Cruise Col- net. Ganz in Prada-Optik, versteht sich. (Via Montenapoleone 9) ——— DIE LIEBEN lections. In der Zwischenzeit reisen wir alle un- KOLLEGEN: Die Ausstellung „Daniel Biskup Budapest – Berlin. Mein Weg zur Ein- entwegt in verschiedene Zeit- und Klimazonen. heit“ und der gleichnamige Fotoband einen Die Cruise Collections sind wichtige kommer- sehr persönlichen Blick auf die Wieder- zielle Bestandteile der internationalen Modein- vereinigung (The Kennedys Museum, Ber- dustrie. Und von mutigen Fashionistas können lin, bis 29. November; Buch: Salz & Silber die sommerlichen Sandalen auch in den winterli- Verlag) ——— AUS ALT MACH NEU: Die Koreane- chen europäischen Metropolen getragen wer- rin Dylan Ryus peppt in die Jahre gekomme- den: als Fashionstatement, mit dicken Wollso- ne Chanel-Taschen mit handgenähten Ver- cken angezogen, sind sie viel mehr trendy als ein zierungen wieder auf. Exklusiv über Apro-

26 OF PRADA COURTESY Aufenthalt auf St. Barth oder den Seychellen! pos The Concept in Köln, Hamburg, München O

  

     

 

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Top Pop Wenig hat heute das Potenzial, zum Begleiter einer ganzen Generation aufzusteigen. Das Berliner Magazin „Style & The Familie Tunes“ dagegen war von den 80er- bis in die 2000er-Jahre bei allen zu finden, die sich in Sachen Popkul- tur vorn sahen: Mode, Musik und Kunst bestimmten Inhalte und Optik, wie hier von Hung N’Guyen. Zeit, die besten Fotos aus 130 Ausgaben in einem Buch zu bündeln. „Style & The Family Tunes – The Book“, Hatje Cantz Verlag.

BLIESWOOD SPAZIERT IN ERINNERUNG

Leben heißt, unvergessliche Augenblicke zu zaubern – ein Paradies der Erinnerungen. Hellmuth Karasek, 81, ist im Himmel. Letzte Schwimmbahnen im Hamburger „Club an der Alster“. Er wollte noch zum Spiel Deutschland-Polen kommen – leider zu müde. Er ging zu schnell, aber sanft. Ach! Als wir in der Karibik eine Flasche Moët auf der „MS Europa“ tranken! Ach! Ahoi. Oktoberfest. Mittags is o’zapft. Die erste schaumige Maß im Käfer-Zelt. Sonne. Sorg- losigkeit. Freunde. Der Rest verfließt. Viele Visitenkarten bleiben. Aufwachen im „Baye- rischen Hof“. Blasmusik. Ein Frei-Bier am Trachtenzug (9 km lang!). Gott ist Bayer.

Fliegen wie früher. Hamburg–London City HUNG N GUYEN Airport. Die Dornier Turboprop umkreist die glitzernde Glas-Pyramide an der Tower Bridge. Gefühl wie Indiana Jones auf Busi- ness-Trip im Privatjet. Kino-Legende Robert Rotkäppchen würde de Niro (72, 320 Mio. schwer) mit NY Times, heutzutage wohl Nokia-Handy auf der dieses Cape von Couch im Soho Hou- se: „Sie sind 61!? That’s Missoni M tragen. nothing, boy!“ Gute Wahl. Mit krankem Bruder, ÜBER FASHIONID.COM 70, im ICE nach Regensburg. Die Fenster werden zum Heimatfilm: „Die Bäume – wie früher auf der Jagd! Die Kirchen SCHRÄGLAGE David Blieswood haben Zwiebel-Türm- Ich sitze auf der Bank vor meinem Restaurant und schaue aufs Wasser. Hinten am Horizont Connaisseur aus Hamburg chen.“ Glocken-Ge- schippern Yachten und Kreuzfahrtschiffe vorbei. Irgendwann verschwinden sie läut. Heimat umarmt hinter der magischen Kante, fallen einfach hinten runter von der Scheibe des Sicht- dich. Schweinsbraten im „Bischofshof“ baren. Ich sitze lieber hier. Mir wird auf Booten schwindelig. Das hängt vielleicht (Papst Benedikts Lieblings-Lokal) vom mit meinen schwäbischen Wurzeln zusammen. Einmal im Jahr lade ich auf die „MS Ex-Thurn-und-Taxis-Koch – dazu zwei Knö- Europa“ – ein fabelhaftes Schiff mit allem Komfort und Komzurück. Ich bleibe zur del und den guten „L’ Osservatore Romano“. Party und rette mich noch, bevor die Schiffsschrauben zum Leben erwachen an Amen. Lese im Zug parallel zwei Krimis: Land. Konträre Sinneseindrücke, die vermeintlich feststehenden Wände und der „Das Schloss in der Normandie“ von Ulrich durchgeschüttelte Gleichgewichtssinn, senden SOS. Einmal habe ich mich Herbert Seckler Wickert und „Nullnummer“ von Umberto durchgerungen, eine Kreuzfahrt in den Süden zu machen, hinunter bis zum Kultwirt vom Eco. Wickert ist spannender. Suezkanal. Auf dem Lido-Deck ließ sich das gerade so aushalten. Den Blick fest Sylter „Sansibar“ auf den Horizont gerichtet, mit einem Glas fruchtig-süßem Château Pigoudet Classic Rosé in der Hand. Die Pose ist geblieben, der Wein wechselt gelegentlich. Nur in die Ferne muss ich nicht mehr. Den besten Fernseher, das beste Bett und die beste Dusche 28 habe ich hier. So reduzieren sich die Wünsche. O O

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Waidmannsheil! Manchmal braucht es nicht viel, um Bekanntes wieder neu und inspirierend wirken zu lassen. Der Künstler Alex Katz stilisiert bei seinen Landschafts- malereien Gesehenes, lässt aus schnel- len Pinselstrichen Blätter werden und bei seinem Werk „Sunset“ keinen Zwei- fel an der Tageszeit. Im Guggenheim Museum Bilbao zeigt der Amerikaner bis 7. Februar in der Ausstellung „This is now“ eine Auswahl.

UND SONST NOCH THINK BIGGER: Der Tom Ford Flagship- ALEX KATZ, VEGAP, BILBAO, 2015, VG BILDKUNST BONN 2015 VG 2015, BILBAO, VEGAP, ALEX KATZ, store in München ist jetzt umgebaut und hat eine zusätzliche, riesige Menswear-Etage (Falckenbergstr. 9) TSCHAKKA! ——— BLAU SEHEN: Bildschirme von PCs und Smartphones belasten die Augen Im Herbst rollen die Würfel aus. Das bisherige Jahr hat entweder die eigenen Erwartun- häufig mit gen erfüllt und die geplanten Vorhaben wurden umgesetzt oder das Leben hat durch einem zu ho- unerwartete Turbulenzen einen anderen Weg genommen. Träume sind realisiert ... oder hen Blauan- geplatzt. Der Herbst ist für mich eine hervorragende Zeit, um Bilanz zu ziehen, beruflich teil. Die und privat. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um gegebenenfalls noch Korrekturen Screenbril- vorzunehmen und noch einmal auf das Wesentliche zu fokussieren. Bin ich bereits le von see- mit den Ergebnissen zufrieden, dann nutze ich den Herbst zum Entschleunigen und concept.com Dankbarkeit zu leben. Sind aber noch Punkte offen, so ist jetzt gerade noch genü- filtert 40 gend Zeit, die Umsetzung anzugehen und nicht im Jahreswechsel wehmütig in das Prozent des kommende Jahr zu ziehen oder Vorgenommenes komplett fallen zu lassen. Gleich- zeitig ist der Herbst der perfekte Anlass, über die nächsten Vorhaben zu sinnen. Blauanteils heraus, Bereits jetzt eine stichpunktartige Visualisierung für das kommende FORD TOM JOHANNES HAAS JOHANNES schont die Nina Klein Jahr auf einem weißen Blatt Papier festzuhalten wirkt Wunder. Jeder Augen und sieht auch noch gut aus. ——— Agentin für kennt die Euphorie des Jahresbeginns, ich empfinde diese Euphorie Make-up-Artists bereits jetzt im Herbst. Ich liebe es, frei und frisch ins neue Jahr zu PINK HILFT: Im Oktober sammelt Estée und Stylisten starten – mit neuer Vision und Vorfreude. Mein persönlicher Früh- Lauder wieder mit einer Sonderediti- und Business jahrsputz ist eigentlich ein Herbst-Cleansing und er ist ein on von acht Produkten Geld für die Coach hervorragendes Detox, um unbeschwert das Jahresende Brustkrebsforschung. Dabei sind un- genießen zu können. ter anderem: La Mer, Aveda und Clinique (bcacampaign.com). ——— LOGOMANIA: Das Talent gesichtet! Der Fashion Council Germany, eine Initiative zur Buch „Logo Modernism“ Förderung deutscher Designtalente, zeigt, wie sich die Lo- wird neben der Modedesignerin gos verschiedener Mar- Marina Hoermanseder im kom- ken zwischen 1940 und menden Jahr auch Nobi Talai 1980 verändert haben begleiten und mit Rat zur Seite (Taschen). Interes- 30 stehen (rechts: Look aus ihrer sant? Na logo. aktuellen Kollektion) O

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Im Dutzend prächtiger, jedenfalls wenn es um Schmuck geht. Das wollte Coco Chanel schon 1932 den Londonern zeigen. Nun ist es so weit

Begleitend zur Londoner Ausstellung „Mademoiselle Privé“ hat Prominente und Freunde des Hauses (wie Lily-Rose Depp mit Perlenbrille, Anne Hathaway im berühmten verspiegelten Treppenhaus und Model Stella Tennant) in der Pariser Privatwohnung von Mademoiselle Chanel fotografiert. Alle tragen Stücke aus der „Bijoux de Diamants“-Reedition, der einzigen High-Jewellery-Kollektion von Gabrielle Chanel aus dem Jahr 1932 sowie extra angefertigte Haute Couture LEILA SMARA(5)

ut Ding will Weile haben. schwanden von dort allerdings die kostbaren allerdings andere große Lieben der Mode- Wobei – 83 Jahre sind Juwelen), ihr geliebter Place Vendôme, die schöpferin: ihren unbedingten Freiheitswil- dann doch eine lange Zeit. erste Boutique in Deauville, alles wird zitiert len, ihr Sternzeichen, den Löwen und die Eigentlich wollte Coco und eingebettet – und natürlich das Parfum, wohl größte, Boy Chapel. Ganz am Ende gibt Chanel nämlich im De- Chanel No. 5, das den ganz großen Erfolg erst es dann noch einen Garten, „à la française“, 18. zember 1932 ihre aufregen- finanzierte und dem ein eigenes Zimmer, das Jahrhundert (Lagerfelds Lieblingsära) trifft G de „Bijoux de Diamants“ fünfte, gewidmet ist. Ein sehr gegenwärtiger auf das große CC. Das die kleine Waise Ga- Kollektion, ihre einzige je gefertigte High Je- Raum mit interaktiven Spielereien und Vor- brielle schon bevor sie wegen eines Liedes, wellery, in London ausstellen. Doch da war führungen zeigt, welche handwerklichen Fä- das sie in der Öffentlichkeit vortrug, den der britische Zoll vor. Nun aber hat es ge- higkeiten noch heute kultiviert werden. Spitznamen Coco bekam, in den Fenstern bei klappt. Sie selbst erlebt es nicht mehr. Und Überraschend mag der Auftakt draußen sein: den Nonnen von Auberzine studiert. wohl auch der damalige Zollbeamte nicht. Das ein Garten!? Doch, Mademoiselle war sehr na- Drinnen betritt man als Erstes eine Reminis- Haus Chanel widmet seiner Gründerin in der turverbunden. Sie ritt wie ein Kerl (in Hosen, zenz an ihr Appartement in der Rue Cambon, Londoner Saatchi Gallery unter dem Titel nicht im Damensitz), und von Winston Chur- zu dem die berühmte verspiegelte Treppe „Mademoiselle Privé“ eine sehr persönlich chill ist ein Brief vom Oktober 1927 an seine führt, von der aus Coco Chanel bei ihren konnotierte Ausstellung, die die Besucher auf Frau überliefert, in dem er bei einem Besuch Schauen unbeobachtet die Gäste beobachtete. einen verträumten Ausflug durch fünf The- auf dem schottischen Anwesen seines Kum- Wenn man sich in Paris dort aufhält, dann ist menräume mitnimmt und dabei der Kreativi- pels, des Duke of Westminster, von Cocos man nicht allein, selbst wenn sonst kein tät und den (durch Karl Lagerfeld) unvergäng- Anglerkünsten schwärmt: „Sie fischt von mor- Mensch im Raum ist. Etwas ist präsent, umge- lichen Codes von Mademoiselle huldigt. Der gens bis abends und hat innerhalb von zwei ben von den ganzen persönlichen Schätzen ist Schmuck, die Haute Couture, ihr bis heute un- Monaten 50 Lachse erlegt.“ Der nun von den selbst für nüchterne Betrachter eine Aura verändertes Appartement in der Rue Cambon Landschaftsgärtnern Harry und David Finch spürbar. Ohne dass es allzu museal wirkt, stau- 34 (in der Nacht ihres Todes im Januar 1971 ver- komponierte zeitgenössische Garten zitiert big schon gar nicht, was vielleicht auch 3 D_ICON_260x365_ME_18oct.indd 1 O

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Kristen Stewart ruht in typischer Pose auf dem Originalsofa von Coco Chanel in ihrem Pariser Appartement. Niemand spielt die Modeschöpfe- rin in ihren späten Jahren so überzeugend wie Geraldine Chaplin. Karl Lagerfeld hatte sie vor zwei Jahren für einen Kurzfilm engagiert, seither gehört sie auch zu den Freunden des Hauses (Mitte). Das sind auch die türkische Schau- spielerin Tugba Sunguroglu und ihre britische Kollegin Jemima Kirke. Das Schmuckstück (oben) stammt aus der „Bijoux de Diamants“-Kollektion LEILA SMARA(5)

3 damit zu tun hat, dass in dem Haus ansons- zum Ende ihres Lebens ein schlichtes Hotel- ten noch Leben herrscht, die Haute-Couture- zimmer in der obersten Etage. Fast so karg wie Kunden eine Etage tiefer betreut werden und der Raum in dem Kloster, in dem sie auf- noch eine Etage tiefer in der Boutique der wuchs. Erstaunlich. Denn an diese Zeit, so Umsatz unaufhörlich und in vielerlei Spra- heißt es allenthalben, wollte sie sich doch nie chen brummt. Drei Zimmer, üppig dekoriert, erinnern. Dieser „twist“ zieht sich auch durch die Wände mit Goldstoff bezogen, was vor lau- die Ausstellung – schließlich findet Karl La- ter Büchern aber nicht zu protzender Geltung gerfeld einen direkten Blick zurück in die kommt, überhaupt ist alles ausgestaltet in kul- Vergangenheit generell langweilig. tivierter Pracht, mit dem großen Kamin, Spie- Coco Chanel hat den Frauen das Korsett abge- geln, die die Sinne täuschen, mit den berühm- nommen, sie von dem übertrieben Kopfputz, ten Coromandel-Wandschirmen, mit kostba- all dem Jahrhundertwende-Gerüsche und rem Nippes und Symbol-Sammlungen, vieles -Getüdel befreit. Das ganze Zuviel war ihr ein paarweise wie ihr Signet CC. Dazu Fotogra- Graus. Es sei denn, es ging um Schmuck. Da fien. Sehr innig mit Boy Chapel. Aber oft ist konnten es gern Perlen und Diamanten satt sie allein darauf zu sehen. Die Kissen auf dem sein. Dass das nicht automatisch zu neurei- Sofa sind diagonal gesteppt wie das Muster auf cher Geschmacklosigkeit führt, ist ebenfalls in den Handtaschen. Es gibt ein Speisezimmer London zu besichtigen. Die Franzosen haben mit sechs Stühlen um einen Tisch aus Wal- die komplette High-Jewellery Kollektion von nussholz, aber ein Schlafzimmer gibt es nicht. 1932 noch einmal aufgelegt. Inga Griese

Gab es nicht. Hier war Mademoiselle wach. IMAGES LIPNITZKI/ROGER VIOLLET/GETTY Träumte, döste, ruhte mal, aber übernachtet „Mademoiselle Privé“, Saatchi Gallery in Coco Chanel vor den Coromandel-Wandschirmen in 36 hat sie woanders. Im Hotel „Ritz“ hatte sie bis London, täglich bis 1. November 2015 ihrem Pariser Appartement (1937) O HUGO BOSS AG Phone +49 7123 940 7123 +49 Phone AG BOSS HUGO

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HANDSCHRIFT

Übersaisonal Tomas Maier, Kreativdirektor von Bottega Veneta, macht vieles anders: Seine Arbeit ist von Ruhe, Langfristigkeit, Überlegung und Ästhetik geprägt. Dass das selbst in der Werbung funktioniert, zeigt er nun mit einem Bildband über die Kampagnen des Luxushauses

Herr Maier, was hat es mit dem Buch auf sich? Wofür steht „Art of Collaboration? Wie muss man sich diese Zusammenarbeit vor- Es gibt ja schon ein großes „Coffee-table Book“ Alles, was wir produzieren, ist das Ergebnis stellen? zur Marke. Reichte der Platz nicht aus? von Teamarbeit zwischen Menschen, angefan- Es gibt keine vorgegebenen Szenarien oder Ich wollte alle Kampagnen vereinen, die wir gen bei meiner Rolle als Kreativdirektor bis Einflussnahmen. Die Kampagne, die wir kreie- unter der Serie „Art of Collaboration“ fotogra- hin zu den Designern und Handwerkern, die ren, entsteht vollständig aus dem ausgewähl- fiert haben. Für jede Saison haben wir seit die Artikel fertigen. Wir sind sehr stolz auf un- ten Fotografen selbst heraus. Einige Bilder 2002 einen Fotografen oder Künstler für die sere Handwerker, die im Atelier in Montebello wurden direkt im Atelier aufgenommen. An- jeweilige Werbekampagne beauftragt. Inzwi- Vicentino arbeiten. In gewisser Weise ist die dere Bilder haben eine komplizierte Geschich- schen haben wir mit 27 verschiedenen Künst- Kampagne eine Erweiterung dieses Konzepts: te, die erst einmal entdeckt werden muss. lern zusammengearbeitet. Und ich dachte mir, Nach der Fertigstellung der eigentlichen Pro- Mein kreativer Prozess nimmt Einflüsse aus dass es doch interessant wäre, alle diese Bilder dukte schafft die Zusammenarbeit mit den Fo- verschiedenen Bereichen wie Kunst oder De- zu einer ganzheitlichen Arbeit zu bündeln. tografen zusätzlich Wert und Qualität. sign auf, doch auch der Film spielt eine 3

Wie passt das zum Markenmotto „When your initials are enough“? Eine meiner Aufgaben in diesem Un- ternehmen ist auch das Kreieren der Werbekampagnen, und es war wichtig für mich, über das Übliche hinauszu- gehen, denn ich weiß, wie emblema- tisch solche Bilder werden können. Ich wollte die Kampagnen nutzen, um die Wahrnehmung von Kreativität und Handwerkskunst, für die Bottega Ve- neta ja steht, zu stärken, über die nor- malen Grenzen der Mode hinaus.

Hat diese Arbeit Ihre persönliche Sammlerleidenschaft geweckt? Ich habe fast mein ganzes Erwachse- nenleben lang Fotografie gesammelt. Das war schon so, bevor es einen Markt gab, bevor ein Bewusstsein für die Rol- le der Fotografie in der zeitgenössi- schen Kunst aufkam. Ich habe mit Fo- tografen wie Erwin Blumenfeld, Wil- liam Klein oder George Platt Lynes be- gonnen, bevor sie als Künstler anerkannt waren. In den Jahren da- nach habe ich mich dann den Arbeiten von zeitgenössischen Fotografen zuge- wandt, und meine Kollektion hat an Breite und Tiefe gewonnen. Es hat große Freude gemacht, mit vielen die- ser Fotografen wie Sam Taylor-Johnson, Nan Goldin und Philip-Lorca diCorcia während der Kampagnen zusammenzuarbeiten.

Einfach mal loslassen: In den späten 70er- und frühen 80er-Jahren ließ Fotograf Robert Longo Geschäftsleute über den Dächern von New York tanzen. Unter dem Titel „Men in Cities“ bewegten sich die nach ihrem eigenen Rhythmus, ohne Musik. Kraft und Macht sprengten das Korsett der Geschäftsgebaren. Das gleichnamige Fotobuch (Schirmer/Mosel Verlag) mit Texten von Cindy Sherman und Richard Price zeigt 94 Aufnahmen der Reihe. Jahre später dient dem Amerikaner seine Arbeit als Vorlage für Bottega Venetas Herbst-Winter- Kollektion 2010. Zum ersten Mal präsentiert das Modehaus die Damen- und Herrenkollektion in einer gemeinsamen Kampagne (oben)

40 ROBERT LONGO / COURTESY SCHIRMER/MOSEL VERLAG / COURTESY LONGO ROBERT O

Erwin Olaf studierte erst Publizistik, bevor er sich der Fotografie widmete. Klarheit kennzeichnet seine Arbeiten. Auch die Bottega Veneta Herbst/ Winter Kampagne 2012, die der Nieder- länder fotografierte. Heute sind seine Fotografien in Kunstgalerien auf der ganzen Welt zu finden. Diese und einige der folgenden Fotos stammen aus dem Bildband „Bottega Veneta: Art of Collaboration“ von Tomas Maier, erschienen im Rizzoli Verlag BOTTEGA VENETA: ART OF COLLABORATION BY TOMAS MAIER, RIZZOLI NEW YORK, 2015 NEW YORK, MAIER, RIZZOLI TOMAS BY OF COLLABORATION ART VENETA: BOTTEGA

Im Whaler’s Cottage auf Staten Island setzte die Fotografin Nan Goldin die Kollektion Frühjahr/ Sommer 2010 in weiches Licht. Entwürfe und Kam- pagnen stellten damals die sensible Seite der Frau in den Fokus. Ein Kontrast zu Sex, Drogen und Gewalt, die sonst die Fotos der Ame- rikanerin thematisch bestimmen. 2007 wurde 41 sie mit dem „Hasselblad Award in Photography“ ausgezeichnet O

3 wichtige Rolle, wie im Übrigen auch für die häufig in unseren ersten Diskussionen ange- Unsere Kunden sind kluge Menschen. Sie ver- Laufsteginspirationen. Das emblematische sprochen. Oft ist sie ein prägender Aspekt in dienen mehr Leistung, angefangen bei den Beispiel ist die Kampagne Frühjahr/Sommer den Bildern, wie die Wall Street in der Kampa- Kreationen bis zu den Werbekampagnen. 2011von Alex Prager mit ihrem deutlichen Be- gne von Philip-Lorca diCorcia. Die Models, zug auf Alfred Hitchcocks Filme. Doch ich se- die wir einsetzen, haben immer Charakter Mit wem würden Sie gern noch arbeiten? he auch Kinoinspirationen bei Ralph Gibson und individuelle Züge, die von einem Leben Da gibt es einige. Ich möchte zum Beispiel für die Herbst-Winter-Kollektion 2013/2014, jenseits des Bildes zeugen. Wir wählen sie gern mit Martin Parr arbeiten, aber dazu brau- die die unheimliche Noir-Stimmung der 50er- nicht, weil sie berühmt oder gefragt, sondern che ich die richtige Kollektion. Bei der Aus- Jahre-Filme widerspiegelt. Oder auch in den weil sie für die Zusammenarbeit geeignet wahl achte ich sorgfältig darauf, dass ihre Ar- Fotos von Peter Lindbergh mit einem Szenari- sind und sowohl in die Welt von Bottega Vene- beit auch zu unserer Kollektion passt, und um, das mich an die Filme von Bertolucci er- ta als auch in den Blick des Fotografen passen. Martin brauchte etwas mit der richtigen Farbe innert. und den richtigen Details. Das ist ein langfris- Wie unterscheidet sich ein Modefotograf von tiges Projekt, und die passende Kollektion Ein bisschen Einfluss nehmen Sie aber schon? einem anderen, der keine spezifische Verbin- kommt sicher eines Tages. Der Arbeitsprozess ist sehr klar. Hat sich der dung zur Mode hat? Fotograf oder Künstler bereit erklärt, mit uns Einige meiner Lieblingskampagnen sind mit Die aktuellste Kampagne stammt von Juergen zusammenzuarbeiten, setzen wir uns an einen Fotografen entstanden, die normalerweise Teller. Der ist ja recht inflationär in der Mode- Tisch und besprechen, wie die Kampagne aus- nicht in der Modebranche arbeiten. Modefo- fotografie vertreten. sehen könnte. Es ist immer jemand, den ich tografen sind darauf trainiert, die Einzelhei- Die Herbst-Winter-Serie 2015/2016 stammt stark bewundere, und es macht mir ungeheu- ten eines Gewebes, eines Accessoires zu sehen von ihm. Seine Arbeit habe ich schon immer ren Spaß, die Kollektion mit den Fotografen und zu erkennen, was ein Kleidungsstück wegen ihrer Ehrlichkeit und Intensität ge- zu besprechen und zu sehen, was sie bei ihnen über seinen Träger aussagt. Wenn sie dann mocht und wollte sehen, was er für Bottega auslöst. Wenn wir uns darauf geeinigt haben, kommen und eine Werbekampagne fotogra- Veneta kreieren würde. Ich mag die Üppigkeit wie die Kampagne aussehen soll, werden die fieren, bringen sie alle diese Fähigkeiten mit und die Haltung der Aufnahmen, die er für Aufnahmen ohne Einmischung von außen ge- und fotografieren die Kleidungsstücke, als ob uns gemacht hat, und finde sie sehr real. macht, sodass das Ergebnis so rein wie mög- sie bereits ein Leben nach dem Laufsteg hät- lich ist. Wenn man mit ihnen zusammenarbei- ten, als ob sie getragen würden und in das Le- Was denken Sie, wenn Sie die Strecken der letz- tet, tritt man praktisch in ihre Welt ein. ben einer Person Einzug gehalten hätten. ten 14 Jahre betrachten?

Waren Sie schon mal von einem Ergebnis enttäuscht? Für mich ist das im- mer spannend. Die Kampagnen entste- hen in echter Zusam- menarbeit, ich bin während der Arbei- ten anwesend. Wich- tig ist, dass jede Kam- pagne etwas Einmali- ges und Originelles über unsere Welt sagt. Ich lasse die Künstler die Kollekti- on auf ihre Weise in- terpretieren und der Peter Lindbergh gehört zu den renommiertesten Mode- und Porträtfotografen Kampagne ihre eigene weltweit. Nebenbei macht er auch noch Filme. 2013 fotografierte er in den Universal Prägung auferlegen. Studios in Los Angeles die Frühjahr/Sommer-Kampagne. Rechts ein Foto vom Set Es wäre sinnlos, sie um Mitarbeit zu bitten und dann von ihnen zu Die Herangehensweise der „Künstler“ hat Ich sehe die Bilder gern als ein Ganzes, und verlangen, an ihrer eigenen Vision Abstriche mehr von einer Annäherung an die Seele des die vergangenen 14 Jahre als ein Gesamtwerk zu machen. Es macht mir richtig Spaß, da mit- Objekts wie zum Beispiel bei Nan Goldin oder aus unterschiedlichen Erzählungen und Ide- zumachen, denn ich arbeite hier ja mit Per- Tina Barney – oder der sehr persönliche Sinn en und Bottega Veneta als etwas, das in der sönlichkeiten, deren Arbeit ich stark bewun- für Kompositionen wie bei Polidori oder wirklichen Welt existiert, in der Taschen oder dere. Meine Erwartungen an die Serie sind Ralph Gibson. Das Nichtwissen um Kleidung Kleider zum Bestandteil des Lebens irgend- immer sehr hoch – und meistens werden sie wurde wettgemacht durch das Verständnis für welcher Menschen geworden sind. Wenn ich noch übertroffen. Figur, Volumen, Farbe. mir alle Kampagnen anschaue, vermitteln sie mir diesen Eindruck, denn die Bilder erzählen Muss Werbung eigentlich bunt sein? Mode ist ja sehr schnelllebig. Werden die frühe- Geschichten und Szenarien, die über das typi- Das Wichtige ist das Bild. Die meisten unserer ren Kampagnen von den aktuelleren überholt? sche Modeimage hinausgehen. Kampagnen sind in Farbe, aber wenn ein Foto- Es ist schön, dass die ersten Kampagnen graf für seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen be- nichts von ihrer Frische eingebüßt haben. Ich Zum Schluss eine Anekdote bitte! kannt ist, gibt es auch in der Werbekampagne freue mich, dass sie kein Opfer der Zeit ge- Die Bilder von David Armstrong für die Kam- keine Farbe. Für eine grafischere Ausrichtung worden sind, sondern dass sie über die Saison pagne „Cruise 2013“ sind ein perfektes Bei- sind Schwarz-Weiß Fotos die einzige Option, hinaus leben, für die sie in Auftrag gegeben spiel für Zufall und Spontaneität in der Zu- wie in unserer Kampagne mit Lord Snowdon. worden waren. Im Endeffekt erhoffen wir uns sammenarbeit. Wir hatten geplant, die Bilder das für all unsere Arbeit bei Bottega Veneta, bei Sonnenlicht in New York aufzunehmen, Muss das Produkt stets die Hauptrolle spielen ? dass sie nämlich die Zeit überlebt. aber der Tag war grau und trübe. Es regnete Es ist immer ein Bestandteil der Erzählung, ständig, und die Sonne kam den ganzen Tag aber ich ziele darauf ab, es fast im Bild ver- Welche Rolle spielt Printwerbung heute noch? nicht hervor. David fotografierte still und oh- schwinden zu lassen. Das wünsche ich mir Werbekampagnen sind ein notwendiges Ele- ne zu klagen den ganzen Tag. Es kamen per- auch für die Kleidung: Sie sollte nicht ablen- ment in der Arbeitsweise der modernen Mo- fekte Bilder dabei heraus, und obwohl es ei- ken. Ich möchte, dass man nur die Person deindustrie. Für mich sind sie eine Chance, gentlich hätte anders sein sollen, war dann sieht. Das gilt auch für die Kampagnen. Sie um etwas anderes und Großzügigeres als das doch alles genau richtig. IG sollten mehr zeigen als Kleidung. Übliche zu tun. Wenn ich mir eine Kampagne anschaue, möchte ich nicht an die Tasche oder Wie wichtig sind der Ort und die Models? die Kleidung denken. Viel wichtiger ist es, ei- Sie sind entscheidend. Die Location ist we- ne Stimmung oder ein Gefühl zu erzeugen, „Bottega Veneta: Art of Collaboration“, 42 sentlich für die gesamte Erzählung und wird damit die Kollektion mit Leben erfüllt wird. von Tomas Maier, aufEnglisch, Verlag Rizzoli O

Als Künstler beschäftigt sich der Amerikaner Jack Pierson neben Fotografie auch mit Malerei, Kollagen, Skizzen und Installationen. 2012 setzte er die Kampagne Frühjahr/Sommer um

Wenn Fotograf Ralph Gibson arbeitet, ist es, als würde er träumen. Grobkörnig und in Schwarz-Weiß. Der Amerikaner veröffentlichte mehrere Foto- bände mit seinen Arbeiten. Für die Herbst-Winter-Kampagne 2013 von Bottega Veneta mixte er in Mailand Farb- mit Schwarz- Weiß-Aufnahmen (links eine | PRISKA PASQUER,COLOGNE PIETER HUGO; COURTESY Set-Aufnahme; rechts ein Der Südafrikaner Pieter Kampagnen-Foto) Hugo konzentriert sich normalerweise darauf, die vielen Gesichter seiner Heimat einzufangen. Die verstörenden sind ihm dabei die liebsten (oben, ausgestellt in der Priska Pasquer Kunstgalerie, Das Museum Casa Mollino in Köln). Darüber: Für Botte- Turin wurde jüngst zum Schau- ga Veneta fing er die Kol- platz der Herbst-Winter-Kam- lektion Frühjahr/Sommer pagne 2015 für die Damen- und 2014 in New Jersey ein. Herrenkollektion. Der Dirigent Ganz, oben eine „Behind- hinter der Linse: Juergen Teller. the-scenes“-Aufnahme Für die auf Perfektion getrimmte Modewelt ein Spiel mit Gegen- sätzen. Der Wahl-Londoner liebt das Unperfekte, ungeschminkt und gern mit Schönheitsfehlern

Im Botanischen Garten in New York setzte Ryan McGinley die Cruise- Kampagne 2014 um (rechts). Der Amerikaner begann seine Karriere mit Polaroids von Freunden. Ob- wohl inzwischen sorgsam insze- niert, haben seine Arbeiten noch heute Schnappschusscharakter, der auch vor nackten Tatsachen nicht zurückschreckt (kl. Bild r.). Das Foto ist dem Buch „Ryan McGinley: Way Far“ von David Rimanelli, Rizzoli Verlag entnommen BOOK RIZZOLI MCGINLEY/ RYAN © BOTTEGA VENETA: ART OF COLLABORATION BY TOMAS MAIER, RIZZOLI NEW YORK, 2015 NEW YORK, MAIER, RIZZOLI TOMAS BY OF COLLABORATION ART VENETA: © BOTTEGA O

LAND IN SICHT

ZWISCHEN WELTEN UND ZEITEN Die Cruise- oder auch Resort-Kollektion steht historisch für eine Saison, die nichts mit Jahreszeiten zu tun hat – sie war die Garderobe für die Reisemonate der Hautevolee. Heute richtet sie sich an alle, denen der Winter bereits im Herbst zu lang wird. Und

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FRAUEN ZUERST

LICHT UND FARBE Wenn gedeckte Töne nicht nur draußen, sondern auch in den Boutiquen und im Kleiderschrank dominieren, bieten die Cruise-Kollektionen der Designer

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KUNSTSTÜCK SCHWESTERN VON GESTERN Niemand lässt den Retrolook derzeit so zeitgemäß aufleben wie der neue Liebling der Fashioncrowd – Guccis Designer ALESSANDRO MICHELE GETTY IMAGES (5); AP (5); GUCCI; MONTAGE ICON MONTAGE (5); AP GUCCI; GETTY IMAGES

Besonderes Merkmal der Präsentationen der Cruise-Kollektionen: Sie finden oft nicht im Stammland des Labels statt, und es wird an nichts gespart, um die Mode zu inszenieren. Für den sinnlich verspielten Mädchen-Nerd-Look von Gucci wurden im New Yorker Galeristenviertel die Perserteppiche übereinandergelegt. Knallfarben auf 48 Mustermix – das kann nur ein Label, dessen Charme stets auch in der Übertreibung liegt O

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IMMER DEN EIGENEN WEG GEHEN.

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ASIASHOP RELOADED K(ARL)-POP Weit weg von zu Hause, im südkoreanischen Seoul, in einem Gebäude von Zaha Hadid, zeigte KARL LAGERFELD, dass er die Signets südkoreanischer Kleidungskultur leichter Hand in die Luxusspähren von Chanel erhebt ISTOCK(3); CHANEL; MONTAGE ICON CHANEL; MONTAGE ISTOCK(3);

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DER ARCHITEKT DER MODE Bei Dior überbieten sich die Zitatebenen gegenseitig: RAF SIMONS präsentierte seine Cruise-Kollektion im 53 futuristischen Anwesen „Palais Bulles“ des 92-jährigen Designers Pierre Cardin an der Côte d’Azur. Scharfe Taillen, Strick und aufgezogene Muster gingen mit der Umgebung eine organische Verbindung ein O

HINTERGRUND

„Ihr macht Fashion. Wir haben es kapiert!“

Das Getöse bei Louis Vuitton ist vorbei. Nun gilt es, eine Handschrift für die Mode zu finden. Deshalb spielt die Cruise- Kollektion plötzlich eine wichtige Rolle. Vor – das versteht sich DENIS ROUVRE/LOUIS VUITTON DENIS ROUVRE/LOUIS VUITTON dann doch – großartiger Kulisse. Das feine Lächeln ist Programm: Michael Burke steuert als CEO von Louis Vuitton Inga Griese fuhr mit seit 2012 mit Rückgrat und Weitblick die kostbarste Luxusmarke der Welt nach Kalifornien

er Morgen danach. Der last gemacht. Aber um ehrlich zu sein, war Rummel, bei dem der tiefere Sinn verloren Blick von der Terrasse dies hier Nicolas auch sehr viel lieber. Dieses gehen kann, weil sich alles um „den Moment“ des neuen „Ritz Carl- Szenario hatte als Bühne so viel mehr Bezug, dreht. Der ist natürlich auch wichtig, aber ton“ in Palm Springs ist es wirkte nicht überwältigend, obwohl es so manchmal verdrängt der Trend die tiefer lie- fantastisch. Wüste, Wei- spektakulär war. Denn es war zugleich natür- gende Botschaft. Bei der Cruise-Präsentation te, Amerikas Freiheit. lich und bildete eine organische Einheit mit steht man sozusagen allein auf der Bühne und D Es ist Anfang Mai, wir seinem Gefühl für Design. sollte sich in Acht nehmen, dass man dabei sitzen weich gepolstert im Schatten, Michael nicht nackt ist. Die Cruise ist für die Perspek- Burke, der eloquente CEO von Louis Vuitton, Es war interessant, die Gäste zu beobachten. tive also viel geeigneter als die Fashion Week. trägt Sonnenbrille, ich auch. Die Party unter Gar keine Amerikanerinnen mit zu viel Haar Auch deshalb, weil ich drei Tage Zeit habe, freiem Himmel ging lang, die Präsentation und zu viel Botox. Zwar so manche in Vuitton- über meine Botschaft zu sprechen. Bei der der Cruise-Kollektion zuvor war so stimulie- Total-Look, aber keiner hatte zu dick aufgetra- Schau in Paris habe ich nur zwölf Minuten rend wie der verwunschene Garten vom „Par- gen, selbst die Prominenten wirkten insgesamt Zeit. In der 13. Minute haben Sie mich schon ker Hotel“ und die Großzügigkeit der Gastge- unaufgeregt. vergessen, denn da sprechen Sie mit jemand ber. Eigentlich wollte Louis Vuitton auch in Ich fand es wie in einem Spielfilm. anderem ... Seoul zeigen, wie Chanel es tat, man hatte sich verabredet, die Termine aufeinander abzu- Apropos: Es ist inzwischen offensichtlich wich- Wie könnte ich! stimmen, schon aus Gründen der Journalis- tig für eine Marke wie Louis Vuitton, die Crui- Und ich geb’ mir auch Mühe! Das ist eigentlich ten-Logistik. Ein hoher Feiertag kam dazwi- se-Kollektion mit einer großen Show wie dieser eine gute Aufgabenbeschreibung: Wie sorge schen, die spektakuläre Location, der Königs- zu präsentieren. Liegt das daran, dass Chanel ich dafür, dass Sie mich nicht vergessen? palast, musste für die Öffentlichkeit zugäng- und Dior das auch machen? lich bleiben am geplanten Tag. Nein, die Frage ist eher: Warum haben wir das (wir lachen, der Kellner bringt Cappuccino. Es hätte nicht besser kommen können. Denn nicht schon früher getan? Und es hat mit dem Trinkt man inzwischen auch in der Wüste) das aufregende Glashaus, das sich Bob Hope neuen Kapitel zu tun, das wir bei Louis Vuit- und seine Frau Dolores Anfang der 1970er- ton aufschlagen. Das erste Kapitel von Marc Zu diesem neuen Kapitel gehört auch, dass Jahre in die kalifornischen Wüstenberge bau- Jacobs war genial, er hat alles immer auf den der Rahmen nicht die Kleider überstrahlt. Da- en ließen, war eindeutig der passendere Rah- gegenwärtigen Moment zugespitzt. Da ist die bei spreche ich nicht nur von Louis Vuitton, men für die Kollektion von Nicolas Ghes- Fashion Week der Moment, in dem man sich sondern ganz allgemein von der Mode. Ich quière, wie überhaupt die neu erwachte Krea- beweist. Bei der Cruise-Kollektion geht es persönlich glaube, dass der Rahmen manch- tivität und Coolness dieser Region. Ein gutes eher darum, eine Erzählperspektive aufzu- mal zu erdrückend ist, dass es mehr um ihn als Stück weg vom Silicon Valley. bauen. Cruise ist die Saison mit der längsten um die Mode zu gehen scheint. Lebensdauer. Es geht also weniger um die Zu- Monsieur Burke, nach dem Erfolg gestern spitzung als um das, wofür Louis Vuitton Das richtige Setting spielt aber eine Rolle, um Abend – war es nicht eine glückliche Fügung, steht. Das kann man sehr viel wirksamer mit die Mode erst lebendig werden zu lassen. dass Sie umdisponieren mussten? der Cruise-Kollektion ausdrücken. Man ist et- Aber das ist eine unterstützende Aufgabe. Bob 54 Ich hätte die Show in Seoul nur im Königspa- was entfernt von dem ganzen Fashion-Week- Hopes Haus hat diese Unterstützung geleistet. O

Das Tal und die Berge – das alles dient als Rah- wir jetzt wieder an unsere Tradition an. Aber hat, um sich diese Freiheit zu erarbeiten. men. Es ist Zufall, dass Hollywood gleich um das tun wir auf moderne, relevante Weise. Wir Dabei hat er ein so langes Gedächtnis. Und al- die Ecke liegt, aber es ist wie ein großartiger sprechen nicht nur über die Vergangenheit. les verweist auf etwas, das es schon gab, aber Film: Das Set ist wichtig, aber im Mittelpunkt er zitiert eben nicht einfach. Wissen Sie, ich stehen das Drehbuch und die Helden. Was bedeutet Luxus heute? Diese Definition zu habe bei Fendi zehn Jahre lang mit ihm gear- finden gilt es doch heute. beitet, manchmal redet er viel, aber wenn er Schreiben Sie schon am nächsten? Das Schwierigste ist, die richtige Balance zu sagt, dass er sich nie die Archive ansieht, dann Wenn der Oktober vorbei ist, werde ich mich finden. Wenn man zu sehr im gegenwärtigen stimmt das. In der ganzen Zeit hat er nicht mit Nicolas zusammensetzen, um zu erfahren, Moment lebt und zu viel Gewicht auf die Zu- einmal gesagt: Kannst du mir mal raus suchen, wohin er sich bewegt und was seine Botschaft kunft legt, dann ist es nur noch Mode und ent- was ich 1973 gemacht hab? Nein, es hat sich unterstreicht und bekräftigt. Und das ist der fernt sich zu weit vom Luxus. Andererseits einfach in sein visuelles Gedächtnis einge- Grund, weshalb wir reisen: um Orte wie die- kann man auch nicht zu rückwärtsgewandt prägt. Er kennt alles und kann alles zeichnen. sen zu finden. sein und nur die Tradition erhalten. Man muss den goldenen Mittelweg finden. Das ist es, was Das ist wie mit seinen Büchern, richtig furcht- Geht es nicht eigentlich noch immer genau da- Nicolas schaffen muss. Diese Shows müssen erregend – er könnte Ihnen jetzt hier genau sa- rum bei Louis Vuitton: das Reisen? Ist also bei also auf das verweisen, was wir waren, und gen, in welchem Haus und auf welchem Regal diesem Markenkern eine Cruise-Kollektion gleichzeitig ein neues Kapitel aufschlagen. dieser oder jener Band steht. ganz einfach naheliegend? Karl wuchs zu einer Zeit auf – und ich auch –, Ja, denn das ist ja die ursprüngliche Bedeu- Es scheint, als gelänge es Nicolas Ghesquière, in der Informationen nicht so leicht zugäng- tung der Cruise-Kollektion. Man kaufte sie, das 70er-Jahre-Gefühl von Freiheit und lich waren. Man musste in die Bibliothek ge- weil man in den nördlichen Klimazonen lebte Bohème, das uns in gewisser Weise alle geprägt hen und einen ganzen verfluchten Tag lang und zu den 0,0001 Prozent der Menschheit hat und bei den jungen Leuten vielleicht ande- nach einem einzigen Zitat aus einem be- zählte, die in den Süden reisen konnten, wenn re, aber ebenfalls Emotionen auslöst, zu trans- stimmten Buch suchen; man musste den Leih- es kalt wurde. So begann es in den 50er-Jah- portieren, ohne dass er zum Archivar wird. zettel ausfüllen, ihn der Bibliothekarin aus- ren, als diese winzige Minderheit begann, sich Allerdings hat er auch insofern einen Vor- händigen und dann warten, bis das Buch kam. Reisen in wärmere Gefilde zu leisten. So ist es sprung, als Louis Vuitton in den 70er-Jahren Und wenn es da war, musste man es tatsäch- heute nicht mehr. Vielmehr geht es darum, keine Mode gemacht hat. Wir können also gar lich lesen, um etwas darin zu finden. Heute dass wir einen Großteil unseres Geschäfts in nicht zum Opfer unserer eigenen Vergangen- weiß man, dass alles überall sofort zugänglich diesen Ländern machen. Unsere Kunden dort heit werden. Wir sind nicht Sklaven unserer ist, also muss man sich nichts mehr merken, sind nicht auf Reisen, sondern sie leben dort. Geschichte. Wir können auf die Siebziger Be- sondern hat sein Gedächtnis ausgelagert. In Singapur, Dubai, Miami, Dallas, Südkalifor- zug nehmen, ohne uns auf unsere damalige nien und Shanghai. Das sind alles Orte mit Mode beziehen zu müssen. Das gibt uns eine Das Google-Syndrom. warmem Klima … gewisse Freiheit. Manche Designer können Und das ist gefährlich, denn wahre Kreativität besser als andere die Looks aus dem eigenen entsteht dann, wenn man neue Verbindungen Aber auch in Europa leben noch Modekunden. Hausarchiv neu interpretieren; manche kön- knüpft und die Synapsen neu verschaltet wer- Manchmal scheint es, dass die Luxusmarken nen besser ein neues Kapitel aufschlagen und den. Das ist das Wesen der Kreativität. Man vergessen, dass es diesen Markt gibt. einen neuen Stil prägen. Und darin liegt seine konfiguriert immer wieder neu. Niemand ist Europa steht als Markt ganz vorn. Irgendwann große Chance. Ich persönlich glaube, dass die- zu 100 Prozent originell. Das gibt es einfach wird China die Nummer eins sein, aber das se Freiheit einer der wichtigsten Gründe war, nicht. Wir konfigurieren das Bekannte auf Luxussegment ist immer noch hauptsächlich weshalb Nicolas zu uns gekommen ist. Aber neue, originelle Weise, aber unser Rohmateri- europäisch. sie kann auch sehr beängstigend sein, denn al ist nicht völlig neu. Das meiste ist schon da; man muss das dann auch leisten: Man muss ei- es kommt darauf an, wie wir damit spielen. In China weiß man nie, ob sich nicht die Spiel- ne Silhouette erfinden. Darin liegt die Originalität, und das ist es, was regeln plötzlich ändern? Karl so gut kann. Und Nicolas kann es auch. Das sehe ich anders. Was passiert, ist, dass die Wie reagieren Ihre Kunden auf den Wandel? Denn er ist ein Modeschüler, ein echter Ler- Chinesen nicht im eigenen Land konsumie- Gehen sie mit oder gehen sie? nender. Er kann Bezüge zu etwas bilden, ohne ren. Sie kaufen doppelt so viel im Ausland ein In den letzten Jahren haben sich unsere Kun- es zuerst zurate ziehen zu müssen. wie in China. Und sie kaufen dieses Jahr mehr den mehr Langlebigkeit gewünscht, etwas als im Jahr davor. Deutlich mehr. Bezogen auf Dauerhafteres in den Designs und der kreati- Für einen solchen Abend muss man eine Menge die Wirtschaft in China haben Sie also absolut ven Arbeit. Sie haben sich manchmal verloren Geld ausgeben ... recht, nicht aber, was die Chinesen als Kunden gefühlt, denn wir haben sie im Grunde jede Was meinen Sie? (lächelt) Das Haus war da, betrifft. Das Geschäft mit ihnen ist sehr stabil, Saison aufgefordert, eine ganz neue Frau zu ich musste nichts bauen! Ich hab nur die Tür das wird nicht wegbrechen. Auf keinen Fall. sein. Wenn man, wie wir damals, darauf aus geöffnet und Leute zu mir eingeladen. Die Chinesen haben ein unbedingtes Bedürf- ist, sich Glaubwürdigkeit auf einem Gebiet nis danach, denn sie haben ihre eigene Ge- aufzubauen, nämlich in der Mode, dann ist das Ich könnte ja jetzt mal alles aufzählen: die Mie- schichte und kulturelle Abstammung zerstört. angemessen. Wir hatten vorher keine Mode te oder allein die Buffets hinterher. Sie haben keinen Bezug zu ihrer eigenen Ver- gemacht, also musste Marc uns etablieren, Es ist jeden Cent wert, jeden. Entscheidend ist gangenheit, denn das Parteimotto lautete: und das tat er mit extremer Mode, die jede Sai- aber nicht, dass man es sich leisten kann. Son- Zerstört die Vergangenheit. Sie sind wirklich son komplett anders aussah. Im Prinzip sag- dern, dass man sich traut. Ich erzähle Ihnen losgezogen und haben es buchstäblich zer- ten die Kunden schließlich: „Schon gut, okay, mal etwas inoffiziell: Ich hatte dafür gar keine schlagen. Wir haben unsere kulturelle Ver- ihr braucht euch nicht mehr so anzustrengen. behördliche Genehmigung. So etwas gibt es gangenheit noch. Wenn man im Luxusseg- Wir haben’s kapiert! Ihr macht Prêt-à-porter, nämlich nicht. Das ist ein Privatgrundstück in ment wirklich bestehen will, braucht man ei- alles klar!“ Aber was sie wirklich wissen einer Gated Community, dafür gibt es keine nen dynastischen Unternehmensansatz. möchten, ist, wofür wir stehen. Und dann ent- Genehmigungen. Wenn man so eine Veran- scheiden sie, ob ihnen das gefällt oder nicht. staltung mit einigen Hundert Leuten bean- Es heißt, Sie möchten Louis Vuitton eine neue Aber sie möchten Orientierung. tragt, sagen die nur: „So was gab es noch nie Art von Luxus-Image verleihen. Weniger ist und so was soll es auch nicht geben, also spre- mehr und kostet mehr, so in der Art? Heute mehr denn je, oder? chen Sie nicht weiter.“ Das war also das Es ist nicht neu. Ich möchte wieder anknüp- Genau. Man muss sich entscheiden. Man kann Schwierigste. Es gibt viele Leute mit sehr viel fen an das Bestehende. Es mag eine kurze Zeit nicht alles sein. Geld. Ich könnte einige Unternehmen nen- gegeben haben, in der wir von unseren nen, die sehr erfolgreich sind, aber die hätten Grundwerten abgewichen sind; die Hand- Haben Sie denn das Gefühl, die richtigen Ent- nie den Mut, so etwas zu organisieren. Viel- werkskunst, die Kreativität wurden weniger scheidungen getroffen zu haben? leicht morgen, da es ja jetzt schon mal jemand deutlich. Der wichtigste Wert aber ist Mut. O ja, sehr! Kein Platz für Zweifel! Wie sagt gemacht hat. Aber ich kann Ihnen sagen, dass Wer nicht mutig ist, geht unter. Dass wir noch Karl Lagerfeld immer: Kein Plan B! ich in leere Gesichter gesehen hab, als ich heute da sind, nach 160 Jahren, liegt daran, Palm Springs sagte. Als wollten sie mich fra- dass wir es immer waren. In der Selbstgefäl- Er fährt gut damit. Er macht einfach, hält sich gen: ‚Was hast du denn geraucht? Gehen da ligkeit der letzten zehn Jahre ist das eventuell nicht auf mit Vergangenem und erst recht nicht nicht die Leute zum Sterben hin?‘ Von wegen! ein wenig verloren gegangen, darum knüpfen mit Zweifeln. Wobei er eine Weile gebraucht Das war einmal. Jetzt wissen sie es. 55 O

DURCH DIE OASE CRUISEN

Kaufhausbesitzer Edgar Kaufmann wünschte sich ein Refugium in der Wüste von Palm Springs. Gute Idee, fanden wir und haben uns an seinem Pool mit der Mode niedergelassen, die Louis Vuitton tags zuvor beim Nachbarn vorgeführt hatte. Ja, in die Zimmer haben wir auch mal geschaut

Fotograf: Christian Anwander c/o Schierke Artists; Styling: Nadia Rath; Model: Egle Tvirbutaite c/o Next Models; Haare: Nathan Jasztal; Make-up: David Jones; Produktion: Beatrice Barkholz c/o Isabel Scharenberg Creative Management LLC; Produktions-Koordinatorin: Gabrielle Roussos; Produktionsassistenz: Derec Patrick; Fotoassistenten: Matthew Hawkes, Michael Moser, Styling-Assistentin: Malyssa Lyles O

Asymmetrisches Maxikleid aus Leinen mit schwarzen Loch- spitzenstickereien, Spitzeneinsätzen und Rüschen. Lederbesatz an der ärmelfreien Seite. Dazu ein Taillen- gürtel aus Lack- und Glattleder mit Nieten. Alles von Louis Vuitton GETTY IMAGES, ULLSTEIN BILD; MONTAGE ICON ULLSTEIN BILD; MONTAGE GETTY IMAGES, O

PICTURE ALLAINCE; MONTAGE ICON O

Diese Seite: Maxikleid aus Seiden-Mousseline mit Nieten. Der Stoff darunter ist in Biesen genäht. Linke Seite: Langarm-Top aus Seide, bestickt mit Lammleder-Plätt- chen. Gürtel aus Lack- und Glattleder und mit Nieten be- setzt. Maxirock mit hüfthohem Schlitz. „Steamer Bag“ aus Kalbsleder. Alles von Louis Vuitton O

Rock und Bluse aus Seide mit Paisley- Muster und Leder- einsatz in der vorderen Mitte, eingefasst mit einer Rüsche. Daran befestigt sind vier mit Nieten besetzte Gürtelfragmente, die hinten geschlossen werden. Am Rockbund sind zwei mit Nieten verzierte Lederklappen aufgesetzt. Alles von Louis Vuitton O O REUTERS, GETTY IMAGES; MONTAGE: ICON MONTAGE: GETTY IMAGES; REUTERS,

Model Egle trägt ein kurzes Leder-Jackett in Karamell mit schwarzer Kreuzschnürung und einem schwarzen Maxirock aus Seide mit angesetzten Gürtellaschen und Cut-outs an der Hüfte. Poche-Tasche aus Kalbsleder mit Nieten. Alles von Louis Vuitton O

REUTERS, GETTY IMAGES; MONTAGE: ICON MONTAGE: GETTY IMAGES; REUTERS, 63

Bauchfreies, diagonal geripptes Strick-Top aus Kaschmir mit Lederapplikationen an Armausschnitt und Dekolleté. Dazu ein schwarzer Taillengürtel aus Glatt- und Lackleder und ein doppellagiger Maxirock aus Seide. „Twist Bag“ mit Palmenmotiv aus Epi-Leder O O

Diese Seite: Knöchellanges Lammleder-Kleid mit von Spitze inspirierten Cut-outs Linke Seite: Knöchellanges Lammleder-Kleid mit hohen Seitenschlitzen und durch- gehendem Reißverschluss in der vorderen Mitte. Die „Petite Malle“-Taschen sind aus Krokoleder und Plexiglas mit Kalbslederbeschlägen. Alles von Louis Vuitton PICTURE ALLIANCE/WEINTRAU; MONTAGE/ICON O

AUFGERÄUMT Im Chaos

Androgynität ist aber immer noch ein Thema, liegt die das bei Jil Sander mitschwingt. Ist es eigentlich einfacher, maskuline Akzente in weibliche Mo- de einfließen zu lassen als umgekehrt? Präzision Grundsätzlich ja. Die maskuline Mode ist für weibliche Einflüsse nicht so offen. Aber auch Seit gut einem Jahr ist das ist in Bewegung, denn die jungen Leute stehen solchen Einflüssen wesentlich offener Rodolfo Paglialunga gegenüber. Man sieht das zurzeit zum Beispiel daran, dass junge Männer ganz selbstverständ- Kreativdirektor bei lich Schluppenblusen aus Seide tragen. Auch Jil Sander. Heike Blümner ich möchte beide Kollektionen immer auch in die jeweils andere Richtung öffnen. Das ist erzählte der Italiener, was heutzutage sehr wichtig.

sich seitdem bei ihm im Haus, Insgesamt hat man das Gefühl, dass die Mode, die derzeit aus Mailand kommt, verspielter und in Mailand und im Rest des weniger konzeptionell wirkt. Hat das auch Ein- Landes alles getan hat fluss auf Ihre Arbeit? Ich sehe das anders. Es wird immer noch sehr viel mit konzep- Herr Paglialunga, wie fühlen Sie sich nach der Jil Sander stand historisch nicht nur für ei- tionellen, wie- Fashion Week. Eher erschöpft oder erleichtert? nen starken Look, sondern auch für einen dererkennbaren Ich fühle mich ganz entspannt und bin glück- emanzipatorischen Lebensstil. Was macht Motiven und lich über die positive Resonanz auf meine heute eine radikal moderne Frau aus? Elementen, zum Kollektion. Ich glaube, die moderne Frau kann sich Beispiel bei den heute mehr Weichheit leisten, sich pro- Accessoires, ge- H Liegt die Entspannung auch am „Rebirthing“, blemlos weicher und romantischer klei- arbeitet. Das Lo- das Sie praktizieren? Was ist das genau? den, ohne an Autorität zu verlieren. Früher go spielt bei ei- „Rebirthing“ ist eine Atemtechnik, bei der es war das anders, da mussten Frauen noch, nigen Labels tra- darum geht, durch gezielte Mundatmung vor allem bei der Arbeit, durch gewisse ditionell eine mehr Sauerstoff in den Körper zu pumpen. maskuline Akzente in ihrer Kleidung ein große Rolle. Wir Wenn man gestresst ist, ist das eine sehr nütz- Signal setzen. bei Jil Sander liche Praktik, um sich zu entspannen. haben allerdings noch nie mit ei- Ist die Übernahme von Jil Sander durch Sie nem Logo gear- auch eine Art kreative Wiedergeburt? beitet. Von da- Das wünsche ich mir, denn natürlich möchte her sind wir ich das Label mit meinem persönlichen Touch grundsätzlich versehen und eine neue Perspektive auf den mit dieser Art Minimalismus werfen. Es geht darum, das Er- von Ansatz nicht be von Jil Sander weiterzuentwickeln und vergleichbar. Bei nicht alles radikal umzukrempeln. uns geht es um Understatement. Ganz ehrlich: Können Sie die Worte Minimalis- mus, Purismus und Perfektion noch hören? Der gegenläufige Natürlich passen diese Worte immer noch gut, Ansatz bekommt um Jil Sander zu beschreiben, aber ich möch- aber derzeit viel te die Kollektionen öffnen und zeitgemäßer Aufmerksamkeit. machen, auch im Hin- Ja, aber davon blick auf eine jüngere lasse ich mich Kundschaft – denn Jil gar nicht beir- Sander war bisher eher ren. Wir folgen ein erwachsenes Label. unserem eige- Die Verjüngung lässt nen Code. Klar sehe ich auch, dass die Mode sich beispielsweise an gerade insgesamt lauter wird, dass Sachen bestimmten Accessoires vom Flohmarkt neu interpretiert werden. Die erkennen, wie den Hü- Leute lieben das, aber all das passt nicht zu ei- ten aus der kommenden nem Label wie unserem, das für Chic und Ele- Sommerkollektion. ganz steht. Was die Leute doch an Jil Sander besonders lieben, ist, dass wir nicht so laut Zuletzt zeigten Sie be- sind wie die anderen. reits weichere Linien. Ist das der Schritt in eine Und jenseits einzelner Labels: Befindet sich neue Richtung, oder tes- Mailand gerade im Aufbruch? ten Sie Ihre Grenzen? Ja, in Italien allgemein und in Mailand ganz Ich würde sagen, es ist besonders ist einiges in Bewegung. Viele La- beides, und zwar jede GETTY IMAGES bels haben den Designer gewechselt, sie müs- Saison aufs Neue. Ich sen frischen Wind zulassen. liebe es zu experimen- tieren. Dieses Mal haben Weichere Linien, eine In Ihrem Job werden Sie jeden Tag mit aufge- wir etwa versucht, den größere Aufgeschlossenheit räumten Konzepten konfrontiert. Ist in Ihrem Jil Sander-Look flie- gegenüber Mustern und Leben auch Platz für eine Prise Chaos? ßend zu gestalten, und Farben – Rodolfo Paglialun- Nicht nur eine Prise! Chaos ist absolut funda- diese Leichtigkeit war ga treibt die Evolution bei mental für kreative Prozesse. Und wahre Prä- 66 neu für das Label. Jil Sander voran. Looks zision findet sich oft mitten im Chaos. oben aus der aktuellen Herbst-Winter-Kollektion ICON DENov-15 260x365PSR LWC PLUS v2PT.indd 1 O

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Unser Autor Wolfgang Büscher, ein eleganter Flaneur – in geliehenem Mantel und Schuhen von Hermès – beim Spaziergang am Strand von Biarritz

Und immer bleibt das Meer

Jedes Jahr gibt es eine Zeit, in der der Sommer noch nicht vorbei ist, und der Herbst noch nicht begonnen hat. Wolfgang Büscher flanierte dort, wo sich das gut erleben lässt: Im Seebad Biarritz. Massimo Rodari begleitete ihn mit seiner Kamera

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etzte Wärme auf dem ten Kaiserin machte. Der Hof giftete, die eng- Die Surfer sind schön, wenn sie auch längst Gesicht, die Augen ge- lische Presse spottete über diesen albernen nicht alle perfekt sind. Schälen sie sich, wenn schlossen, noch mal Anfall von Romantik in Paris, aber dann ge- die Sonne sinkt, aus ihrer Surferhaut wieder Sand zwischen den Ze- schah etwas, das auch in heutigen Königshäu- heraus, sieht man Halbgötter und Göttinnen, hen, ein letzter Sprung sern mitunter vorkommt – Eugenia erwies aber auch gedrungene, mitunter massige Kör- ins Meer – und über al- sich als die richtige Wahl. per. Sie sind trotzdem schön. Schönheit ist L lem diese gewisse Stim- Eugenie verschaffte dem dritten Napoleon nichts, was mit Maßband und Waage zu mes- mung, wenn der Sommer endet. Jeder spürt noch einmal Ausstrahlung und seinem Hof sen wäre. Schon eher ist das Maß der Schön- es und möchte den Abschied ein wenig hi- Eleganz, sie war gebildet und klug, verstand heit eine gewisse Stimmigkeit der Erschei- nauszögern. Noch einmal barfuß die Grande etwas von Mode, und politisch ambitioniert nung. So wie man über das Blatt eines Zeich- Plage entlang, noch einmal vor dem Lieb- war sie auch. Von all ihren Taten in der dama- ners sagt: Er hat den Strich. Schlank gleich lingscafé in der Sonne sitzen, wer weiß, wie ligen Weltpolitik blieb jedoch eigentlich schön, das stimmt ja nicht. Ein Schlanker lange das noch geht. Still wirken die letzten nichts – mit Ausnahme von Biarritz. Als Kaise- kann klapprig sein, ein Dicker schön wie ein Sommergäste auf der Promenade, in sich ge- rin hätte sie ihre Sommer auch in einem ein- praller Fisch. Als unschön empfinden wir, was kehrter als noch vor Wochen. Alles schaut hi- geführten Seebad verbringen können – aber holpert und hapert und sich nicht zu einem naus auf die Wellen und kehrt der Stadt und nein, es musste dieses Fischernest sein. Weni- bewegten Ganzen fügt. dem Festland den Rücken zu, wie Figuren auf ge Hundert Einwohner, nichts Besonderes. Einem Surfer kann das nicht passieren. Wer einem Caspar-David-Friedrich-Bild. Es heißt: 1854 kam Eugenie für zwei Monate nach Biar- ganze Tage in der Tiefebene zwischen zwei „Der Mensch am Meer“. ritz, woraufhin ihr sie liebender Kaiser ihr Wellenkämmen auf der Lauer liegt, um die Wohin auch sonst schauen? Biarritz ist ruhig dort eine Sommerresidenz errichten ließ, in beste Welle zu reiten, der wirft sich ganz aufs geworden, der Sommerlärm ist verebbt, das der das hohe Paar dann tatsächlich seine Som- Meer, und er kommt als ein Ganzes wieder he- Strandmobiliar abgeräumt, das große Kinder- mer zu verbringen pflegte. Eugenie setzte raus. Dutzende sind es immer noch jetzt im karussell dreht sich nicht mehr, die Sensatio- Biarritz beim europäischen Hochadel als Herbst, schwarze Körper, hier und da ein bun- nen auch dieses Sommers sind abgereist. Nur Sommerfrische der Belle Époque durch. ter Fleck. Eine Kolonie seltsamer Seewesen, la mer bleibt, es ist immer da, war immer da, Kaiserin Elisabeth („Sisi“) von Österreich-Un- die sich da draußen niedergelassen hat, in si- sein immerwährendes Rauschen bei Tag und garn kam. Könige kamen, etwa die von Portu- cherer Entfernung zu Land und Mensch, aber bei Nacht. Dunkel herandonnernd, in heller gal und Belgien. Man sah englische Lords und auch zum offenen Ozean. Stunde um Stunde Wut anbrandend, dann das Spektakel, wenn spanische Granden auf der Promenade spa- lauern sie auf ihre Wellen. Zehn Sekunden Welle auf Welle hoch aufschäumend die Fel- zieren. Am Ende des 19. Jahrhunderts beehr- vielleicht reitet die Welle, wer sich im richti- sen peitscht oder einen Flokati aus Gischt ten rund 10.000 Sommergäste das ehemalige gen Moment aufs Brett stemmt, nur die Bes- nach dem anderen über den Strand ausrollt. Fischerdorf. Diese elegante Welt ist erloschen. ten halten sich etwas länger oben beim Mee- Mit dem Meer ist nicht zu spaßen, die Kreuze Sie flackerte zwischen den Weltkriegen noch resrodeo. auf etlichen vorgelagerten Felsen bezeugen es einmal auf, als man in Biarritz Charleston- Die Coolsten von allen sind die Rettungs- – wie viele Schiffe mögen an ihnen zerschellt Klänge aus den großen Hotels hörte und Sil- schwimmer. Sie tun gar nichts. Sitzen reglos sein? Und der Vieux Port, der alte Hafen von houetten in Frack und Bubikopf dazu tanzen da und tragen orangene Westen, darauf steht Biarritz, erzählt von der Härte des Seefahrer- sah. ihr Ehrentitel: Sauveteur de Biarritz. Die Ka- lebens. Wie hoch seine Mauern sind, sie über- Aus und vorbei. Sie stehen noch hier, die Vil- puzen ihrer Hoodies tief in die Stirn gezogen, ragen die ankernden Boote mehrfach. So len der Belle Époque, die Hotels, aber ihre schauen sie hinaus, das reicht für heute. klein er ist, beinahe niedlich, so sehr ist er hochadeligen Sommergäste sind längst wei- Nichts los. Am 22. August 1862 war das anders, dem wütenden Meer abgetrotzt. Wer einst tergezogen. Eugenies Sommerpalast ist jetzt da war hier was los. Ein groß gewachsener diesen Hafen erreichte, der hatte die Fahrt ein Hotel, das prächtigste von allen, unbestrit- Deutscher, nicht mehr der Allerjüngste mit durch den stürmischen Golf von Biskaya, hat- ten, aber der russische Herr am Nebentisch seinen 47 Jahren, schwamm aufs Meer hinaus, te Klippen und Felsen überlebt. raunzt und poltert in sein Cellphone, völlig und er war nicht allein. „Die köstlichste aller Der eigenwilligste Fels von Biarritz ist der Ro- unbekümmert um so etwas wie Etikette, und Frauen“ schwamm mit ihm, so nannte er sie in cher de la Vierge, eine weiße Marienstatue be- der Kellner im schwarzen Anzug ist zu höf- seinen Notizen: Katharina Orloff, 21 Jahre alt, krönt ihn. Auch hier oben letzte Sommergäs- lich, um es überhaupt wahrzunehmen. Genug die Frau des russischen Fürsten Orloff. Es ist te, die Blicke aufs Meer gewandt. Als ob es sich gesehen, „l’addition, s’il vous plaît!“ Vor dem nicht ganz unwahrscheinlich, dass sie für Otto davon provoziert fühlte, nimmt es wieder und Palais tröstet der Anblick einiger antiker Ma- von Bismarck die Liebe seines Lebens war. wieder Anlauf, und jede fünfte, sechste Welle seratis über das Erlebte hinweg. Und anscheinend wurde seine Liebe erwidert. schafft es und spritzt bis ganz hinauf – dann Doch Biarritz ist zu schön, um alten Zeiten Die beiden schwammen an jenem Augusttag kreischt eine Dame und hüpft ein paar Schrit- nachzutrauern. Es gibt ja neue. Und neue hinaus, Bismarck geriet in Seenot und wäre te zurück vor der Gischt. Sommergäste. Es sind die Surfer, sie haben die wohl ertrunken, wenn nicht ein baskischer Ein alter Baske zeigt auf die Küste, die nach Belle Époque beerbt. Statt eleganter Unifor- sauveteur – die gab es damals schon – ihn aus Süden hin bergiger wird. „Ça c’est déjà l’Éspa- men und Kleider sieht man jetzt Männer und den Wellen gerettet hätte. Bismarck war so gne!“ Das sei schon Spanien da drüben. „Et ce Frauen in hautengen Neoprenanzügen am dankbar, dass er der Patenonkel des Sohnes château-là“ – er deutet auf ein großes Haus an Strand, das Brett unterm Arm. Sie suchen seines Retters wurde. der Küste, mit seinen Türmchen schaut es aus nicht die Sommerfrische und nebenbei aller- Nun kann man spekulieren. Was wäre, wenn: wie eine Villa aus einem Schauerroman – „das hand Liebschaften und diplomatische Spiele, Bismarck ertrunken wäre; er nicht den sieg- Schloss dort hat ein verrückter Milliardär ge- sie suchen den Rausch der idealen Welle. Es reichen Krieg gegen Frankreich 1870/71 ge- kauft.“ Eh bien, ein Verrückter mehr. Die Leu- zieht sie ins Meeresrauschen hinein wie einst führt hätte; er Napoleon III. und seine Euge- te von Biarritz haben sich im Lauf der letzten die Walfänger – aber aus freien Stücken, nicht nie nicht ins Exil gezwungen hätte; es noch 150 Jahre an allerlei schwerreiche und manch- notgedrungen wie jene Männer in ihren Boo- ein Weilchen weitergegangen wäre mit dem mal schwer schräge Vögel gewöhnt, die um ten. Schon frühmorgens, bevor erste Sonnen- französischen Kaisertum und das deutsche die Mitte des 19. Jahrhunderts anfingen, sich strahlen den Strand vergolden, eilen die Wel- Kaiserreich nicht im Spiegelsaal von Ver- ausgerechnet deren bis dahin ziemlich unbe- lenanbeter zum Strand. Sie gehen nicht, sie sailles ausgerufen worden wäre. Kein WK I? deutendes Walfängernest zu ihrer Sommerfri- rennen, Brett unterm Arm, die Passage Kein WK II? Alles auf null? Ach, lassen wir sche auszuerwählen. Gardères hinab und weiter über den Sand und das, es bringt ja nichts, schauen wir lieber aufs Den Anfang machte Kaiserin Eugenie, eigent- in die Wellen hinein. Meer. lich María Eugenia Ignacia Augustina Palafox Ihr Tempo hat etwas Kultisches. Man macht Sein wildes, alles übertosendes Rauschen, de Guzmán Portocarrero y Kirkpatrick, Toch- das so, man schlendert, man spaziert nicht jetzt im Herbst wird es stärker. Alleiniger, ter des Grafen – um es noch einmal in seiner zum Surfen, man eilt zum Strand und rennt in wenn die Sommermusik verklingt. So wie ganzen spanischen Grandezza zu sagen – Don die Brandung, so gehört es sich. Das rituelle heute der ozeanische Rhythmus in den Schlaf Cipriano Palafox de Guzmán y Portocarrero, Rennen der Surfer zum Meer erinnert an den letzter Hotelgäste dringt, so drang er vor Jahr- Conde de Teba, Conde de Montijo, und dessen eiligen Schritt der Frommen von Jerusalem hunderten in die Träume der Männer, die auf schottisch-spanischer Ehefrau Maria Manuela auf dem Weg zum Freitagsgebet oder zur Kla- Walfang hinausfuhren, in den Schlaf der Frau- Kirkpatrick. Das schöne Mädchen aus Granada gemauer – was man liebt, will es sagen, zu en und Kinder in ihren Fischerkaten. Wo ist gefiel dem letzten Kaiser der Franzosen so dem schlendert und trödelt man nicht, dahin die Belle Époque? Wo der dritte Napoleon? gut, dass er standesgemäßere Heiratspläne rennt man. Der Gott der Surfer ist die perfekte Wo Bismarck? Nur das Meer ist immer noch 69 aufgab und Eugenie zu seiner Frau und letz- Welle. da. Und Eugenies Sommerpalast. O

ACCESSOIRES Im Windkanal 1 Jetzt im Oktober heißt es: Raus! Die letzten schönen Tage auskosten. Es ist noch nicht so kalt, dass man dicke Daunen brauchte. Darum hüllen wir uns jetzt besonders gern in Capes. Wir fanden passende Modelle und die richtigen Accessoires zum Flanieren – durch Stadt oder Wald 2 22

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1. Gut behütet: Modell „Kate“ von Maison Michel. 2. Kleine Taschen passen über jedes Cape: von Furla. 3. Umhang und Daune gibt’s von Fay. 4. Auf hohen Hacken durchs Laub: Stiefel von Etro. 5. Weich und warm: Stiefel „Abree“ von Ugg. 6. Kaschmir-Geometrie: Cardigan von Barrie. 7. Fransig: Poncho von Iris & Ink (theoutnet.com). 8. Mrs Sherlock Holmes: graues Cape von Miu Miu (mytheresa.de). 9. Ge- wagt? Nö, gewalkt. Von Marc O’Polo. 10. Trägt sich bestens: Tasche von Giorgio Armani. 11. Gut kombiniert: Kaftan „Camille“ mit Lederfransen von Antonia Zander. 12. Stilvoll wärmen: Handschuhe von Dior. 13. Flotter Biber: mit Fellbesatz von Inès & Marechal (matchesfashion.com). 14. Blau ist und bleibt Trend: Stiefel von Unützer. 15. Kuschelig: Kaschmir-Cape „Murillo“ von Iris von Arnim. 16. Außen grau, innen taupe: aus Double-Face von Joseph. 17. Windundurchlässiges gibt’s von Belstaff. Flausch: Bei 18. Zwei in eins: Bag-in-Bag-Tasche von Boss. 19. Streifen-Capechen: von Moncler. 20. Nicht nur für Offiziersanwärterinnen: Schön kurz: Michael Kors Umhang von Valentino (stylebop.com). 21. Meiner! Burberry verziert den Poncho aus einem Woll-Kaschmir-Mix auf Wunsch Cape „Rocabar“ Collection mit einem Monogramm. 22. Zugeknöpftes gibt es diesen Winter bei Cos. von Hermès gibt’s Capes

mit Fellkragen CAROLINE BÖRGER VON ZUSAMMENGESTELLT ICON; GETTY IMAGES(2);MONTAGE: O O

FAMILIENSACHE Ganz großer Stoff Wenige Familien haben einen Landstrich so geprägt wie die Zegnas die Gegend um Trivero. Nun kooperiert das exklusive Männerlabel mit Maserati. Philip Cassier und Massimo Rodari (Fotos) haben erfahren, was Italien kann O

asen sind aus der Mode gekommen. Was dem Ver- durstenden einst in der Wüste Labsal versprach, kann sich heute als 24-Stunden-Schnapshandel entpuppen – oder gar als eine dieser „Wellnessoa- sen“, die dem Mann für ein paar Handvoll Euro kurzfristige Erleichterung versprechen. Wenn O nun eine exklusive Bekleidungsmarke eine ganze Region in den italienischen Alpen als „Oasi“ bezeichnet, könnte man deshalb falsche Schlüsse ziehen: Es liegt nah, zu glauben, das sei ein Ort, an dem im Akkord Füße massiert werden und man bei entspre- chenden Gelüsten dazu Würfelzucker in die Ohren gepustet bekommt. Manche Menschen halten so etwas ja für die Krone der Erholung. In Zegnas Oase würde dieses Klientel allerdings so gut passen wie ein Glitzersmoking ins Sonnenblumenfeld. Tiefrot leuchtet beispielsweise der Teppich im Treppenhaus des vorsichtig renovierten Hotels „Buca- neve“, an der Wand des Speisesaals grüßt ein Hirschgeweih in Rich- tung massivhölzerne Tische. Den Blick hinab auf das von Orange be- leuchtete Städtchen Trivero bezeichnet Zegnas „Fashion Communica- tion Director“ Andreas Bergbaur auf Österreichisch als „Äl-Äj Stääihjl“ (Anm. des Übersetzers: L.A.-Style). Doch fragt man sich beim Genuss des Risottos aus Reis und Pilzen, die vor der Haustür gedeihen, ob er seinem Arbeitgeber damit einen Gefallen getan hat; Kalifornien, das ist noch immer eine recht neue Welt. Hier im Piemont aber, auf bis zu 1500 Meter Höhe, zeigt Europa mal ganz nebenbei, auf was für einer langen Tradition es fußt, ohne dabei alt zu wirken Den Effekt könnte das Unternehmen kalkuliert haben. Es geht diesmal darum, die Partnerschaft mit dem Sportwagenbauer Maserati erlebbar zu machen, da sind Tradition und Innovation ein großes Thema. Wie bei der Inneneinrichtung des Modells „Quattroporte S“: Wer mag (und zahlt), erhält eine veredelte Seide aus der Weberei unter dem Dach und in die Türen eingebaut. Die Stoffart ist schon lange bekannt, aber sie so zu behandeln, dass er sich im Fond eines Autos nicht schnell abnutzt, hat Zegna Jahre an Entwicklungszeit gekostet. Keine schlechte Investi- tion – die Landschaft besteht hier im Frühherbst aus allen Arten von Grün, dazu kommen Serpentinen und steile Winkel: Die Augen befin- den sich also beim konzentrierten Fahren im Zustand ständiger Über- flutung, da wirkt der ruhige Innenraum als entspannender Kontrast. Noch dazu ist das Gefährt trotz seiner vier Türen ein wahrer Sports- mann. Touchiert man das Gaspedal auch nur minimal, geht es sofort brutal voran, da mag die Straße noch so ansteigen, 410 Pferdestärken lassen sich nur mühsam zähmen. Zegnas deutsche Besucher kommen jedenfalls rasch überein, den Job des Fahrens in die Hände des Profis an ihrer Seite zu legen: Pasquale ist ein Mann um die 50, mit Bäuchlein und kurzem, grauem Haar. Sein Kommunikationsbedürfnis belegt, dass man sich südlich der Alpen befindet – und die Inbrunst, mit der er die Worte „Spaghetti Carbonara“ ausspricht, lassen vermuten, dass seine Frau am Herd einiges zu tun haben dürfte. Um das Geschoss zu ergänzen, hat die Firma eine Kollektion herausge- bracht. Zentral ist der ultraweiche Nappalederblouson mit den Hightechfaser-Ärmeln, er hält bei offenem Fenster warm und passt sich dem Körper an. Sneaker, Sonnenbrille, Schal, Weekender und Leder- waren runden das Paket ab. Und wie das bei italienischem Design so ist, braucht man keine Angst zu haben, in den Stücken unbemerkt zu blei- ben. Fahrer Pasquale befindet passend dazu: „Mit der Brille sieht man aus wie James Bond.“ Daniel Craig trägt als James Bond übrigens Anzü- ge von Tom Ford, der auch ein Kunde der Lanificio Zegna ist. Den Werbeeffekt nimmt der CEO Gildo Zegna sicher gern mit. Doch das ist nicht der Kern seiner Marke. Obwohl man global mehr als eine Milliarde Euro erwirtschaftet, handelt es sich nach wie vor um ein rei- nes Familiengeschäft. Gildos Schwester Anna beispielsweise kümmert sich um eine Stiftung, ist Image-Beraterin der Group und Mitgründern der „Oasi“, Cousin Paolo ist Vorsitzender der Gruppe – und so geht es weiter. Doch überstrahlt werden sie alle noch immer vom Firmengrün- der Ermenegildo Zegna. Man kann sagen, dass dieser Mann im schwe- Zwischen den Gipfeln entstehen einige der besten Stoffe der Welt – manche finden ren Mantel, der 1965 starb, die ganze Region veränderte: Seit er 1910 als sich neben Leder in Zegnas Capsule Collection für den Maserati Quattroporte S 18-Jähriger in die Firma seines Vaters einstieg, der hier eine kleine We- berei unterhielt, blieb in den Bergen buchstäblich kein Stein auf dem anderen. Zegna ließ die Straßen bauen, über die Pasquale nun den Ma- serati lenkt; er ließ in den 30er-Jahren die Stofffabrik errichten, die noch heute feinstes Tuch produziert; er sorgte dafür, dass seine Arbei- ter in einem eigenen Krankenhaus medizinisch versorgt werden konn- ten; er ließ 500.000 Nadelbäume in die Berge pflanzen – und all das sind nur die sichtbarsten Taten dieses Mannes, der heute auf einem Friedhof mit Sichtachse zu seiner Fabrik liegt. Nostalgiker könnten nun sagen: Das ist tiefstes 20. Jahrhundert, da gab es eben noch Unternehmer, die Kapitalist, Gewerkschaftsboss und Na- turschützer in einer Person waren, die glaubten, sie hätten es nur dann am besten, wenn es allen anderen gut gehe. Doch wer so etwas behaup- tet, der hat die Nachkommen des Gründers nicht erlebt. Was das 3 O

3 Arbeitsethos und den Habitus betrifft, könnte man Gildo oder Anna Zegna für – Verzeihung – Protestanten halten. Die Kleidung schlicht geschnitten, kommen sie in Gesprächen direkt zum Punkt – und wenn sie in Trivero sind, essen sie in der Kantine mit den Arbeitern an wei- ßen Tischen Dinge wie Gnocchi. So sehr man sich dann bemüht, aus den Angestellten ein kritisches Wort herauszubekommen, es wird nicht zu hören sein: „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt die PR-Referentin Alessia Milan, eine Mittzwanzigerin im Blazer aus der Region, ohne einen Hauch von Ironie. Im sogenannten „Baby Forest“ in der „Oasi“ wird für jedes neugeborene Kind der rund 7000 weltweit Angestellten ein Baum gepflanzt, manchmal im Beisein der Familie; eine merkwürdige Vorstellung, Gildo Zegna da mit einer Schaufel in der Hand ein Loch in den Boden buddeln zu sehen. Doch auch dieses Imperium verändert sich rasant. Im Museum hängen die Anzüge und Mäntel des Firmengründers als Zeugen der Vergangen- heit hinter Glas, so massig, dass sie heute auf dem Markt keine Chance mehr hätten. Selbst die hochgeknöpften Stücke aus den Neunzigern wirken schwer – damals verkaufte das Unternehmen längst weltweit eigene Kleidung und stellte nicht nur wie unter Ermenegildo Tuche her. Doch ist derzeit auf dem Markt exklusiver Stoffe für Männer ein Wettrüsten im Gange: Wer stellt die leichteste Ware mit der dünnsten Faser her, die man noch verarbeiten und tragen kann? Zegna ist da mit- tendrin. Einst brach man die Vorherrschaft der Briten mit ihren schwe- ren Qualitäten – daran gilt es stets anzuknüpfen, denn außer den eige- nen Kollektionen beziehen eben Labels wie Tom Ford ihre Stoffe wei- ter aus Trivero. So wird man in der Fabrik Beobachter eines beinahe absurden Auf- wands: Da werden Merino, Seide, Kaschmir und Vikunja angeliefert, Fasern für Kammgarne parallelisiert und Fäden gesponnen, die zu fein fürs bloße Augen sind; da werden Farben und Garne gemischt, Zenti- meter um Zentimeter auf vollelektronischen Stühlen komplizierte Muster gewoben, von Frauen in Kitteln kontrolliert, korrigiert, wieder kontrolliert, gewaschen und gebügelt, bis sie endlich aus dem lauten Tohuwabohu der Hallen entlassen werden. Es macht einfach viel Mühe, einen Anzug auf diesem Niveau von der Faser bis zum Knopfloch ganz aus einem Unternehmen anzubieten. Hinzu kommt, dass Luxuskunden Impressionen aus Zegna-Land: Satte Farben, steile Winkel, ein Maserati mit nicht dafür bekannt sind, Abstriche zu verzeihen, es muss also ein gera- Sonnenbrille und kommunikativem Fahrer, das erste Geschäft des Unternehmens dezu Oli-Kahn’scher Druck herrschen. atmet noch heute in Sachen Interieur den Geist der 30er-Jahre. Anna Zegna Die zweite bedeutende Herausforderung kann das Unternehmen nicht gönnt sich im Hauptquartier ein Lächeln (unten), die Fabrik ist stilecht mit allein im Zegna-Land meistern. Längst hat die digitale Revolution da- Schornstein; Und Zegnas Maßkleidung kann man sich – bei entsprechendem für gesorgt, dass sich die ganze Idee des Exklusiven gewandelt hat – Körperbau – so stark taillieren lassen, dass der Look ins Britische geht das, wofür man früher ein Geschäft aufsuchen musste, kann man heute mit ein paar Klicks kaufen. Spricht man Anna Zegna hinter ihrem wei- ßen Schreibtisch im ultramodernen Mailänder Hauptquartier darauf an, so wird sie zunächst leicht unwillkürlich mit dem Kopf nicken. Selbstredend, erläutert sie dann, müsse eine Firma wie die ihre im E- Commerce und überhaupt im Netz präsent sein: „Die meisten Informa- tionen kommen ja dort her.“ Ihr Bruder Gildo hat dazu einmal gesagt, man könne profitieren, weil Männer sich dadurch auch immer mehr mit ihrem Äußeren beschäftigten. Doch abseits dieser Strategie baut Zegna sein Geschäft mit Maßklei- dung aus. Nicht nur im Mailänder Flagshipstore gibt es dafür eine eige- ne Etage. Wer sich hier am langen Holztresen in die Hände Angelo Se- meranos begibt, merkt sofort, was hinter dem Konzept steht: Man will ein Gesicht zum Anzug präsentieren – in Semeranos Fall sieht es aus wie das des jungen Robert „I make him an offer no refuse“ De Niro; man will eine Geschichte erzählen, und man will einen Begleiter bei der Auswahl zur Verfügung stellen. Speziell der letzte Punkt scheint wichtig zu sein: Semerano beginnt seine Sätze oft mit einem „In die- sem Fall schlage ich vor ...“, denn die Möglichkeiten können selbst mo- debewusste Italiener überfordern, von Deutschen wollen wir hier nicht reden. Viele reguläre Konfektionsanzüge können mit einem Preisaufschlag nach Maß geordert werden, es gibt zwei Macharten: Bei der einen kommen mehr Maschinen zum Einsatz, bei der anderen wird alles, was geht, mit der Hand geschnitten und genäht. Drei Wochen braucht Zegna vom Messen und Besprechen der Pass- form bis zum Ausliefern. Das ist weniger als bei der Konkurrenz. Doch manchem ist das noch immer nicht schnell genug – ein russischer Kunde, der 20 Stück kaufen möchte, will gerade von einem von Seme- ranos Kollegen wissen, warum er warten müsse. Darauf gäbe es nun viele Antworten – die beste aber stammt aus der Familie. Auf die Situa- tion angesprochen, zitiert Anna Zegna im Interview ihren Großvater Ermenegildo. Der erklärte ihr, es sei besser, Zeit und Geld in höhere Qualität zu investieren, weil die von größerer Dauer sei und dadurch wieder günstiger werde. Dann gönnt sich die Frau im Hosenanzug die Andeutung eines Lächelns: „Eigentlich könnte man sich mal fragen, was man mit 20 neuen Anzügen machen will. Man kann sie ja nicht alle auf einmal anziehen.“ So sprechen Menschen, die von sich behaupten 74 können, eine echte Oase geschaffen zu haben. O

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MIT DICKER SCHRIFT

ES KÖNNTE DER ELBSTRAND SEIN. ODER DER VON SYLT. DER NORDEN HAT JIL SANDER, GEBOREN IN WESSELBUHREN, GANZ NAH DER KÜSTE, GEPRÄGT UND NIE HAT SIE IHN BEI ALLER INTERNATIONALEN KARRIERE VERLASSEN ODER VERLEUGNET. DAS NORDDEUTSCHE IST BEI IHR IMMER DER INSTINKTIVE PERFEKTIONISMUS, DAS GESPÜR FÜR PROPORTIONEN, DIE ÄSTHETIK. UND DIE MODERNITÄT, DIE SICH IM RÜCKBLICK ZEIGT. IRVING PENN HAT IHRE BADSERIE FOTOGRAFIERT! SIMS, MCDEAN, SCAVOLO, KNIGHT UND IHR GUTER FREUND PETER LINDBERGH: GANZ FRÜH SCHON HAT SIE MIT DEN GROSSEN FOTOGRAFEN GEARBEITET. DABEI WAR IHR ANSINNEN STETS, DASS MODE „NICHT SO OFFENSICHTLICH“ SEIN DÜRFE. INGEBORG HARMS HAT AUFGESCHRIEBEN, WIE ALLES BEGANN

77 PETER LINDBERGH O

Am Strand von Arles in der Camargue hat Peter Lindbergh 1993 die Porträtserie auf dieser und den folgenden Seiten seiner guten Freundin Jil Sander aufgenommen

lles in Jil Sanders Karriere scheint sich bei- flogen sie nach Paris zu Guy Bourdin, einem der renommiertes- läufig und wie von selbst ergeben zu ha- ten Modefotografen seiner Zeit. Doch dieser sex- und popfarben- ben. Immer soufflierte der Instinkt ihr den verliebte Helmut Newton auf Speed vermochte der verhaltenen nächsten richtigen Schritt. Die Räumlich- Aura der Hamburgerin nicht gerecht zu werden. Nach dem Flop keiten für ihre erste Boutique boten sich brachte die spätere „Vogue“-Chefin Angelica Blechschmidt den ihr an, als sie eine Freundin in Hamburg in Amerikaner Francesco Scavullo ins Spiel. „Ich musste in New ein Lampengeschäft begleitete. Der Besit- York meinen Kopf hinhalten”, erinnert sich Jil Sander. „Ich war A zer erwähnte plaudernd, dass er an den sehr nervös, es ging um viel Geld. Es stellte sich auch noch ein Mittelweg umziehen und seinen aktuellen Zucken in meinen Gesichtsnerven ein, das ein Heilpraktiker in Laden vermieten wolle. „Dann nehme ich den!”, sagte Jil Sander China Town beseitigt hat. Und dann war es ein solcher Erfolg. ohne nachzudenken, machte die kühne Eingebung wahr und Vielleicht hat man etwas über das Aussehen erreicht. Durch die stieg 1968 in die Selbstständigkeit ein. Ganz ähnlich klingt die Glaubwürdigkeit.” Geschichte ihres ersten Parfüms. Die junge Frau mit der feinen Die Zeitschriftenkampagne lief auf einer Doppelseite, links das hellen Haut debütierte 1974 vor der Kamera des Stern-Fotografen Porträt der Designerin mit bloßen Schultern, ungeschützt, nackt Werner Bockelberg als Model für CD-Seife („An meine Haut lasse wie Yves Saint Laurent für seinen „Opium”-Auftritt, rechts der ich nur Wasser und CD”). Kurz darauf meldete sich ein Headhun- Flakon auf schwarzem Grund. Das Spiegelverhältnis sagte alles: ter, um sie für eine Estée Lauder-Werbung zu gewinnen. „Nein”, Ihre Essenz steckte in dieser magischen Flasche. Die Besessen- sagte sie spontan, „so etwas würde ich gern selber machen”. Und heit, mit der Jil Sander die Produktgenese begleitete, machte so, setzt sie im Rückblick auf die Genese ihres ersten Parfüms sich bezahlt. Auch in den für ihre Avantgardemode schwierigen hinzu, „ging die Kosmetikgeschichte los.” 80er-Jahren unterstützte sie das Parfümgeschäft. Sie hatte auf „Woman Pure” kam drei Jahre später auf den Markt und war wie dem deutschen Markt eine Revolution eingeleitet. Zu einer Zeit, alles bis ins kleinste Detail von ihr mitgestaltet worden. Jürgen in der sich die Damen französische Duftwolken wie Shalimar Scholz, der mit seiner Agentur Scholz & Friends gerade nach und Mitsouko aufsprühten, modernisierte sie den Geruchssinn: Hamburg gezogen war, übernahm die Werbekampagne. „Wenn „Als jemand aus dem Norden bin ich empfindlich mit Gerüchen, Sie so dahinterstehen, dann bewerben Sie es doch selber”, schlug viele finde ich zu haftend und intensiv. ,Woman Pure’ war von ei- er vor. Auch Peter Schmidt, der den Flakon entwarf, drängte da- ner pudrigen Leichtigkeit. Es war ungewöhnlich, seine Essenzen

zu, „dass sie mit ihrem tollen Gesicht die Werbung trägt”. Also hatten einen schönen Zusammenklang. Ich muss in den 3 PETER LINDBERGH

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FRANCESCO SCAVULLO (PORTRAIT) UND IRVIING PENN (STILL) FÜR DIE JIL SANDER PARFÜM KAMPAGNE O PETER LINDBERGH

Barfuß im Sand. Ein Moment und ein Lebens- gefühl. Alles immer möglichst pur. Die Nähe zum Wasser hat Jil Sander geprägt

3 Gesprächen mit Scholz & Friends immer ,pure, pure, pure’ ge- uns überhaupt nicht so üblich, den Unterschied zwischen Mann sagt haben. So kam der Name zustande.” und Frau hervorzuheben”, bemerkt Peter Schmidt, “auch nicht in Längst ist der nicht mehr erhältliche Duft zum Mythos gewor- den Düften”. „Ich bin immer sehr von mir selber ausgegangen”, den, neben „Jil Sander Sun“, der noch heute ein Selbstläufer ist, kommentiert Jil Sander die spätere Pflegeserie „Face Pure". „Ich ist er für einen großen Teil der Fanpost verantwortlich, der sich bin viel geflogen. In der Parfümerie erhielt man für die Haut eine Jil Sander, vor allem in Internet-Blogs, weiter erfreut. Für den ganze Tüte mit Produkten. Ich wollte die Gesichtspflege einfa- „Woman Pure“-Flakon fuhr Peter Schmidt nach Italien: „Ich war cher gestalten und bin von der sensiblen normalen Haut ausge- wochenlang in Parma und habe von den Handwerkern dort erst gangen. Ein dermatologisches Institut in Wien hat uns unter- richtig gelernt, wie man mit Glas arbeitet. So sind enge Freund- stützt.“ schaften entstanden. Das war die schönste Zeit meines Lebens. Peter Schmidts Flakon-Briefing durch Jil Sander war sehr be- Sie haben mir Mut gemacht, diesen Flakon zu entwickeln. Die zeichnend für die Königin des Weniger: „Sie hat angefangen mit hatten auch eine Sehnsucht nach einer neuen Form. Die Spitzen allem, was sie nicht haben möchte. Nicht den Wiener Chic, des- an den Außenflächen sind so ausgereizt, dass wir am Anfang nur sen Auswüchse in den Parfümerien standen, darüber würde man Bruch hatten. Trotzdem haben wir es durchgesetzt.” heute nur lachen.” Jil Sanders kreative Entscheidungen waren Für das Parfüm entstand ein perfekter Kubus mit vier quadrati- instinktiv subversiv, auch wenn sie, die ihre Marke im Jahr der schen Seiten, das Eau de Toilette nahm die Gestalt eines aufrech- Studentenbewegung gründete, „für Revolte keine Zeit hatte”. ten Doppelwürfels an. In ihrer Schwere, massiven Dichte und Denn ihr Auge war unbestechlich und bedingungslos modern. konstruktiven Klarheit waren die Flakons von zukunftsweisen- „Es ist immer beweglicher und feingliedriger geworden”, sagt sie der Klassizität. Die Wahl von Frosted Glas gab ihnen eine elegan- heute. Ihre Subversivität war dialektischer Natur, auf ihren te, vornehme Aura, während die kantige Form auf sublimierte Marsch durch die Parfümerien und Boutiquen vergaß sie nicht, Weise an industrielle Kolben, kondensierte Kraft und das Einras- Tradition und Handwerk mitzunehmen. In einer Modewelt, die ten technischer Gelenke denken ließ. Dieser spannungsvolle, sich anschickte, zur Massenproduktion zu werden, setzte sie als wahrhaft androgyne Flakon hatte nichts mit dem Themenspek- eine der ersten in Deutschland auf Prêt-à-porter und verbannte trum schwüler Nächte und üppiger Boudoirs zu tun, die damals doch die damit einhergehende Nichtigkeit aus ihren ornament- die Duftproduktion inspirierten. Statt von ätherischen Valeurs losen Entwürfen. Dass Peter Schmidt für „Woman Pure“ die Glas- und femininem Geheimnis sprach „Woman Pure” von einer klar bläserei in Parma studierte und über Scherbenhaufen zum Er- umrissenen Persönlichkeit mit strahlendem Kern. „Es war bei folg schritt, war ihr gerade recht. Sie lud Handwerk, Solidität 3

Es war eine Sensation, etwas ganz Neues, dass Jil Sander selbst für ihre Kosmetik- und Parfümlinie warb. Den Anfang machte der Duft „Woman Pure“. Die Kampagnenfotos (links) wurden unter anderem von Irving Penn geschossen. Das „Frottee“-Porträt der Modeschöpferin selbst ist von Francesco Scavullo 81 O O PETER LINDBERGH

Die Aufnahme folgte aus einer Laune heraus, aber man darf sie auch symbolisch verstehen. Denn so ikonisch Jils Sanders Porträt in der Kosmetik-Werbung wurde, so ungern lässt sie sich eigentlich fotografieren

3 und Erfahrung in ihr Zukunftslabor ein. „Mach etwas ganz Welt, Doppelnähte und so weiter, das war alles Wahnsinn. Als ich Kräftiges, Starkes, nichts Schwächliches, sonst kriegen wir auch ihr die Ausspitzungen an den Ecken gezeigt habe, das hat sie ge- die entsprechenden Frauen”, diktierte sie ihm ihren Marken- liebt!” Bei dieser Lösung kam Peter Schmidt seine Lithographie- schriftzug. „Das Logo durfte alles sein, nur nicht verspielt”, sagt lehre an der Kunsthochschule Kassel zugute, die noch von der Peter Schmidt: „Als ich dann mit meinem Assistenten vor einem Bauhaus-Tradition profitierte: „Man arbeitete seitenverkehrt auf Briefbogen saß, habe ich gesagt, wir müssen einfach den Raum Stein, und um die Schärfe zu erreichen, haben wir Ausspitzun- gebrauchen mit der dicksten Schrift, die wir finden.” gen gemacht.” Jil Sander selbst spricht mit Blick auf ihren Indem der Assistent die Order befolgte und so die Jil-Sander- Schriftzug von einer „energetischen Typo”. Auf den Einwand, Blockschrift kreierte, schlug er eine Brücke zwischen Modeäs- dass es sich bei den ausgespitzten Ecken fast schon um Dekor thetik und der neuen Macht politischer Plakate und Pamphlete, handelt, sagt sie entwaffnend: „Funktionalität ist wichtig, aber die rund um Hamburgs Universität gang und gäbe waren. „Wir nicht absolut”. Und vielleicht ist gerade dies das Geheimnis Jil hatten einen verrückten Werbetexter”, erzählt Peter Schmidt, Sanders, dass sie dem Seriellen eine Seele gibt. Immer wieder „und als er den Schriftzug gesehen hat, sagte er, den müssen wir kommt sie auf die Energie in der Reduktion. Das verbindet sie am Flughafen anbringen: ‚Jil Sander, zieh uns Nackte an!’ Weil mit dem Geist der Moderne, der Naturwissenschaft, die in ihren wir lieber nackt sein wollten, wenn sie uns nicht anzieht. Dieses Formeln nach der einfachsten möglichen Lösung sucht, getreu Plakat hat es dann auch wirklich gegeben, es war ganz aus dieser der Devise: Less is more. Schrift gemacht, das war eigentlich die Taufe des Labels. Wir wa- Dieses Beharren auf der der richtigen Lösung wirkte sich auch ren ja auch so kleine Revoluzzer, oder große, und haben nach auf die Wahl ihrer Sparringpartner aus. Was ihr als Unternehme- Deutlichkeit verlangt.” rin half, war ihr immenses Gespür für Talente. Denn wer an den Die Schwarz-Weiß-Ästhetik der ersten Jil Sander-Kampagne, das Schlüsselstellen richtig besetzt, kann sich die Nachbereitung spa- Direkte und schnell Erfassbare stehen in der Tradition der Neuen ren. Für die Modefotografie nahm sie den jungen David Sims, für Sachlichkeit, die im Interesse der Klarheit den Effekt nicht un- die Gestaltung ihrer Geschäfte den Minimalisten Michael Gabel- terschätzte. „Der Schriftzug ist ja keine Satzschrift”, betont Peter lini, für eine Fotoserie, die ihre Persönlichkeit einfangen sollte, Schmidt, „er ist ja modifiziert, wenn Sie ihn genau anschauen. Da ging sie mit Peter Lindbergh an den Strand. Und für ihre „Bath & sind ganz kleine Ausspitzungen, die die Schrift noch schärfer Beauty”-Kampagne wünschte sie sich keinen Geringeren als Ir- machen. Das konnte man sich nur mit Jil leisten, weil sie auch to- ving Penn, den weltbesten Porträtfotografen. „Das war mein

SHALOM HARLOW BY CRAIG MCDEAN FOR JIL SANDER S/S 1995 LOOKBOOK CRAIG MCDEAN FOR JIL SANDER BY S/S1995 HARLOW SHALOM tal verrückt mit ihren Nähten war, das waren ja die schönsten der Traum.” Er setzte die Bodycream so berückend ins Licht, 3

Kaum zu glauben, dass diese Kampagne 20 Jahre alt ist: Shalom Harlow fotografiert von Craig McDean für das Jil Sander Frühjahr/Sommer 1995 Lookbook 83 O

Im Jahr 2007 kam Stylessence auf den Markt. Der dunkle, lila schimmernden Flakon deutet es an: Nichts für kleine Mädchen, dieser Mix aus Orangenblättern, Petitgrain und Kardamom

3 dass man mit Jil Sander, die auf der Spiegelseite wie ein Boxer Redaktionstätigkeit zurück. Dabei war ihr Ziel von Anfang an mit Frotteehandtuch auf bloßen Schultern figurierte, in der statt Bauernfängerei das Coaching: „Als Moderedakteurin habe Steam Lounge zu sitzen meinte. ich auch das Missionarische erlernt, nicht nur gegenüber dem Zeitgleich mit der Gründung des Jil Sander-Labels kam in den Konsumenten, auch im Gespräch mit den Herstellern. So bin ich USA Clinique auf den Markt, eine Pflegeserie, die inhaltlich und überhaupt zum Design gekommen.” optisch auf Natürlichkeit und klinische Nüchternheit setzte. Ihr Doch auch die Multiplikatoren wollten vom Jil Sander-Duft erst Geist entsprach dem „American Sports Girl”, das in den 20er-Jah- überzeugt werden. Die Designerin erinnert sich an ein Treffen ren als mühelose Alternative zur Sufragettenbewegung Furore mit den „Douglas”-Chefs und die entgeisterte Frage: „Finden Sie gemacht hatte und derzeit auch auf das deutsche Frauenbild Ein- die Flasche wirklich schön?” Der Duft kam trotzdem ins Pro- fluss nahm. Am kalifornischen Strand konnte man dieser athleti- gramm. „Man kann sich gar nicht mehr vorstellen”, sagt Peter schen Gestalt des Weiblichen in Reinkultur begegnen. Für Jil Schmidt, „wie radikal das damals für Douglas war”. Als einmal Sander, die nach ihrer Ausbildung zum Textilingenieur als Aus- drei der bedeutendsten deutschen Produktdesigner in einer Jury tauschstudentin zwei Jahre in Los Angeles verbrachte, musste beisammen saßen, fiel die Bemerkung: „Peter Schmidt haben sie eine Offenbarung gewesen sein. Ihr Design übersetzte die at- wir verloren. Der macht jetzt Parfüm-Flakons.” Eine fataler Feh- traktive Nacktheit des Beach Girls in europäische Kleider und ler, denn nicht auf das Was, auf das Wie kommt es an. Jil Sander distinguierte Produkte. Insofern hatte der verrückte Werbetex- ging das frivole Geschäft der Mode mit der Ernsthaftigkeit eines ter ganz recht, sie zog Nackte an, ohne das Bedürfnis des Körpers Buchumschlaggestalters oder Karosseriedesigners an. Das war nach freier Bewegung zu vergessen. Was schließlich ihre Vision völlig neu, und deshalb sind auch ihre Flakons bis heute Ikonen von etwas „Kräftigem, Starken” für ihren Markenschriftzug be- und die Düfte Legenden. „Woman Pure“ war im New Yorker Mu- trifft, so ist er der in Kalifornien allgegenwärtigen Billboard-Äs- seum of Modern Art ausgestellt. „Da ist so eine Zeitlosigkeit in thetik vergleichbar. Ihre Nagellack-Fläschchen und Lippenstifte meinen Entwürfen”, bemerkt sie in ihrem gedämpften, fast kriti- gestaltete sie revolutionär klein, damit erstere nicht austrocknen schen Tonfall über den vor ihr ausgebreiteten Kampagnenstre- und letztere in die Hosentasche passen. Dass sie in der Magazin- cken. „Vielleicht, weil ich Antimode bin und die Trends auf mei- werbung dann trotzdem und erst recht übergroß, wie Blickfänge ne Art interpretiere, nicht so offensichtlich.” Ihr Wegbegleiter am Straßenrand auftraten, war auch ein Gruß an die transatlanti- Peter Schmidt spricht von einem „erhabenen Gefühl”, das tief im sche Werbekultur. Das graphische Denken überhaupt und ein Jil Sander-Brand steckt: „Das kriegt man Gott sei Dank auch nicht

Gefühl für visuelle Aussagen führt Jil Sander vor allem auf ihre mehr weg, da können die machen, was sie wollen”. PETER LINDBERGH

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„Kein Mensch braucht ein Che-Guevara-Sofa“ Was haben Roman Abramowitsch, Roland Berger, Rupert Murdoch, Calvin Klein und Bryan Adams gemeinsam? Sie leben in Christian-Liaigre-Design. Jetzt eröffnet der französische Edel-Einrichter auch eine Dependance in Deutschland. Silke Bender fühlte vor

Gezähmte Grandeur: der Stil des Möbeldesigners Christian Liaigre zeigt sich etwa im Ferienhaus von Galerist Larry Gagiosian auf St. Barth, der Rupert Murdoch-Yacht „Rosehearty“ und im Hotel „Puerta America“ in Madrid (von links)

86 INTERTOPICS; GETTY IMAGES; CHRISTIAN LIAIGRE GETTY IMAGES; INTERTOPICS; O

hristian Liaigre ist Distinkti- Geschichte erzählt, in die die Biografie der Rochelle, das war damals eine stark protestan- on auf zwei Beinen. Schlank, Kunden eingebunden wird. Es ist meistens tisch geprägte Region. Reichtum zu demons- vornehm, zurückhaltend hat gar nicht einmal so kompliziert: Meine Kun- trieren war ein Tabu. Innenräume waren fast er die tadellose Haltung ei- den haben mehrere Häuser und keine Zeit schon klösterlich karg, dafür aber die wenigen nes Dressurreiters. Ton in sich lange mit Einrichtungsfragen zu beschäf- Stücke darin exquisit. Diese aufgeräumte, dis- Ton sind das dunkelblaue Ja- tigen. Man trifft sich ein paar Mal und dann krete Schlichtheit habe ich wohl verinner- C ckett und die Wildleder- geben sie mir einfach einen Schlüssel und die licht. Ich kann gar nicht sagen, warum ich ei- schuhe, die Jeans selbstverständlich nicht Carte blanche. nen Tisch, ein Sofa oder einen Stuhl heute so blau sondern makellos cremefarben. Bevor oder so entwerfe, der kreative Prozess bleibt Liaigre als Autodidakt zum Möbeldesigner Richten Sie diese Wohnungen oder Häuser für mich immer noch ein Mysterium. und Einrichter der internationalen High So- dann einfach so ein, wie Sie das für sich per- ciety wurde, studierte er Kunst in Paris und sönlich tun würden? Warum haben Sie eigentlich nie für Hermès ge- verließ die Stadt während der „idiotischen Im Prinzip schon – die Frage, die ich klären arbeitet? Studentenrevolution“ 1968 wieder, um zehn muss, ist meist nur: Wollen die Bewohner vie- Es gab eine Zeit, als Hermès mit seiner Wohn- Jahre lang Pferde in der Vendée zu züchten. le Gäste empfangen oder nicht? Braucht man kollektion anfing, da wäre es fast dazu gekom- Seine in französischen Manufakturen herge- einen großen Ess- und Sitzbereich oder men. Allerdings war die Frau des damaligen stellten Möbel sind etwa so wie er: Mit dem nicht? So etwas. Präsidenten selbst Interior Designerin, und zeitgenössischem Zügel gezähmte Grandeur. ich glaube, sie war neidisch auf das, was ich Schlichte Formen, dezente Farben, noble Ma- Apropos sitzen: Die Sitzstreiks im Paris der bereits schon lange machte (lächelt). terialien und eine perfektionsgetriebene, 68er haben Sie, damals noch Kunststudent, handwerkliche Ausführung bis in den letzten weglaufen lassen ... Gibt es etwas, was Sie im zeitgenössischen De- Nadelstich. Wir sprachen mit dem sehr selbst- Was für eine idiotische sogenannte Revoluti- sign ärgert? bewussten Designer über die Modernität des on! Ich kam nach Paris, um Malerei zu studie- Oh ja, diese um Show-off bemühten Inte- 18. Jahrhunderts und die innere Sicherheit ren und zu lernen. Und ein Jahr ging gar rieurs. Diese Fußballspieler-Kultur. des Geldadels. nichts mehr. Tagelange Diskussionen in den Auditorien – alle taten politisch und wollten Sie hatten noch keine Anfragen von Fußball- 30 Jahre nach Gründung Ihres Hauses kom- eigentlich nur Party machen. spielern? men Sie nun auch nach Deutschland. Sind wir Nein, dafür fehlen mir wohl die Tätowierun- jetzt erst reif für französischen Luxus? Sie waren 23 Jahre damals, wollten Sie nicht gen (lacht). So kann man das nicht sagen (lacht). Wir ha- auch Rock ’n’ Roll? ben erst seit 2009, durch den Verkauf an die Nö. Ich war extrem begeistert von der Kunst Immerhin – mit Bryan Adams haben Sie einen Rothschild-Gruppe, die Möglichkeit zu expan- und Malerei. Es war eine Revolution, die mich Rockstar im Kundenkreis ... dieren, und haben dann drei Jahre lang nach nicht betraf und die ich nicht brauchte. Ein Er ist aber eher ein klassischer Typ, genauso einer guten Adresse in München gesucht. Jahr lang war das Land lahmgelegt von diesen übrigens wie Mick Jagger. Auch die Rolling Volltrotteln. Als mein Großvater starb und Stones sind Konservative nach Gutsherrenart. Warum gerade München? niemand sich um das Gestüt kümmern wollte, Wenn Sie in Jaggers Schloss in der Touraine Alle unsere bisherigen Kunden aus Deutsch- bin ich also zurück aufs Land gegangen, um kommen, würden Sie niemals glauben, dass land kommen aus München. Familie Strehle, die Geschäfte zu übernehmen. dort ein Rock ’n’ Roller wohnt. Dagegen das Familie Roland Berger. Also lag es nahe. Haus von Lenny Kravitz in Paris – das Parade- Und wie sind Sie von dort zur Inneneinrich- beispiel dessen, was ich im heutigen Interieur Wie empfinden Sie als Franzose den deutschen tung gekommen? verabscheue. Trendheischendes, Grelles, Pop- Wohngeschmack? ‚Elle‘ war damals das einzige Magazin in piges. Eine Lampe mit vergoldetem Maschi- Er ist nicht anders als überall. 90 Prozent un- Frankreich, das regelmäßig einige Seiten über nengewehr, wie sie Philippe Starck machte – serer Kunden sind Ausländer, viel reisende Interior Design brachte. Ein mit mir befreun- einfach nur vulgär. Wer will denn schon im und erfahrene Menschen. Die meisten sind deter Fotograf bat mich, die Studiodekoration Show-off und in Zeichen der Gewalt wohnen? auch Sammler und wählen unseren Stil, weil für ihn und die Fotostrecken zu machen. Da- Ein schönes Zuhause bedeutet für mich eine er unaufdringlich ist und die Kunst im Raum mals sah die Möbellandschaft noch ziemlich Oase der Ruhe. aufwertet, statt mit ihr zu konkurrieren. dürr aus: Zwischen Antiquitäten und den mo- dernen Klassikern gab es fast nichts. Irgend- Man kann das Maschinengewehr als Kommen- Ihre Kunden sind dabei jedoch ziemlich hetero- wann hatte ich keine Lust mehr, immer nur tar gesellschaftlicher Verhältnisse lesen ... gen – was ist der gemeinsame Nenner von Karl Knolls zu inszenieren, und fing an, selbst Mö- Aber Möbeldesign, so finde ich, ist nicht das Lagerfeld, Roman Abramowitsch und Bryan bel zu entwerfen. richtige Medium dafür. Dafür gibt es Schrift- Adams? Und warum glauben Sie, möchten die- steller, Sänger, Maler oder Filmemacher. Kein se Menschen in Christian Liaigre leben? Inspiration finden Sie im 18. Jahrhundert? Mensch braucht ein Che-Guevara-Sofa. Vielleicht, weil wir nie den Trends hinterher- Es war das kreativste Zeitalter im Interior De- gelaufen sind oder versucht haben, welche zu sign! Dort wurden die raffiniertesten Holzver- Und wie war Ihre Zusammenarbeit mit Karl kreieren. Ich glaube, wir stehen für so etwas täfelungen entwickelt, kunstvolle Türschlös- Lagerfeld? wie neutralen, zeitlosen Chic. Es gibt Men- ser, die gesamte Kunstfertigkeit der Möbelge- Wir haben einige Möbel für sein Haus in Paris schen, die sich in diesen Kreisen bewegen und staltung kam zur vollen Blüte – das war eine entworfen und das Konzept für das Haus in nicht trendy sein wollen. Mit dem, was wir moderne Revolution für die Epoche und fran- Biarritz. Es ist eine meiner schlimmsten Erin- wollen und tun, sind wir wohl am ehesten mit zösisches Design setzte weltweit Maßstäbe. nerungen. Wie er sich manchmal in Wut hi- Hermès zu vergleichen. neinsteigerte. Uff, schwierig. Sehen Sie Parallelen zwischen der Zeit des Gibt es also keine nationalen Unterschiede Sonnenkönigs und seinen Nachfolgern und Sie wissen schon, dass ich das aufzeichne? mehr in Fragen des Geschmacks? dem Geschmack der Oberschicht heute? Ach, ich sollte vielleicht nicht so daherre- Die Codes im Luxus sind global geworden, ja. Wie die Könige und Kirchenoberhäupter frü- den über Kunden, aber was soll’s. Zudem kennen sich meine Kunden meist un- her, wollen auch die Firmenchefs heute ein tereinander, das führt zu Mund-zu-Mund-Pro- Interieur haben, das ihre Macht widerspiegelt. Sie sind dieses Jahr 70 geworden. Keine Lust, paganda. Meine erste berühmte Kundin war Das Kunstsammeln ist heute das beliebteste sich zurückzuziehen? Carole Bouquet, dann kamen andere Schau- Statussymbol in diesem Club, und mir fällt Das wäre ja langweilig, ein Leben ohne Arbeit. spieler und so entwickelte sich das. auf, dass Manager oft nicht kaufen, worauf sie Doch ich habe mein Kreativteam erweitert, Lust haben, sondern was der Repräsentation heute unterstützen mich meine Frau Deborah Wie bekommen Sie den Spagat hin, einerseits nach außen dient. Und wie bereits seit dem 18. und eine deutsche Mitarbeiterin, Frauke Mey- erkennbar Christian Liaigre zu sein und für je- Jahrhundert beauftragt diese internationale er. Sie arbeitet bereits seit 18 Jahren mit mir. den dieser Kunden dennoch das Besondere, In- Klientel französische Inneneinrichter. Ich habe sie bei einem Studentenwettbewerb dividuelle zu geben? entdeckt, wo ich in der Jury saß. Beide haben Ich bin wie ein Schriftsteller, der die gleiche Welcher Wohnstil hat Sie geprägt? durchaus ihren eigenen Stil, der aber den Handschrift hat, aber immer wieder eine neue Mein Vater war Tierarzt in der Nähe von La Geist weiterträgt. 87 O

DESIGN Ab in Lange vernachlässigt, feiern Möbelstücke mit spitzen Winkeln ein Comeback. Esther Strerath hat sich die schönsten von ihnen genauer angesehen

Spot an für die Ecke! Architekten wie Daniel Libeskind oder Frank Gehry sind durch sie berühmt geworden, kürzlich wurde Libeskinds erstes Wohn- gebäude in Berlin eingeweiht – ein Block mit mächtig spitzem Winkel. Doch in der Inneneinrichtung werden Ecken vernachlässigt. Dunkel oft, schenkt ihnen kaum ein Designer Beachtung. Dabei ist das Sofa längst von der Wand in die Mitte des Raumes gewandert, die Essecke in der offenen Kü- che als Verlängerung des Arbeitsbereiches angekommen. Viel Raum für neue Lieblingsecken! Zum Beispiel mit einem Regal, das wie ein Vogelhaus

Spitzenstuhl von AljoudSpitzenstuhl von Lootah auf Stelzen thront und im rechten Winkel einer Zimmerecke lehnt. Es dient als Zwischenablage für „ungenaue Gegenstände“, so Designerin Marie Des- suant, deren „Étagère de Coin“ das Ergebnis einer Forschungsarbeit über das Fantasieren und dessen Platz im Alltag ist. Lila Jang, Designerin aus Südko- rea, lässt ihr Canapé die Wand hinaufklettern, wodurch ein Teil der Sitzflä- che automatisch zur Rückenlehne wird. Designerin Aljoud Lootah aus Du- bai entwirft Möbel, die wie Skulpturen jede Ecke zum Hotspot werden las- sen. Ihre „Oru“-Serie bezieht sich dabei auf das japanische Falten (= oru). „Die Idee war, zu zeigen, dass man aus einem zweidimensionalen Papier dreidimensionale Formen und Objekte gestalten kann“, erklärt Lootah, die ihre Entwürfe am Ende aber doch aus Holz und Filz fertigt. Die niederländischen Produkt-Designer Peter van der Jagt, Erik Jan Kwak- kel und Arnout Visser haben mit „DTile“ eine Nische gefüllt: „Kacheln sind flach, aber die Welt ist rund“, stellen sie fest. Weswegen sich ihre Erfindung in Küchen, Bädern, Bars oder Restaurants (unter anderem in Philippe Ordnungs-Stab: Garderobe von Kkaarrlls Kkaarrlls von Garderobe Ordnungs-Stab: (Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe) Starcks „La Cocotte“ in Paris) über spitze Ecken und scharfe Kanten

Klettermaxe oder Lieblingsecke: Canapé von Lila Jang Canapé von oder Lieblingsecke: Klettermaxe schlängeln. „Edgy“ könnte man das Sofa von Ron Arad finden, das er jüngst entworfen hat. „Ich bin durch die Straßen von Tel Aviv spaziert und da stand diese alte Matratze auf dem Gehsteig“, berichtet der britische Architekt und Designer und zeigt eine Handy-Aufnahme von Ligne Roset von von seiner Inspirationsquelle. Friedrich Heb- bel hat es einmal so formuliert: „Jedenfalls ist es besser, ein eckiges Etwas zu sein, als Hochsitz für Gegenstände: Eckregal „Etagère de Coin“ „Etagère Eckregal ein rundes Nichts.“ die Ecke

Matroschka-System: Metallregale „Corners“ von Kyuhyung Cho. Über menu.as 3-D-Schminkspiegel „Anamorphosis“ von Valérie „Anamorphosis“ von 3-D-Schminkspiegel Über atelierdexercices.com Windeck. Toter Winkel? Nicht mit der Wandleuchte „Wall mit der Wandleuchte Nicht Winkel? Toter anothercountry.com Lamp“ von

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Eckige Sache: An einer Straßenecke entdeckte Ron Arad die Ur-Version Version Futuristische Auf Zack: eines fliegenden Teppiches Olivier Gregoire von „Tapisofa“ seines Matratzen-Sofas für Moroso O

PPiquadro_ICONiquadro_ICON nn.VII_260x365_Oscamo.indd.VII_260x365_Oscamo.indd 1 220/07/150/07/15 11:2811:28 O

FRAU UND MANN

Grenzgänger

Alexandra Maria Lara und Sam Riley sind Schauspieler – und außerdem ein Paar. Für uns präsentieren sie Mode dort, wo Deutschland vor 25 Jahren sichtbar die Teilung überwand: An der Glienicker Brücke, die Berlin und Potsdam verbindet

Foto: Edith Held Assistenten: Kosta Tzaniilidis & David von Kampe Haare/Make-up: Sonja Shenouda c/o Bigoudi Styling: Daniel Sartore Produktionstrailer: Mike Car Connection Wir danken dem „Wirtshaus Moorlake“ in Berlin

as Schönste ist hier, dass Stadtentdeckung an der Seite seiner Frau be- Witze erzählt“, sagt Alexandra Maria Lara dieser Ort, an dem all gann mit einem ganz schlichten Spaziergang. grinsend inmitten der Outfits. Prada, Hermès diese Monstrositäten pas- „Alexandra ging neben mir mit gesenktem – große Marken. Wie halten Sie es mit dem sierten, heute nur noch Kopf, und ich dachte: Warum macht sie sich Luxus? Immerhin fährt die kleine Familie ein die Kulisse für Fotos ist. so klein?“ Die Begründung folgte auf den Fuß Auto aus dem oberen Preissegment. „Wir An der ehemaligen in- – die Ersten drehten sich nach der Schauspie- sind begeistert von unserem Jaguar Sportbra- D nerdeutschen Grenze, lerin um, und „einer rannte gegen einen Pfos- ke, es ist für uns das ideale Familienauto … wo Berlin und Potsdam sich so nah sind wie ten“, erzählt Riley in einem Mix aus Deutsch und was heißt hier nicht glamourös?“, sagt sonst nirgends, steht sie: die Glienicker Brü- und Englisch. Da habe er das erste Mal ver- Alexandra Maria Lara und spielt ein wenig cke. Schauplatz vielmaligen Agenten-Austau- standen, dass er einen Star an seiner Seite ha- die Empörte. Was soll man sagen? In der Hau- sches – so im Jahr 1986 des letzten echten, be. Alexandra Maria Lara empfindet sich al- te-Couture-Robe von Elie Saab auf dem roten filmreifen zwischen der Bundesrepublik und lerdings nicht so: „Das, was mich an unserer Teppich in Cannes ist Alexandra Maria Lara der DDR. Unten fließt die Havel, beim Ost- Arbeit fasziniert, ist nicht in erster Linie das ganz einfach zu hundert Prozent Hollywood. West-Deal genau wie heute. Damals gammelte Rampenlicht und was dazugehört. Ich freue Das Paar, derweil am „Wirtshaus Moorlake“ von der Westseite im Park Glienicke das Jo- mich am meisten über gute Dreharbeiten, angekommen, genießt die Pause. Und das hanniter Tor mit den Löwen vor sich hin. Heu- über kreative Kollegen und die Zeit am Set. Miteinandersein: „Ich fliege morgen zum te funkeln die Raubtiere frisch vergoldet als Aber wenn wir doch auf Premieren oder Dreh nach Südafrika, Sam nach Brighton.“ Teil des Unesco-Weltkulturerbes Schlösser Events unterwegs sind, macht es immer Moment? Da war doch noch der Nachwuchs? und Parks von Potsdam und Berlin. Touristen Spaß, alte Bekannte zu treffen.“ Dass Ben immer mitkommt, ist möglich, da es flanieren über die (Stadt-)Grenze, die so be- Spaß haben. Das Stichwort. Gerade auch freundliche Geister gibt, die Alexandra Maria drohlich war, zücken die Kameras und sind mit wenn es um Mode geht. Alexandra Maria Lara Lara unterstützen. „Und so lange er nicht in Recht erfreut darüber, dass in Potsdam nun macht vieles mit, nur bei einem da ist sie die Schule muss, versuche ich so viel Zeit wie auch restaurierte Klassizismus-Villen locken. strikt: „„Mode hat für mich auch etwas mit möglich mit ihm zu verbringen“, sagt sie. Edith Heldt zückt ebenfalls die Kamera. Die Identität zu tun. Wenn man sich in Sachen Sam Riley muss los. Vom Waldweg in den Umgebung ist ihr allerdings nicht Kulisse für wirklich wohlfühlt, kann man sie auch selbst- Flieger. In seine Heimat – ohne Anzug. „Ich einen Agentenstoff, wie sie es vor knapp ei- bewusst tragen.“ Man könnte auch sagen: Ale- bin eher casual“, behauptet er. So casual, dass nem Jahr war: Da drehte Steven Spielberg xandra Maria Lara ist präzise, nicht nur was der Jil-Sander-Kaschmirpulli zum Streichel- „Bridges of Spies“ (im Kino Anfang 2016) und ihren Beruf angeht. Auch bei der Auswahl der objekt wird. Dass mit dem Zegna-Anzug zwi- sogar Angela Merkel schaute vorbei. Heute Outfits ist sie diejenige, die genau abwägt, ob schen den Fingern gespielt wird: „Material, sind Brücke und Umgebung Set für eine Love- das, was fotografiert werden soll, zu ihr ge- gutes Material finde ich sehr tempting – wie story, die erst einmal aus Deutschland weg- hört. Ein Prada-Outfit aus schwerem Bouclé sagt man? – verlockend.“ Das Lieblingsstück führt: Ein Engländer trifft bei Dreharbeiten in übt auf der Stange eine starke Anziehungs- des Paares ist eine Lederjacke von Hermès. Nottingham auf eine Deutsche. „Control“, der kraft auf sie aus. Angezogen fällt der Zweitei- Das Ende der Liebesgeschichte an der Grenze Film über die Band Joy Divsion, war der ler aus Rock und Oberteil aber durch: „Ich steht an. Ein letztes Bild mit einer schönen Durchbruch für Sam Riley. Für Alexandra Ma- glaube, wir passen nicht zusammen!“ Frau, die in der Jury von Cannes sitzt, die Rol- ria Lara war es eine spannende Rolle – aber Sam Riley outet sich während des Shootings len erarbeitet, mal leichtfüßig wie bei „Rub- vor allem war es für den deutschen Star der als Anzugliebhaber – seine Frau ist begeistert beldiekatz“, mal intensiv wie im neuen Strei- Beginn ihrer großen Liebe. von ihm im Burberry-Trenchcoat über dem fen „Suite Française“, der am 19. November Sie war es dann auch, die Sam Riley nach Ber- Slimline-Anzug. Und egal in welcher Locati- startet. Da ist das Paar Riley-Lara mal wieder lin importierte. Seit nunmehr zehn Jahren on: Die Kamera liebt sie alle beide. Wäre eine in einem gemeinsamen Film zu sehen. Eine lebt der Brite in der deutschen Hauptstadt. Ob Modelkarriere eine Option für sie? Gelächter Besatzungsgeschichte aus dem Zweiten Welt- er Großbritannien vermisse? „Ich bin ja oft ge- im Duett. Dass ein Brite Ironie versteht, setzt krieg in Frankreich. Als Brückenschlag zwi- nug da. Gerade heute Morgen bin ich von man voraus. Bei Deutschen hält sich ein Vor- schen Franzosen und Deutschen spielt ein Dreharbeiten aus Brighton zurückgekommen urteil der Humorlosigkeit wacker: „Dabei bin Klavier eine Rolle. Das Schönste ist doch, 90 und daher auch ein bisschen müde.“ Rileys ich diejenige, die gern auch mal schlechte wenn Grenzen fallen. Andreas Tölke O

Sam lehnt an seinen Jaguar Sportbrake in einem Pullover von Pal Zileri und einer Hose von Prada, Mantel: Hermès. Schuhe: Santoni

Alexandra Maria trägt einen Mantel aus der Herrenkollektion von Brunello Cucinelli

Sam in einem Anzug von Pal Zileri, Rollkragenpullover: Gucci. Alexandra Maria trägt einen Pulli von Brunello Cucinelli; Rock von Odeeh

Sam: Pulli: Pal Zileri. Hose: Prada. Schuhe: Santoni. Alexandra Maria: Top: Patrizia Pepe. Rock: Talbot Runhof. Schuhe: Hermès O O

Diese Seite: Alexandra Maria schreitet voran im Top von Patrizia Pepe, Hosen von Sportmax und Schuhen von Salvatore Ferragamo. Auf dem Kopf ein Borsalino-Hut. Sam folgt ihr im Anzug von Boss Black, Pulli von Jil Sander und Stiefeletten von The Kooples. Linke Seite: Alexandra Maria trägt einen Mantel von Sportmax und Sam einen Trenchcoat von Burberry, darunter einen Pullover von Jil Sander O O

Diese Seite vor dem Jaguar Sportbrake: Sam trägt einen Pulli von Pal Zileri mit einer Hose von Prada, Schuhe von Santoni und eine Sonnenbrille von Oliver Peoples. Alexandra Maria trägt ein Top von Patrizia Pepe. Rock: Talbot Runhof. Schuhe: Hermès. Linke Seite: Kleid von Ralph by Ralph Lauren O O

Nicht nur modisch Hand in Hand: Sam trägt einen Anzug von Boss Black mit einem Hemd von Ermenegildo Zegna, Alexandra Maria einen Mantel mit Pythonbesatz von Miu Miu O

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STILISTENBEAUTY HIER KOMMEN UNSERE KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT Küss mich. Küss mich nicht.

Wie eine Leinwand wirkt das weiß abgepu- derte Gesicht. Lippenstiftfarben in allen Schattierungen durchschmieren das Grau – akkurat wäre ja kein Signal. Irving Penn fotografierte „Mouth“ 1986 für L’Oréal. Ab 23. Oktober wird die Aufnahme in der „Irving Penn: Beyond Beauty“-Ausstellung im Smithsonian American Art Museum in Washington zu sehen sein.

Flakon-Kokon: Wie bitte soll man Seide verflüssigen? Parfümeurin Marie Salamagne hat für Sensai ihre Ideen dazu verpuppt und das erste Parfüm überhaupt für die Japaner entwickelt. „Der Duft sollte transparent und warm zugleich sein.“ Wie der kostbare Stoff THE IRVING PENN FOUNDATION THE IRVING eben. Hat geklappt. „The Silk“.

EINFACH MANN AUSGESTRAHLT? Pfötchen-Peeling: Das Eincremen der Hände ist längst Alltagsroutine. Doch haben Sie – außer viel- Wann der Mann ein Mann ist? Dass unsere Haut im Sommer leicht bei einer Profi-Maniküre – schon einmal ein Tja, wenn er sich eincremt. leidet, ist nicht jedem bewusst. Handpeeling ausprobiert? Von Molton Brown gibt’s Denn längst kommen die männ- Sie trocknet durch die Sonnen- nun den „Alba White Truffle“-Exfoliator (duftet nach Muskat). In den lichen Kunden nicht mehr nur in einstrahlung aus, verliert bei feuchten Handflächen verteilen, verreiben und schwups, sind die Hände samtweich. Ei. unsere Parfümerie, wenn es allem Teint an Ausstrahlung. darum geht, Weihnachtsge- Und die wollen wir im trüben schenke für die Gattin zu kauf- Herbst natürlich zurückgewin- Super-Duper: Ob das „Superstart“- en. Viele begeistern sich für nen. Helferlein 1: das Puderpee- Fluid wirklich für eine schönere, eben- Cremes und Tinkturen, die ling von SBT. Einfach das feine mäßigere Haut sorgt, weil es einen so speziell für ihre „sensible“ Män- Puder morgens in den Handin- klangvollen Namen hat? Vielleicht. nerhaut gemacht ist. Und damit nenflächen mit Wasser ver- Vielversprechend liest sich die Informa- kein Mann ratlos vor dem Regal mengen. Gern täglich. Helfer- tion allemal. Der Skin Renewal Booster steht, empfehle ich gern eine lein 2: Im Anschluss an das von Elizabeth Arden soll die oberste neue deutsche Marke: „Eben- Peeling verwenden Sie das „Cell (bislang eher sträflich beachtete) Haut- holz“. Sie verzichtet auf Pa- Life Activation Serum“ von schicht schützen und noch unter (!) rabene, Silikone, tierische Be- SBT. Es soll die Langlebigkeit Serum und Tagescreme aufgetragen standteile und auf komplizierte der Zelle sichern. Und für die werden. Tiefenpflege! Namen. Die Anti-Aging-Creme ultimative Ausstrahlung könn- Eine Hand voll Pflege: Der nennt sich nämlich einfach ten Sie die neue „Skin Caviar Schwede Ben Gorham ist „Kraftpflege“. Will Mann mehr? Luxe Cream“ von La Prairie mit seiner Marke Byredo Nase zu, Lack ab: Neee, net nötig. Und einfach in cremen. Sie ist reichhaltig, lässt für Parfüms bekannt. Doch Nagellackentferner stinkt. Ist so. der Anwendung ist es auch. die Haut jedoch nicht glänzen. nun hat er eine Pflegeserie Der „Gentle Nail Polish Remover“ von Übertreiben wollen wir den Und ja, zwischen Ausstrahlung für die Hände kreiert und Treat Collection will das ätzende Vor- Beauty-Tick ja auch nicht, oder? und Glanz liegt ein himmel- eigens dafür zwei neue urteil widerlegen. Denn er riecht nach? weiter Unterschied. Düfte entwickelt: „Vetiver“ Nix. Und funktioniert so: Der Entferner Claudia Susanne und „Suede“. Die Hand- wird selbst wie Lack über den Lack Stetter Hinker- lotion gibt’s im puristischen gestrichen und nach 30 Sekunden Finkbeiner Inhaberin der Pumpspender (450 ml), die nimmt man die Farbe komplett ab. Parfümerie „Carl Inhaberin der reichhaltigere Creme in Gibt’s etwa über lanur.de Butta“ in Villingen- Parfümerie „Hinker“ Schwenningen in Baiersbronn einer ähnlichen Tube. O

FÜR DIE NASE toshop schickten. Orangenblüten, Neroli, Zi- trone und Bergamotte – all das findet sich Basic Instincts auch in 4711, nur haben wir die staubigen Duft- komponenten wie zum Beispiel Kumarin oder Lavendel entfernt und moderne, natürli- che und extrem kostbare Aromen hinzuge- fügt, die es haltbar auf der Haut machen.

In den 15 Jahren Ihrer Editions de Parfums haben Sie mit 12 Parfümeuren gerade mal 22 Düfte herausgebracht. Sie lassen sich also Zeit. Woher wissen Sie, wann ein Duft reif ist? Dieser Duft allein hat über drei Jahre Konzept und 300 Versuche gebraucht, um unsere An- sprüche an ein gutes Parfüm zu erfüllen. Ei- nes, das modern riecht, auf jeder Haut funk- tioniert und sich linear entfaltet. Dominique zum Beispiel schickt mir immer 15 Varianten, von denen ich die besten vier auf meiner eige- nen Haut teste. Mehrmals am Tag schnuppere ich daran, mache Notizen und schreibe den Parfümeuren meine Bewertung. Unsere Frage ist immer: Würden wir mit einer Frau schla- fen wollen, die so duftet? Würden unsere Frauen diesen Duft an uns mögen?

Wenn Sie und Ihre Parfümeure nicht an die breite Masse bei Ihren Kreationen denken , an wen dann? Unsere Arbeitsweise ist völlig gegenteilig zu den großen Häusern. Wir definieren keine

BRIGITTE LACOMBE; MONTAGE ICON MONTAGE BRIGITTE LACOMBE; Zielgruppe und machen keine Markttests. Ich lasse den Supernasen die komplette Freiheit. Allerdings muss ich sagen, dass unsere vier er- folgreichsten Parfüms die sind, bei denen ich eine bestimmte Person im Sinne hatte. ekannt ist, dass Frédéric Das Kölnischwasser 4711 Malle gern provoziert. Im Zum Beispiel? persönlichen Umgang ist er stand Pate bei „Cologne Dank meines Großvaters, der ‚Parfums Chris- ein Mann mit ausgesucht tian Dior‘ gründete und meiner Mutter, die feinen Manieren, einer, der Indélébile“, dem 22. Duft des später die Kreativabteilung dort leitete, kann- leise spricht. Umso größer Pariser Parfümeurs Frédéric te ich die elegantesten Menschen von Paris. So B ist dann der Effekt, wenn er, auch die schönste Französin, deren Namen ich watteweich verpackt, Be- Malle. Wer bei dem Namen jetzt nicht nennen möchte. Mit 18 schenkte ihr merkungen raushaut, die – nun ja – recht weit mein Opa ‚Miss Dior‘ – heute ist sie 80 und gehen. An diesem Tag empfängt er in seiner glaubt, das Ergebnis rieche trägt das Parfüm immer noch. Als ich mit Do- Boutique in der Pariser Rue du Mont Thabor. altbacken, irrt gewaltig. minique ‚Portrait of a Lady‘ entwickelte, war Wie ein Therapeut sitzt er hinter einem anti- sie mein Bezugspunkt. Das Parfüm war für ken spanischen Reisetisch aus dem 17. Jahr- Silke Bender sprach mit ihm mich, wie ein Kleid zu entwerfen, in dem ich hundert; es geht um eine delikate Frage der sie gern sehen würde. Persönlichkeit, nämlich welcher Duft zu ei- über Düfte als Instrumente nem passt. Vor ihm sind diverse Flakons auf- der Verführung Und welcher Ihrer Düfte ist ein Ladenhüter? gereiht. In ihnen haben sich die besten Parfü- Eigentlich keiner, aber ‚Une Fleur de Cassie‘ meure der Welt verwirklicht: Duftverleger ist so speziell, dass er sich nicht so oft ver- Frédéric Malle will mit seinen „Editions de kauft. Aber wenn, dann an die elegantesten Parfums“ den Parfüm-Blockbustern quasi ei- Monsieur Malle, was macht diesen Duft Ihrer Leute von Paris, London oder New York. Das ne Art mit Herzblut betreutes Programmkino Meinung nach zum Killer? sind Frauen, die niemals in Turnschuhen he- entgegensetzen. Weil er wie ein Doppelagent arbeitet. Zu- rumlaufen würden und die eine klassische, im Dann geht es auch gleich los: Seine erste Frage nächst einmal nehmen Sie eine zitrische, gewissen Sinne elitäre Stil- und Geschmacks- nach Lieblingsdüften ist ja noch einfach zu leichte Frische wahr, aber dahinter befindet prägung haben, die heute rar geworden ist. beantworten. Aber schon setzt er nach: „Sind sich ein Ozean aus Moschusdüften. Es hat 18 Wir sind dennoch sehr stolz auf diesen Duft Sie gerade in einer sexuell aktiven Phase?“ Monate gedauert, diesen Cocktail zu mixen, er und würden nie auf die Idee kommen, ihn aus „Möchten Sie eher verführen oder sich bin- entfaltet sich einen ganzen Tag auf ihrer Haut. dem Programm zu nehmen. den?“ So distinguiert Malle über die Kunst der Moschus waren ursprünglich ja Lockstoffe, Parfümkomposition parlieren kann, so direkt Pheromone, mit denen die weiblichen Mo- Wie passt dazu Ihre Entscheidung, die Firma spricht er über dessen Wirkung. Und der neue schustiere im Himalaja die Böcke verrückt dem Konzern Estée Lauder zu verkaufen? Duft „Cologne Indélébile“ (waschechtes Colo- machten. Seit Jahrhunderten wird der Duft in Ganz einfach, ich habe vier Kinder und noch gne) sei ein „Killer“, der bei Frauen und Män- synthetischer Form für Seifen und Parfüms scheint keines in meine Fußstapfen treten zu nern gleichermaßen funktioniere. Sein 18- verwandt, sodass unser Duftgedächtnis Mo- wollen – und ich will ihnen auch nicht mei- jähriger Sohn würde in den Pariser Clubs die schus heute mit „sauber“ gleichsetzt. Dieses nen Weg aufzwingen. Zudem beobachte und Mädels damit reihenweise schwach machen. Parfüm schaut uns an wie Nabokovs Lolita. schätze ich Leonard Lauder seit Jahrzehnten, Dahinter steht der Parfümeur Dominique Ro- Unschuldige Kinderaugen, die gleichzeitig sa- der Mann, der das Familienunternehmen zu pion, der auf der ganz großen Bühne bereits gen: Nimm mich. dem gemacht hat, was es heute ist. Sein Ange- Düfte wie „Alien“ von Thierry Mugler oder bot war für mich schmeichlerischer als wenn „La vie est belle“ von Lancôme erschuf. Malle Kölnischwasser hat für uns Deutsche eher die mich Marilyn Monroe auf den Mund geküsst gibt eine Probe: „So duften Sie, wenn Sie mit Assoziation von 4711. Ein Duft, der nach Nach- hätte. Ich vertraue ihm, dass mein Baby in der dem Parfüm an jemanden vorübergehen.“ Er kriegszeit riecht. Firma in guten Händen ist und wir die gleiche erwartet nicht sofort eine Antwort, ob und Das war genau die Idee von Autor Dominique Vision teilen: So wie Hermès die Luxusrefe- wie der Duft gefällt. Man soll sich Zeit lassen. Ropion und mir! Ein luxuriöses, modernes renz für Leder und Seide ist, soll Frédéric Mal- Genauso wie er. 4711 zu schaffen, das wir quasi durch den Pho- le einmal für die Welt des Parfüms stehen. 101 O

HAUSBESUCH

Der Duft von Wasser

Alberto Morillas macht nicht Parfüms – er erschafft sie. Silvia Ihring beobachtete ihn in seinem Genfer Wohnzimmer dabei, wie viel Gefühl dafür nötig ist. Zu Besuch bei einem, dessen Nase man gern hätte

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Alberto Morillas – der Mann mit der feinen Nase liebt seinen Garten und Hundedame Heidi O

„Gleichzeitig ist man als Parfümeur von Be- ginn an Egoist. Man möchte eben einen Duft entwickeln, der einem sofort Lust und Freude bereitet, der Gefühle hervorruft, während man ihn erschafft. Ein richtig guter Parfü- meur schafft es, seine Vorstellung mit der des Kunden in Einklang zu bringen.“ Die Erinnerungen an seine Kindheit stecken voller Aromen. „Wir Kinder nahmen uns Orangenschalen und machten uns einen Spaß daraus, uns damit einzureiben. Wissen Sie, in Spanien haben wir sogar die Katzen parfü- miert“, sagt er. Am Abend verteilte man den Duft von verbranntem Lavendel oder Weih- Handwerkszeug und Archiv: rauch in jedem Zimmer. Er könne durchaus Morillas’ Sammlung von verstehen, warum manche Menschen gar eine historischen Flakons kann Abneigung gegen das Auflegen von Düften man als beeindruckend verspürten. „Sich zu parfümieren bedeutet, bezeichnen. Noch dazu hat dass man seine Persönlichkeit offenbart.“ er für Marken wie Armani, Selbstverständlich reagiert er selbst empfind- Calvin Klein und Kenzo lich auf Gerüche, doch anders, als man es er- selbst berühmte Düfte (wie wartet. „Mir ist es immer noch lieber, jemand rechts „Flower by Kenzo – riecht nach Schweiß als nach einem schlech- L’Élixir“) erschaffen ten Parfüm“, sagt er und lacht. Monsieur Morillas reist für seinen Beruf stän-

MASSIMO RODARI (7) MASSIMO RODARI dig um die Welt, doch keine Erfahrung hat ihn je endgültig aus Genf herausgelockt. Das Grün, das Wasser – der Parfümeur arbeitet mit den edelsten Aromen, aber die schönsten erwarten ihn zu Hause. „Ich kam mit zehn as wichtigste Werkzeug ten der Branche. Morillas, der 1950 in Sevilla Jahren erstmals nach Genf und sofort packte eines Parfümeurs, so geboren wurde und später für das Studium an mich der Geruch des Sees. In Spanien hatten viel lässt sich behaup- der École des Beaux-Arts nach Genf zog, ar- wir einen Brunnen. Der Duft von Wasser ist ten, ist seine Nase. Doch beitet seit 1970 für das Unternehmen. etwas Wundervolles. Das ist Leben.“ wer Alberto Morillas „in Einst las er einen Artikel über den Parfümeur Der See liegt direkt vor der Tür, das Haus um- Aktion“ erleben darf, Guerlain, es war eine Offenbarung. „Ich habe gibt ein Garten, ein lang gehegter Traum, den D bekommt eher den Ein- plötzlich verstanden, dass hinter einem Par- sich Morillas beim Einzug erfüllte. Bäume, druck, dass sich der fum überhaupt ein ‚Créateur‘ steckte.“ Inzwi- Hecken, Blumenbeete und Sträucher sind so Zauber in seinen Augen abspielt. Während schen ist er selbst zu einem der bedeutend- angeordnet, dass sie verschiedene Stufen bil- seine rechte Hand einen weißen in Iris-Es- sten Parfümeure der Gegenwart aufgestiegen. den, das sorgt für Tiefe. Die Pflanzen säumen senz getauchten Papierstreifen unter seine „Acqua di Giò“ von Giorgio Armani, „cKOne“ kleine Gassen mit Kieswegen, hinter jedem Nase hält, starrt er fast wie in Trance ins Leere. von Calvin Klein, die „Daisy“-Düfte von Marc Busch versteckt sich ein Baum, ein großer tos- Kein Blinzeln, kein Zucken in seinem Gesicht. Jacobs und die „Omnia“-Linie von Bulgari, kanischer Terrakotta-Topf oder eine antike Unmöglich zu sagen, was in seinem Kopf vor- Parfums für Lancôme und Estée Lauder – Mo- Büste: „Wie ein Geheimgarten“, schwärmt der geht, während er den Duft der Iris aufsaugt. rillas’ Portfolio umfasst die bekanntesten Na- Besitzer. „Nachts ist es hier noch schöner.“ Das sonderbare Eisblau seiner Augen lässt ihn men. Für die Marke Kenzo entwickelte er den Wenn er von Reisen zurückkehrt, geht er als fast mystisch erstrahlen. Dabei ist der 65-Jäh- Klassiker „Flower by Kenzo“. In diesem Herbst Erstes in den Garten. Die Blumen und Pflan- rige ein herzlicher Mann. Dass sein Vater ein ist dessen Weiterentwicklung „Flower by Ken- zen machen es ihm nicht immer leicht, nicht Dandy mit einer Vorliebe für Maßschuhe war, zo L’Élixir“ erschienen, ein wegen seines in- alle fühlen sich in dem eher dunklen Umfeld hat abgefärbt. Morillas trägt ein Navy-blaues tensiven, süßen Charakters sogenannter wohl. Aber Morillas sieht das, natürlich, mit Sakko zu einem weißen Hemd mit Haifisch- „Gourmand-Duft“. Himbeere, Bulgarische Ro- Poesie. „Erst das Vergängliche ist doch wirk- kragen, eine pastellblaue Strickkrawatte se, Vanille und Praline. Bei dieser Kombinati- lich schön“, sagt er. „All das hier gehört uns ei- schaut heraus, die Rolex glitzert am Handge- on überrascht es, dass der Duft zwar süß, aber gentlich nicht. Es ist wie mit einem Parfum.“ lenk. Die Vorführung seiner Arbeit vollzieht nicht aufdringlich wirkt. „Ich habe noch nie er in seinem Wohnzimmer. Weiße Flügeltü- allzu schwere Düfte mit zu viel Körper ge- ren, Stuck an der Decke, eine Vitrine stellt sei- macht“, erzählt Monsieur Morillas. „Mir ist es ne Sammlung von Parfümflakons zur Schau. lieber, wenn sie luftiger sind. Wie ein Gemäl- Seit 20 Jahren lebt Morillas mit seiner Frau in de, das dem Betrachter die Möglichkeit gibt, einer Villa in einem grünen Vorort am Genfer sich vorzustellen, was er sehen möchte.“ See; die drei Kinder sind ausgezogen, die zwei Er beschreibt Parfüms mit Bildern, die Jack Russel Terrier genießen die volle Auf- manchmal wenig greifbar sind. Aber faszinie- merksamkeit. ren Düfte nicht gerade, weil sie so vergäng- Auf einem Schreibtisch sind einige seiner In- lich, so substanzlos und gleichzeitig so mäch- strumente ausgebreitet: viele kleine Sprühfla- tig sind? Und es ist immerhin sein Job, auf der kons mit neutralem weißen Etikett, Papier- Grundlage von Bildern, Gegenständen und streifen, ein Notizblock, in den Morillas seine Gefühlen, Düfte zu entwickeln. Zu allem fin- Einfälle und Formeln per Hand notiert und det er in seinem inneren Duftlexikon die pas- seine zwei iPads, in denen er seine gesamte sende Note. Manchmal bekomme er von sei- Bibliothek aus Formeln und Konzepten aufbe- nen Auftraggebern einen Lavastein oder ein wahrt. Normalerweise arbeite er jedoch nicht Schmuckstück als Leitmotiv. Oder, wie im Fall in diesem Wohnzimmer, sagt er, „der Geruch von „Flower by Kenzo“, eine Mohnblume, die wäre viel zu stark“. Nur drei Minuten entfernt nicht mal einen eigenen Duft besitzt. „Die ers- Wer ist hier der Herr im Haus? Jack Russel habe er sein Atelier. Und dann ist da ja noch ten Worte, mit denen ein Auftraggeber seine Terrier Althea Lina und Alberto Morillas neh- der Hauptsitz des Schweizer Duftentwicklers Vorstellung von einem Parfüm beschreibt, men während des Interviews auf dem Sofa Firmenich, einem der wichtigsten Produzen- sind immer die wichtigsten“, sagt Morillas. Platz, Heidi bleibt auf dem Boden 103 O

PSSSSt! Die Neulinge DR.

Problemlöserin Dr. Christine Schrammek gilt Fr. Dr. Weiß Bescheid als die Ärztin, der man Pro- Wer, wenn nicht ein Dermatologe sollte wissen, was der blemhaut besonders gern Haut gut tut, oder? Und darum macht auch die Regens- anvertraut (ihre „BB Creme“ ist ---burgerin Jutta Knauer seit 2013 „in Kosmetik“. Sie stopft in ein Bestseller). Nun gibt es ein die Produkte ihrer „Dr. JK Cosmeceuticals Privée“-Linie : neues Serum für alle Hauttypen selbstverständlich jede Menge Wirkstoffe. Das Star- jeden Alters. „Hyaluron Perfor- produkt ist die „Uplift“-Maske. Soll die Haut ohne Skalpell mance“ soll viel Feuchtigkeit in straffen. Hui. Mehr unter dr-jk.de die Haut pushen und diese erfrischen. Was ja alle wollen. Über schrammek.de

Von innen und außen Sie wissen schon, bei Risiken und Ne- Royal Power benwirkungen fragen Sie Ihren Arzt. Oder zum Beispiel- The Organic Phar- Dass der Königsfarn ungeahnte Heilkräfte birgt, macy, die Kosmetikmarke der Londoner : ist dem Münchner--- Dermatologen Dr. Timm Apothekerin Margo Marrone. Neben Golüke nicht etwa beim Waldspaziergang Cremes und Tinkturen gibt’s nun auch aufgefallen. Vielmehr inspirierte ihn die Studie „Beauty Drops“ im Sortiment, quasi Nahrungsergänzungsmittelchen und eines New Yorker Krankenhauses, gemeinsam Hautpflege in einem. Fünf Tropfen in mit einem Biochemiker einen einzigartigen Wasser aufgelöst trinken, drei Tropfen Wirkstoffkomplex zu entwickeln, der nun in der Creme beimischen. Und strahlen. seinen vier „Royal Fern“-Kreationen steckt. Die Über greenglam.de sogar bei Bergdorf Goodman verkauft werden.

Schub-iduuu Noch ein Tiegel, mögen Sie beim Anblick der neuen „Intensiv--- Cell Redensifying Cream“ von SBT denken. Aber der kann mehr als gut aussehen. Die hautglätten- den Inhaltsstoffe, die der Hamburger Dermatologe Prof. Dr. Volker Steinkraus entwickelt hat, werden von der sogenannten „Airless“-Technologie beschützt. Die Creme kommt nur heraus, wenn man über einen weißen Plastikdeckel streicht. Luft und Verschmutzungen blei- ben draußen, die Creme bleibt frisch. Clever!

Fortschrittlich In Sachen „Wie kriege ich eine faltenfreie junge Haut?“ sind uns die Amerikanerinnen voraus. --Besonders beliebt sind dort bereits seit 2005 die Produkte --- von „iS Clinical“ (steht für in- novative Skincare). Seit Juni gibt Schwarze Petra es sie auch bei uns. Gründer der Marke sind ein Finanzmanager Außen hui, innen pfui? Lassen Sie sich nicht von der schwarzen Formel der „Masque und ein Anti-Aging-Forscher aus, Noir Détox“ täuschen. Sieht vielleicht komisch aus, was der Franzose Antoine Le Gal- klar, L.A.. Ihr neuester Coup: das loudec (stammt aus einer Arzt-Familie) da gemixt hat, aber helfen soll es: Zweimal pro „Youth Serum“. Gibt’s etwa in der Woche sollte die Maske von Apotcare mit AHA-Fruchtsäure (entgiftend) für 15 Minu- Kosmed-Klinik in Hamburg. ten einwirken. Danach bloß das Abwischen nicht vergessen. Über ausliebezumduft.de 104 ; --- CAROLINE BÖRGER VON ZUSAMMENGESTELLT O

IM NORDEN Das Meer birgt die Kraft

Erst war es ein Surferparadies. Dann machten Monica Kylén und Mats Johansson ein Mekka der Naturkosmetik daraus. Caroline Börger pilgerte mal an die schwedische Westküste

für Tag geerntet, unser Freund Bosse holt sie der Design Week in Stockholm aus. Damit sie hier aus dem Meer. Sie trocknen und werden dort richtig zur Geltung kämen, produzierte dann in Boxen gepackt. So hat man ein Stück sie eigens Seifen dafür. Verkauft hat sie dann schwedische Westküste überall dort, wo man beides. Der Erlös? Deckte die Standkosten. möchte“, erzählt die 52-Jährige mit der sanf- „Immerhin“, sagt der 54-jährige Mats, Herr ten Stimme. Zufrieden sieht sie aus, ist wie die über die Zahlen und lacht. Monica freut sich meisten Schwedinnen kaum geschminkt und noch immer über den kleinen Erfolg von da- hat die gesunde Gesichtsfarbe einer Frau, die mals. Es gab schließlich Menschen, die ihre an der Küste, knapp 70 Kilometer südlich von Produkte wollten. Davon motiviert, ließen Göteborg, lebt und surft. „Wir lieben es, ka- beide ihre gut bezahlten Jobs hinter sich und men schon vor 25 Jahren im VW-Bulli aus stürzten sich ins Abenteuer Naturkosmetik, Stockholm hierher. Vor 15 Jahren sind wir „ganz jung war ich mit 45 damals schließlich ganz ins Surferparadies gezogen.“ nicht mehr“, gibt Monica zu. Bis heute sind die Damals arbeitete das Ehepaar noch in der Tex- nach Kräutern wohltuend duftenden Seifen tilbranche, beide für dasselbe Unternehmen. Bestandteil der Marke und werden noch im- Mats entwickelte Konzepte und Marken, Mo- mer in recht mühseliger Handarbeit herge- nica arbeitete im Merchandising. Doch sie stellt. Und ja, der Name blieb. wollten etwas Eigenes stemmen. „Hauptsache Körperöle folgten, ein logischer Schritt, denn itten im Raum steht ei- zusammen arbeiten“, erinnert sich Monica, die ätherischen Öle wurden bereits zur Sei- ne mit Wasser gefüllte die sich zu dem Zeitpunkt bereits mehr und fenproduktion verwendet. Heute umfasst die Holzwanne, die aus- mehr für die Keramikprodukte, die sie zu Kollektion knapp 40 Produkte unterschiedli- sieht, als ob da sonst al- Hause töpferte, interessierte. Sie fertigte klei- cher Art – vom Shampoo über Kerzen bis hin le sieben Bullerbü-Kin- ne Seifenschalen unter dem Label L:a Bruket zu Gesichtscreme und sogar Spülmittel. Alles der drin planschen. (sprich: Laaaaa Brrrruket; bedeutet übrigens wird mit natürlichen Zutaten aus der Umge- M Doch etwas ist anders Kleine Werkstatt) an und stellte sie 2009 auf bung hergestellt, immer noch in dem 27.000 als bei Astrid Lindgren: Einwohner Ort Varberg. Fünf Mitarbeiter ar- Ein ganzes Bündel Algen hängt (noch dekora- beiten in der Entwicklung, zwölf in der Pro- tiv) am Rand. Und drinnen sitzt die Autorin, Damit begann es: aufwendig von Hand duktion. Alles bleibt handmade in Sweden. die gleich von der Spa-Therapeutin gründlich gefertigte Seifen zum Aufhängen. Die Badesalze etwa werden sehr appetitlich mit dem Grünzeug abgerieben wird. Selbst Oben: die naturverbundene L:a Bruket direkt hinter dem Showroom, einem Lieb- für Wellness-Erprobte eine ungewöhnliche Gründerin Monica Kylén lings-Souvenirziel der Sommerurlauber, ge- Anwendung. Nach 20 Minuten zwischen den mischt und abgefüllt. Ja, von blonden, jungen schwimmenden Algen geht’s zurück in den Schwedinnen. Bademantel, dann auf die Liege. Die entgif- Bevor jedoch neue Produkte auf den Markt tenden und pflegenden Wirkstoffe zeigen kommen, testet das Ehepaar selbst. Mats ließ Wirkung: Der Körper ist schwer, die Haut sich vor zwei Jahren extra einen Bart wach- samtweich. Und bei dem grandiosen Ausblick sen, um einen neuen Rasierschaum auszupro- von der Liege des „Kurhotels“ im schwedi- bieren. Danach hat er ihn dann behalten. Es schen Varberg auf das im Nebel fast ver- gibt mittlerweile ein „Beard Oil“... Ebenso wie schwundene Meer wird die Seele ganz leicht ein Hundeshampoo, zur Vater-Mutter-Teen- und der Mensch sehr bequem. Doch draußen ager-Familie zählt nämlich auch Irish Terrier warten bereits Monica Kylén und Mats Jo- Frasse, Monicas Begleiter auf ihren morgend- hansson in ihrem tannengrünen Landrover, lichen Strandspaziergängen. Und klar, haben stilecht in Gummistiefeln und Daunenmantel. sie eine Seife für Surfer entwickelt, „um den Sie sind die Gründer von L:a Bruket, der Mar- Geruch der Neoprenanzüge schneller loszu- ke, die das Algen-Bad populär gemacht hat. werden“. Ein Verkaufshit in Los Angeles. Die „Das Tångbad ist unser Signature-Produkt. Amis sprechen übrigens von: L.A. Bruket. Neun Monate im Jahr werden die Algen Tag Aber auch das sehen die Schweden entspannt. 105 O

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PARISER LUFT Französische Kathedralen haben Partner von Ernst & Young, realisiert er sei- den Parfümeur nen Plan. Er verwendet Moleküle wie Musik- Francis Kurkdjian instrumente, orchestriert neue Aromen mit beim Ladenbau ungekannter Tiefe, gleichzeitig transparent, inspiriert elegant – und immer emotional. Manche nen- nen es: neue Formen in der Luft. Wem das zu theoretisch klingt, einfach mal der Nase „Oud“ oder „Lumière Noire pour femme“ vorspielen. Sein Wunsch, dem Duft ein Zuhause zu geben („Ich sehe mich auch in der Tradition der fran- zösischen Parfümeriekunst, die die alltägli- chen Dinge des Lebens beduftet“), nimmt Ge- stalt an. Der Bühnenbildner Jean Hugues de Châtillon kreiert für’s Schaufenster ein Pas de deux zwischen Paris und Parfum; die Künstle- rin Anne Lévine verziert die Decke und den Tresen der Boutique mit goldenen Blättern als Zitat aus französischen Kathedralen und Landschaften. Béatrice Ardison komponiert einen Soundtrack inklusive einer Aufnahme von Ravels „Pavane für eine tote Prinzessin“, eigens für Kurkdjian von den Pianistinnen Katia und Marielle Labèque interpretiert. Auch für die Düfte schwebt ihm exklusiver Stoff vor. „Da ich die Haute Couture liebe und gern ein Modedesigner sein wollte, aber über- haupt nicht zeichnen kann, wollte ich eine Garderobe der Düfte kreieren. Ganz unter- schiedliche Outfits. Manche Stücke trägst du oft, manche nur zu bestimmten Gelegenhei- ten.“ Wie ein fließendes Seidenkleid in flim- mernder Farbe („Oud Satin Mood“), ein extra- vaganter Kaschmirmantel („Oud Cashmere Mood“) oder ein transparenter Morgenmantel, schnell übergeworfen, weil der Kaffee auf dem Tisch steht („Pour le Matin Cologne“). In üblichen Details will er sich nicht verlieren. „Fragt jemand einen Maler, welche Farbnum- mern er für sein Porträt verwendet hat?“ Si- Melodien aus ICON MONTAGE (1), GETTY IMAGES cher, der Konsument müsse wissen, was unge- fähr enthalten ist, aber für das Erlebnis bedeu- te das doch rein gar nichts. „Es geht um Emo- Molekülen tionen, um pure Freude.“ Noch weniger gefällt ihm die Diskussion um „Nische, Kunst oder Er wollte Pianist sein und tanzen. Doch dann wurde der Franzose Kommerz?“ Alles habe seine Berechtigung, wenn es nur gut sei. „Mein „À la rose“ ist ein Francis Kurkdjian zum Wunderkind der Parfum-Szene sehr kommerzieller Duft, wie ein schlichtes weißes T-Shirt. Oder wie Jeans. Die sind auch kommerziell, aber jeder wird zugeben, dass er Blick wandert noch wann er einen großen Pitch – mit einem min- die von Hedi Slimane doch anders sind als die suchend in der unauffäl- zig-seifigen, aber vanilligen Lavendelduft für von H&M. Ich mache also einen kommerziel- ligen Seitengasse nahe den Mann. Eine Provokation und ein Pauken- len Rosenduft, aber einen mit Qualität. Ich der Place Vendôme. schlag: „Le Male“, Jean Paul Gaultiers erster brauche Denim in meinem Kleiderschrank.“ Doch die Neugier ist be- und heute noch, nach 20 Jahren, Bestseller- Parallel konzipiert Kurkdjian regelmäßig In- reits geweckt: Eine Mole- Herrenduft. Kein schlechtes Debüt für einen stallationen und Veranstaltungen. Etwa für külmelodie schwebt he- 25-Jährigen. Fortan komponiert der Franzose die Expo in Shanghai, die Genfer Oper oder D ran. Zärtliche Piano- und armenischer Herkunft, dem nun wahlweise Schloss Versailles, wo er beduftete Fontänen Parfumnoten vermischen sich in der kleinen das Etikett Wunderkind oder Rebell anhaftet, aus Brunnen schießen und parfümierte Sei- Boutique, im goldenen Licht präsentiert sich vor allem für die großen Designer: Giorgio Ar- fenblasen über den Gästen schweben ließ. das vollständige Ensemble des Maison Francis mani, Dior, Ferragamo, Ungaro, Lanvin, YSL, Aktuell bestaunen Besucher der Expo in Mai- Kurkdjian Paris (sprich: Kurkjean) und das Versace, Kenzo und immer wieder Gaultier. land „Stratus 2015“ – einen duftenden Nebel- Herz des Parfumjunkies schlägt vivace. Die Sein „For her“ für Narciso Rodriguez gilt schatten für das Kloster des „Palazzo delle Solisten heißen „Lumière Noire“, „Cologne schon bei Erscheinen als Klassiker. Stelline“. „Ich will mich nicht beschränken. Es pour le Matin“ und „pour Le Soir“, „Oud Satin 2001 eröffnet er sein Atelier für maßgeschnei- ist ja eine unabhängige Firma, ich allein be- Mood“, „Pluriel, „Amyris“, das neueste Ensem- derte Düfte, setzt damit einen neuen Trend stimme, wie mein Haus aussieht und was ich blemitglied ist „Aqua Vitae forte“. Auch wenn und bietet Workshops an. Im gleichen Jahr dort anbiete.“ Gerade hat er nach parfümier- die Düfte stets die erste Geige spielen, erst mit wird er mit dem „Prix François Coty“ ausge- ten Waschmitteln, Seifenblasen, Papier und dem Komponisten, Dirigenten und Interpre- zeichnet, dem bedeutendsten Parfumpreis – Armbändern das Sortiment um eine Leder- ten, dem Künstler Francis Kurkdjian, er- für sein Lebenswerk. Mit 32 Jahren. 2008 kollektion erweitert. Hüllen für Visitenkarten, schließt sich die Faszination der Marke MFK folgt die Ernennung zum Chevalier des Arts et Smartphone oder iPads, die ihren speziell vollends. des Lettres des französischen Ministeriums. konzipierten Duft über Jahre bewahren sol- Mit acht Jahren begann er, Klavier und Ballett Und 2009 dann sein eigenes Haus. Ausgerech- len. Und soeben hat im Marais eine Depen- in Versailles zu studieren, scheiterte in der net in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Doch dance eröffnet. Nein, man muss nicht nach Pa- Aufnahmeprüfung an der Pariser Oper, be- Kurkdjian folgt dem einstigen Rat seines Va- ris, um MFK-Produkte erwerben zu können. schloss mit 15 Jahren Parfümeur zu werden, ters: „Mache gute Arbeit, dann kommt auch Doch wer würde nicht einmal gern hören ging mit 21 an die berühmte Parfümeurs- der finanzielle Erfolg.“ Mit seinem engsten wollen, wie die Lieblingsarie am Original- 108 Schule ISIPCA. Gleich nach dem Examen ge- Vertrauten, Marc Chaya, einem ehemaligen schauplatz klingt? Susanne Opalka O

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UNTERWEGS

imm Gummistiefel mit Die Cowboys und -girls aus Manhattan, die Anderthalb Fahrtstunden von Manhattan be- statt High Heels“, riet jetzt mit uns an der Bande des überdachten ginnt die nordamerikanische Idylle, in der Daniel Adams vor der Platzes stehen, trinken Flaschenbier, keinen schon zur Belle Époque die New Yorker Geld- Reise. Würde man nicht Wein, tragen Reitkleidung, ausgebeulte und Geisteselite die Landfrische suchte. Der gleich darauf kommen. Sweatshirts und Regenjacken. Zug, gefüllt mit Fahrrad- und Wander-Aus- Denn in einem Atem- „Du bist das erste Mal hier?“, fragt eine Frau flüglern, gleitet gen Norden: Wälder, so weit N zug hatte er Namen von lachend. „Das sieht man. Das sind nicht die das Auge reicht, Weiden, auf denen Pferde Menschen heruntergerattert, die wie er im Hamptons, dear. Bei uns im Dutchess County wiehern, grüne Hügel, in die sich prachtvolle Dutchess County leben und denen man jeder- geht es lockerer zu.“ Früh am Morgen, so er- Landhäuser und postkartenschöne Farmen zeit auf dem Wochenendmarkt mit Porree- zählt sie, waren alle auf Kojoten-Jagd, zu Pferd schmiegen. Eine seltsam vertraute Land- stangen unterm Arm oder – noch besser – bei und mit Hunden. Selbst Colleys Vater Dean schaft, die mich an meine Heimat, den Teuto- einem privaten Dinner begegnen könnte: war dabei, ein 84-jähriger ganzer Kerl und burger Wald, erinnert, nur in XXL-Dimensi- Alain Wertheimer, Eigentümer von Chanel, McDonald’s-Betreiber im großen Stil, der mir on. Hält man sich hier im Dutchess County der Hotel-Impresario André Balazs, die von seiner Zeit in München in den frühen doch schon für Nachbarn, wenn man 50 Kilo- Schauspieler Bette Midler, Liam Neeson und Siebzigern vorschwärmt, als er dort die ersten meter entfernt wohnt. Richard Gere; Valeska Hermès, die Ferraga- deutschen Restaurants der Kette eröffnete. Das County umfasst neben der Hauptstadt mos, die Bulgaris, der New Yorker Star-Friseur Das Geschäft und die Liebe zum Landleben Poughkeepsie rund 40 Puppenstuben-Ort- Frédéric Fekkai, das ehemalige Topmodel hat er dem Sohn vererbt: 46 Pferde, Hunderte schaften mit alten Holzhäusern und kaum Paulina Porizkova, Talkshow-Ikone David Let- von Rindern und eine ganze Jagdhundemeute mehr als 2000 Einwohnern, ein properes Ide- terman – nur ein kleiner Auszug, versteht halten sich beide zu ihrem Wochenend-Ver- al-Amerika wie bei den Waltons. In der Van- sich. gnügen. Jeder spricht hier mit jedem. Kennst derbilt Mansion und dem Franklin D. Roose- Doch gilt auch hier: Man sollte sich nicht von du einen, kennst du alle. velt House kann die Geschichte von Dutchess Namen beeindrucken lassen, sondern auf ei- „Die Pferdefreunde“, so erklärt mir ein ande- County, geprägt von niederländischen Ein- nen Insider hören. Und so stehe ich leicht rer Gast, „treffen sich samstags immer bei wanderern, besichtigt werden. In Millbrook overdressed, ich hatte das mit den Gummi- Bruce. Die Fußballfans bei Massimo Ferraga- residierte einst der geschasste Harvard-Pro- stiefeln natürlich nicht ernst genommen, mit mo auf der Farm.“ Der Vorsitzende des US- fessor und Drogenpapst Timothy Leary, wo er falschem Schuhwerk und falschem Gastge- Zweigs des italienischen Luxuslabels Salvato- von 1963 bis 1967 im Schutz seines reichen tränk – ein Sauvignon blanc – unterm Arm an re Ferragamo habe sich nämlich ein eigenes Gönners die wohl berühmteste LSD-Kommu- einem verregneten Samstagnachmittag knö- Fußballfeld bauen lassen, wo er stets mit Dorf- ne der Welt unterhielt. Das zehn Quadratkilo- cheltief in Matsch und Pferdemist und schaue Polizisten, Hauswarten, Nachbarn, Starfriseur meter große private Anwesen namens „Da- Bruce Colley und seinen Freunden beim Polo- Frédéric Fekkai und allen kickt, die sonst noch heim“ wurde im 19. Jahrhundert im bayeri- spiel zu. Lust darauf haben. Nur heute nicht: der Re- schen Stil von einem deutschen Einwanderer Der New Yorker Bonvivant, Geschäftsmann gen. Nach dem Polo lädt Bruces Polo-Kumpel erbaut und später von der Bankiersfamilie und Spieler im US-Poloteam hatte mich am Eddie Taylor deshalb in sein neues Bar-Res- Hitchcock gekauft. Deren Spross, der Polo- Abend zuvor beim Dinner der deutschen Aus- taurant „Purdy’s Farmer & the Fish“ ein. Spieler Tommy Hitchcock Jr., soll in den 20er- wanderer Alicia und Daniel Adams eingela- Erst vor zwei Jahren eröffnete der ehemalige Jahren das Vorbild zu Tom Buchanan im den. Seit 2006 züchtet Adams, Mitbegründer Fischer, heute ein Großhändler für Meerestie- F.-Scott-Fitzgerald-Roman „The Great Gatsby“ von „Design Hotels“ hier Alpakas, 2009 grün- re, seine erste Gaststätte außerhalb Manhat- gewesen sein. Leider hat der heutige Bewoh- dete seine Frau die Mode- und Homewear-Li- tans. Die Kombination aus familiärer Kneipe ner und Nachkomme keine Lust auf Besucher, nie „Alicia Adams Alpaca“. Ihr köstliches Ho- und einem exquisiten Homegrown-Menü, das die sich speziell für die Leary-Episode seines me-Cooking, das regelmäßig für bis zu zwölf Gemüse kommt von der angeschlossenen Bio- Anwesens interessieren. Leute an der privaten Tafel im Haus sorgt, hat Farm, ist ein Erfolg: Es ist proppenvoll, das Dafür öffnet sich am nächsten Tag leise sum- sich schnell herumgesprochen – besser als bei Bier fließt in Strömen, heitere Society- mend und bei strahlender Sonne ein anderes den Adams kann man in die Gesellschaft von Klatschgeschichten aus erster Hand kursieren Tor in Millbrook. Man fährt einige Minuten Dutchess County nicht eingeführt werden. – und spätestens jetzt versteht man den be- durch steile, grüne Hügel hinauf bis man stan- „Komm morgen zum Polo vorbei und bring sonderen Charme der Gegend, die sich so be- desgemäß unter Kieselknirschen vor das Haus was zu trinken für uns Cowboys mit“, meinte tont leger vom Hamptons-Jetset distanziert der Bulgaris rollt. Von dem 1934 im Kolonial- Colley zum Abschied. „Bei gutem Wetter spie- und spätestens seit „9/11“ wieder als Wochen- stil erbauten Herrenhaus hat man eine endlo- len wir auf dem Platz unserer Ranch, sonst in enddomizil in den Fokus wohlhabender New se Sicht auf das Hudson Valley und seine Wäl- der Halle.“ Yorker gerückt ist. der. „Es ist der Ort, an dem ich durchatmen kann“, sagt Veronica Bulgari, die Tochter des einstigen Bulgari-Chefs Nicola, der in den 70er-Jahren nach New York kam, um die Ex- pansion des römischen Schmuckimperiums voranzutreiben. Sie selbst arbeitete 14 Jahre lang im Familienunternehmen, bis es 2011 an Die Cowboys LVMH verkauft wurde. Heute ist sie als Mar- kenbotschafterin aktiv und kümmert sich um die Charity-Projekte der Familie. „Hier habe ich die Muße, Freunde zu treffen, Fahrradtou- von New York ren zu machen und meine Kinder unbeauf- sichtigt spielen zu lassen. In Greenwich Villa- ge in New York geht das nicht“, erzählt sie. Vergessen Sie die Hamptons! In Dutchess County, anderthalb Ihre Mutter Anna gesellt sich zu uns an den Stunden Fahrt vom Big Apple entfernt, liegt ein viel Tisch in der Landküche, wo die Köchin selbst gebackenen Bananenkuchen und Cappuccino entspannteres Bilderbuch-Amerika. Silke Bender ließ mal locker. serviert. „Ich kam damals ja aus Rom nach New York“, sagt sie. „Ich liebte es, aber irgend- Katharina Poblotzki fotografierte wann schienen mich die Hochhäuser zu er- drücken. 1990 dann fand ich dieses Anwesen und diesen Blick, seitdem bin ich jedes Wo- 110 chenende hier. 3 O

Die Gegend um Poughkeepsie ist jetzt im Indian Sommer besonders schön

Vom Tegernsee an den Hudson: Alicia und Daniel Adams züchten jetzt Alpakas in Upstate New York

Pferde, Pferde, Pferde: Samstags spielen die Wochenend-Cowboys Polo oder gehen zur Jagd, hier Bruce Colley

Landlust auf Amerikanisch – Hunde und Gummistiefel sind zwingend erforderlich 111 O

Ross und Reiterin: Diandra Douglas mit ihrem Hengst Mexicano

Zu Hause bei den Bulgaris: Auf dem Landsitz gibt es viel Platz zum Spielen

Das Hotel „The Beekman Arms“ von 1766 nennt sich „das älteste Amerikas“

„Hier im Dutchess County bedingt das Dia Beacon Kunstmuseum und alle Blumen, Gräser, Sprossen und Kräuter den Storm King-Skulpturenpark auf der ande- wachsen, die sie für ihre neu gegründete Na- sind die Menschen sehr auf ren Hudson-Seite an. Und geht zum Essen un- turkosmetiklinie „Carpe Diem Farm“ benö- bedingt ins ‚Serevan‘, ein Armenier mit der tigt. „Wissen Sie, ich bin auf Mallorca aufge- dem Boden geblieben, hier besten orientalischen Fusionküche.“ wachsen, sehr ländlich und behütet. Genau kann ich entspannen“ Leider haben wir keine Zeit, die nächste Ein- dieses Gefühl und ein europäisches Flair habe ladung wartet 20 Autominuten weiter. Dian- ich hier in Millbrook wiedergefunden – und Farmbesitzerin DIANDRA MORRELL DOUGLAS, dra Morrell Douglas hat sich hier mit ihrem das möchte ich meinen jüngsten Kindern ver- brasilianischen Lebensgefährten, dem Gastro- mitteln. In Los Angeles habe ich mich nie Unternehmer Paulo de Oliveira, vor zwei Jah- wirklich zu Hause fühlen können.“ ren einen Lebenstraum erfüllt: Sie erwarben Die Diplomatentochter war Politikstudentin nach langer Suche eine eigene Farm. Noch le- und Praktikantin im Weißen Haus, als sie mit ben sie in einer umgebauten Scheune und 19 dort Michael Douglas kennenlernte. Hals dem alten Farmhaus, das „richtige“ Haupthaus über Kopf heiratete sie den 13 Jahre älteren soll erst noch gebaut werden. Schauspieler, zog zu ihm nach Los Angeles. 3 Das Schöne an Millbrook ist, dass es mitten Die ganze Familie samt Angestellten und Tier- Die Scheidung 23 Jahre später ging als eine in der Natur liegt, aber überhaupt nicht pro- park erwartet zum Picknick in der Sonne: ihre der teuersten in die Geschichte der Holly- vinziell ist. Die interessantesten Leute aus drei Kinder, die Zwillinge Hawk und Hudson, wood-Annalen ein. New York trifft man hier.“ Veronicas Sohn Oli- Tochter Imara, Viviane, die Freundin ihres „Hier im Dutchess County sind die Menschen ver stürmt mit Neffe Simon und Carla, der Sohnes Cameron, die Hunde Blanca, Pasha sehr auf dem Boden geblieben, hier kann ich Tochter der Köchin, herein. „Mama, wann fah- und Namate und der andalusische Hengst Me- entspannen“, erzählt sie weiter. „Mein Lieb- ren wir denn endlich?“ xicano. Auf dem offenen Jeep, einem Relikt lingsplatz ist der japanische Innisfree Garden, Die Kinder wollen zur Sister’s Hill Farm, ein aus dem Zweiten Weltkrieg, den sie mit der einer der schönsten von Amerika.“ Die besten Bio-Anbau-Projekt örtlicher Nonnen. Gegen Farm erwarben, stapeln sich Picknickkörbe Restaurants für sie: Das „Café Le Baux“ in Mill- eine Jahresgebühr kann man jedes Wochen- mit Kaffee, Tee, Nüssen und Keksen. Zu Fuß brook und das „Stissing House“, wegen ihrer ende dort Gemüse selbst ernten oder abholen. ist das Anwesen kaum zu fassen – eine ehema- französisch-mediterranen Küche mit aus- „Sister’s Hill Farm ist der In-Treff von Mill- lige Schaf- und Maisfarm, die sich auf fast ei- schließlich lokalen Produkten. brook“, sagt Veronica lachend. „Und die Kin- nen Quadratkilometer, drei größere Weiher Die Zugstrecke zurück führt den Hudson ent- der lieben es, ihre Tomaten selbst zu pflücken, und einen Privatwald erstreckt. Während lang. Nach Tagen im ländlichen Luxusidyll er- die Karotten aus der Erde zu ziehen und zu Diandra mit dem Jeep eine kleine Tour durchs reicht einen der Anblick der Großstadt nur wiegen.“ Und während sie ihre Gummistiefel idyllische Gelände gibt, erzählt sie von ihren noch bedingt – aber wenigstens sind die High 112 anzieht, ruft sie uns noch zu: „Guckt euch un- Zukunftsplänen: Auf der Farm sollen bald fast Heels dort nicht deplatziert. O

SONNTAG, 18. OKTOBER 2015 Anzeige

Global Diary LIFE PERFORMANCE SOLUTIONS Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt WhatsApp und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer. Illustriert von Tim Dinter TORONTO Schwarze Lobbywände, auf ihnen weiße Stadtskiz- zen, knallbunte Loungesessel: Das „Thompson Boutique Hotel Toronto“ führt von Beginn an Kon- traste vor – in der Bar mit Livemusik setzt sich das fort. Hier geht es unkompliziert zu, wie überall in der Stadt. Schwarz-Vorliebe im Design auch auf den Fluren und im Fahrstuhl. Umso erhellender er- scheinen die Zimmer und Suiten: Holzboden, oran- ge- oder lilafarbene Stoffe, ein Bad mit Ausblick. Durch die Räume weht eine Vintage-Brise, durch das glückli- cherweise zu öffnende Fenster eine andere, meerähnliche Brise herüber vom Lake Ontario. Doch wozu dort verweilen, wenn es im 16. Stock die Rooftop-Bar gibt? Abends sind hier kaum Ü-30-Besucher auszumachen. Die Sicht auf die City bis nach Mississauga mit spektakulärem Sonnenuntergang ist sicher ein Grund. Der andere das Snack-Angebot, das sich deutlich von der verbreiteten Fast-Food-Kul- tur unterscheidet. Nationenauthentisch zubereitete Antipasti, Tacos oder Tapas, bunte Cock- tails, internationale Weinauswahl samt kenntnisreicher Barchefin. Glasbalustraden sichern den Pool, in ihm zu schwimmen vermittelt mir die Illusion, über der Stadt mit ihrem Sound zu schwe- ben. Das Faible der Kanadier für europäische Küche ist enorm, dem Hotel angeschlossen ist das Restaurant „Colette“ mit französischer Haute Cuisine, die kein bemühter Abklatsch ist, da- für sprechen die vielen Franzosen, die sich hier regelmäßig einfinden. Samstags am frühen Morgen die Überraschung: Auf der großen Sonnenterrasse des Hotels kommen gefühlt 150 Leute zusammen zum gemeinsamen Yoga und Sonnengruß – ein magischer Moment ange- sichts der optischen Umarmung durch das Skyline-Halbrund. Uta Petersen hat sich fest vorgenommen, Europa bald wieder Richtung Kanada zu verlassen

SANSIBAR

Wo sonst findet man das: Imperiale Kolonialarchitektur trifft weißen Palmenstrand. Der Sand so fein, dass er durch eine Eieruhr rieseln könnte. Und nicht nur das. In Sansibar und seinem Unesco-Weltkulturerbe Stone Town wirbelt bei jedem Schritt uralte Geschichte auf. Exotische, elitäre und grausame Geschichte. 2000 Jah- re lang war Sansibar nämlich bedeutender Umschlag- platz im indopazifischen Handelsverkehr, mit allem Glanz und Elend. Zigtausend afrikanische Sklaven wurden hier ver- schachert, ein Großteil erlag bereits vor Ort Hunger und Durst. Arabische Kaufleute brachten den Islam ins Land. Dazu kamen Zimt aus Sri Lanka, Nelken aus Indonesien, Ingwer aus China – Reichtum ent- FALKE stand. Dem konnte auch der Sultan von Oman, zugleich Regent über Ostafrika, nicht wider- stehen. Er verlegte 1840 seine Residenz von Muskat auf die Insel. Kaiserreich Deutschland und ULTRA ENERGIZING die englische Krone unterhielten in jener Epoche Konsulat und Handelshäuser. Auf meinem Bummel durch das Gassenlabyrinth von Stone Town staune ich quasi an jeder Tiefenwirksame Stimulierung Wegbiegung über das koloniale Erbe – vierstöckige Bauten mit geschnitzten Türen und höl- der inneren und äußeren zernen Veranden. Dennoch mischt sich in den Zauber eine gewisse Melancholie. Denn die so- Blutbahnen zialistische Regierung hat wenig Sinn für den Erhalt von Feudalbauten: Zahlreiche von ihnen verfallen. Andere aber fanden private Liebhaber und wurden sorgfältig restauriert. Märchen- hafte Gästehäuser wie „Emerson on Hurumzi“ mit romantischem Rooftop-Restaurant entstan- FALKE Ultra Energizing, Art. Nr. 15730 den. Ein ehemaliges Kontorhaus am Meer fungiert jetzt als historischer Flügel des neuen „Park Hyatt Zanzibar“. Ein zweiter im angeglichenen Orient-Stil kam dazu. Viel Marmor, Säulen und FEEL THE 24 HOUR ENERGIZING EFFECT Springbrunnen sowie breite Himmelbetten in Zimmern und Suiten verpassen dem Hotel Pracht und zeitgemäßes Flair. Auf seiner hundert Meter langen Terrasse über dem Strand schwelge ich zum Abend gewissermaßen in zwei Welten. Vor meinen Augen segeln altertümli- che Holzschiffe vorbei. Ich lasse die Eiswürfel im Gin Tonic klimpern und denke an Sindbad den Seefahrer. Tapas werden gereicht, anschließend eine Shisha. Das originale Tausendundei- ne-Nacht-Gefühl. Und wie einst auf der Promenade von Stone Town flanieren Sansibar- Schönheiten wispernd auf und ab. Farbenfrohe Gewänder fließen um schlanke Körper, Man- delaugen blitzen, schwerer Goldschmuck funkelt an Hals und Händen. Ich ahne, dass der Sul- tan damals noch einen weiteren Grund hatte, um von Oman nach Sansibar zu ziehen. Der Mix von Strand und Altstadt hat Autorin Kiki Baron den Abschied schwer gemacht · P.O.BOX 11 09 - D-57376 SCHMALLENBERG / GERMANY · P.O.BOX FALKE O

BAUPLAN

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DIE „INSIDE BAG“ VON PRADA In den Ateliers und Manufakturen dieser Welt werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu

Bei Prada sieht man nun doppelt. Wer das neue Modell „Inside Bag“ aufzippt, wird durch eine zweite kleine Tasche im Inneren überrascht, beide sind aus Krokodil-, Straußen- oder Kalbsleder. Experimentierfreudige wählen Innen- und Außentasche in Kontrastfarben. Oder doch lieber ganz trendbewusst in Monochrom? In jedem Fall darf die Innere cool rausgucken. Gefertigt wird traditionell in der Nähe von Florenz. Wir haben uns angeschaut, wie aus 90 Ein- zelteilen in rund sechs Arbeitsstunden eine Tasche wird:1. Basis ist die technische Zeichnung. 2. Aus einem Stück Nappaleder entstehen die Einzelteile mit- tels Schablonen und einem Zuschneidemesser. Den Anfang macht die Innentasche. 3. Alle da? Die ausgeschnittenen Einzelteile werden mit der techni- schen Zeichnung abgeglichen. 4. Auf links gedreht werden sie zusammen mit dem Reißverschluss vernäht. Das läuft bei beiden Taschen gleich ab 5. Die In- nentasche ist fertig. Mit den Seitenflügeln wird sie später im Innern der Außentasche fixiert. 6. An der Außentasche wird der erste Teil der glockenförmi- gen Griffbefestigung genäht. Der Henkel liegt später gut vernäht zwischen dem ersten und zweiten Teil 7. Eine Paspel säumt die Außenränder und schafft einen sauberen Abschluss. Später wird hier der Reißverschluss befestigt 8. Die verbliebenen Teile der Außentasche können vernäht werden. 9. Innen- und Außentasche finden endlich zueinander. Finito! Übrigens: Die Inside Bag gibt es in drei Größen. Wir haben uns für die größte Variante entschieden. 114 260x365_Mumm_Kandelaber15_ICON_WamSMag_US3_RZ_39L.indd 1 O 31.08.15 15:47

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