Zwei Dokumentarfilme der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR „Konrad Wolf” “ 9 e 0 DEFA-Spielfilmen nur ansatzweise abgebildet und Sybille Schönemann verhaftet. Bis zu ihrem d 0 n 2

e Sonnabend, Sonntag, wurde. Das Gruppenporträt erstreckt sich auch auf Freikauf durch die Bundesregierung im Juli 1985 n 1 i W l r r e e Montagfrüh den privaten Raum (Sonntag) und die Arbeit verbleiben sie in Haft. d B e n l (Montag). Dadurch rundet sich das Bild und e e t i o p b s schafft Platz für weitere Zwischentöne. Sonn - t r DDR 1979 s o e V f Regie, Drehbuch Hannes Schönemann abend, Sonntag und Montagfrüh ist durch seine Hannes Schönemann e m l h i

c Kamera Norbert Schmidt seltene dokumentarische Dichte zu einem Aus - 1946 im mecklenburgischen Lübz geboren; ab F s i e l

m Schnitt Gudrun Steinbrück nahmefilm der DDR geworden. Sein Titel ver- 1968 arbeitet er im DEFA-Spielfilmstudio als a l i n F o

i Aufnahmeleitung Michael Schorm weist deutlich auf Karel Reisz’ Klassiker Saturday Beleuchter, ein Jahr später als Regieassistent, u. a. – t a é n d Night and Sunday Morning (1960) und damit bei Rottenknechte (R: Frank Beyer, 1970) und r a e t r n e Produktion HFF „Konrad Wolf “, auf die Ansprüche des Cinéma vérité, der Wirk - beim Indianerfilm Tecumseh (R: Hans Kratzert, t I . n i 9 Potsda m- Babelsberg lichkeit möglichst unmittelbar entgegenzutreten. 1972). 197 5–80 studiert er Regie in - 5 W „

e Format 16 mm, 1:1,3 7, s/ w, mono Eine solche Perspektive lag nicht im Interesse Babelsberg, danach wird er bei der DEFA als Spiel - h i

e Länge 44 min der ostdeutschen Kulturpolitik, der stets mehr an filmregisseur angestellt, kann aber keine Filme r r e

d Wunsch- denn an Abbildern gelegen war. Hannes realisieren. Nach mehreren Monaten Haft werden n o

S Verleih Deutsche Kinemathek, Digi Bet a/ Beta SP Schönemann geriet bereits als Student in den er und seine Frau Sybille 1985 in den Westen abge - Fokus des Ministeriums für Staatssicherheit. schoben. Ihre beiden Kinder werden vier Wochen „Die Schwierigkeiten hingen sowohl mit den später nachgeschickt. Die Familie lebt zunächst in Über den Film Stoffen zusammen als auch mit der Rigorosität, Hamburg, nach der Wiedervereinigung kehrt sie Die Gemeinde Karwe bei Neuruppin (Meck- mit der Schönemann seine Ansichten vertrat, mit nach zurück. lenburg-Vorpommern): Hier leben Detlef Reeck seinem Unwillen, Kompromisse einzugehen und („Detti“), Michael Steinbrenner („Eilu“), Mich- Pflichten zu erfüllen, die er als unsinnig ansah. Filmografie (Auswahl) ael Domke („Fletscher“) und Mario Kühn – ganz Seine Haltung bei der Ausbürgerung von Bier - Döschers (1977, Kur z- Dokumentarfilm), Sonn - normale DDR-Jugendliche. Sie sind Lehrlinge im mann, als er und Sybille Schönemann zu den abend, Sonntag und Montagfrüh (1979, mittel - Schlachthof, Dachdecker oder in der Produktion wenigen Studenten der HFF gehörten, die die langer Dokumentarfilm), Die Kaminski (1980, tätig. Der Film begleitet sie über drei Tage. Sams - Unterschrift unter eine Ergebenheitsadresse an die Kur zspielfilm), Die Lok hinterm Fliederbaum tagnachmittag treffen sich die Freunde in einem DDR-Führung verweigerten, tat ein Übriges.“ (1990, Dokumentarfilm), ZAST (1993, Dokumen - Gasthof, um 18.00 Uhr beginnt die Diskothek im (Axel Geiss in: Repression und Freiheit, Potsdam tarfilm), LaBENDIG (1994, Dokumentarfilm), daneben liegenden Saal. Vom HO-Kellner in der 1997) Zeitzeuge Stefan Heym (1995, mittellanger Do- schmierigen Livree, der das 40-Pfennig-Bier Nach Abschluss seines Studiums werden meh - kumentarfilm) , Julias Wahn (1999, Dokumentar - austrägt, über die Vorhänge und Tapeten mit Blu - rere Spielfilmprojekte von Schönemann und sei - film) menmuster, die Jugendlichen mit ihrem fettigen, ner Frau Sybille von der DEF A- Studioleitung halblangen Haar und dicker Geldbörse nebst abgelehnt. Anfang April 1984 sieht das Ehepaar Stielkamm, bis hin zur Musik (es laufen aus - keine berufliche Zukunft mehr in der DDR und schließlich westliche Titel) – diese Szenen haben stellt ein „Übersiedlungsersuchen“ in die Bundes- Seltenheitswert. Sie zeigen unverstellt, was in republik. Am 27. November 1984 werden Hannes

H. Schönemann bei den Dreharbeiten

DDR 35 Zwei Dokumentarfilme der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR „Konrad Wolf”

Nach kleineren Übungsfilmen findet Thomas tome aus, die den wahren Zustand der Gesellschaft 2 Wozu denn Heise mit Wozu denn über diese Leute einen deutlich machen. Als er realisiert, wie weit der offi - über diese Leute einen Film? Film? zu einer eigenen Handschrift. Wie Schöne - zielle Konsens von seiner Blickweise entfernt ist, manns Sonnabend, Sonntag und Montagfrüh zieht er es vor, das Studium an der begehrten DDR 1980 in kühnem Cinéma-Vérité-Stil entworfen, fokus - Kaderschmiede vorzeitig abzubrechen. Heise Regie, Drehbuch Thomas Heise siert die Dokumentation das offiziell völlig ausge - kommt damit nur seiner Exmatrikulation zuvor. Kamera Dagmar Mundt blendete kleinkriminelle „Milljöh“ Ost-. Ton Stefan Carow Die Konfrontation mit der Hochschulleitung ist Schnitt Beate Sell vorprogrammiert. Die Beobachtungsstudie ist mit Thomas Heise Aufnahmeleitung Uwe Kraft 30 Minuten viel zu lang geraten (zusätzliches 1955 in Ost-Berlin geboren; nach einer Drucker - Filmmaterial kauft Heise privat auf dem Schwarz - lehre arbeitet er von 197 5–78 als Regieassistent Produktion HFF „Konrad Wolf “, markt); und der Filmtitel zitiert den Ausspruch im DEFA-Studio für Spielfilme, u. a. bei Bis daß Potsda m- Babelsberg eines Dozenten, dem das Sujet vorgestellt worden der Tod euch scheidet (R: Heiner Carow, 1978); Format 16 mm, 1:1,3 7, s/ w, mono ist. Dies wird als Provokation verstanden – als die parallel dazu holt er an der Abendschule sein Abi - Länge 33 min der Titel auch gemeint ist. Heises Film wird nie - tur nach. 1978 wird er an der Babelsberger Film - mals öffentlich gezeigt, die Fortsetzung seines Stu - hochschule immatrikuliert, er verlässt die Schule Verleih Deutsche Kinemathek, Digi Bet a/ Beta SP diums steht zur Disposition. 1982 ohne Diplom. Heise wirkt nun freiberuflich Die Affäre zeigt, wie weit der damals 25-jährige als Autor, Regieassistent und Regisseur für Rund - Filmstudent bereits vom stillschweigenden Selbst - funk, Bühne und Film; mehrere Projekte werden Über den Film verständnis des Bildermachens in der DDR ent - abgebrochen oder nach Fertigstellung auf Eis Os t- Berlin, Prenzlauer Berg rund um den Wasser - fernt ist. Aufgenommen und gezeigt werden sollen gelegt. 1988 wird er Meisterschüler an der Akade - turm: Wo heute handgenähte Schuhe und luftge- ausschließlich Alltagsausschnitte, die „typisch“ mie der Künste der DDR. Nach dem Ende der DDR trocknete Tomaten verkauft werden, befindet sich für die selbst projizierte Wunschwirklichkeit der gehört er bis 1997 als Bühnenregisseur zum Ber - 1980 einer der Brennpunkte kleinkrimineller Akti - sozialistischen Gesellschaft sind. Aus diesem liner Ensemble. Heise lehrt als Professo r in Karls - vitäten. Einem Freund des Regiestudenten Tho - Grund gibt es bis zum Zusammenbruch der DDR ruhe, er lebt in Berlin. mas Heise wird hier das Motorrad gestohlen. nur vereinzelte Spiel- oder Dokumentarfilme über Anstatt zur Polizei zu gehen, begeben sich der soziale Außenseiter, über Selbstmörder, Kranke, Filmografie (Auswahl) Bestohlene und der angehende Filmemacher in Alte oder eben Kriminelle. Gemäß der ewigen Dik - Maria und Joseph (1979, Kurzspielfilm), Wozu die „Szene“, um die Diebe ausfindig zu machen. taturprämisse, dass nicht sein kann, was nicht denn über diese Leute einen Film? (1980, mit- Heise geht Gerüchten nach und stößt auf zwei sein darf, werden mit der argumentativen Keule tellanger Dokumentarfilm), Volkspolizei 1985 Brüder, die in die Sache verwickelt scheinen. Bald des „Untypischen“ unzählige filmische Entwürfe (1985, mittellanger Dokumentarfilm), Imbiß sitzt er mit ihnen in der Kneipe und bei ihrer Mut - aus dem Feld geschlagen. Dem will sich Heise spezial (1990, Kur z- Dokumentarfilm), Stau – ter im Wohnzimmer, lässt sich ihre Biografien nicht beugen, und seine Methode kommt einem Jetzt geht’s los! (1991, Dokumentarfilm), Bar - erzählen, begleitet sie auf ihren Wegen durch den Affront gleich: Gerade in peripheren, auch tabui - luschke (1997, Dokumentarfilm), Vaterland Kiez. Die Kamera ist immer dabei. sierten Bereichen macht er sozial relevante Symp - (2002, Dokumentarfilm), Mein Bruder – We'll Meet Again (2005, Dokumentarfilm), Kinder. Wie die Zeit vergeht (2008, Dokumentarfilm)

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