20. Internationales Forum 21 Des Jungen Films Berlin 1990 ««SS
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20. internationales forum 21 des jungen films berlin 1990 ««SS JAHRGANG 45 Wenn Li ihren stummen Schmerz und damit ihre Sprachlosigkeit überwindet, wird sie zu Al sagen: "Du weißt bloß, was du nicht Land Deutsche Demokratische Republik willst, aber nicht, was du willst." 1965-66/90 Diesen Zustand der Ratlosigkeit, der undefinierbaren Sehnsucht Produktion DEFA-Studie für Spielfilme, nach einem anderen Leben beschreibt dieser Film auf eine Weise, Gruppe 'Roter Kreis' der für damalige Verhältnisse ungewöhnlich und unbequem war. Sehr nah an der Realität, vermitteln die Bilder von Berliner Regie Jürgen Böttcher Hinterhöfen, Straßenschluchten und Wohnungen der Geschichte Buch Klaus Poche, Jürgen Böttcher eine schmerzliche Authentizität, weisen auf eine tiefere Wahr heit. In der Art, das Leben anzunehmen wie es ist, liegt eine große Kamera Roland Graf Kraft, die von Al's altem Freund Mogul ausgeht, aber w© Beja Ausstattung Harry Leupold hung ist, muß auch Verneinung möglich sein. Nur in diesem Dramaturgie Christel Graf Spannungsfeld kann sich eine produktive Vielfalt des Lebens Ton Peter Foerster entwickeln, danach drängen die Jungen unbewußt. Insofern si Schnitt Helga Gentz gnalisiert diese Liebes-, Ehe- und Generationsgeschichte ein Maske Kurt Tauchmann wichtiges menschliches Grundbedürfnis, das nach Erweiterung Kostüme Günther Schmidt individueller, alternativer Lebensmöglichkeiten. Regieassistenz Siegbert Fischer Bilder erzählen mehr als Worte: Wenn Al zusammen mit seinen Kameraassistenz Wolfgang Ebert Freunden hoch oben im Rohneubau für einen Moment Besitz Standphotographie Waltraud Pathenheimer ergreift von den Verhältnissen, dann ist dies zugleich auch ein Aufnahmeleitung Gerrit List Bild für die Gesellschaft: Der Rohbau ist fertig, jetzt sollen die Produktionsleitung Dorothea Hildebrandt vielfältigen Varianten des Lebens darin Platz finden. Daß dies nicht erfolgte, hat zu unserer heutigen Misere geführt. Darsteller Christel Graf Alfred, genannt Al Rolf Römer Lisa, genannt Li Monika Hildebrand P.S.: Dieser Film war das Spielfilm-Debüt des Regisseurs, des Mogul Paul Eichmann Autors und des Kameramannes. Jürgen Böttcher hat seit dieser Hans Holger Mahlich Zeit nie wieder für den Spielfilm gearbeitet. Rita Renate Reinecke Mutter Ruth Kommerell Kaderleiter Walter Stolp Die Heroisierung der Abseitigen Napoleon Werner Kanitz Der erste Spielfilm Heinz Ingo Koster Nach dem Studium der Malerei habe ich Filmregie nicht etwa mit Sylvi Anita Okon dem Bewußtsein studiert, daß ich mal -zig Jahre ausschließlich Freund Ralf Winkler (heute Penck) Dokumentarfilme mache, sondern ich wollte natürlich Spielfilme drehen. Uraufführung 6. Februar 1990, Berlin (DDR) Es waren damals in den frühen 50er Jahren vor allem Spielfilme Akademie der Künste mit dokumentarischem Charakter, die mich am meisten beein druckt haben. Besonders die Filme der italienischen Neorealisten Format 35 mm, schwarzweiß, 1:1,37 haben mich auf meinen Weg gebracht. Die Nachkriegszeit prägte Länge 94 Minuten meine Biografie wesentlich - der starke Widerhall der Wirklich Weltvertrieb DEFA-Außenhandel, Milastr.2 keit, ihrer Härten und der daraus entspringenden besonderen Poe 1058 Berlin (DDR) sie. Dieses Trotzdem von Hoffnung, von Utopie, bei aller Bitter keit. Das fand ich wieder und entdeckte es damals neu - in Filmen Inhalt von de Sica, Visconti, Rossellini. Mir war klar, daß ich als Maler in diesem Land DDR keine Berlin im Jahre 1965, Prenzlauer Berg, 2. Hinterhof, 4. Etage ... Zukunft haben würde, wollte aber etwas Kreatives machen, mich Hier beginnt diese Geschichte von Al und Li, die sich lieben, aber auch politisch einmischen. nicht miteinander leben können, die sich weh tun, um im Schmerz die Liebe zu spüren, die auseinanderlaufen, um Sehnsucht nach Sehnsucht dem anderen zu haben, die das, was sie fühlen, nicht artikulieren Spielfilme wollte ich machen. Aber authentische, aus der unmit können und die vor allem nicht wissen, wie sie leben sollen, weil telbaren Wirklichkeit heraus entwickelte, worin auch die Alltags sie so wie die anderen nicht leben wollen. Später wird Al, der die härten nicht verschwiegen werden. Nach dem Studium an der Scheidung eingereicht hat, vom BGLer zu hören bekommen: "Es Filmhochschule entschloß ich mich, erst einmal ein paar Jahre geht euch doch gut, oder habt ihr einen Mangel? Hast du kein Dokumentarfilme zu drehen, um aus dem Stoff der Wirklichkeit Motorrad? Hast du keine feste Arbeit? Hast du keine Wohnung? heraus für meine eigenen Erlebnisse eine Form zu entwickeln. Sie Hast du nicht gute Kollegen? Hast du keine Perspektiven?" waren aber damals gewissermaßen Vorstufen zum Spielfilm für Warum wehrt sich Al instinktiv gegen den von der Gesellschaft mich. vorgezeichneten Lebensentwurf, der doch so hoffnungsvoll scheint? Visionen Das abgebrochene Arbeitsstadium Ich taumelte zu einem Zeitpunkt in den ersten und bislang letzten Wichtige Entscheidungen standen aus, als der Film verboten Spielfilm hinein, als ich mein Thema noch nicht präzise fassen wurde, mit jeglicher Arbeit abgebrochen werden mußte. Wir konnte. So wie ich malte und meine Dokumentarfilme drehte, befanden uns etwa zwischen Roh- und sogenanntem Feinschnitt wollte ich meine Erlebnisse in eine fiktive, filmische Form Die Form des Films war noch nicht endgültig. bringen. Meine Visionen waren noch im Gärungsprozeß, aber ich Nach dem 11. Plenum gab es in der Gruppe 'Roter Kreis' eine Art hatte doch Vorstellungen davon, was da entstehen könnte. Diese kommissarische Leitung unter dem Produktionsleiter Hans Mah Filme sollten natürlich ganz anders aussehen als das, was es lich. damals bei uns gab. Aus meiner Wirklichkeitsbeobachtung, meinen Brutale Schnittanweisungen wurden ausgesprochen und mußten Leidenschaften, meiner bestimmten Art, Kunst zu begreifen, befolgt werden. Wir hofften immer noch, JAHRGANG 45 zu hatte sich in mir was zusammengebraut. Ich mißtraute dem Lite retten. Es nutzte alles nichts, er wurde verboten. rarischen im Film, sagen wir, es ging mich nicht so an. Wesent In den zurückliegenden Jahren, in denen ich immer wieder an licher schien mir, wie aus der lebendigen Vibration des Authen meinen, unseren Film dachte, hatte ich Sorge, daß die Szenen, die tischen eine Form entsteht und Spuren dieses Prozesses zu spüren wir herausschneiden mußten, vernichtet worden sind. Dank der sind. Daß dies auch einen anderen Rhythmus, ein anderes Verhält gewissenhaften Arbeit der Schnittmeisterin Helga Gentz sind sie nis zwischen Sprache und Bild, zwischen Bewegung und Geräu vorhanden, ob auch alle im Negativ, wissen wir noch nicht genau. schen usw. bewirkt. Nicht alles ist mir damals so bewußt gewesen wie in späteren Jahren, aber im Keim war es vorhanden. Das Verbot Ich kann nicht einmal präzise sagen, wer am Verbot unseres Das Szenarium, die literarische Vorlage Spielfilms im Einzelnen beteiligt war. Bei meinen Dokumentar Es war sicher nicht unkompliziert für mich, daß zu JAHRGANG filmen weiß ich das genauer. 45 bereits ein Szenarium von Klaus Poche vorlag. Christel und Bei der entscheidenden Vorführung im Studio waren nicht viele Roland Graf, er der Kameramann meines ersten Spielfilms, legten Leute dabei. Hermann Schauer hatte ich bereits bei Drei von mir nahe, mich diesem Stoff zuzuwenden. Vielen als bösen Eiferer kennengelernt; bis Ende 1989 hatte er Nach bitteren, negativen Erfahrungen beim Dokumentarfilm, noch eine hohe Funktion im Kulturministerium. Siegfried Wag 1961 Verbot von Drei von vielen, 1964 von Barfuß und ohne Hut ner spielte als Filmminister folgerichtig eine schlimme Rolle. etc., gab mir dies, bevor ich mein eigentliches Thema gefaßt hatte, Übel auch Schröder, der als neuer Künstlerischer Leiter bzw. die Möglichkeit, in den Spielfilm zu emigrieren. Ich kannte Klaus Chefdramaturg ins Studio gekommen war. Poche noch nicht. Mit ihm gab es eine freundschaftliche, großzü Es gab verschiedene Argumente. Die Inkarnation der absoluten gige Zusammenarbeit. An sie denke ich mit Respekt zurück, auch Verdammung war Schauers Ausspruch: "JAHRGANG 45 ist die mit Trauer, daß Poche aus unserem Land vertrieben wurde. Das Heroisierung der Abseitigen!" Problem war, daß ich 1965 nicht der Mann war, das Werk, den Damit waren vor allem die Jugendlichen gemeint. Das war das Stoff eines anderen zu interpretieren, einer Fabel, die schon exi Todesurteil. stierte. Es fehlte mir die Fähigkeit des Interpreten; bin wohl mehr Autorenfilmregisseur. JAHRGANG 1945 war vor allem Einstieg Verhaltensweisen für mich, so viel ich auch an Szenen und Veränderungen einbrachte. Es wäre für mich unter aller Würde gewesen, diesen Leuten, die Und als ich in dieses Terrain, dieses Gelände Spielfilm hineinsah, wir in ihrer dogmatischen Niedertracht durchschauten, nach dem wurde mir mit einem Schlag klar, was da auf mich zukam: Diese Munde zu reden. Art der Gewerke, aufgeblähte Drehstäbe, das übermäßige Schmin Wenn ich dann später, zurückbefördert ins Dokumentarfilmstu ken der Schauspieler, die Haarlackorgien usw. ... Es kam aus dio, lange Zeit Eigenes nicht realisieren konnte, sagte ich mir, daß meiner Sicht zu wenig Atmung der wirklichen Welt rein; das ich als Studioangestellter, Dokumentarist eben auch Aufträge konnte ich schwer ertragen. Ich wußte, daß ich als Fremdling erst übernehmen müßte. Dazu gehörte die Dokumentation offizieller einmal testen mußte, wieviel man davon aufbrechen kann; denn politischer Vorgänge. ich war ein ziemlich unbeschriebenes Blatt für das Studio. Eine fast verrückte Vision vom künftigen Film half mir, diese bitteren Jahre zu überstehen. Nur der Auftakt Ich hätte das