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Year: 2019

Die Schweiz im Ausnahmezustand: Expansion und Grenzen von Staatlichkeit im Vollmachtenregime des Ersten Weltkriegs, 1914-1919

Schneider, Oliver

Abstract: Wer Schweizer Politik hört, denkt heute an Demokratie, Gewaltenteilung, Volksabstimmungen und sorgsam austarierte Interessen. Fast vergessen ist hingegen, dass die Schweiz im 20. Jahrhundert während Jahrzehnten mit Notrecht regiert wurde, das seinen Ursprung im Ersten Weltkrieg hatte. Denn dieser Krieg fand nicht nur in den Schützengräben und auf den Weltmeeren statt, er erfasste auch die Amtsstuben und Regierungsgebäude. Über Jahre mussten Armeen unterhalten, Wirtschaften auf die Produktion von Rüstungsgütern umgestellt und Engpässe bei der Versorgung bewältigt werden. Die Schweiz bildete hierbei keine Ausnahme. Im August 1914 stattete das Parlament den Bundesrat in einem bislang beispiellosen Akt mit legislativen Kompetenzen aus. Es legte so den Grundstein für das sogenannte Vollmachtenregime, um das sich dieses Buch dreht. Neben den Parlamentariern und dem Volk machten nun Beamte die Gesetze, Militärgerichte dehnten ihre Befugnisse in die Zivilgesellschaft aus und staatliche Institutionen begannen in Wirtschaft und Alltag einzugreifen. Dieses Buch geht den Entscheidungen, Akteuren und Konflikten des Vollmachtenregimes nach. Es stellt die Frage, wie sich die politische Schweiz unter dem Einfluss des Grossen Krieges veränderte.

DOI: https://doi.org/10.33057/chronos.1506

Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich ZORA URL: https://doi.org/10.5167/uzh-170707 Monograph Published Version

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Originally published at: Schneider, Oliver (2019). Die Schweiz im Ausnahmezustand: Expansion und Grenzen von Staatlichkeit im Vollmachtenregime des Ersten Weltkriegs, 1914-1919. Zürich: Chronos. DOI: https://doi.org/10.33057/chronos.1506 Oliver Schneider zurück

Die Schweiz im Ausnahmezustand

Expansion und Grenzen von Staatlichkeit im Vollmachtenregime des Ersten Weltkriegs, 1914–1919

Die Schweiz im Ersten Weltkrieg 5 / La Suisse pendant la Première Guerre mondiale 5 zurück

Die Schweiz im Ersten Weltkrieg 5 La Suisse pendant la Première Guerre mondiale 5 zurück

Oliver Schneider

Die Schweiz im Ausnahmezustand

Expansion und Grenzen von Staatlichkeit im Vollmachtenregime des Ersten Weltkriegs, 1914–1919 zurück

PubliziertDie Druckvorstufe mit Unterstützung dieser Publikation des Schweizerischen wurde vom Schweizerischen Nationalfonds zurNationalfonds Förderung zurder Förderungwissenschaftlichen der wissenschaftlichen Forschung Forschung unterstützt.sowie von der Burgergemeinde .

Die vorliegende Arbeit wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich im Herbstsemester 2017 auf Antrag der Promotions- kommission Prof. Dr. Jakob Tanner (hauptverantwortliche Betreuungs- person) und Prof. Dr. Aram Mattioli als Dissertation angenommen.

Weitere Informationen zum Verlagsprogramm: www.chronos-verlag.ch

Umschlagbild: Die Mitglieder des Bundesrats und der Generalstab beim Defilee in Bern, um 1914, BAR, E27#1000/721#14095#1853*.

© 2019 Chronos Verlag, Zürich Print: ISBN 978-3-0340-1506-6 E-Book (PDF): DOI 10.33057/chronos.1506 5 zurückzurück

Die Schweiz im Ersten Weltkrieg

Die vorliegende Dissertation ist Teil eines vom Schweizerischen Nationalfonds in den Jahren 2012–2016 an den Universitäten Zürich, Bern, Genf und Luzern geförderten Forschungsprojektes. Unter dem Titel «Die Schweiz im Ersten Weltkrieg: Transnationale Perspektiven auf einen Kleinstaat im totalen Krieg» entstanden in den letzten Jahren insgesamt sechs Dissertationen mit vielfältigen gegenseitigen Bezügen. Neben den Aussenwirtschaftsbeziehungen, dem Voll- machtenregime und der teilweise prekären Lebensmittelversorgung wurden in diesem Projekt auch die Bedeutung der humanitären Diplomatie, Veränderungen in den Migrationsbewegungen sowie die umstrittene Rolle der schweizerischen Militärjustiz untersucht. Die Studien erforschen in unterschiedlicher Weise die Auswirkungen des Krieges und den wachsenden Einfluss der Krieg führenden Länder auf die Politik, Wirtschaft und Kultur eines neutralen Kleinstaates sowie dessen Handlungsspielräume nach innen und aussen. Hundert Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 – und eingebettet in eine Viel- zahl nationaler und internationaler Forschungsprojekte – erhält dieses zentrale Transformationsereignis des 20. Jahrhunderts auch in der schweizerischen Ge- schichtsforschung die ihm schon lange zustehende Aufmerksamkeit.

Zürich, Bern, Genf und Luzern im Sommer 2016

Jakob Tanner, Irène Herrmann, Aram Mattioli, Roman Rossfeld und Daniel Marc Segesser

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Inhalt

1 Die Schweiz, der Weltkrieg und der Ausnahmezustand 9 1.1 Auftakt: Das Urteil der Geschichte 9 1.2 Untersuchungsgegenstand 11 1.3 Fragestellungen 15 1.4 Theoretische Ansätze 17 1.5 Forschungsstand 20 1.6 Quellenlage 23 1.7 Untersuchungszeitraum 26

2 Der Weg der Schweiz ins Vollmachtenregime 29 2.1 Der Erste Weltkrieg als Zäsur 29 2.2 Die Eidgenossenschaft wird zum Staat 32 2.3 Wachstum und Widerstände 37 2.4 Zwischen republikanischem Ideal und interessenpolitischer Realität 42 2.5 Krise und Vertrauensverlust 47 2.6 Kriegsbereitschaft 55

3 Die Vollmachten im Dienst der Neutralität, Juli 1914 bis März 1916 69 3.1 «Diskussionslos angenommen»: Kriegsausbruch und Vollmachtenbeschluss 69 3.2 Belagerungszustände 83 3.3 Das Vollmachtenregime entsteht 89 3.4 Formen der Einflussnahme auf die Notgesetzgebung 96 3.5 Militarisierung der Politik zwischen Krieg und Frieden 105

4 Ausnahmezustand zwischen Expansion und Opposition, April 1916 bis Juni 1917 117 4.1 «Business mainly as usual»? Das Vollmachtenregime im Weltwirtschaftskrieg 117 4.2 Die Suche nach Regeln für die neutrale Kriegswirtschaft 123 4.3 «A bas les pleins pouvoirs!» Kantone und Klassenkampf gegen die Vollmachten 143 4.4 Militär- und Zivilgewalt im «Jahr der Affären» 158

5 «A Wonderful Government»?, Juli 1917 bis Oktober 1918 169 5.1 Mobilisierung des ökonomischen Potenzials für den Krieg 169 5.2 Rationieren, sparen, steigern – neue Methoden der Kriegswirtschaft ab 1917 180 5.3 Vom «System Hoffmann» zur «Ära Schulthess» 196 5.4 «Unbegrenzter Kredit» 218 zurückzurück 8

6 Kriegszustand ohne Krieg, November 1918 bis Mai 1919 229 6.1 Ambivalenz des Ausnahmezustands 229 6.2 Mit Notrecht gegen Dissidenz 245 6.3 Der juristische Standpunkt und die Suche nach Ordnung im Vollmachtenregime 254 6.4 Ausnahmsweise Massnahmen – unumgänglich notwendig 265

7 Schlussbetrachtung 289 7.1 Zusammenfassung: Das Vollmachtenregime des Bundesrats im Ersten Weltkrieg 289 7.2 Vom Ausnahme- zum Normalzustand? 295

Dank 302

Anmerkungen 303

8 Anhang 391 8.1 Abkürzungen 391 8.2 Abbildungen 392 8.3 Grafiken 393 8.3 Tabellenverzeichnis 394 8.4 Daten zu den Grafiken im Text 395

9 Quellen und Literatur 401 9.1 Ungedruckte Quellen 401 9.2 Gedruckte Quellen und Literatur bis 1945 402 9.3 Elektronische Quellen 416 9.4 Online publizierte Quellen und Periodika 416 9.5 Gedruckte Zeitungen 417 9.6 Literatur 418 9 zurückzurück

1 Die Schweiz, der Weltkrieg und der Ausnahmezustand

1.1 Auftakt: Das Urteil der Geschichte

Bern im März 1916. Während um das französische Städtchen Verdun eine der bislang heftigsten Schlachten des Ersten Weltkriegs wütet, versammelt sich der schweizerische Nationalrat im Bundeshaus, um über den zweiten «Neutralitäts- bericht» der Landesregierung zu debattieren.1 In angespannter Atmosphäre hält der Tessiner Bundesrat vor den aus allen Landesteilen angereis- ten Parlamentariern eine «magistrale Rede», die nicht nur die inneren Wogen glät- ten und das angeschlagene Vertrauen in die Exekutive wiederherstellen, sondern überdies der Geschichtswissenschaft eine Menge Arbeit ersparen soll.2 Motta, seit 1912 Vorsteher des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements, entwirft nämlich bereits jetzt eine selbstbewusste Vision, wie in genau einem Jahrhundert das «Urteil der Geschichte» über die Entwicklung der Schweiz während des Ers- ten Weltkriegs ausfallen werde: «Inmitten von Europa ist ein kleines, aus drei Rassen zusammengesetztes und drei Idiome sprechendes Volk. Seine Gesetze und seine Sitten sind die de- mokratischsten der Welt. Als der im Jahre 1914 entfesselte Krieg alle es um- gebenden Staaten und noch andre dazu mit Feuer und Blut überzog, erklärte es, seine Haltung in diesem Konflikte sei die der wohlwollenden, aber bewaff- neten Neutralität gegen alle. […] In dem es umtobenden riesigen Kampfe, wie man ihn noch nie erlebt hat, schien die Kraft allein zu zählen; das internatio- nale Recht war ganz kleinlaut geworden und hielt sich abseits; trotzdem lebten alle kriegführenden Staaten mit diesem kleinen Volke auf freundschaftlichem Fusse und schlossen mit ihm wirtschaftliche Abkommen ab, die, wenn sie auch nicht all seinen anerkannten Interessen Rechnung trugen, doch wenigs- tens seine politische Unabhängigkeit und seine Ehre unangetastet liessen. Die- ses kleine Volk wurde durch bedrohliche innere Krisen erschüttert. Es hatte seiner Regierung unbeschränkte Vollmachten erteilt; seine Gemütsart und seine Ueberlieferungen sträubten sich gegen die unumschränkte Herrschaft, aber es wusste sich zu unterziehen, indem es zeitweise einen Teil seiner Frei- heiten den Lebensbedürfnissen opferte. […] Als die Friedensverhandlungen begannen, wurde [seine] Stimme mit Achtung angehört, und als der Friede geschlossen wurde, erkannten alle Mächte an, dass die Schweiz ihre Pflicht erfüllt hatte, weil sie die barmherzige Samariterin gewesen war, die linke Hand zwar aufs Schwert gestützt, die rechte aber weit geöffnet für alle Werke der Barmherzigkeit. Sie erklärten dann feierlich, wie hundert Jahre früher, dass die Bewahrung der Schweiz, ihre territoriale Integrität und ihre Neutralität den höchsten Interessen Europa’s und der Zivilisation entsprechen.»3 zurückzurück 10

Tatsächlich sprach Giuseppe Motta in seinem Ausblick auf die zukünftige Ver- gangenheit viele Aspekte an, mit denen sich die historische Forschung in den letz- ten hundert Jahren auseinandergesetzt hat: den kompromisslos geführten Wirt- schaftskrieg, dem sich die vom internationalen Handel lebende Schweiz nicht entziehen konnte; das Selbstverständnis eines neutralen Staats in einem Konflikt, in dem man sich für ein Lager entscheiden oder zwischen den Fronten mit bei- den Seiten arrangieren musste; die gesellschaftlichen und kulturellen Konflikte innerhalb eines Landes, das mit den gegeneinander kämpfenden Nachbarn engste Beziehungen unterhielt; die Stellung in der noch kaum absehbaren Weltordnung nach dem Ende des «Grossen Kriegs»; das Los von Demokratie und Rechtsstaat angesichts einer immer mehr ökonomische und soziale Ressourcen beanspru- chenden Kriegführung; und schliesslich auch jener Gegenstand, mit dem sich die vorliegende Untersuchung befasst: das Vollmachtenregime. In den Anfangstagen des Ersten Weltkriegs im August 1914 verliehen Na- tional- und Ständerat dem Bundesrat einstimmig «unbeschränkte Vollmachten» (siehe Kapitel 3.1). «Ein europäischer Krieg ungeheurer Ausdehnung steht vor der Tür», hatte der Bundesrat kurz zuvor gewarnt. Um die Schweiz durch die Unwägbarkeiten dieses Konflikts manövrieren zu können, erachtete er eine rasche und weitreichende Konzentration politischer Macht in seinen Händen für unverzichtbar.4 Mit dem Beschluss betrat die Eidgenossenschaft zwar kein notrechtliches Neuland, ausserordentliche Befugnisse hatte das schweizerische Parlament der Exekutive bereits in früheren Krisenlagen übertragen, doch mit «unbegrenztem Kredit», ohne zeitliche Beschränkung, parlamentarische Kon- trolle oder Verfassungsgrundlage war die aus Anlass der Kriegserklärungen zwischen den europäischen Grossmächten ausgesprochene Ermächtigung viel weitreichender, als es in der Vergangenheit vorgekommen war. Mit den «Voll- machten» konnte der Bundesrat fortan die Funktionen der Legislative ausüben und selbständig Recht setzen, Massnahmen anordnen, Ausgaben tätigen, die Ar- mee aufbieten oder die Verwaltung ausbauen.5 Aus einer rasch wachsenden Zahl notrechtlicher Exekutiverlasse entstand im Kriegsverlauf eine parallele Rechts- ordnung, die sich als dichtes Geflecht von Vorschriften, Institutionen, Verboten, Strafandrohungen und Verwaltungspraktiken über Wirtschaft und Gesellschaft, über die geltende Verfassung und über die politischen Strukturen legte.6 Die Schweiz befand sich erstmals in ihrer Geschichte als demokratische Republik im «Ausnahmezustand». Dieser Ausnahmezustand, seine Mechanismen, seine Konfliktfelder, seine Akteure und seine Konsequenzen sollen auf den folgenden Seiten dargestellt werden.7 11 zurückzurück

1.2 Untersuchungsgegenstand

«Notrecht», «Ausnahmezustand» und «Vollmachtenregime». Im Zentrum die- ser Arbeit stehen drei Begriffe aus dem «Niemandsland zwischen Öffentlichem Recht und politischer Faktizität», die auch ein Jahrhundert nach dem Ersten Weltkrieg an Sprengkraft nichts verloren haben.8 Obwohl das aktuelle Litera- turangebot äusserst umfangreich ist, bietet es sich im Hinblick auf den spezifi- schen Fokus dieser Arbeit an, für den ersten Schritt einer konzeptionellen Be- stimmung in die Zeit vor 1914 zurückzugehen. Denn es waren die Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg, in denen sich die theoretischen Blaupausen für das formierten, was dann während des Konflikts zur politischen Anwendung kam (siehe Kapitel 2.6).9 In der 1868 erschienenen vierten Auflage seines «All- gemeinen Statsrechts» umriss der Zürcher Rechtswissenschaftler Johann Caspar Bluntschli das Problemfeld folgendermassen: «Der Stat ist ein Wesen von so ho- her Art, dasz die Erhaltung seiner Existenz, für welche zu sorgen die erste Pflicht der Regierung ist, im Nothfall auch eine wirkliche Verletzung des individuel- len Rechtes und der bestehenden Ordnung zu rechtfertigen vermag. […] Darauf beruht die sogenannte Ausnahmsgewalt, das Nothrecht der Regierung, welches dem Nothrecht des Volks entspricht. Allerdings ist dieselbe nicht ohne Gefahr für Recht und Freiheit, und würde sie zur Regel erhoben für die Ausübung der Regierungsgewalt, so wäre das eine absolute Gewalt, welche zur Tyrannei führen müszte.»10 Laut Bluntschli war es also Aufgabe der staatlichen Behörden, das Gemeinwesen mit allen Mitteln vor einer existenziellen äusseren oder inneren Bedrohung zu beschützen, selbst wenn dies die vorübergehende Anwendung diktatorischer Herrschaftsformen und die Verletzung von Freiheits- oder Völ- kerrecht bedeuten sollte. Kurz gesagt: «Not kennt kein Gebot.»11 Als histori- sches Vorbild diente hierbei die Diktatur der römischen Republik sowie die von Marcus Tullius Cicero stammende Maxime «Salus populi suprema lex esto» (Das Wohl des Volkes sei das höchste Gesetz).12 Ein Zitat, das während des Ersten Weltkriegs von Schweizer Politikern und Juristen im Zusammenhang mit Voll- machten und Neutralität verschiedentlich aufgegriffen wurde und das überdies in leicht ab gewandelter Form (Salus publica suprema lex esto) den westlichen Treppenaufgang des Bundeshauses ziert.13 «Nothrecht» war aus Bluntschlis Perspektive zweierlei: Zum einen das von der Verfassung explizit vorgesehene oder aus den Anforderungen des Moments begründbare Recht einer Regierung, alle drei staatlichen Gewalten temporär selbst auszuüben und verfassungsmässige Rechte einzuschränken, «wenn die zwingende Noth über den Stat einbricht».14 Zum anderen bezeichnete der Be- griff die auf diesem Weg geschaffenen Vorschriften selbst, das «sekundäre Not- recht».15 Beispielsweise in Form von Exekutiverlassen oder «Notverordnungen», denen «jedes andere damit nicht verträgliche Recht weichen» musste. Bluntschli erwähnte konkret das Verbot von politischen Versammlungen, die Aufhebung der Pressefreiheit, die Schaffung ausserordentlicher Gerichte sowie Einschrän- zurückzurück 12

kungen des «Geschäftsverkehrs».16 Die grösste Gefahr sah der einflussreiche Staatsrechtler indes darin, dass die ausnahmsweise eingeführte Diktatur zu dauer- haften Änderungen an Recht und Institutionen führen könnte, weshalb er vor allen Dingen auf den provisorischen und massvollen Charakter des Notrechts pochte. Wenn die Staatskrise überwunden war, sollten die Diktatoren abtreten und die Macht wieder gemäss der demokratischen Verfassungsordnung ausgeübt werden.17 Die Doppelbedeutung des Notrechts erweiterte Carl Schmitt kurz nach dem Ersten Weltkrieg um einen «theologischen» Aspekt. Der wegen seiner Ablehnung der parlamentarischen Demokratie und seiner Unterstützung der faschistischen Diktaturen wohl umstrittenste Theoretiker der deutschen Rechtswissenschaft sah das Notrecht in Analogie zum religiösen «Wunder». Mit der Anwendung von Notrecht war nämlich eine Überwindung der geltenden Rechtsordnung ebenso einfach möglich, wie das Wunder in der Religion scheinbar die Natur- gesetze durchbrechen konnte. Dies war Schmitt zufolge der Grund, weshalb der Rationalismus der Aufklärung, wie er etwa von John Locke oder Immanuel Kant entworfen wurde, der Welterklärung durch die Theologie und der Idee des Not- rechts gleichermassen ablehnend gegenüberstand.18 Carl Schmitt war es auch, der den zweiten zentralen Begriff dieser Arbeit ge- prägt hat. «Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.» Schmitts knappe Antwort auf die Frage, wer im Staat über die «höchste, nicht abgeleitete Herrschermacht» verfüge, machte die Entscheidung darüber, wann Notrecht zum Einsatz kommt, zum eigentlichen Merkmal von Souveränität. Oder anders gesagt: «Wer den Ausnahmezustand beherrscht, beherrscht […] den Staat, denn er entscheidet darüber, wann dieser Zustand eintreten soll und darüber, was als- dann nach Lage der Sache erforderlich ist.»19 Eine «apodiktische Formulierung», wie sie wohl nur mit dem Wissen um die politischen und gesellschaftlichen Ver- werfungen des Ersten Weltkriegs gemacht werden konnte.20 Allen Versuchen zum Trotz, den zugrunde liegenden «Ausnahmefall» juristisch zu beschreiben und die Kompetenzen der dann ermächtigten Instanzen festzusetzen, lag es laut Schmitt in der Natur des Notrechts, dass die Entscheidung darüber letztlich eine politische und die dann erhaltene Kompetenz eine schrankenlose war: «Es kann weder mit subsumierbarer Klarheit angegeben werden, wann ein Notfall vorliegt, noch kann inhaltlich aufgezählt werden, was in einem solchen Fall geschehen darf, wenn es sich wirklich um den extremen Notfall und um seine Beseitigung handelt. Voraussetzung wie Inhalt der Kompetenz sind hier notwendig unbe- grenzt.»21 In diesem Sinne umfasste der Begriff «Ausnahmezustand» also weit mehr als «Notrecht». Er beschrieb eine vorübergehende «Suspendierung der ge- samten bestehenden Ordnung», einen herrschaftlich angeordneten Zustand der Abweichung von der verfassungsrechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Norm.22 «Ist dieser Zustand eingetreten, so ist klar, daß der Staat bestehen bleibt, während das Recht zurücktritt. Weil der Ausnahmezustand immer noch etwas anderes ist als eine Anarchie und ein Chaos, besteht im juristischen Sinne immer 13 zurückzurück noch eine Ordnung, wenn auch keine Rechtsordnung.» Somit machte es in der Praxis auch keinen Unterschied, ob eine Verfassung über Regeln für die Anwen- dung von Notrecht verfügte oder nicht.23 Während Schmitt sich im Grundsatz wie Bluntschli noch an der temporä- ren Suspendierung der Rechtsordnung nach römischem Vorbild orientierte, hat die jüngere rechtshistorische Forschung mit Blick auf die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts stärker auf das Problem des dauerhaften Ausnahmezustands aufmerksam gemacht. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellte der amerikanische Politologe Clinton Rossiter die Frage: «Can a democracy fight a successful total war and still be a democracy when the war is over?»24 Rossiter stellte fest, dass in den Krisen und Konflikten seit dem Ersten Weltkrieg zahlrei- che, auch demokratisch regierte Staaten immer wieder auf die Mittel des Not- rechts zurückgegriffen und dabei Herrschaftsformen angewandt hatten, die als «unconstitutional, undemocratic and downright dictatorial» bezeichnet werden mussten.25 Demokratie und Diktatur offenbarten sich aus diesem Blickwinkel nun nicht mehr als fundamentale Gegensätze, sondern vielmehr als unterschied- liche Techniken politischer Herrschaft, die je nach innen- oder aussenpolitischer Situation zum Einsatz kommen konnten. Ja nach der Meinung vieler Rechtswis- senschaftler und Politiker der Zeit zum Einsatz kommen mussten, wenn Kriege, Rebellionen oder Wirtschaftskrisen bewältigt werden sollten. Vor allem die Wei- marer Republik war von einer «Mentalität des Ausnahmezustands» gezeichnet, die sich als schwere Hypothek erweisen sollte.26 Diese auf Schmitt abgestützte Idee eines mit der Demokratie gewissermas- sen kompatiblen «constitutional dictatorship» kritisierte Giorgio Agamben als Versuch der schleichenden Ausweitung der Exekutivgewalt und der Untergra- bung der Gewaltenteilung seit dem Ersten Weltkrieg.27 Legitimiert durch die Konstruktion eines «permanenten Notstands», so beschrieb es der italienische Philosoph kurz nach der Jahrtausendwende, sei der Ausnahmezustand «von ei- ner ausnahmsweise ergriffenen provisorischen Maßnahme zu einer Technik des Regierens» an sich geworden.28 Im Kontext der Bekämpfung von Terrorismus, Staats- und Wirtschaftskrisen sei das Prinzip des Notrechts gerade in Ländern mit demokratischen Verfassungsprinzipien «erst zu seiner vollen Entfaltung gelangt».29 Agambens These einer Kontinuität des Ausnahmezustands von den 1930er-Jahren bis ins 21. Jahrhundert ist nicht ohne Widerspruch geblieben, doch wird sie durch die hohe Zahl bis in die Gegenwart bestehender, neu ver- hängter oder sogar «antizipativ vorverlagerter» Ausnahmezustände eindrücklich bestätigt.30 Die zeithistorische Forschung hat zudem vor kurzem hervorgehoben, dass es sich beim Ausnahmezustand nicht nur um ein staatsrechtlich-politisches, sondern ebenso um ein gesellschaftliches und kulturelles, bis in die individuelle Erfahrungswelt hinein wirkendes Phänomen handelt.31 Drittens schliesslich das «Vollmachtenregime» des Bundesrats als schwei- zerische Ausprägung des Ausnahmezustands und damit eigentlicher Unter- suchungsgegenstand dieser Arbeit.32 Der Ausdruck geht auf die in der franzö- zurückzurück 14

sischen Schweiz bereits vor 1914 gebräuchliche Bezeichnung «régime des pleins pouvoirs» zurück (siehe Kapitel 4.3), etablierte sich in der Deutschschweiz aber erst zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, als der Bundesrat erneut «Vollmach- ten» erhielt. «Vollmachtenregime» wurde spätestens bei Kriegsende durch das gleichnamige Buch von Zaccaria Giacometti zu einem wegweisenden Terminus technicus in Rechtswissenschaft, Politik und Geschichte.33 Was er unter dem Be- griff genau verstand, legte der 1893 in Stampa geborene und 1927 als Profes- sor für öffentliches Recht und Kirchenrecht an die Universität Zürich berufene Jurist in diesem Werk allerdings nicht eindeutig fest. Im Kern meinte er damit den «politisch gerechtfertigten, aber illegalen Ausnahmezustand», in den der schweizerische Staat unter dem Einfluss der notrechtlichen Ermächtigung sei- ner Regierung geraten war.34 Das Vollmachtenregime war damit gewissermassen die politische Ordnung, welche den demokratischen Normalzustand der Vor- kriegszeit mit ihrer eigenen «ausserordentlichen Bundesverfassung» verdrängt hatte.35 In dieser Ordnung hatten der Bundesrat und die ihm unterstellte Ver- waltung die Funktionen des Gesetzgebers weitgehend übernommen und Teile der Verfassung suspendiert. National- und Ständerat hatten sich auf die Rolle ei- nes passiven Kontrollorgans zurückgezogen. Das Bundesgericht sah sich an den Vollmachtenbeschluss gebunden und lehnte demgemäss eine Überprüfung der darauf gestützten Regierungserlasse ab.36 Da alle diese Merkmale bereits auf die Situation ab August 1914 zutrafen und sich der Begriff längst in der historischen Forschung etabliert hat, soll «Vollmachtenregime» in dieser Arbeit auch als Be- zeichnung für den Ausnahmezustand des Ersten Weltkriegs verwendet werden. Im Wissen darum, dass es sich dabei streng genommen um eine Rückprojektion aus der Mitte des 20. Jahrhunderts handelt.37 Mit seinem Buch hatte Zaccaria Giacometti zwar nicht die erste, zweifel- los aber die bislang einflussreichste Untersuchung der kriegsbedingten Aus- nahmezustände in der Schweiz vorgelegt (siehe Kapitel 1.5). Eine Darstellung, die ihrem Gegenstand wegen seiner Illegalität, aber auch wegen seiner «auto- ritären und unfreiheitlichen» Tendenzen betont kritisch gegenüberstand.38 Wie erwähnt, konzentrierte sich Giacometti allerdings auf die verfassungsrechtliche Dimension des Ausnahmezustands im Zweiten Weltkrieg. Die von Carl Schmitt angedeuteten und von der historischen Forschung der letzten Jahre in den Vor- dergrund gerückten politischen, gesellschaftlichen und lebensweltlichen Aspekte blieben hingegen fast gänzlich unbeleuchtet. Zudem war die Bezeichnung «Re- gime» ihrem Ursprung gemäss mit einer negativen Konnotation verbunden. Die- sen beiden Problemen möchte die vorliegende Arbeit begegnen, indem sie sich dem oft erwähnten, aber konzeptionell nicht wirklich gefassten Untersuchungs- gegenstand aus drei Perspektiven zu nähern versucht. Erstens soll unter dem Begriff «Vollmachtenregime» ein mit den Erforder- nissen der Kriegszeit legitimiertes notrechtliches Bezugssystem verstanden wer- den. Dieses System bestand zunächst aus allen Exekutiverlassen, die Bundesrat und Departemente auf der Grundlage des Parlamentsbeschlusses vom 3. August 15 zurückzurück

1914 in Kraft setzten. Diese «Noterlasse»,39 knapp 1600 an der Zahl, bildeten in ihrer Gesamtheit die legislative Dimension des Ausnahmezustands und stellten Rechtsnormen dar, auf die sich wiederum Gerichtsentscheide, Zeitungsartikel, Verwaltungsakten oder Parlamentsdebatten beziehen konnten. Zweitens soll mit dem Ausdruck die Herrschaftsordnung bezeichnet wer- den, die durch den Vollmachtenbeschluss begründet wurde. In Anlehnung an den wertneutralen «Regime»-Begriff der vergleichenden Politikwissenschaft ist «Vollmachtenregime» in diesem Sinne eine Beschreibung des Schwebezustandes zwischen Frieden und Krieg, zwischen Demokratie und Diktatur, in dem sich die Schweiz als politisches System ab 1914 befand. Institutionen, Entscheidungs- verfahren, Organisationsprinzipien, Machtbeziehungen, Partizipationsformen und Kommunikationsprozesse wurden durch diesen Zustand massgeblich be- einflusst.40 Drittens beinhaltet das semantische Feld des Ausnahmezustands auch eine mentale Disposition, eine politische Haltung.41 Im Verlauf des Ersten Weltkriegs traten ständig neue Problemlagen auf, die nach kollektiven Lösungen riefen. Da bislang funktionierende Mechanismen der Problemlösung nicht mehr geeignet und die Institutionen auf die innen- und aussenpolitischen Herausforderungen des Kriegs kaum vorbereitet waren, mussten unter hohem Zeitdruck Strategien der Bewältigung dieser Herausforderungen entwickelt werden. Dies führte zu einem Wandel nicht nur der staatlichen Institutionen selbst, die neue Aufgaben übernahmen und Funktionen ausübten, sondern auch der aus der Öffentlichkeit an den Staat gerichteten Erwartungen und Ansprüche. «Obwohl die eigentlichen Notmassregeln der Kriegszeit nach und nach fast alle wieder ausser Kraft gesetzt wurden», hielt etwa der Historiker und Journalist Eduard Fueter zehn Jahre nach Kriegsende fest, «blieb die Erinnerung an die Aktionen des Bundes zu- gunsten bestimmter sozialer Klassen oder Erwerbsstände lebendig. Forderungen nach staatlichen Eingriffen in das Wirtschaftsleben, die vor dem Krieg kaum von Theoretikern diskutiert worden waren, wurden nun zu Postulaten aktiver poli- tischer Gruppen.»42 Der Stellenwert der bundesstaatlichen Ebene im politischen System der Schweiz, die Wahrnehmung von Staatlichkeit und das Potenzial staat- licher Einflussnahme hatten sich während der Jahre des Ersten Weltkriegs offen- bar stark verändert.43

1.3 Fragestellungen

Wenn im letzten Abschnitt erwähnt wurde, dass das Vollmachtenregime zu Ver- änderungen im politischen System44 der Schweiz führte, so lässt sich überhaupt Wandel als eines der zentralen Merkmale des Ersten Weltkriegs festhalten. Der im Sommer 1914 auf dem Balkan ausgebrochene Konflikt war sowohl für die militärisch am Krieg teilnehmenden wie auch für die zeitweise oder dauerhaft neutralen Länder mit zahlreichen einschneidenden sozialen, politischen und zurückzurück 16

ökonomischen Veränderungen verbunden (siehe Kapitel 2.1). Um den Anfor- derungen eines in nie dagewesenem Ausmass Ressourcen und Menschenleben verschlingenden Weltkriegs gerecht zu werden, mussten ganze Volkswirtschaf- ten auf die Produktion von Kriegsmaterial und die Versorgung der Streitkräfte ausgerichtet werden. Zusammen mit der Unterbrechung des Welthandels durch den Wirtschaftskrieg zog diese Konzentration auf die Rüstungsindustrie Eng- pässe bei der Bereitstellung von Gütern des täglichen Bedarfs – Nahrungsmittel, Brennstoff, Wohnraum – für die Zivilgesellschaften nach sich. An den «Heimat- fronten» wuchsen deshalb nicht nur die Preise, Verwaltungen und Schulden, son- dern mit zunehmender Kriegsdauer auch soziale Ungleichgewichte und Wider- stände gegen die politische Ordnung. Wenn die Situation je nach Land auch sehr unterschiedlich ausfiel und das tatsächliche Ausmass von staatlicher «Organisa- tion», «Intervention» und «Kontrolle» unter Historikerinnen und Historikern umstritten bleibt – der Erste Weltkrieg stellte alle beteiligten oder betroffenen Länder vor ähnliche Probleme und so lautete auch die politische Antwort überall grundsätzlich ähnlich: Aufgabe des «Laissez-faire»-Prinzips45 der Vorkriegszeit zugunsten planwirtschaftlicher, sozialer und kultureller Steuerungsversuche, Kon struktion nationaler Verteidigungsgemeinschaften, Kompetenzverlage- rung auf «war governments» und Militärbehörden, Suspendierung individueller Rechte, Verflechtung organisierter und staatlicher Interessen sowie Expansion von «Bürokratie» und Staatshaushalt.46 Am Beispiel des schweizerischen Vollmachtenregimes die Tendenzen und Problemlagen dieses transnationalen Wandels von Politik und Staat während des Ersten Weltkriegs zu verdeutlichen, ist das Ziel dieser Studie. Orientiert an den im letzten Abschnitt definierten Dimensionen des Untersuchungsgegenstands, soll dies mittels dreier Fragekomplexe geschehen. Erstens soll anknüpfend an die vorhandene rechtshistorische Forschung die juristische Dimension der Vollmachten in den Blick genommen werden.47 Hierbei stehen die zahlreichen Noterlasse im Mittelpunkt, die erstmals in ihrer Gesamtheit einer systematischen Analyse unterzogen werden (siehe Tab. 1). In welchen Politikfeldern und in welchen Formen wandte der Bundesrat die bei Kriegsausbruch erhaltenen Vollmachten an? Welche Aufgaben übernahm der Staat auf diese Weise? Wie veränderte sich diese Notrechtsetzung im Verlauf des Untersuchungszeitraums und welche Probleme traten dabei auf? Wie kamen die Noterlasse zustande und wie gestaltete sich die Umsetzung der mit ihnen auf- gestellten Regeln? Welche Gestaltungsmöglichkeiten eröffneten die Vollmachten und wo lagen deren Grenzen? Welche Muster, Konjunkturen und Ziele notrecht- lichen Entscheidens lassen sich feststellen? Veränderten sich Themenschwer- punkte und Aushandlungsprozesse während des Kriegs? Die letzte Frage reicht bereits in den zweiten Fragenkreis dieser Arbeit hin- ein, der auf die administrativen und politischen Aspekte des Vollmachtenregimes fokussieren soll. Wie reagierte die Bundespolitik auf die Kriegssituation? Wel- che Akteure waren an der Ausarbeitung, Formulierung und Durchsetzung der 17 zurückzurück

Noterlasse beteiligt und welche hatten dazu keinen Zugang? Wie entwickelten sich die Beziehungen zwischen diesen Akteuren? Welche Konsequenzen hatte dies für die Formen politischer Partizipation, die Entscheidungsfindung und den Ausgleich der Interessen im Innern? Wie veränderten sich die Institutionen und Organisationsformen des Bundes unter dem Einfluss des Ausnahmezustands und wie wurden diese Veränderungen finanziert? In welchem Verhältnis stand das Vollmachtenregime zu den bestehenden politischen Strukturen und Prozes- sen der Schweiz sowie zu den Ereignissen und Konflikten des Weltkriegs? Wie wurde nach dem Ende des Weltkriegs mit dem Ausnahmezustand und den darauf gestützten Normen verfahren? Drittens soll der Frage nachgegangen werden, wie das Vollmachtenregime in seinen verschiedenen Facetten wahrgenommen wurde und in welchem Ver- hältnis der Ausnahmezustand zur politischen Ideenlandschaft der Schweiz stand. Wie wurden Legalität, Legitimität und Praxis der Vollmachten in Rechts- wissenschaft, Verwaltung und Öffentlichkeit während des Kriegsverlaufs be- urteilt? Wo wurde Kritik laut, wie wurde sie artikuliert und welche Folgen zei- tigte dies? Wie entwickelten sich die an den Staat gerichteten Erwartungen und das Selbstverständnis politischer Akteure? In diesem Kontext soll nicht zuletzt darauf Rücksicht genommen werden, dass das Vollmachtenregime kein auf die Schweiz beschränktes, im nationalen Container isoliertes Phänomen ist, sondern in einen tief greifenden politischen Transformationsprozess während des Ers- ten Weltkriegs eingebettet und einem Transfer von Ideen, Konzepten und Ge- staltungsvorstellungen ausgesetzt war.48 Aus der vielschichtigen Perspektive des Notrechts soll die politische Reaktion der Schweiz auf die Bewährungsproben des Ersten Weltkriegs neu dargestellt werden. Es soll dabei deutlich werden, wie unter den Bedingungen eines internationalen Konflikts auch in einem neutralen Staat mit ausgeprägtem demokratischen und föderalistischen Selbstverständnis gleichsam eine innere «Kriegspolitik»49 entstehen konnte, wie deren Regeln zu- stande kamen, wie darin Konflikte ausgetragen wurden und wie der politische Prozess dadurch geprägt wurde.

1.4 Theoretische Ansätze

Obwohl es an konzeptuellen Auseinandersetzungen mit dem Thema keineswegs mangelt, existiert nach Meinung der jüngsten Forschung bislang keine «empirisch untermauerte Geschichte des Ausnahmezustands» in seinen verschiedenen Di- mensionen.50 Aktuelle Studien wie diejenige von Giorgio Agamben zeichnen sich zwar durch eindrückliche Synthesen der staatsrechtlichen Grundlagen, einen brei- ten Zeithorizont sowie ein interdisziplinäres und transnationales Verständnis des Gegenstands aus, in ihrer theoretischen Erschliessung des Ausnahmezustands auf abstrakter Ebene verliert jedoch der Einzelfall, verlieren seine Normen, Akteure, Strukturen, Kategorien und Praktiken an Kontur. Für eine Darstellung des Voll- zurückzurück 18

machtenregimes während des Ersten Weltkriegs bieten diese Zugänge zwar wert- volle Hinweise auf den Kontext, jedoch nur bedingt eine historische Methodik. Da es sich beim Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit um ein Phänomen an den Schnittstellen von Justiz und Politik handelt, sollen neben dem rechtshistorischen Blick auch andere Ansätze zur Erschliessung verwendet werden. Eine für das Verhältnis zwischen Ausnahmezustand und Staatlichkeit äusserst ertragreiche Studie legte während des Zweiten Weltkriegs der deutsche Jurist und Politologe Ernst Fraenkel vor.51 Fraenkel, der als Rechtsanwalt den sozialdemo- kratischen Widerstand gegen die nationalsozialistische Herrschaft unterstützt hatte und sich 1938 zur Emigration in die USA gezwungen sah, beschrieb das kon- tinuierliche Abgleiten der Weimarer Republik in die Diktatur mit dem Konzept eines «Doppelstaats». In Kombination von persönlicher Erfahrung und staats- rechtlicher Expertise gelang ihm so «eine der ersten und scharfsinnigsten Analy- sen des Nationalsozialismus».52 Der Doppelstaat des «Dritten Reichs», als dessen «Verfassungsurkunde» Fraenkel die Verhängung des «Belagerungszustands» im Frühjahr 1933 identifizierte, zerfiel in zwei Herrschaftssysteme: den «Normen- staat» und den «Massnahmenstaat».53 Im Normenstaat blieben die Regeln der Re- publik – Verfassung, Gesetze, Institutionen, Verfahren – trotz Ausnahmezustand formal weiterhin in Kraft. Sie wurden von diesem sogar aktiv gestützt, denn sie sorgten für eine Berechenbarkeit staatlichen Handelns, mit denen vor allen Dingen das Funktionieren der deutschen Ökonomie gewährleistet werden sollte. Diese geltenden Normen standen allerdings unter dem ständigen Vorbehalt des auf dem Notrecht aufgebauten Massnahmenstaats. In diesem herrschte administrative Willkür, wurden zur Ausschaltung politischer Gegner rechtliche Schranken ohne Weiteres beseitigt und die Normen immer stärker ausgehebelt. An die Stelle des Rechtsstaats trat das Primat einer effizienten Staatsführung, in der «nicht mehr nach den Maßstäben des Rechts, sondern ausschließlich politisch ‹nach Lage der Dinge› entschieden wurde».54 Legitimiert wurde dieses System durch die Kon- struktion einer «Volksgemeinschaft», für die das Recht des Normenstaats exklusiv galt, während alle nicht zu dieser Gemeinschaft gezählten Menschen als poten- zielle Staatsfeinde betrachtet und verfolgt wurden.55 Fraenkels Konzept ist für die Analyse der Schweizer Politik im Ausnahme- zustand theoretisch anschlussfähig.56 Die Doppelstruktur von fortbestehendem Bundesrecht und nach den Anforderungen des Moments erlassenen «Massnah- men»57 der Exekutive, die Spannung zwischen tradierten Strukturen und dem Primat staatlicher Handlungsfähigkeit lässt sich nämlich auch für die Schweiz – und andere Staaten – im Ersten Weltkrieg konstatieren. Dies reflektiert sich etwa darin, dass Giacometti im Vollmachtenbeschluss von 1914 «vom Standpunkt der geltenden Bundesverfassung aus eine neue Bundesverfassung» erkannte.58 Fraen- kels Darstellung des notrechtlichen Regimes ist zudem aufschlussreich, weil sie im Unterschied zu Carl Schmitt keine absolute Trennung zwischen dem Normal- und dem Ausnahmezustand, sondern eine schrittweise Transformation der poli- tischen Ordnung von der Demokratie zur Diktatur der Massnahmen annimmt.59 19 zurückzurück

Für die Erfassung dieser Massnahmen in verschiedenen Politikfeldern erfas- sen bietet sich das politologische Konzept des Policy-Cycle an.60 Es handelt sich dabei um ein analytisches Modell, das den politischen Prozess als sequenzielle Abfolge einzelner Phasen betrachtet. Politik wird hierbei als «policy making» verstanden, also als sozialer Vorgang, «in dem lösungsbedürftige Probleme ar- tikuliert, politische Ziele formuliert, alternative Handlungsmöglichkeiten ent- wickelt und schließlich als verbindliche Festlegung gewählt werden».61 Bei aller Komplexität politischer Entscheidungsfindung lässt sich dieser Prozess in eine Abfolge von Schritten gliedern, die mit der Identifizierung von Problemen ihren Anfang nimmt und idealtypisch mit der Umsetzung politischer Massnahmen en- det. Mit einer zyklischen Form wird berücksichtigt, dass politische Programme meist keinen eindeutig identifizierbaren Anfang haben, sondern sich auf bereits bestehende Policies beziehen und mit diesen interagieren. Ebenso erreicht Politik kaum je einen Zustand, in dem sie als beendet angesehen werden kann, sondern befindet sich ständig in einem verflochtenen und repetitiven Prozess.62 Ein besonderes Merkmal des Policy-Cycle besteht in der entscheidenden Rolle, welche der staatlichen Bürokratie darin zukommt. Der administrative Ap- parat ist hier nicht eine blosse Funktionseinheit, welche die ihr von den «wah- ren» Entscheidungsträgern zugewiesenen Aufgaben erfüllt, sondern ein auto- nomer politischer Akteur mit «Verwaltungsmacht», der auf alle Phasen einen starken Einfluss ausüben kann.63 Hierin liegt der Vorteil, der die Anwendung des Policy-Cycle bei der Analyse von Politik mit sich bringt, denn «in so an- gelegten Untersuchungen kann der Entscheidungsbeitrag der Bürokratie heraus gearbeitet werden; es kann gezeigt werden, welche Probleme verdrängt, welche Ziele vernachlässigt und welche Handlungsalternativen in der Phase der Ent- scheidungsvorbereitung von der Verwaltung bereits ausgeschieden wurden, ehe irgendein verantwortlicher Politiker mit dem Entscheidungsvorschlag befasst war.»64 Das Policy-Cycle-Modell, das seine grösste Popularität im Zuge ambi- tionierter Verwaltungsreformen der 1970er-Jahre erfuhr, ist freilich nicht un- angefochten geblieben. Zum einen unterstellt es dem politischen Prozess einen allzu rationalen und zielgerichteten, geradezu algorithmischen Ablauf, in dem politische Entscheidungen ständig überprüft, angepasst und letzten Endes ver- bessert werden. Damit verbunden ist ein Verständnis von Politik, das die Lösung gesellschaftlicher Probleme als deren primäre Funktion begreift und eine gewisse Blindheit für den rituellen und symbolischen Charakter des Politischen, für die Eigeninteressen seiner Akteure wie auch für Machtbeziehungen und die Vertei- lung von Wissen aufweist. Zum anderen lässt das Modell ausser Acht, dass eine eindeutige Unterscheidung der verschiedenen Phasen des politischen Prozesses oftmals gar nicht möglich ist, dass diese simultan ablaufen und sich über ver- schiedene Politikfelder hinweg gegenseitig beeinflussen können.65 Es kann angesichts dieser analytischen Grenzen nicht das Ziel der vorlie- genden Arbeit sein, das Vollmachtenregime ganz auf das relativ starre Modell des Policy-Cycle zu reduzieren. Dieses Modell stellt lediglich eine Heuristik zur zurückzurück 20

Verfügung, welche für die Untersuchung der verschiedenen Anwendungsberei- che des Notrechts eine wertvolle Richtschnur bietet. Es ist deshalb unerlässlich, die theoretischen Zugänge «Doppelstaat» und «Policy-Cycle» um stärker auf den Untersuchungsgegenstand zugeschnittene Forschungsperspektiven zu ergänzen. Dies ermöglichen zum einen Untersuchungen zu den Charakteristika, Lernpro- zessen und Spannungsfeldern der kriegswirtschaftlichen Organisation durch den Staat im Ersten Weltkrieg. Im vermeintlichen «Sonderfall» Schweiz – die weder eine «Friedensinsel»66 noch eine unbeteiligte Beobachterin war, sondern vielmehr im Zentrum des globalen Konflikts stand – traten ökonomische Wirkungen auf die politischen Handlungsspielräume besonders deutlich zutage. Die Vollmach- ten des Bundesrats spielten hierbei eine zentrale Rolle, denn die Reaktion auf den seit Sommer 1914 geführten «Weltwirtschaftskrieg» geschah fast ausschliess- lich auf notrechtlichen Wegen (siehe Kapitel 4.1).67 Zum anderen müssen bei der Darstellung der administrativen Vorgänge im Vollmachtenregime Erkenntnisse zu Stellenwert und Funktion von empirisch fundiertem Expertenwissen, orga- nisierten Interessen und Praxiserfahrung in der politischen Entscheidungsfin- dung berücksichtigt werden. Einflussfaktoren also, die ihren Ursprung ausser- halb der klassischen staatlichen Institutionen hatten und die in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg stark an Bedeutung gewannen.68 In der kontingenten, die behördliche Sachkenntnis und die staatlichen Institutionen überfordernden Kriegssituation spielten diese Aspekte gerade in der Schweiz, wo politisches Amt, Verbandsfunktion und Expertenstatus oft ineinander übergingen, eine tragende Rolle. Sie tauchten im Kontext der Ausarbeitung, Umsetzung und Beurteilung des Notrechts wiederholt auf (siehe Kapitel 3.4 und 5.3).69

1.5 Forschungsstand

Die Auseinandersetzung der (rechts)historischen Forschung mit dem Unter- suchungsgegenstand dieser Arbeit zeigt sich bei näherer Betrachtung als ebenso vielfältig wie ambivalent. Schlüsselmomente des Vollmachtenregimes – der Par- lamentsbeschluss vom 3. August 1914, die kriegswirtschaftlichen und neutrali- tätspolitischen Noterlasse des Bundesrats, der Einbezug von Verbänden in den politischen Prozess, der Ausbau der staatlichen Institutionen oder die Dynamik der inneren Konfliktlinien – finden sich in fast jeder Darstellung der Schweiz im Ersten Weltkrieg70 wieder und sind damit fester Bestandteil eines wenig hin- terfragten, jedoch äusserst wirkmächtigen «dominanten Narrativs» dieses Zeit- abschnitts geworden.71 Dementsprechend taucht der Begriff «régime des pleins pouvoirs» respektive «Vollmachtenregime» seit 1945 nicht nur in Gesamtdar- stellungen der Kriegszeit und zahlreichen Detailstudien, sondern auch in den grossen Überblickswerken und Handbüchern zur Schweizer Geschichte und Politik zuverlässig auf. Dabei ist dem Thema gemeinhin eine hohe Relevanz im Kontext der Neutralitäts- und Kriegswirtschaftspolitik beschieden.72 Umso be- 21 zurückzurück merkenswerter ist, dass bislang keine historische Untersuchung zum «ganzen» Vollmachtenregime des Ersten Weltkriegs existiert und sich der Forschungsstand während einhundert Jahren auf mehrere Disziplinen verteilte. Es waren Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler, die sich als Erste der Erforschung des 1914 vom Parlament beschlossenen Ausnahme- zustands widmeten.73 Bereits unmittelbar nach Kriegsausbruch entstand in der Jurisprudenz eine lebhafte Kontroverse über die Legalität und Legitimität der Vollmachten, die sich in der Nachkriegszeit fortsetzte und breiteren Darstellun- gen des Gegenstands den Weg bereitete (siehe Kapitel 6.3). Ab der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre wurde in diesem Zusammenhang – und unter den Auspizien der an der Debatte beteiligten Professoren – eine Reihe von Dissertationen ver- fasst, die sich aus zumeist kritischer Warte mit der «Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit durch das Notverordnungsrecht»,74 den «diktatorischen Anklängen»75 der Vollmachten, der «Stellung des Generals»76 in der Kriegspolitik sowie den staatsrechtlichen Grundlagen des Ausnahmezustands im Allgemeinen beschäftigten.77 Die erste Monografie, die sich eigens mit dem Vollmachten- regime in seinen verschiedenen Facetten auseinandersetzte, legte 1928 die Juristin Lili Zoller vor. Arbeiten wie diejenige Zollers gewährten bereits aufschlussreiche Einblicke in die Anwendungsbereiche und Mechanismen der Notgesetzgebung, mangels Quellenzugang und eines vollständigen Verzeichnisses aller Noterlasse blieben sie allerdings selektiv und fokussierten auf die Analyse der amtlich pu- blizierten Erlasse, Regierungsberichte und Gerichtsentscheide. Während sich diese Untersuchungen spezifisch am Notrecht des Ersten Weltkriegs, später auch an dem der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkriegs orientierten, öffnete sich das Forschungsinteresse in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer rechtshistorischen Perspektive, die das Vollmachtenregime in den grösseren Kontext der bundesstaatlichen Verfassungsgeschichte zu stellen versuchte. Stu- dien wie die von André Manuel (1953) oder Werner Suter (1960) blieben zwar der rechtlichen Dimension des Ausnahmezustands verbunden, konnten jedoch zeigen, dass ausserordentliche Ermächtigungen und «dringliche» Entscheidun- gen die schweizerische Politik seit der Gründung des modernen Bundesstaats 1848 begleitet hatten (siehe Kapitel 2.2). Einige Autoren versuchten zudem das Notrecht des Bundesrats im transnationalen und kantonalen Umfeld zu ver- orten, wobei immer auch dem juristischen Diskurs Aufmerksamkeit geschenkt wurde.78 Dies gilt nicht zuletzt für die Überblicksdarstellungen zur schweizeri- schen Verfassungsgeschichte, die Alfred Kölz und Andreas Kley in den letzten Jahren vorlegten.79 Der rechtswissenschaftliche Forschungsstand wäre nicht vollständig ohne einen knappen Hinweis auf eine Reihe von ausländischen Darstellungen, in de- nen die verschiedenen Formen notrechtlichen Regierens in der Kriegszeit einem Vergleich unterzogen wurden und teilweise auch der schweizerische Fall rezipiert wurde.80 Besonders hervorzuheben ist hierbei die 1934 in Paris erschienene Stu- die des schwedischen Politologen Herbert Tingsten zur «expansion des pouvoirs zurückzurück 22

gouvernementaux» während und nach dem Ersten Weltkrieg. Unter Verwen- dung länderspezifischer Literatur und einer Vielzahl von publizierten Quellen beleuchtete Tingsten erstmals die Entwicklung der Regierungstätigkeit in acht verschiedenen Staaten bis in die frühen Dreissigerjahre.81 Im Unterschied zu an- deren rechtshistorischen Querschnittanalysen konzentrierte er sich dabei nicht nur auf verfassungsrechtliche Fragen, sondern untersuchte auch die konkreten Anwendungsgebiete des Notrechts und die politische Debatte darüber. Tingsten kam zum Schluss, dass die systematische Ausweitung der Regierungskompeten- zen seit 1914 die Gefahr einer «liquidation de la démocratie» mit sich brachte.82 Carl Schmitt nahm dieses Werk zwei Jahre später als Ausgangspunkt für einen eigenen internationalen Überblick über die Delegation legislativer Kompetenzen an die Exekutive, der aber den von Tingsten auf 75 Seiten sehr ausführlich behan- delten Fall des schweizerischen Vollmachtenregimes nicht berührte.83 Demgegenüber zeigt sich der historiografische beziehungsweise politolo- gische Forschungsstand zum Vollmachtenregime als ausgesprochen unübersicht- lich. Bundesrat und Departemente setzten die Vollmachten zwischen 1914 und 1919 zur Gesetzgebung in fast 30 verschiedenen Politikbereichen ein, darunter so unterschiedliche Felder wie die Sicherheits-, die Handels- oder die Sozialpolitik (siehe Tab. 1). Der politische Prozess auf Bundesebene hatte sich damit zu einem grossen Teil ins Vollmachtenregime verlagert. Entsprechend weit gefächert ist die Literatur, die über die einzelnen Sektoren des Ausnahmezustands Auskunft gibt. Teilweise bereits in der zweiten Hälfte des Weltkriegs, vor allem aber in der Zwischenkriegszeit kam es zunächst zu einer ausgesprochenen Blüte von Darstellungen zu sozialen, politischen und ökonomischen Entwicklungen der Kriegszeit, die noch stark unter dem Eindruck der innen- und aussenpolitischen Situation standen. Arbeiten wie diejenige des Basler Ökonomen Traugott Gee- ring über «Handel und Industrie der Schweiz»,84 über die Lebensmittelversor- gung,85 über die Handelskontrollen,86 über die Zensur,87 über die gewerkschaft- liche Organisation88 oder über die Bundesverwaltung und -finanzen89 während des Ersten Weltkriegs berührten das Thema des Notrechts an zahlreichen Stellen. So zeitgebunden diese Untersuchungen in ihrem Erkenntnisinteresse und ihrer Herangehensweise auch waren, schufen sie doch ein facettenreiches Mosaik der notrechtlichen Politik, in dem sich die Konturen des Vollmachtenregimes ab- zuzeichnen begannen. Das trifft auch auf die breiter angelegten Synthesen zu, die sich im gleichen Zeitraum bereits eine themenübergreifende Aufarbeitung der Kriegszeit aus Schweizer Sicht zur Aufgabe machten.90 Die historische Erforschung des Vollmachtenregimes setzte allerdings erst nach dem und unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs ein.91 Einflussreiche Arbeiten wie die von Willi Gautschi zum Landesstreik (1968), von Leonhard Neidhart zur Referendumsdemokratie (1970), von Heinz Ochsenbein zur Kon- trolle des schweizerischen Aussenhandels durch die kriegführenden Staaten (1971) oder von Roland Ruffieux zur Zwischenkriegszeit (1974) machten den Einfluss des Ausnahmezustands auf Partizipation, Wirtschaftspolitik und in- 23 zurückzurück nere Konflikte erstmals deutlich, ohne allerdings dem Thema spezifische Auf- merksamkeit zu widmen.92 Nachdem es in der Folge etwas nachgelassen hatte, erwachte das Interesse der Geschichtswissenschaft an der politischen Entwick- lung der Schweiz während des Erstens Weltkriegs erneut gegen Ende der Acht- zigerjahre.93 Mit einem weiteren zeitlichen und thematischen Horizont als zuvor befassten sich nun verschiedene Arbeiten mit der Landesversorgung und der Agrargeschichte, mit der Sozial-, Sicherheits- und Geldpolitik sowie mit den ideologischen Tendenzen der Kriegszeit, wodurch der Forschungsstand zum Vollmachtenregime um neue Sichtweisen und Ergebnisse ergänzt wurde.94 Zum 90-jährigen Gedenken und vor allem im Umfeld des gegenwärtigen «Cente naire» 1914/2014 hat sich diese Wiederentdeckung des Ersten Weltkriegs in der schwei- zerischen Geschichtswissenschaft durch umfangreiche Neuveröffent lichungen und Regionalstudien noch einmal verstärkt.95 Dem Umstand, dass das Vollmach- tenregime zwar während einhundert Jahren ein Thema der Historiografie war, bislang aber nicht als eigener Gegenstand untersucht wurde, will die vorliegende Arbeit nun begegnen und dabei die bestehenden Erkenntnisse aus Rechts-, Ge- schichts- und Politikwissenschaft mit einbeziehen.96 Sie entstand im Rahmen des Sinergia-Forschungsprojekts « in the First World War. Transnatio- nal Perspectives on a Small State in Total War», mit dem der Schweizerische Nationalfonds die Untersuchung bis jetzt unbearbeiteter Forschungsfelder der Schweiz im «Grossen Krieg» ermöglicht hat.97

1.6 Quellenlage

Die erwähnten Dimensionen und die vielfältigen Wirkungen des Vollmachten- regimes in zahlreichen Politikbereichen machen als ersten Schritt eine genaue Eingrenzung des für die Untersuchung infrage kommenden Quellenfundus notwendig. Die zur Beantwortung der gestellten Forschungsfragen geeigneten Bestände lassen sich grundsätzlich in vier Kategorien gliedern. Im Zentrum die- ser Arbeit steht erstens das sekundäre Notrecht in Form der Beschlüsse, Ver- fügungen, Verordnungen, Kreisschreiben und Weisungen, die von Bundesrat und Verwaltung gestützt auf den Vollmachtenbeschluss von Juli 1914 bis Mai 1919 erlassen wurden (siehe Kapitel 3.3). Obwohl der überwiegende Teil dieser Noterlasse – und die dringlichen Parlamentsbeschlüsse – chronologisch in der «Amtlichen Sammlung» des Bundesrechts (AS), dem «Schweizerischen Bundes- blatt» (BBl.) sowie dem «Schweizerischen Handelsamtsblatt» (SHAB) publiziert wurde und damit schon im Krieg der Öffentlichkeit prinzipiell zugänglich war, hat bislang weder eine quantitative noch eine qualitative Untersuchung dieser Rechtsnormen in ihrer Gesamtheit stattgefunden.98 Vor allem hier möchte die vorliegende Arbeit ansetzen und neben den primären Quellen des Notrechts auch die Geschäftsberichte von Bundesrat und Nationalbank (SNB), das «Mili- tär-Amtsblatt», die Staatsrechnungen des Bundes, die Entscheidungen des Bun- zurückzurück 24

desgerichts sowie das «Amtliche Bulletin der Bundesversammlung» (ABB) in die Analyse der notrechtlichen Politik der Kriegszeit mit einbeziehen. Obwohl der Bundesrat mit den unregelmässig erstatteten «Neutralitätsberich- ten» und verschiedenen Stellungnahmen vor dem Parlament partielle Einblicke in seine Anwendung der Vollmachten gab, gestalteten sich Einschätzungen zum Ausmass des Vollmachtenregimes in der Vergangenheit äusserst unscharf. «Kein Mensch in der Eidgenossenschaft kennt diese Noterlasse alle», monierte etwa kurz nach Kriegsende der spätere Bundesrat Albert Meyer und dieses Fazit hatte beinahe für die nächsten hundert Jahre Gültigkeit, wenn es auch nicht ganz rich- tig war.99 Es gab nämlich durchaus Bemühungen, das auf die «Generalvollmach- ten» gestützte Notrecht in seinen verschiedenen Erscheinungsformen zu erfassen und für Aussenstehende aufzubereiten.100 Neben einigen Sammlungen und Ver- zeichnissen der Kriegszeit, auf die in den Kapiteln 3.3 und 6.3 näher eingegangen werden soll, ist hier vor allem das wortwörtlich monumentale «Schweizerische Bundesrecht» (1930/31) des Basler Juristen Walther Burckhardt zu erwähnen.101 In fünf Bänden mit einem Umfang von insgesamt mehr als 5000 Seiten beschrieb Burckhardt, der als Professor für Staats- und Völkerrecht an der Universität Bern sowie als juristischer Experte des Bundesrats wirkte, die staats- und verwaltungs- rechtliche Entwicklung auf Bundesebene zwischen 1903 und 1928. Auftrag und Mittel dazu hatte er von der Regierung selbst erhalten, die nach der notrecht- lichen «Hypertrophie» des Weltkriegs eine thematisch gegliederte Sammlung des staatlichen Rechts für notwendig erachtete.102 Da es der notrechtlichen Ge- setzgebung nicht nur eine Struktur verleiht, deren Inhalte zusammenfasst und zahlreiche Quellen- und Literaturhinweise enthält, sondern ausserdem über den politisch-rechtlichen Diskurs, die Entstehungszusammenhänge und die Um- setzung zahlreicher Noterlasse Auskunft gibt, ist das kurz SBR genannte Werk das aufschlussreichste Zeitdokument zum Ausnahmezustand des Ersten Welt- kriegs.103 Burckhardt war allerdings kein unbeteiligter Beobachter des Vollmach- tenregimes. Er wirkte bereits an dessen Konzeption vor dem Weltkrieg mit und trat später verschiedentlich als rechtswissenschaftliche Kapazität in Erscheinung (siehe Kapitel 2.6 und 6.3). Von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, hatte allerdings auch Walther Burckhardt nur auf amtlich publiziertes Quellenmaterial Zugriff. Für die histo- rische Untersuchung der Mechanismen des Vollmachtenregimes ist deshalb zweitens eine Auswertung von Beständen im Schweizerischen Bundesarchiv (BAR) unerlässlich. Zentral sind hierbei die Beschluss- und «Geheimprotokolle» des Bundesrats (BP), die handschriftlichen Protokolle der Parlamentssitzungen, Unterlagen zur rechtlichen Konzeption des Ausnahmezustands sowie nament- lich die Bestände zum Landesstreik (E21#1000/131#9750* bis #12082*), zum Aktivdienst der Armee (E27#1000/721#8789* bis #15078*) und zur Kriegswirt- schaft (E7350#1000/1104#1* bis #346*). Dazu kommen verschiedene Gutachten, Berichte, Kommissionsprotokolle, Korrespondenzen und Erlassentwürfe, die sich in den thematisch oder zeitlich gegliederten Dossiers der Departemente und 25 zurückzurück ihrer Unterabteilungen befinden. Die Arbeit mit diesen Quellen hat zum einen eine fragmentarische, auf zahlreiche Institutionen verteilte Überlieferungssitua- tion, zum anderen eine gewisse Heterogenität in Bezug auf die Dokumentation der notrechtlichen Entscheidungsfindung offenbart. Während in gewissen Berei- chen eine bisweilen überwältigende Menge an Informationen vorhanden ist, feh- len solche in anderen fast gänzlich. Symptomatisch hierfür ist die Tatsache, dass gemäss der Geschäftsordnung der eidgenössischen Räte weder die Sitzungen der parlamentarischen «Neutralitätskommissionen» noch die Debatten in der Bun- desversammlung über die Neutralitätsberichte protokolliert wurden (siehe Ka- pitel 3.1 und 4.3).104 Als der Nationalrat Ende 1920 darüber diskutierte, ob diese Lücke in der Überlieferung für die Zukunft geschlossen werden sollte, wies der Genfer Liberale Frédéric Jules de Rabours explizit auf die Schwierigkeiten hin, die sich dadurch für die Aufarbeitung des Vollmachtenregimes stellten: «Cela est évident, […] nous souffrirons dans l’avenir du fait que nous ne pouvons pas reconstituer l’histoire si variée et si extraordinaire des pleins-pouvoirs en Suisse; nous ne pouvons suivre les phases préparatoires de l’organisation et du fonctionnement d’une quantité d’institutions d’ordre économique que vous connaissez».105 Heinrich Walther, einer der führenden Vertreter der Katholisch-Konservativen im Nationalrat, stimmte der vollständigen Protokollierung der Sitzungen zwar zu, entgegnete dem Genfer – vermutlich mit Blick auf die relativierte Rolle der Legislative in der Kriegszeit – allerdings, «es sei besser, die Geschichte [der Ge- neralvollmachten] werde nicht geschrieben».106 Um die erwähnten Leerstellen in der staatlichen Dokumentation zu schlies- sen und die Geschichte der Vollmachten dennoch schreiben zu können, ist drit- tens eine Ausweitung der Quellenbasis notwendig. Dies soll in erster Linie durch die Berücksichtigung der Fülle an Monografien, Zeitungen und Fachpublikatio- nen geschehen, die während des Ersten Weltkriegs in der Schweiz erschienen sind. Hier sind vor allem verschiedene Fachzeitschriften zu nennen, die für die Jahre 1914–1920 ausgewertet wurden. Publikationen wie die «Zeitschrift für schweizerisches Recht», das «Politische Jahrbuch der Schweizerischen Eid- genossenschaft», die «Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Sozial- politik» oder die «Gewerkschaftliche Rundschau» ermöglichen alternative und differenzierte Perspektiven auf das Notrecht, seine Akteure und die darüber aus- getragenen Konflikte. Das trifft auch auf die Tagespresse zu, die etwa Einblicke in die vom Bund nicht protokollierten Parlamentsdebatten ermöglicht. Hervor- ragende Digitalisierungsprojekte der letzten Zeit haben die Auswertung zahlrei- cher solcher Quellen enorm erleichtert. Das Bundesarchiv stellt Parlamentspro- tokolle, «Bundesblatt», Beschlussprotokolle des Bundesrats, Geschäftsberichte, Staatsrechnungen, Staatskalender sowie die Sammlung der «Diplomatischen Dokumente der Schweiz» unter «amtsdruckschriften.ch» der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Online-Plattform «E-Periodica» der Bibliothek der Eidgenös- sischen Technischen Hochschule umfasst ein stetig wachsendes Repertoire zeit- zurückzurück 26

genössischer Publikationen wie den «Nebelspalter», das SHAB oder die «All- gemeine schweizerische Militärzeitung». Zudem stehen vor allem Zeitungen aus der Westschweiz unter «letempsarchives.ch» und «newspaper.archives.rero.ch» frei für Recherche und Download bereit.107 Da es sich beim Ausnahmezustand wie erwähnt um ein transnationales Phänomen handelt, ist viertens der Einbezug ausländischen Quellenmaterials wichtig, um den schweizerischen Fall des Vollmachtenregimes in einem grösse- ren Kontext betrachten zu können. Das starke Forschungsinteresse am Ersten Weltkrieg brachte auch in anderen Ländern ab 1918 zahlreiche Untersuchungen hervor, die als Ergänzung konsultiert werden sollen. Besonders hervorzuheben sind hierbei die vom Carnegie Endowment for International Peace in Auftrag ge- gebenen Studien zur Sozial-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte der Kriegszeit, die trotz ihres Alters für einen Vergleich verschiedener Staaten wertvolle An- satzpunkte und Informationen bieten.108 Aufschluss über die notrechtliche Ge- setzgebung und die innenpolitische Entwicklung bieten darüber hinaus Rechts- sammlungen und Fachzeitschriften aus den kriegführenden Staaten.109 Quellen und Literatur sollen zudem an einigen Stellen durch quantitatives Datenmaterial aus schweizerischen und internationalen Statistiken ergänzt werden.110 Wenn auch aus Platz- und Zeitgründen in dieser Arbeit kein systematischer Vergleich der letztlich an nationalstaatliche Kategorien gebundenen Ausnahmezustände geleistet werden kann, sollen wo möglich doch Unterschiede und Gemeinsam- keiten zwischen der Schweiz und den politischen, ökonomischen und sozialen Bedingungen im Ausland aufgezeigt und die Bezugnahme der Bundesbehörden auf die dortigen Interventionsmechanismen herausgearbeitet werden. So soll ge- zeigt werden, inwiefern die Transformationsprozesse des Ersten Weltkriegs auf die Schweiz wirkten.

1.7 Untersuchungszeitraum

Das Vollmachtenregime soll in dieser Arbeit in einem Untersuchungszeitraum dargestellt werden, der sich vom Juli 1914 bis zum Mai 1919 erstreckt (Tab. 1). Dieser Zeitraum lässt sich einerseits durch die politische Entwicklung des Voll- machtenregimes selbst begründen, die im Folgenden kurz skizziert wird, ande- rerseits kann so dem in vielen Publikationen wenig beachteten Umstand Rech- nung getragen werden, dass der Erste Weltkrieg von den Kriegserklärungen des Sommers 1914 bis zur Unterzeichnung der Pariser Vorortverträge ab Juni 1919 dauerte. So lange befanden sich die Mitgliedstaaten der Zentralmächte mit denen der Entente völkerrechtlich im Krieg und bis zu diesem Zeitpunkt wurde auch die für die Schweiz besonders wirkmächtige Handelsblockade gegen Deutsch- land und Österreich aufrechterhalten. «The guns were silent, but the war con- tinued», wie der britische Wirtschaftshistoriker Avner Offer die Zeit nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 auf den Punkt brachte.111 27 zurückzurück

Tab. 1: In Kraft gesetzte Noterlasse des Vollmachtenregimes nach Politikbereichen, 30. Juli 1914 bis 23. Mai 1919

Politikbereich 1914 1915 1916 1917 1918 1919 Arbeit und Lohn 58 Armeeausrüstung 41 Armeeorganisation 90 Migration und Internierung 21 Aussenhandel 86 Aussenpolitik und Neutralität 9 Bundesverwaltung 11 Energie 140 Bundesfinanzen 49 Gesundheit 13 Industrie und Gewerbe 306 Justiz 42 Kreditwesen 3 Lebensmittel 493 Mietwesen 9 Militärjustiz 37 Nachrichtendienst 4 Jagd 9 Notunterstützung 56 Patentschutz 6 Vollmachten und Wahlen 12 Post 10 Presse 6 Sicherheit 10 Transportwesen 32 Armee-Verwaltungsvorschri‘en 49 Währung 10 Noterlasse insgesamt 1612

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

Der so abgesteckte Untersuchungszeitraum wird in vier aufeinanderfol- gende Phasen gegliedert, die der Untersuchung sowohl ihre zeitliche Struktur als auch ihre inhaltlichen Schwerpunkte vorgeben.112 Bevor im Hauptteil auf den eigentlichen Ausnahmezustand eingegangen werden kann, sollen in Kapi- tel 2 allerdings zunächst die notrechtlichen, institutionellen und innenpolitischen Entwicklungen von der Gründung des Bundesstaats 1848 bis zum Ersten Welt- krieg umrissen und so die spezifischen Bedingungen, Tendenzen und Disposi- tionen herausgearbeitet werden, mit denen die Schweiz 1914 in den Ausnahme- zustand eintrat. Mit dem Beginn der militärischen Auseinandersetzungen in Europa nimmt anschliessend auch das Vollmachtenregime seinen Anfang. Am 30. Juli 1914 setzte der Bundesrat seinen ersten kriegsbedingten Bundesrats- beschluss (BRB) in Kraft. Er ermächtigte die Schweizerische Nationalbank zur erstmaligen Ausgabe von 20-Franken-Banknoten und enthob sie gleichzeitig der gesetz lichen Verpflichtung, ihre Banknoten gegen Metallgeld einzulösen (siehe Kapitel 5.4).113 Obwohl die schweizerische Regierung zu diesem Zeitpunkt die Vollmachten noch gar nicht erhalten hatte, handelte es sich hierbei um den ersten auf Notrecht gestützten Erlass der Kriegszeit und er markiert damit den Beginn des Ausnahme zustands.114 Dessen Aufbau in der ersten Phase wird in Kapitel 3 geschildert. Es wird gezeigt, wie die Vollmachten vom Parlament beschlossen zurückzurück 28

wurden, wo sie zunächst eingesetzt wurden und welche Probleme und Entschei- dungsmuster sich dabei einstellten. Im März 1916 kam es, wie zu Beginn dieser Einleitung geschildert, zu einer ersten parlamentarischen Debatte um den Ausnahmezustand. Diese Anfechtung des Vollmachtenregimes aus der Westschweiz bildet den Beginn der zweiten Phase und somit des vierten Kapitels dieser Arbeit. In ihm stehen zum einen die wachsende Opposition gegen die Ermächtigung des Bundesrats und die Kom- petenzen der Armeeleitung im Fokus, zum anderen wird gezeigt, wie der Stel- lenwert der Sicherheitspolitik in der notrechtlichen Entscheidungsfindung all- mählich abnahm, während die Interventionen des Bundes in die Kriegswirtschaft zum zentralen Anwendungsfeld der Vollmachten wurden. Diese Tendenz ver- stärkte sich ab der zweiten Jahreshälfte 1917. Während die sozialen Spannungen und die wirtschaftlichen Probleme in der Schweiz zunahmen, kam es innerhalb von Bundesrat und Verwaltung zu personellen und institutionellen Umbrüchen, die am Anfang der dritten Phase stehen. In Kapitel 5 werden diese Veränderun- gen thematisiert und gleichzeitig wird gezeigt, wie die Lenkungsversuche des Vollmachtenregimes in der Kriegswirtschaft eine neue Qualität gewannen. Im Herbst 1918 kam es zu einer Verdichtung der innen- und aussenpoliti- schen Ereignisse. Vollmachtenregime und Weltkrieg traten in ihre letzte Phase ein, die von heftigen soziopolitischen Auseinandersetzungen, der Suche nach Orientierung und dem schrittweisen Übergang zu einem unruhigen Frieden geprägt war. Kapitel 6 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen der gesell- schaftlichen Polarisierung und dem Ausnahmezustand, in dem Kooperation und Konfrontation nahe beieinanderlagen. Am Schluss dieses letzten Kapitels steht schliesslich ein neuerlicher Versuch zur Aufhebung der Vollmachten, der in der turbulenten Nachkriegszeit zwar formell erfolgreich war, sich allerdings nicht als Ende, sondern als eine Verfestigung des notrechtlichen Regierens herausstellen sollte. 29 zurückzurück

2 Der Weg der Schweiz ins Vollmachtenregime

Videant consules ne quid res publica detrimenti capiat.1 Grundsatz der Vollmachten in der römischen Republik

2.1 Der Erste Weltkrieg als Zäsur

Der Erste Weltkrieg wurde in den über hundert Jahren seit seinem Ausbruch im Sommer 1914 mit einer ungeheuren Menge an Deutungen, Attributen und Erklärungsversuchen versehen, wie sie historisch schwergewichtiger kaum sein könnten. Als «great seminal catastrophe»2 war der Konflikt nicht nur Auftakt zu einem «zweiten Dreissigjährigen Krieg»3 in Europa, sondern legte auch das Fun- dament zu einem ebenso fortschrittlichen wie zerstörerischen 20. Jahrhundert, einem «Zeitalter der Extreme».4 Als «Grosser Transformator»,5 «Weltwende»6 und «Zivilisationsbruch»7 beendete er die optimistische Belle Époque, eine Ära des Zukunftsvertrauens, der Demokratisierung, der kolonialen Expansion und der Vorherrschaft der europäischen Staaten in der Welt, welche das «lange 19. Jahrhundert» geprägt hatte.8 Wie der Freiburger Historiker Jörn Leonhard vor kurzem festgehalten hat, konnten solche Zuschreibungen allerdings nur von Betrachtern vorgenommen werden, die sich der Geschichte bewusst waren, die auf den Ersten Weltkrieg folgte.9 Die meisten Zeitgenossen, die 1914 die Ermor- dung des Erzherzogs Franz Ferdinand in Sarajevo, das darauf folgende Scheitern der europäischen Diplomatie und die Mobilisierung Hunderttausender Soldaten auf dem ganzen Kontinent miterlebten, konnten hingegen weder die Dauer, den Ausgang noch die Folgen dieses Kriegs vorhersehen. Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass bereits die zeitgenös- sischen Beobachter «das Neuartige, das Ungeheuerliche, das Ausgreifende des Ereignisses»10 gewahrten. Auch wenn es optimistische Stimmen gab, die den Krieg in einer wirtschaftlich und diplomatisch immer enger vernetzten Welt als nicht mehr gewinnbringend und deshalb unwahrscheinlich einschätzten,11 fehlte es nicht an Warnungen, die im aggressiven Wettrüsten der Grossmächte, im Geflecht der internationalen Verteidigungsbündnisse sowie in der Zunahme gewaltsamer Konflikte seit 1890 Vorzeichen eines grossen, wohl «unvermeid- lichen Kriegs»12 sahen, der in seinen menschlichen und ökonomischen Kosten alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen und nichts weniger als die «Göt- terdämmerung der bürgerlichen Welt» sein würde.13 Während Pazifisten in aller Deutlichkeit vor seinen verheerenden Folgen warnten, erhofften sich andere vom Krieg eine «wunderbare Katastrophe».14 Ein «stärkendes Stahlbad»,15 würde er – je nach Standpunkt – der kulturellen Stagnation, der Vereinzelung in der moder- zurückzurück 30

nen Industriegesellschaft, der Kraftlosigkeit des Fin de Siècle, der aufkeimenden Demokratie, der kapitalistischen Unterdrückung oder umgekehrt der sozialis- tischen Bewegung des 19. Jahrhunderts ein gewaltsames Ende bereiten. Radikal denkende Militärs, Nationalisten, Intellektuelle und Künstler wie Max Beck- mann, Colmar von der Goltz, Georges Sorel, Maurice Barrès, Rupert Brooke, Georg Simmel oder Filippo Tommaso Marinetti sehnten den grossen Konflikt in einer Art «Kriegsaberglaube» geradezu herbei.16 Als dieser imaginierte Konflikt dann tatsächlich ausbrach, machte die Verwendung von Begriffen wie «Grande Guerre», «Völkerringen» oder eben «Weltkrieg» den Stellenwert deutlich, den die Menschen der Zeit dem Ereignis beimassen. Noch vernehmbare Hoffnungen auf positive Wirkungen des Gewalt- ausbruchs zerschlugen sich allerdings schnell an den blutigen Realitäten dieses «ungeheuersten Erlebnisses der Menschheit».17 Als kleines Land mitten in Europa, mit seinen Nachbarstaaten wirtschaft- lich und kulturell eng verflochten und in seinem Innern von den verschiedensten Einflüssen geprägt, konnte sich die Schweiz den Wirkungen dieses Weltkriegs nicht entziehen, zumal sie spätestens mit dem Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 genau auf der Frontlinie zwischen der Entente und den Mittelmächten lag und als neutraler Staat Misstrauen und Begehrlichkeiten der Kriegführenden auf sich zog.18 Auch in der Schweiz wurde die Kriegsmaschinerie in Bewegung gesetzt, drängten Menschen aus Angst vor Versorgungsengpässen in die Geschäfte und Banken, traten Tausende ausländische Arbeiter die Rückkehr in ihre Heimatlän- der an und zeichneten aufmerksame Beobachterinnen und Beobachter unheil- volle Bilder der Zeit, die nun vor ihnen lag: «Der Kriegsruf ist ergangen; ein riesenhaftes Ringen, wie geschichtliches Erinnern kein zweites zu verzeichnen hat, bereitet sich vor; es wird Län- der und Kontinente umspannen, den Erdkreis in Mitleidenschaft ziehen; es wird ein Weltkrieg sein. Seine Ursachen liegen teils offenkundig teils verborgen in wirrer Verflechtung schwerwiegender Umstände verknüpft. Sein Fortgang wird reich an Überraschungen, seine Folgen dürften un- übersehbar sein.»19 Was den Einsatz wortgewaltiger Analogien, die Warnung vor der Zerstö- rungs-, aber auch Veränderungskraft des Kriegs und die Kritik an den Kräften und Verhältnissen, die ihn heraufbeschworen hatten, anbelangt, standen die Stimmen aus der Schweiz ihren ausländischen Verwandten kaum nach. Ei- nige, wie die Verfasserin des obigen Zitats, benannten mit den «Milliarden im Kriegsbudget», der «Ländergier einiger Grossmächte» sowie mit «Völkerhass und Vorurteil» bereits Verantwortlichkeiten, wenn auch ohne konkrete Ad- ressaten zu nennen.20 Andere nahmen den Krieg als eine Art Naturgewalt oder Katastrophe wahr, die plötzlich über die Menschheit hereingebrochen war.21 Der Waadtländer Schriftsteller Charles-Ferdinand Ramuz, der eben erst aus Frankreich zurückgekehrt war, schrieb am 2. August 1914 in der «Gazette de Lausanne» von einer «Tourmente», die sich jenseits der Grenzen zusammen- 31 zurückzurück gebraut hatte, wobei er sich nicht sicher war, ob dieser Sturm die Schweiz verschonen würde.22 Auch die schweizerische Regierung verwendete die Metapher des herauf- ziehenden Sturms, als sie am selben Tag Stellung zum unmittelbar drohenden Kriegsausbruch bezog und der Bundesversammlung den Beschluss «betreffend Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität» vorlegte: «Die schwarze Wolke, die seit Jahren gefahrdrohend am politischen Himmel stand, hat sich entladen. […] Ein europäischer Krieg von ungeheurer Ausdehnung steht vor der Türe.»23 Frühmorgens an diesem 2. August waren deutsche24 Truppen in Luxemburg einmarschiert und hatten damit den Feld- zug gegen Frankreich eröffnet. Auf dem ganzen Kontinent wurden Armeen in Gefechtsbereitschaft versetzt und Kriegserklärungen ausgesprochen. Die noch kurz zuvor hektisch betriebene Diplomatie hatte versagt, ein Krieg zwischen den europäischen Grossmächten stand unmittelbar bevor. Die Stellung der Schweiz darin, so machte es die Regierung klar, musste die eines unparteiischen Landes sein.25 Mit der Feststellung, «dass das Wohl unseres Landes die Einhaltung voll- ständiger Neutralität» verlangte, erbat der Bundesrat in seiner Botschaft nicht nur die Ermächtigung, diese aussenpolitische Maxime der Schweiz den krieg- führenden Staaten mitzuteilen, er gab der Bundesversammlung auch bereits die ersten Massnahmen bekannt, die er zur «strikten Handhabung der Neutralität», insbesondere zur Mobilisierung der Armee, beschlossen hatte. Mit ersten Aus- fuhrverboten, der Ausgabe von 20-Franken-Noten durch die SNB gegen das «panikartige Verhalten vieler Volkskreise» an den Bankschaltern und der An- kündigung weiterer Schritte nach «Entwicklung der Verhältnisse» stellte die Re- gierung die Weichen für ihr Handeln in der Kriegszeit. Um rasch weitere Mass- nahmen beschliessen und umsetzen zu können, musste sie vom Parlament nun aber «unbegrenzte Vollmachten» erhalten.26 Die Botschaft des Bundesrats machte einen politischen Anspruch deut- lich, mit dem die Exekutive in den Weltkrieg eintrat und der in den folgen- den Jahren beibehalten wurde. Der ausbrechende Konflikt wurde auch von der Schweizer Regierung als Ereignis von noch unbekannten, potenziell verheeren- den Dimensionen wahrgenommen. Als Notsituation, auf die mit entsprechend drastischen Massnahmen reagiert werden müsse, da «Unabhängigkeit und In- tegrität des Vaterlandes» selbst auf dem Spiel standen. Zwar könne, namentlich was Ausrüstung der Armee und Brotversorgung der Bevölkerung anbelangte, durch die «seit Jahren getroffene Vorsorge […] den kommenden Ereignissen beruhigt» entgegengesehen werden. Allerdings bedurften die Umstände, so kommunizierte die Regierung, nicht nur «der kraftvollen Entschlossenheit des Schweizervolkes», sie zwangen auch zu einem raschen Vorgehen ausserhalb der gesetzlichen Schranken, das in seiner Wirkung nicht geschmälert werden sollte, «weil die Behörden kleinmütig vor der sofortigen Einsetzung der zur Ver fügung stehenden Kräfte zurückschrecken». Im Bewusstsein, sich dadurch auf verfassungsrechtlich heikles Terrain zu bewegen, zeigte sich der Bundesrat zurückzurück 32

«des hohen Masses von Vertrauen und der schweren Verantwortlichkeit, die in einer solchen Gewährung unbegrenzter Vollmachten und unbegrenzter Kre- dite liegen, wohl bewusst» und versicherte, «von seinen Rechten den gewissen- haftesten Gebrauch» zu machen.27 Mit dieser knappen Botschaft äusserte sich der Bundesrat Anfang August 1914 zum ausbrechenden Weltkrieg und bereitete so einem «Vollmachtenregime» den Boden, das die Schweizer Politik in den kommenden Jahren prägen sollte und von vielen ebenfalls als Zäsur wahrgenommen wurde (siehe Kapitel 6.3).28 Bevor es aber um die Entstehung dieses Regimes und die konkreten Wirkungen und Mechanismen des Ausnahmezustands gehen kann, muss ein kurzer Blick auf die politische und rechtliche Geschichte der Schweiz von der Gründung des Bundesstaates in der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum «Grossen Krieg» gewor- fen werden. Dies lässt sich am besten anhand von fünf Stationen bewerkstelligen, die zum einen Bezüge zum Geschehen während des Weltkriegs aufweisen, zum anderen in engem Zusammenhang mit dem breiteren Kontext der Entstehung des modernen Staates stehen.29 Vier Aspekte sollen bei dieser Tour d’Horizon im Vordergrund stehen und so die Bedingungen und Tendenzen verdeutlichen, die für Aufbau, Wirkung und Interpretation des Vollmachtenregimes konstitu- tiv waren: die Entwicklung der zentralstaatlichen Kompetenzen des Bundes, die Möglichkeiten politischer Partizipation, das Selbstverständnis der Schweiz als Demokratie und die Rolle des Notrechts in der Politik.30

2.2 Die Eidgenossenschaft wird zum Staat

Der republikanisch-föderalistische Bundesstaat Schweiz entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Zuge revolutionärer Vorgänge in Europa, die zwar noch nicht den Durchbruch der Demokratie, dafür aber eine Neukonstituierung des Staates als «Leviathan 2.0» mit sich brachten, wie der amerikanische Historiker Charles Maier das staatliche Ordnungsprinzip bezeichnet, das sich in der zwei- ten Hälfte des 19. Jahrhunderts weltweit durchsetzte.31 Die Entwicklung im nun angebrochenen «langen Jahrhundert moderner Staatlichkeit» (bis etwa 1975) lief keineswegs linear auf eine einzige idealtypische Staatsform hin und fand mit höchst unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Resultaten statt.32 In einer global auftre- tenden Konstellation von technologischem und wirtschaftlichem Fortschritt, der kompetitiven Interaktion der Länder in einer sich vernetzenden Welt und neuen Ideen von Repräsentation, Wohlfahrt und Rechtsstaat sollte sich der Nationalstaat westeuropäischen Zuschnitts jedoch laut Maier als diejenige Staatsform erweisen, die zum weltweiten Vorbild wurde: «Dabei handelte es sich um eine groß angelegte Einheit, die dazu diente, ein bestimmtes Territorium zu durchdringen und zu be- herrschen sowie sesshafte Landwirtschaft und Industrie zu betreiben; sie verfügte über komplexe Rechtssysteme, die es ermöglichten, Familienbesitz und individuel- les Eigentum zu bewahren und weiterzugeben, über private und staatliche Beschäf- 33 zurückzurück tigte im großen Maßstab, über elektrische Telegrafen, die es erlaubten, geschäft- liche und politische Entscheidungen rasch zu übermitteln, über amtliche Archive und Akten, die das institutionelle Gedächtnis sicherten, und über Ideologien des Wettbewerbs und Gemeinwohls, die für enge Loyalitätsbindungen sorgten.»33 Von inneren Widersprüchen, aggressiver Expansion und bewaffneten Konflikten ge- prägt, war der entstehende Nationalstaat «die effizienteste Expansions- und Regie- rungsmaschinerie, welche die Welt seit Jahrhunderten erlebt hatte».34 In der Konstruktion des Staatlichen nach den «Konvulsionen der Jahrhun- dertmitte»35 und der schrittweisen Ausbreitung und Transformation westlicher Institutionen und Regierungsformen nahm die Schweiz eine besondere Stellung ein. Mit dem kurzen Bürgerkrieg zwischen katholisch-konservativen und libera- len Kantonen von 1847 eröffnete das Land eine Epoche «nationaler Einigungs- kriege», die dem Aufstieg des modernen Staates den Boden bereiteten.36 In die- sen Konflikten konnten sich die Verfechter eines säkularen Staates durchsetzen, der sein Territorium mit einem Verwaltungsapparat belegte, das Mitspracherecht in öffentlichen Angelegenheiten neu organisierte, der Dynamik von Ökonomie und Modernisierung unter die Arme griff und seinen Herrschaftsanspruch dabei gegen innere und äussere Konkurrenten verteidigte. Das Führungspersonal die- ses neuen Staates waren nicht mehr die radikalen Reformer der zurückliegenden Revolutionen um 1800 oder die adligen Eliten, welche diese bekämpft hatten, sondern «bürgerlich» und pragmatisch denkende Akademiker, Unternehmer und Beamte.37 In der Schweiz ermöglichte der Sieg über den Sonderbund den liberalen Kräften die Schaffung eines neuen Staats auf der Grundlage einer demokra- tischen Verfassung. Dieses Grundgesetz beliess den Kantonen zwar ein hohes Mass an Autonomie und nahm damit Rücksicht auf die Interessen der konser- vativen Gliedstaaten, mit der Einsetzung eines eidgenössischen Parlaments, eines Bundesrats und eines Bundesgerichts, der Festsetzung von Bundeskompetenzen, eigenen Einnahmequellen sowie der Aufsicht über die Wahrung demokratischer Grundrechte in den Kantonen schuf es jedoch auch deutlich zentralstaatliche Strukturen.38 Um die neuen Institutionen für Verteidigung und Aussenbezie- hungen, für Postverkehr, Zoll und öffentliche Werke sowie für die Vereinheit- lichung von Währung, Mass und Gewicht formierten sich die Behörden der Bundesverwaltung mit Sitz in Bern.39 Die unterlegenen Gegner der neuen staat- lichen Ordnung konnten diesem Zentralisierungsprozess wenig entgegensetzen. Zum Obrigkeitsstaat war die Schweiz 1848 dennoch nicht geworden, trotz der raschen und zielstrebigen Transformation vom losen Bund souveräner Kantone zum parlamentarischen Bundesstaat.40 Aufgaben, die von den Kantonen (bezie- hungsweise den Gemeinden) prinzipiell selbst bewältigt werden konnten, soll- ten gemäss dem Grundsatz der Subsidiarität auch von diesen unteren Ebenen übernommen werden. Dies betraf Fragen öffentlicher Sicherheit ebenso wie die Wirtschafts-, Bildungs- und Verkehrspolitik, die Militärverwaltung im Innern und insbesondere das Zivil- und Strafrecht. zurückzurück 34

Dagegen waren die von der Verfassung vorgesehenen Bundeskompetenzen «äusserst bescheiden».41 Die sieben Bundesräte mit ihren Departementen wur- den von den beiden Kammern des Parlaments gewählt und waren mit «nur etwa 50 vollamtlichen Funktionären, die ein Anfangsbudget von rund fünf Millionen Franken verwalteten», dem engen Aufgabenbereich entsprechend sparsam aus- gestattet.42 Das neue Bundesgericht hatte noch keinen ständigen Sitz, sondern wurde nach Bedarf in privat- und zivilrechtlichen Angelegenheiten einberufen, wobei die Richter zum Grossteil aus dem Parlament rekrutiert wurden. Wieder- holt wurde als Motiv hinter dieser schlanken staatlichen Konstruktion vor allem die Schaffung von Rahmenbedingungen für eine möglichst erfolgreiche ökono- mische Entfaltung der Schweiz gesehen. Wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg fasste beispielsweise der Berner Bankier Adolf Jöhr den Gründungsprozess in diesem Sinne zusammen: «Die Bundesverfassung von 1848 räumte mit der Misère der kantonalen Zölle, der Absperrung der Kantone gegeneinander auf, garantierte Frei- zügigkeit und Gewerbefreiheit, legte das Münz-, Mass- und Gewichtswesen in die Hände des Bundes. Die unbeschränkte Handelsfreiheit war als obers- tes wirtschaftspolitisches Gesetz anerkannt und brachte einen frischen, un- ternehmenden Zug in das ganze wirtschaftliche Leben.»43 Die 1848 gegen den Widerstand der konservativen Opposition und der meisten europäischen Regierungen erfolgte Gründung des Bundesstaats Schweiz kann aber nicht auf eine blosse Rekonfiguration der politischen Institutionen der Eid- genossenschaft zur Entfesselung ihres wirtschaftlichen Potenzials reduziert wer- den. Vielmehr verstanden dessen Urheber den neuen Staat «als einen wichtigen Schritt im Rahmen einer breiten europäischen Bewegung, die die Freiheit der Völker und die liberale politische Emanzipation des Bürgers in ganz Europa an- strebte».44 Mit ihren föderalistischen Strukturen, den eng gefassten staatlichen Aufgaben, dem Abbau von wirtschaftspolitischen Schranken und der Betonung der Rechte und Freiheiten des einzelnen Bürgers erhob die erste Bundesverfas- sung «die liberalen Prinzipien zur Staatsdoktrin».45 Allerdings waren einer demo- kratischen Teilhabe aller Schweizerinnen und Schweizer noch deutliche Grenzen gesetzt: Für Frauen, Ausländer, Juden sowie andere vom Wahl- und Stimmrecht Ausgeschlossene sah die Schweiz von 1848 (und mehr als ein Jahrhundert dar- über hinaus) keine Partizipation vor.46 Gleichwohl gab es Kräfte, die sich für stärkere Interventionen des Bundes vor allem in wirtschaftlichen Angelegenheiten aussprachen und darüber mit den Vertretern eines «Manchesterliberalismus» und Föderalisten aneinandergerie- ten.47 In keinem innenpolitischen Bereich zeigte sich diese Spaltung deutlicher als im Streit um die schweizerische Eisenbahn, der schon unmittelbar nach der Bundesstaatsgründung ausbrach und erst kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs beigelegt werden konnte. Die Eisenbahn war zur Mitte des 19. Jahr- hunderts nicht einfach nur ein neues Transportmittel, das Waren und Menschen in bislang unerreichter Geschwindigkeit über weite Strecken transportieren 35 zurückzurück konnte. Mehr noch als Telegrafie, rauchende Fabrikschlote und Dampfschifffahrt war der rasant fortschreitende Eisenbahnbau gleichermassen Symbol für die und Beschleuniger der technisch-zivilisatorischen Modernisierung – eine weithin er- fahrbare Manifestation des Maschinenzeitalters, die mit ihren hohen Anforde- rungen an Kapital, Technik und Koordination zum Motor des wirtschaftlichen Aufschwungs wurde. Fast nebenbei änderte die Eisenbahn dabei die Grundlagen politischer Organisation: «Erstens stärkte sie die Glaubwürdigkeit des National- staats als eines zusammenhängenden Ortes kollektiver Entscheidungsfindung; und zweitens ermöglichte und begünstigte sie neue Koalitionen geschichtlicher Akteure, welche die Führerschaft innerhalb von Staaten übernehmen wollten.»48 Auch in der Schweiz war die Eisenbahn eine «treibende Kraft» der ökono- mischen Dynamik des 19. Jahrhunderts, um die hartnäckig gekämpft wurde.49 Obwohl der Bundesrat 1850 mit der Planung von Eisenbahnstrecken zwischen Genfer- und Bodensee begonnen hatte, verschiedene Stimmen für einen staatlich gesteuerten Eisenbahnbau votierten und in den Vorjahren bereits Post und Tele- grafie zur Bundessache erklärt worden waren, konnten sich im 1852 verabschie- deten Eisenbahngesetz die Gegner einer Staatsbahn durchsetzen.50 Die Folge die- ser liberalen Weichenstellung war ein fast zügelloses «Eisenbahnfieber»,51 in dem die nun zuständigen Kantone untereinander um die lukrativsten Strecken rangen, private Bahnunternehmen zum Teil parallel laufende Linien eröffneten und dabei regelmässig in finanzielle Nöte gerieten. Im Zuge dieser industriellen Dynamik, welche die Gründung des Bundesstaats begleitete, gelangte eine neue Generation von Unternehmern zu Wohlstand und Einfluss, deren bekanntester Vertreter der Zürcher «Bundesbaron» Alfred Escher war.52 Es waren im Ausland ausgebildete Advokaten, Industrielle und Bankiers wie Escher, die den liberal dominierten Bundesstaat – National- und Ständerat waren nach den Wahlen 1848 zu mehr als 80 Prozent, der Bundesrat vollständig in radikal-freisinniger beziehungsweise liberaldemokratischer Hand – mit ihrer Sachkenntnis massgeblich mitgestalten konnten (siehe Grafik 2).53 Neben wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sah die Bundesverfas- sung von 1848 auch verschiedene Mechanismen vor, wie in aussergewöhnlichen Notlagen staatlich interveniert werden konnte. Einen Notstandsartikel, wie er beispielsweise im preussischen Gesetz über den Belagerungszustand54 existierte, enthielt sie jedoch nicht. Stattdessen stellte die Schweizer Verfassung im Rahmen eines Dringlichkeitsrechts «ein Instrumentarium an Ermächtigungen zur Ver- fügung, welches erlaubt, bei Gefahr im Verzug auch ohne formell-gesetzliche Grundlage zu handeln».55 Ein Werkzeug aus diesem Instrumentarium war die Erteilung ausserordentlicher Kompetenzen durch die Bundesversammlung an den Bundesrat. In den aussen- wie innenpolitisch turbulenten Jahren nach der Staatsgründung wurde davon mehrfach Gebrauch gemacht. Erstmals geschah dies anlässlich der «Badener Wirren» im Sommer 1849. Ein Krieg zwischen den italienischen Fürstentümern und Österreich sowie der namensgebende Aufstand in Süddeutschland hatten mehr als 10 000 Menschen zur Flucht in die Schweiz zurückzurück 36

veranlasst und aus Sicht der Behörden eine militärische Grenzbesetzung notwen- dig gemacht. Aus diesem Grund beschloss die Bundesversammlung am 30. Juni 1849 eine «begrenzte Ermächtigung des Bundesrates zum Aufgebot von Trup- pen» und «für ausserordentliche Ausgaben, welche die äussere Sicherheit oder die innere Ordnung der Schweiz erfordern».56 Es war das erste Mal, «dass im schweizerischen Bundesstaate das Problem des Notrechtes auftauchte», aller- dings wurde dieser Begriff nicht verwendet, obwohl das Parlament mit der Er- mächtigung zu ausserordentlichen Ausgaben ausserhalb seiner konstitutionellen Kompetenzen operierte.57 Für eine solche Ermächtigung bestand nämlich keine Verfassungsgrundlage, weshalb es sich dabei um «extrakonstitutionelles Staats- notrecht» handelte.58 Angesichts der Auffassung, «dass nur eine zentrale, ein- heitliche Leitung mit ausserordentlichen Vollmachten, eben der [Bundesrat], be- fähigt sei, Herr der Lage zu werden», wog die schnelle Ermächtigung allerdings schwerer als die Frage der Verfassungsmässigkeit.59 In einem Bericht Ende Juli 1849 teilte die Regierung dem Parlament ausserdem mit, dass sie bereits «weiter gehende Massregeln» im Umgang mit den zum Teil bewaffneten Flüchtlingen getroffen hatte, und bat deshalb um eine Erweiterung der Ermächtigung, die am 8. August gutgeheissen wurde.60 In diesem Beschluss wurde erstmals das Wort «Vollmacht» verwendet.61 Dem Präzedenzfall im Jahr nach der Gründung des Bundesstaates folgte eine Reihe weiterer Vollmachtenbeschlüsse durch das Parlament: Anlässlich der «Tessiner Angelegenheit» 1853, im «Neuenburgerhandel» 1856, im «Savo- yerhandel» 1859/60 (wobei erstmals die «Aufrechthaltung der Neutralität»62 als Ziel der Ermächtigung formuliert wurde), während des Preussisch-Öster- reichischen Kriegs 1866 sowie letztmals nach dem Ausbruch des Deutsch-Fran- zösischen Kriegs 1870, der im nächsten Abschnitt ausführlicher thematisiert wird.63 Aus juristischer Sicht verletzten alle diese im Zuge aussenpolitischer Krisen oder kriegerischer Auseinandersetzungen in den Nachbarländern vor- genommenen Ermächtigungen Verfassungsbestimmungen zu den Befugnissen der Bundesversammlung, lösten damit jedoch in Presse oder Parlament keine Kritik aus.64 Anders sah es bei der Beurteilung der konkreten Massnahmen aus, die der Bundesrat auf die Vollmachten gestützt getroffen hatte, etwa bei Einschränkungen der Pressefreiheit während des Konflikts mit Preussen um den Kanton Neuenburg oder bei der Frage einer militärischen Intervention in Nordsavoyen.65 Allmählich, so beurteilt Werner Suter die Praxis bis 1874, ent- wickelten sich diese Parlamentsbeschlüsse von der blossen Genehmigung von Geldmitteln hin zu weitreichenden «Vollmachten» des Bundesrats, wobei al- lerdings deren Grenzen und Konsequenzen nie eingehender debattiert oder ge- setzlich festgelegt wurden.66 Die Ermächtigungen rechtfertigten sich zum einen aus der Auffassung, «dass in Zeiten der Not besondere Massnahmen ergriffen werden mussten, auch wenn diese gegen die Verfassung verstossen sollten».67 Zum anderen stellte sich durch den wiederholten Rückgriff auf das notrecht- liche Instrument eine gewisse Normalität der Vollmachten in Krisenzeiten ein. 37 zurückzurück

Nicht zuletzt, weil sich der Bundesrat bei deren Anwendung auf die unmittel- baren aussenpolitischen Erfordernisse beschränkt hatte: «Das war ein Hauptgrund, weshalb die Vollmachten jedesmal ohne grosse Schwierigkeiten dem [Bundesrat] wiederum verliehen worden waren. […] Trotz einigen Verfassungsverletzungen, die teils auf Grund der Vollmachten vorgekommen waren, hatte niemand einen Grund, in der Vollmachtertei- lung eine Gefahr für den Staat, d. h. für dessen staatsrechtliche Einrichtun- gen zu sehen.»68

2.3 Wachstum und Widerstände

Die Bundesverfassung von 1848 verankerte im politischen System der Schweiz eine ganze Reihe liberaler Prinzipien wie die Volkssouveränität, die Trennung der Gewalten, die Rechtsgleichheit, die Garantie des Privateigentums sowie nicht zuletzt verschiedene Verfahren, die Verfassung per Abstimmung ändern zu kön- nen. Sie folgte jedoch in Bezug auf die demokratischen Partizipationsmöglich- keiten weitgehend dem Prinzip einer repräsentativen Demokratie, in der keine direkte Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an der Gesetzgebung vor- gesehen war. Bereits konnte zwar eine Verfassungsänderung auf Verlangen von 50 000 Stimmberechtigten angeregt werden, das hierfür vorgesehene Verfahren war allerdings derart kompliziert, dass es kaum angewendet wurde.69 Zentrale Fragen zur Weiterentwicklung der staatlichen Institutionen in einem sich rasch wandelnden ökonomischen und sozialen Umfeld, zur Ausgestaltung kritischer Bereiche wie der Zollpolitik und zur Tragfähigkeit des gewählten Repräsentativ- modells stellten sich zwar immer drängender, trotzdem wurden an der Verfassung des Bundesstaates während fast 20 Jahren keine Änderungen vorgenommen. Im zwischen Freisinnigen und Konservativen eingespielten politischen System des Bundes zeichnete sich Stillstand ab.70 Die Kräfte des politischen Wandels regten sich an anderen Orten. Wie es be- reits zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschehen war, nahm in den Kantonen eine Herausforderung des Staats ihren Anfang, die schliesslich in eine Verfassungs- revision auf Bundesebene münden sollte. Die «demokratische Bewegung» der 1860er-Jahre war in ihren Ursprüngen in der Nordschweiz ebenso heterogen wie in ihren Forderungen, die von der Volksinitiative über die Wahl von Beamten bis hin zu Arbeiterschutz und Preiskontrolle reichten. Dieser «Aufstand der Klein- städte gegen die Hauptstädte», von Bauern, Gewerbetreibenden, enttäuschten Radikalen und Arbeitern gegen das übermächtige «System Escher» war einer- seits ein Versuch, den jungen Staat einer stärkeren Kontrolle durch den Bürger zu unterziehen und den Verwaltungsapparat zu verschlanken.71 Andererseits sollten die Befugnisse und Mittel von Bund und Kantonen aber auch ausgebaut und gestärkt werden. An zahlreich besuchten «Landsgemeinden» wie in Uster Ende 1867 forderte die eigentümliche Koalition ganz allgemein die «Schwächung zurückzurück 38

des Einflusses der Regierungsgewalt, der Beamten- und Geldherrschaft auf die Gesetzgebung durch Erweiterung der Volksrechte».72 Konkret war damit unter anderem «gesetzlicher Schutz des Arbeiters vor seiner Ausbeutung»,73 «Wahl- berechtigung und Wahlfähigkeit für das weibliche Geschlecht»,74 progressive Einkommenssteuern, bessere Strassen, einheitliche Rechtsnormen und die Grün- dung von Kantonalbanken gemeint.75 In diesen Forderungen offenbarte sich eine doppelte Tendenz: «Einmal die Absicht, die Initiative der Regierung zu bremsen, die Kompetenzen des Parlaments zu begrenzen, die Bürokratie zu kontrollie- ren.» Gleichzeitig schwebten ihr aber auch mehr staatliches Engagement in der Bildungs- und Sozialpolitik sowie in der Aufsicht über die Marktwirtschaft vor.76 Die Unzufriedenheit mit der politischen Ordnung von 1848 führte zunächst in den Kantonen, in denen die demokratische Bewegung ihren Anfang genom- men hatte, zur Erweiterung der demokratischen Rechte und einer stärkeren Auf- sicht über die Praxis der Behörden. Auf Bundesebene dauerte der Reformpro- zess ein knappes Jahrzehnt länger. Ein vom Bundesrat 1866 zur Abstimmung vorgelegtes Bündel von neun Verfassungsänderungen blieb bis auf die Einfüh- rung der Niederlassungsfreiheit chancenlos und auch sechs Jahre später schei- terte ein Entwurf für eine Totalrevision der Verfassung noch knapp an der Urne. Am 19. April 1874 dann aber erteilte eine Mehrheit der Stimmberechtigten einer neuen Bundesverfassung ihre Zustimmung, trotz der beharrlichen Ablehnung aus den katholischen Kantonen. Das Grundgesetz von 1874 behielt den starken Föderalismus und die liberalen Prinzipien grundsätzlich bei, war aber gleichzei- tig auch ein «gewaltiger Schritt» der Zentralisierung, übertrug es dem Bund doch erste sozialpolitische Aufgaben, erweiterte seinen Zuständigkeitsbereich auf Kosten der Kantone, trieb die Säkularisierung voran und schuf die Grundlagen zur Vereinheitlichung von Recht und Militär auf staatlicher Ebene.77 Ausserdem erweiterte es die garantierten Grundrechte um die Religions-, die Handels- und die Gewerbefreiheit, erleichterte Zugezogenen die politische Partizipation am neuen Wohnort, ermöglichte beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerden gegen kantonale Erlasse und schaffte die Todesstrafe ab, die allerdings bereits 1879 wieder eingeführt wurde.78 Vor allen Dingen aber wurde mit dem Artikel 89 der neuen Verfassung die Möglichkeit geschaffen, gegen Bundesgesetze und «allgemeinverbindliche» Bundesbeschlüsse das Referendum zu ergreifen, womit jenes zentrale und lange geforderte Element der direkten Demokratie eingeführt wurde, das die schwei- zerische Politik bis in die Gegenwart beeinflussen sollte.79 Allerdings konnte das Parlament seine Beschlüsse fortan für «dringlich» erklären und so dem neuen Vetorecht von Stimmbürgern und Kantonen entziehen, wobei die Bedingungen für das Bestehen von «Dringlichkeit» aber nicht genau festgelegt wurden. Mit dieser umstrittenen Bestimmung hielt ein neues notrechtliches Instrument im Bundesstaatsrecht Einzug, welches die Räte vor allem für finanzielle Beschlüsse einsetzten, das aber auch bei der Vollmachtenerteilung bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum Einsatz kommen sollte.80 Von den insgesamt 33 bis 1914 erlasse- 39 zurückzurück nen dringlichen Bundesbeschlüssen bereitete laut Walter Rothenfluh besonders der «Bundesbeschluss betreffend Vorkehrungen gegen die Reblaus»81 vom Feb- ruar 1878 den Weg für den Vollmachtenbeschluss von 1914. Zum einen, weil das Parlament damit in einer als Notlage empfundenen wirtschaftlichen Ausnahme- situation gesetzgeberische Kompetenzen an den Bundesrat delegierte, zum an- deren, «weil er als erster Rahmenbeschluss den Bundesrat bevollmächtigte, not- wendige Einfuhr- und Verkehrsbeschränkungen anzudrohen».82 Obwohl die Verfassungsrevision von 1874 ihre Ursprünge vor allem in der innenpolitischen Konfliktstruktur der Schweiz hatte, stand sie doch ebenso unter dem Einfluss von Entwicklungen im Ausland. Neben dem «Kulturkampf»,83 der zwischen den erstarkten Katholisch-Konservativen und den laizistischen Verfech- tern eines starken Zentralstaates ausgetragen wurde, war es der Deutsch-Fran- zösische Krieg von 1870/71 und die darauf folgende Neugestaltung des europäi- schen Mächtegleichgewichts, die die Revisionsdebatte prägten.84 Im Sommer 1870 eskalierte ein Streit um die spanische Thronfolge zwischen Frankreich und dem aufstrebenden Königreich Preussen, das in einer Reihe von Kriegen den Nord- deutschen Bund unter seiner Führung geschaffen hatte, zur letzten militärischen Konfrontation der beiden Länder vor dem Ersten Weltkrieg.85 Noch vor der fran- zösischen Kriegserklärung am 19. Juli 1870 und den wenig später ausgebroche- nen Kampfhandlungen bei Saarbrücken hatte der Bundesrat wegen der Gefahr, dass der Konflikt auf schweizerisches Territorium übergreifen könnte, die Grenz- besetzung angeordnet und gegenüber den beiden Nachbarstaaten die Neutralität der Schweiz bekannt gegeben.86 Kurz darauf legte er der Bundesversammlung eine Botschaft «betreffend die gegenwärtige Lage der Schweiz und die zum Schutze derselben erforderlichen Massregeln» vor und ersuchte darin um neuerliche Voll- machten.87 Bundespräsident versicherte, dass die Schweiz sowohl militärisch wie finanziell «allen Eventualitäten gewachsen sein dürfte». Da aber nicht vorhersehbar war, wie sich die Lage entwickeln würde, ob nicht noch wei- tere Staaten «mit in den Krieg gezogen werden», sah sich der Bundesrat «in die Notwendigkeit versetzt, an die Bundesversammlung das Ansuchen zu stellen, sie möge ihm das gesammte Bundesheer, sowie die ganze ökonomische Kraft der Nation zur Verfügung anheimgeben. Der Bundesrath ist sich der schweren Ver- antwortlichkeit vollbewusst, welche er durch die Gewährung solch’ unbedingter Vollmachten und Kredite übernimmt; er wird sie nach Pflicht und Gewissen hand- haben und über diese Verwendung seinerzeit genaue Rechenschaft ablegen.»88 Wie in den zurückliegenden Krisen gewährte das Parlament dem Bundesrat auch im Sommer 1870 die gewünschten Vollmachten mit dem am 16. Juli ver- abschiedeten «Bundesbeschluss betreffend die Aufrechthaltung der Neutralität der Schweiz». Neben der Bestätigung der Neutralitätskundgebungen und der Zustimmung zum Truppenaufgebot übernahm sie dabei den vom Bundesrat vor- gelegten Entwurf: «Art. 3. Der Bundesrath ist ermächtigt, die zur Aufrechthaltung der Neu- tralität und zur Sicherstellung des schweizerischen Gebietes weiter erfor- zurückzurück 40

derlichen Truppen aufzubieten und die übrigen nöthigen Verteidigungs- massregeln anzuordnen. Art. 4. Dem Bundesrathe wird ein unbedingter Kredit zur Bestreitung der Ausgaben eröffnet, welche er in Anwendung der ihm in dem vorhergehen- den Artikel ertheilten Vollmachten zu machen im Falle sein wird. Insbesondere erhält der Bundesrath die Ermächtigung zum Abschlusse all- fällig erforderlich werdender Anleihen. […] Art. 6. Der Bundesrath hat der Bundesversammlung bei ihrem nächsten Zu- sammentritte über den Gebrauch, den er von den ihm kraft des gegenwärti- gen Beschlusses ertheilten Vollmachten gemacht haben wird, Rechenschaft abzulegen.»89 Dieser Beschluss, der am 22. Dezember 1870 verlängert wurde, verstand unter «Vollmachten» einzig die Befugnis zur Aufbietung weiterer Truppen und bewil- ligte die dazu notwendigen Geldmittel.90 Mit einem Kreisschreiben vom 20. Au- gust 1870 machte der Bundesrat allerdings deutlich, dass er auch zu weiteren Massnahmen bereit war, wenn er die «Aufrechthaltung der Neutralität» für be- droht erachtete.91 In dem Schreiben wurden die Kantonsregierungen aufgerufen, «gegen Versuche, die Neutralität der Schweiz durch Wort oder Schrift oder an- derweitige Art zu gefährden», einzuschreiten, «der Presse Ihres Kantons zu emp- fehlen, keine Parteinahme zur Schau zu tragen», sowie Tätigkeiten «verdächtiger Fremder»92 zu überwachen und ihnen wenn nötig ein Ende zu setzen.93 Der Krieg zwischen den beiden Nachbarstaaten hatte die Problematik einer Parteinahme innerhalb der Schweiz offen zutage treten lassen und der in ausländischen Zei- tungen aufgetauchte Vorwurf, «dass die schweizerische Bevölkerung diese oder jene kriegführende Partei begünstige», veranlasste den Bundesrat entgegen der durch die Verfassung garantierten Pressefreiheit zu «Vorsichtsmassregeln […], die in der freien Schweiz sonst ungewohnt sind», wegen der militärischen Bedro- hungslage und Ereignissen wie des zwischen den Teilnehmern einer deutschen Siegesfeier und französischen Internierten ausgetragenen «Tonhallekrawalls» aber gerechtfertigt schienen.94 Von den Truppenaufgeboten, den «wohlgemeinten Ratschlägen»95 an die Presse sowie einigen wirtschaftspolitischen Interventionen abgesehen, machte der Bundesrat von den am 16. Juli 1870 erhaltenen Vollmachten allerdings keinen Gebrauch und es sollte bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs das letzte Mal sein, dass er mit solchen Mitteln regieren konnte.96 Frankreich verlor den Krieg im Januar 1871 und musste neben der Abtretung Elsass-Lothringens Repara- tionen in der Höhe von fünf Milliarden Francs an den Norddeutschen Bund leisten, der derweil in Versailles mit dem Beitritt weiterer Staaten zum Deutschen Reich mit Wilhelm I. als Kaiser umgegründet wurde.97 Der anschliessende Wirt- schaftsboom der «Gründerjahre» erfasste auch die Schweiz, war jedoch nur von kurzer Dauer, da er bereits nach wenigen Jahren jäh von der «Grossen Depres- sion» unterbrochen wurde. Die bis kurz vor der Jahrhundertwende wirksame 41 zurückzurück

Wirtschaftskrise brachte Banken, Eisenbahngesellschaften und Industrieunter- nehmen in existenzielle Schwierigkeiten und erhöhte die Arbeitslosigkeit, führte aber auch zu technischen Innovationen in den Werkstätten und beschleunigte den ökonomischen Strukturwandel von Textilproduktion und Landwirtschaft hin zu mechanisierter Metall- und Maschinenindustrie sowie Finanzinstituten.98 Die wirtschaftliche Dynamik und die ihn ihrem Gefolge immer drängender sich stellende soziale Frage99 führten einmal mehr zu einer Debatte über die Ver- antwortung des Staates für die ökonomischen und gesellschaftlichen Zustände in der Schweiz. Im Umfeld der Verfassungsrevision konnten die Befürworter eines «Staatssozialismus» einige Erfolge verbuchen, während die jeglicher staat- licher Einmischung ablehnend gegenüberstehenden «Bundesbarone» und ihre Staatskonzeption die politische Bühne langsam, aber sicher verliessen.100 Neben dem Fabrikgesetz und dem Aufstieg der Interessengruppen, der im nächsten Abschnitt behandelt wird, zeigte sich die neue Interventionspolitik des Bundes vor allem im Schutz und in der Subvention von Wirtschaftszweigen, die durch die Krise besonders bedroht waren. Gerade die Landwirtschaft, die bislang dem staatlichen Wirken eher ablehnend gegenübergestanden war, nun aber durch den Deflationsdruck der «Grossen Depression» und die Vernetzung der Schweiz mit dem Weltmarkt unter starken Druck kam, profitierte von Preisgarantien, Bun- desgeldern für Ausbildung und Agrarforschung sowie einer den Interessen der Bauern wohlgesinnten, also protektionistischen Zollpolitik.101 Obwohl sich die Subventionspolitik des Bundes mit kleineren Zuwendun- gen bereits in den 1850er-Jahren abzuzeichnen begann, wurden die gesetzlichen Grundlagen dafür erst Jahrzehnte später geschaffen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die immer noch einflussreichen Gegner einer zentralstaatlichen Entwicklung die Umsetzung der neuen Verfassungsartikel von 1874 mit zahlreichen Referen- den bis in die 1880er-Jahre blockieren konnten.102 Die Debatten um die staatliche Unterstützung der finanziell angeschlagenen Gotthardbahn 1878, den Erziehungs- sekretär 1882 und die Förderung der Landwirtschaft 1884 machten aber deutlich, dass sich das Staatsverständnis seit der Gründung der Schweiz trotz allen Wider- stands von Föderalisten und Konservativen gewandelt hatte.103 Die Kommission des Ständerats hielt in ihrem Bericht zur Landwirtschaftssubvention denn auch fest: «Der Staat kann sein Ohr den sozialen Fragen nicht verschließen. Es werden diese Fragen immer mehr und näher an uns herantreten, und es ist Aufgabe des modernen Staates, sich deren anzunehmen. […] Die Doktrin, daß der Staat sich mit der Förderung des materiellen Wohls des Volkes nicht zu befassen habe, gilt nicht mehr.»104 Dieser Erkenntnis folgend, übernahm der Bund im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts immer mehr Regulierungsaufgaben.105 Dass dieser Expansion des Staates durch eine freisinnige «Gesetzesmaschinerie» aber auch Grenzen ge- setzt waren, zeigte sich beim Referendum über den Erziehungssekretär, der von Konservativen als «Schulvogt» erfolgreich bekämpft wurde.106 Die Ausweitung der Staatsaufgaben schlug sich in einer deutlichen Erhöhung der Staatsausgaben nieder (siehe Kapitel 5.4). Bereits für die Grenz besetzung von zurückzurück 42

1870 musste der Bund aussergewöhnlich hohe Ausgaben von fast 16 Millionen Franken tätigen. In den Jahren nach 1874 begann dann ein kontinuierlicher An- stieg des Staatshaushalts, der sich trotz Unterbrechungen in immer grös seren Schritten vollzog (Grafik 1). Dieser Anstieg war allerdings nur zum Teil auf In- vestitionen in neue Aufgabengebiete wie Bildung, Landwirtschaft oder Infra- struktur zurückzuführen. Mit bis zu 68 Prozent seines Budgets (1892) gab der Bund stets den grössten Teil seiner Mittel für die militärische Rüstung aus. Deren Anteil nahm in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg zwar langsam ab, war jedoch auch 1913 mit 58 von gesamthaft 111 Millionen Franken Bundesausgaben immer noch hervorstechend.107 Gleichzeitig stieg der Anteil der verschiedenen Subventionen auf 22 Prozent. Finanziert wurde der expandierende Bundesetat in erster Linie durch Zoll- einnahmen, von denen der Bund den Kantonen von 1848 bis 1874 einen Teil abzugeben hatte.108 Da sich die Zollerträge allerdings als weit ertragreicher her- ausstellten, als bei der Gründung des Bundesstaats erwartet, konnte sich der Bund spätestens im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts finanziell von den Kan- tonen emanzipieren und mit seinen umfangreichen Subventionen für Strassen, Eisenbahnen oder Primarschulen zu einer wichtigen Geldquelle für die regionale Entwicklung werden. Da die Möglichkeiten des Bundes, die Innenpolitik zu be- einflussen, auch nach der neuen Verfassung eng begrenzt waren, wurde dieser «vertikale Finanzausgleich» zu einem der wichtigsten Instrumente in diesem Kontext. Der Verlust an Souveränität, den die Kantone durch diese Entwicklung hinnehmen mussten, wurde durch grosszügige Beteiligung an den Einnahmen des Bundes etwas abgefedert.109

2.4 Zwischen republikanischem Ideal und interessenpolitischer Realität

Mit der Verfassung von 1874 hatte die Bewegung, die in der demokratischen Opposition ihren Anfang genommen hatte, «das politische System der Schweiz in seiner noch heute bestehenden Grundform» begründet.110 Das in der Folge ausgiebig wahrgenommene Recht der Stimmberechtigten, Bundesgesetze und Verfassungsänderungen nachträglich an der Urne aufzuheben, ermöglichte eine politische Partizipation unabhängig von Wahlen und Parteistärken. Die Mög- lichkeit des Gesetzesreferendums gab dem Prozess der politischen Entschei- dungsfindung in der Schweiz ein neues Gesicht, denn es zwang «den Freisinn zu politischen Kompromissen; er musste durch vorparlamentarische Zusam- menarbeit versuchen, das Risiko von Volksentscheiden möglichst auszuschlies- sen. Die ursprünglich parlamentarische Mehrheitspolitik wurde so abgelöst von einer Verhandlungspolitik.»111 Deutlich zeigten sich diese Veränderungen beim Bundesgesetz zur Fabrikarbeit von 1877, mit dem einer der vielen Forderun- gen aus der «demokratischen Bewegung» Rechnung getragen und eine «im eu- ropäischen Vergleich pionierhafte» Regulierung geschaffen wurde.112 Nach ei- 43 zurückzurück

Grafik 1: Bundesausgaben in Millionen Franken, 1849–1913 (nominale Werte)

120

100

80

60

40

20

0 1911 1877 1857 1913 1871 1851 1881 1873 1875 1861 1891 1853 1855 1887 1867 1879 1897 1901 1859 1907 1889 1849 1869 1899 1883 1885 1863 1865 1893 1895 1903 1905 1909

Quelle: Ritzmann-Blickenstorfer, Statistik, Tab. U.2b, S. 947.

ner Vernehmlassungsphase mit über 60 Eingaben und der Verabschiedung im Parlament wurde das Gesetz in der Volksabstimmung von einer Koalition aus Arbeiter bewegung, Konservativen und progressiven Intellektuellen knapp an- genommen – gegen die Interessen der mächtigen Industrievertreter.113 Neben dem «Vetorecht des Referendums» kam es kurz vor der Jahrhundertwende mit der Einführung der Verfassungsinitiative zu einer weiteren Erweiterung der Volksrechte.114 Seit 1891 konnten 50 000 Stimmberechtigte über eine Teilrevision der Verfassung abstimmen lassen. Mit diesem Instrument, von dem allerdings bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nur wenig Gebrauch gemacht wurde, war das wirkmächtige Ensemble direktdemokratischer Elemente im schweizerischen Bundesstaat vollständig.115 Das Verfahren, in dem das erste bundesweite Fabrikgesetz zustande gekom- men war, zeigte auch andere Veränderungen in der Schweizer Politik an. Die liberalen Prinzipien des Staats von 1848 waren ins Wanken geraten. Dies mani- festierte sich nicht nur in der Erweiterung der Volksrechte und im Ausbau der Bundesaufgaben, sondern auch im wachsenden Einfluss von Organisationen, die in den Jahren nach der Verfassungsrevision zur Durchsetzung von politischen Interessen einzelner Wirtschaftszweige, sozialer Schichten oder Landesteile ge- gründet wurden. Von den bis heute bestehenden Wirtschaftsverbänden machte der Schweizerische Handels- und Industrie-Verein (SHIV) 1870 den Anfang. Ihm folgten nach zunächst erfolglosen Versuchen 1879 der Schweizerische Ge- zurückzurück 44

werbeverein (SGV) sowie 1897 der Schweizerische Bauernverband (SBV), der während Jahrzehnten unter der Regie des Agronomen Ernst Laur stehen sollte.116 Entstanden im Zuge ökonomischer Umwälzungen und Krisen, stellte sich rasch eine enge Partnerschaft dieser drei «Spitzenverbände»117 mit dem Bund ein, de- ren Bedeutung für die staatliche Entwicklung kaum überschätzt werden kann. Schon kurz nach ihrer Gründung erhielten die Interessenorganisationen Bun- dessubventionen für ihre Sekretariate und stellten dafür der Verwaltung Wissen in Form von Statistiken und Expertengutachten zur Verfügung, das diese bei der Vorbereitung und Umsetzung politischer Entscheidungen berücksichtigte.118 Die neuen Instrumente der direkten Demokratie verstärkten diese Zusammenarbeit noch, indem sie die Bundesbehörden zum frühen Einbezug der organisierten Interessen in die Entscheidungsfindung motivierten. Auf diese Weise geriet die «nur schwach ausgebildete, beschränkt kompetente staatliche Bürokratie» im- mer stärker unter den Verbandseinfluss aus Industrie, Gewerbe und Landwirt- schaft.119 Der seit 1882 unter dem Namen Vorort in Zürich ansässige SHIV bei- spielsweise erstellte mithilfe der staatlichen Beiträge einen jährlichen «Bericht über Handel und Industrie der Schweiz»,120 welcher der Bundesverwaltung als statistisches Kompendium der Schweizer Wirtschaft diente. Dies brachte den Verband dem selbst gesteckten Ziel näher, dass «in allen wichtigen ökonomi- schen Fragen vorerst die Ansicht des schweizerischen Handelsstandes, bezw. des Handels- und Industrie-Vereines eingeholt wird».121 Laut einem noch vor der Jahrhundertwende erschienenen Aufsatz des deutschen Ökonomen Karl Bücher scheint der Vorort dieses Ziel rasch erreicht zu haben: «Der Bundesrat legt dem Verbande alle den Handel und die Industrie nur irgendwie berührenden Fragen zur Aeusserung vor, und sein Einfluss er- streckt sich nicht bloss auf die Massnahmen der Gesetzgebung, sondern auch auf den Gang der Verwaltung. So werden, um ein Beispiel anzuführen, selbst die Kandidaten für auswärtige Konsulatsposten regelmässig dem Ver- eine zur Begutachtung mitgeteilt.»122 Auch aufseiten der Arbeitnehmer kam es zur Bildung politischer beziehungsweise arbeitsrechtlicher Interessenorganisationen, wobei allerdings der Aufbau stabiler Verbandsstrukturen konfliktreicher verlief als bei den Unternehmerverbänden. Bereits in den 1850er-Jahren waren erste landesübergreifende Gewerkschaften, so- zialistische Parteien und Arbeitervereine entstanden, die allerdings keine einheit- lichen Ziele verfolgten und aufgrund der Heterogenität des Landes und der schnell wachsenden Zahl von Arbeiterverbänden untereinander rivalisierten.123 Von der Mobilisierung durch die erste Internationale Arbeiter-Assoziation 1864 führte der steinige Weg über die Gründung des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) 1881 und das mit Bundesgeldern subventionierte Sekretariat des Schweizerischen Arbeiterbunds bis zur 1888 gegründeten Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SPS), die wenig später ihren ersten Nationalratssitz gewinnen konnte.124 Wie der 1894 in Olten vollzogene Zusammenschluss der bisher kantonal ausgerichteten liberalen Strömungen zur Freisinnig-Demokratischen Partei der Schweiz (FDP) 45 zurückzurück geschah die Gründung einer politischen Dachorganisation für die Arbeiterbewe- gung im Vergleich mit dem Ausland somit relativ spät.125 Ähnlich beschwerlich gestaltete sich die Bildung einer landesweiten Partei der Katholisch-Konservativen (KK). Diese organisierten sich ab 1894 in der Katholischen Volkspartei, wenige Jahre nachdem als erster Konservativer in den Bundesrat gewählt wor- den war und somit die Phase beendet war, in der ausschliesslich Angehörige der «freisinnigen Grossfamilie» die Mitglieder der Landesregierung stellten. Der seit der Gründung des Bundesstaats bestehende Verfassungskonflikt zwischen Libera- len und Konservativen wurde dadurch beigelegt.126 Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts entstand somit die Praxis, die Spit- zenverbände systematisch in die Prozesse von Gesetzgebung und Vollzug ein- zubinden. Die Entwicklung hin zur «Verbandsdemokratie» hatte ihren Anfang genommen.127 Dass sich das «republikanische Ideal» der Aufklärung, in dessen Zeichen der schweizerische Bundesstaat zur Jahrhundertmitte gegründet worden war, bereits stark abgenutzt hatte, zeigte sich aber nicht nur in dieser Vermi- schung von wirtschaftlichen und öffentlichen Interessen.128 Seit den 1880er-Jah- ren waren staatliche Institutionen laut Charles Maier «zunehmend darauf aus- gerichtet, die Alltagsattribute der Gesellschaften, die sie regierten, prägend zu beeinflussen. Sie verfolgten eine umfassendere und stärker interventionistische Agenda, und die von ihnen angestrebten Resultate waren mit einem anderen Ver- ständnis ihres Auftrags verbunden.»129 Die Behörden griffen also in immer mehr Bereiche der Gesellschaft ein. Sie nahmen die Entschärfung der sozialen Frage in Angriff, initiierten Bildungsreformen und Infrastrukturprojekte, sammelten Wissen in Form statistischer Daten über Bevölkerung, Territorium und Wirt- schaft, gründeten Kolonien, entwickelten Rechtssysteme und bauten professio- nalisierte Militär- oder Verwaltungsapparate auf.130 Die Gründe für diesen neuen Stellenwert des Staats waren vielfältig. Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen und neue Technologien der Herrschaft wirkten ebenso darauf ein wie die Konkurrenz der Länder unter den Bedingungen eines «imperialen Zeit- alters».131 Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung ab 1875 unter dem Ein- fluss der «Grossen Depression» liess zudem starke Zweifel an der Effektivität liberaler Selbstorganisation nach dem Prinzip von Adam Smiths «invisible hand» aufkommen.132 Stattdessen sahen sich die Staaten zu einem «Interventionismus wider Willen» gedrängt, sei es in Form der Verbesserung der Arbeitsbedingun- gen für die ärmeren oder in Form einer Zollpolitik zum Schutz der Geschäfts- interessen der reicheren Bevölkerungsteile.133 Diese Ausweitung der Staatlichkeit in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wurde gemäss Maier von drei Entwicklungen begleitet, welche die li- beralen Prinzipien auch in den wenigen formell demokratischen Ländern infrage stellten. Erstens war der Staat von der Kooperation machtvoller Gruppen in der Gesellschaft abhängig, wobei diese einem institutionell «starken» Staat nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstanden, wenn er sich um den Schutz ihrer Interessen kümmerte oder sie bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben einband.134 zurückzurück 46

Zweitens stieg der Einfluss einer nicht demokratisch, sondern kraft ihres Exper- tentums legitimierten Verwaltungselite. Deren Autorität basierte in erster Linie auf ihrer «Gouvernementalität», also ihrer Fähigkeit, die komplexe moderne Ge- sellschaft zu organisieren und dadurch regierbar zu machen.135 Soziologen, Na- tionalökonomen und Kartografen entwickelten Theorien des Zusammenlebens, unterteilten die Menschen in «Rassen» oder «Klassen» und sammelten massen- haft Daten über soziale Verhältnisse, wirtschaftlichen Wandel oder territoriale Strukturen. Diese neue Politik auf der Grundlage von moderner Wissenschaft, Typologie und Expertentum ermöglichte nicht nur eine systematische, im Ver- gleich zu früher rationaler scheinende Staatlichkeit, sondern auch einen bislang unerreichten Grad an sozialer Kontrolle und Disziplinierung: «Die Interven- tionsmöglichkeiten des neuen Staates hingen davon ab, dass er eine organische Gesellschaft postulierte, die sich messen und formen liess.»136 Drittens etablierte sich in Europa gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Vereinigten Staaten her kommend eine neue Form der politischen Partei. Unabhängig von ihrer Position auf der politischen Landkarte war diese neue Partei auf nationaler wie lokaler Ebene hierarchisch organisiert und zeichnete sich durch professionelle Wahl- und Werbekampagnen, Mechanismen zur Disziplinierung der Mitglieder sowie eine zentrale Leitung aus. Im Unterschied zur älteren «Honoratiorenpolitik» war ihr Ziel die Mobilisierung möglichst vieler Wählerstimmen, eine «Massenpolitik, bei der eine Partei mit ihren Hinterzimmervereinbarungen und ihrer professionellen Organisation die Regierungsgeschäfte wirklich in die Hand nahm.»137 Zeichen dieser drei Formen von Einflussnahme auf Gesetzgebung, Regie- rung und Verwaltung lassen sich auch in der Schweiz ab 1874 beobachten, wenn auch beispielsweise die Stellung der politischen Parteien im halb direktdemokra- tischen System vergleichsweise schwach blieb.138 Da diese neue Politik nicht in erster Linie auf Wahlen, Parlamentsentscheiden oder Verfassungsartikeln, son- dern ebenso auf Expertenschaft, Klientelbeziehungen und «political machines»139 beruhte, stand sie zu den Vorstellungen liberaler Demokratie, wie sie beispiels- weise von Abraham Lincoln als Herrschaft «of the people, by the people, for the people» idealistisch formuliert worden waren, in zunehmendem Widerspruch.140 Obwohl immer mehr Staaten Parlamente einrichteten, deren Befugnisse sowie den anfangs engen Kreis der Wahlberechtigten ausweiteten, waren demokra- tische Grundlagen der Entscheidungsfindung nicht mehr notwendige Vorausset- zungen für eine «gute Politik».141 Legitimität konnte – wie bei der Anwendung von Notrecht – auch «aus der Klugheit des Ergebnisses erwachsen, nicht aus dem Verfahren, mittels dessen es zustande kam».142 Im Licht dieser politischen Veränderungen ist bezeichnend, dass die Jahre um 1891 von einigen Autoren als Wendepunkt ausgemacht wurden, in dem die liberale Elite begann, sich von den «Idealen des 19. Jahrhunderts» abzuwenden. Auch in der Schweiz wurde nun ein Kurswechsel hin zu einem «modernisierten Konservatismus» vollzogen, dessen augenfälligste Symbole der Einzug der einstigen Gegner von 1847 in den Bun- desrat und der erstmals landesweit gefeierte Nationalfeiertag waren.143 47 zurückzurück

2.5 Krise und Vertrauensverlust

An der Wende zum 20. Jahrhundert kam es in der westlichen Staatenwelt zu ei- ner Krise von politischer Legitimation und Repräsentation. Obwohl in vielen Ländern die demokratischen Partizipationsrechte ausgeweitet wurden und so- zialpolitische Anstrengungen bestanden, waren weiterhin grosse Teile der Be- völkerung durch restriktive Wahlsysteme von der politischen Teilnahme ausge- schlossen, blieben die Lebensverhältnisse vieler Menschen prekär und wuchs die Diskrepanz zwischen der «Rhetorik des liberalen Parlamentarismus» und den oligarchischen Strukturen vieler Regierungen, die von Affären und Skandalen belastet waren.144 Aus Schweizer Perspektive gab der Ökonom Walter Eggen- schwyler dieser Krisenwahrnehmung Ausdruck: «Die zunehmende Verwirtschaftlichung der Kulturwelt, die Umrechnung aller Werte und Einflüsse in Geldwert, die Kommerzialisierung der öffent- lichen Meinung durch die Presse, die wachsende Konzentration dieser Presse, der Finanz- und der Großindustrie, die steigende Machtanhäufung in einzelnen Händen – und nicht zuletzt der wachsende Einfluß der staat- lichen Beamtenschaft, die allmähliche Herausdrängung der Gesetzgeber und Minister aus ihrer beherrschenden Stellung, die offenbare Unfähigkeit der Volksvertretungen zur gewissenhaften Erledigung ihrer stets wachsenden, ihnen über den Kopf wachsenden Kompetenzen sind nicht dazu angetan, das demokratische Credo zu bestärken.»145 Unter dem Eindruck dieser Zweifel an der politischen Organisation entstand an beiden Enden des Parteienspektrums eine scharfe Demokratiekritik. Ob es Natio- nalisten waren, die eine Elitenherrschaft nach Massgabe eines historisch konstru- ierten Ancien Régime forderten, oder Anarchisten, die den Sturz jeglicher Herr- schaft propagierten: der Status quo des modernen Staats und sein Regierungssystem waren für einige Beobachter keine brauchbaren Modelle für die Zukunft mehr.146 Zu dieser radikalen und nicht selten gewaltbereiten Infragestellung des politischen Systems kam eine vor allem in mittelständischen Bevölkerungsteilen vorhandene Befürchtung, die Beteiligung von immer mehr Menschen am politischen Prozess würde sich als Gefahr für die etablierte Gesellschaftsordnung und als Nachteil im «Darwinian struggle» um Kolonien und Absatzmärkte erweisen.147 Die grösste Herausforderung beim Versuch, die konfligierenden Interessen in der Gesellschaft auszugleichen, war der Ruf einer politisch immer aktiveren und organisatorisch rasch wachsenden Arbeiterbewegung nach Besserstellung, Reformen und Partizipation. Auch in der Schweiz gewann in den zwei Jahrzehn- ten vor dem Weltkrieg die Konfrontation zwischen der Arbeiterbewegung und den «freisinnigen Inhabern des Regierungsmonopols» an Schärfe.148 Das rasche industrielle Wachstum zog arbeitssuchende Menschen aus dem In- und Ausland in die Schweizer Städte, wo sich soziale Brennpunkte bildeten, sich Spannungen aufluden und Gewerkschaften gegründet wurden, was das «Konfliktpotential in der schweizerischen Gesellschaft in einem bisher unbekannten Ausmass anstei- zurückzurück 48

gen liess».149 Eine «grosse Kluft» begann die Schweizerinnen und Schweizer nicht nur in sozioökonomische Klassen, sondern auch in verschiedene Lebensräume und Kulturen zu trennen.150 Am 1. Mai 1890 feierte die schweizerische Arbeiter- bewegung erstmals ihren Tag der Arbeit, 1904 beschloss die Sozialdemokratische Partei mit einem «marxistisch geprägten Parteiprogramm» die Konfrontation mit den bürgerlichen Kräften.151 Als Mittel gegen eine aus ihrer Sicht zu unterneh- merfreundliche Politik und einen mangelhaften Schutz der Arbeitnehmer, wurde die bereits intensiv genutzte Möglichkeit von Referendum und Initiative durch das Instrument der Arbeitsniederlegung ergänzt. Bis 1914 kletterte die Zahl der Streiks auf mehr als 2400.152 Robert Grimm, einer der einflussreichsten Schwei- zer Sozialdemokraten des frühen 20. Jahrhunderts, sah im «politischen Massen- streik» einer möglichst grossen Zahl von Arbeitern ein schlagkräftiges Mittel, um deren Interessen in der Politik durchzusetzen. Erprobt wurde dieser Weg unter anderem im Zürcher Generalstreik von 1912, auf den Unternehmer mit Aussperrungen, Streikbrechern und schwarzen Listen, die Zürcher Behörden mit Demonstrationsverbot und Militäraufgebot antworteten.153 Für den sozial- politisch engagierten Theologen Leonhard Ragaz trat in Ereignissen wie diesem der «Dämon des Bürgerkrieges» in Erscheinung.154 Die im internationalen Vergleich hohe Streikhäufigkeit machte deutlich, dass die liberale Schweizer Gesellschaft «auf die Bewältigung der zugrundeliegenden Fragen schlecht gerüstet war».155 Auch die Mechanismen der direkten Demokra- tie hielten für die Konflikte zwischen Arbeitern und freisinnig geprägtem Staat keine entschärfende Antwort bereit, sie erwiesen sich sogar oftmals als Bremse einer ausgleichenden Sozialpolitik. Zum einen hatten politische Sachfragen einen für den «Normalbürger» kaum mehr überblickbaren Komplexitätsgrad erreicht, was Abstimmungen oftmals auf die Frage reduzierte, «ob man Regierung und Parlamentsmehrheit vertraue oder nicht». Vor allem in der bäuerlichen und la- teinischen Schweiz sowie in wirtschaftsliberalen Kreisen entstand ein Misstrauen gegenüber der Berner Bürokratie und dem ausufernden «Staatssozialismus» (siehe Kapitel 6.3), das Kompromisse zwischen den sozialen Gruppierungen blockierte. Zum anderen verhinderten die zeitaufwendigen Prozesse der Aus- handlung mehrheitsfähiger Lösungen und die heterogener gewordene politische Landschaft die rasche Umsetzung sozialpolitischer Vorhaben.156 Da sie in Legislative und Exekutive bislang kaum vertreten war, bestand eine zentrale Forderung der Linken in der Änderung des Repräsentationsprinzips im Nationalrat, das bislang auf der Mehrheitswahl basierte und damit kleinere Par- teien gegenüber den etablierten Freisinnigen benachteiligte. Die Sitzverteilung im Nationalrat hatte sich trotz der gewachsenen Wählerschaft der Sozialdemo- kraten bis 1911 denn auch kaum verändert (Grafik 2). Während die Verhältnis- wahl bereits in einigen Städten und Kantonen eingeführt worden war, scheiter- ten auf Bundesebene bis zum Ersten Weltkrieg zwei diesbezügliche Initiativen, einmal auch verknüpft mit der Volkswahl des Bundesrats. Im Unterschied zum 1874 eingeführten Referendum war die Erfolgsquote der Verfassungsinitiativen 49 zurückzurück

Grafik 2: Sitzverteilung der Parteien im Nationalrat, 1848–1919

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200

1848 1851 1854 1857 1860 1863 1866 1869 1872 1875 1878 1881 1884 1887 1890 1893 1896 1899 1902 1905 1908 1911 1914 1917 1919

Radikale, FDP Liberaldemokraten Katholisch-Konservative Demokratische Linke SPS BGB Diverse Quelle: Ritzmann-Blickenstorfer, Statistik, Tab. X.6, S. 1044.

generell äusserst gering. Wie in anderen Bereichen bewährte sich auch bei der Änderung des Wahlsystems schliesslich der «Grundsatz des Erfolgs durch Wie- derholung», wenn auch erst am Ende des Ersten Weltkriegs (siehe Kapitel 6.2).157 Der Kampf der Arbeiterorganisationen um den Zugang zur Politik und die Anläufe zur Reform des schweizerischen Wahlsystems lassen sich in einer brei- teren Debatte um die Demokratie verorten, die im Kontext der im Ausland auf- getauchten Kritik am Staat gesehen werden kann. Abgesehen von den Ansichten jener sehr heterogenen Bewegung, die Hans-Ulrich Jost als «reaktionäre Avant- garde»158 identifiziert hat, wurde in der Schweiz allerdings weniger das politische System an sich als vielmehr dessen Ausgestaltung und Effizienz unter den Bedin- gungen einer freisinnigen Dominanz in Parlament, Regierung und Verwaltung hinterfragt. Obwohl sich die Einführung des Referendums 1874 auf den wei- teren Ausbau der Bundeskompetenzen verzögernd ausgewirkt hatte und nach dem «Schlussstein» der Verfassungsinitiative die Bereitschaft zur Umgestaltung zurückzurück 50

Grafik 3: Organigramm der Bundesverwaltung, Anfang 1914

Bundesrat

Hans Schatzmann Arthur Hoffmann Felix-Louis Calonder

Handels-, Industrie- Politisches Departement Bundeskanzlei und Landwirtschafts- Post- und Eisenbahn- Departement des Innern departement departement

Abteilung für Kultur, Eisenbahnwesen Handel Auswanderungswesen Wissenschaft und Kunst

Vertretung der Industrie Statistisches Büro Postwesen Schweiz im Auslande

Bundesamt für Vertretung des Aus- Gesundheitsamt Telegraphenwesen Sozialversicherung landes in der Schweiz

Landwirtschaft Oberbauinspektorat

Landeshydrographie

Direktion der eidg. Bauten

Inspektion für Forst- wesen, Jagd u. Fischerei

Amt für Mass und Gewicht

Quelle: Schweizerische Bundeskanzlei, Staatskalender 1914.

der politischen Rahmenbedingungen zurückgegangen war, wurden auch in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg noch Aufgaben an die oberste staatliche Ebene übertragen.159 Mit der Annahme des «Rückkaufgesetzes» von 1898 und der anschliessenden Verstaatlichung der grössten Eisenbahngesellschaften wurde ein – aus liberaler Sicht demütigender – Schlussstrich unter den seit einem hal- ben Jahrhundert schwelenden Eisenbahnstreit gezogen.160 Die 1902 gegründeten Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) machten nicht nur Tausende Angestellte der ehemaligen Privatbahnen zu Staatsbediensteten im «mächtigsten Betrieb des Bundes», Rückkauf und Investitionen in die sanierungsbedürftige Infrastruk- tur benötigten ausserdem beträchtliche Geldmittel.161 Ähnliches galt für weitere Zentralisierungs- beziehungsweise Vereinheitlichungsvorhaben nach der Jahr- hundertwende. 1907 kam eine Revision des Militärorganisationsgesetzes,162 1912 ein Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (die «Lex Forrer»)163 zustande. Ebenfalls 1912 trat das Zivilgesetzbuch in Kraft, nachdem bereits 30 Jahre zuvor mit dem Obligationenrecht ein erster Schritt zur Harmonisierung der schweize- 51 zurückzurück

Bundesrat

Camille Decoppet Eduard Müller Giuseppe Motta

Finanz- und Militärdepartement Justiz- und Polizei- departement Zolldepartement

Pferderegieanstalt Justizabteilung Generalstabsabteilung in Thun Finanzwesen

Infanterie Pulververwaltung Grundbuchamt Zollverwaltung

Polizeiabteilung und Kavallerie Militärrechtspflege Alkohol-Verwaltung Departementskanzlei

Landesverteidigungs- Artillerie Zentralpolizeibureau kommission

Befestigungs- Genie Bundesanwaltschaft kommission

Sanität Artilleriekommission Versicherungsamt

Militäreisenbahn- Amt für geistiges Veterinärwesen kommission Eigentum

Oberkriegs- Pensionskommission kommissariat

Kriegstechnische Kommission der Abteilung Winkelriedstiftung

Kriegsmaterial- Militärkassations- verwaltung gericht

Landestopographie rischen Privatrechtskodifikation vollzogen worden war.164 Später als in anderen europäischen Staaten und unter dem Einfluss des SHIV wurde ausserdem 1905 die Errichtung einer Zentralbank beschlossen, welche fortan das Monopol auf die Emission von Banknoten besass.165 Mit der Eröffnung staatlicher Monumente wie des Parlamentsgebäudes am Bundesplatz 1902, des Landesmuseums 1898 und einer Vielzahl von modernen Verwaltungsgebäuden wurde diese institutio- nelle Stärkung des Zentralstaats auch baulich unterstrichen.166 Die Auflistung solcher Zentralisierungsschritte erweckt den Eindruck einer reibungslosen, sich aus der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft fast zwangsläufig ergebenden Konzentration von Kompetenzen beim Bund. Wie gezeigt war dieser Prozess aber nicht linear auf einen «starken Staat» hin aus- gerichtet und durch vielerlei Konflikte geprägt, die den Zyklus von öffentlicher Debatte, Rechtsetzung und Umsetzung verlangsamen oder beschleunigen konn- ten. Mit der Diskussion um die Bundesaufgaben eng verknüpft war die Frage der «Anpassung des Staatsapparates an die Gegebenheiten und Anforderungen zurückzurück 52

der Zeit», wobei besonders die Stellung des Bundesrats umstritten war.167 1875 beschäftigte der Bund rund 8500 Personen, von denen mehr als 80 Prozent bei den Post- und Telegrafiebetrieben arbeiteten.168 Bis 1913 wuchs dieser Personal- bestand auf mehr als 66 000 Angestellte an, wovon aber kaum ein Zehntel in der eigentlichen «Bundeszentralverwaltung» (Grafik 3) tätig war. Der starke Anstieg nach der Jahrhundertwende resultierte dagegen aus der Verstaatlichung der Ei- senbahnen, deren Personal nun mehr als die Hälfte aller vom Bund Beschäftigten ausmachte.169 Dimensionen und Befugnisse der staatlichen Verwaltung waren stets ein Thema der politischen Debatten, besonders im Vorfeld des Ersten Weltkriegs wurde die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Verwaltungsreform themati- siert. Zu Jahresbeginn 1910 bemerkte dazu die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ): «Jahr für Jahr haben wir dem Bunde neue Kompetenzen übertragen; Jahr für Jahr haben sich die Dienstzweige vermehrt, während die alten sich ungeheuer ausdehnten. Mächtig hat sich der Bund entwickelt; doch seiner Exekutive liessen wir das enge Gewand des Kleinkrämers.»170 Im Zentrum stand die Frage, ob der Bundesrat seine Departemente noch im Griff hatte oder vor lauter Verwaltungs- geschäften die Funktion als «oberste vollziehende und leitende Behörde der Eid- genossenschaft» (so definiert im Artikel 95 der Bundesverfassung) gar nicht mehr wahrnehmen konnte.171 Wie 1907 der Staatsrechtler Fritz Fleiner festhielt, war der Regierung, welche zwar den Vollzug, nicht aber die Entscheidungsgewalt an die Departemente delegieren konnte, durch die Zunahme der Bundeskompetenzen «eine ungewöhnliche Fülle von Macht und Arbeit übertragen worden», die umso grösser war, «als der Bundesrat neben den Verwaltungsgeschäften gleichzeitig die rein politischen Angelegenheiten der Eidgenossenschaft zu besorgen hat, an der Gesetzgebung beteiligt ist und […] faktisch Verwaltungsrechtsprechung und Verfassungsgerichtsbarkeit ausübt». Für Fleiner hatte sich der Bund in seinen Zuständigkeitsbereichen «zum zentralisierten Beamtenstaat ausgewachsen», an dessen Spitze eine überlastete und überforderte Regierung stand.172 Laut Hanspeter Schüepp drückte sich in der Debatte um die Verwaltungsre- form ein «weitverbreitetes Misstrauen gegen ein wirkliches oder auch nur schein- bares persönliches Regiment» eines einzelnen Bundesrats sowie eine allgemein herrschende Ablehnung des Bürokratischen aus.173 Gleichzeitig bestand aber ein Interesse an einer als Kollegialbehörde entscheidenden Landesregierung, die ein Gegengewicht zum von «Spezialinteressen kleinerer und grösserer Interessen- kreise» beeinflussten Parlament bilden sollte. «Umso bedeutsamer und wichtiger wird natürlich die Stellung des Bundesrates als derjenigen Behörde, die den Beruf in sich fühlt, die allgemeinen Interessen gegebenenfalls mit aller Energie zu ver- treten», so argumentierte im Januar 1914 die Basler «National-Zeitung» für eine Stärkung der Exekutive.174 Ein autonom handlungsfähiger Bundesrat, womöglich mit einem durch die Volkswahl legitimierten Mandat, würde in der Vorstellung mancher zeitgenössischer Beobachter die Verwaltung demokratischer Kontrolle unterstellen und unabhängig vom durch «Parteigeist», linke Opposition und 53 zurückzurück

Proporzgedanken gelähmten «Parlamentarismus» regieren.175 Der Genfer Jour- nalist Horace Micheli prophezeite sinngemäss 1911: «L’avenir est à un pouvoir exécutif fort, élu directement par les citoyens et à une extension toujours plus grande des droits de la démocratie directe et du pouvoir législatif du peuple.»176 Ähnlich gelagert waren Überlegungen des Juristen Carl Hilty, der aber einem Umbau des Regierungssystems in Richtung eines «aufgeklärten Despotismus» ablehnend gegenüberstand. Nicht zuletzt, da dafür «die gehörigen Träger nur schwer zu finden» wären.177 Wie in anderen Staaten stand im Zentrum der Debatte um die zukünftige Staatsform auch in der Schweiz die Frage, ob das Land «im modernen interna- tionalen Wettbewerb mit [seinem] staatsrechtlichen Apparat noch nachkommen» würde oder ob dazu nicht einige Elemente der «politischen Tradition», wie das starke Parlament oder die Autonomie der Kantone, geopfert werden mussten.178 Begonnen hatten die Arbeiten an der Verwaltungsreform bereits 1904, bis zu ei- nem Parlamentsbeschluss dauerte es dann jedoch zehn Jahre. Der Bundesrat be- stand ihm zufolge weiterhin aus sieben von der Bundesversammlung gewählten Mitgliedern, die über alle Geschäfte als Kollegialbehörde entscheiden und gleich- zeitig als Vorsteher ihres Departements amtieren mussten. Allerdings konnten nun «bestimmte Geschäfte» an die Departemente delegiert werden (siehe Kapi- tel 3.4).179 Wie in den vorangegangenen Jahrzehnten korrespondierten die Zen- tralisierungstendenz und der Ausbau der Berner Verwaltung mit einem Anstieg der Bundesausgaben, die sich zwischen 1890 und 1913 noch einmal verdreifach- ten (siehe Grafik 1). Europa bot in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg ein zutiefst gegensätz- liches Bild. Auf der einen Seite stand der Kontinent im Zeichen militärischer Aufrüstung, kolonialer Rivalität, nationalistischen Prestigedenkens, autokrati- scher Tendenzen und permanenter Krisen an seinen Rändern.180 Auf der anderen Seite war die Jahrhundertwende aber ebenso eine Zeit internationaler Vertrags- werke, weltweiter Mobilität, wissenschaftlich-technischer Zuversicht, politischer Stabilität, ökonomischer Dynamik sowie von Demokratie- und Friedensbestre- bungen.181 Als Industriestandort, Finanzplatz, Tourismusdestination, Einwande- rungsziel und Sitz internationaler Organisationen nahm auch die Schweiz direkt oder indirekt an diesen widerspruchsvollen Prozessen des «Hochimperialismus» teil.182 Und wie im Rest der industrialisierten Welt lässt sich auch für die Schweiz nach 1900 eine «Krise des Liberalismus» konstatieren.183 Auf den ersten Blick stand der Freisinn nach der Jahrhundertwende im Ze- nit seiner Macht. Trotz gelegentlicher «Referendumsstürme» liess sich seine poli- tische Agenda durch Mehrheiten in Parlament und Exekutive ohne grössere Pro- bleme verfolgen. Die 1894 gegründete FDP zeichnete sich durch eine scheinbar hohe Geschlossenheit aus und konnte sich auf die Unterstützung der wirtschaft- lichen Spitzenverbände verlassen.184 Bei genauerer Betrachtung jedoch zeigten diese «blendenden Symbole des freisinnigen Bundesstaates» deutliche Risse.185 Fälle von Machtmissbrauch, Misswirtschaft sowie der Vermischung persönlicher zurückzurück 54

und öffentlicher Interessen nagten nicht nur an Glaubwürdigkeit und Autori- tät des freisinnigen Unternehmertums, sie waren Zeugnis einer «latenten Krise des liberalen Systems», wegen deren sich viele vom Freisinn, seinen politischen Projekten sowie den von ihm geprägten Institutionen ab- und Alternativen links oder rechts der FDP zuwandten.186 Traten ehemalige Mitglieder der liberalen «Grossfamilie» in die an Stärke gewinnende Arbeiterbewegung der wachsenden Industriestädte ein, wurden sie zum Ziel staatlicher Repressionen und Über- wachung, deren institutionelle Grundlagen 1889 mit dem Aufbau der ständigen Bundesanwaltschaft und Bundespolizei geschaffen wurden.187 Schlossen sich die Abweichler dagegen den entstehenden Organisationen des bäuerlich-gewerb- lichen Bürgertums an, begrüsste sie der Freisinn bald als Verbündete im Kampf gegen «revolutionäre Umtriebe».188 Begleitet wurden Skandale, soziale Spannungen und Auflösungserscheinun- gen der freisinnigen «Staatspartei»189 von einer tiefen Verunsicherung des libe- ralen Bürgertums. Die wirtschaftliche Entwicklung nach 1890 war von starken Schwankungen geprägt und die Zunahme staatlicher Interventionen vor dem Ersten Weltkrieg war nicht zuletzt eine Reaktion auf diese ökonomischen Her- ausforderungen und ihre sozialen Folgen. Eine Reaktion, die dem Prinzip eines Staats, der sich aus möglichst vielen Bereichen von Gesellschaft und Wirtschaft fernhielt, grundsätzlich widersprach. Denn der Liberalismus des 19. Jahrhun- derts war, wie der britische Historiker Eric Hobsbawm in seiner massgebenden Darstellung der Epoche vor dem Ersten Weltkrieg festgehalten hat, «the an- archism of the bourgeoisie and, as in revolutionary anarchism, it had no place for the state».190 Beides, die unsichere Wirtschaftslage und der mit Sorge beobachtete «Staatsinterventionismus»,191 liessen Zweifel am liberalen Fortschrittsverspre- chen aufkommen, die zwar durch «patriotischen Enthusiasmus, festliche Fol- klore, Erinnerungsfeiern und Landesausstellungen»192 zu kaschieren versucht, letztlich aber nicht zerstreut werden konnten. Hinter «grossartigen Staatsappa- raten und dem mondänen Leben einer bürgerlich-aristokratischen Gesellschaft», so Hans Ulrich Jost, verbargen sich ein angeschlagenes politisches System, eine löchrige «civil society» und das Ende der Utopie des Liberalismus. Statt der in Sonntagsreden beharrlich evozierten Ideen von 1848 prägten wirtschaftliche Sachzwänge, soziale Polarisierung und lähmender Partikularismus die Politik der Jahrhundertwende.193 Carl Hilty, als freisinniger Nationalrat und angesehener Rechtswissenschaft- ler «eine Art öffentliches Gewissen der liberalen Schweiz»,194 verknüpfte diese Krisenwahrnehmung mit düsteren Zukunftsvisionen. Unter dem programmati- schen Titel «Fin de Siècle» prangerte er 1899 Materialismus, Agnostizismus und Egozentrismus seiner Zeit an und warnte gleichzeitig, dass «die jetzige äusserlich glänzende Kultur wieder einer Verwüstung unterliegen könnte».195 Noch schär- fere Worte für die politischen Zustände wählte 1910 der Freiburger Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Gonzague de Reynold, der zum führenden Kopf der neokonservativen Bewegung in der Schweiz werden sollte: 55 zurückzurück

«Cette Suisse religieuse, héroïque, créatrice de tant de génie et tant d’art, qu’en fait aujourd’hui la démocratie qui la gouverne? […] Comme, d’an- née en année, le «personnel gouvernemental» baisse, nous sommes entre les mains de coteries, honnêtes encore, mais de plus dépourvues de culture. On vit de compromis et de cotes mal taillées. Un matérialisme bête, – vous savez, les fameuses «questions économiques»! – envahit tout. Notre tradition, on la méprise; notre passé, on le fausse; nos gloires, on les ignore. L’étranger nous ronge à chaque bout, et l’on fait tout pour lui.»196 Angesichts dieser Zweifel am staatlichen Fundament und Ahnungen des Nieder- gangs ist bemerkenswert, dass es gerade in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu einer Häufung von Literatur kam, welche die Vorzüge des politischen Sys- tems der Schweiz und die aussergewöhnliche Freiheit ihrer Bürger hervorhob. Darin kam ein Selbstbewusstsein «demokratischer Überlegenheit» zum Tragen, das bisweilen missionarische Züge annahm: «Man verglich sich mit dem Aus- land, pries die Vorteile des eigenen politischen Systems mit seinen ausgebauten Volksrechten und empfahl den Völkern Europas die Nachahmung des schweize- rischen Beispiels.»197 Das Phänomen war nicht auf bekannte Schweizer Autoren wie den Journalisten Theodor Curti oder den in Harvard und Genf wirkenden Ökonomen William Rappard beschränkt.198 Im Kontext der politischen Kon- troversen der Jahrhundertwende stiess es im Ausland auf einen Resonanzraum, in dem das schweizerische Modell als Vorbild für politische Reformen dienen sollte.199 In den Vereinigten Staaten, wo Bewegungen wie das Progressive Move- ment eine «geistige Erneuerung der amerikanischen Demokratie» forderten, fand besonders die in der Schweiz praktizierte Bürgerbeteiligung Anklang.200 Rappard erläuterte 1912 seiner Leserschaft «compelling reasons which make the Swiss ex- perience in direct democracy well worth considering in the United States» und untermauerte diese Empfehlungen mit einer langen Liste in den USA publizierter Artikel mit Titeln wie «Switzerland’s Model Democracy», «Genuine Democracy in Switzerland» oder «Swiss Solutions of American Problems».201

2.6 Kriegsbereitschaft

Während sich Regierungskritiker in Europa und den USA mit Blick auf die Schweiz dem Ausbau der demokratischen Partizipationsmöglichkeiten und dem Ausgleich gesellschaftlicher Konflikte widmeten, wies die staatliche Entwick- lung in eine gänzlich andere Richtung. Wie Charles Maier festhält, begann mit dem 20. Jahrhundert ein Zeitalter der Ausnahmezustände, die immer dann für notwendig erachtet wurden, «wenn die Rechts- oder gar Verfassungsordnung mitsamt ihrem Schutz der Bürgerrechte einer Bedrohung für die Nation nicht mehr Herr wurde und deshalb aufgehoben werden musste».202 Obwohl «Aus- nahmezustand» als politisch-rechtlicher Terminus vor 1914 kaum zur Anwen- dung kam und die theoretische Erschliessung des Konzepts erst in den Arbeiten zurückzurück 56

des umstrittenen deutschen Staatsrechtlers Carl Schmitt nach dem Ersten Welt- krieg begann, war die Tendenz zu einer «Erweiterung der Regierungsgewalt» auf notrechtlichem Weg bereits vorher vorhanden (siehe Kapitel 1.4).203 Die Verschiebung der politischen Gestaltungskraft hin zur Exekutive manifestierte sich also nicht nur im beschriebenen Ausbau der Kompetenzen staatlicher Ver- waltung und dem Bedeutungsverlust der Parlamente, sondern sie schlug sich ebenso in «quasidiktatorischen Vorkehrungen der modernen Verfassungssys- teme» nieder, die unter Bezeichnungen wie «martial law», «Belagerungszustand» oder «état de siège» in den Grundgesetzen einiger Staaten festgeschrieben wur- den (siehe Kapitel 3.2).204 Als Reaktion auf innere Unruhen, politische Blocka- den, ökonomische Krisen oder zwischenstaatliche Konflikte kamen nun immer häufiger «Notstandsrecht» und «ausserordentliche Vollmachten» zum Einsatz, wenn die staatliche Souveränität als gefährdet und die parlamentarischen Ent- scheidungsverfahren als zu schwerfällig oder nicht in die intendierte Richtung weisend eingeschätzt wurden.205 Stattdessen wurde der Ausnahmezustand ver- hängt, in dem Regierung oder Armee die notwendigen Entscheidungen selbst treffen und umsetzen konnten. Tendenzen zur notrechtlichen Massnahmenpolitik bestanden auch in der Schweiz, denn wie Grafik 4 zeigt, wurde während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und vor allem nach der Einführung des dringlichen Bundes- beschlusses 1874 mehrfach auf das von der Verfassung vorgesehene oder das ex- trakonstitutionelle Notrecht zurückgegriffen.206 Weitergehende Konzeptionen eines «Ausnahmezustands» und die damit in engem Zusammenhang stehenden Vorbereitungen auf einen grossen Konflikt zwischen den europäischen Staaten können bis auf die Zeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg zurückverfolgt werden.207 Der konservative Luzerner Rechtshistoriker und Nationalrat Philipp Anton von Segesser merkte in der parlamentarischen Debatte um die Verlän- gerung des Vollmachtenbeschlusses vom 16. Juli 1870 an, die Ermächtigung des Bundesrats habe gleich zwei Diktaturen geschaffen: «Eine solche des Bundes- rates und eine weitere des Generals».208 Der Winterthurer liberal-radikale nahm diese Feststellung auf und beantragte die Ausarbeitung eines Gesetzes, «welches geeignet ist, die Rechte und Pflichten als eines neutralen Staa- tes im allgemeinen sowie die diesfälligen Obliegenheiten sowohl der Zivil- und Militärautoritäten als des einzelnen Bürgers im speziellen festzulegen».209 Nach Scherers Auffassung hatten die zurückliegenden Krisen schwerwiegende Kom- petenzkonflikte zwischen Parlament, Regierung und Armeeleitung offenbart, die sich nur durch die Schaffung eines expliziten Notstandsgesetzes klären liessen. Bundesrat Jakob Dubs lehnte diese erste Forderung nach einer gesetzlichen Regelung der Vollmachten jedoch ab, da eine flexible, an die jeweilige Krisen- situation anpassbare «Neutralitätsverordnung» einer festen Norm überlegen sei: «Das Leben [bildet] fast in jedem Krieg wieder neue Situationen heran, denen durch rasche Ergänzung und geeignete Anpassung der allgemeinen Neutralitäts- normen Rechnung getragen werden müsse. Wäre ein Gesetz vorhanden, so wäre 57 zurückzurück

Grafik 4: Vollmachtenbeschlüsse, Bundesinterventionen und dringliche Bundesbeschlüsse, 1848–1909

20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1848–1859 1860–1869 1870–1879 1880–1889 1890–1899 1900–1909

Quellen: Suter, Notrecht, S. 34–130; Wili, Bundesinterventionen, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D26427. php und Schweizerische Bundeskanzlei, Dringliche Bundesbeschlüsse bis 1949, www.admin.ch/ ch/d/pore/vr/vor_2_2_6_5_01.html.

der [Bundesrat] solchen Eventualitäten gegenüber, die von den bedenklichsten Folgen begleitet werden könnten, ohnmächtig und selbst die [Bundesversamm- lung] sehr gehemmt. Würde man sich hier die Fesseln eines Gesetzes anlegen, so wäre dies ein grosser, politischer Fehler.»210 Der Versuch von 1870, die Befugnisse von Regierung und Armee in Not- lagen gesetzlich zu verankern, schlug zwar fehl, auf Verwaltungsebene beschäf- tigten sich die Bundesbehörden in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg jedoch weiter mit der rechtlichen Gestaltung zukünftiger Ausnahmezustände. In einer für das JPD verfassten «Konzeption der Militärgerichtsbarkeit als Kriegs- gerichtsbarkeit»211 versuchte der Verfassungsrechtler und Diplomat Max Huber, die seit dem Militärstrafgesetz von 1851 nur partiell veränderte Gesetzgebung der Militärjustiz für kommende Konflikte vorzubereiten.212 Insbesondere fehlte es, so Huber in einem Memorandum vom Dezember 1912, an «ausreichenden Bestimmungen über das Verhältnis der Militär- und Civilgewalt und für die Si- cherung des Heeres gegen Schädigung seiner Interessen durch nicht zum Heere gehörende Personen».213 Damit sich «das Staatsinteresse, das sich […] zu einem grossen Teil mit den militärischen Interessen deckt», bei «Krieg oder Kriegs- gefahr» wirksamer schützen liess, forderte er ein strafrechtliches Instrumenta- rium, welches im Notfall in Kraft gesetzt werden konnte und wie in anderen zurückzurück 58

Staaten um eine Einschränkung der verfassungsmässigen Grundrechte, Anpas- sungen der polizeilichen oder gerichtlichen Verfahren und Sonderbefugnisse der militärischen Behörden nicht herumkommen würde. Die «Rechtsordnung» müsse sich bei inneren oder äusseren Bedrohungen «den besonderen Bedürfnis- sen der bewaffneten Macht» anpassen.214 Die von Huber erarbeiteten Gesetzesentwürfe waren in mehrerlei Hin- sicht bemerkenswert. Erstens standen sie unter dem unverkennbaren Eindruck der bereits erwähnten Konfrontation zwischen Arbeiterbewegung und Staat in Streiks und Abstimmungskämpfen, bei denen die Militärjustiz und die Rolle der Armee in der Innenpolitik ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerie- ten.215 Zweitens unterschied Huber nicht zwischen Kriegszustand und blosser Kriegsgefahr, sah die unbedingte Durchsetzung des «Staatsinteresses» mittels Notrecht also auch bei einer vorsorglichen Grenzbesetzung oder inneren Un- ruhen als notwendig an.216 Drittens schliesslich schwebte Huber die Umsetzung seiner Entwürfe nicht in erster Linie auf dem «verhältnismässig langsamen» Weg der regulären Bundesgesetzgebung, sondern in der unmittelbaren Notsituation durch eine Bundesratsverordnung vor. Der Bundesrat verfügte seiner Meinung nach «auch ohne Anerkennung durch die Verfassung oder die Gesetzgebung» über ein «Notverordnungsrecht» zur «Sicherung der vitalen Interessen des Staa- tes». Hiermit liessen sich in eigener Regie Vorschriften aufstellen, die für «jeder- mann, gleich den Gesetzen» gültig waren und so lange Gültigkeit besassen, wie die «ausnahmsweisen Verhältnisse, die ihren Erlass rechtfertigen, bestehen».217 Da ein solches Notverordnungsrecht der Exekutive unter Juristen allerdings umstritten war, schlug Max Huber eine verfassungsrechtlich weniger heikle Va- riante mit einem im Notfall zu erlassenden dringlichen Parlamentsbeschluss vor. Dieses Vorgehen entsprach im Prinzip dem späteren Vollmachtenbeschluss vom 3. August 1914: «Diese Vorschriften beruhen darauf, dass sie für Zeiten von Krieg oder Kriegsgefahr einen besonderen Rechtszustand (Kriegszustand) vorsehen, in welchem dem Bundesrat, den militärischen Behörden und Kommandanten und den Militärgerichten besondere Befugnisse zustehen. Solche Vorschrif- ten können entweder als allgemeine Ordnung zum voraus und ohne zeit- liche Begrenzung erlassen werden oder aber erst im Bedarfsfalle, mit oder ohne zeitliche Begrenzung.»218 Diese Form, ein «elastisches bundesrätliches Verordnungsrecht für die Zwecke der Neutralitätsbehauptung und Landesverteidigung», unterstützte auch Oberst- divisionär Theophil Sprecher von Bernegg.219 Der 1850 in Maienfeld geborene Sprecher war seit 1905 Chef der Generalstabsabteilung der Schweizer Armee und widmete sich auf diesem Posten der militärischen Kriegsvorbereitung. In einem Memorial vom Sommer 1911 machte er deutlich, dass die Neutralitätsverpflich- tung der Schweiz aus Armeesicht vor allem Nachteile mit sich brachte und in einem «allgemeinen europäischen Kriege […] nicht die geringste Gewähr für die Unverletzlichkeit» des Landes bot.220 Um Bedrohungen durch die Nachbarstaa- 59 zurückzurück ten erfolgreich begegnen zu können, schlug Sprecher deshalb nicht nur eine mög- lichst rasche und vollständige Mobilisierung der Armee bei Kriegsgefahr, son- dern auch verschiedene finanzielle, politische und rechtliche Massnahmen vor, die im Vorfeld oder unmittelbar bei Ausbruch eines Kriegs umzusetzen waren. Auf den Vollmachtenbeschluss vom 16. Juli 1870 Bezug nehmend, liess er keine Zweifel daran, dass der Bundesrat dafür mit ausserordentlichen Kompetenzen und Geldmitteln ausgestattet werden musste: «In Hauptsache ist zu betonen, dass der Bundesrat im direkten wie im in- direkten Kriegsfalle die volle Verantwortung für die politische Leitung des Staates während der Kriegsperiode wird übernehmen, und dass die Bundesversammlung ihm die entsprechenden Befugnisse wird anvertrauen müssen. […] Die Vollmacht wird im übrigen keine Einschränkung dulden, und demnach mit obiger Ausnahme alle Kompetenzen, die einem selbstän- digen Staate zukommen, umfassen müssen; die Gewalt der Exekutive, das muss man sich klar machen, wird demgemäss formell eine nahezu diktato- rische sein, eingeschränkt nur einerseits durch die militärische Kommando- gewalt und anderseits durch die nicht aufgehobenen, sondern nur bis zum jeweiligen Zusammentritt aufgeschobenen und dem Bundesrat übertrage- nen Kompetenzen der Bundesversammlung.»221 Mit der «obigen Ausnahme» meinte Sprecher, der seinem Memorial gleich den passenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss «betreffend die Wahrung der Neutralität und das Aufgebot der Armee»222 beilegte, die neutralitätspolitisch heikle Frage von Militärbündnissen mit anderen Staaten. Die Entscheidung dar- über wollte er «in dringenden Fällen» weder dem Bundesrat noch dem laut Ver- fassung zuständigen Parlament übergeben. Stattdessen sollte der bis dahin ge- wählte General mit den infrage kommenden Armeekommandos autonom eine «Militärkonvention» aushandeln können.223 Die Vorarbeiten Max Hubers und Theophil Sprechers waren für das im Au- gust 1914 beschlossene Vollmachtenregime wegweisend, da es in ihnen nicht nur um die Anpassung des Militärstrafrechts für künftige Mobilisierungen der Armee ging. Sie bildeten vielmehr den Kern eines eigentlichen «Kriegszustandsgeset- zes»,224 mit dem der Bundesrat ermächtigt werden konnte, alle möglichen «zum Schutz der militärischen Massnahmen und zur Handhabung der Neutralität er- forderlichen Verordnungen» zu erlassen.225 Es sollte im Kriegsfall ein Ausnah- mezustand geschaffen werden, der nach Bundesrat Arthur Hoffmann in Form eines dringlichen Bundesbeschlusses vom Parlament oder noch besser gleich von der Landesregierung – gestützt auf ihre in der Bundesverfassung festgelegte Ver- antwortung für «die äussere Sicherheit, für die Behauptung der Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz» – erklärt werden sollte.226 Hoffmann, 1913 Vorste- her des Militärdepartements, sah die Landesregierung sogar dazu berechtigt, «für das Stadium der ersten Dringlichkeit alle erforderlichen Massnahmen» selbst zu treffen und die Entscheidung darüber erst im Nachhinein der Legislative zu überlassen. Wie zuvor Jakob Dubs lehnte er allerdings ein umfassendes Kriegs- zurückzurück 60

zustandsgesetz mit rechtlichen Grenzen der Vollmachten ab. Stattdessen sollte der Bundesrat Verordnungen «im einzelnen Falle» erlassen können. Sollte den- noch ein Parlamentsbeschluss notwendig sein, schlug Hoffmann eine möglichst rasche Umsetzung im Zeichen akuter Dringlichkeit vor, da er für die Vorlage in der damaligen innenpolitischen Situation keine parlamentarische Mehrheit sah: «So, wie ich die Mentalität der Mitglieder der Bundesversammlung zu ken- nen glaube, halte ich mich zu der Auffassung berechtigt, dass bei normalen Zeitläuften die erforderlichen Voraussetzungen für eine nüchterne, objek- tive und ruhige Beurteilung einer für Ausnahmsverhältnisse bestimmten Ausnahmsgesetzgebung fehlen und dass man abgesehen von der leiden- schaftlichsten Opposition der zu äusserst links stehenden Parteien auch sonst in weitem Umfange doktrinären Bedenken und Widerständen begeg- nen würde.»227 Wie stark diese Überlegungen bereits mit der später von Carl Schmitt umrissenen Logik des Ausnahmezustands operierten, zeigte sich darin, dass Max Huber eine schlagkräftige Militärjustiz auch angesichts der «Möglichkeit sog. antimilitaris- tischer Demonstrationen» und dem Vorhandensein «grosser, fremder und nicht unbedingt zuverlässiger Bevölkerungsgruppen» für notwendig erachtete.228 Zwar merkte der 1902 auf den Zürcher Lehrstuhl für Verfassungsrecht, Kirchenrecht und internationales öffentliches Recht berufene Jurist an, dass ein Kriegszustand, der staatlich-militärische Interessen über die Privatinteressen stelle, verfassungs- rechtlich problematisch sei, in Kriegs- und Krisenzeiten aber das Bedürfnis nach «besonderen Befugnissen der Behörden und militärischen Kommandanten» be- stehe.229 Bundesrat Hoffmann folgte dieser Argumentation und sah die schwei- zerische Regierung zur Intervention bei inneren wie äusseren «Schwierigkeiten» berechtigt: «Auch hier ist es verfassungsgemäss der Bundesrat, der in Ausübung dieser Gewalten die weitgehendsten Massnahmen, in Widerspruch zu staatlichen und Individualrechten treffen kann.»230 Bei seiner Konzeption orientierte sich Huber, der 1897 in Berlin promoviert hatte, nicht zuletzt an bestehenden Bestimmungen über Ausnahmezustände im Ausland. So findet sich in den Quellenbeständen mit seinem Bericht auch eine entsprechende Zusammenstellung, die vom Rechtsstudenten Dietrich Schindler angefertigt wurde.231 Schindler, der als neutralitätspolitischer Berater des Bun- desrats im Zweiten Weltkrieg in Erscheinung treten sollte,232 unterschied in einer umfangreichen Studie zwischen Staaten, «welche den eigentlichen Belagerungs- zustand kennen» und in Kriegszeiten die Exekutivgewalt an die Militärbefehls- haber übertragen, Staaten, die eine «Zivildiktatur» zur «Unterdrückung innerer Unruhen» unter Suspension verfassungsmässiger Grundrechte vorsehen, und solchen, die auf dem eigenen Territorium überhaupt keine Ausnahmezustände zulassen.233 Im Gegensatz zu Hoffmann befürwortete Schindler eine möglichst differenzierte gesetzliche Regelung des Ausnahmezustands, «denn auch im Aus- nahmezustand sollte nicht rohe Willkür an Stelle der Gesetze treten, sondern auch dann sollte die Staatsgewalt an Recht und Gesetz gebunden sein». Des Wei- 61 zurückzurück teren sollten seiner Ansicht nach zwei Anlässe, welche die «Existenz der Staats- gewalt in Frage» stellten, unterschieden werden: «Krieg mit dem Ausland» und «Unruhen im Innern». Während im ersten Fall der reibungslose Ablauf der mili- tärischen Operationen Zweck der Ausnahmeregeln war, was durch den Vorrang der militärischen vor den zivilen Behörden und die Konzentration aller «aus- übenden Gewalt innerhalb eines bestimmten Distriktes in die Hände eines sach- verständigen Mannes»234 erreicht werden sollte, erinnert der zweite Fall im Ton an die innenpolitischen Konflikte der Jahrhundertwende: «Hier ist der niederzuwerfende Feind nicht ausserhalb der Landesgrenzen, nicht territorial fixiert; er ist im eigenen Lande, er muss geradezu auf gesucht und die Anführer der Bewegung, mit denen sie steht und fällt, erst festgestellt werden. Um einer solchen Bewegung Herr zu werden, ist es notwendig, die verfassungsmässigen Freiheitsrechte, wie Versammlungsrecht, Schutz vor willkürlicher Verhaftung, Unverletzbarkeit der Wohnungen, Briefgeheim- nis, Pressfreiheit zu suspendieren.»235 Ähnlich argumentierte Walther Burckhardt, der im Sommer 1913 von Hoffmann um ein Gutachten zur Verfassungsmässigkeit von Max Hubers Entwürfen für den Kriegszustand ersucht wurde. Der Professor für Staats- und Völkerrecht an der Universität Bern war wie seine Zürcher Standeskollegen der Meinung, dass die von der Verfassung garantierten Bürgerrechte «nicht als unbedingte, unter allen Umständen verbindliche Vorschriften zu betrachten» seien.236 Burckhardt brachte ein neues Element in die Konzeptionen des Ausnahmezustands ein, in- dem er die Schweiz vor allem durch ihre Verträge mit dem Ausland völkerrecht- lich verpflichtet sah, im Kriegsfall alle Massnahmen zur «Wahrung der Neutrali- tät» zu ergreifen, selbst wenn diese geltendem Verfassungsrecht widersprachen. Wie bereits 1870 gingen «die völkerrechtlichen Interessen des Staates und das Interesse der inneren Ordnung, d. h. der Aufrechterhaltung der staatlichen Au- torität […], den Individualrechten vor». In dieser Hierarchie der Interessen zeigte sich ein paradoxes Argumentations- muster, das in der ganzen Notrechtsdebatte wiederholt auftauchte und für die Verunsicherung der Jahrhundertwende symptomatisch war. Um die seit 1848 erkämpften «Individualrechte» – demokratische Mitbestimmung, Pressefreiheit, gerichtliche Verfahren – zu schützen, mussten sie zeitweilig eingeschränkt und den «Staatsinteressen» untergeordnet werden, «denn nur wenn der Staat sich nach aussen und nach innen behaupten kann, kann er für den übrigen Inhalt der Verfassung und im besonderen für die verfassungsmässigen Rechte gut stehen».237 Welche Gewalt für diese Behauptung des Staats zuständig war und in welcher Form sie erfolgen sollte, dazu wollte sich Burckhardt nicht festlegen. Er zog ei- nen Parlamentsbeschluss den von Huber vorgeschlagenen Bundesratsbeschlüs- sen vor, aber «ob der Bundesrat richtiger den Fall der Kriegsgefahr abwarte, um sich die angemessenen Vollmachten durch die Bundesversammlung erteilen zu lassen, ist mehr eine politische als eine juristische Frage».238 Während Burckhardt es ausserdem nicht für opportun hielt, vom «Kriegszustand» zu sprechen, da zurückzurück 62

dieser Begriff den Anschein erwecke, «als ob der Executive eine unbestimmte, beinahe unbegrenzte Gewalt verliehen werden wolle, aus der alles Mögliche her- vorgehen könnte», liess er keine Zweifel an zwei entscheidenden Punkten einer Notstandsregelung: Der Bundesrat konnte seine Entscheidungskompetenz an das Armeekommando oder die Departemente delegieren, und «wenn also die verfassungsmässigen Rechte mit der äusseren Sicherheit des Staates in Konflikt geraten, so müssen sie weichen».239 Dass sich Armee, Bundesverwaltung und ihre juristischen Experten ge- rade unmittelbar vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs mit dem Ausnahme- zustand auseinandersetzten, zeigt, wie prekär die aussen- und innenpolitische Bedrohungslage in dieser Zeit eingeschätzt wurde, und es fällt auf, dass bei den diesbezüglichen Entwürfen besonders autoritär regierte Staaten wie Deutsch- land oder Russland Modellcharakter besassen. Eine Lösung mit einer starken Exekutive, die selbst über die Verhängung des Ausnahmezustands entscheiden konnte, wurde nicht nur von Arthur Hoffmann bevorzugt.240 Nach aussen be- fand sich die Schweiz in einer angespannten Konstellation, in der ihre ohnehin entzauberte liberale Doktrin gegenüber dem «starken Staat» des Imperialismus in die Defensive geraten war und in bürgerlichen Kreisen die Angst zunahm, «im wagnerischen Konzert der Grossmächte dem Untergang geweiht zu sein».241 Vor allem das Verhältnis zum «wirtschaftlich und politisch aggressiv ausholenden» Deutschland gestaltete sich höchst ambivalent. Einerseits widersprach dessen autoritär-konservatives Staatswesen dem am Vorbild der französischen Repu- blik orientierten Selbstverständnis der Schweizer Politiker, andererseits war der Einfluss des nördlichen Nachbarn vor dem Ersten Weltkrieg unübersehbar und vielschichtig: «Kaum ein deutschschweizerischer Akademiker, der nicht ein oder zwei Semester an deutschen Hochschulen studiert hatte […]; kaum ein Offizier, der nicht bewundernd auf preußisch-deutsches Militärgehabe blickte; kaum ein Fabrikant, den nicht intensive Beziehungen an den deutschen Wirtschaftsraum banden.»242 Gleichzeitig wurden im Innern die Forderungen und Methoden der Arbei- terbewegung vom bürgerlichen Unternehmertum «als Infragestellung der öf- fentlichen Ordnung, ja der Grundlagen des Staates» aufgefasst, auf die mit dem «geballten Einsatz der Staatsmacht» geantwortet werden musste.243 In einer Zeit, «in der Armee und militärische Tugenden zu höchsten nationalen Werten empor- stilisiert» wurden und die militärische Elite für sich eine privilegierte Rolle in der Gesellschaft reklamierte, war die Konzeption eines Belagerungszustands gegen einen Feind, der «ebensosehr im Innern wie jenseits der Grenze» stand, nahelie- gend.244 Carl Hilty folgte dieser Denkweise, indem er eine für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg symptomatische Haltung zum Stellenwert des Militärischen einnahm: «Wir sehen überhaupt in einem festgefügten, moralisch und wissen- schaftlich gebildeten und patriotischen Offizierskorps die grösste Garantie der jetzigen Eidgenossenschaft und die einzige reelle Möglichkeit, in den nächsten Zeiten, in denen Alles in Parteien auseinanderzugehen droht, die nöthige Einig- 63 zurückzurück keit aufrecht zu erhalten. […] Bei uns ist das Militärwesen und seine richtige Aus- gestaltung nicht nur eine politische Nothwendigkeit, des Schutzes gegen Aus sen wegen, sondern es ist auch ein ganz unentbehrlicher Theil der öffent lichen Erzie- hung unseres Volkes.»245 Hilty war es auch, der bereits 1907 verlauten liess, dass ein «Generalstreik ein dem Aufruhr gleichzustellendes Verbrechen ist und mit Belagerungszustand beantwortet werden darf».246 Diese für das Vollmachtenregime des Ersten Weltkriegs prägenden Gedan- kenspiele rund um den Ausnahmezustand wurden von Prognosen zur wirt- schaftlichen und finanziellen «Kriegsbereitschaft» der Schweiz flankiert, die für das Verständnis der politischen Entscheidungen vor allem in der ersten Phase des Weltkriegs wichtig sind.247 Die umfangreichste aus einer Reihe von Arbeiten in diesem Kontext publizierte im August 1912 Adolf Jöhr.248 Anlass seines Versuchs einer «Vorsorge» für den Fall eines «grossen europäischen Krieges» waren die Krisen auf dem Balkan und in Nordafrika.249 Als Orientierungspunkt diente vor allem der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich von 1870/71, der sich in der Schweiz aufgrund der starken Nachfrage nach Bargeld und ausländischen Waren in Form einer «Geld- und Kreditkrisis» sowie in Schwierigkeiten beim Import von Gütern manifestiert hatte.250 Obwohl die Menge importierter Waren gesamthaft nicht etwa zurückging, sondern sich bis Kriegsende sogar beträcht- lich vergrösserte, kam es laut Jöhr zu einer markanten Preissteigerung von Brot, Industrierohstoffen und Brennmaterial schon im Herbst 1870 sowie Klagen und Betriebseinstellungen namentlich wegen einer sich einstellenden «Kohlennot».251 Auf die durch den Krieg verursachten Probleme reagierten die Kantone nach der Einschätzung des Ökonomen «planlos» und der Bundesrat zurückhaltend, im Fall der Verknappung des Bargelds sogar mit «Passivität». Dies war nach Jöhrs Ansicht nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass der damalige Vorsteher des Finanzdepartements, der Waadtländer Paul Cérésole, «einem Milieu entstammte, das damals wie heute, allen Staatseingriffen in das Wirtschaftsleben, allem ‹Eta- tisme› misstrauisch und ablehnend gegenüber stand».252 Auf der Grundlage dieser Beobachtungen identifizierte Jöhr eine Reihe von Problemfeldern, in denen sich die ökonomischen Wirkungen eines Kriegs, in den alle Nachbarstaaten der Schweiz involviert wären, besonders stark zeigen wür- den. Als Generalsekretär der kurz zuvor gegründeten Nationalbank legte er ei- nen Schwerpunkt auf die Stabilität des schweizerischen Finanzsystems, die Ver- sorgung des Staats mit Geldmitteln unter den Bedingungen der Grenzbesetzung und die Rolle der SNB dabei. Letztere war seiner Einschätzung nach den pro- gnostizierten Schwierigkeiten im Rahmen ihrer Möglichkeiten gewachsen, wenn sie denn unabhängig von politischen Begehrlichkeiten agieren und sich auf die «Mitwirkung» der Privatbanken verlassen konnte.253 Trotz deutlicher Skepsis ge- genüber staatlicher Intervention merkte Jöhr an, dass die Schweiz je nach Dauer und Ausmass des Kriegs um einige Massnahmen des Bundes wie den Rechtsstill- stand für Schuldner, den gesetzlichen Kurs für Papiergeld oder den Druck neuer Banknoten nicht herumkommen würde. Für die rasche Umsetzung dieser und zurückzurück 64

weiterer Massnahmen müssten dem Bundesrat Vollmachten erteilt werden.254 Ein zweites Augenmerk legte Jöhr auf die Versorgung der Schweiz mit Lebensmit- teln, Rohstoffen, Brennmaterialien und Halbfabrikaten. Er hob hervor, dass das Land einen Grossteil der für das Funktionieren seiner Wirtschaft benötigten Wa- ren aus dem Ausland und über relativ wenige Transportkanäle beziehen musste. Transportkanäle, die im Kriegsfall, sei es durch Kampfhandlungen, Ausfuhrver- bote oder Wirtschaftsblockaden, rasch versiegen würden. Die Lösung für dieses Problem bestand für Jöhr in erster Linie in der Schaffung möglichst grosser Vor- räte in den betroffenen Branchen bereits vor dem Krieg, womit sich im Ernstfall staatliche Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit hinauszögern liessen. Aus Jöhrs Überlegungen wird deutlich, dass bereits vor 1914 nicht nur über die Erteilung von Vollmachten, sondern auch über die darauf gestützten Massnah- men nachgedacht wurde und damit zusammenhängende Themen wie Lebensmit- telteuerung, staatliche Monopole, Handelsbeschränkungen oder die Konkurrenz- fähigkeit der Schweizer Industrie auf der politischen Agenda vertreten waren.255 Ebenso bemerkenswert ist, dass Jöhr zwar mit massiven Störungen der schweize- rischen Wirtschaft durch einen Krieg zwischen den Nachbarländern rechnete, de- ren Folgen wie Massenarbeitslosigkeit oder soziale Not frühzeitig mit staatlichen Hilfen abgefedert werden mussten, er jedoch davon ausging, dass ein solcher Krieg nicht länger als ein Jahr dauern würde. In diesem Zeithorizont liess sich der be- fürchtete Krieg auf dem Fundament üppiger Lagerbestände nicht nur erfolgreich überwintern, die zu erwartende «glänzende Konjunktur» durch die Nachfrage der Kriegführenden nach schweizerischen Exportartikeln und der Ausfall ausländi- scher Konkurrenz boten für das neutrale Land auch durchaus «produktive» öko- nomische Gelegenheiten – nicht zuletzt durch die Aussicht auf steigende Preise.256 Adolf Jöhrs nur zwei Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs er- schienenes Buch war die umfangreichste öffentliche Auseinandersetzung mit den Wirkungen eines zukünftigen Kriegs auf Wirtschaft, Gesellschaft und Staat in der Schweiz, jedoch keineswegs die einzige. Bereits 1910 hatte mit Bankdirektor Julius Frey257 ein weiteres Mitglied der schweizerischen Hochfinanz Vorschläge zur Finanzierung einer Grenzbesetzung mittels Bankkrediten, Staatsanleihen und Steuern gemacht.258 Freys Anregungen, die sich auf die deutsche «Kriegs- finanzliteratur»259 stützten und von Jöhr berücksichtigt wurden, baute der Zür- cher Ökonom Walter Hoefliger zu einer Dissertation aus, die genau in dem Mo- ment eingereicht wurde, «als die jäh hereinbrechenden politischen Ereignisse die Mehrzahl der darin behandelten Fragen vor eine praktische Lösung stellten» – Ende Juli 1914.260 Die drei Ökonomen, die sich die Prüfung der Schweiz auf ihre wirtschaftliche und finanzielle «Kriegsbereitschaft» zur Aufgabe gemacht hatten und dabei auch die Hoffnung durchblicken liessen, dass man ihre Arbeiten im Ernstfall zu Rate ziehen würde, waren sich in ihren Schlussfolgerungen zwar nicht immer einig, einige Gemeinsamkeiten sind jedoch unverkennbar. Erstens musste die Schweiz ihrer Meinung nach nicht nur militärisch, son- dern auch in Bezug auf die Wechselwirkung von Privatwirtschaft und Staats- 65 zurückzurück haushalt besser auf den Kriegsfall vorbereitet werden, was in Form von Getreide- lagern, Wertpapierreserven, Notfallplänen und gesetzlichen Bestimmungen bereits in Friedenszeiten geschehen sollte. Falls sich dies aus innenpolitischen Gründen261 nicht bewerkstelligen liess und das Land vom Kriegsausbruch un- vorbereitet überrascht würde, war ungeachtet aller Bedenken gegen den «Staats- interventionismus» zweitens eine rasche Krisenpolitik des Bundesrats auf not- rechtlicher Grundlage gefragt, da auf dem ordentlichen Weg der Gesetzgebung «äusserst kostbare Zeit verloren» gehen würde.262 Auch wenn die Schweiz nicht direkt am Krieg teilnehmen sollte, würde sie um eine Expansion der Staatstätig- keit und die Erschliessung neuer Einnahmequellen nicht herumkommen, selbst wenn der Bund sich dabei über bestehende Rechtsnormen und liberale Prin- zipien hinwegsetzen musste.263 Eine Generalvollmacht, wie sie vom Parlament dann schliesslich erteilt wurde, schlug allerdings keiner der Ökonomen vor. Drit- tens führte der Rückgriff auf die Erfahrungen des nun bereits mehr als 40 Jahre zurückliegenden Kriegs zwischen Deutschland und Frankreich zur Annahme eines heftigen, jedoch kurzen Konfliktverlaufs, in dem sich die wirtschaftliche Situation nach einigen Wochen der «Kriegspanik» rasch normalisieren sollte.264 Bei einer längeren Dauer des Konflikts – eine Möglichkeit, die zwar erwähnt, aber als unkalkulierbar eingeschätzt wurde – würde sich der neutrale Status des Landes ohnehin nicht beibehalten lassen: «Ein Feldzug, den die Schweiz um ihre Unabhängigkeit führt, [dürfte] in 50 Tagen soweit entschieden sein, dass sie bis dahin entweder gesiegt hat oder für etwaige spätere Operationen sich militärisch wie finanziell an einen Verbündeten, der sich ihr zu Abwehr des ersten Gegners beigesellt, anlehnen kann.»265 Ob mit dem Fokus auf Militärjustiz, Kriegswirtschaft oder Bundesfinan- zen; die beschriebenen Vorarbeiten machen deutlich, dass in den Jahren vor 1914 auch in der Schweiz mit einem Krieg gerechnet wurde, der das Potenzial zu einem europäischen oder sogar weltweiten Konflikt hatte. «Kriegsbereitschaft» wurde in diesem Kontext zu einem neuen Ziel der politischen Planung, in der die Stärkung der staatlichen Exekutive und die Anwendung von Notrecht fest vorgesehen waren. Über Zeitpunkt und Wirkungen des befürchteten Kriegs konnte allerdings trotz der Mobilisierung von historischen Erfahrungswerten und umfangreichem Zahlenmaterial nur spekuliert werden. Adolf Jöhr gestand denn auch ein, dass, «wie und wo der nächste Krieg in Europa ausbrechen wird, welche Mächte in ihn verwickelt sein werden», sich nicht voraussagen lasse.266 Aufgrund der angespannten aussenpolitischen Konstellation schien er ihm aber immer wahrscheinlicher. Es fehlte also nicht an Stimmen, die einen Krieg zwischen den europäischen Grossmächten vorhersagten und vor dessen gefährlichen Wirkungen auf die Schweiz warnten. Es bleibt deshalb zum Abschluss dieses Kapitels noch die Frage offen, wie von staatlicher Seite auf diese Warnungen reagiert wurde. Der wirt- schaftlichen Abhängigkeit der Schweiz vom Import und der daraus entstehenden Probleme war sich laut Walter Hoefliger auch der Bund bewusst. Bereits 1892 zurückzurück 66

schuf ein Bundesbeschluss die Grundlagen für eine bessere «Kriegsbereitschaft der schweizerischen Armee», was in den Folgejahren zu einem Ausbau ihrer Aus- rüstungs- und Munitionsbestände sowie zur Lagerung eines «eisernen Bestands an Getreidevorräten» führte, der die Brotversorgung der vollständig mobilisier- ten Armee für rund 100 Tage gewährleisten sollte.267 Nach einem Bericht, der die schweizerischen Getreidevorräte für den Bedarf der ganzen Bevölkerung auf nur neun Tage schätzte, vergrösserte der Bund ab 1912 seine Getreidelager durch den Kauf amerikanischen Weizens, womit auch die zivile Schweiz für 60 Tage mit Brot, dem damals wichtigsten Grundnahrungsmittel, versorgt werden sollte. Weitergehende Massnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit wurden aber durch die liberale Wirtschaftspolitik und Widerstände gegen Eingriffe des Staats in die Privatwirtschaft blockiert.268 Für Kohle, einen zentralen Energie- träger, ermittelte der Bundesrat 1913 Reserven, welche Industrie, Gaswerke, Haushalte und Eisenbahnen bei einem Unterbruch der Einfuhr höchstens drei Monate lang versorgen konnten.269 Im Hinblick auf die Staatsfinanzen verfügte der Bund seit 1889 über einen zum grössten Teil aus Goldmünzen bestehenden, bei der SNB aufbewahrten «Kriegsschatz» von 10 Millionen Franken, der für die kurzfristige Finanzierung eines Armeeeinsatzes vorgesehen war.270 Jöhr und Hoefliger schätzten den Geldbedarf allerdings bereits für den ersten Monat einer Grenzbesetzung auf 60 bis 80 Millionen Franken.271 Es waren Zahlen wie diese, welche bereits Zeitzeugen,272 vor allem aber die Geschichtswissenschaft zum Urteil kommen liessen, dass die Bundesbehörden mit wenig Bewusstsein für die kriegsbedingten Probleme eines mit der Weltwirt- schaft eng vernetzten Landes und einer «Vorsorge, die in rudimentären Ansätzen steckengeblieben ist», in den Ersten Weltkrieg geschlittert sind.273 Tatsächlich be- schränkten sich die auf einen zukünftigen Krieg ausgerichteten Planungen von Bundesrat und Armeeleitung in erster Linie auf militärische Massnahmen wie die Verbesserung von Bewaffnung und Ausbildung der Armee oder die Errich- tung von Verteidigungsanlagen. Wie die Studien zur Kriegsbereitschaft stand auch die staatliche Vorbereitung unter der Annahme eines nur wenige Wochen dauernden, von raschen Feldzügen und entscheidenden Schlachten geprägten Kriegs und orientierte sich an den Erfahrungen, die im Deutsch-Französischen Krieg gemacht wurden.274 Bundesrat und Armeespitze gingen ausserdem eben- falls davon aus, dass die Schweiz in einem länger als einige Wochen dauernden Konflikt zwischen ihren Nachbarstaaten die neutrale Haltung nicht beibehal- ten konnte. Ein Status «als dauernd unbeteiligte und neutrale Insel inmitten der Brandung des europäischen Krieges» schien den Behörden «im höchsten Grade unwahrscheinlich» und spielte dementsprechend bei allen Planspielen eine unter- geordnete Rolle.275 Aus militärischen und wirtschaftlichen Gründen würde die Schweiz über kurz oder lang mit einer der kriegführenden Parteien kooperieren oder sogar ein Bündnis eingehen müssen. In diesem Sinne wurden auch bis un- mittelbar vor Kriegsausbruch geheime Verhandlungen mit Frankreich, Deutsch- land und Österreich-Ungarn geführt.276 67 zurückzurück

Eine wirtschaftliche Vorbereitung auf den Kriegsfall war aus dieser Perspek- tive nur für eine «gewisse Übergangszeit» notwendig, die weitere Versorgung würde in Absprache mit dem Verbündeten geschehen, dem sich die Schweiz bis dahin angeschlossen haben würde.277 Laut Heinz Ochsenbein, der die Aussen- wirtschaftsbeziehungen der Schweiz unter den Bedingungen des Weltkriegs un- tersucht hat, standen alle Vorsorgemassnahmen des Bundes im Zeichen dieser Mutmassung, obwohl parlamentarische Vorstösse und auch Theophil Sprecher, der eine Kriegsdauer von mindestens sechs Monaten prognostizierte, wiederholt die Verbesserung vor allem der Brotversorgung forderten. Wenn auch in einigen Bereichen und gegen starke Widerstände aus der Privatwirtschaft und dem von Giuseppe Motta geleiteten Finanzdepartement Massnahmen wie die erwähnte Aufstockung der Getreidevorräte durchgeführt wurden, beliess es der Bundesrat doch generell bei Mahnungen zur Vergrösserung von Lagern und unverbind- lichen Absichtserklärungen. Auch die bereits 1906 beschlossene Ausarbeitung eines umfassenden «finanziellen und wirtschaftlichen Kriegsplans» wurde – trotz einer Konferenz unter Beteiligung von Hoffmann, Sprecher, Motta und Jöhr – nicht weiterverfolgt. Resultat war einzig eine Reihe von 1912/13 unter dem Ein- druck der Balkankriege beschlossenen geldpolitischen Massnahmen (Verlegung des Vermögens von Bund und SNB an sichere Orte bei einer Mobilmachung, stillschweigender Ausbau der finanziellen Reserven für den Kriegsfall).278 Hier- bei tauchte einmal mehr Notrecht als Instrument der Gesetzgebung auf, denn die beabsichtigte Ausgabe neuer Banknoten bei Kriegsbeginn hätte eine Änderung des Nationalbankgesetzes notwendig gemacht, gegen die das Referendum ergrif- fen werden konnte. Dem Bundesrat schien dieser Weg zu umständlich und er be- fürwortete deshalb einen dringlichen Bundesbeschluss, der eigentlich in diesem Fall nicht zur Anwendung kommen durfte. Doch «Not kennt bekanntlich kein Gebot, und wo es sich um so wichtige Landesinteressen handelt, würde an einem solchen Abweichen von den Forderungen strenger Legalität wohl niemand An- stoss nehmen.»279 Trotz dieses Vorgehens am Rande der Verfassungswidrigkeit war auch die finanzielle Kriegsvorsorge laut dem Wirtschaftshistoriker Sébastien Guex im Endeffekt «absolument insuffisant […] par rapport à l’ampleur et la complexité des problèmes monétaires et financiers que la guerre posera».280 Ähn- lich gestaltete sich vor 1914 die Lage im Bereich der Kriegswirtschaftspolitik, die nach Ochsenbeins Einschätzung Ausdruck einer «erstaunlichen Sorglosigkeit», bisweilen sogar von groteskem «Dilettantismus» im Bundesrat war.281 Diese beschränkte Kriegsvorsorge von Bundesrat und Armee lässt aus heu- tiger Sicht den Eindruck einer völligen Fehleinschätzung der ab Sommer 1914 herrschenden Situation entstehen. Die schweizerischen Behörden bewegten sich damit jedoch im Rahmen der in den Nachbarstaaten getroffenen Vorbereitungen. Obwohl die militärischen und ökonomischen Dimensionen eines zukünftigen Kriegs vielerorts prophezeit wurden, hielt sich die staatliche Planung von Le- bensmittelversorgung, Warentransport und Industrieproduktion für diesen Fall generell in engen Grenzen: «Economic planning for war fell into the interstices zurückzurück 68

between state concerns and private industry. […] While there was an awareness of the demands that a general great-power war would impose, the limitations of state authority, the parochialism of a military outlook focused on the problems of fighting rather than supply and the disinterest of the private sector rendered eco- nomic planning for war a heretical notion.»282 In der liberalen Staatskonzeption, an der bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs festgehalten wurde, trafen alle Anstrengungen zur Verbesserung der «Kriegsbereitschaft» auf den hartnäckigen Widerstand gegen steigende Staatsausgaben, neue Steuern und die Ausweitung des Interventionsstaates. Die politischen Bedingungen, mit denen die Schweiz und andere Staaten im August 1914 in den Krieg eintraten, wurden also nicht nur durch Prognosen (und Hoffnungen) über Dauer und Form des Konflikts, son- dern ebenso von den ideologischen Debatten über die Ausgestaltung des Staats beeinflusst, wie sie in dessen Entwicklung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder geführt worden waren.283 69 zurückzurück 3 Die Vollmachten im Dienst der Neutralität, Juli 1914 bis März 1916

«Stehen wir dagegen unmittelbar vor kriegerischen Ereig- nissen und tritt die Verantwortlichkeit für eine von äussern schädigenden Einflüssen möglichst frei zu haltende Erstel- lung unserer Kriegsbereitschaft in ihrer ganzen Schwere vor die Mitglieder der eidgenössischen Räte, […] dann werden die gleichen gesetzgeberischen Erlasse spielend erledigt.»1 Arthur Hoffmann, 1913

3.1 «Diskussionslos angenommen»: Kriegsausbruch und Vollmachtenbeschluss

«Für was bin ich eigentlich auf der Welt?», notierte Hans Zurlinden2 an sei- nem 22. Geburtstag Mitte Mai 1914 in sein Tagebuch.3 Der 1892 in Attiswil am Jurasüdfuss geborene Theologiestudent tat sich offenkundig schwer mit seinem Dasein, fand keine Antworten auf die drängenden Fragen nach Sinn und Rich- tung des Lebens. Ebenso hart wie mit sich selbst ging Zurlinden mit seinen Mit- menschen und seiner Zeit ins Gericht. Für die Lebensentwürfe und Konventio- nen des bürgerlichen Universums hatte er nur Verachtung übrig. Das «blosse Sein» seiner Bewohner schien ihm langweilig, «scheinsüchtig», aussichtslos. Die Welt zeigte sich ihm als eine Sterbende: «Das Leben geht von der Erde weg. Alles ist nur noch Hinsiechen, Dürrwerden. Das Lebendige ist fort. Es ist nur noch ein Ablaufen eines Automaten. Geistlos und mechanisch verblödet die Mate- rie.» Doch sah er in diesem Zustand die Möglichkeit eines Neubeginns: «Welche Gefahr birgt doch auch dieses dürre Land mit dürrem Gras und dürren Bäu- men und dürren Menschen! Hui, welcher Brand, wenn da jemand Feuer hin- ein schleuderte!!»4 Zurlindens Ahnung vom grossen Brand sollte sich bereits kurze Zeit später bewahrheiten. Wie die zu Beginn des letzten Kapitels erwähn- ten Intellektuellen und Militärs, die sich vom Krieg einen positiven Impuls für die Gesellschaft erhofften, hiess der spätere Diplomat den Kriegsausbruch am 1. August 1914 «Willkommen tausendmal!». In den folgenden Aufzeichnungen manifestierte sich eine idealisierende Sicht auf den Krieg, die im Wissen um seine verheerenden Folgen nur schwer fassbar ist: «Die Kriegserklärung ist heraus. Es ist ihnen tatsächlich ernst. Sie eilen unter die Waffen. Die Heere werden marschieren, die Schwerter werden blitzen, die Kanonen werden donnern, Sieg wird winken. Ich freue mich. Ich rie- che schon Schwefel und Pulverdampf. Erfrischender Geruch, Wohlgeruch, kräftig und gesund. Europa riecht gut, wie lang nicht mehr. Das ist nun doch zurückzurück 70

etwas. Das ist nun doch Gott sei Dank etwas Neues, Anderes. Etwas Re- spektvolles, Grossartiges, Charaktervolles. Die Welt nimmt Haltung an. […] Alle, alles will teilnehmen an der stolzen Sache. Für einander. Gegen ein- ander. Das ist ja gleich. Nur mitmachen. Nur mit gross sein, stolz sein, furchtbar sein, pathetisch sein. Nur mit hinein in den fliegenden Freiheits- wirbel entfesselter Leidenschaft. Europa erhebt sich, steht auf in jugend- licher Kraft. Seine Glieder strotzen vor Kühnheit, Wildheit, Blut. Europa hat Blut im Ueberfluss, Blut zum Verschwenden, Blut zum Verspritzen. Also denn, Aderlass!»5 Hans Zurlindens enthusiastische Haltung zum Kriegsausbruch sollte keinesfalls als eine Art öffentliche Meinung im Sommer 1914 oder als Ausdruck einer ganz Europa überziehenden «Kriegsbegeisterung» verstanden werden.6 Die Aufzeich- nungen des Zeitzeugen sind allerdings bezeichnend für gewisse Mentalitäten in Teilen der Gesellschaft und die Bedingungen, unter denen das Vollmachten- regime in diesen Tagen beschlossen wurde. Gerade weil sie nicht aus Berlin, Wien oder Paris, sondern von einem Berner Studenten stammten, der soeben in den Aktivdienst eintrat: «Morgen rücke ich ein. Die schweizerische Armee macht mobil. Mir ist es recht. Wir Schweizer sind ja sowieso immer auf der Seite, wo nichts los ist. Man nennt das zwar Neutralität, und sie ist leitender eidgenössischer Staats- gedanke. Ich meine aber, so mit dem kleinen Finger dürfte es uns auch hin- einnehmen, bloss zum Versuchen, wenigstens eine kurze, hitzige, unheim- liche Grenzgeschichte, die dann zu unsern Gunsten verlaufen müsste. Die Franzosen oder die Deutschen wären zum Abenteuer recht. Nur, damit wir nicht leer ausgehen. […] Jetzt ist es auch Schluss mit meinem dummen Fragen nach dem Sinn und Zweck meines Daseins in der Welt. War das auch beschränktes Denken! Was habe ich denn noch zu bedeuten angesichts des ungeheuren Weltereig- nisses! Jetzt versinke, liebe, eigene, kleine Persönlichkeit und passe bloss auf, was vorgeht. Jetzt hast du genug am Zuschauen. Ueberwältigend ist ja dieses Schauspiel.»7 Warum es im Sommer 1914 zu diesem Ereignis kam, das vom jungen Leutnant Zurlinden als «Schauspiel» wahrgenommen wurde, wer dafür verantwortlich war und ob es hätte verhindert werden können – diese Fragen hat die Geschichts- wissenschaft im Verlauf der letzten hundert Jahre zu beantworten versucht. Im- perialistische Expansion und ungelöste Territorialkonflikte, Destabilisierung der inneren und Militarisierung der äusseren Beziehungen, Rüstungswettlauf und nationalistischer Antagonismus wurden als langfristige Ursachen ermittelt – ver- schiedene Akteure, Motive und Ideologien dafür verantwortlich gemacht, dass das bislang relativ friedliche «Konzert der Mächte» aus dem Takt geriet.8 Die letzte in einer ganzen Reihe internationaler Krisen, die Europa in einem Zustand dauernder Kriegsgefahr hielten, dauerte schliesslich kaum einen Monat.9 Am 28. Juni 1914 wurde der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Fer- 71 zurückzurück dinand in Sarajevo Opfer eines Attentats serbischer Nationalisten. Nachdem sie sich der Unterstützung des Deutschen Reichs versichert hatte, stellte die Dop- pelmonarchie darauf Serbien ein Ultimatum zur Untersuchung des Vorfalls, wel- ches kurz vor Ablauf einer Frist von 48 Stunden abgelehnt wurde. Obwohl noch Versuche zur friedlichen Lösung des Konflikts im Gang waren, unterzeichnete Österreich-Ungarns Kaiser Franz Josef am 28. Juli die Kriegserklärung an den Balkanstaat, der sich seinerseits auf russische Unterstützung verliess. Während der Erste Weltkrieg mit der Beschiessung Belgrads einen Tag später seine ers- ten Opfer forderte, reagierte Deutschland auf die mittlerweile erfolgte russische Mobilmachung mit der Auslösung des sogenannten Schlieffenplans, der zur Verhinderung eines Kriegs an zwei Fronten einen schnellen Angriff auf das mit Russland verbündete Frankreich vorsah. Die deutsche Armee überfiel Luxem- burg und verlangte kurz darauf vom neutralen Belgien, den kaiserlichen Trup- pen den Durchmarsch nach Frankreich zu gewähren. Am 3. August, einen Tag bevor Deutschland in Belgien einmarschierte und damit Grossbritannien zum Kriegseintritt provozierte, trat die schweizerische Bundesversammlung in Bern zusammen, um über die Mobilisierung der Armee und den vom Bundesrat vor- gelegten «Bundesbeschluss betreffend Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität» zu beraten.10 Trotz der Tragweite dieser Vorlage stand der Tag ganz im Zeichen der Wahl eines Oberbefehlshabers für die Armee, wie ihn die Schweiz nur in Kriegszeiten vorsah. Die besten Aussichten auf diesen Posten hatten der bereits länger die Generalstabsabteilung leitende Theophil Sprecher sowie der 1848 in Hamburg geborene Oberstkorpskommandant Ulrich Wille.11 Beides waren Kandidaten, die sich mit einer Karriere in der Schweizer Armee einen Namen gemacht hatten und die aufgrund ihrer mehr oder weniger offen zutage tretenden Sympathien für Deutschland, Österreich-Ungarn und die Organisationsprinzipien des preus- sischen Militärs begrenzten Rückhalt in der Romandie und im Tessin erwarten konnten. Nach mehreren Wahlgängen und dem Verzicht Sprechers setzte sich schliesslich der von Bundesrat Arthur Hoffmann favorisierte «Freund des deut- schen Kaisers»12 Ulrich Wille durch, der bereits im neben dem Bundeshaus gele- genen Hotel Bellevue Palace eingetroffen war, das wenig später zum Hauptquar- tier der Armeespitze wurde.13 Der Ablauf der Generalswahl, die aufgrund taktischer Verschiebungen erst zehn Stunden nach der Eröffnung der Parlamentssitzung zu einem Ergebnis gelangte, gab bereits einen Eindruck von den inneren Konflikten, welche die Schweiz in den folgenden vier Kriegsjahren prägen sollten. An der Art, wie Ar- thur Hoffmann und Ulrich Wille die Wahl zu beeinflussen versuchten, nahmen Parlamentarier nicht nur aus der Westschweiz und dem Tessin, sondern auch aus der diesen beiden Männern skeptisch gegenüberstehenden Sozialdemokrati- schen Partei Anstoss.14 Die konfliktreiche Prozedur zog so viel Aufmerksamkeit auf sich, das ein anderer Beschluss am späten Nachmittag fast beiläufig zustande kam: die Erteilung «unbeschränkter Vollmachten» an den Bundesrat. Der dazu zurückzurück 72

am 2. August vom Politischen Departement vorgelegte und vermutlich auch aus- gearbeitete Entwurf erinnert formal stark an den letzten Vollmachtenbeschluss vom Sommer 1870, der nun bereits 44 Jahre zurücklag (siehe Kapitel 2.3).15 In Artikel 1 erklärte die Schweiz den «festen Willen, in dem bevorstehenden Kriege ihre Neutralität zu wahren», und beauftragte den Bundesrat, dies dem Ausland mitzuteilen. Artikel 2 nahm von der bereits zwei Tage zuvor vom Bundesrat an- geordneten Mobilisierung «genehmigende Kenntnis». Der restliche Text enthielt die für das Vollmachtenregime entscheidenden Elemente: «Art. 3. Die Bundesversammlung erteilt dem Bundesrate unbeschränkte Vollmacht zur Vornahme aller Massnahmen, die für die Behauptung der Si- cherheit, Integrität und Neutralität der Schweiz und zur Wahrung des Kre- dites und der wirtschaftlichen Interessen des Landes erforderlich werden. Art. 4. Zu diesem Zwecke wird dem Bundesrate ein unbegrenzter Kredit zur Bestreitung der Ausgaben eingeräumt. Insbesondere wird ihm die Ermäch- tigung zum Abschlusse allfällig erforderlicher Anleihen erteilt. Art. 5. Der Bundesrat hat der Bundesversammlung bei ihrem nächsten Zu- sammentritt über den Gebrauch, den er von den ihm erteilten unbeschränk- ten Vollmachten gemacht haben wird, Rechenschaft abzulegen. Art. 6. Gegenwärtiger Bundesbeschluss wird dringlich erklärt und tritt so- fort in Kraft.»16 Nicht nur der eigentliche Beschluss, auch die einleitende Botschaft (siehe Kapi- tel 2.1) wies eine fast schon verblüffende Ähnlichkeit mit derjenigen des 16. Juli 1870 auf: Die Metaphorik des plötzlich über Europa hereinbrechenden Unwet- ters, die Versicherung einer «für alle Eventualitäten gerüsteten» Schweiz, das Be- kenntnis zur unbedingten Neutralität, die Ahnung einer Ausweitung des Kon- flikts, das Ersuchen um die «ganze ökonomische Kraft der Nation» und nicht zuletzt das Bewusstsein «schwerer Verantwortlichkeit, die in einer solchen Ge- währung unbegrenzter Vollmacht und unbegrenzter Kredite liegen», das alles tauchte schon im Sommer 1870 fast gleichlautend auf, wenn auch der Entwurf von 1914 der Zerstreuung von Befürchtungen, die Schweiz könnte ungenügend auf den Krieg vorbereitet sein, insgesamt etwas weniger Raum gab und wirkt, als sei er unter stärkerem Zeitdruck entstanden.17 Die Unterschiede lagen im Detail, aber sie waren schwerwiegend. Die Vor- lage von 1914 sollte den Bundesrat erstmals nicht nur zu weiteren Truppenauf- geboten und explizit militärischen Massnahmen (1870: «Vertheidigungsmass- regeln») ermächtigen, sondern sie erteilte in einer weit gefassten Formulierung «unbeschränkte» herrschaftliche Befugnisse in allen Angelegenheiten, die ir- gendwie mit den Landesinteressen (Sicherheit, Neutralität, Wirtschaft) zusam- menhingen. Wo die Grenzen dieser Vollmachten lagen, wie sie sich kontrollieren liessen, wie lange sie in Kraft bleiben sollten und in welcher Form der Bundes- rat dem Parlament «Rechenschaft» über seine Politik ablegen musste, darüber machte der knappe Text keine Angaben.18 In der am 3. August 1914 vorgeleg- ten Form ging der Vollmachtenbeschluss über die im letzten Kapitel erwähnten 73 zurückzurück

Vorschläge Max Hubers zur Schaffung eines Kriegszustands sogar noch hinaus, da er sich nicht auf spezifische Vorschriften zur Militärgerichtsbarkeit und zum «Schutz der militärischen Massnahmen» beschränkte – dies wurde in späteren Noterlassen geregelt –, sondern den Weg zu «Notverordnungen» des Bundes- rats in jedem erdenklichen politischen Bereich ebnete.19 Inhaltlich erinnerte er zwar noch an den Artikel 2 von Hubers Entwurf für einen dringlichen Bundes- beschluss, verzichtete aber auf die dort vorhandene Auflistung der Gebiete, auf denen der Bundesrat zur Aufstellung «allgemein verbindlicher Vorschriften» er- mächtigt werden sollte.20 Am nächsten kam die Vorlage damit den Forderungen, die Arthur Hoffmann im März 1913 aufgestellt hatte (siehe Kapitel 2.6): Das Par- lament sollte dem Bundesrat demnach eine Art «Blankocheck» ausstellen. Die Ausarbeitung aller weiteren Vorschriften sowie deren Um- und Durchsetzung wäre der Exekutive überlassen.21 Die Sitzung der Bundesversammlung, in der über diese Ermächtigung zu entscheiden war, begann um 10 Uhr morgens und war nicht nur in protokolla- rischer Hinsicht ausserordentlich. Bereits am Nachmittag des 31. Juli und damit noch vor Deutschland, Frankreich und Grossbritannien hatte der Bundesrat die Mobilisation der schweizerischen Streitkräfte beschlossen. Der Erste Weltkrieg war damit auch militärisch in der Schweiz angekommen. Mehr als 200 000 Män- ner wurden aus ihrem Alltag gerissen und in die Grenzbesetzung beordert.22 Die National- und Ständeräte versammelten sich unter «strahlend blauem Himmel»23 zum Teil uniformiert und beobachtet von zahlreichen Zuschauern sowie auslän- dischen Diplomaten im von Landwehrsoldaten24 bewachten Bundeshaus. Dort empfingen sie Nationalratspräsident Alfred von Planta und Vizeständeratsprä- sident Johannes Geel mit zwei jener in diesen Tagen wohl häufig gehaltenen Re- den, die den Willen der Schweiz zur «strengen und gewissenhaften Neutralität» proklamierten und dabei die Notwendigkeit betonten, gegenüber dem kriegfüh- renden Ausland entschlossen und einmütig aufzutreten.25 Anschliessend wurden die Parlamentarier über die zur Vorberatung des Vollmachtenbeschlusses bereits am 1. August ernannten Kommissionen infor- miert. Diese während der ganzen Kriegsdauer bestehenden «Neutralitätskom- missionen» hinterliessen «merkwürdigerweise»26 keinerlei Protokolle oder sonstige Aufzeichnungen, weshalb sich über Veränderungen ihrer Zusammen- setzung, behandelte Themen, Häufigkeit der Sitzungen oder ihren Einfluss auf Bundesrat und Verwaltung nur wenig in Erfahrung bringen liess. Generell – dies darf bei der Darstellung der Ereignisse am 3. August 1914 nicht verschwiegen werden – ist die Überlieferung zur Abstimmung über die Vollmachten und die unmittelbaren Vorbereitungen äusserst lückenhaft (siehe Kapitel 1.6). Die «his- torisch denkwürdige Sitzung»,27 die ursprünglich zwei Tage dauern sollte, wurde aus Verfahrensgründen nicht ins gedruckte «Amtliche stenographische Bülletin der schweizerischen Bundesversammlung» aufgenommen und auch das hand- schriftliche Protokoll, das sich im Bundesarchiv befindet, gibt weder über die Beratungen in den Neutralitätskommissionen noch über eine längere Debatte zurückzurück 74

zur Vollmachtenerteilung Aufschluss.28 Daniel Sprecher, der die Hintergründe der Generalswahl detailreich beschrieben hat, vermutet, dass die Unterstützer des Kandidaten Ulrich Wille die Wahl aus taktischen Überlegungen immer wei- ter nach hinten verschoben, um die zu Beginn geringen Chancen des streitbaren Oberstkorpskommandanten intakt zu halten. Der Vollmachtenbeschluss war hierbei in erster Linie ein Instrument, um Zeit zu gewinnen.29 Die erste Neutralitätskommission des Nationalrats umfasste 21, diejenige des Ständerats 13 Mitglieder, die vom Bundesrat ausgewählt worden waren.30 Als Präsident der Kommission des Nationalrats amtierte der Schaffhauser Carl Spahn, diejenige der kleinen Kammer wurde von Oskar Munzinger aus dem Kanton Solothurn geleitet.31 Bei der Ernennung wurde offenbar auf eine aus- gewogene Zusammensetzung geachtet. Die französisch, italienisch und räto- romanisch sprechenden Landesteile waren in den Gremien etwas stärker ver- treten, als es den demografischen Verhältnissen der Zeit entsprochen hätte. Es gehörten den Kommissionen ausserdem einige besonders einflussreiche Expo- nenten der verschiedenen politischen Lager an. Einsitz nahmen führende Ver- treter der Arbeiterbewegung wie Herman Greulich und Howard Eugster-Züst ebenso wie der freisinnige Wirtschaftspolitiker Alfred Frey, der spätere Bundes- rat , der profilierte Lausanner Liberale Edouard Secretan und die katholisch-konservativen Parteigrössen Georges Python und Heinrich Walther. Trotzdem herrschte gegenüber Arbeitervertretern ein deutliches freisinnig- liberales beziehungsweise bürgerliches Übergewicht, zumal sich die drei Sozial- demokraten in den Neu tralitätskommissionen eher dem konservativen Teil der Arbeiterpartei zuordnen liessen.32 Welche Funktion hatten diese Kommissionen? Gemäss der Juristin Lili Zol- ler, die zehn Jahre nach dem Ende des Weltkriegs eine der ersten Studien zum Vollmachtenregime verfasste, bestand die einzige Aufgabe der beiden Ausschüsse in der «Prüfung der Neutralitätsberichte», die der Bundesrat in Erfüllung der im Vollmachtenbeschluss vorgeschriebenen Rechenschaftspflicht dem Parla- ment regelmässig abliefern sollte (siehe Kapitel 4.3).33 Laut Richard Pestalozzi und Herbert Tingsten entwickelte sich aus dieser nachträglichen Begutachtung der Regierungsberichte die Praxis des Bundesrats, «gelegentlich in wichtigeren Angelegenheiten die Ansicht der Neutralitätskommissionen oder sogar der Bun- desversammlung einzuholen».34 Nach Aussage von Arthur Hoffmann behan- delten die Kommissionen «alle Entscheidungen, die der Bundesrat kraft seiner Vollmachten» traf, insbesondere auf dem Gebiet der Aussenpolitik.35 Die SPS rühmte sich schon 1915, «dass sie mit Mühe die Neutralitätsberichterstattung und die Umgestaltung der Neutralitätskommission in eine kontrollierende Kom- mission erkämpft hat. Die Absicht der bürgerlichen Mehrheitspartei ging dahin, den Bundesrat schalten und walten zu lassen und ihn erst nach Beendigung des Krieges zur Rechenschaft zu ziehen.» Es gelang den Sozialdemokraten in diesem Zusammenhang, mit Ernest Paul Graber und Robert Grimm Repräsentanten der Arbeiterbewegung in den Kommissionen zu platzieren, die zum kämpferischen 75 zurückzurück

Flügel der Partei zählten.36 Nach der Einschätzung des Politologen Leon hard Neidhart, der die Ratsdebatten während des Weltkriegs untersucht hat, wurden die Neutralitätskommissionen im Spannungsfeld von Wirtschaftskrieg, Neutra- lität und Vollmachten «allmählich zum Kernparlament», neben dem die weiter- hin ihre Sessionen abhaltenden National- und Ständeräte «nicht mehr viel zu sagen» hatten.37 Umso schwerer wiegt der Umstand, dass die Kommissionen al- lem Anschein nach keine Aufzeichnungen hinterlassen haben und auch die Par- lamentsdebatten über die Neutralitätsberichte – mit einer Ausnahme (siehe Ka- pitel 4.3) – nicht ins Protokoll aufgenommen wurden.38 Immerhin lassen sich der jeweils auf die Sessionen von National- und Ständerat publizierten «Uebersicht der Verhandlungen der Schweizerischen Bundesversammlung» die Zusammen- setzung der Kommissionen und die bei der Behandlung der Neutralitätsberichte eingereichten Postulate entnehmen.39 In der Sitzung vom 3. August 1914 setzte sich zunächst Carl Spahn, Präsi- dent der freisinnigen Nationalratsfraktion und langjähriger Stadtpräsident von Schaffhausen, im Namen der Neutralitätskommission für die Ermächtigung des Bundesrats ein. Spahn warb nachdrücklich um «Vertrauen zu den Männern, die im Bundesrate […] an der Spitze unseres Staates stehen», und machte deutlich, dass die Behauptung von Souveränität und Neutralität der Schweiz nicht nur von einer einsatzbereiten Armee, sondern auch von der Erteilung der Vollmach- ten abhängig sei: «Der Bundesrat muss in dieser Beziehung von uns uneinge- schränkte Vollmachten erhalten, so dass er auch entgegen bestehenden Gesetzen Bestimmungen erlassen kann, Notverordnungen aufstellen, Anleihen kontrahie- ren, kurz alle Massnahmen treffen kann, die dazu dienen, die Unabhängigkeit unseres Landes zu wahren und die Not unserem Gebiet fernzuhalten.»40 Kriti- scher äusserte sich der Waadtländer Liberale Edouard Secretan, der sich an die- sem Tag bereits vehement gegen die Ernennung Willes zum General eingesetzt hatte.41 Seiner Ansicht nach waren die Vollmachten auf neutralitätspolitische Massnahmen wie «Massregeln gegen Spione» oder «die Versorgung und Heim- schaffung von Flüchtlingen und Fremden» zu beschränken. Als Berichterstatter der Romandie stimmte Secretan zwar ebenfalls zu, dass die Ermächtigung in der Krisensituation notwendig sei, merkte aber an, «das Volk [hat] das Auge auf den Bundesrat gerichtet und erwartet einen massvollen Gebrauch der ihm erteilten Vollmachten». Die sozialdemokratische Fraktion, in deren Namen sich Herman Greulich an den Nationalrat wandte, machte ihre Zustimmung von der Aufnahme eines Passus «für die Sicherung des Lebensunterhaltes und die Linderung der Not» in den Vollmachtenbeschluss abhängig. Eine Erweiterung der Vollmachten auf die Innen- und Wirtschaftspolitik, welche die Kommission bereits intern gut- geheissen hatte.42 Die Frage, ob sich der Bund in der kommenden Kriegszeit um die Versorgung der Schweiz mit Lebensmitteln kümmern sollte, beschäf- tigte auch den konservativen Nationalrat und Luzerner Regierungsrat Heinrich Walther.43 Er liess sich deshalb von Arthur Hoffmann noch am selben Morgen zurückzurück 76

versichern, dass man sich in Bezug auf die Lebensmittelversorgung ganz «auf die Energie und das Verständnis» von Bundesrat Edmund Schulthess verlas- sen könne.44 Der aus dem aargauischen Villnachern stammende Schulthess war nach einer erfolgreichen Karriere als Wirtschaftsanwalt 1912 zum Vorsteher des Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartements (des späteren Volkswirt- schaftsdepartements, EVD) gewählt worden und es würde ihm nach Hoffmanns Auffassung «sicher gelingen, die Schwierigkeiten zu überwinden».45 Mit dem von den Sozialdemokraten angeregten Zusatz erhielt der für die Vollmachten grundlegende Artikel 3 seine endgültige Form: «Die Bundesver- sammlung erteilt dem Bundesrate unbeschränkte Vollmacht zur Vornahme aller Massnahmen, die für die Behauptung der Sicherheit, Integrität und Neutralität der Schweiz und zur Wahrung des Kredites und der wirtschaftlichen Interessen des Landes, insbesondere auch zur Sicherung des Lebensunterhaltes, erforder- lich werden.»46 Trotz Protest gegen den Kriegsausbruch, für den sie unverhohlen die «kapitalistische Welt» verantwortlich machte, und der Ankündigung, «den Kampf gegen dieses System auch fernerhin mit aller Energie» zu führen, stellte sich damit auch die SPS, «der Not der Stunde gehorchend», hinter die Vollmach- tenerteilung und das Armeeaufgebot «in der Hoffnung, dass die vorgeschlagenen Massnahmen dazu beitragen werden, den Kriegsbrand von unserem Lande fern- zuhalten und den durch den Krieg der ausländischen Staaten heraufbeschwore- nen Notstand zu lindern».47 Damit war der politische «Burgfrieden» zwischen bürgerlichen und Arbei- terparteien ins Leben gerufen, der nicht nur die im Herbst 1914 abgehaltenen «stillen» Parlamentswahlen, sondern auch die Erinnerung an die erste Phase des Kriegs, vor allem im Kontrast zu seinem Ende, prägen sollte.48 In der gleich anschliessend durchgeführten Abstimmung wurde der «Bundesbeschluss be- treffend Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität» tatsächlich ohne Gegenstimme (171 zu 0) vom Nationalrat an- genommen, der Ständerat stimmte kurze Zeit später ebenfalls «diskussionslos» zu (Abb. 1).49 Zwei sozialdemokratische Nationalräte aus La Chaux-de-Fonds, Ernest Paul Graber und Charles Naine, enthielten sich allerdings der Stimme.50 Graber und Naine, als Redaktoren der Zeitung «La Sentinelle» Wortführer der jurassischen Arbeiterbewegung, waren überzeugte Antimilitaristen und hatten bereits an der von Greulich verlesenen Erklärung mitgewirkt. Nun fügten sie sich dem Beschluss der SPS-Fraktion, indem sie gegen die Vollmachten keine Gegenstimme einlegten.51 Ihre Enthaltung war jedoch keine stillschweigende Zustimmung, sondern ein widerwilliger Kompromiss, um die Geschlossenheit der Arbeiterorganisation zu wahren, wie Naine kurze Zeit später begründete: «La bourgeoisie nous oblige à participer à l’œuvre de sang et de ruines; nous cédons à la force brutale, mais nous ne devons pas tremper volontairement nos mains dans le sang de nos camarades ouvriers des autres pays. Ces vues n’ont pas été partagées par nos camarades de la Suisse allemande, et pour ne pas créer 77 zurückzurück

Abb. 1: Vollmachtenbeschluss des Nationalrats, mit dem am 3. August 1914 die rechtliche Basis für den Ausnahmezustand gelegt wurde. BAR, E22#1000/134#810*. zurückzurück 78

de division nous nous sommes soumis à la majorité du groupe, sans pour cela renoncer à notre opinion.»52 An einem Montagnachmittag im Sommer 1914, in dem die Welt aus den Fu- gen geriet, hatte das Schweizer Parlament dem Bundesrat umfassende legislative Befugnisse erteilt, die über die bisherigen Fälle «extrakonstitutionellen Staats- notrechts» weit hinausgingen (siehe Kapitel 2.3).53 Gestützt auf einen Beschluss, der für «dringlich» erklärt und dadurch unanfechtbar wurde, konnte die Regie- rung fortan Verordnungen erlassen, welche auf der Stufe von Bundesgesetzen standen und damit «gewissermassen eine Verfassung neben der Verfassung» bil- deten.54 Der demokratische Prozess wurde zwar nicht suspendiert – Parlament und Bundesgericht gingen weiterhin ihren Geschäften nach, die Verfassung blieb formell ohne Einschränkung in Kraft, doch das Zusammenspiel der Gewalten im politischen System hatte sich völlig verändert. Der Bundesrat konnte nun Institutionen erschaffen und diesen Aufgaben und Befugnisse übertragen. Er konnte in den Hoheitsbereich von Kantonen und Gemeinden eingreifen und neue Bundeskompetenzen festlegen. Er konnte nach Gutdünken Regeln für die Wirtschaft aufstellen, den Staatshaushalt erweitern, Militär einsetzen, Personal einstellen oder Strafbestimmungen erlassen, ohne auf Verfassungsregeln oder bestehende Gesetze Rücksicht nehmen zu müssen. Kurz: Rechtlich konnte der Bundesrat «schalten und walten, wie er wollte».55 Wie war diese Selbstentmach- tung des Parlaments in einem Land, das individuelle Freiheit, Machtkontrolle und Rechtsstaatlichkeit während des 19. Jahrhunderts zu ideologischen Pfeilern seines Staatswesens gemacht hatte, so reibungslos möglich?56 Eine erste Erklärung kann in den aussergewöhnlichen Umständen beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs gesehen werden. Was aus späterer Sicht wie eine unaufhaltsame Eskalation hin zum Krieg anmutet, wurde von den Zeitzeugen möglicherweise ganz anders wahrgenommen. Wie Jörn Leonhard und Christo- pher Clark gezeigt haben, war der Krieg weder «planmässig in Szene gesetzt» noch unvermeidbar.57 Es mangelte gewiss nicht an Faktoren und Akteuren, wel- che die Julikrise verschärften und den Krieg mental und militärisch immer näher an Europa heranrücken liessen. Dennoch sprach auch einiges dafür, dass die Di- plomatie einmal mehr eine «Détente» bewerkstelligen und den Konflikt zumin- dest begrenzen konnte, dass die Grossmächte eigentlich keinen Krieg wollten.58 Kam der Krieg im August 1914 vielleicht gerade deshalb überraschend, weil sich seit Jahren Schriftsteller, Militärs und Politiker mit seiner Möglichkeit beschäf- tigt, ihn damit aber immer in einer zukünftigen, beherrschbaren Sphäre belas- sen hatten? War vielleicht eine «subjektive Gewöhnung an den Gedanken eines großen Krieges» und die Häufigkeit stets doch noch entschärfter internationaler Krisen dafür verantwortlich, dass es den Zeitgenossen nun so vorkam, als sei plötzlich ein Gewitter über sie hereingebrochen?59 «They were surprised by the moment, but no longer by the fact of war», vermutete Eric Hobsbawm.60 Sogar ein im Zentrum der Geschehnisse stehender Politiker wie der spätere britische Premierminister David Lloyd George schrieb rückblickend: «Of those 79 zurückzurück who, in the first weeks of July, were employed in garnering their hay or corn harvests, […] it is safe to say that not one ever contemplated the possibility that another month would find them called to the Colours and organised in battle array for a struggle that would end in the violent death of millions of them, and in the mutilation of many more millions. The nations slithered over the brink into the boiling cauldron of war without any trace of apprehension or dismay.»61 So problematisch die Auffassung bleibt, die europäischen Staaten seien ohne Ab- sicht (und Verantwortung) in den Krieg «hineingeschlittert»,62 kam sein Aus- bruch für viele doch unerwartet und löste ganz unterschiedliche Reaktionen zwischen Angst und Euphorie aus.63 Die Plötzlichkeit des Kriegsausbruchs lässt insbesondere die Haltung der staatskritischen Sozialdemokraten am 3. August in einem anderen Licht erscheinen (siehe Kapitel 2.5). Ihre Überzeugung, eine konzertierte Aktion der Arbeiterinternationale würde einen Krieg zu verhindern wissen, zerschlug sich daran, dass sich die Organisationen der europäischen Ar- beiterbewegung bereitwillig in den Dienst der nationalen Kriegspolitik stellten.64 In dieser verworrenen, entmutigenden Situation rückte auch für die SPS die Wah- rung der Neutralität und die Verhinderung einer Notlage für die Bevölkerung in den Vordergrund und sie stimmte den Vollmachten zu.65 Hinzu kam, dass es in diesen Tagen äusserst schwer gewesen sein muss, zwi- schen Tatsache, Gerücht und gezielter Fehlinformation zu unterscheiden. Die Zeitungen waren bereits am 3. August 1914 voller Berichte über Spionagefälle, Kampfhandlungen, ersten kriegswirtschaftlichen Massnahmen und Militäraktio- nen in der Nähe der Schweizer Grenze, die zum Teil wenig später wieder de- mentiert wurden. Die «New York Times» beispielsweise meldete am Tag des Vollmachtenbeschlusses auf ihrer Frontseite: «Switzerland Now Invaded by Germans, Basle Seized».66 Die angespannte Informationslage leistete der bereits vorhandenen Unsicherheit noch Vorschub. Die dadurch hervorgerufene Stim- mung seiner Mitmenschen hielt Hans Zurlinden mit kaum verhohlener Schaden- freude im Tagebuch fest: «Die Duckmäuser sind gar furchtbar erschrocken. Sie verdrehen im Schutze ihrer Mauselöcher ganz ängstlich die Augen. Gelt, das ist ungemütlich, wenn es so kracht und pfeift! Gelt, es gibt doch Dinge zwischen Himmel und Erden, die sich der Duckmäuserverstand nicht träumen liess! Drum seid ihr auch ganz und gar aus dem Konzept geraten und holt in der Angst da ein Pfund Kaffee und dort einen Zuckerstock und holt in aller Hast auf der Bank eure hundert Fränklein. Kaffee und Zuckerstock und hundert Fränklein und – Krieg!»67 Mit ähnlichen Worten wie in der Botschaft vom Vortag sprach Bundesrat Giu- seppe Motta in der Nationalratssitzung vom 3. August 1914 von der «Beunru- higung und sogar Panik», die sich in der Schweizer Bevölkerung breitgemacht habe.68 Angesichts einer in den letzten Julitagen sprunghaft gestiegenen Nach- frage nach Bargeld, fallender Börsenkurse und eines «Sturms auf Lebensmittel- geschäfte» war aus Sicht der Regierung ein rasches Vorgehen notwendig.69 Wie zurückzurück 80

im 1906 ausgearbeiteten «Kriegsplan» vorgesehen (siehe Kapitel 2.6), hatte der Bundesrat die SNB zur Ausgabe bereits vorsorglich gedruckter Banknoten – mit «gesetzlichem Kurs» und ohne Pflicht zum Umtausch gegen Metallgeld – er- mächtigt. Nun wollte er sich vom Parlament zusätzlich den Druck von 20 Millio- nen 5-Franken-Noten bewilligen lassen. Ein Versuch, die herrschende «Liquidi- tätskrise» zu bewältigen.70 Ob dies legal war, blieb umstritten, «der Bundesrat musste aber handeln, da Gefahr im Verzuge lag».71 Finanzminister Motta schloss seine Rede mit einem Appell an die Bevölke- rung zu «grösserer Ruhe und Besonnenheit». Wie die Soldaten ihre militärischen Pflichten an den Grenzen sollten die im Zivilleben verbliebenen Schweizerinnen und Schweizer ihre «bürgerlichen Pflichten im Sinne der Solidarität aller Kreise erfüllen».72 Im Licht dieser Krisenwahrnehmung und in Erwartung weiterer Schwierigkeiten lässt sich der Beschluss eines Ausnahmezustands als rechtliche Manifestation des inneren «Burgfriedens» besser verstehen.73 Zumal das Parla- ment formell auf ein während des 19. Jahrhunderts mehrfach angewandtes In- strument zurückgriff, unter hohem Zeitdruck stand und in eine höchst unsichere Zukunft blickte. Es scheint deshalb ein die politischen Lager übergreifender Konsens geherrscht zu haben: Entscheidungen mussten jetzt ohne innere Aus- einandersetzungen gefasst, Massnahmen schnell umgesetzt, die Schweiz wieder zur «Ruhe» gebracht werden. «Es kann sich heute nicht um Worte handeln, nur Taten kommen in Frage», rief Oskar Munzinger in den Ständeratssaal.74 Ent- scheidend war in diesem Zusammenhang, dass die Parlamentarier – wie Bundes- rat und Armee in ihren Planspielen – von einem wenige Wochen bis Monate dau- ernden Konflikt ausgingen. Diese Erwartung, die bei Kriegsausbruch offenbar weit verbreitet war,75 entschärfte die Errichtung einer «kommissarischen Dikta- tur» des Bundesrats auf Zeit.76 Erst die viel längere Dauer des Kriegs würde den Vollmachten ihre ungeahnt «grosse Ausdehnung verleihen».77 Ein zweiter Erklärungsversuch erschliesst sich aus der Verknüpfung von Neutralität, Vollmachten und Demokratie, die am 3. August 1914 sichtbar wurde. Der «leitende eidgenössische Staatsgedanke»,78 die Parteilosigkeit in bewaffneten Konflikten, konnte nach dieser Logik nicht ohne eine Ermächtigung der Exe- kutive existieren. Eine Ansicht, die besonders vom Historiker Edgar Bonjour vertreten wurde: «Um die Neutralität in der bevorstehenden Kriegszeit zur Geltung zu brin- gen, brauchte es eine starke Zentralgewalt, die ungehindert und rasch ent- scheiden konnte. Eine Zusammenfassung und Straffung der Kräfte schien in einem föderalistisch so aufgelockerten Gebilde wie der Eidgenossenschaft besonders nötig.»79 Gerade weil sie über relativ starke, jedoch tendenziell langsam und konfliktreich arbeitende Mechanismen von Föderalismus und politischer Mitbestimmung verfügte, benötigte die Schweiz aus dieser Perspektive eine Diktatur. Sie musste gleichsam von den «Hemmungen» bundesstaatlicher Demokratie befreit werden, wenn die nun anstehende «Fülle von Entscheidungsaufgaben» in nützlicher Frist 81 zurückzurück bewältigt werden sollte.80 Diesen Zusammenhang zwischen der Funktionsweise des politischen Systems und dem Ausmass des Ausnahmezustands kon statierte auch Clinton Rossiter nach dem Zweiten Weltkrieg: «The more complex the constitutional structure and the more assured the rights of the people, the more necessary and severe the practice of constitutional dictatorship has been.»81 Par- lamentsdebatten, Abstimmungskämpfe oder kantonale Alleingänge würden, so die Befürchtung der Politiker im Sommer 1914, die Glaubwürdigkeit der Neu- tralität im Ausland untergraben. Ganz zu schweigen von einer durch gegensätz- liche Sympathien gegenüber den Kriegsteilnehmern blockierten Politik. «Unbeschränkte Vollmachten» signalisierten dagegen nach aussen staatliche Handlungsfähigkeit, innere Ordnung, Berechenbarkeit und die Entschlossenheit, den neutralen Status zu verteidigen. Auch wenn Bundesrat Hoffmann laut Hein- rich Walther in der ersten Sitzung der Neutralitätskommission erklärt hatte, der deutsche Gesandte in Bern82 habe ihm gegenüber versichert, «dass aus dem, was nächster Tage gegenüber Belgien geschehen werde, kein Schluss bezüglich der Schweiz gezogen werden dürfe», muss die unmittelbare Gefahr eines Angriffs auf die Schweiz den Entschluss für die Vollmachten beeinflusst haben.83 Nicht nur Hoffmanns Rede vor der Kommission ging in diese Richtung. Auch der Be- schluss selbst, welcher als wichtigstes Ziel des Ausnahmezustands die «Aufrecht- haltung der Neutralität» definierte, machte die Untrennbarkeit von Innen- und Aussenpolitik in einem weltweiten Krieg deutlich. Es zeigte sich hier aber auch der eklatante Widerspruch zwischen den zahlreichen Beschwörungen der Neu- tralität bei Kriegsausbruch84 und der bereits seit längerem vorhandenen Über- zeugung, die Schweiz würde den neutralen Status aus wirtschaftlichen Grün- den früher oder später ohnehin aufgeben und sich einem der Kriegführenden anschliessen müssen (siehe Kapitel 2.6). Falls dieser Plan zur Umsetzung gelangt wäre, hätten die Vollmachten aber nicht mehr der Verteidigung der Neutralität, sondern der Kriegführung mit einem Verbündeten gedient. Ob er als Reaktion auf die kontingente Situation bei Kriegsausbruch oder als notwendiger Bestandteil der Neutralitätspolitik verstanden wird; eine zen- trale Komponente des Vollmachtenbeschlusses bestand «im Vertrauen» zu den Männern, «die im Bundesrate die Geschicke der Eidgenossenschaft leiten».85 Carl Spahn beendete seine bereits in diesem Sinne gehaltenen Ausführungen mit der Aufforderung: «Verbreiten wir überall im Volke das Vertrauen in unsere oberste Bundesleitung» und ganz ähnlich argumentierte Oskar Munzinger in der kleinen Kammer.86 Diese Forderung nach unbedingtem Vertrauen, die auch in Hinsicht auf das zu wählende Armeekommando geäussert wurde,87 hing nicht nur damit zusammen, dass die Vollmachten auf sieben vom Parlament gewählte, formell gleichberechtigte Schultern verteilt und damit etwas entschärft wurden. Sie entsprang vielmehr der Mentalität eines politischen Systems, dass sich ganz auf die «Vormachtstellung der Freisinnig-Demokratischen Partei als staatstra- gende Regierungskraft» stützte.88 Ein demokratisch legitimiertes und freisinnig dominiertes Parlament delegierte hier die legislative Macht an den von ihm ge- zurückzurück 82

wählten Bundesrat, was nicht etwa als Gefahr für die föderalistische Demokra- tie, sondern als Massnahme zu deren Bewahrung aufgefasst wurde.89 Leonhard Neidhart hat diesen Aspekt als Hauptmotiv für den Vollmachtenbeschluss be- zeichnet und dar auf hingewiesen, dass die Position der Legislative im politischen System bereits vor 1914 unter starkem Druck stand (siehe Kapitel 2.5). Das Bun- desparlament traute es sich demnach selbst nicht, wohl aber dem Bundesrat zu, die Kriegssituation zu bewältigen: «Der Krieg brachte dem völlig unvorbereiteten Entscheidungssystem Pro- bleme von großer Dringlichkeit, die nur durch ein verkürztes Willensbil- dungsverfahren rechtzeitig gelöst werden konnten. […] In der gleichen Panik wie die Bürger, die zu den Bankschaltern drängten, um ihre Spargut- haben abzuheben, enthob auch das Parlament sich selbst, die Aktivbürger- schaft und die Kantone aller legislatorischen Entscheidungsanteile, wobei diese Ermächtigung extrakonstitutionell, unbefristet und ohne jede Form parlamentarischer Entscheidungskontrolle erfolgte. Zweifellos war diese Globalermächtigung des Parlaments nicht nur das Eingeständnis eines schon früheren Entscheidungsverlustes, sondern auch Ausdruck eines starken po- litischen Vertrauens in das Kollegialsystem des Bundesrates, an dem offen- bar auch nicht die Spur eines Verdachtes auf Machtmißbrauch haftete.»90 Auch der Berner Jurist Hans Marti, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs über die Rechtsetzung durch den Bundesrat habilitierte, sah in dieser idealisierten Sicht auf die Landesregierung den eigentlichen Grund für die reibungslose Voll- machtenerteilung: «Es ist bezeichnend, daß gerade der schweizerische Bundesrat solche un- beschränkte Vollmachten erhalten hat; durch die Rechtlichkeit in seiner Amtsführung hat er sich seit dem Bestehen des Bundesstaates ein Vertrauen erworben, das ohne weiteres ausschloß, daß er die Vollmachten anders als im ausschließlichen Interesse der Allgemeinheit verwenden könnte […]. Po- litisch waren diese unbeschränkten Vollmachten aber auch deshalb tragbar, weil der Schweizer im Bundesrat nicht eine Regierung erblickt, vor deren Willen er sich als Untertan [zu] beugen hat und von der er schon sozial durch eine große Kluft getrennt ist, sondern im Bundesrat sieht er die höchs- ten Magistraten seines Landes, die durch das Vertrauen ihrer Mitbürger an ihre Stelle berufen wurden und dort ihre Pflicht genau gleich erfüllen, wie irgend ein anderer Bürger im Gemeinderat oder in der Schulkommission.»91 Die «Frage des Vertrauens» in Fähigkeiten und Loyalität der Exekutive, in deren Zeichen die Bundesversammlung am 3. August 1914 den Ausnahmezustand ver- abschiedet hatte, war somit tief in den innenpolitischen Debatten um Demokra- tie, Machtkonzentration und Partizipation der Vorkriegszeit verwurzelt und sie tauchte auch prominent in den Zeitungen auf, die an den folgenden Tagen über den Beschluss berichteten.92 In der Tagespresse, die aufgrund ihrer Nähe zur Po- litik oftmals als Sprachrohr politischer Richtungen und Parteien diente,93 wurde der Vollmachtenbeschluss entweder kommentarlos94 abgedruckt, um den Wort- 83 zurückzurück laut der Parlamentsreden ergänzt oder von Aufrufen zur nationalen Kohäsion begleitet. Eine grundlegende, öffentliche Diskussion über die Bedeutung des Vollmachtenbeschlusses fand in den Tagen nach Kriegsausbruch offenbar nicht statt. Die Aufmerksamkeit der Zeitungen galt in erster Linie den militärischen Aktionen im In- und Ausland sowie den Sorgen um die wirtschaftliche Ver- sorgung der Schweiz. Für August Welti, Bundeshauskorrespondent der NZZ, war die Verhängung des Ausnahmezustands zwar ein Schritt, an dessen «Trag- weite keine Entscheidung der letzten Jahrzehnte hinanreicht». Das der Regie- rung damit ausgesprochene «unbegrenzte Vertrauen» war in seinen Augen aber gerechtfertigt, da «in Zeiten, in denen jeder Augenblick eine sofortige wichtige Entscheidung fordern kann, einzig die vollziehende Behörde in der Lage ist, die Interessen des Landes wirksam wahrzunehmen».95 Dieser Form der Bericht- erstattung schlossen sich auch Westschweizer Zeitungen an. «Chacun à son poste et confiance!», befahl das «Journal de Genève» seinen Lesern und versuchte sie mit der Zusicherung zu beruhigen, der Bundesrat habe alle denkbaren Vorberei- tungsmassnahmen gegen die Gefahren der Kriegszeit getroffen.96 Eine der detail- liertesten Schilderungen über die Ereignisse im Bundeshaus liess sich der «Ga- zette de Lausanne» entnehmen. Die Zeitung gab die Rede ihres Chefredaktors Secretan im Nationalrat sogar ausführlicher wieder, als es das Ratsprotokoll tat. Umso deutlicher wurde darin, dass Secretan sich dafür einsetzte, die Befugnisse des Bundesrats möglichst genau abzustecken.97 Als öffentliche Manifestation des politischen Burgfriedens rief schliesslich auch der Arbeitnehmervertreter Robert Grimm in der «Berner Tagwacht» dazu auf, «mit kluger Überlegung und ruhigen Sinnes […] die Massnahmen der Behörden» zu unterstützen.98

3.2 Belagerungszustände

Wie 1913 von Bundesrat Hoffmann beabsichtigt, wurde die Ermächtigung der Schweizer Regierung unter dem unmittelbaren Eindruck des Kriegsausbruchs vom Parlament ohne Schwierigkeiten vorgenommen. Und mit einem dringlichen Bundesbeschluss, der das weitere Vorgehen ganz dem Bundesrat überliess, wurde seinen damaligen Forderungen auch formell Genüge getan.99 Die Übertragung ausserordentlicher Kompetenzen an die staatliche Exekutive, die das Vollmach- tenregime begründete, war allerdings kein auf die Schweiz beschränkter Vor- gang. Wie die im letzten Kapitel erwähnte Zusammenstellung Dietrich Schind- lers für das Militärdepartement zeigte, besassen die Verfassungen verschiedener Staaten einen expliziten Notstandsartikel, der angesichts der Ausnahmesituation des Kriegs nun in Kraft gesetzt werden konnte (siehe Kapitel 2.6). Oder es kam ähnlich wie in Bern am 3. August 1914 zu extrakonstitutionellen Ermächtigun- gen durch Parlamente und Staatsoberhäupter.100 Am 31. Juli 1914 unterschrieben der deutsche Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg eine Verordnung, die Deutsch- zurückzurück 84

land mit Ausnahme Bayerns, wo König Ludwig III. am selben Tag einen eigenen Ausnahmezustand verhängte, in den «Kriegszustand» versetzte.101 Der kaiser- liche Erlass stützte sich auf Artikel 68 der Verfassung von 1871 und hätte ei- gentlich ein Kriegszustandsgesetz für das Deutsche Reich aktivieren sollen. Da dieses aber, ähnlich wie in der Schweiz, nie zustande gekommen war, trat nun, Bayern ausgenommen, im ganzen Reich das Mitte des 19. Jahrhunderts entstan- dene preussische «Gesetz über den Belagerungszustand» in Kraft. Dadurch wur- den Post, Bahn und Grenzverkehr militärischer Überwachung unterstellt und die Exekutivgewalt im Innern ging auf 57 regionale Militärbefehlshaber über, die mit «kriegsrechtlichen, nahezu diktatorischen Vollmachten» ausgestattet wurden und direkt dem Kaiser unterstanden.102 Neben dem vom Monarchen erklärten militärischen Ausnahmezustand, der die Pressezensur, die Verschärfung des Strafrechts und die Suspendierung von Grundrechten ermöglichte, wurde am 4. August 1914 mit dem «Gesetz über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Massnahmen und über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts im Falle kriegerischer Ereignisse» ein Erlass verabschiedet, welcher dem schweizerischen Vollmachten- beschluss, vor allem im Hinblick auf die Reichweite, äusserst ähnlich war. Das deutsche Parlament ermächtigte darin einstimmig den Bundesrat, der im Deut- schen Reich nicht die Regierung, sondern ein aus Vertretern der Länder gebil- detes Hybridorgan mit Verwaltungs- und Legislativfunktionen war, «während der Zeit des Krieges diejenigen gesetzlichen Massnahmen anzuordnen, welche sich zur Abhilfe wirtschaftlicher Schädigungen als notwendig erweisen».103 Zwar sicherte sich der Reichstag das Recht, weiterhin gesetzgeberisch tätig zu sein und die vom Bundesrat beschlossenen «Notverordnungen» bei seinem nächsten Zu- sammentritt aufzuheben, da sich das Berliner Parlament jedoch gleichzeitig auf unbestimmte Zeit vertagte und im Kriegsverlauf keinen einzigen auf die Ermäch- tigung gestützten Erlass anfocht, war dieses Kontrollrecht faktisch wirkungslos. Das Parlament hatte seine «Selbstentmachtung» vollzogen.104 Für diesen verfas- sungsrechtlich «epochalen»,105 weil zukunftsweisenden Schritt identifizierte der Rechtshistoriker Ernst Rudolf Huber grundsätzlich dieselben Gründe, wie sie im letzten Abschnitt für das Vollmachtenregime erwähnt wurden: «Die Fähigkeit der parlamentarischen Legislative, den Aufgaben der Recht- setzung hinreichend zu genügen, hatte nach allgemeiner Überzeugung im inneren oder äußeren Notstand eine Grenze. Der Aufgabe der Notgesetz- gebung in Krisenzeiten war die durch Sachkenntnis, Unvoreingenommen- heit und Energie ausgezeichnete Bürokratie eher als das von gegensätzlichen Interessen beherrschte Parlament gewachsen. Der Exekutive gestanden auch die Parlamentarier die höhere Fähigkeit zu, mit neuen und ständig wachsen- den Aufgaben und mit schnell wechselnden Umständen rechtzeitig, unkon- ventionell und sachgerecht fertig zu werden. Das Parlament selbst erkannte durch die einstimmige Zustimmung zur Delegation seiner Gesetzgebungs- macht dem Bundesrat den ‹Beruf zur Notgesetzgebung› zu. Insbesondere 85 zurückzurück

der Eintritt des Kriegsfalls war, auch nach der Auffassung des Parlaments und der in ihm vertretenen Parteien, die ‹Stunde der Exekutive›.»106 Die gleichzeitige Stärkung von Armee und Exekutive führte zu einem «Wirr- warr» von Machtzentren und «regionalen Autokraten», die Deutschlands In- nenpolitik im Ersten Weltkrieg prägen sollten.107 Da die Kompetenzen inner- halb dieser «Polykratie»108 kaum geregelt oder gegeneinander abgegrenzt waren, «entstand ein Nebeneinander von zivilen Verwaltungsbehörden, die nach wie vor der föderalen Gliederung des Reiches folgten, und militärischen Behörden, die ebenfalls dezentral organisiert waren. Dies führte dazu, dass die Exekutive im Krieg noch weniger einheitlich war als in Friedenszeiten und die Zuständigkeiten unklarer wurden, zumal sich die zivilen und militärischen Verwaltungseinheiten territorial nicht deckten.»109 Überwölbt und legitimiert wurde dieses System von einem bei Kriegsausbruch herrschaftlich proklamierten «Burgfrieden», in dem Wilhelm II. keine politischen Gegner, sondern «nur noch Deutsche» zu kennen vorgab – während Reichskanzler Bethmann Hollweg den Bruch des Völkerrechts beim Überfall auf Belgien mit der Bemerkung zu rechtfertigen versuchte: «Wir sind jetzt in der Notwehr, und Not kennt kein Gebot.»110 Diese Aussage wurde nicht nur zu einem zentralen Bezugspunkt des Notrechts, der katholisch-kon- servative Nationalrat Heinrich Walther verwies darauf in seinen Erinnerungen an den Vollmachtenbeschluss der Bundesversammlung direkt.111 Was in Deutschland und der Schweiz als «Burgfrieden» zwischen den po- litischen Gegnern bezeichnet wurde, war in Frankreich, wenn auch vor einem ganz anderen innenpolitischen Hintergrund, die «Union sacrée».112 In deren Zeichen verhängte Staatspräsident Raymond Poincaré am 2. August 1914 zu- nächst den vom Armeekommando geforderten «état de siège» über Frankreich und Algerien, der den Streitkräften ausserordentliche Befugnisse in Bezug auf Polizeigewalt, Zensur, Gerichtsbarkeit und Versammlungsrecht übertrug: «Die gewohnten demokratischen Freiheiten waren [damit] faktisch aufgehoben.»113 Die Grundlagen für dieses Vorgehen waren in einem 1913 erlassenen Dekret geschaffen worden, das die Zuständigkeiten von Regierung, Armeekommando und Parlament im Kriegsfall regelte. Allerdings war dieser Erlass nur für einen wenige Wochen dauernden Konflikt und Teile des französischen Territoriums ausgelegt.114 Wenige Tage nach der Verhängung des «état de siège» bewilligte die Assem- blée nationale dann wie ihr deutsches Pendant eine Reihe von Sondergesetzen, welche der Regierung von Ministerpräsident René Viviani die Kriegführung er- leichtern sollten, und vertagte sich anschliessend.115 Die französische Entwick- lung war insofern aussergewöhnlich, als sie in den Wochen nach Kriegsausbruch unter dem Eindruck einer gegen Paris vorrückenden deutschen Armee stand, was die Regierung am 2. September dazu veranlasste, ihren Sitz nach Bordeaux zu verlegen. In der Folge übernahm die französische Armee unter General Jo- seph Joffre in dem von Deutschland partiell besetzten und durch die Westfront geteilten Land eine Machtstellung in der Innen- und Kriegspolitik, die von eini- zurückzurück 86

gen Historikern als «dictature militaire» bezeichnet wurde.116 Verstärkt wurde dieses Regime noch durch den am 6. September im ganzen Land in Reaktion auf die Gebietsverluste ausgerufenen Kriegszustand, der die Einsetzung von Kriegs- gerichten ermöglichte. Dem eine staatliche Führungsposition beanspruchenden Armeekommando gelang es so, Regierung und Parlament «recht erfolgreich von allen kriegspolitisch wichtigen Informationen und Entscheidungen auszuschlies- sen».117 Dieser Zustand hielt jedoch nicht lange an. Schon zum Jahresende 1914 nahm das Parlament seine Sitzungen wieder auf und stellte sich den Militarisie- rungstendenzen in Frankreich entgegen, indem es Einschränkungen der Presse- und Versammlungsfreiheit wieder rückgängig machte und die Aufhebung des Belagerungszustands für nicht frontnahe Gebiete erwirkte.118 Auch das britische Unterhaus verabschiedete, nachdem König George V. eine Proklamation zum nationalen Zusammenhalt erlassen hatte, am 7. August 1914 mit dem «Defence of the Realm Act»119 (DORA) ohne Debatte das erste ei- ner Reihe von Ermächtigungsgesetzen, die im parlamentarischen Regierungssys- tem des Vereinigten Königreichs eine deutliche «Aufwertung der Exekutive» zur Folge hatten.120 Zwar erhielt das Kabinett von Premierminister Herbert Henry Asquith zunächst nur die Befugnis, gegen Spionage, Geheimnisverrat und Sa- botage mit den ausserordentlichen Rechtsmitteln des «martial law» vorzugehen. Schon in den ersten Kriegswochen wurde DORA jedoch so weit ausgelegt, ver- ändert und erweitert, dass darauf ein Hunderte von Erlassen umfassendes Regel- werk121 aufgebaut werden konnte, «[which] eventually made unprecedented and inescapable intrusions into the ordinary life for all classes of British society».122 Dieses Regime umfasste unter anderem die Aufsicht des Militärs über für die Kriegführung wichtige Industrien sowie Zensurbehörden für Presse, Literatur, Briefverkehr und öffentliche Vorträge. Einen besonderen Eindruck hinterliessen die Kriegserlasse der britischen Regierung durch ihre vielfachen Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft. Ein- schränkungen beim Alkoholausschank und die Einführung der Sommerzeit sollten die kriegswirtschaftliche Produktivität erhöhen, Verdunkelungszwang nächtliche Luftangriffe auf englische Städte erschweren. In Grossbritannien be- findliche Ausländer aus verfeindeten Staaten, sogenannte «enemy aliens»,123 wur- den den restriktiven Ausnahmevorschriften des «Aliens Restriction Act» unter- worfen. Im Unterschied zu Frankreich oder Deutschland hielt sich der Einfluss der Militärbehörden bei dieser Form des Ausnahmezustands gegenüber den zi- vilen Gewalten allerdings in Grenzen – wenn man vom Unruheherd Irland ab- sieht. Auch die Stellung des Parlaments im «Westminster-System» des Vereinig- ten Königreichs wurde trotz eines mit Vollmachten ausgestatteten «war cabinet» nicht grundsätzlich infrage gestellt. Weiterhin hatte die Legislative einen starken Einfluss auf Zusammensetzung und Politik der Regierung.124 Diesen drei Beispielen liessen sich unschwer weitere Formen der Ermäch- tigung von Armeebehörden oder Exekutiven anfügen. Auch in Kanada, Öster- reich-Ungarn, Australien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Italien, Däne- 87 zurückzurück mark und im russischen Zarenreich kam es bei Ausbruch oder im Verlauf des Ersten Weltkriegs zur Delegation legislativer oder besonderer administrativer Kompetenzen.125 Dadurch wird deutlich, dass die Übertragung ausserordent- licher Vollmachten an den schweizerischen Bundesrat am 3. August 1914 kein isoliertes Ereignis war, sondern die Manifestation einer internationalen Tendenz zur Verschiebung und Verkürzung des politischen Entscheidungsprozesses, die mit der Bedrohungslage des Weltkriegs legitimiert wurde. So stark die Unter- schiede126 innerhalb der Staatenwelt von 1914 waren; die Einstellung innenpoli- tischer Auseinandersetzungen, die Zustimmung zu Ermächtigungsgesetzen und die Formierung nationaler Verteidigungsgemeinschaften im Ausnahmezustand waren Phänomene, die in allen direkt oder indirekt in den Krieg involvierten Staaten auftraten.127 «Die technischen, ökonomischen und sozialen Gegebenhei- ten der modernen Welt», so fasste Huber diese Entwicklung zusammen, «zwan- gen allen beteiligten Staaten den Gedanken an ein vereinfachtes Gesetzgebungs- verfahren im Kriegsfall auf. […] Das System der ‹legislativen Delegationen› brach mit dem Ersten Weltkrieg auf breiter Front in das Gefüge des gewaltenteilenden Verfassungsstaates ein.»128 Die schweizerische Version der nach Kriegsausbruch vorgenommenen Er- mächtigungen stach dabei besonders heraus. Das neutrale Land verfügte zwar nicht über die bellizistische Dominanz eines militärischen Belagerungszustands, in Bezug auf die politische und finanzielle Gestaltungskraft, die unbegrenzte Dauer und die fehlende parlamentarische Kontrolle gingen die «unbeschränkten Vollmachten» des Bundesrats jedoch weiter als alle Ermächtigungen im krieg- führenden Ausland.129 Der schwedische Politikwissenschaftler und Publizist Herbert Tingsten hielt in seiner 1930 erstmals in Schweden und wenige Jahre später auch auf Französisch erschienenen Studie über die Ermächtigungsgesetze des Ersten Weltkriegs fest: «La législation suisse des pleins pouvoirs présente à divers égards des traits à la fois originaux et intéressants. Au point de vue politique, on est frappé avant tout de ce que dans ce pays neutre, au régime démocratique systéma- tiquement réalisé, l’éclosion de la guerre mondiale ait conduit à une dictature gouvernementale aussi absolue. Aucune nation belligérante, de constitution moins démocratique, n’a guère confié à l’exécutif de pouvoirs plus éten- dus.»130 Die im internationalen Vergleich ausserordentliche Reichweite des Vollmachten- regimes fiel auch der schweizerischen Forschung auf. Edgar Bonjour betonte etwa, «dass weder das demokratische Frankreich noch das demokratische England es nötig fanden, sich einem so weitgehenden Kriegsregime zu unterstellen».131 Eine weitere Besonderheit des schweizerischen Ausnahmezustands bestand im prekären Verhältnis zwischen zivilen und militärischen Behörden. Die Vertei- lung der Entscheidungskompetenzen zwischen Staat und Armee war überall ein spannungsreicher Prozess, gerade in Ländern wie Frankreich oder Deutschland, wo Verfassungsartikel einen Belagerungszustand mit expliziten Sonderbefugnis- zurückzurück 88

sen der Militärbehörden vorsahen. Bereits die Debatte über den Vollmachten- beschluss am 3. August 1914 machte deutlich, dass den schweizerischen Parla- mentariern diese Problematik zwar bewusst war, jedoch keine Klarheit über die Bedeutung der Vollmachten für die Kompetenzen der Armee bestand. Obwohl sich die Ermächtigung formell nur auf den Bundesrat bezog, erwecken Wort- meldungen aus den Reihen von Romandie und Sozialdemokraten den Eindruck, die Vollmachten würden sich auch auf das Armeekommando, personifiziert durch den General, erstrecken. Herman Greulich verlangte im Namen der SP eine Beschränkung der «den militärischen Behörden übertragenen Gewalt» und Edouard Secretan sprach sich in der Neutralitätskommission mit der Befürch- tung, Ulrich Wille würde «rasch eine unerfreuliche und untragbare Diktatur ent- wickeln», gegen dessen Ernennung zum Oberbefehlshaber aus.132 Diese Unschärfe in der Frage, inwieweit das beschlossene «Primat der Exe- kutive gegenüber den gesetzgeberischen Gewalten» eigentlich auch für den Ge- neral galt, führte bald zu einer der heftigsten Kontroversen der Kriegszeit.133 Laut der Politologin Regula Stämpfli war Wille selbst der Ansicht, «dass er als Mann des Ernstfalles über die Versorgung, Stationierung, Verschiebung und die wirtschaftliche Abstützung der Truppen alleine entscheiden konnte und den Bundesrat lediglich über die getroffenen Massnahmen zu informieren hatte».134 In diesem Anspruch des Generals wurde ein Grundproblem deutlich, dem sich alle Staaten im Ersten Weltkrieg gegenübersahen. In einem Krieg, in dem öko- nomische und gesellschaftliche Faktoren über den Ausgang ebenso entscheiden sollten wie die Geschehnisse auf den Schlachtfeldern, musste die Armee fast zwangsläufig mit den zivilen Behörden und privatwirtschaftlichen Interessen in Konflikt geraten. Aus militärischer Sicht war das ökonomische Potenzial eines Landes nun ganz auf seine Kriegführung auszurichten. Es galt eine «Kriegswirt- schaft» zu organisieren, deren primäre Aufgabe die Versorgung der Streitkräfte mit «militärischen Machtmitteln» war (siehe Kapitel 5.1).135 Hinsichtlich der Unklarheiten in der Kompetenzverteilung zwischen Bun- desrat und General schufen auch die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen keine Abhilfe. Die Militärorganisation von 1907 und die Instruktion der Regie- rung für den General verschärften die Problematik sogar eher noch, indem sie dem General «eine beinahe unbeschränkte Selbständigkeit gegenüber den poli- tischen Behörden»136 sowie «alle […] notwendigen oder dienlichen militärischen Massnahmen»137 erlaubten, solange er sich an den Rahmen des Neutralitätsgebots hielt und die wichtigsten aussenpolitischen Fragen (wie Kriegserklärungen) dem Bundesrat überliess (siehe Kapitel 4.4). Erschwerend kam hinzu, dass mit dem Armeekommando, dem Generalstab und dem Militärdepartement gleich drei Stellen existierten, die sich im Kontext der militärischen Landesverteidigung Konkurrenz machen konnten. Dies vor allem aufgrund der unklaren Trennung zwischen dem im Zuge der Mobilisierung geschaffenen «Armeestab» und dem bereits bestehenden «Territorialdienst des SMD», die zu Parallelstrukturen mit zum Teil gleichen Aufgaben und in der Folge zu «Eifersüchteleien» zwischen 89 zurückzurück

Abb. 2: Die Beziehungen zwischen Militär- und Zivilverwaltung waren während des ganzen Weltkriegs konfliktreich: Büro des Quartiermeisters des Armeestabs, um 1914. BAR, E27#1000/721#14095#4373*.

den militärischen und den Zivilbehörden führte.138 In Fragen der wirtschaftlichen Versorgung der Schweiz, deren Schwierigkeiten bereits die ersten Kriegswochen zeigten, traten darüber hinaus rasch Zuständigkeitskonflikte mit dem EVD auf.139 Die Folgen dieser institutionellen Überschneidungen waren, hielt Theophil Sprecher später im Bericht des Generalstabschefs fest, «Reibungen, zeitraubende Verhandlungen und endlose Schreibereien, die den Beteiligten Kraft und Lust zur Arbeit rauben» (Abb. 2).140

3.3 Das Vollmachtenregime entsteht

«Wir leben in der Schweiz seit dem 3. August unter einem diktatorischen Regi- ment», konstatierte bereits Ende 1914 der St. Galler Bundesrichter Carl Jaeger in einer gerade erschienenen Abhandlung über die Änderungen, die der Bundesrat mittels der Vollmachten am «Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Kon- kurs» vorgenommen hatte.141 Neben Walther Burckhardt war Jaeger einer der ersten Juristen, die sich mit den Konsequenzen des Vollmachtenbeschlusses aus- einandersetzten (siehe Kapitel 6.3). Er betonte, wie rasch der Ausnahmezustand zurückzurück 90

Grafik 5: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 31. März 1916 nach Monaten

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0 1915/12 1915/11 1914/11 1914/12 1915/01 1915/02 1915/07 1915/10 1914/07 1916/02 1914/10 1916/01 1915/03 1915/05 1915/08 1915/04 1915/06 1916/03 1915/09 1914/08 1914/09

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

sich in der Politik des Landes niedergeschlagen hatte, und stellte mit Erstaunen fest, dass sich dagegen kaum Kritik erhob: «Und in so umfangreichem Masse der Bundesrat bisher davon Gebrauch gemacht hat, durch Erlassung, Abänderung, Aufhebung von Rechtsnormen […], so ist ein ernstlicher Widerspruch dagegen bisher noch nicht laut geworden. Gegenteils zeitigt jeder Tag neue Vorschläge für solche ‹Notstandsmassnahmen›, von denen einer radikaler als der andere mit den bisherigen Begriffen von Rechten und Pflichten aufräumen will.»142 Tatsächlich hatte der Bundesrat bereits vor dem Vollmachtenbeschluss die ersten darauf ge- stützten Noterlasse ausarbeiten lassen und setzte solche nun in rasch wachsender Zahl in Kraft (Grafik 5). Bevor diese ersten notrechtlichen Manifestationen des Ausnahmezustands allerdings genauer betrachtet werden können, muss zunächst eine grundlegende Frage beantwortet werden: Welche Erlasse gehörten eigent- lich zum Vollmachtenregime? Schon kurz nach Kriegsausbruch wurden verschiedene Versuche unternom- men, die auf den Vollmachtenbeschluss gestützten Erlasse zu erfassen und in Sammlungen oder Verzeichnissen zugänglich zu machen.143 Den Anfang in einer Reihe von Publikationen machte der Berner Jurist Friedrich Volmar, der im Fe- bruar 1915 eine kommentierte Zusammenstellung «wirtschaftlicher Not gesetze» des Bundes und der Kantone veröffentlichte. Dieses Buch war in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen unternahm Volmar damit den ersten und 91 zurückzurück bislang einzigen Versuch, auch die Notrechtsetzung der Kantone144 wenigstens teilweise zu erfassen. Zum anderen erkannte er bereits früh, dass sich der Krieg und mit ihm die Rechtsetzung der Vollmachten besonders auf die ökonomischen Prozesse in der Schweiz auswirkten: «So machten die Kriegsereignisse auch für unsere Volkswirtschaft eine teilweise Neuordnung der rechtlichen Verhält- nisse notwendig. […] Viele dieser Erlasse tragen daher den Charakter von Not- behelfen. Sie sind Provisorien, greifen aber trotzdem so sehr in die Verhältnisse des Einzelnen ein, dass deren Kenntnis für jeden notwendig ist.»145 Trotz dieses Bewusstseins für die Tragweite des Notrechts setzte Volmar das Vorhaben, die rechtliche Dimension des Vollmachtenregimes für seine Berufskollegen und die Nachwelt festzuhalten, nicht fort. Ein Jahr später folgte ihm allerdings Fritz Baer, Zürcher Bezirksrichter und Mitherausgeber der «Schweizerischen Juristen-Zeitung», mit einer Sammlung der «Kriegs-Verordnungen», welche allerdings die «rein wirtschaftlichen Er- lasse» zunächst ausklammerte.146 Es zeigte sich bereits in deren Einleitung, dass die Situation nun eine völlig andere war als noch im Sommer 1914. Die Erwar- tung einer raschen Entscheidung hatte sich als Irrtum herausgestellt, die Dauer- haftigkeit des Ausnahmezustands wurde deutlich: «Noch ist das Ende des Krie- ges nicht abzusehen und selbst wenn es einmal zum Friedensschluß gekommen sein wird, so dürfen wir leider nicht erwarten, daß dann sofort wieder geordnete und normale Zustände zurückkehren werden. Wir müssen im Gegenteil damit rechnen, daß noch für längere Zeit unser ganzes öffentliche und private Leben unter den Kriegswirren zu leiden haben wird, so daß eine große Anzahl der Not- verordnungen und -beschlüsse des Bundesrates für absehbare Zeit in Kraft blei- ben» wird.147 Während Fritz Baer sein Werk bis Ende 1918 um drei weitere Bände er- gänzte, die ab 1916 auch die wirtschaftlichen Noterlasse beinhalteten, entstand mit der Arbeit von Robert Schätti («Bundesratsbeschlüsse und Verfügungen ein- zelner Departemente», erstmals 1917) parallel ein weiteres Verzeichnis. Dieses zeichnete sich durch seine Strukturierung nicht nur nach Sachgebieten, sondern auch nach dem Charakter der Regulierung in den einzelnen Erlassen aus. Es übernahm auch zahlreiche Dokumente, die nicht öffentlich zugänglich waren, wie die Statuten und Reglemente von neu gegründeten kriegswirtschaftlichen In- stitutionen, sogenannten Zentralstellen (siehe Kapitel 5.3). Erst kurz vor Kriegs- ende nahm sich schliesslich auch der Bund einer Zusammenstellung der auf die Vollmachten gestützten Erlasse an (siehe Kapitel 6.3).148 Die Kombination dieser verschiedenen Sammlungen mit den im «Bundes- blatt» veröffentlichten «Neutralitätsberichten» (siehe Kapitel 4.3) bot die Grund- lage für eine quantitative Erschliessung des Vollmachtenregimes. Sie ergab die Zahl von 1612149 während des ganzen Untersuchungszeitraums in Kraft gesetzten Noterlassen, 326 davon in der ersten Phase vom 30. Juli 1914 bis zum 31. März 1916 (siehe Grafik 5 und Kapitel 1.7).150 Die Untersuchung der «Amtlichen Samm- lung» des Bundesrechts, des «Bundesblatts» sowie verschiedener Quellenbestände zurückzurück 92

im Bundesarchiv zeigte allerdings, dass sich Hunderte weitere Erlasse direkt oder indirekt der Gesetzgebung mittels Vollmachten zuordnen liessen oder in einem weiteren Sinn mit der Kriegssituation zusammenhingen. Diese Erlasse wurden al- lerdings nicht in die erwähnten Verzeichnisse aufgenommen und zu einem grossen Teil gar nicht publiziert. Welche Beschlüsse als Teil des Vollmachtenregimes auf- gefasst wurden, folgte also nicht einer eindeutigen Systematik, sondern war viel- mehr vom Verfasser der jeweiligen Sammlung abhängig. So nahm beispielsweise Fritz Baer auch mehrere vom Parlament verabschiedete Beschlüsse in seine Bände auf, die mit den Vollmachten formell gar nichts zu tun hatten, seiner Auffassung nach aber dennoch Teil der «Kriegsgesetzgebung» waren.151 Andere Autoren setz- ten andere Schwerpunkte, verwendeten andere Quellen und kamen dadurch zu anderen Ergebnissen. In dieser Unschärfe, Unvollständigkeit und teilweisen Wi- dersprüchlichkeit der Notrechtssammlungen zeigt sich eines der Grundprobleme des Ausnahmezustands: Er weitete sich so rasch in die verschiedensten Bereiche der Gesetzgebung aus und ermöglichte so vielen Akteuren die Rechtsetzung, dass eine lückenlose Abgrenzung und Erfassung auch für Experten nicht mehr möglich war. Es erstaunt denn auch nicht, dass selbst die Bundesverwaltung als Urheberin des Notrechts lange keinen Überblick über die auf der Grundlage der Vollmachten in Kraft gesetzten Erlasse hatte (siehe Kapitel 6.3). Ausgangspunkt einer statistischen Analyse des Ausnahmezustands bilden trotz dieser Schwierigkeiten die erwähnten Sammlungen, ergänzt um das zu Be- ginn der 1930er-Jahre erschienene Kompendium des Bundesrechts von Walther Burckhardt, das die wohl vollständigste Perspektive auf das Notrecht vermit- telt (siehe Kapitel 1.6).152 Explizit auf den Beschluss vom 3. August 1914 (bezie- hungsweise dessen Verlängerung am 3. April 1919) stützten sich während des gesamten Untersuchungszeitraums 492 Bundesratsbeschlüsse (BRB) und Bun- desratsverordnungen (VO), die alle in der fortlaufend erscheinenden «Amtlichen Sammlung»153 auf Deutsch, Französisch und Italienisch publiziert wurden. Diese teilweise auch in der Tagespresse, juristischen Fachzeitschriften oder dem «Poli- tischen Jahrbuch» abgedruckten Noterlasse bildeten gewissermassen den legisla- tiven Kern des Ausnahmezustands. Sie formulierten als «allgemeine Anordnun- gen» die Ziele der notrechtlichen Bundespolitik und legten Rahmenbedingungen für Massnahmen auf einem bestimmten Gebiet fest.154 Auch wenn dies unter Rechtswissenschaftlern stets umstritten blieb, können diese Erlasse deshalb als notrechtliche Gegenstücke zu den vom Parlament regulär verabschiedeten Bundesbeschlüssen oder Bundesgesetzen aufgefasst werden, allerdings ohne die Möglichkeit eines Referendums. Sie waren «Erlasse mit Gesetzeskraft».155 Auf die im Namen des gesamten Bundesrats verabschiedeten Beschlüsse und Verordnungen stützte sich eine zweite Kategorie von rund 500 Verfügungen (V) und Ausführungsbestimmungen (AB) aus den eidgenössischen Departemen- ten. Diese Noterlasse wurden zum grössten Teil ebenfalls in der AS, in einigen Fällen aber auch nur im «Bundesblatt» oder im «Schweizerischen Handelsamts- blatt» (SHAB) bekannt gemacht. Sie präzisierten die Regierungsbeschlüsse für 93 zurückzurück den konkreten Anwendungsfall, stellten Vorschriften wie Höchstpreise, Straf- bestimmungen oder Produktionsvorgaben auf und delegierten Aufgaben an un- tergeordnete Verwaltungsebenen, beispielsweise Kantone oder Verbände. Ver- fügungen und Ausführungsbestimmungen folgten oftmals kurz, in einigen Fällen aber auch erst Monate nach dem anfänglichen Regierungserlass. Ein drittes Glied in dieser notrechtlichen Kette bestand schliesslich in Kreisschreiben (K), Be- kanntmachungen, Instruktionen, Reglementen, Aufrufen und Vorschriften, die von der Bundesverwaltung an die Kantonsregierungen, einzelne Gruppierungen, Branchen der Privatwirtschaft – oder in besonderen Fällen vom Bundesrat direkt ans «Schweizer Volk» gerichtet waren. Diese Noterlasse wurden oftmals in Re- aktion auf Probleme oder Unklarheiten bei der Umsetzung der notrechtlichen Massnahmen sowie in Krisensituationen erlassen.156 Daneben – und hier entfaltete das Vollmachtenregime seine bisweilen über- wältigende Komplexität – enthielten die untersuchten Sammlungen aber auch zahlreiche Bundesratserlasse, die sich nicht auf den Beschluss vom 3. August 1914 stützten. Zum Beispiel weil sie sich auf bereits bestehende Gesetze berie- fen oder Politikfelder betrafen, in denen die Regierung schon vor dem Weltkrieg Verordnungen erlassen hatte. Da diese Erlasse jedoch unmittelbar «durch die Kriegsverhältnisse veranlasst» wurden, verstanden sie die Juristen und Beamten, die sich ab 1914 mit dem Vollmachtenregime beschäftigten, ebenfalls als Teil des Ausnahmezustands.157 Das Gleiche gilt für eine Reihe von Parlamentsbeschlüs- sen, die in direktem Zusammenhang mit der Kriegssituation und den Vollmach- ten des Bundesrats standen. So ist beispielsweise der Vollmachtenbeschluss selbst streng genommen nicht Teil des Vollmachtenregimes, da er ja vom Parlament und nicht von der Exekutive verabschiedet wurde. Solche Erlasse zeigen nicht zuletzt, dass National- und Ständerat auch während des Weltkriegs noch am politischen Entscheidungsprozess teilnahmen. Die gegenüber der Notrechtset- zung vergleichsweise geringe Zahl von Parlamentsbeschlüssen zwischen 1914 und 1919 bestätigt allerdings Fritz Baers Feststellung, dass «die Gesetzgebungs- gewalt […] zu einem großen Teil von der Bundesversammlung auf den Bundes- rat übergegangen» war.158 Wieder andere Noterlasse schliesslich wurden in den verschiedenen Sammlungen des Notrechts zwar verzeichnet, jedoch nicht in den amtlichen Veröffentlichungen publiziert und sie liessen sich zum Teil auch in den untersuchten Quellenbeständen nicht mehr ausfindig machen. Dies trifft erstaunlicherweise vor allem auf die in den Neutralitätsberichten des Bundes- rats erwähnten Erlasse zu, von denen 149 mit zumeist militärischem Inhalt nicht mehr auffindbar waren.159 Wird die Verteilung aller dieser Noterlasse im Verlauf der ersten Phase des Vollmachtenregimes nach Monaten und Departementen betrachtet, fällt zunächst die markante Häufung im August 1914 auf (siehe Grafik 5).160 Danach ging die Notrechtsetzung stark zurück, um dann ab der zweiten Jahreshälfte 1915 wieder schrittweise zuzunehmen. Militärische Massnahmen, das heisst Massnahmen, die in den Kompetenzbereich des SMD fielen, machten fast 40 Prozent der Not- zurückzurück 94

erlasse in der ersten Phase aus, gefolgt von je knapp 15 Prozent aus dem EVD161 und dem FZD. Die Grafik zeigt ausserdem, dass bereits im Juli 1914, also noch vor dem Vollmachtenbeschluss, Noterlasse in Kraft gesetzt wurden. Tatsächlich hatte der Bundesrat bereits vor der Sitzung des Parlaments seine Tätigkeit als Gesetzgeber aufgenommen. Dies umfasste die erwähnte Ausgabe neuer Bank- noten im Wert von 480 Millionen Franken,162 Ausfuhrverbote für Nutztiere, Fahrzeuge, Benzin, Kommunikationsgeräte und alle Arten von Lebensmitteln163 sowie Massnahmen im Kontext der Mobilmachung.164 Der Erlass erster Ausfuhrverbote durch das Militärdepartement setzte ei- nen Prozess in Gang, der sich im Kriegsverlauf als eines der wichtigsten Anwen- dungsfelder der Vollmachten erweisen sollte (siehe Tab. 1).165 Eine stetig wach- sende Liste von Gütern wurde nun vom Export ausgeschlossen. Dies bedeute allerdings nicht die völlige Einstellung der Ausfuhr aus der Schweiz, denn der Bundesrat konnte nach seinem Ermessen Sondergenehmigungen erteilen. Es ging bei dieser Massnahme, die zur gleichen Zeit auch im Ausland166 zum Ein- satz kam, deshalb weniger um eine Verhinderung als um eine staatliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Handels. Diese war nicht nur im Hinblick auf die Wirtschaftskriegführung der Nachbarstaaten wichtig (siehe Kapitel 4.1). Aus- fuhrverbote waren ausserdem ein Versuch, die Warenproduktion innerhalb der Schweiz in erwünschte Bahnen zu lenken, beispielsweise um steigende Preise oder eine Verknappung des Angebots zu verhindern.167 Während sich diese ers- ten Noterlasse noch nicht auf den Vollmachtenbeschluss berufen konnten, wur- den bereits Entwürfe für weitergehende Massnahmen ausgearbeitet. Max Huber, der zuvor an der rechtlichen Vorbereitung auf den Konflikt beteiligt war und den Kriegsausbruch nach Jahren der dauernden Kriegsgefahr «fast als eine Erlösung empfand», widmete sich beispielsweise erneut der Militärjustiz sowie einer Ver- ordnung über die Pressezensur (siehe Kapitel 3.4).168 Seine dazu Ende Juli 1914 eingereichten Entwürfe zeigen, dass die Vollmachten des Bundesrats zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs gewiss waren, denn sie beinhalteten immer noch die Option eines Parlamentsbeschlusses über den Kriegszustand.169 Der erste Erlass, der sich auf die am 3. August 1914 beschlossenen Vollmach- ten stützte, war der noch am gleichen Tag verabschiedete «Bundesrats beschluss betreffend die Bewilligung von Respekttagen für Wechsel», der eine Frist von 30 Tagen zur Begleichung von Zahlungsanweisungen einräumte. Es war dies der erste in einer Reihe von Noterlassen, die sich mit Schuldnern befasste, die durch die wirtschaftlichen Turbulenzen bei Kriegsausbruch in Zahlungsschwie- rigkeiten geraten waren.170 Der Finanzbedarf des Staats für die Mobilisierung, die Abwesenheit der Wehrpflichtigen an ihren Arbeitsplätzen, die Heimreise vieler Touristen, die zeitweise Unterbrechung des Geld- und Warenverkehrs mit dem Ausland sowie der «Run» auf Banken und Geschäfte führten in diesen Tagen zu einem jähen ökonomischen Stillstand und einer «Geldkrise», denen der Bundes- rat, von Kantonen und Verbänden um Hilfe ersucht,171 mit verschiedenen Not- erlassen entgegenzuwirken versuchte.172 Auf die verlängerte Frist für Wechsel 95 zurückzurück folgte am 5. August 1914 ein «Rechtsstillstand», der alle Betreibungen zunächst bis Ende August, für weitere Monate aufschob.173 Der Rechtsstillstand, der als Massnahme gegen die Wirkungen der Geld- knappheit auch an der ausserordentlichen Parlamentssitzung besprochen wor- den war,174 offenbarte bereits in den ersten Kriegstagen ein Problem, mit dem sich der Bundesrat in seiner Funktion als Notrecht setzende Behörde wiederholt be- schäftigen sollte: Noterlasse konnten von den Betroffenen sehr unterschiedlich interpretiert werden und damit schnell unbeabsichtigte Folgen nach sich ziehen. Zudem erzeugte ein Bundesratsbeschluss in manchen Fällen mehr Zweifel über die Rechtslage, als er Lösungen für die bestehenden Probleme bereitstellte.175 Nachdem den Interessen von Schuldnern und kleineren Banken mit dem Betrei- bungsmoratorium und weiteren Beschlüssen entgegengekommen worden war, häuften sich in den Tagen nach Kriegsausbruch die Beschwerden von Gläubi- gern, die durch den Rechtsstillstand ihre Forderungen in Gefahr sahen. Um Vor- würfen zu begegnen, der Noterlass werde missbraucht in der Absicht, Schulden nicht begleichen zu müssen, Konkurse abzuwenden und von «der schwierigen Situation zu profitieren»,176 sah sich das Bundesgericht auf Ersuchen des JPD am 10. August 1914 dazu veranlasst, mit einem Kreisschreiben Klarheit zu schaf- fen. Darin machte es deutlich, dass der Noterlass des Bundesrats die «Fälligkeit der eingegangenen Schulden […] in keiner Weise» infrage stelle und einzig einen Aufschub des Betreibungsverfahrens beabsichtige.177 Auch die Regierung selbst musste einräumen, dass der Erlass vom 5. August durch Missverständnisse und Unklarheiten «unerträgliche Folgen» gezeitigt hatte: «Der Schuldner unterliess es, weil er den Zahlungsbefehl, die Pfändung und den Konkurs nicht mehr zu fürchten hatte, seiner Zahlungspflicht nach- zukommen und erschwerte und verunmöglichte es so seinem Gläubiger, seinerseits die ihm obliegenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. Während das Institut des Rechtsstillstandes seinem Zwecke nach nur dem Notleidenden dienen soll, hat es sich häufig auch der Bemittelte und Reiche zunutze ge- macht und sich seinen Gläubigern gegenüber so verhalten, wie wenn seine Schulden gestundet wären. Es zeigte sich, dass man die Massnahme nicht fortbestehen lassen konnte.»178 Auf Anregung von Bundesrichter Jaeger wurde der Rechtsstillstand in der Folge durch eine Änderung des «Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs» ersetzt, welche die Hilfe für Schuldner differenzierte und der Aufsicht der loka- len Konkursbehörden unterstellte.179 Für besonders gefährdete Branchen wur- den ausserdem Sonderregelungen erlassen, so für Mieter, Eisenbahnunterneh- men und das Gastgewerbe.180 Wenn ein Hotel- oder Restaurantbesitzer glaubhaft machen konnte, dass er durch das kriegsbedingte Ausbleiben der Touristen in Zahlungsschwierigkeiten geraten war, konnte er einen Aufschub für Zinsen und Kapitalrückzahlungen erhalten. Vor allem aber war nach einem Erlass vom November 1915 der Bau neuer oder die Erweiterung bestehender Hotels nur noch mit einer Bewilligung des Bundesrats möglich. Dieses «Hotelbauverbot», zurückzurück 96

das auch im Licht eines Hotelbaubooms vor dem Krieg gesehen werden kann, bestand schliesslich bis 1952.181 Nach der Einschätzung Jaegers, der als Experte für Schuldbetreibungs- und Konkursrecht ein Gutachten für das JPD in der An- gelegenheit erstellt hatte, schuf der Bundesrat damit ein «Gewerbemonopol» der etablierten Hoteliers, das der 1874 in der Verfassung garantierten Handels- und Gewerbefreiheit widersprach.182

3.4 Formen der Einflussnahme auf die Notgesetzgebung

Der Noterlass zum Schutz des Gastgewerbes war ein Anliegen, dass Oskar Hau- ser, Präsident des Schweizerischen Hotelier-Vereins, dem Bundesrat seit Herbst 1914 wiederholt unterbreitet hatte.183 Der vom Justizdepartement und seinen Rechtsgutachtern ausgearbeitete Beschluss ging am Ende zwar nicht so weit wie die ursprüngliche Forderung des Interessenverbands nach einem umfassenden Ausnahmegesetz für die Branche, er verdeutlicht aber einen zentralen Mecha- nismus der Entscheidungsfindung im Vollmachtenregime. Vom Parlament zur Gesetzgebung ermächtigt, ergoss sich seit Kriegsbeginn ein Strom von Gesuchen und Vorschlägen über die sieben Bundesräte, mit ihren Vollmachten in allen mög- lichen Bereichen aktiv zu werden. Statt den langwierigen Weg über Initiativen, Parlamentsdebatten, Kompromisslösungen und Volksabstimmungen nehmen zu müssen, bestand nun prinzipiell die Möglichkeit, eine Gesetzesidee durch einen Brief, die Teilnahme an einer Konferenz oder ein persönliches Gespräch auf die notrechtliche Agenda des Bundesrats zu setzen. Wenn es gelang, die Exekutive von der Notwendigkeit eines Noterlasses zu überzeugen, ermöglichte der Aus- nahmezustand eine völlig neue Form politischer Partizipation. Die Zahl diesbezüglicher Anfragen war bereits in der ersten Phase nach Kriegsausbruch so gross, dass nur ein exemplarischer Ausschnitt dieser Versuche der Einflussnahme auf die notrechtliche Politik gegeben werden kann. Neben dem Wunsch des Hotelier-Vereins nach einer «Notstandsaktion», dem der Bundesrat bereits im Frühjahr 1915 mit einer Verlängerung der «Betreibungsstundung» ent- gegengekommen war,184 gelang es dem SHIV im November 1914, die Regierung zu einer besseren Regelung der Pflichten schweizerischer Kreditnehmer gegen- über Gläubigern im Ausland zu bewegen. Nachdem sich vor allem Westschweizer Unternehmen beklagt hatten, Forderungen aus Deutschland schutzlos ausgesetzt zu sein, obwohl dort ebenfalls ein Schuldenmoratorium in Kraft war, sollten sie nun dieselben Rechte geniessen, die «nach der Kriegsgesetzgebung des fremden Staates» für die dortigen Schuldner vorgesehen waren.185 Auf die Problematik steigender Preise und die Gefahr von «Preiswuche- reien» machten den Bundesrat seit Anfang August 1914 zahlreiche Schreiben von Verbänden, Kantons- und Gemeindebehörden aufmerksam.186 In der Folge stellte das JPD mit der «Verordnung gegen die Verteuerung von Nahrungsmit- teln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen» erste kriegswirtschaft- 97 zurückzurück liche Richtlinien gegen die Teuerung von Konsumgütern auf.187 Nur wenige Tage zuvor hatte Österreich-Ungarn eine sehr ähnlich lautende, in Bezug auf die Be- fugnisse der Behörden allerdings weitergehende Verordnung erlassen.188 Nach der Einschätzung von Hermann Böschenstein war der Erlass des Bundesrats al- lerdings weniger wirksam, als der Titel suggerierte. Um je nach Region und Lage spezifische Interventionen zu ermöglichen, entschied sich der Bundesrat für ei- nen selbständigen Vollzug durch die Kantone in Form von Höchstpreisen, Wu- cherbestrafung, «Zwangsenteignung» sowie der Verhinderung von «Ring- und Trustbildung».189 Die Kantone setzten zwar wenig später eigene Dekrete in Kraft oder hatten solche bereits vor der Verordnung des Bundesrats beschlossen, die Umsetzung des Noterlasses ist aber nach Ansicht des Bundesrats zu spät erfolgt und nicht koordiniert gehandhabt worden. Arthur Hoffmann erklärte in der aus- serordentlichen Parlamentsdebatte vom März 1916, die Kantone hätten bei der Preispolitik «gänzlich versagt» (siehe Kapitel 4.3).190 Tatsächlich reagierten auf eine Bitte des JPD um Auskunft über die getroffe- nen Massnahmen lediglich elf Kantonsregierungen, von denen es die meisten bei einer Publikation des Noterlasses und einer Delegation seiner Umsetzung an die Gemeinden beliessen.191 Administrative Untätigkeit angesichts der wirtschaft- lichen Krisensituation lässt sich den lokalen Behörden allerdings nicht generell vorwerfen. Bereits in den ersten Kriegstagen wurden vor allem in den grösseren Städten Vorschriften aufgestellt, Empfehlungen verbreitet und zahlreiche Kom- missionen gebildet, welche sich mit Beschaffung, Verteilung und Verkauf von Lebensmitteln, der Unterstützung der Angehörigen von Soldaten oder drohen- der Arbeitslosigkeit befassten.192 Solche Bemühungen um Selbstregulierung auf der Ebene von Kantonen und Gemeinden wurden vom Bund gefördert. So rief das EVD am 8. August 1914 per Kreisschreiben zur Bildung «landwirtschaft- licher Ortskomitees» auf, welche die lokale Lebensmittelproduktion mithilfe der Bauernverbände koordinieren, steigern, statistisch erfassen sowie «unlautere Handlungen zur Ausnützung der Notlage» bekämpfen sollten.193 Die Verord- nung vom 10. August 1914 wurde in der Folge mehrmals ergänzt. Im Sommer 1915 ermächtigte der Bundesrat Kantone, Gemeinden und Verbände zunächst zur Erfassung aller Warenbestände, «soweit sich ein Bedürfnis hierfür geltend macht», und verhängte gegen Falschangaben Geldbussen.194 Anfang 1916 ermög- lichte dann ein Noterlass, dass das EVD der Spekulation oder Hortung verdäch- tigte Lebensmittelvorräte beschlagnahmen und für einen vom Bund festgelegten Preis aufkaufen konnte.195 Die bei Verstoss mit hohen Geld- und Gefängnisstra- fen sanktionierte Beschlagnahmung wurde auf Wunsch der Handelsabteilung des Politischen Departements kurze Zeit später auf alle Arten von Waren ausgedehnt (siehe Kapitel 4.2).196 In regem Kontakt zu den Bundesbehörden stand schon kurz nach Kriegs- ausbruch auch der Schweizerische Bauernverband. Die Landwirtschafts- und Versorgungspolitik bot für den SBV ein fruchtbares Feld, um seinen Einfluss zur Geltung zu bringen und die Interessen der Bauern, die durch kriegsbedingte zurückzurück 98

Handelsbeschränkungen ihre Erzeugnisse nicht mehr ins Ausland exportieren konnten, beim Bundesrat zu vertreten. Ernst Laur, als leitender Sekretär des SBV und Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre an der ETH Zürich sozusa- gen «der Idealtyp eines Superexperten»,197 reklamierte für sich und seinen Ver- band sogar, im Ersten Weltkrieg vom blossen Lieferanten von Statistiken und Gutachten «zum eigentlichen Träger der staatlichen Massnahmen» im Bereich der Agrarpolitik geworden zu sein.198 Unter Mitwirkung des EVD vermittelte der SBV zwischen Milchproduzenten, Käsern und Käseexporteuren noch im August 1914 die Gründung der halbstaatlichen Genossenschaft schweizerischer Käse exportfirmen (GSK, als «Käseunion» bis 1999 aktiv), die als «erste Kriegs- gründung großen Stils»199 mit staatlicher Rückendeckung fortan den Verkauf be- stimmter Käsesorten im In- und Ausland koordinierte, Preise festsetzen konnte und im September 1915 das Monopol auf den gesamten Käseexport erhielt.200 Ein Teil der Gewinne, welche die GSK mit der beständigen Nachfrage nach schwei- zerischen Milchprodukten im Ausland erzielte, flossen an den Bund, der damit die «Verbilligung» der Milch im Inland finanzierte (siehe Kapitel 4.2). Ein ver- gleichbarer Mechanismus kam in den Niederlanden zum Einsatz, bei dem Aus- fuhrbewilligungen von der Einhaltung vorgegebener Preise im Inland abhängig gemacht wurden.201 Nur wenige Tage nachdem die GSK mit finanzieller Beteiligung des Bundes und einem Nationalbankkredit gegründet worden war, organisierte Ernst Laur eine Konferenz von Bundesbehörden, Produzenten, Verarbeitern, Händlern und Konsumenten von Milchprodukten, welche in Bezug auf Preise und Ver- sorgung eine für alle Seiten akzeptable «Milchmarktordnung» schaffen sollte.202 Deren rechtliche Rahmenbedingungen wurden in verschiedenen Noterlassen auf gestellt, so im «Bundesratsbeschluss über die Sicherung der Milchversorgung des Landes», der das EVD im November 1915 ermächtigte, die Verarbeitung des Nahrungsmittels zu Käse oder anderen Milchprodukten sowie deren Ausfuhr zu verbieten, «kann eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Milch an- ders nicht erreicht werden».203 Noch im gleichen Monat wurden vom Volkswirt- schaftsdepartement, nachdem einige Kantone und Gemeinden bereits im Som- mer 1915 zu diesem Mittel gegriffen hatten, erstmals Höchstpreise für Butter und Käse festgesetzt, die im Gross- und Einzelhandel nicht überschritten werden durften (siehe Kapitel 4.1).204 Seit Januar 1916 war der Handel mit Milch und bestimmten Käsesorten in der Schweiz generell nur noch mit einer Bewilligung des EVD möglich.205 Produktion und Verteilung wurde von den Verbänden der Milchwirtschaft koordiniert, die in Verhandlungen mit dem Bund «Verpflichtun- gen für die Milchversorgung des Landes» übernommen und dafür Preisvorteile erhalten hatten.206 Als Vermittler an den Schnittstellen von Politik und Wirtschaft passten sich die parastaatlichen Verbände sehr schnell an die durch Krieg und Vollmachten geschaffene Situation an und profitierten dabei von einem persönlichen und in- stitutionellen Beziehungsnetzwerk, dass sie in den Jahrzehnten vor dem Ersten 99 zurückzurück

Weltkrieg aufgebaut hatten. An kaum einer Person lässt sich dieses Netzwerk so deutlich illustrieren wie an Ernst Laur. Am Sitz des Bauernverbands in Brugg tätig, pflegte der 1871 geborene Agronom nicht nur eine Freundschaft mit dem in der Nähe aufgewachsenen und seit 1912 für die Landwirtschaftspolitik des Bundes zuständigen Edmund Schulthess, er verfügte ausserdem über zahlreiche Kontakte zum Militär, zur Privatwirtschaft, zur Nationalbank und in die Verwaltungen von Bund und Kantonen. Zudem stand Laur an der Spitze eines Verbands, der den politischen Parteien der Zeit im Hinblick auf Organisationsgrad und «Aktions- fähigkeit» weit überlegen war.207 Damit besass der Bauernsekretär nicht nur ein beträchtliches Einflusspotenzial – dessen Wirkung er selbst gerne betonte –, er vereinigte Funktionen und Legitimationen des wirtschaftlichen Interessenvertre- ters mit denen des wissenschaftlichen Experten in einer Person.208 Laur habe, so hielt er noch 30 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Welt- kriegs fest, die mangelhafte Kriegsvorbereitung des Bundes früh erkannt und dem SBV dadurch eine führende Stellung im «Werk der wirtschaftlichen Mobilma- chung» verschaffen können.209 Dieses «Werk» umfasste neben Verhandlungen mit dem Generalstab über die Dispensation von Arbeitskräften für die Nahrungs- mittelindustrie und über die Lieferung von Milch und Fleisch an die Armee vor allem die Ausarbeitung eines umfangreichen «wirtschaftlichen Mobilmachungs- plans».210 Zufälligerweise genau die gleiche Bezeichnung, die der Berliner In- dustrielle Walther Rathenau verwendete, als er 1915 eine lückenlose Steuerung der Kriegswirtschaft durch den Staat forderte. Rathenau war nicht nur eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des Deutschen Reichs, unmittelbar nach dem Ausbruch des Weltkriegs wirkte er massgeblich am Aufbau einer Organisation zur Beschaffung von Rohstoffen für die von Munitionsmangel betroffene deut- sche Armee mit, der späteren «Kriegsrohstoffabteilung» (siehe Kapitel 4.2).211 Ernst Laur, der selber nie ein politisches Amt bekleidete, quartierte sich noch vor der Generalswahl mit einem Stab von Helfern in Bern ein, «nahm Fühlung mit [seinen] Freunden in der Bundesversammlung» und bot sich der Armeespitze und dem Volkswirtschaftsdepartement als Berater an.212 Gleichzeitig kommunizierte er aber auch deutlich, dass der SBV in bestimmten Bereichen wie der Beschrän- kung des Milchpreises «jede Einmischung der Behörden» ablehnte.213 Gegliedert nach den hypothetischen Stadien eines «mehrjährigen Kriegs», bestand der «Mobilmachungsplan» des Bauernsekretärs aus einer Mischung aus staatlicher Intervention mittels Noterlassen, Kooperationsverträgen zwischen Wirtschaftsverbänden, bäuerlicher Selbstregulierung, einem Ausbau der Agrarpro- duktion und einer Entlastung der Unternehmen. Dem Bauernsekretär selbst sollte darin die zentrale Koordinationsfunktion, dem EVD eine Stellung als «oberste Wirtschaftsbehörde, die das ganze wirtschaftliche Leben nach einheitlichem Plane ordnet», zukommen.214 Das Resultat von Laurs Konzept wäre eine militarisierte Republik von Arbeiter/-innen, Bauern und Soldaten gewesen – selbstversorgend und gesteuert durch einen machtvollen Zentralstaat – die sich aber gleichwohl auf die «Ausnützung der Konjunkturen nach Friedensschluss»215 vorbereitete: zurückzurück 100

«Ich empfahl eine allmähliche Ausscheidung des Volkes in eine militärische und eine wirtschaftliche Armee. Alle für das wirtschaftliche Leben notwen- digen und besonders nützlichen Männer werden entlassen. Sie werden durch örtliche Uebungen als Reserven für die Ergänzung der Armeebestände aus- gebildet. […] Der Verbrauch wird beeinflusst, die Hauptnahrungsmittel werden nur noch gegen Gutscheine abgegeben und auch die Selbstversor- gung wird geordnet. Der Anbau wird gefördert, der Bund bestimmt Anbau- fläche und Kulturarten; er kann die Ernte beschlagnahmen. Die Verbände übernehmen die Schlachtviehlieferung sofort für die Armee, später auch an die Privaten. Die Art der Milchverwertung kann obligatorisch vorgeschrie- ben werden. Für den Export land- und milchwirtschaftlicher Produkte wer- den Zentralstellen errichtet.»216 Wohl auch weil Ernst Laurs Worst-Case-Szenario, die völlig Isolation der Schweiz vom Welthandel, nicht eintraf, wurde eine Umsetzung des Plans nie ernsthaft in Erwägung gezogen und der Bauernsekretär kehrte nach einigen Wochen, in denen das Verhältnis zu Edmund Schulthess nach eigener Aussage «überspannt» wurde, zurück nach Brugg.217 Zu Laurs Zufriedenheit flossen aber Teile daraus in die Versorgungspolitik des Bundesrats ein und schufen ein An- gebot möglicher Massnahmen und Institutionen, auf die später zurückgegriffen werden konnte (siehe Kapitel 5.2). Mit steigender Kadenz befassten sich nun Noterlasse mit der Lebensmittelversorgung von Armee und Bevölkerung. Den Anfang machten Vorschriften zur «Sicherung der Brotversorgung» Ende August 1914.218 Die schweizerischen Mühlen wurden darin angewiesen, nur noch «Voll- mehl» mit maximalem Ausmahlungsgrad herzustellen und ihre Produktion für den Bund zu dokumentieren. Die Herstellung von Brot mit einem Gewicht von mehr als 50 Gramm war nur noch mit diesem «Vollmehl» möglich, die Tier- fütterung mit «mahlfähigem» Getreide wurde eingeschränkt.219 Alle Vorräte an Weissmehl erfasste und beschlagnahmte das Oberkriegskommissariat (OKK), das für die Verpflegung der Armee zuständige Bundesamt des SMD, Ende 1915. Das Mehl blieb zwar im Besitz der Mühlen, durfte aber nur noch an den Bund verkauft werden, der damit die Kantone zur Verteilung an Spitäler, Kinderheime und Kirchen belieferte.220 Verstösse gegen diese Vorschriften wurden – da sie in erster Linie zur Versorgung der Streitkräfte erlassen wurden – durch die Gerichte der Armee beurteilt (siehe Kapitel 3.5). Die militärischen Justizbehörden wurden damit vor eine Vielzahl wirtschaftlicher Straffälle gestellt, die nicht nur äusserst aufwendig in der Bearbeitung waren, sondern auch völlig ausserhalb ihres ge- wohnten Aktionsbereichs lagen (siehe Kapitel 4.4).221 Gleichzeitig nahm der Bund mit dem Anfang August 1914 «von heute auf morgen ins Leben gerufenen Getreidebureau» eine Tätigkeit als Lebensmittel- händler auf.222 Durch Käufe von Weizen, Hafer oder Mais in Übersee und in der Schweiz beziehungsweise den Verkauf zu per Noterlass festgelegten Prei- sen versuchte er die Bedürfnisse von Armee und Zivilbevölkerung auf der einen, der Ackerbauern und Viehhalter auf der anderen Seite zu berücksichtigen.223 Der 101 zurückzurück

Anlass hierfür war, dass Deutschland bei Kriegsausbruch für die Schweiz be- stimmte Getreidelieferungen blockiert hatte und erst freigab, nachdem der Bun- desrat sich bereit erklärt hatte, die Einfuhr zu übernehmen.224 Auf Druck Frank- reichs, das einem unkontrollierten und damit möglicherweise den Mittelmächten zufallenden Privatimport ebenfalls misstrauisch gegenüberstand und deshalb den Transit von seinen Häfen in die Schweiz beschränkt hatte, erliess der Bundes- rat wenige Monate später ein staatliches Monopol für den Import von Getreide, Mais, Futtermitteln sowie daraus hergestellten Produkten.225 Dieses bereits seit Jahren debattierte und bei Kriegsausbruch noch einmal von Edmund Schulthess vorgeschlagene Einfuhrmonopol machte das «Getreidebureau» zum einzigen legalen Anbieter von ausländischem Getreide in der Schweiz und stellte damit einen Grossteil des Handels – vor dem Weltkrieg wurden mehr als drei Vier- tel des konsumierten Brotgetreides aus Russland, Kanada und den USA impor- tiert – unter die Kontrolle des Bundes.226 Mehl, das aus dem vom Bund gekauften Getreide hergestellt wurde, durfte bestimmte Preise nicht überschreiten.227 Von einer Verstaatlichung des ganzen Getreidehandels sah die Regierung noch ab, doch Registrierung und Beschränkung von Getreidevorräten bereiteten diesem Schritt bereits den Boden.228 Aufgrund der Bedeutung des aus dem Ausland stammenden Getreides für die Ernährung von Mensch und Tier kam der staatlichen Intervention in die Brotversorgung besonders viel öffentliche Aufmerksamkeit zu.229 «Ganz ausser dem verfassungsmässigen Rahmen» stehende Vorschriften für Produktion, Ver- arbeitung, Handel und Konsum wurden aber auch für andere Wirtschaftsgüter aufgestellt.230 Den Anfang machte am 8. August 1914, kurz bevor der deutsche Bundesrat eine ähnliche Vorschrift erliess, ein Verbot der Schlachtung von Käl- bern, die jünger als zwei Monate waren.231 Die Massnahme, die angesichts ho- her Fleisch- und Lederpreise einem sinkenden Viehbestand entgegenwirken sollte, wurde allerdings bereits wenige Wochen später wieder aufgehoben, da sie sich negativ auf die Milchproduktion ausgewirkt hatte.232 Mit einem gesenkten Mindestalter wurde das Schlachtverbot aufgrund des mittlerweile aufgetrete- nen Mangels an Leder im Februar 1915 aber erneut eingeführt.233 Im folgenden Mai wurde mit einem nicht publizierten Bundesratsbeschluss dann das Büro für Schlachtviehimport geschaffen.234 Wie das Getreidebüro sollte die nach Abspra- che mit «beteiligten Kreisen» im EVD angesiedelte Organisation den Import von Ochsen und Schweinen vor allem aus Italien durchführen. Die Leitung wurde einem «Fachmanne», dem Brugger Viehimporteur Carl Kraft-Schwarz, übertra- gen. Ihm stand eine überwachende Verwaltungskommission zur Seite, «damit ja keine Klagen über die Begünstigung einzelner Kreise und keine berechtigte Kri- tik über das Vorgehen platzgreifen können».235 In ähnlicher Weise beteiligte sich der Bund auch an der Einfuhr von Kartoffeln und Pferden.236 Staatliche Import- monopole sprach der Bundesrat für diese Güter allerdings nicht aus. Einfuhr- monopole wie das für Getreide wurden aufgrund der Handelsbeschränkungen der Nachbarstaaten dagegen bis zum Frühjahr 1916 für Reis, Zucker sowie fak- zurückzurück 102

tisch für Petroleum und Benzin erlassen.237 Diese als «Monopolwaren» bezeich- neten Güter konnten somit nur noch vom OKK im Ausland erworben, im Inland verkauft, beschlagnahmt und mit bundesweit verbindlichen Höchstpreisen ver- sehen werden.238 Preisvorschriften, die im Handel nicht übertreten werden durften, waren eine der ersten Massnahmen, mit denen der Bundesrat in die wirtschaftlichen Prozesse direkt zu intervenieren versuchte, und sie stellten, wie oben beim Milchmarkt beschrieben, einen Mechanismus dar, aus dem sich eine Zusammen- arbeit zwischen dem Staat und den betroffenen Branchenorganisationen entwi- ckeln konnte. Erstmals erprobt wurde das Instrument bei einem Erzeugnis, das schon vor dem Ersten Weltkrieg vom Bund reguliert wurde.239 Ende August 1914 schränkte das FZD Produktion und Verkauf von Spirituosen ein und der von der Alkoholverwaltung des Bundes zur Herstellung von Medikamenten abgegebene Branntwein wurde mit einem Höchstpreis versehen. Der Kauf des Produkts war nur noch durch Vermittlung des Schweizerischen Apothekervereins möglich, der zudem ermächtigt wurde, gegen «missbräuchliche Ausnützung des eingeräum- ten Vorrechts» Kontrollen bei den Abnehmern durchzuführen. Verstösse gegen die Höchstpreise wurden mit Lieferstopps und Veröffentlichung der Namen der Übertreter bestraft.240 Einen ähnlichen Weg gingen EVD und SMD mit der neu gegründeten Häute- und Fell-Lieferanten-Genossenschaft und dem Schweizerischen Gerberverein in einem Bundesratsbeschluss zur «Versorgung der Armee und der Zivilbevöl- kerung mit Leder zu angemessenen Preisen».241 Der Erlass, der eine Steigerung und Umlenkung der Lederproduktion auf den Inlandbedarf zum Ziel hatte, war bemerkenswert, da er nicht nur ein vom EVD vermitteltes Abkommen zwischen den beiden Verbänden über Höchstpreise, Herstellung und Verkauf von Häu- ten, Fellen und Leder umfasste, er war ausserdem ein für die Rechtsetzung im Vollmachtenregime charakteristischer Kompromiss zwischen den Interessen der Armee, für die eine gesicherte Versorgung mit Lederwaren von grosser Wichtig- keit war, der Exportwirtschaft, die einen Gewinn aus der hohen Nachfrage nach diesen Produkten im Ausland ziehen wollte, und der Lederindustrie, die mit stei- genden Preisen für ihr Rohmaterial zu kämpfen hatte.242 Neben den bereits erwähnten Preisobergrenzen beim Verkauf von Butter und Käse wurden Höchstpreise in der ersten Phase ausserdem für Mehl aus dem vom Getreidebüro verkauften «Bundesweizen»,243 Petroleum, Benzin so- wie Milch im Grosshandel aufgestellt.244 Zusammen mit den Hilfsaktionen für Schuldner, der Ausdehnung der Ausfuhrverbote, der Verschärfung von Straf- bestimmungen,245 den staatlichen Bestrebungen zur Einfuhr und Erfassung von Waren sowie schliesslich der Ermächtigung des EVD zur Beschlagnahmung246 machte diese Zunahme von wirtschaftspolitischen Noterlassen zum einen die Verschlechterung der ökonomischen Lage der Schweiz gegen Ende 1915 hin deutlich. Zum anderen zeichnete sich darin die gestiegene Bereitschaft des Bun- desrats ab, mit staatlichen Institutionen in immer mehr Wirtschaftsbereiche ein- 103 zurückzurück zugreifen oder diese Aufgabe an seine Departemente, die Kantone oder einzelne Verbände zu delegieren. Massgeblich beeinflusst wurde der Entscheidungsprozess, der zur Auswei- tung dieses notrechtlichen Regulariums führte, von zahlreichen Treffen staatlicher, privater und militärischer Akteure, an denen Probleme, Interessen, Konflikte und Lösungsansätze diskutiert wurden.247 Bezeichnenderweise begann dieses Verfah- ren der Entscheidungsfindung bereits am Tag der Vollmachtenerteilung mit ei- ner «großen Konferenz der Kantonsregierungen und Wirtschaftsverbände», die Bundesrat Edmund Schulthess in Bern einberufen hatte.248 Trotz des prominenten Stellenwerts dieser Konferenz in der Biografie des Aargauer «Industrieanwalts» und Vorstehers des EVD liessen sich über die Teilnehmer und Ergebnisse kaum Erkenntnisse gewinnen.249 Laut dem «Journal de Genève» wurde dort vor allem die Versorgung der Schweiz mit Lebensmitteln besprochen und ein Verbot der Herstellung von Spirituosen aus Kartoffeln und Getreide sowie ein hartes Vor- gehen gegen «trafiquants» beschlossen.250 Beide Vorschläge fanden, wie bereits er- wähnt, wenig später in Noterlassen Berücksichtigung.251 Solche Konferenzen, an denen die politische Reaktion auf die Wirkungen des Weltkriegs zwischen staat- lichen und privaten Akteuren ausgehandelt wurde, fanden in der Folge in kurzen Abständen und zu den unterschiedlichsten Themen statt. Bereits am 5. August 1914 luden die Bundesräte Motta (FZD) und Müller (JPD) erneut ins Bundeshaus, wo sich die Kader der SNB, Vertreter der Banken, der grossen Wirtschaftsver- bände sowie des Schweizerischen Arbeiterbunds mit «leitenden Beamten» des Bundes über Lösungen der herrschenden Finanzprobleme verständigten.252 Der dabei von den Teilnehmern einstimmig befürwortete «Rechtsstillstand» (siehe Kapitel 3.3) wurde noch am selben Tag per Noterlass in Kraft gesetzt.253 Der Bun- desrat entsprach damit auch den Interessen der Arbeitnehmerseite, habe der Er- lass aus deren Sicht doch «die wirtschaftlich Schwachen vor den Raubgelüsten der kapitalistischen Hyänen» geschützt.254 Weitere Zusammenkünfte, bei denen ein breites Teilnehmerfeld Impulse zur Ausarbeitung von Noterlassen geben konnte, fanden im November 1914 zur Frage sinkender Einkommen,255 im September 1915 zur erstmaligen Durchführung von Grenzkontrollen256 und Anfang März 1916 mit dem Ziel einer Neuaushandlung des Milchpreises257 statt. Die Veranstaltung von Konferenzen, an denen Vertreter des Bundes mit den «betroffenen Kreisen» staatliche Interventionen vorbereiteten, war keine Pra- xis, die erst im Weltkrieg entstand.258 Aufgrund der Möglichkeit des fakultativen Referendums, der institutionellen Grenzen der Bundesverwaltung und des fö- deralistischen Organisationsprinzips der Schweiz war der Bundesrat spätestens seit 1874 darauf angewiesen, die politisch massgeblichen Akteure möglichst früh in den von ihm angestossenen Gesetzgebungsprozess einzubinden (siehe Kapi- tel 2.4).259 Auch garantierten in einem von den verschiedensten Interessen und Einflussfaktoren geprägten politischen System weder ein Konferenzbeschluss noch Briefkontakt oder Gespräche mit Regierungsmitgliedern die Umsetzung legislativer Forderungen mittels Noterlassen.260 Das Vernehmlassungsverfahren zurückzurück 104

des Vollmachtenregimes unterschied sich aber in wesentlichen Punkten vom Ein- bezug der Interessen der Vorkriegszeit. Die demokratische Willensbildung war durch die Verhängung des Ausnahmezustands gleichsam kurzgeschlossen wor- den, die Demokratie nach einigen Autoren sogar wirksam «ausgeschaltet».261 Da der für die Gesetzgebung nun zuständige Bundesrat aber weder über die Kapazi- täten noch über die Sachkenntnis zur Bewältigung der durch die Kriegslage her- vorgerufenen Probleme verfügte, suchte er «sich dort Entscheidungshilfen, wo er sie bisher schon gefunden hatte».262 Er griff auf Personal, Erfahrung, Strukturen und «Innovationspotenzial» der Wirtschaftsverbände zurück. Anknüpfend an die im letzten Kapitel beschriebenen Mechanismen, mit denen diese Organisa- tionen bereits ins politische System integriert wurden, entwickelte sich rasch ein System, in dem parastaatliche Akteure nicht nur in der Ausarbeitung, sondern auch in der Umsetzung der Noterlasse eine tragende Rolle spielen konnten. Kon- ferenzen, Expertenkommissionen und in Zusammenarbeit mit den Verbänden gebildete Verwaltungsorgane übernahmen in diesem System Funktionen von Parlament, Gerichten und Exekutive.263 Dass ein solches auf den persönlichen Kontakten in der Bundesstadt und dem Beziehungsnetz der freisinnigen «Grossfamilie» fussendes System ohne demokra- tische Legitimierung und Versuche zentraler Steuerung funktionieren konnte, war laut Leonhard Neidhart auf die politischen Eigenheiten eines Kleinstaats zurück- zuführen, in dem privatwirtschaftliche Akteure durch «informelle Steuerungsmög- lichkeiten» seit je starken Einfluss besassen. In der Krisensituation des Weltkriegs konnte der Bundesrat deshalb «auf die Mitarbeit des Parlamentes, nicht aber auf die Kooperation mit den wirtschaftlichen Spitzenverbänden verzichten».264 Die zent- rale Bedeutung etablierter Kontakte zur Bundesverwaltung und die Art der kriegs- bedingten Entscheidungsaufgaben brachten es allerdings mit sich, dass bestimmte Akteure und Wissensbestände bei diesem Vorgehen tendenziell untervertreten wa- ren. Während beispielsweise der Verein Schweizerischer Maschinen-Industrieller ab 1916 für die Zusammenarbeit mit den Behörden in Handelsfragen ein eigenes Büro265 im Bundeshaus unterhielt, war es für Kommunen, Arbeitnehmervertreter oder Frauenverbände in den ersten Kriegsjahren wesentlich schwieriger, mit ihren Anliegen in den Entscheidungsprozess des Vollmachtenregimes vorzudringen.266 Dies, obwohl etwa die Arbeiterorganisationen mit dem zentralen Notstandskomi- tee bereits kurz nach Kriegsausbruch eine Institution speziell «für den Verkehr mit den Bundesbehörden» geschaffen hatten.267 Diese Ungleichbehandlung war vom Bundesrat kaum beabsichtigt, sie war aber charakteristisch für die politischen Be- dingungen in der Schweiz zu Beginn des 20. Jahrhunderts und sollte weitreichende Folgen nicht nur für die Entscheidungen im Ausnahmezustand, sondern auch für die Entwicklung der innenpolitischen Situation in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkriegs haben (siehe Kapitel 6.1). Von derartigen Exklusionsmechanismen war überraschenderweise auch die Bundesverwaltung selbst betroffen. Da die Entscheidung, wer an Ausarbeitung und Umsetzung der Noterlasse mitwirken konnte, in der Gewalt einzelner Re- 105 zurückzurück gierungsmitglieder oder Departementsabteilungen lag, war eine Kooperation zwischen den Organen der Exekutive in den ersten Kriegsjahren eher die Aus- nahme (siehe Kapitel 4.2). Der Grund dafür bestand nicht zuletzt darin, dass bis kurz vor Kriegsausbruch gar keine einheitliche Regelung der Aufgabenver- teilung, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen innerhalb der Administration existierte (siehe Kapitel 2.5). Erst das nach jahrelanger Debatte im März 1914 verabschiedete «Bundesgesetz über die Organisation der Bundesverwaltung»268 und der im Herbst 1914 folgende «Bundesratsbeschluss betreffend Zuständigkeit der Departemente und der ihnen unterstellten Amtsstellen»269 versuchten der bestehenden «Inkongruenz» Abhilfe zu verschaffen, was eine teilweise Neuge- staltung der Strukturen und Befugnisse der Verwaltung nach sich zog (Grafik 6; für den Zustand vor 1915 siehe Abb. 3).270 Kernstücke der Reform waren die Trennung des EPD vom jährlich wechselnden Amt des Bundespräsidenten, die Entlastung des Bundesrats durch mehr «Initiative und Verantwortung» in den Departementen sowie die Verschiebung der für die wirtschaftlichen Interessen der Schweiz im Ausland zuständigen Handelsabteilung vom EVD ins Politische Departement.271 Arthur Hoffmann konnte dadurch über das erste Kriegsjahr hinaus Aussen- und Handelsminister bleiben, was in den Augen von Edmund Schulthess zu einem «Mangel an Konzentration und Koordination» in der not- rechtlichen Wirtschaftspolitik führte.272

3.5 Militarisierung der Politik zwischen Krieg und Frieden

Die Anwendung der Vollmachten durch den Bundesrat in der ersten Phase des Untersuchungszeitraums macht deutlich, dass Noterlasse vom Spätsommer 1914 bis zum Frühjahr 1916 vor allem in zwei Politikfeldern zum Einsatz kamen. Zum einen war dies die schweizerische Wirtschaft, deren rechtliche Rahmen- bedingungen aufgrund der ökonomischen Auswirkungen des Weltkriegs an- gepasst und vor allem ausgebaut wurden. Das zweite Feld war die Neutralitäts- und Militärpolitik. 24 Prozent aller bis zum 31. März 1916 in Kraft gesetzten Noterlasse befassten sich mit Fragen der Landesverteidigung, während 62 Pro- zent wirtschaftliche Verhältnisse zu regulieren versuchen. Ein Grossteil der vom schweizerischen Militärdepartement ausgearbeiteten Erlasse betraf zwar interne Angelegenheiten der Armee wie die Truppenorganisation, die Entschädigung für durch den Militäreinsatz in Anspruch genommenes Privateigentum, den Aufbau einer Luftwaffe oder Fragen von Sold und Wehrpflichtersatz.273 Das SMD erliess aber auch Notrecht in vielen Bereichen, die im Kontext der «Aufrechthaltung der Neutralität» zivile Angelegenheiten betrafen. Da das vom Waadtländer «ministre de la guerre» Camille Decoppet geleitete Militärdepartement sich bereits vor dem Krieg mit der Versorgung der Armee beschäftigt hatte und deshalb innerhalb der Bundesverwaltung die einzige Insti- tution war, die über versorgungspolitische Planungen und Strukturen verfügte, zurückzurück 106

Grafik 6: Organigramm der Bundesverwaltung, Anfang 1915

Bundesrat

Hans Schatzmann Edmund Schulthess Arthur Hoffmann Felix-Louis Calonder Ludwig Forrer

Volkswirtschafts- Politisches Departement Bundeskanzlei Post- und Eisenbahn- departement Departement des Innern departement

Abteilung für Kultur, Abteilung für Industrie Abteilung für Eisenbahnabteilung und Gewerbe Auswärtiges Wissenschaft und Kunst

Bundesamt für Innerpolitische Oberbauinspektorat Postverwaltung Sozialversicherung Abteilung

Telegraphen- und Gesundheitsamt Handel Baudirektion Telephonverwaltung

Vertretungen der Inspektion für Forst- Landwirtschaft Schweiz im Auslande wesen, Jagd u. Fischerei Vertretung des Aus- Veterinäramt landes in der Schweiz Abteilung für Wasserwirtschaft

Quelle: Schweizerische Bundeskanzlei, Staatskalender 1915. Die Aufgaben der einzelnen Departemente und Abteilungen wurden erstmals im «Bundesgesetz über die Organisa- tion der Bundesverwaltung» (AS 30/292) sowie im «Bundesratsbeschluss betreffend die Zuständigkeit der Departemente und der ihnen unterstellten Amtsstellen zur selbständigen Erledigung von Geschäften» (AS 30/602) festgelegt.

fielen in den ersten Monaten des Vollmachtenregimes die meisten Massnahmen in diesem Bereich in dessen Zuständigkeit.274 Es war damit nicht nur für Bewaff- nung und Ausrüstung der Soldaten, sondern auch für alle Noterlasse zur Versor- gung der Schweiz mit Getreide, Monopolwaren, Tierfutter, Stroh, Pferden und Transportmitteln sowie in den ersten Kriegswochen auch für die Ausfuhrver- bote verantwortlich.275 Diese Konzentration wirtschaftspolitischer Aufgaben in der Militärverwaltung ging mit einem gestiegenen Stellenwert der militärischen Leistungsfähigkeit in der Politik während der ersten Phase einher. Wie in ande- ren Staaten erlangten die Armee und ihre Kriegsfähigkeit auch in der Schweizer Politik Vorrang vor anderen Institutionen und Interessen, was sich in Zahl und Wirkung der Noterlasse aus dem SMD, in der Schaffung von Behörden wie dem Getreidebüro in diesem Departement, aber auch in einem gestiegenen Einfluss der Militärbehörden auf die Vollmachtengesetzgebung manifestierte.276 Im Zentrum dieser partiellen «Militarisierung»277 der Innenpolitik nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs stand die «Verordnung betreffend Strafbestim- 107 zurückzurück

Bundesrat

Camille Decoppet Eduard Müller Giuseppe Motta

Finanz- und Militärdepartement Justiz- und Polizei- departement Zolldepartement

Pferderegieanstalt Justizabteilung Generalstabsabteilung in Thun Finanzverwaltung

Verwaltung der Infanterie Grundbuchamt Zollverwaltung Militärrechtspflege

Kavallerie Landesverteidigungs- Polizeiabteilung Alkohol-Verwaltung kommission

Artillerie Befestigungs- Bundesanwaltschaft Statistisches Büro kommission

Amt für Mass und Genie Versicherungsamt Artilleriekommission Gewicht

Militäreisenbahn- Amt für geistiges Amt für Gold- und Sanität kommission Eigentum Silberwaren

Veterinärwesen Pensionskommission

Oberkriegs- Kommission der kommissariat Winkelriedstiftung Neue Abteilungen nach Bundesratsbeschluss Kriegstechnische Militärkassations- vom 17. November 1914 Abteilung gericht

Kriegsmaterial- verwaltung

Landestopographie

mungen für den Kriegszustand», mit der das SMD am 6. August 1914 einen Teil der in Kapitel 2.6 erwähnten Arbeiten zur Reform des Militärstrafrechts in die Form eines Noterlasses kleidete.278 Der auf den von Max Huber ausgearbeiteten Entwürfen basierende Erlass war in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert.279 Zum einen erklärte er die bestehenden «Militärgesetze, die für Kriegszeiten aufgestellt sind», auch für den seit der Mobilmachung herrschenden Aktivdienst für gültig. Die Schweiz, wohl nicht am Kriegsgeschehen teilnehmend, befand sich damit mi- litärrechtlich im «Kriegszustand».280 Zum anderen erweiterte der Erlass das auf einem Bundesgesetz von 1851 basierende Militärstrafgesetz um eine ganze Reihe von Straftaten und unterstellte sie damit der militärischen Justiz.281 Mit Grenz- verletzungen, Spionage oder Sabotage (auch von ziviler Infrastruktur und kriegs- wichtigen Fabriken) fielen darunter Handlungen, welche die Einsatzfähigkeit der Armee direkt gefährdeten. Nach Artikel 6 geriet aber auch ins Visier der Mili- tärgerichte, «wer den vom Bundesrat, dem schweizerischen Militärdepartement, dem Armeekommando, den Territorialkommandanten oder andern zuständigen zurückzurück 108

Militärpersonen zum Schutze der militärischen Interessen oder zur Wahrung der Neutralität […] erlassenen Befehlen oder öffentlich bekanntgemachten Verord- nungen zuwiderhandelt». Mit dieser «dehnbaren» Formulierung – einmal mehr war «Neutralität» das Schlüsselwort – liessen sich Übertretungen der Noterlasse des SMD und in weiter Auslegung sogar sämtliche Verstösse gegen die auf den Vollmachten basierenden Bundesratsbeschlüsse von den Militärgerichten mit bis zu drei Jahren Gefängnis und einer Geldbusse bis 10 000 Franken bestrafen.282 Ob die Tat nun von einem Soldaten im Dienst oder von einer Zivilperson began- gen wurde, war unerheblich: «Das neue Militärstrafrecht […] gilt für die gesamte schweizerische Bevölkerung.»283 Im Besonderen betraf dies die Angestellten der militärischen «Regiebetriebe» (Rüstungsfabriken, Magazine und Militärwerkstätten des Bundes), der Militärver- waltung sowie aller öffentlichen Verkehrsanstalten. Diese befanden sich nämlich seit der Mobilmachung am 1. August 1914 im «Kriegsbetrieb»,284 was neben einem weitgehenden «Verfügungsrecht» der Armee über die Eisenbahnen und Dampf- schiffunternehmen, beispielsweise bei der Fahrplangestaltung, auch eine Unterstel- lung des Personals unter die Militärgesetze bedeutete.285 Ausserdem versah ein Teil der Eisenbahner seinen Dienst zum Schutz der aus militärischer wie wirtschaft- licher Sicht unverzichtbaren Bahninfrastruktur nun bewaffnet und musste den Be- fehlen von Armeeoffizieren Folge leisten.286 Die Modalitäten des Kriegszustands für das Staatspersonal wurden in einem gesonderten Noterlass festgelegt.287 Da eine militärische Strafverfolgungsbehörde bislang nicht existierte, wurde parallel zur Erklärung des Kriegszustands ausserdem eine Heerespolizei geschaffen, wel- che unabhängig von kantonalen Vorschriften als Kriminalpolizei der Militärjustiz agieren und dabei die Unterstützung der zivilen Behörden in Anspruch nehmen konnte.288 Die Heerespolizei, die zu Kriegsbeginn aus rund 260 Berufspolizisten gebildet wurde, nahm rasch auch Aufgaben wahr, die über den von der «Militär- organisation» vorgesehenen «Polizeidienst bei den im Felde stehenden Truppen» hinausgingen.289 Neben Einsätzen gegen verbotenen Nachrichtendienst und Ver- letzungen der Noterlasse handelte es sich dabei vor allem um die Durchsetzung der 1915 verschärften Grenzkontrollen. Eine Aufgabe, die der Bundesrat eigentlich den Kantonen übertragen hatte.290 Nicht nur weil die kantonalen Polizeikorps die Rekrutierung ihrer Beamten in die neue Heerespolizei ablehnten, kam es deshalb in der Folge zu Konflikten zwischen Armee und Kantonen über Tätigkeiten und Kompetenzen der militärischen Polizei.291 Über den Geltungsbereich der «Strafbestimmungen für den Kriegszu- stand» bestanden innerhalb der Bundesverwaltung unterschiedliche Ansichten. Während die Militärjustiz nach Ansicht des JPD nur dann aktiv werden sollte, wenn ein Gesetzestext dies explizit vorsah, befürworteten Armeeauditor Ernst Reichel sowie der als Gutachter zugezogene Strafsrechtsprofessor Emil Zürcher eine grosszügige Auslegung. Ihrer Meinung nach fielen auch wirtschaftliche Not erlasse wie diejenigen zur Teuerung, zum Export oder zur Brotversorgung in den Zuständigkeitsbereich der Militärgerichte.292 Die Auseinandersetzung 109 zurückzurück zeigt, welche Mühe das Justizdepartement mit den im SMD ausgearbeiteten Not erlassen bekundete. Den BRB «über den Verkauf von Getreide» beispiels- weise bezeichnete Justizminister Eduard Müller aufgrund widersprüchlicher Sank tionsbestimmungen als «juristische Missgeburt».293 Trotz dieser Einwände wurde die «Blankettstrafbestimmung» des 6. August nicht nur auf die erwähnten Noterlasse des Militärdepartements, sondern auch auf die vom EVD ausgearbei- teten Vorschriften zur Lederversorgung und die Ausfuhrverbote des Politischen Departements angewandt.294 Die von diesen Erlassen betroffenen Branchen der Privatwirtschaft wurden damit gleichsam militarisiert, wie die steigende Zahl von Verfahren gegen Mül- ler und Bäcker, die der Missachtung der neuen Regeln für die Brotversorgung verdächtigt wurden, gegen Händler, welche gegen die Ausfuhrbestimmungen verstiessen, sowie gegen Post- und Bahnbeamte zeigt.295 Generalstabschef Theo- phil Sprecher hielt in seinem Abschlussbericht fest, dass die Militärgerichte allein 1915 fast 800 Verurteilungen von Zivilpersonen wegen Verstössen gegen die Not- erlasse aussprachen, was einem «ganz erheblichen Prozentsatz» aller Verfahren entsprochen habe.296 Zusammen mit den zahlreichen übrigen Straffällen bedeu- teten diese Verfahren eine starke Arbeitsbelastung für die Militär gerichtsbarkeit. Als wenige Wochen nach Kriegsausbruch auch noch das Personal von Post- und Telegrafenverwaltung der militärischen Jurisdiktion unterstellt wurde und die Verstösse gegen die Beschlüsse zur Getreide- und Strohversorgung explizit in die Zuständigkeit der Militärgerichte gelegt wurden, sah sich der Bundesrat auf Anraten des Generals im Sommer 1915 zu einem Abbau des militärrechtlichen Strafkatalogs veranlasst.297 Angestellte des Bundes und der Verkehrsanstalten wurden im Falle von «Dienstpflichtverletzungen», bei denen keine «militä rische Bedeutung» nachgewiesen werden konnte, wieder durch die «bürgerlichen Ge- richte» beurteilt.298 Die Vorschriften der «Strafbestimmungen für den Kriegs- zustand» waren von dieser ersten Reduktion des Geltungsbereichs der Militär- justiz allerdings ausdrücklich nicht betroffen (siehe Kapitel 3.5). Mehr noch als diese notrechtlichen Regelungen zeigte die Praxis des militä- rischen Justizapparats, dass die Militärgerichtsbarkeit schon kurz nach Kriegs- ausbruch als «Hebel» diente, «um die Hierarchieverhältnisse aus dem Militär ins eigentliche Zivilleben zu tragen und den Machtbereich des Militärs aus- zudehnen».299 General Ulrich Wille spielte hierbei eine durchaus widersprüch- liche Rolle, da er einerseits die Militärjustiz von allen nicht militärischen Zustän- digkeiten zu entlasten versuchte, sie andererseits aber auch zur Durchsetzung seiner weit über die Armee hinausreichenden Vorstellungen von soldatischer Disziplin und Offiziersautorität einsetzte.300 Es darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass der Bundesrat im September 1914 auf Antrag des SMD auch den Vollzug der Todesstrafe, wie sie vom Militärstrafgesetz für einige schwere Vergehen (beispielsweise für Verrat, Meuterei, Totschlag oder Brand- stiftung mit Todesfolge) vorgesehen war, genehmigt hatte. Ein entsprechendes Urteil wurde allerdings während der ganzen Kriegszeit nie gefällt.301 zurückzurück 110

Wenn die Militärgerichte bereits im zweiten Kriegsjahr über mehrere Hun- dert Verletzungen von zivilen Noterlassen urteilten, so umfasste dies nicht nur wirtschaftliche Beschlüsse. Die wohl umstrittensten Massnahmen des Bundes- rats in diesem Kontext wurden im Spannungsfeld von Neutralität, Informa- tion und Öffentlichkeit beschlossen. Die Geheimhaltung militärisch relevanter Informationen war aus Sicht der Armee eine der wichtigsten Voraussetzungen für ihre Operationen und es überrascht deshalb nicht, dass schon am 10. Au- gust 1914 eine «Verordnung betreffend Veröffentlichung militärischer Nach- richten» erlassen wurde, die für die Dauer des «Kriegszustands» eine unkontrol- lierte Verbreitung von Nachrichten oder Bildmaterial über die schweizerischen Streitkräfte untersagte.302 Verstösse gegen diesen Noterlass wurden gemäss den «Straf bestimmungen für den Kriegszustand» mit einem militärgerichtlichen Verfahren sank tioniert. Beide Verordnungen waren inhaltlich eng verknüpft. Die Pressekontrolle war fester Bestandteil von Max Hubers Konzeptionen für den Kriegszustand und der Zürcher Jurist hatte auch den Entwurf für den ers- ten Zensur erlass verfasst.303 Zur Kontrolle der schweizerischen Presselandschaft wurden nach Divisionen und Territorialkreisen gegliederte Pressekontrollbüros eingerichtet, denen die betroffenen Medien ihre Drucksachen zur Genehmigung vorzulegen hatten.304 Die Herstellung und Verbreitung «verbotener Nachrich- ten» zu verhindern war Aufgabe der Chefs dieser militärischen Kontrollstellen, die unter der zentralen Leitung des Pressebüros des Armeestabs standen. Parallel zu diesen nach Ansicht des Vereins der Schweizerischen Presse «gravierenden» Zensurbestimmungen wurde Privatpersonen der Betrieb drahtloser Telegrafen- stationen und während der Mobilmachungsphase die telefonische Kommunika- tion zwischen den Städten verboten.305 Die Verordnung vom 10. August hatte primär den Schutz militärischer Geheimnisse der Schweizer Armee zum Ziel und war damit, was die Art der nunmehr verbotenen Inhalte und das Strafmass anbelangt, «auf den eigentlichen Kriegsfall zugeschnitten».306 Darüber hinaus ermächtigte der Erlass die Armee aber auch zur Erfassung aller «Nachrichten über politische und militärische Er- eignisse» und er verbot Veröffentlichungen über Vorgänge im Ausland, die ge- eignet waren, «die einheimische Bevölkerung der Schweiz oder eines Teiles der- selben ernstlich zu beunruhigen.»307 Damit stellte er – dem Vollmachtenbeschluss und den «Strafbestimmungen für den Kriegszustand» ähnlich – eine sehr weit- gefasste, deutungsoffene Regelung dar, welche den Ausgangspunkt für eine um- fassende Zensur bot, trotz der verfassungsmässig garantierten «Pressfreiheit».308 Es handelte sich bei den Tätigkeiten der militärischen Pressekontrollbüros al- lerdings, wie der Bundesrat betonte, nicht um eine «Präventivzensur»,309 wie sie andere Länder auf der Grundlage des Ausnahmezustands eingeführt hatten, sondern um eine «Pressekontrolle», bei der staatliche Stellen die Publikationen erst nach der Veröffentlichung überprüften und gegebenenfalls beanstandeten.310 Jedoch wurde das Prinzip der «Nachkontrolle» offenbar nicht konsequent um- gesetzt. Wie sich später herausstellte, hatte das Kontrollbüro Lugano aufgrund 111 zurückzurück eines «Missverständnisses» nach Kriegsausbruch die «gesamte Tagespresse des Sottoceneri» mit der «Vorzensur» belegt. Fälle wie dieser waren laut einem Be- richt des Pressebüros, der für die militärische Informationskontrolle zuständigen Abteilung des Armeestabs in Bern, Zeichen von Improvisation, fehlender Ko- ordination und sehr unterschiedlicher «Urteilsfähigkeit» im während der ersten Kriegswochen aufgebauten Zensurapparat.311 Der militärischen Zensur wurde bereits Ende September 1914 mit dem Bundesratsbeschluss betreffend «Ausschreitungen der Presse» eine politische «Pressekontrolle» zur Seite gestellt, nachdem die Armeespitze diese wegen ei- ner «vom neutralen Standpunkt absolut unannehmbaren und gleichzeitig völ- lig unschweizerischen Schreibweise» vor allem in «Genfer Blättern» wiederholt gefordert hatte.312 EPD und JPD konnten nun für Schriftwerke, «durch welche die guten Beziehungen der Schweiz zu andern Mächten gefährdet werden oder die mit der neutralen Stellung unseres Landes nicht vereinbar sind», beim Bun- desrat Verwarnungen und «zeitweilige» Erscheinungsverbote beantragen.313 Die Überwachung der Medien führten ebenfalls die Pressekontrollbüros der Armee durch. Der nicht in der AS, allerdings in den Zeitungen abgedruckte Beschluss vom 30. September 1914 war symptomatisch für die Verflechtung von Aussen- und Innenpolitik, wie sie sich unter den Bedingungen des Weltkriegs manifes- tierte.314 Zwar konnte sich die Schweizer Regierung bei Kriegsausbruch auf den Standpunkt stellen, dass sich das völkerrechtliche Konzept neutraler Aussen- beziehungen nur auf den Staat bezog, dieser also für Haltungen und Handlungen von Einzelpersonen keine Verantwortung trug. Wo der Bundesrat jedoch eine Gefährdung seiner Neutralitätspolitik vermutete, beispielsweise durch Äusse- rungen in einer Tageszeitung, sah er sich zum Einschreiten berechtigt und ver- pflichtet.315 Als Ausdruck von Befürchtungen, in der Schweiz publizierte oder verbreitete Medien könnten die Glaubwürdigkeit der Neutralität nach aussen untergraben, war der Erlass in erster Linie gegen Publikationen aus dem krieg- führenden Ausland mit einer propagandistischen Absicht gerichtet. Der Bundes- rat wandte ihn «in der Regel» erst dann an, «wenn eine Klage einer ausländischen diplomatischen Vertretung vorlag» (siehe Kapitel 5.2).316 Im Kontext des schon kurz nach Kriegsausbruch zwischen den deutschen und den lateinischen Lan- desteilen entstandenen Konflikts hatte der Beschluss aber auch eine wachsende innenpolitische Bedeutung. Nach dem Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 erstreckte sich zwischen den Mittelmächten und der Entente eine Front von Schützengräben, Schlachtfeldern und Befestigungsanlagen von der Adria bis zum Ärmelkanal quer durch das westliche Europa, wobei die Schweiz direkt auf der Kampflinie zu liegen kam. Die militärische Front überquerte die Schweizer Grenze zwar nicht, der Krieg setzte sich entlang der Sprachgrenzen jedoch als ideologischer «Graben» oder «fossé» fort. Es wird den Mentalitäten, Erfahrungen und wechselnden Interes- senlagen der Kriegszeit sicher nicht gerecht, den gegenseitigen Vorwürfen von «germanophilie» im Norden und Osten oder von «Ententefreundlichkeit» im zurückzurück 112

Westen und Süden des Landes ohne Differenzierungen zu folgen.317 Dies ändert aber nichts an der Heftigkeit, mit der die Auseinandersetzung um die vermuteten Sympathien und um die Bewertung der aussen- wie innenpolitischen Ereignisse in der Presse und auf den Strassen spätestens seit dem deutschen Einmarsch in Belgien geführt wurden.318 Unter dem Eindruck dieser angespannten inneren Lage sah sich Arthur Hoffmann Anfang Oktober 1914 zu einem an die ganze Bevölkerung gerichteten Regierungsaufruf zur «Wahrung strengster Neutralität» veranlasst.319 Bereits bei Kriegsbeginn, am 5. August 1914, hatte das Politische Departement einen all- gemein formulierten Appell zur Unterstützung der Armee und zum Vertrauen in die Behörden veröffentlicht.320 Gleichzeitig erliess das EPD mit Verweis auf das Haager Abkommen von 1907 die für die schweizerische Aussenpolitik im Weltkrieg grundlegende «Verordnung betreffend Handhabung der Neutralität der Schweiz». Dieser Erlass befasste sich mit der Grenzsicherung, regelte den Umgang mit ausländischen Kombattanten und Flüchtlingen, verbot die «Aus- fuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial» oder die «Begünstigung eines Kriegführenden» und übertrug der Armee Sonderbefugnisse zur Verhinderung von Neutralitätsverletzungen.321 Verstösse wurden gemäss den «Strafbestim- mungen für den Kriegszustand» geahndet.322 Mit dieser Konzentration auf die militärisch-völkerrechtliche Dimension der Beziehungen zum Ausland folgte die Verordnung noch der erwähnten Trennung von staatlicher und individueller Neutralität. Zwei Monate später hatte sich der Ton gewandelt. Mit dem Hinweis, dass der Krieg wohl doch länger dauern würde, als ursprünglich erwartet, zeigte der Bundesrat im Aufruf vom 1. Oktober – einen Tag nach dem Beschluss zur po- litischen Pressekontrolle – zwar Verständnis für die «naturgemäss auseinander- gehenden Sympathien und Gefühle» in der Schweizer Bevölkerung. Vor allem von der Presse verlangte er nun aber «Zurückhaltung und Mässigung» bei jeder öffentlichen Äusserung über das Kriegsgeschehen sowie die Wiederherstellung «kraftvoller Geschlossenheit und unerschütterlicher innerer Einheit».323 Wenn auch nicht in Form einer gesetzlichen Regelung der «moralischen Neutralität», richtete der Bundesrat doch eine deutliche Warnung an die Bürgerinnen und Bürger, im Sinne der wirtschaftlichen und politischen Interessen der Schweiz «strenge Unparteilichkeit in den Beziehungen zu allen Kriegführenden» zu wah- ren. «Nur durch eine solche Haltung des Einzelnen wird es uns möglich sein, die Pflichten zu erfüllen, die die Neutralität in diesem Kriege uns auferlegt, und die guten Beziehungen unseres Landes zu den übrigen Staaten zu erhalten.»324 Nur wenige Tage nach dem Aufruf wurden, gestützt auf die Vollmachten, die ersten Redaktionen wegen «Ausschreitungen» verwarnt und an der Genfer Sa- tirezeitschrift «Guguss’» das Exempel des Erscheinungsverbots statuiert, da sie nach Ansicht des Bundesrats mit einer Karikatur Wilhelms II. «die guten Be- ziehungen zu einem Nachbarstaate gestört und die aus der neutralen Stellung der Schweiz erwachsenen Pflichten verletzt» habe. Bei Versuchen, das für die 113 zurückzurück gesamte Kriegsdauer geltende Verbot zu umgehen, drohte der Erlass ein mili- tärgerichtliches Verfahren an.325 Kaum eine Woche später verbot die Regierung wegen eines «sehr einseitigen französischen Standpunkts» auch die Lausanner Zeitschrift «Le Clairon».326 Diese Versuche, auf die öffentlichen Meinungen in der Schweiz einzuwirken, ergänzte das Politische Departement im März 1915, indem es die Kantone zu ei- nem «strengeren» Vorgehen gegen «aufreizende und verhetzende Darstellungen in Bild und Wort» sowie gegen «neutralitätswidriges Verhalten» von Ausländern in der Schweiz anhielt.327 In diesem Zusammenhang standen auch die Einführung des ersten schweizerischen Reisepasses durch das JPD sowie «schärfere Grenz- kontrollen» Ende 1915.328 «Schriften- und mittellose Ausländer» sollten nun von den kantonalen Polizeibehörden am Grenzübertritt gehindert, «lästige Fremde» konsequenter «abgeschoben», der Grenzverkehr dokumentiert werden.329 In einem internationalen Umfeld, in dem das Misstrauen gegenüber Angehörigen anderer Staaten wuchs und der Grenzverkehr Versuchen der Überwachung und Begrenzung ausgesetzt wurde, leitete auch der Bundesrat eine Abkehr von der aus seiner Sicht bislang «mit der grössten Liberalität» gehandhabten Migrations- politik ein.330 Deren rechtliche Rahmenbedingungen wurden von mit Experten und Behördenvertretern besetzten Kommissionen ausgearbeitet.331 Im Verlauf von Beratungen über eine effektivere Verhinderung «neutrali- tätswidriger Publikationen», die Aussenminister Hoffmann nach einer Bespre- chung mit dem deutschen Gesandten Gisbert von Romberg im März 1915 ange- stossen hatte, traten die Probleme auf dem Gebiet der Zensur deutlich zutage.332 Aufgrund verschiedener, zum Teil widersprüchlicher Vorschriften beteiligten sich neben den mittlerweile 17 Pressekontrollbüros der Armee auch das Justiz-, das Post- sowie das Politische Departement an der Informationskontrolle, was laut den beteiligten Bundesräten zu «Unordnung», «Verwirrung» und «Un- zufriedenheiten» geführt hatte.333 Bundesrat und Armee beschlossen deshalb eine Umgestaltung der notrechtlichen Massnahmen «zum Schutze der neutralen Haltung der Bevölkerung», um sowohl die unscharfe Trennung zwischen der militärischen und der neutralitätspolitischen Zensur wie auch die Zweifel dar- über, welche Handlungen als Verletzung der Neutralität gelten sollten und wel- che der zahlreichen Zensurbehörden dafür zuständig sei, zu beheben.334 In der Folge wurde im Bundesrat und unter Einbezug des Vereins der Schweizerischen Presse über Tatbestände, Zuständigkeiten und Strafbestimmungen diskutiert, bis im Juli 1915 schliesslich zwei Noterlasse in Kraft traten, mit denen die Weichen für die Zensur bis Kriegsende gestellt wurden: die «Verordnung betreffend die Beschimpfung fremder Völker, Staatsoberhäupter oder Regierungen» und der Beschluss «betreffend die Presskontrolle während der Kriegswirren».335 Erstere stellte ab dem 2. Juli 1915 alle öffentlichen Darstellungen, Schriften und Äusse- rungen, also beispielsweise auch Vorträge, Ausstellungen oder Demonstrationen, unter Strafe nach Vorgabe des Bundesstrafrechts, wenn ihnen eine Herabwür- digung, Missachtung oder Beleidigung der im Titel genannten Personen nach- zurückzurück 114

gewiesen werden konnte. Den Auftrag zur Einleitung eines Verfahrens erteilte der Bundesrat, die Ermittlungen wurden von der Bundesanwaltschaft durch- geführt und die Urteile vom Bundesstrafgericht gefällt. Alle der Verordnung widersprechenden Bestimmungen des Bundesrechts waren explizit aufgehoben. Bis Ende 1915 leitete der vom Bundesrat in der Sache zum «ausserordentlichen Bundesanwalt» ernannte Staatsrechtler Walther Burckhardt zwei Verfahren we- gen «Beschimpfungen» des deutschen Kaisers (siehe Kapitel 6.3).336 Während die Verordnung vom 2. Juli die verbotenen Inhalte und strafbaren Handlungen definierte, unterzog der kurz darauf beschlossene Noterlass über die «Presskontrolle» die administrativen Bestimmungen von militärischer und politischer Zensur einer Neuordnung.337 Die beiden Bereiche wurden nun ge- trennt, wobei die Pressekontrollbüros der Armee nur noch für «militärische Nachrichten» zuständig sein sollten. Zur Überwachung aller anderen «für die Öffentlichkeit bestimmten Drucksachen» wählte der Bundesrat eine eidgenös- sische Presskontrollkommission (EPKK), die Anträge auf Verwarnung oder Ver- bot an den Bundesrat stellen konnte, wenn sie eine Gefährdung der Neutralität durch Schweizer «Pressorgane» feststellte. Im Fall ausländischer Druckmedien, womit vor allem Postsendungen betroffen waren, aber auch «schweizerischer Presserzeugnisse, die nicht zu den inländischen Pressorganen zu rechnen sind», war die Kommission befugt, selbständig Verbote und Konfiskationen anzuord- nen.338 Administrativ waren «militärische» und «politische» Pressekontrolle nun getrennt, die Strafverfolgung war in beiden Zensurbereichen allerdings weiterhin Aufgabe der Militärjustiz. Bei der Besetzung der EPKK, deren Schaffung auf ei- nen Vorschlag von Bundesrat Müller zurückging, entschied sich der Bundesrat für fünf altgediente Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Presse, von denen zwei, der Lausanner Publizist Paul Rochat und August Welti, Berner Kor- respondent der NZZ, vom Presseverein vorgeschlagen wurden. Zum Präsidenten wurde der 1849 geborene Professor Eugen Huber ernannt, der vor dem Krieg einer der wichtigsten juristischen Berater des Justizdepartements war. Huber gab das Mandat aus gesundheitlichen Gründen allerdings bereits im Oktober 1915 wieder ab.339 Wie der Historiker Alexandre Elsig festhält, änderte die Schaffung der EPKK zunächst wenig an der Zensurpraxis des Bundes. Bei Publikationen, die ihrer Sym- pathie für die Mittelmächte Ausdruck verliehen, blieben die Behörden tendenziell eher bereit, «die Augen vor Verstössen zu verschliessen», während auf Westschwei- zer und Tessiner Medien rascher der Verdacht der «Neutralitätsverletzung» fiel.340 Auch war die Trennung in eine politische und eine Armeezensur zwar nun gesetz- lich vollzogen, auf der Ebene der Verwaltung bot sich jedoch ein ambivalenteres Bild. Um Effizienz und Kohärenz der Zensur zu verbessern, löste die Armee im Mai 1915 einen Grossteil ihrer Pressekontrollbüros auf. Da diese allerdings einen «das ganze Land umspannenden» Kontrollapparat aufgebaut hatten, suchten die verbliebenen Büros weiterhin Tausende von Artikeln nach aus ihrer Sicht proble- matischen Inhalten ab und meldeten Funde den zivilen Behörden.341 115 zurückzurück

In der Handhabung der Zensur wurde deutlich, dass sich im rechtlich nicht vorhergesehenen «Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden», in dem sich die Schweiz seit August 1914 befand, die Sphäre des Militärischen von den Er- eignissen in Diplomatie, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr tren- nen liess.342 Karl Fisch, Leiter des zentralen Pressebüros im Armeestab, erklärte die umfassende Überwachungstätigkeit seiner Abteilung mit der Feststellung: «Jeder Krieg zieht heute das gesamte Staats- und Volksleben in Mitleidenschaft. Politische und wirtschaftliche Vorgänge bekommen daher in Kriegszeiten auch militärische Bedeutung, und Berichte darüber entbehren nicht völlig des militäri- schen Charakters.»343 In der «Erziehung der Presse für ihre Aufgabe im Kriege», die gleichzeitig «Erziehung des am häuslichen Herde verbliebenen Volkes» sein sollte, sah Fisch eine seiner Hauptaufgaben.344 Die Armee habe sich deshalb «teils aus eigener Initiative, in der Meinung einem allgemeinen Interesse zu dienen, teils aus Veranlassung des Politischen Departements» auch mit politischen In- halten befasst, die ihrer Meinung nach eine Gefahr für die äussere und innere Si- cherheit der Schweiz darstellten.345 Sehr zum Unmut vor allem der Westschwei- zer Redaktionen, die sich gegenüber ihren Kollegen jenseits der Sprachgrenze ungleich behandelt sahen: «On avait, disait-on, deux poids et deux mesures.»346 Umgekehrt bemängelte die Presse der Deutschschweiz, die militärische Zensur werde von den hiesigen Pressebüros «rigoroser gehandhabt».347 Mit den zahlreichen in den Tagen vor und nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Kraft gesetzten Noterlassen folgte der Bundesrat in weiten Teilen dem in den Jahren 1911–1913 von Bundesverwaltung und Generalstab ausgear- beiteten Plan (siehe Kapitel 2.6) und entsprechend hoch war die Zahl militäri- scher Massnahmen in diesem Zeitraum. Eine in die Zivilgesellschaft ausgreifende Militärjustiz, Ausfuhrverbote,348 Kriegsbetrieb der Eisenbahnen, Kontrolle von Kommunikationsverbindungen, politische und militärische Zensur, eine mit Sonderbefugnissen ausgestattete Heerespolizei und der Versuch, die Versorgung der Streitkräfte mittels notrechtlicher Interventionen sicherzustellen, dienten dem Ziel einer möglichst schlagkräftigen Armee. Auch die vorwiegend wirt- schaftlichen Noterlasse standen in der ersten Phase des Untersuchungszeitraums unter dem Primat der «Kriegsbereitschaft». Dies zeigt sich beispielsweise in der Einschätzung Emil Zürchers, der die «Wucherverordnung» gegen die Teuerung zwar auch als Schutz der Bevölkerung vor steigenden Preisen, in erster Linie aber als ökonomisches Gegenstück zur militärischen «Landesverteidigung» auf- fasste.349 Dieser Fokus auf die Bedürfnisse der Kriegführung und der damit ein- hergehende Einfluss militärischer Behörden im Vollmachtenregime verlief nicht ohne Reibungen. So «beklagte» Edmund Schulthess in der Debatte um eine För- derung des schweizerischen Anbaus von Getreide und Kartoffeln im Frühjahr 1915, dass das Getreidebüro «nicht unter [seiner] Oberleitung» stand, sondern im Verantwortungsbereich des SMD lag.350 Während der wirtschaftliche Schock des Kriegsausbruchs in der Schweiz «nur wenige Wochen in voller Schärfe» andauerte,351 die Zahl der mobilisierten zurückzurück 116

Soldaten aufgrund abnehmender Kriegsgefahr bereits im Herbst 1914 stark ge- senkt werden konnte und sich allmählich eine kriegswirtschaftliche Konjunktur einstellte, die den Bedarf an notrechtlicher Intervention dämpfte, machten sich jenseits der Grenzen die Konsequenzen der auf einen kurzen Bewegungskrieg ausgelegten Planung bemerkbar. Die schon nach kurzer Zeit in den Schützen- gräben der Westfront stecken gebliebenen Kriegsmaschinerien verschlangen dermassen grosse Mengen an Munition und Ausrüstung, dass die Produktions- kapazitäten der Rüstungsindustrien bald erschöpft waren. Der dadurch verur- sachte Mangel an Kriegsmaterial führte überall die Bedeutung ökonomischer Leistungsfähigkeit für die Kriegführung deutlich vor Augen, in Grossbritannien führte er unter dem Schlagwort der «shell crisis» zu einer Regierungskrise.352 Die Folge dieses enormen Bedarfs an Kriegsgerät, der sich für die Schweizer Indus- trie als lukrative Nachfrage nach ihren Erzeugnissen herausstellte, war bei beiden Konfliktparteien eine schrittweise Transformation der ökonomischen Verhält- nisse hin zu einer «Kriegswirtschaft», in welcher der Staat zum Organisator von Ressourcen für die Kriegführung wurde und dabei immer mehr unter das «Dik- tat militärischer Notwendigkeit» geriet.353 Diesem Prozess konnten sich auch die neutralen Länder nicht entziehen. Die Bewältigung des Wirtschaftskriegs wurde zur zentralen Aufgabe der Politik. 117 zurückzurück

4 Ausnahmezustand zwischen Expansion und Opposition, April 1916 bis Juni 1917

«Nun unterliegt es aber gar keinem Zweifel, dass die erwähnten Organisationen völlig ausser dem verfassungs- mässigen und gesetzlichen Rahmen stehen. Sie stehen und fallen daher mit den ausserordentlichen Vollmachten.»1 2. Neutralitätsbericht zur Gründung von SSS und STS, Februar 1916

4.1 «Business mainly as usual»? Das Vollmachtenregime im Weltwirtschaftskrieg

Der Krieg, in den sich Europa im August 1914 stürzte, nahm bereits nach kur- zer Zeit Dimensionen an, wie sie nur wenige Menschen zuvor erahnt hatten. Die militärischen Pläne zur raschen Beendigung des Kampfgeschehens in West- europa blieben im Morast, Granatenhagel und Pulverdampf eines endlosen Gra- benkriegs stecken, in dem Hunderttausende von Soldaten ihr Leben verloren. Gleichzeitig traten immer mehr Staaten in den Krieg ein, wurde auf immer mehr Schlachtfeldern gekämpft und gelangten immer neue Waffen zum Einsatz. Eine Entscheidung vermochte diese Eskalationsdynamik nicht herbeizuführen.2 Sie bewirkte allerdings, dass der Weltkrieg geografisch, politisch und wirtschaftlich immer näher an die Schweiz heranrückte. Das Land befand sich bis zum Frühjahr 1916 in einem ambivalenten Zustand, der treffend als «trügerische Normalität» bezeichnet wurde.3 Einerseits hatte sich die Kriegslage für die Schweiz so weit entschärft, dass die Zahl der für den Aktivdienst mobilisierten Soldaten gesenkt und die Versorgung mit Waren weitgehend sichergestellt werden konnte.4 Zwei- fellos von Unsicherheit und Bestürzung über die Dauerhaftigkeit des Konflikts geprägt, hatten sich Bevölkerung und Wirtschaft mit den aussergewöhnlichen Umständen arrangiert und – soweit möglich – gelernt, mit dem Krieg zu leben, teilweise sogar von diesem zu profitieren.5 Tatsächlich stellte sich, nachdem der heftige Schock des Kriegsausbruchs abgeklungen war, die etwa von Adolf Jöhr oder Ernst Laur prophezeite Nachfrage des kriegführenden Auslands nach Schweizer Produkten ein. Wirtschaftsleistung, Ein- und Ausfuhr nahmen in der Folge deutlich zu, das Preisniveau blieb relativ stabil und die Arbeitslosigkeit bewegte sich in Grenzen.6 Eine Folge dieser Entwicklung war die in Grafik 7 sichtbare Abnahme der Intensität, mit der Bundesrat und Departemente die am 3. August 1914 erhaltenen Vollmachten einsetzten, sowohl was die Zahl als auch die Art der Noterlasse betraf. zurückzurück 118

Grafik 7: Neue Noterlasse zwischen dem 1. April 1916 und dem 30. Juni 1917 nach Monaten

40

35

30

25

20

15

10

5

0 1916/04 1916/05 1916/06 1916/07 1916/08 1916/09 1916/10 1916/11 1916/12 1917/01 1917/02 1917/03 1917/04 1917/05 1917/06

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

Andererseits befand sich die Schweiz Anfang 1916 mitten im Weltkrieg. Die Schützengräben, welche die Kriegsgegner trennten, erstreckten sich nun ohne Unterbruch von der Grenze bei Pruntrut nach Nordwesten und vom Umbrail- pass nach Südosten. Der Konflikt zwischen den Sprachregionen und die Kontro- verse um den «Schweizer Standpunkt» gewannen im Zuge der «Oberstenaffäre» eine neue Schärfe und der politische Burgfrieden, in dessen Zeichen das Voll- machtenregime errichtet worden war, geriet zunehmend ins Wanken (siehe Ka- pitel 4.3). Vor allem aber machte sich immer stärker bemerkbar, dass die Kriegs- parteien nicht nur mit militärischen, sondern ebenso mit wirtschaftlichen Mitteln gegeneinander kämpften. Mittelmächte und Entente lenkten einen Grossteil ihres ökonomischen Potenzials und ihrer Ressourcen zur Unterstützung der Kriegführung auf die Schlachtfelder um und unternahmen gleichzeitig alle nur denkbaren Anstrengungen, um die unablässig laufenden Kriegsmaschinerien des Gegners zum Erliegen zu bringen.7 Mit dem Ziel, den Warenaustausch des Russischen Reichs mit seinen Ver- bündeten zu verhindern, blockierten die Mittelmächte deshalb bereits kurz nach Kriegsbeginn die Schifffahrtsrouten in der Ostsee und im Schwarzen Meer. Um- gekehrt nutzte das Vereinigte Königreich seine militärische und ökonomische Vormachtstellung auf den Weltmeeren dazu, den für die Kriegführung unver- zichtbaren Strom von Lebensmitteln und Rohstoffen aus den Kolonien in die Industriezentren Deutschlands und Österreich-Ungarns zu unterbrechen. Eine 119 zurückzurück

Abkehr vom bislang verfolgten Leitbild des liberalen, vielseitig vernetzten Welt- handels, die bereits vor dem Krieg eingeplant wurde.8 Auf die Ententeblockade – der Berliner Industrielle Walther Rathenau bezeichnete sie als «Terrorismus zu Lande und zur See» –9 reagierte das Deutsche Reich im Februar 1915 mit dem «U-Boot-Krieg» gegen alle Handelsschiffe und Passagierdampfer, die sich in einer «Kriegszone» rund um die britischen Inseln befanden.10 Die politischen wie menschlichen Kosten dieser Eskalation waren hoch, da dem zeitweise «un- beschränkt», das heisst äusserst rücksichtslos geführten Seekrieg auch zahlreiche Schiffe und Angehörige neutraler Staaten zum Opfer fielen. Das Verhältnis zwi- schen den Mittelmächten und den bislang nicht in den Krieg eingetretenen Län- dern, insbesondere den Vereinigten Staaten von Amerika, wurde dadurch stark belastet.11 Der globale See- und Handelskrieg wurde zwar primär zwischen den Kriegs- teilnehmern ausgetragen, im Unterschied zu den direkten militärischen Ausein- andersetzungen an Land betraf er aber auch die stetig kleiner werdende Zahl neutraler Länder. Aus Sicht beider Kriegsparteien bestand die Gefahr, dass die eigenen Waren auf dem Umweg über neutrales Territorium oder durch neutrale Unternehmen an die Gegenseite geliefert und damit die Embargoanstrengungen untergraben wurden. So wertvoll neutrale Länder wie Spanien, die Niederlande oder die Schweiz als diplomatische Kommunikationskanäle, nachrichtendienst- liche Stützpunkte, Anbieter humanitärer Hilfe und Produzenten von Rüstungs- gütern für alle Seiten waren, sie bildeten ebenso Lücken im Netz der Handels- blockaden, die geschlossen werden mussten.12 Den Anfang machte hierbei das Vereinigte Königreich. Nur einen Monat nach der deutschen Verkündung des U-Boot-Kriegs erhöhte London den Druck auf die Neutralen, sich ins alliierte System der Wirtschaftskontrollen zu integrieren.13 Schweizer Firmen, die unter dem Verdacht standen, Waren aus Grossbritannien oder Frankreich an die Mit- telmächte zu «reexportieren», wurden nun auf «schwarze Listen» gesetzt, der Handel mit den Alliierten war zunehmend erschwert.14 Die sich daraus ergeben- den Versorgungsprobleme wurden dadurch verstärkt, dass die Schweiz über kei- nen eigenen Meerhafen verfügte und somit auch Waren aus anderen neutralen Staaten über Ententeterritorium einführen musste. Dieser Schwierigkeiten war sich der Bundesrat bewusst. , der Vorsteher des Innendeparte- ments, zeichnete bereits im Sommer 1915 ein ernstes Bild der Lage: «Wir liegen wirtschaftlich zwischen Hammer und Ambos. Dem Riesen- kampf mit den Waffen hat sich ein rücksichtsloser Handelskrieg zugesellt, der sich auf alle Meere erstreckt und die ganze Weltwirtschaft in Mitleiden- schaft zieht. Strenge Ausfuhrverbote sind fast bei allen Staaten an der Ta- gesordnung. Die überseeische Zufuhr der Nahrungsmittel für unsere Volks- ernährung und der für unsere Industrien unerläßlichen Rohstoffe begegnet mannigfachen Hemmungen und Stockungen. […] Zum Schutze unseres Wirtschaftslebens und der verschiedenen Volkskreise gegen die schädlichen Folgen des Krieges hat der Bundesrat auf Grund der ihm von der Bun- zurückzurück 120

desversammlung erteilten Vollmacht zahlreiche, zum Teil einschneidende, außerordentliche Verfügungen getroffen. Allein alle diese Maßnahmen nach außen und nach innen können nicht hindern, daß großer, ausgedehnter Schaden eintritt.»15 Es war deshalb ein entscheidender Durchbruch, als sich nach zähen Verhand- lungen britische und schweizerische Diplomaten sowie Wirtschaftsexperten im Herbst 1915 auf die Gründung der Société suisse de surveillance économique einigten. In Abwesenheit des erkrankten Volkswirtschaftsministers Edmund Schulthess, der zuvor noch Bedenken gegen einen solchen «Import-Trust» ge- äussert hatte, stimmte auch der Bundesrat diesem Vorgehen am 22. September 1915 zu.16 Dem Vorbild des zuvor in den Niederlanden geschaffenen Nederland- sche Overzee Trustmaatschappij folgend, sollte die kurz SSS genannte Institution Import, Verarbeitung und Export ausgewählter Waren aus den Mitgliedstaaten der Entente überwachen und somit garantieren, «dass die aus den verbündeten Ländern und über See eingeführten Rohstoffe und aus ihnen erstellten Produkte [nicht] nach Deutschland und Österreich-Ungarn hinausgehen».17 Als Gegen- leistung erklärte sich die Entente bereit, die Schweiz weiterhin mit den benötig- ten Lebensmitteln und Rohstoffen zu beliefern. Die Einfuhr der dem Kontrollregime unterstellten Waren war zum Teil nur noch kontingentiert und durch die Vermittlung von 51 nach Branchen geglieder- ten Importsyndikaten möglich. Diese privatwirtschaftlichen Syndikate erhielten dadurch faktische Importmonopole, wie sie der Bund bereits zuvor für einige Lebensmittel ausgesprochen hatte (siehe Kapitel 3.4). Die SSS selbst verfügte über eine Reihe von Geschäftsstellen im In- und Ausland, von denen aus mehrere Hundert Kontrolleure die Verwendung der Waren überwachten und bei Verstös- sen Strafen bis hin zum Ausschluss einer Firma aus dem betreffenden Syndikat verhängten. Nicht zuletzt, weil die Liste der überwachten Güter im Kriegsverlauf ständig erweitert und die Vertragsbestimmungen schrittweise verschärft wurden, bedeutete die Schaffung der SSS einen gravierenden Eingriff in die ökonomische Souveränität der Schweiz und damit letztlich den Verlust ihrer «Wirtschaftsfrei- heit» im Ersten Weltkrieg.18 Allerdings stellte das Übereinkommen auch das an- geschlagene Vertrauen zwischen der Schweiz und der Entente wieder her und sicherte so den ins Stocken geratenen Handel, ohne den die Schweizer Wirtschaft den Krieg nicht hätte überleben können. Vor die Wahl zwischen «verhungern – kämpfen – oder die Kontrollen akzeptieren» gestellt, entschieden sich Bundesrat und Wirtschaft für das kleinste Übel.19 Mit der bereits im Sommer 1915 in Zürich gegründeten Schweizerischen Treuhandstelle für die Überwachung des Warenverkehrs (STS)20 verfügten auch die Mittelmächte über ein Organ zur Beaufsichtigung des Handels mit der Schweiz, das allerdings im Vergleich zu seinem Ententependant weitaus weni- ger Personal, Vorschriften und Kontrollmechanismen aufwies. Die Importe aus Deutschland, Österreich-Ungarn und den von ihnen besetzten Gebieten wurden durch ein System verschiedener genossenschaftlicher und halbstaatlicher Orga- 121 zurückzurück nisationen, sogenannter Zentralstellen, geleitet (siehe Kapitel 5.3). So war für die Einfuhr und Verwendung von Kohle ab Dezember 1915 die von Kohlegross- verbrauchern gegründete Zentralstelle für die Kohlenversorgung der Schweiz verantwortlich, während für Medikamente, ärztliche Instrumente und Verbands- material direkt das Gesundheitsamt des EVD als «Treuhandstelle» fungierte.21 Die STS übte ihre Kontrollfunktion offiziell als Unterabteilung des Politischen Departements aus und kooperierte dabei eng mit der Handelsabteilung der deut- schen Gesandtschaft in Bern. Vor allem mit den Mittelmächten entstand in der Folge ein «Kompensationshandel», in dessen Rahmen schweizerische Erzeug- nisse wie Milchprodukte oder Bauholz, nach denen im Ausland starke Nachfrage bestand, gegen hier benötigte Rohmaterialien, Halbfabrikate und Energieträger getauscht wurden.22 Damit die Schweizer Regierung «wenigstens gegen aussen ihre neutrale, un- abhängige Stellung behaupten konnte», war die SSS formell als privatrechtlicher Verein organisiert.23 Tatsächlich liessen sich die Tätigkeiten der Organisation aber von den staatlichen Interventionen in die Kriegswirtschaft und damit vom Vollmachtenregime des Bundesrats nicht trennen: «Sie stehen und fallen […] mit den ausserordentlichen Vollmachten.»24 Zum einen nahm das Politische Departe- ment an den Verhandlungen mit der Entente nicht nur teil, es reklamierte für sich sogar, unter den gegebenen Umständen die für die Schweiz bestmögliche Verein- barung erzielt zu haben. Ausserdem beteiligte sich die Landesregierung an der Finanzierung der SSS, stellte ihr Arbeitsräume im Bundeshaus zur Verfügung, wählte die aus den Spitzen von Wirtschaft und Politik rekrutierten 15 Mitglieder und ernannte den Waadtländer Fabrikanten und Nationalrat Henri Grobet zu ihrem ersten Direktor. Sein Stellvertreter wurde der Vizebundeskanzler Alfred Bonzon.25 Zur «offiziellen Auskunftsstelle» für alle Fragen zu den vereinbarten Handelskontrollen ernannte der Bundesrat das Büro des SHIV.26 Zum anderen war es laut Statuten ausdrückliche Aufgabe der SSS, «die schweizerischen Be- hörden zu unterstützen durch Empfehlung von geeigneten Massregeln […] wie Ausfuhrverbote, Ueberwachung der Grenzen, statistische Angaben, Festsetzung von Höchstpreisen, Einrichtung von Kontrollstellen usw.»27 Die Überwachung des grenzüberschreitenden Handels, zu der sich die Schweiz 1915 bereit erklärt hatte, war also direkt an eine stärkere Regulation der Binnenwirtschaft gekop- pelt. Nach Ansicht des Bundesrats setzte die Tätigkeit von SSS und STS einen Ausbau der kriegswirtschaftlichen Bürokratie sogar zwingend voraus – und dazu griff er nun vermehrt auf die Möglichkeiten des Ausnahmezustands zurück.28 Hinzu kam, dass sich die Eingriffe von SSS und STS in die schweizerische «Wirtschaftsfreiheit» rechtlich nur mit den ausserordentlichen Befugnissen des Bundesrats legitimieren liessen.29 Wie die Noterlasse des Vollmachtenregimes entwickelten die beiden «Import-Trusts» nach ihrer Gründung ein komplexes System von Regeln, Formalitäten und Kontrollmechanismen, denen sich die im internationalen Handel tätigen Unternehmen anpassen mussten, wenn sie wei- terhin ihren Geschäften nachgehen wollten. Bereits Anfang 1916 nahm die in zurückzurück 122

dieser Hinsicht stets weit leistungsfähigere SSS mehrere Hundert Einfuhrgesuche pro Tag entgegen. Der Weg zu einer Ein- oder Ausfuhrbewilligung war für die Privatwirtschaft ebenso aufwendig wie zeitraubend, führte er doch über meh- rere Kontrollstellen im In- und Ausland, denen jeweils unterschiedliche Gesu- che und Belege vorgelegt werden mussten. Besonders kompliziert gestaltete sich naturgemäss die Ausfuhr von Produkten, die mit Waren aus den Ententestaaten hergestellt wurden und für die Mittelmächte bestimmt waren. Sie war speziel- len Vorschriften in Bezug auf Art, Zusammensetzung und Menge unterworfen. Ein Exporteur musste einen bürokratischen Spiessrutenlauf über das Volkswirt- schaftsdepartement, die beiden Kontrollorganisationen SSS und STS sowie die betreffenden Syndikate absolvieren, dessen Erfolgsaussichten äusserst ungewiss waren und dessen Bedingungen im Verlauf des Kriegs immer wieder verschärft wurden.30 Dies alles spielte sich in einer informellen Sphäre des «Halbamtlichen» ab, die für die schweizerische Wirtschaftspolitik im Ersten Weltkrieg charakteris- tisch war.31 Die Regulierung des Aussenhandels führte dazu, dass unter Einsatz der Vollmachten «nach und nach fast die gesamte Warenausfuhr auch mit Rück- sicht auf die Inlandsversorgung unter Kontrolle gestellt werden musste».32 Da der Aussenhandel mit der Entente faktisch nur noch über die von der Privatwirt- schaft gebildeten Syndikate möglich war, waren in diesem Kontrollsystem – wie bei der Entscheidungsfindung im Vollmachtenregime – jene Akteure im Vorteil, die sich in grossen Wirtschaftsverbänden organisiert hatten und über gute Kon- takte zu den politischen Entscheidungszentren verfügten.33 Bezeichnenderweise waren «Bauernführer» Ernst Laur und der freisinnige Vorort-Direktor Alfred Frey, der «unbestrittene Vertrauensmann von Handel und Industrie», sowohl Vorstandsmitglieder der SSS als auch zwei der wichtigsten Delegierten des Bun- desrats in den Wirtschaftsverhandlungen mit dem Ausland.34 Dass der «Weltwirtschaftskrieg»35 die Schweiz vor grosse Herausforderun- gen stellte, hing nicht nur mit den Institutionen zur Überwachung des Aussen- handels zusammen. Die Schaffung von SSS und STS ermöglichte der Schweiz zwar eine gewisse Normalisierung der Handelsbeziehungen mit dem Ausland, eine Rückkehr zum «business mainly as usual», wie es bis zum Frühjahr 1916 noch teilweise betrieben werden konnte, bedeutete dies jedoch nicht.36 Der neu- trale Kleinstaat war von den ökonomischen Folgen des Kriegs besonders stark betroffen, weil seine Volkswirtschaft schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem globalen Markt auf vielfältige Weise verflochten war. Die schweizerische Industrie produzierte mit Rohstoffen (und Arbeitskräften) aus aller Welt und verkaufte einen Grossteil ihrer Erzeugnisse wieder dorthin. Banken, Versiche- rungen und Privatanleger beteiligten sich am internationalen Finanzmarkt. Ho- tels beherbergten zahlreiche ausländische Gäste. Bauern ernährten ihr Vieh mit importiertem Futter. Schweizerinnen und Schweizer konsumierten täglich jen- seits der Grenzen Produziertes: Getreide, Fleischwaren, Kartoffeln.37 Der grösste Handelspartner der Schweiz war Deutschland. 1913 stammten fast 85 Prozent 123 zurückzurück des wichtigsten Brennstoffs Kohle und 60 Prozent der für die Industrie unent- behrlichen Eisen- und Stahlimporte aus dem nördlichen Nachbarstaat. Während der ersten Kriegsjahre verstärkte sich diese Abhängigkeit noch.38 Die verlässlichen Handelsbeziehungen und offenen Transportrouten, die diese Verflechtung mit der Welt und damit das schweizerische Wirtschaftswachs- tum vor 1914 ermöglicht hatten, wurden durch die Situation des Weltkriegs fun- damental infrage gestellt. Während weder die verlustreiche Schlacht um Verdun noch die alliierten Gegenangriffe an der Somme und in Galizien eine Kriegswende bewirken konnten, wurden für die Schweiz die Hürden beim Bezug von Waren aus dem Ausland beständig höher. Ein- und Ausfuhrverbote der Nachbarstaaten erschwerten den Handel mit dem Ausland, der Seekrieg liess die Transportkosten steigen. In der zweiten Jahreshälfte 1916 begannen die Importe von Lebensmit- teln, Rohstoffen und Fabrikaten zu sinken, nachdem die Mitglieder der Entente im Sommer eine Vereinheitlichung und Ausweitung ihrer Wirtschaftskriegfüh- rung beschlossen hatten. Auch das Deutsche Reich verschärfte daraufhin seine handelspolitischen Forderungen gegenüber der Schweiz.39 Die in der Schweiz nur spärlich vorhandenen Rohstoffvorkommen und die vor allem für den Export produzierende Landwirtschaft vermochten die zuneh- mende Unzuverlässigkeit und den tendenziellen Rückgang der Einfuhr nicht zu kompensieren. Mit der sich anbahnenden «Knappheit»40 von Importwaren sanken in einigen Branchen auch die nach Kriegsausbruch zunächst deutlich an- gestiegenen Ausfuhren und Gewinne, was sich negativ auf das Lohnwachstum und die Beschäftigungslage auswirkte.41 Fragen von Produktion, Beschaffung, Preisbildung und Verteilung von Waren, die bereits die Entscheidungsfindung in der ersten Phase des Ausnahmezustands massgeblich beeinflusst hatten, er- langten dadurch ab dem Frühjahr 1916 einen zentralen Stellenwert innerhalb des Vollmachtenregimes. Dazu kamen neue wirtschaftliche Herausforderungen wie die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, die Teuerung und die «Wohnungsnot»,42 die Unterstützung einkommensschwacher Haushalte, die Arbeitsbedingungen in den Fabriken oder die Höhe der Löhne.

4.2 Die Suche nach Regeln für die neutrale Kriegswirtschaft

Auch wenn es vor Kriegsausbruch an diesbezüglichen Warnungen nicht gefehlt hatte (siehe Kapitel 2.2), gab sich der Bundesrat noch zu Beginn des Jahres 1916 vom globalen Wirtschaftskrieg und seinen Auswirkungen auf die Schweiz völlig überrascht.43 Nachdem die Regierung ihre Vollmachten in der ersten Phase des Kriegs nur punktuell und relativ zurückhaltend zur Steuerung wirtschaftlicher Prozesse eingesetzt hatte, nahm die Zahl solcher Noterlasse nun aber rasch zu.44 Zwar blieb die Sphäre der militärischen Landesverteidigung ein wichtiges Feld der Notrechtsetzung, wie Grafik 7 zeigt, war es nun aber immer häufiger das EVD, das auf die legislativen Möglichkeiten des Ausnahmezustands zurückgriff. zurückzurück 124

Von den 370 in der zweiten Phase, vom 1. April 1916 bis zum 30. Juni 1917, in Kraft gesetzten Noterlassen stammte nun je ein Drittel aus dem Militär- und aus dem Volkswirtschaftsdepartement. Dazu kamen noch die Erlasse des Politischen Departements und des Innendepartements mit einem Anteil von je 16 Prozent, womit sich das Verhältnis zwischen militärischen und ökonomischen Noterlas- sen im Vergleich zur ersten Phase deutlich zugunsten der kriegswirtschaftlichen Interventionen verschoben hatte.45 Diese Verschiebung von der militärischen hin zur ökonomischen Kriegsbewältigung wird noch deutlicher, wenn die fragmen- tierte Aufgabenverteilung innerhalb der Bundesverwaltung berücksichtigt wird. Wie die Debatte um die Restrukturierung der staatlichen Exekutive (siehe Kapi- tel 3.4) deutlich machte, waren die Zuständigkeiten im Bund nämlich nicht nach einem thematischen Ordnungsprinzip an die Departemente verteilt worden, sondern im Verlauf einer ebenso wechselvollen wie konfliktreichen Staatsent- wicklung in die Administration gleichsam hineingewachsen. Trotz der Anfang 1915 in Kraft getretenen Verwaltungsreform lag der Aus- senhandel – und damit die ganze Problematik von wirtschaftlicher Neutralität und Handelskontrollen – bei der Handelsabteilung des EPD. Darüber hin- aus war das Politische Departement zuständig für die Regulierung von Texti- lien, Papier, Teer, Chemikalien sowie, im Zusammenhang mit der Einfuhr aus Deutschland, für Metalle, Gas und Kohle. Holz und Torf fielen dagegen in den Zuständigkeitsbereich von Felix Calonders Innendepartement. Für Edelmetalle, Spirituosen, einige Ausfuhrverbote sowie Schmuggel zeichnete das FZD ver- antwortlich. Die Versorgung mit Leder, ausländischem Getreide, einem Teil des Tierfutters und Monopolwaren wie Zucker oder Reis war schliesslich weiter- hin beim SMD angesiedelt. Dem Volkswirtschaftsdepartement verblieben somit die in der Schweiz produzierten Lebensmittel wie Milchprodukte, Fleisch, Obst oder Gemüse. Daneben Erdölprodukte und Medikamente, einige chemische Stoffe sowie ganz allgemein die Binnenregulierung von Handel, Landwirtschaft und Industrie. Ob ein Produkt mehrheitlich aus schweizerischer Produktion stammte, aus dem Ausland importiert werden musste oder für die Versorgung der Armee von besonderer Bedeutung war, scheint bei dieser Verteilung keine Rolle gespielt zu haben. In einigen Bereichen wie der Brot- und Lederversorgung waren die Kompetenzen zudem auf mehrere Departemente (hier EVD und SMD) aufgeteilt worden, was bei anfangs spärlicher Koordination zwischen den Äm- tern Überschneidungen und Konflikte bis hin zur «Orientierungslosigkeit» nach sich zog.46 Zu dieser horizontalen «Zersplitterung der Zuständigkeiten» inner- halb der Bundesverwaltung kam eine vertikale Arbeitsteilung, da die Umsetzung der Noterlasse während der ersten beiden Phasen des Vollmachtenregimes in den meisten Fällen an Verbände, Kantone und Gemeinden delegiert wurde.47 Im Rahmen dieser von Edmund Schulthess beklagten Fragmentierung der staatlichen Steuerungsversuche machten wirtschaftliche Noterlasse nun 72 Pro- zent der notrechtlichen Legislative aus, während sich die Vorschriften im Kon- text der militärischen Landesverteidigung noch auf knapp 18 Prozent beliefen.48 125 zurückzurück

Abb. 3: Die Vielzahl vor allem kriegswirtschaftlicher Noterlasse ab dem Frühjahr 1917 stellte die Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden vor bislang ungekannte Herausforderungen. Nebelspalter, Nr. 46, 17. November 1917.

Quantitativ betrachtet nahm die Zahl der Noterlasse in der zweiten Phase zwar tendenziell zu, allerdings wie in der vorangehenden Phase nicht gleichmässig. Im August 1916 kam es zu einem ersten sprunghaften Anstieg, der nicht zufällig mit einer Verschärfung der Handelspolitik von Entente und Mittelmächten einher- ging.49 Ein zweites Mal beschleunigte sich die Notrechtsetzung im Februar 1917. Auch hier kann die Kriegslage zur Erklärung beitragen. Zum einen hatte sich die wirtschaftliche Versorgung der Schweiz angesichts einer strengeren Handelspoli- tik Berlins und der Wiederaufnahme des «unbeschränkten U-Boot-Kriegs» noch einmal deutlich erschwert. Zum anderen zeichnete sich ab, dass der Krieg eine einschneidende Wende nehmen würde: Am 3. Februar 1917 hatte der Kongress in Washington die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich abgebro- chen, der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten aufseiten der Entente stand damit unmittelbar bevor (siehe Kapitel 5.1).50 In beiden Fällen ging die Zahl der Not- erlasse nach dem Anstieg wieder zurück, was die zyklische, auf bestimmte Er- eignisse reagierende Natur der Notrechtsetzung im Ausnahmezustand – kritisch betrachtet eine «Augenblickspolitik» – unterstreicht.51 Trotz dieser Schwankun- gen, die sich über die zweite Phase hinaus fortsetzen sollten, begann sich aber spätestens im Frühling 1917 eine «Flut von Verordnungen aus der Kriegsküche» zurückzurück 126

abzuzeichnen, welche die letzten beiden Jahre des Weltkriegs prägen sollte. Bun- desrat und Departemente wandten die Vollmachten nun deutlich öfter an als in der zurückliegenden Kriegszeit (Abb. 3; siehe Kapitel 5.2).52 Ausgangspunkt für die Erklärung dieser Expansion des Ausnahmezustands ab dem Frühjahr 1916 bildet der «Bundesratsbeschluss betreffend die Bestandes- aufnahme und die Beschlagnahme von Waren» vom 11. April 1916.53 Der Erlass markiert einen Wendepunkt in der Wirtschaftspolitik des Bundesrats, denn er vereinheitlichte und präzisierte die erst kurze Zeit zuvor aufgestellten Bestim- mungen, nach denen Bundesverwaltung und Kantone in der Schweiz vorhan- dene Warenbestände registrieren, beschlagnahmen und zwangsweise aufkaufen konnten (siehe Kapitel 3.4). Stellten sie ein «öffentliches Interesse» dafür fest, konnten EVD, EPD und ab Februar 1917 auch das SMD nun die Offenlegung von Menge, Beschaffenheit, Kaufpreis und Lagerungsort einer Ware durch die Besitzer anordnen. Ermittelt unter Mitwirkung kantonaler Behörden und Wirt- schaftsverbände, konnten diese Vorräte in einem nächsten Schritt landesweit beschlagnahmt und zu einem durch «Schätzungskommissionen» festgelegten Preis von den Departementen erworben werden.54 Die Beschlagnahmung ganzer Inlandsvorräte, wie sie für einzelne Produkte bereits seit Dezember 1915 ver- fügt worden war, bedeutete zwar noch nicht die Enteignung durch den Bund, die Produkte konnten aber ohne dessen Einwilligung nicht mehr verkauft oder weiterverarbeitet werden.55 Unter Androhung von Bussen und Gefängnisstra- fen verloren die Besitzer «jedes Verfügungsrecht» an ihrem Eigentum, ohne eine Möglichkeit, den Entscheid des Departements anzufechten.56 Die Beschlüsse zur Bestandsaufnahme und Beschlagnahmung waren aus Sicht des Bundesrats eine Erweiterung der im August 1914 beschlossenen «Wucherverordnung» und da- mit primär gegen «Spekulantentum», «Preistreibereien» und Hortung knapper Waren gerichtet.57 Sie sollten aber ebenso als Mittel gegen die Umgehung der Ausfuhrverbote dienen und waren damit Teil des zur Durchsetzung der Han- delskontrollen aufgefahrenen Dispositivs.58 Mit den im Frühjahr 1916 erlassenen Interventionen in den Warenverkehr schloss sich der Bundesrat Methoden der Wirtschaftspolitik an, wie sie ausser- halb der Schweiz bereits zum Einsatz gekommen waren. Im Dezember 1915 hielt Walther Rathenau einen Vortrag vor der Deutschen Gesellschaft 1914 über seine Tätigkeit in der kaiserlichen «Kriegsrohstoffabteilung».59 Der Berliner Industri- elle, Aufsichtsratsvorsitzender der von seinem Vater gegründeten Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft, legte dar, vor welchen ökonomischen Schwierigkeiten die Mittelmächte standen und welche Schritte er als Initiator und erster Leiter der «K. R. A.» unternommen hatte, «um die deutsche Wirtschaft dem Kriege dienstbar zu machen».60 Neben Einkäufen im neutralen Ausland, der Steigerung der industriellen Produktion, der «Nutzbarmachung» besetzter Gebiete und der Suche nach Ersatzstoffen strebte Rathenau vor allem die vollständige Kontrolle des Staats über die im deutschen Einflussbereich vorhandenen Rohstoffe – deren «Zwangsläufigkeit» – an, um die militärische Leistungsfähigkeit zu verbessern.61 127 zurückzurück

Da es nach Ansicht Rathenaus an Problembewusstsein ebenso wie an den recht- lichen Grundlagen fehlte, musste zunächst «der Grundbegriff gefunden werden, der es uns ermöglichte, den wirtschaftlichen Kreislauf umzugestalten». In der «Beschlagnahme» glaubte er diesen neuen Begriff gefunden zu haben: «Dieser Begriff […] bedeutet nicht, dass eine Ware in Staatseigentum übergeht, sondern nur, dass ihr eine Beschränkung anhaftet, dass sie nicht mehr machen kann, was sie oder ihr Besitzer, sondern was eine höhere Kraft will.»62 Auf der Grundlage des seit Kriegsbeginn herrschenden Belagerungszustands regelten die deutschen Behörden nun Bestandsaufnahme, Meldepflicht für Vorräte und das Kontroll- recht der kriegswirtschaftlichen Behörden und dehnten diese Vorschriften auf immer mehr Produkte aus. Beschlagnahmung und fallweise Enteignung ganzer Warenbestände, die zentralen Instrumente zur Durchsetzung von Rathenaus «wirtschaftlichem Mobilmachungsplan» (siehe Kapitel 3.4), wurden in einer Bundesratsverordnung «über die Sicherstellung von Kriegsbedarf» vom 24. Juni 1915 gesetzlich verankert.63 Es liessen sich in den untersuchten Quellen keine eindeutigen Indizien dafür finden, dass Rathenaus Wirtschaftsplan und die Verordnung des deutschen Bun- desrats bei der Ausarbeitung der schweizerischen Noterlasse als Vorbild heran- gezogen wurden. Auch war das Prinzip der «Beschlagnahme» bereits lange vorher in der Notgesetzgebung des Vollmachtenregimes aufgetaucht.64 Doch die Bedeu- tung von Bestandsaufnahme und Beschlagnahmung in der Ordnungspolitik des Bundesrats seit Ende 1915 zum einen, die Ähnlichkeit in der Konzeption des staatlichen Rechts, über privates Eigentum zu verfügen (Schätzungsverfahren, öf- fentliche Bekanntmachung, Verwendung der beschlagnahmten Waren, Pflichten der Besitzer), zum anderen sind Hinweise darauf, dass die Schweizer Behörden sich bei ihrer kriegswirtschaftlichen Gesetzgebung an den Lenkungsversuchen im Ausland orientierten.65 Auch durch die Beschäftigung mit ausländischen Kriegs- gesetzen in den juristischen Fachzeitschriften, dem «Politischen Jahrbuch» und der Tagespresse wird deutlich, dass aus der Schweiz der Blick oftmals auf die notrechtliche Entwicklung in anderen Staaten geworfen wurde.66 Wie bereits zuvor mit dem Getreidebüro im Militärdepartement geschehen, musste zur Umsetzung dieser Beschlüsse erst einmal eine kriegswirtschaftliche Behörde geschaffen werden, die für den An- und Verkauf beschlagnahmter und importierter Waren zuständig sein würde. Obwohl mit dem Büro für Schlacht- viehimport schon eine ähnliche Amtsstelle existierte, wurde das erst im Februar 1916 geschaffene Büro für Import von Petroleum und Benzin in diesem Sinne zur «Warenabteilung» des EVD umgestaltet.67 Edmund Schulthess schwebte ur- sprünglich eine umfassende Neugründung vor, die – wohl nicht zufällig an die «Handelsabteilung» des Aussendepartements erinnernd – dem «dringenden Be- dürfnis [nach] einer klar umschriebenen Organisation, welche die Rechtsstellung des Personals deutlich bezeichnet, seine Verantwortlichkeit bestimmt und auch die Finanzgebarung näher umschreibt», entsprechen sollte.68 Ein vom Gesamt- bundesrat gewählter Vorsteher sollte nach Meinung des Wirtschaftsministers zurückzurück 128

der für staatliche Einfuhr, Preisvorschriften und Wucherbekämpfung zustän- digen Abteilung Legitimität und Durchsetzungsvermögen verleihen. Wohl im Hinblick auf die ähnlichen Aufgaben in den anderen Departementen verwei- gerten Schulthess’ Bundesratskollegen einer so prominenten und selbständigen Stellung der Warenabteilung innerhalb der Bundesverwaltung allerdings ihre Zustimmung. Die neue Behörde wurde zwar geschaffen, jedoch zu einer «inter- nen Angelegenheit des Departements» zurückgestuft.69 Zu ihrem Chef ernannte Schulthess den «praktischen Kaufmann» Emil Schwarz, Verwalter beim Basler Verband schweizerischer Konsumvereine (VSK).70 Die Debatte um den Stellenwert der Warenabteilung wirft ein Licht auf die Konflikte um die Verteilung der kriegswirtschaftlichen Regulierungsaufga- ben beim Bund ebenso wie auf den institutionellen und personellen Ausbau der Bundesverwaltung, der mit der Expansion des Vollmachtenregimes einherging. Der Warenabteilung wurde zwar nicht die von Bundesrat Schulthess gewünschte Form gegeben, der Zunahme kriegswirtschaftlicher Aufgaben im Volkswirt- schaftsdepartement tat dies jedoch keinen Abbruch. Einerseits wurden in der zweiten Phase die nach Kriegsausbruch eingeführten Regulierungsinstrumente weiterentwickelt, andererseits gelangten neue Interventionen zur Erprobung (siehe Kapitel 3.4). Im EVD wurden die zum grössten Teil seit dem Winter 1915/16 bestehenden Höchstpreise für Erdölprodukte, Leder, Milch, Butter und Käse schrittweise angehoben, gleichzeitig erliess das Departement auch für Kar- toffeln und Kirschen preisliche Obergrenzen.71 In den anderen Departementen liefen für die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche ähnliche Prozesse ab, in denen der Kreis der mit Höchstpreisen versehenen Waren laufend erweitert und die Preisvorgaben nach oben angepasst wurden (Grafik 8). Ende 1916 verzeich- nete die «Amtliche Sammlung» bereits für 20 Produktkategorien notrechtliche Höchstpreise, die sich nach Mengen, Qualität und Dutzenden von Sorten auffä- cherten. Innert Jahresfrist stieg diese Zahl auf 45, wobei neben dem Grosshan- del auch immer häufiger der Verkauf im Laden oder auf dem Markt reguliert wurde.72 Dazu kamen je nach Branche, Departement und Region unterschied- liche Kontrollmechanismen und Handelsvorschriften. Während die Kantone und Gemeinden von der im August 1914 erhaltenen Ermächtigung zum Erlass von Höchstpreisen wenig und meist unkoordinierten Gebrauch gemacht hatten, entwickelte sich der Bund damit zu einer Art notrechtlichem Preisregulator.73 Wenig erstaunlich, dass dieses in immer kürzeren Abständen aktualisierte Re- gelwerk von Preislisten einen grossen Teil der seit 1916 entstandenen Noterlasse ausmachte. Die Ursachen für die rasche Zunahme dieser staatlichen Preisnormierung waren ebenso vielfältig wie ihre Wirkungen und hingen mit den Charakteristika des jeweiligen Produkts, den Verhältnissen auf dem Markt, dem komplexen Phä- nomen der Teuerung und nicht zuletzt mit der Entscheidungsfindung innerhalb der zuständigen Behörde zusammen. Auch wenn sich die Bundesverwaltung sel- ten öffentlich zu den Beweggründen und Einzelheiten ihrer Wirtschafts politik 129 zurückzurück

Grafik 8: Durch Noterlasse festgesetzte Höchst- und Verkaufspreise ausgewählter Pro dukte (in Franken) und durchschnittliche monatliche «Lebenshaltungskosten» für eine Familie mit fünf Mitgliedern nach Berechnungen der Liga für die Verbilligung der Lebenshaltung (indexiert, Dezember 1915 = 100), 1916/17

180

160

140 Leichtbenzin Detail 100l 120 Butter 1. Qualität 10kg 250–1000 g 100 Formeisen 100 kg Vollmehl 100 kg 80 Ruhr-Industriekohle 1 t 60 Maiskorn 100 kg Raffnierter Kristallzucker 100 kg 40 Lebenskosten indexiert 20

0 7. 1917 1. 1917 2. 1917 3. 1917 5. 1917 7. 1916 4. 1917 9. 1917 1. 1916 2. 1916 8. 1917 3. 1916 5. 1916 6. 1917 9. 1916 8. 1916 4. 1916 6. 1916 11. 1917 12. 1917 11. 1916 10. 1917 12. 1916 10. 1916

Quellen: AS 32/33 (1917/18) und Eidgenössisches statistisches Bureau, Statistisches Jahrbuch der Schweiz, Jg. 29 (1920), S. 292.

äusserte, stellte sie die Höchstpreise wiederholt als notwendige Massnahmen dar, um die Verhältnismässigkeit der Preisgestaltung in Bezug auf Bedarf und Produktionskosten sicherzustellen.74 Damit staatliche und private Konsumen- ten Güter trotz unsicherer Versorgungslage und Knappheit zu «gerechten Prei- sen»75 erwerben konnten, damit «den durch die Spekulation hervorgerufenen Missständen im Handel […] entgegengetreten»76 werden konnte, damit sich die benötigten Güter «gerecht und gleichmässig […] an die Bevölkerung»77 und die verschiedenen Landesteile verteilen liessen, damit aber nicht zuletzt auch die Hersteller bei steigenden Produktionskosten noch eine «annehmbare Rendite»78 erzielen konnten, schienen Höchstpreise ein geeignetes und relativ einfach zu hand habendes Instrument zu sein. Woher die Idee zu den vom Bund verfügten Preisobergrenzen, die zwischen Produzenten, Konsumenten und Händlern in langwierigen Verhandlungen aus- zurückzurück 130

tariert werden mussten, ursprünglich stammte, liess sich nicht mehr vollständig rekonstruieren.79 Edmund Schulthess bemerkte schon im Sommer 1915, dass fast täglich «eine Resolution irgend einer im Lande herum abgehaltenen Versamm- lung» bei ihm eintreffe, in der «den Behörden Untätigkeit und Begünstigung der Ausbeutung der Konsumenten» vorgeworfen werde.80 Höchstpreise seien in diesen Kundgebungen vor allem von sozialdemokratischer Seite als Mittel ge- gen Teuerung und Spekulation gefordert und vom Bundesrat auch in Betracht gezogen worden. Im Juni 1916 nahm der Nationalrat bei der Behandlung des dritten Neutralitätsberichts ein Postulat an, das dem Bundesrat die Einführung von Höchstpreisen für Kartoffeln und Schlachtvieh vorschlug. Eine Forderung, der die Regierung für Kartoffeln schon im darauffolgenden Monat, im Fall des Schlachtviehs allerdings erst im Sommer 1917 Folge leistete. Ein ähnliches Postu- lat hiess das Parlament Ende 1916 für in der Schweiz produziertes Getreide gut.81 Die Politik der Preisobergrenzen setzte einen Kreislauf von Noterlassen in Gang. Der Beschluss eines Höchstpreises für ein Produkt hatte in vielen Fällen zur Folge, dass die betroffenen Hersteller auf andere, noch nicht regulierte Erzeugnisse oder Märkte auswichen (zur Preisentwicklung verschiedener Milchprodukte siehe Grafik 9).82 Diese vor allem im Lebensmittelmarkt ab 1916 auftretende «Inter- dependenz der Preise» zeigt sich besonders gut am Beispiel der Milchprodukte.83 Die Milch war nicht nur ein zur Herstellung verschiedenster Produkte notwendi- ges Gut und bereits selbst ein Grundnahrungsmittel, sie hatte in der Schweiz eine besondere volkswirtschaftliche Bedeutung. Die schweizerischen Bauern hatten sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts stark auf die Vieh- und Milchwirtschaft aus- gerichtet, deren unterschiedliche Erzeugnisse – Käse, Kondensmilch oder Schoko- lade – mit solchem Erfolg ins Ausland verkauft werden konnten, dass sie Selbst- und Aussenwahrnehmung der Schweiz nachhaltig prägten.84 Die Milch wurde in der Mangelwirtschaft des Ersten Weltkriegs zu einem Kristallisationspunkt der inneren Auseinandersetzung und wie das tägliche Brot zu einem Symbol für die Schwierigkeiten bei der Lebensmittelversorgung überhaupt.85 Die Milchversor- gung war denn auch einer der ersten Wirtschaftsbereiche, in denen der Bundesrat mit einem «sehr energischen Eingriff in das freie Erwerbsleben […] einen weit- gehenden Gebrauch der unbeschränkten Vollmachten machte».86 Um die Höhe des Milchpreises wurden ab 1916 heftige Debatten geführt.87 Der Bundesrat sah sich nicht nur gefordert, dafür zu sorgen, dass Milchprodukte in ausreichender Menge und zu bezahlbaren Preisen im Inland zur Verfügung standen, er musste auch stets ein gewisses Mass an Ausfuhr zulassen, da dies in den Wirtschaftsabkommen mit den Nachbarstaaten im Rahmen des sogenann- ten Kompensationshandels vorgesehen war. Ohne einen «bescheidenen» Export von Käse und Schokolade nach Deutschland, so rechtfertigte der Bundesrat ein entsprechendes Abkommen, müsste die Schweiz auf den dringend benötigten Kunstdünger verzichten und riskierte somit Arbeitslosigkeit in der Landwirt- schaft.88 Da die Milch nicht nur als Lebensmittel in den Schweizer Haushalten und als Ausgangsstoff für eine Vielzahl von Milchprodukten verwendet wurde, 131 zurückzurück sondern ebenso bei der Aufzucht von Kälbern zum Einsatz kam, traten ausser- dem nach jedem neuen Höchstpreis Wechselwirkungen mit dem Vieh-, Fleisch- sowie dem Ledermarkt auf. Umgekehrt wandten sich viele Konsumenten auf der Suche nach einem Ersatz für Fleisch dem günstigeren Käse zu. Dies war mit ein Grund dafür, dass der Bundesrat die im Februar 1917 erlassenen «fleischlosen Tage» (siehe unten) nach wenigen Monaten bereits wieder abschaffte. Die Ein- schränkung des Fleischkonsums in den Haushalten hatte zu einem Sprung in der Nachfrage nach Käse geführt, der die in diesem Bereich aktive Preisregulierung gefährdete.89 Wenn der Bund also in einem Bereich Höchstpreise erliess, wirkte sich das rasch auf die Situation in anderen Branchen aus, in denen dann neuer Regulierungsbedarf entstand: «Die Preisfixierungen folgten den tatsächlichen Preisen, wie die Treppe dem Geländer.»90 Obwohl sich das EVD bereits kurz nach Kriegsausbruch an der Regulie- rung des Handels durch die Milchwirtschafts- und Konsumentenverbände im Rahmen der GSK beteiligte, machte es für weitergehende Massnahmen erst Ende 1915 von den Vollmachten Gebrauch (siehe Kapitel 3.4).91 Während im August 1914 noch ein Überangebot an Käse und fallende Milchpreise aufgrund der Han- delsbeschränkungen der Nachbarländer den Hintergrund für die Kooperation zwischen Staat und Verbänden boten, standen die Behörden im Winter 1915/16 vor einer sinkenden Milchproduktion, erhöhtem Bedarf in der Bevölkerung und vor allem der Ungewissheit, wie sich die Versorgungslage im kommenden Jahr entwickeln würde. Gegen Garantien der Lieferung von Trinkmilch bewil- ligte das EVD den mit der GSK kooperierenden Milchproduzenten eine leichte Erhöhung des Milchpreises mit dem Ziel, «die Landwirte zu einer vermehrten Produktion und Ablieferung von Milch anzuspornen».92 Um zu verhindern, dass Milchprodukte «von dritter Seite» für höhere Preise «vorweggekauft» wurden, erliess das Departement im März 1916 erstmals Höchstpreise für Milch, Butter und verschiedene Käsesorten, machte den Handel mit Milch und Käse von sei- ner Bewilligung abhängig und verschaffte sich zudem das Recht, die Herstellung von Produkten, «für die kein erhebliches Bedürfnis besteht», einzuschränken.93 Letzteres geschah wenig später für Schabziger und Casein, weil nach Ansicht des EVD zu viele Käser auf diese vor allem für den Export hergestellten Erzeugnisse umgesattelt hatten, was sich auf die Verfügbarkeit von Trinkmilch und Käse ne- gativ auswirkte.94 Um zu verhindern, dass Händler die Höchstpreise für Käse un- bemerkt überschritten, erhielt die GSK im August 1916 ausserdem das alleinige Recht, dieses Milchprodukt im schweizerischen Grosshandel zu erwerben. Das seit 1915 bestehende Exportmonopol wurde damit um ein faktisches Einkaufs- monopol im Innern ergänzt. Während «Verfolgung und Verurteilung» von Ver- gehen gegen diese Vorschriften weiterhin von den Kantonsbehörden vorgenom- men werden sollten, konnte das EVD im Sinne einer «raschen Justiz» nun auch selbständig Bussen bis zu einer Höhe von 10 000 Franken verhängen.95 Trotz dieser staatlichen Interventionen in den Markt erfolgte auf Druck der Milchproduzenten im Herbst 1916, der durch schlechte Wetterbedingungen zurückzurück 132

eine äusserst geringe Ernte mit sich brachte, eine Erhöhung der Milchpreise. Der Bund versuchte dieses Zugeständnis an die Hersteller abzufedern, indem er die aus den Exportgewinnen der GSK und verschiedenen Handelsgebühren finan- zierten Subventionen für den Zentralverband schweizerischer Milchproduzen- ten anhob. Ein Anstieg des Milchpreises für Konsumenten konnte dadurch fürs Erste verhindert werden, was die Abteilung für Landwirtschaft zur optimisti- schen Prognose bewog: «Der Milchpreis in unsern Bevölkerungszentren wird denjenigen der Friedenszeiten nicht übersteigen.»96 Sinkende Produktion, stei- gende Nachfrage und die Verarbeitung zu anderen Produkten liessen dieses Ziel jedoch bereits wenige Monate später unrealistisch erscheinen. Neben einer weite- ren Anhebung der Höchstpreise für Butter und Käse schränkte das EVD mittels Noterlassen den freien Handel mit Milch noch stärker ein, um die vorhandenen Ressourcen in die Herstellung der für den schweizerischen Verbrauch und den Kompensationshandel als notwendig angesehenen Waren umzulenken. Weiter- hin, stellte die Abteilung für Landwirtschaft im Neutralitätsbericht vom März 1917 fest, waren «zahlreiche» Hersteller auf bislang preislich nicht regulierte und deshalb lukrativere Milchprodukte ausgewichen. In der Folge schränkte das EVD die Herstellung von Käse gänzlich auf die von der GSK eingekauften Sor- ten ein.97 Diese Massnahmen, die den Spielraum von Produzenten und Händlern schrittweise verkleinerten, ermöglichten es dem Departement, Preise und Ver- fügbarkeit von Milchprodukten bis Ende 1916 relativ konstant zu halten. Auf- grund stark gestiegener Produktionskosten musste das EVD den Produzenten dann aber im April 1917 eine weitere Anhebung des Milchpreises zugestehen, die sich nicht mehr durch Subventionen ausgleichen liess und deshalb auch auf die Konsumenten auswirkte (Grafik 9).98 Reaktionen auf die notrechtliche Preispolitik, wie sie in der Milchversor- gung auftraten, spielten sich während des Ersten Weltkriegs in vielen Bereichen von Landwirtschaft und Industrie ab: Mahlfähiges Getreide liess sich je nach Preisentwicklung zu Brot, Teigwaren, Tierfutter oder Bier verarbeiten, Holz als Brenn-, Bau- oder Papierstoff verwenden, Kohle in der Stromerzeugung, im Ei- senbahnverkehr oder in der Industrie einsetzen. Die ab 1916 verfolgte Politik der Höchstpreise und ihre Folgen blieben deshalb in der Bundesverwaltung nicht unumstritten. Edmund Schulthess lehnte noch im Winter 1915 einen Höchst- preis für Milch ab und und beteuerte in Bezug auf den Fleischpreis, «eine ein- heitliche Fixierung für die Schweiz [sei] undenkbar».99 Das EDI hielt fest, dass der Erlass eines für die ganze Schweiz passenden Holzpreises aufgrund regiona- ler Unterschiede nicht durchführbar war und deshalb den Kantonen überlassen werden sollte. Ähnlich argumentierten im Fall des Schlachtviehs die Abteilung für Landwirtschaft und das Veterinäramt des EVD.100 Das Veterinäramt betonte, dass sich die Einhaltung von Höchstpreisen für Vieh und Fleisch ohne eigene Kontrollinstitutionen nicht überwachen liess und die Preisvorgaben, «wenn sie nicht durch dazu gehörige wirtschaftliche Organisationen unterstützt werden können», faktisch zu «Mindestpreisen» mutierten.101 Die schärfste Kritik am 133 zurückzurück

Grafik 9: Durchschnittliche Preise verschiedener Milchprodukte (in Franken) nach Berechnungen des Verbands schweizerischer Konsumvereine, 1915–1917 7

6

5

4

3

2

1

0 1917/11 1916/11 1917/12 1917/07 1915/12 1916/12 1917/01 1917/10 1917/02 1917/03 1917/05 1916/10 1916/01 1917/08 1917/04 1916/07 1917/09 1917/06 1916/08 1916/04 1916/09 1916/06 1916/02 1916/03 1916/05 Milch, 10 l Butter am Stock, 1 kg Emmenthaler, 1 kg Milchschokolade, 1 kg

Quelle: Eidgenössisches statistisches Bureau, Statistisches Jahrbuch der Schweiz, Jg. 26 (1917), S. 256 f.

System der Höchstpreise kam im Mai 1917 aus dem Militärdepartement, das da- mit bereits in den ersten beiden Kriegsjahren eingehende Erfahrungen gesammelt hatte. Das SMD bemängelte, dass seine Erlasse zur Brotversorgung ohne konse- quente Durchsetzung wirkungslos blieben, und es machte dafür in erster Linie die Kantonsbehörden verantwortlich: «Leider mussten wir neuerdings die Erfahrung machen, dass vielerorts von den kantonalen Kontrollorganen eine ganz ungenügende, da und dort sogar überhaupt keine Überwachung ausgeübt wird. Die Zahl der Übertretun- gen der Brotversorgungsvorschriften und der Höchstpreise ist beständig im Zunehmen begriffen. Zweifellos tragen hierfür die kantonalen Gerichte in erster Linie die Verantwortung, weil sie immer und immer wieder die Minimalbussen aussprechen und sich nicht dazu aufraffen können, selbst im Wiederholungsfalle, an die oberen Grenzen der vorgesehenen Strafen zu gehen.102 «Trotz dieser Zweifel, ob sie als Mittel gegen die Teuerung überhaupt zweckmäs- sig waren, sahen sich mit der Zeit doch alle erwähnten Behörden zum notrecht- lichen Erlass von Höchstpreisen «genötigt».103 Wo dieses Instrument überhaupt nicht als opportun angesehen wurde, kamen als abgeschwächte Varianten «Nor- mal-» oder «Richtpreise» zum Einsatz, an denen sich Produzenten und Konsu- menten orientieren sollten.104 zurückzurück 134

Diese verschiedenen Preisregulierungsversuche, deren Wirksamkeit auch ausserhalb der Bundesverwaltung sehr unterschiedlich beurteilt wurde, zei- gen die Gratwanderung, die der Bundesrat zwischen 1916 und 1917 angesichts sinkender Einfuhren, sich verändernder Konsumgewohnheiten und schlechter Witterungsbedingungen in Bezug auf Rohstoffe und Nahrungsmittel mit den Vollmachten vollziehen musste.105 Die ökonomischen Bedingungen mussten so gestaltet werden, dass der Nachfrage im Inland ebenso entsprochen werden konnte wie den Abkommen mit den Handelspartnern und den Interessen der Exportwirtschaft. Es galt, die Preise für «unentbehrliche Bedarfsgegenstände» möglichst niedrig zu halten, um auf der einen Seite der heterogenen Gruppe der Konsumenten (darunter auch die Armee) entgegenzukommen und gleichzeitig hoch genug anzusetzen, damit auf der anderen Seite die Herstellung dieser Wa- ren für die Produzenten noch rentabel war. Die Art und Weise, wie unter die- sen Bedingungen über angemessene Preise, Mengen und Regulierung debattiert wurde, lässt die Wichtigkeit von Erwartungen, Wahrnehmungen und politischer Symbolik deutlich hervortreten. Preise sind nicht universal mess- und «ratio- nell» steuerbare Grössen, sondern einem ständigen Wandel unterliegende und regional äusserst unterschiedlich ablaufende Resultate eines sozioökonomischen Aushandlungsprozesses.106 Einen vorläufigen Endpunkt in dieser Entwicklung in der zweiten Phase des Vollmachtenregimes markierte die «Notstandsaktion» des Militärdepartements Ende 1916 sowie die vier Monate später erfolgte Schaf- fung des Fürsorgeamts im EVD, wobei Brot- und Milchversorgung erneut eine zentrale Rolle spielten. Ab dem 1. Dezember 1916 verkaufte das Getreidebüro (siehe Kapitel 3.4) seine Monopolwaren Reis, Maisgriess, Haferflocken und Zucker «in bestimmten Mengen zu herabgesetzten Preisen» an die Kantone, welche damit einem nicht näher definierten Kreis von «Bedürftigen» den Kauf dieser Lebensmittel ver- günstigen sollten.107 Mit dieser sogenannten Notstandsaktion, die das OKK beim Bundesrat nach wiederholten Eingaben der Notstandskommission der schweize- rischen Arbeiterschaft (siehe Kapitel 6.1) beantragt hatte, sollte der Bund «seinen Teil zur Linderung der Not der Arbeiterschaft beitragen und nicht alle Lasten der Armenfürsorge den Kantonen und Gemeinden überlassen».108 Die Kosten einer Vergünstigung der erwähnten Produkte um 20 Prozent wurden vom OKK bei 400 000 Bedürftigen alleine für den Bund auf rund 200 000 Franken pro Mo- nat veranschlagt. Für die Kontrolle der Verwendung der Lebensmittel waren kantonale und kommunale Behörden zuständig, während sich für die Verteilung dem Bund sowohl der VSK wie auch zahlreiche Verbände des Detailhandels an- erboten.109 Während die Umsetzung der kurz vor Jahreswechsel beschlossenen Preisreduktion von Monopolwaren für «Bedürftige» offenbar nicht einheitlich vorgenommen wurde und deshalb weitere Forderungen der Notstandskommis- sion beim Bundesrat eingingen, machten der Rückgang des Käseexports und die gleichzeitige Zunahme des Milchkonsums im darauffolgenden Frühling 1917 deutlich, dass sich die bisherige Reduktion des Preises von Trinkmilch aus den 135 zurückzurück

Gewinnen der GSK und den Gebühren aus der Käseproduktion nicht mehr aufrechterhalten liess.110 Obwohl anfänglich Meinungsverschiedenheiten über die Finanzierung bestanden, liess sich der Bundesrat daraufhin von Edmund Schulthess überzeugen, Milch ab dem 1. Mai nicht mehr für alle Konsumenten, sondern nach dem Vorbild der «Notstandsaktion» nur noch für die «weniger be- mittelte Bevölkerung» zu «verbilligen». Subventionen für die Milchhändler, die zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von Kantonen und Gemeinden getragen wurden, sollten eine Reduktion von mindestens fünf Rappen pro Liter Milch ermöglichen und so den Anstieg des durchschnittlichen Marktpreises ab 1917 ausgleichen (siehe Abb 12).111 Da es den Kantonen nach den Erfahrungen mit den Höchstpreisen und der «Notstandsaktion» eine wirksame Umsetzung dieses Unterfangens offenbar nicht mehr zutraute, eröffnete das EVD zur «Überwachung und Organisation» der «Abgabe von Konsummilch zu herabgesetztem Preise» im April 1917 das eidgenössische Fürsorgeamt (EFA), das direkt Edmund Schulthess unterstand.112 Unter der Leitung des Basler Statistikers und Regierungsrats Fritz Mangold ent- warf das neue Amt die entsprechenden Ausführungsbestimmungen und legte sie anschliessend einer Konferenz von Bund, Kantonen, Wirtschaftsverbänden und Delegierten der Notstandskommission vor. Die Beratungen zeigten, wie weit die Vorstellungen von Notwendigkeit, Ausmass und Modalitäten dieses ersten grös- seren Versuchs der Bewältigung «des durch den europäischen Krieg verursach- ten Notstandes» auseinandergingen.113 Die Konferenz einigte sich schliesslich auf drei Kategorien von Ortschaften, in denen Haushalte, deren Gesamteinkommen unter einer bestimmten Schwelle lag, einen Ausweis zum Bezug von 6 Deziliter vergünstigter Milch pro Tag und Person erhielten. In einer grösseren Stadt wie Genf oder Basel betrug diese Schwelle für eine Familie mit 5 Mitgliedern 2700 Franken, während ein Haushalt von dieser Grösse in ländlichen Gemeinden erst unter einem jährlichen Einkommen von 2100 Franken zum Kauf der billigeren Milch «berechtigt» war.114 Im Frühling 1917 galten gemäss diesen Regeln 500 000 Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz, also rund 13 Prozent der dama- ligen Wohnbevölkerung, als bedürftig – und nach den Abrechnungen der Kan- tone, die das EFA vor Auszahlung der Subventionen prüfte, nahmen sie die neue Ermässigung auch in Anspruch.115 Ende Mai 1917 führte das Fürsorgeamt nach den gleichen Bedingungen auch für Brot die vergünstigte Abgabe ein. Bereits zuvor konnte Petroleum zu niedri- geren Preisen bezogen werden. Die vorherige «Notstandsaktion» für Monopol- waren wurde vom Militärdepartement dagegen eingestellt.116 Mit dem EFA als «Zentralstelle […] für die Fürsorgetätigkeit des Bundes» hatte das EVD die staat- liche Versorgungspolitik innert weniger Wochen um eine zentrale Komponente erweitert und damit die eigene Stellung sowohl innerhalb der Bundesverwaltung wie auch gegenüber den Kantonen wesentlich gestärkt.117 Trotz des Tempos, auf das Edmund Schulthess dabei erkennbar drängte, darf allerdings nicht ausser Acht gelassen werden, dass seit den ersten parlamentarischen Vorstössen zur zurückzurück 136

Vergünstigung von Lebensmitteln und der Eingabe der Notstandskommission im Sommer 1916 beinahe zehn Monate vergangen waren.118 Die Verbilligung von Brot, Milch und Petroleum für die Konsumenten war nicht die einzige Forderung aus den Reihen der Arbeiterbewegung, der das Volkswirtschaftsdepartement im Frühjahr 1917 zumindest partiell entgegenkam. Mit der Gründung des Fonds für Arbeitslosenfürsorge, der privaten und öffent- lichen Institutionen zur Unterstützung von Arbeitslosen mit Erträgen aus der Kriegsgewinnsteuer (siehe Kapitel 5.4) unter die Arme greifen sollte, nahm das EVD Teile einer bereits im März 1912 eingereichten und im Sommer 1916 noch einmal in Erinnerung gerufenen Motion des SP-Nationalrats und «Weberpfar- rers» Howard Eugster auf, die ein stärkeres staatliches Engagement «gegen die Folgen unverschuldeter Arbeitslosigkeit» gefordert hatte.119 Der Noterlass zur Gründung des Fonds war bemerkenswert, nicht nur weil er entgegen der Ableh- nung mehrerer Bundesratsmitglieder und eines kritischen Expertengutachtens zustande kam. Das EVD rechtfertigte ihn vor allem damit, «dass im Ausland nach dem Kriege Millionen von Personen der industriellen und gewerblichen Produk- tion wieder zugeführt werden. […] Bei einem derartigen Notstand wird man nicht mehr fragen, ob es Sache des Bundes sei, sich am Werke der Unterstützung zu beteiligen. Er wird mithelfen und sogar eine gewisse Führung übernehmen müssen.»120 Den ab 1917 anlaufenden Vorbereitungen auf die «wirtschaftliche Demobilmachung» in den kriegführenden Staaten ähnlich, flossen hier neben den unmittelbaren Erfordernissen der Kriegszeit also erstmals auch Erwartungen an die Situation nach dem Kriegsende in die notrechtlichen Entscheidungen des Bundesrats ein (siehe Kapitel 6.4).121 Flankiert wurden diese ersten Schritte des Bundes auf dem Weg zu einer staatlich regulierten Arbeitslosenversicherung von einer Hilfsaktion für eine Branche, die nicht erst durch den Krieg in Absatzschwierigkeiten geraten war. Die von steigenden Rohstoffpreisen, blockierten Handelsrouten und starken Nachfrageschwankungen besonders betroffene Stickereiindustrie, die sich bis 1910 zu einem der grössten Zweige des schweizerischen Exports entwickelt und der Ostschweiz einen regelrechten Boom beschert hatte, versuchte der Bundesrat mit einer ganzen Reihe von Noterlassen zu stabilisieren und so vor dem «all- gemeinen Zusammenbruch» zu bewahren.122 Kurz vor Jahresende 1916 beschloss er zunächst die Gründung eines Notstandsfonds zur Unterstützung und Ver- mittlung «notleidender Arbeiter, Angestellter und Einzelsticker», der sich aus einer einmaligen Umsatzsteuer und freiwilligen Beiträgen finanzierte.123 Den vom sankt-gallischen Regierungsrat bereits im April 1916 vorgeschlagenen Not- standsfonds ergänzte im darauffolgenden Jahr der Erlass von Mindeststichpreisen und Mindestlöhnen für die durch steigende Garnpreise unter Druck geratenen Lohnsticker. Dies, nachdem Stickereiarbeiterverbände und betroffene Kantone entsprechende Eingaben an den Bundesrat gerichtet hatten und Verhandlungen mit den Textilhändlern gescheitert waren.124 Es handelte sich bei diesem Einsatz der Vollmachten um das erste Mal, dass der Bund auf dem Gebiet der privatwirt- 137 zurückzurück schaftlichen Lohnpolitik aktiv wurde, «um dem Arbeiter zu einem ‹gerechten Preis› für seine Arbeit zu verhelfen».125 Ein Novum, das nach Ansicht des EVD trotz Widerstand der Arbeitgeber und Stickereihändler gerechtfertigt war: Es ist nicht zu verkennen, dass der Beschluss Bestimmungen enthält, die als neu und weitgehend bezeichnet werden müssen. Der Staat hat es bis jetzt vermieden und vermeiden können, preisregulierend in das Verhältnis zwi- schen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzugreifen. Allein die Verhältnisse in der Stickereiindustrie sind ganz besondere, und es genügt, darauf hin- zuweisen, dass die beteiligten Kreise die Intervention des Bundes angesichts der heutigen Verhältnisse als notwendig betrachten, um die Industrie durch die Schwierigkeiten der Zeit hindurchzubringen. Die Stickereibranche hat nicht Geschlossenheit und eigene Kraft genug, um aus sich heraus die Sanie- rung der Verhältnisse vorzunehmen.126 Beschlagnahmungen, staatlich verordnete Preise und Hilfen für Industrie und Arbeitnehmer machten einen beträchtlichen Teil der ab Frühling 1916 entstan- denen Noterlasse aus, waren aber keineswegs die einzigen Instrumente, mit de- nen der Bundesrat die in der zweiten Phase des Vollmachtenregimes auftretenden Probleme der Kriegswirtschaft zu bewältigen versuchte. Zum einen wurden die bereits in der ersten Phase beschlossenen Massnahmen schrittweise ausgedehnt, was sich in Zahl und Umfang der Noterlasse niederschlug. Im Zuge der mit den kriegführenden Staaten vereinbarten Handelskontrollen erweiterte das Poli tische Departement die Liste der mit Ausfuhrverboten belegten Produkte stetig.127 Um- gekehrt war aufgrund der Garantien gegenüber dem kriegführenden Ausland auch der Import vieler Waren nur noch durch eine Bundesbehörde oder mit einer besonderen Bewilligung möglich.128 Wie im geschilderten Fall der Milchprodukte stieg zudem die Zahl der Erlasse, welche unter dem Eindruck von Warenknapp- heit und steigenden Preisen die Herstellung bestimmter Produkte verboten oder Vorschriften für deren Verarbeitung und Verkauf aufstellten.129 Zum anderen erprobte die Bundesverwaltung nun eine Reihe von neuen Strategien der Kriegswirtschaftspolitik, die in der Tendenz auf eine parastaat- liche Kontrolle des Warenkreislaufs abzielten.130 Seit dem Sommer 1916 stellten Noterlasse Produktion sowie An- und Verkauf bestimmter Waren im Grosshan- del dauerhaft unter die «Kontrolle» des Bundes oder einer von ihm designierten «Zentralstelle» (siehe Kapitel 5.3).131 Die GSK erhielt durch einen solchen Erlass nicht nur das Einkaufsmonopol, sondern auch ein Aufsichts- und Vetorecht im Käsegrosshandel. Die Zentralstelle für Kartoffelversorgung des EVD «ordnete und beaufsichtigte den Handel mit Kartoffeln». Im EPD «überwachte» die «Kon- trollstelle» für Papier die Durchsetzung der erlassenen Höchstpreise und ent- schied über Streitfälle oder Ausfuhrgesuche.132 In den meisten Fällen bedeutete diese neue Form der Wirtschaftspolitik, dass die betroffenen Produzenten oder Händler den Inspektoren der Zentralstellen Einblick in ihre Geschäftsbücher und Lager geben, Anordnungen des Bundes über die Verwendung der betref- fenden Produkte nachkommen und eine Konzession zum weiteren Betrieb ihrer zurückzurück 138

Geschäfte einholen mussten.133 Die Erteilung solcher Konzessionen wurde in der Regel davon abhängig gemacht, ob ein Unternehmen bereits vor Kriegsausbruch mit dem Produkt gehandelt hatte und ob es bereit war, besondere Verpflichtun- gen in Bezug auf die Inlands- oder Armeeversorgung zu erfüllen sowie sich ei- nem Branchenverband anzuschliessen. Wie bei der SSS wurden in diesem System, wie der spätere EVD-Generalsekretär Walter Stucki festhielt, etablierte Firmen «gegenüber anderen wesentlich bevorzugt […], was für letztere zweifellos eine empfindliche Benachteiligung, eine Rechtsungleichheit» bedeutete.134 Eng mit der Konzessionierung des Marktzugangs verbunden war die Kontingentierung. Hierbei wurden Warenbestände «zur Erzielung einer gleichmässigen Verteilung» vom Bund direkt an die Kantone oder bestimmte private Verbraucher geliefert. Als Vorstufe der Rationierung wurde dieses Vorgehen in der zweiten Phase für Papierholz, Aluminium sowie die vom OKK importierten Monopolwaren Zu- cker, Reis und Getreide eingeführt.135 Betroffen war von allen diesen Noterlassen in erster Linie der Grosshan- del. Der Verkauf in den Läden oder auf den Märkten wurde meist noch explizit ausgeklammert. Mit zunehmender Kriegsdauer versuchte die Exekutive mit den Mitteln des Ausnahmezustands aber auch auf die einzelnen Konsumenten und deren Verbrauch einzuwirken. So im Februar 1917 in einem Bundesratsbeschluss, der die Kantone zur Kontrolle der auf dem Lebensmittelmarkt verkauften Men- gen aufforderte, um die Anhäufung übermässiger Vorräte «in den Haushaltungen einzudämmen».136 Unter dem Eindruck des verschärften U-Boot-Kriegs rückte gegen Ende 1916 neben der Verteilung importierter Waren auch die Bewirtschaf- tung der in der Schweiz vorhandenen beziehungsweise produzierten Rohstoffe und Nahrungsmittel in den Fokus der notrechtlichen Gesetzgebung. Nachdem dies bereits ansatzweise für die Erzeugnisse der Viehhaltung geschehen war, sollten nun auch Abbau beziehungsweise Produktion von Holz, Kohle, Torf, Kartoffeln, Getreide oder Gemüse statistisch erfasst, bedarfsgerecht verteilt und vor allem gesteigert werden. Gleichzeitig wurde der Verwertung, das heisst dem Recycling von Abfällen aus Industrie, Bauernbetrieben und Haushalten, eine Reihe von Noterlassen gewidmet (siehe Kapitel 5.2).137 Vor allem im Hinblick auf die Entwicklung in der dritten Phase des Voll- machtenregimes war in diesem Zusammenhang der im Februar 1917 nach einer Konferenz von Bund, Kantonen und Bauernverband erlassene «Bundesrats- beschluss betreffend die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion» zentral. Die Kantone wurden darin ermächtigt, gegen eine «angemessene» Entschädi- gung «kulturfähiges Land, das vom Eigentümer oder Pächter nicht bebaut oder schlecht bewirtschaftet wird, […] im Dienste der Nahrungsmittelproduktion» zwangsweise bebauen zu lassen. Darüber hinaus waren sie befugt, «zur Ein- bringung der Ernte alle geeigneten Personen», Maschinen und Arbeitstiere in Anspruch zu nehmen.138 Dieses Verfügungsrecht der kantonalen Behörden über Agrarressourcen und Arbeitskraft legte nicht nur den Grund für den Er- lass weiterer Vorschriften im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion,139 139 zurückzurück im selben Bundesratsbeschluss wurde ausserdem eine Kampagne von EVD, Kantonen und gemeinnützigen Organisationen zur «Belehrung und Aufklä- rung der Bevölkerung» in die Wege geleitet. Mit Vorträgen, Kursen und In- formationsschriften sollten Schweizerinnen und Schweizer «auf dem Wege der Freiwilligkeit zu einer Einschränkung des Konsums und zu einer Vermehrung der Produktion an Lebensmitteln» bewogen und somit erstmals direkt in die kriegswirtschaftliche Strategie des Bundesrats einbezogen werden.140 Eine erste entsprechende Broschüre mit einer Auflage von 100 000 Exemplaren publi- zierte das EVD in Zusammenarbeit mit dem Bauernsekretariat schon kurz nach dem Beschluss.141 Parallel zu diesen Bemühungen, die Produktion innerhalb der Schweiz zu steuern, wurden erste Vorschriften zur Einsparung von Rohstoffen und Lebens- mitteln erlassen. Den Anfang machten hierbei die mit Kohle betriebenen Eisen- bahnen und Dampfschiffe, denen das Post- und Eisenbahndepartement (PED) im Januar 1917 einen Auftrag zur «Einschränkung der Fahrleistungen» erteilte.142 Ebenso wies der Bundesrat die Gaswerke an, durch eine Erhöhung der Preise ihren Kohleverbrauch zu reduzieren.143 Als Gegenstück zur «Hebung der land- wirtschaftlichen Produktion» beschloss die Regierung einen Monat später ein erstes Bündel von Vorschriften zur «Einschränkung der Lebenshaltung», ins- besondere des Fleischkonsums. Diese Einschränkung betraf sowohl die privaten Haushalte, denen der Verzehr bestimmter Fleischsorten an zwei Wochentagen untersagt wurde, als auch Restaurants oder Konditoreien, die ihren Kunden ohne Ausnahme bewilligung noch höchstens 15 Gramm Zucker zum Kaffee abgeben, nur eine Fleisch- oder Eierspeise pro Mahlzeit servieren und keine mit Rahm her- gestellten Produkte mehr verkaufen durften.144 Es ist anzunehmen, dass als Vor- bild dieser Massnahmen die «fleischlosen Tage» dienten, die Österreich-Ungarn bereits Anfang 1915, das Deutsche Reich im darauffolgenden Herbst und Russ- land Mitte 1916 eingeführt hatten.145 Der im Bundesrat aufgrund von unterschied- lichen Ansichten über Notwendigkeit, Durchführbarkeit und Wirksamkeit um- strittene Erlass war nur ein Beispiel dafür, wie die Situation der Schweiz ab 1917 zunehmend als «Notlage» wahrgenommen wurde, in der neue Mittel der staat- lichen Krisenbewältigung zum Einsatz kamen und eine Änderung der gewohnten Lebensweise akzeptiert werden musste.146 Das EVD appellierte denn auch an die Kantonsbehörden, mit Ausnahmebewilligungen zurückhaltend zu sein: «Man darf vom Schweizervolke verlangen, dass sich ein jeder an seinem Orte etwas einschränke und es ist durchaus nicht notwendig, dass in diesen ernsten Zeiten grosse und komplizierte Gastmähler bei allen möglichen Ge- legenheiten veranstaltet werden. Eine gewisse Einfachheit ist die mindeste Konzession, die dem Ernste der Lage gemacht werden muss. […] Vor allem aus scheint es uns eine Pflicht der Solidarität zu sein, dass heute die Lebens- haltung etwas ausgeglichen wird und dass nicht einzelne, deren Mittel es erlauben, trotz der Knappheit der Bestände und der hohen Preise, so weiter leben, wie es in normalen Zeiten der Fall war.»147 zurückzurück 140

Den unmittelbaren Anlass zur «Einschränkung der Lebenshaltung» bot der zunehmende Futtermangel, der sich durch die schlechte Ernte 1916 verschärft und negativ auf das Angebot an Fleisch und Milchprodukten ausgewirkt hatte.148 Das EVD räumte aber ein, dass die Sparbemühungen noch einen anderen Hin- tergrund besassen. Wie bereits im Zusammenhang mit den Höchstpreisen er- wähnt, musste die Schweiz aufgrund der Kompensationsabkommen auch unter erschwerten Bedingungen die Ausfuhr von Schlachtvieh und Käse aufrecht- erhalten.149 Der Aussenhandel blieb somit eines der wichtigsten Felder, auf denen die Vollmachten angewandt wurden. Um die aufgrund der Unwägbarkeiten der Kriegslage bisweilen chaotisch anmutenden Transportbedingungen von der und zur Schweizer Grenze zu verbessern, gründete das EPD im März 1917 eine Zen- tralstelle für den Ein- und Ausfuhrtransport (FERO). «Mit den umfassendsten Vollmachten ausgestattet», sollte die neue Behörde in Zusammenarbeit mit In- dustrie, Militär und den ausländischen Kontrollbehörden den schweizerischen Handel besser koordinieren und organisieren, also zum Beispiel Frachtschiffe chartern oder Lagerhäuser mieten.150 Diese Idee war nicht neu. Bereits im De- zember 1915 hatte der Bundesrat in Absprache mit Armeekommando und SSS die «Schaffung einer Zentralstelle für die Leitung des Güterverkehrs vom Aus- lande nach der Schweiz» beschlossen, die zunächst dem Militäreisenbahndirek- tor unterstand und nach Aufhebung des «Kriegsbetriebs» (siehe Kapitel 4.4) von der FERO abgelöst wurde.151 Zu deren Vorsteher und damit «Generalkommissär für Transporte» ernannte die Schweizer Regierung den Schokoladenfabrikanten und FDP-Nationalrat Alexandre Cailler.152 Da im Kontext von Wirtschaftskrieg- führung und Versorgungsengpässen die genaue Herkunft und Zusammensetzung einer Ware sowie die Eigentumsverhältnisse von Unternehmen eine zentrale Be- deutung erlangten, gingen EPD und FZD auf Anregung des Vororts zudem gegen «falsche Ursprungszeugnisse» oder irreführende Firmenbezeichnungen vor und verschärften die Kontrollen namentlich beim Import von Edelmetallen.153 Da- mit sollte gegenüber dem Ausland garantiert werden, dass einem Produkt wirk- lich «die Eigenschaft einer schweizerischen Ware zukommt» und nach innen die Qualität der eingeführten Rohstoffe gewährleistet blieb.154 Schliesslich wurden die ausserordentlichen Vollmachten auch im Bereich der Sozialpolitik vermehrt eingesetzt. Wie im Fall der Stickereiindustrie, der Verbilligung von Nahrungsmitteln oder bei der Ermächtigung der Kantone zum Schutz vor Mietzinserhöhungen und Wohnungskündigungen155 handelte es sich hierbei allerdings um punktuelle, auf den Einzellfall beschränkte Aktionen – besonders im Vergleich mit den als dauerhafte Eingriffe in die ökonomischen Strukturen angelegten Noterlassen zur kriegswirtschaftlichen Steuerung.156 Aus privaten Spenden, die dem Bundesrat im Kriegsverlauf übermittelt wurden, hatte das Politische Departement bereits im Dezember 1914 einen «Notstandsfond für Hülfsbedürftige» gebildet, mit dem «schweizerischen und ausländischen Fami- lien, welche durch die gegenwärtige wirtschaftliche Krisis in Not geraten sind», finanzielle Unterstützung geleistet werden sollte.157 Bis Ende 1916 wurde den 141 zurückzurück

Kantonen, denen der Bundesrat den Auftrag zur Identifizierung der «Hülfs- bedürftigen» und zur Verteilung der Gelder erteilt hatte, aus diesem Fonds rund 1,2 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Allerdings scheinen die Gliedstaa- ten dieses Geld zwar in Anspruch genommen, aber nur teilweise an die Bevölke- rung weitergereicht zu haben. So lautete jedenfalls die Erklärung des EPD für die bei ihm weiterhin «täglich» eintreffenden Unterstützungsgesuche, «die davon Zeugnis ablegen, dass die kantonalen und kommunalen Behörden nicht überall, wo es nötig wäre, mit ihrer Hülfe zur Stelle sind».158 Da bereits wenige Monate später mit der Verbilligung von Milch und Brot begonnen wurde, scheint dem Notstandsfonds bei der Milderung von Armut keine grössere Bedeutung mehr zugefallen zu sein. Eingesetzt wurden die dort vorhandenen Gelder allerdings weiterhin zur Unterstützung von Menschen, die in Diensten des Bundes standen: Armeeangehörige und Bundesangestellte. Die im Aktivdienst stehenden Soldaten waren zwar nicht der ständigen Gefahr von Tod oder Verwundung ausgesetzt, wie sie an den Fronten jenseits der Grenzen herrschte, waren aber einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt. Neben der auch in der Armee spürbaren Verschlechterung der Versorgungslage und dem ebenso monotonen wie entbehrungsreichen Dienstbetrieb war es vor allem die finanzielle Situation der «Wehrmänner» und ihrer Familien, die sich mit zunehmender Kriegsdauer zu einem neuen sozialen Problem entwickelte.159 Ein Rechtsanspruch auf «Erwerbsersatz», der den massiven Lohnausfall von durch- schnittlich 500 Diensttagen kompensieren und vor Kündigungen hätte schützen können, existierte nicht – der tägliche Sold «reichte gerade für drei kleine Gläser Bier und ein Päckchen Zigaretten».160 Unter diesen Bedingungen fiel die Unter- stützung der Soldaten zu einem grossen Teil zivilgesellschaftlichen Organisatio- nen zu. Während sich gemeinnützige Initiativen wie Else Spillers Verband Solda- tenwohl mit «Soldatenstuben», «Kriegswäschereien» und «Wanderbüchereien» um die Verbesserung der alltäglichen Lebensumstände der Armeeangehörigen kümmerten und dabei den beteiligten Frauen ein Betätigungs- und Bewährungs- feld boten, sammelte die Nationale Frauenspende Geld für die Landesverteidi- gung, das – dem Bundesrat erstmals im Mai 1916 zur Verfügung gestellt – in der Soldatenfürsorge eingesetzt wurde.161 Die Regierung selbst nahm diese zahlrei- chen Bemühungen äusserst dankbar entgegen, beschränkte sich aber auf die Ver- waltung der Spenden, die Integration der freiwilligen Aktionen in die Strukturen der Armee sowie einige Erlasse zur «finanziellen Besserstellung» von Soldaten und ausländischen Internierten.162 Trotz weitergehender Vorschläge wurde, ab- gesehen von einer einmaligen Erhöhung der Notunterstützung für Angehörige von Wehrmännern und verschiedener Anpassungen des Militärversicherungs- gesetzes, am System der staatlichen Fürsorge grundsätzlich nichts geändert.163 Weiter ging der Bund in Bezug auf die eigenen Angestellten. Diese erhielten auch während des Aktivdiensts bis zu 100 Prozent ihres Gehalts sowie per Parla- mentsbeschluss verschiedene «Kriegsteuerungszulagen» und «Kriegsbeihülfen», die sich bis Ende 1917 auf fast 13 Millionen Franken summierten (siehe Kapi- zurückzurück 142

tel 6.1).164 Allerdings waren auch diese Zuschüsse erst nach mehrfachen Eingaben zustande gekommen und konnten den realen Lohnrückgang nicht ausgleichen.165 Generell fand in der zweiten Phase des Ausnahmezustands ab April 1916 nicht nur eine quantitative Ausweitung, sondern auch eine Präzisierung und Zentralisierung der notrechtlichen Interventionen in die schweizerische Wirt- schaft statt. Während die Noterlasse in den Monaten nach Kriegsausbruch zu- meist allgemeine Zielvorstellungen formulierten und die weitere Gesetzgebung, Um- oder Durchsetzung den Kantonen und Gemeinden übertrugen, waren die Vorschriften des Vollmachtenregimes ab 1916 weitaus detaillierter, versuchten verschiedene Spezialfälle abzudecken und die Regulierungsdichte dadurch ins- gesamt zu erhöhen. Obwohl der grösste Teil der in den notrechtlichen Erlassen verordneten Aufgaben weiterhin bei den Kantonen lag, wurde vor allem in Be- reichen, in denen sich die Regulierung auf Kantonsebene und durch bestehende Institutionen als unzureichend herausgestellt hatte, ein Kontrollapparat auf Bundesebene aufgebaut, die Kompetenzen der staatlichen Verwaltung erweitert oder an zentrale Organisationen der Privatwirtschaft ausgelagert. Hatte die neu geschaffene Warenabteilung des EVD noch im Mai 1916 berichtet, dass sie «in Beziehung auf die Durchführung aller dieser Massregeln […] auf die Mitwir- kung der Kantone angewiesen [sei], da der Bund keine eigenen Organe hat, und da die Bundesbehörden unmöglich die Vorgänge im ganzen Lande kennen und kontrollieren können», begann die Verwaltung spätestens 1917 mit dem Aufbau genau dieser «Organe» und übertrug ihnen die entsprechenden Befugnisse. Ein Prozess, der sich in der dritten Phase bis zum Kriegsende hin fortsetzen sollte (siehe Kapitel 5.3).166 Der Bundesrat ermächtigte die Departemente in den Not- erlassen zudem immer häufiger explizit, «in Kantonen, in denen [die] Kontrolle nicht oder nicht genügend ausgeübt wird», selbst tätig zu werden.167 Sichtbar wurde diese Verschiebung von der kantonalen auf die bundesstaatliche Ebene nicht zuletzt bei der Bestrafung von Vergehen gegen die aufgestellten Vorschrif- ten. Diese konnte nun in immer mehr Fällen von den Departementen selbst und endgültig vorgenommen werden.168 Durch die notrechtliche Politik sollte die schweizerische Wirtschaft für den Staat transparenter, berechenbarer und letztlich steuerbarer gemacht wer- den, was allerdings sowohl für den Bund als auch für die davon betroffenen Branchen eine deutliche Zunahme von regulatorischen Hürden, komplizierten Formalitäten und Transaktionskosten bedeutete, deren Bewältigung Zeit und Ressourcen in Anspruch nahm. Es mangelte deshalb auch nicht an Kritik an den wirtschaftspolitischen Interventionen. Für die einen gingen sie angesichts der sozialen Auswirkungen des Ersten Weltkriegs nicht weit genug, für die an- deren stellten Monopole, Höchstpreise, Beschlagnahmungen, Mindestlöhne, Produktionsverbote oder Konzessionspflichten massive Eingriffe in die viel beschworene «Handels- und Gewerbefreiheit» dar.169 Fundamentale Kritik am Vollmachtenregime entzündete sich aber trotz dieser Widerstände in ganz an- deren Bereichen. 143 zurückzurück

4.3 «A bas les pleins pouvoirs!» Kantone und Klassenkampf gegen die Vollmachten

Im Zeichen des «Burgfriedens», den die politischen Parteien angesichts des Kriegsausbruchs geschlossen hatten, kam nicht nur der Vollmachtenbeschluss ohne Gegenstimme zustande, er führte zu einer beinahe vollständigen Stilllegung der innenpolitischen Debatte, die sich besonders in den fast ohne Wahlkampf und mit der tiefsten Beteiligung seit 1854 durchgeführten Parlamentswahlen vom Herbst 1914 manifestierte.170 Als sich jedoch abzeichnete, dass der Weltkrieg nicht wie erwartet wenige Wochen dauern, sondern sich über Monate, womög- lich sogar Jahre hinziehen würde, und als die einschneidenden Realitäten des glo- balen Konflikts schrittweise ins Bewusstsein der schweizerischen Öffentlichkeit rückten, begann sich aus verschiedenen Richtungen Kritik an Bundesrat, Armee und Vollmachten zu regen. Bereits im Dezember 1914 offenbarte die Budget- debatte im Nationalrat tief greifende Differenzen über Ausmass und Finanzie- rung des militärischen Aufgebots – auch innerhalb der politischen Lager.171 Ohne die Notwendigkeit einer militärischen Landesverteidigung prinzipiell infrage zu stellen, forderten Parlamentarier aus den Reihen der Konservativen in langen Re- den eine Reduktion der Militärausgaben und die Sozialdemokraten Grimm, Sigg, Graber und Greulich protestierten gegen «Paradedrill, die künstliche Züchtung des Militarismus und den ganzen militärischen Firlefanz».172 Zudem entstand ein Streit darüber, dass zwei Ratsbeschlüsse zur Erhöhung der Staatseinnahmen wie zuvor der Vollmachtenbeschluss vom Parlament für dringlich erklärt und somit als Notrecht dem Referendum entzogen wurden (siehe Kapitel 5.4).173 Der Kor- respondent der NZZ wunderte sich über diese plötzliche Sorge um die Wahrung der Volksrechte: Ist es [am 3. August 1914] jemand eingefallen, zu untersuchen, ob die Le- gislative überhaupt zu der allgemeinen Vollmachterteilung an die Exekutive kompetent sei? […] Die Herren Volks- und Ständevertreter hätten erkennen müssen, dass sie damals dem Bundesrat Kompetenzen übertrugen, die der Bundesversammlung allein gar nicht zustanden und folglich auch von ihr nicht delegiert werden konnten. […] Warum sind am 3. August die Hüter der Volksrechte nicht aufgestanden, um die Vollmacht an den Bundesrat strikte auf die Befugnisse zu beschränken, die die Bundesversammlung ohne Verletzung der Verfassung zu delegieren berechtigt war?174 Zwischen den Zweifeln an der Verfassungsmässigkeit des Ausnahmezustands, die das freisinnige Leitmedium hier aufwarf, schimmerte ein Aspekt durch, der in der Folge zum Ausgangspunkt einer öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Vollmachtenregime werde sollte. Ging es bei der Vollmachtenerteilung Anfang August 1914 noch um äusserst abstrakte und damit politisch schwer diskutier- bare Fragen wie die Sicherung des Staatswesens im Kriegsfall und die «Aufrecht- haltung der Neutralität» in einer Extremsituation von unbekannten Dimensio- nen, rückte nun die konkrete Anwendung der Vollmachten durch den Bundesrat, zurückzurück 144

also Inhalt und Wirkung der einzelnen Noterlasse, in den Vordergrund. Der «Rechtsstillstand», die teilweise Aufhebung des Fabrikgesetzes, die Ausübung der Militärgerichtsbarkeit, die Wirtschaftsabkommen mit dem Ausland oder die Massnahmen gegen die Teuerung konnten nun als Manifestationen des Voll- machtenregimes öffentlich wahrgenommen und kritisiert werden.175 In der Westschweiz und im Tessin gab vor allem die Pressekontrolle An- stoss zu Widerspruch gegen die Vollmachtenpolitik.176 Die Zensur der Armee sei unbeholfen, ohne Sachverstand und mit ihrem Fokus auf die Schweizer Medien «complètement désintéressée de la presse étrangère», monierte als prominente Stimme der «Gazette-de-Lausanne»-Chefredaktor Edouard Secretan bereits im Oktober 1914 an einer Wahlveranstaltung der Liberalen Partei.177 Im Juni des darauffolgenden Jahres und damit kurz vor der Schaffung der «Presskon- trollkommission» (siehe Kapitel 3.5) wurden Zensur und Vollmachten erstmals zum Thema einer parlamentarischen Debatte. Erneut war es Secretan – selber wegen eines kritischen Artikels178 zur schweizerischen Aussenpolitik während der Invasion Belgiens von den Bundesbehörden verwarnt –, der als Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Stellung bezog. Der 1848 in Den Haag geborene Anwalt und Zeitungsmacher betonte zwar immer noch das Vertrauen, welches Armee und Regierung beim Volk genossen, sprach sich jedoch im Namen der Kommission entschieden gegen die bestehenden Tenden- zen zur Einschränkung von Bürgerrechten, «Entgleisungen» der Militärjustiz gegenüber Zivilisten, den Machtzuwachs der Bundesverwaltung und die Hand- habung der Pressekontrolle aus. Letztere sei nicht nur «trop souvent arbitraire et tracassière», sie habe durch ihre Eingriffe in die Freiheit der politischen Presse die im Vollmachtenbeschluss gezogenen Grenzen längst überschritten und da- mit zur inneren Spaltung der Schweiz auf verhängnisvolle Weise beigetragen.179 Secretan schlug deshalb vor, die Exekutive einer stärkeren parlamentarischen Aufsicht zu unterstellen und die begonnene Verwaltungsreform weiter voran- zutreiben. Unterstützung erhielt er von den Nationalräten Ernest Paul Graber (SPS), (LPS), Jacques-Louis Willemin (FDP) und Johannes Sigg (SPS). Bundesrat Hoffmann verteidigte dagegen die Zensurmassnahmen und be- stand unter «Bravo»-Rufen einiger Parlamentarier darauf, dass die Pflichten der Neutralität für den einzelnen Bürger ebenso gelten müssten wie für den ganzen Staat: «Der Bundesrat hat von diesen Befugnissen einen Gebrauch gemacht, der ihm höchstens den Vorwurf eintragen konnte, daß er zu maßvoll, als daß er zu scharf eingegriffen habe.»180 Besonders deutlich äusserte sich darauf der Genfer Ador. Das Parlament könne angesichts der schwerwiegenden Verfassungsverletzung durch die Zensur nicht noch jahrelang auf einen Abschlussbericht der Neutralitätskommissionen warten, es habe jetzt ein Recht auf Aufklärung über die Anwendung der Voll- machten.181 An die Adresse des Aussenministers gerichtet, führte er zudem aus: «C’est avec un profond regret […] que j’ai entendu les déclarations de M. Hoffmann. Il y a dans ses propos la notion germanique de la subordi- 145 zurückzurück

nation absolue de l’individu à l’Etat, notion qui n’entrera jamais dans la tête d’un Latin. Cette théorie est absolument contraire à notre manière de pen- ser; nous demandons qu’on nous laisse le droit de discuter librement les faits contemporains. […] Le jour où il faudra courber la tête devant tout ce qui se passe, nous ne serons plus un peuple libre, nous ne mériterons plus d’être estimés comme tel.»182 Die Nationalratsdebatte vom 15. Juni 1915, die laut Zeitungsbericht kurz nach Adors Vortrag unter tumultartigen Umständen ergebnislos abgebrochen wurde, zeigte, wie unterschiedlich sich die Wahrnehmung des Vollmachtenregimes zwi- schen deutscher und lateinischer Schweiz seit Kriegsausbruch entwickelt hatte.183 In dem Masse, wie die Zensur als Einschränkung der Meinungs- und Pressefrei- heit aufgefasst wurde und die Debatte um die Stellung der Schweiz im Krieg an Schärfe gewann, mehrten sich die Stimmen, die dem Bundesrat vorwarfen, er nutze die Vollmachten zum Aufbau eines an autoritär-militaristischen Vorbil- dern orientierten Obrigkeitsstaats. Die «Bibliothèque universelle» warnte schon im Herbst 1914: «Notre Suisse tend vers l’absolutisme. Les chambres fédérales ont voté des pleins pouvoirs au Conseil fédéral, la plupart des assemblées canto- nales en ont fait de même à l’égard des Conseils d’Etat, les villes vivent sous un régime mixte, partage imprécis de puissance entre les commandants de place et les pouvoirs municipaux.»184 Die renommierte Genfer Zeitschrift gab dem herr- schenden Ausnahmezustand auch gleich einen einprägsamen Namen: «Régime des pleins pouvoirs» – Vollmachtenregime.185 Während Secretan im Nationalrat seine «Attacke» gegen die Pressekontrolle ritt, wie es die NZZ bezeichnete, meldete sich auch das «Journal de Genève» zu Wort.186 Die Zeitung ortete die Ursprünge des autoritären Kurses, den die Schweiz eingeschlagen hatte, in der «atmosphère bernoise», welcher jeder «esprit libéral» fremd sei und in der seit dem Ancien Régime ein «culte de l’autorité et de la force» herrsche.187 Der Tendenz, diese Vorstellungen von Herrschaft auf den Rest des Landes zu übertragen, stellte sich der Artikel kämpferisch entgegen: «Il est incontestable que, dans beaucoup de milieux officiels, les tendances autoritaires s’étalent au grand jour. Ce sont là des abus que l’on ne saurait tolérer. C’est déjà trop qu’ils puissent se produire et que dans certains mi- lieux fédéraux l’atmosphère créée par le régime des pleins pouvoirs semble les encourager. Il ne faut pas oublier que nous avons une Constitution en Suisse, que cette Constitution prévoit la liberté de la presse, la liberté de pa- role, de réunion, etc., la suprématie du pouvoir civil sur l’autorité militaire. […] Nous devons lutter encore une fois pour des libertés que l’on croyait définitivement conquises depuis plus d’un demi-siècle.»188 Wie das «Journal de Genève» betonte auch die «Gazette de Lausanne» die ver- schiedenen Ansichten zu Staatlichkeit und individueller Freiheit innerhalb der Schweiz und dass es bei der Zensurdebatte deshalb um mehr als das Recht der Presse ging, sich dezidiert über die Kriegsereignisse zu äussern. Durch die «ex- zessive» und «unbeholfene» Anwendung der Vollmachten sei vielmehr die fö- zurückzurück 146

deralistische und kulturelle Eigenständigkeit der Landesteile in Gefahr: «Tout le pivot de la politique suisse depuis 1848 repose sur le maintien de l’équilibre entre le pouvoir central […] et les souverainetés cantonales, qui sont infiniment diverses. Le régime des pleins pouvoirs a notamment renversé cet équilibre au profit de l’autorité fédérale […]. Dans un pays aussi profondément fédéraliste que le nôtre, cette brusque transformation entraîne des réactions inévitables.»189 Die Reaktion der NZZ auf Gustave Adors Rede wies in eine ähnliche Rich- tung, denn auch die Zürcher Zeitung führte fundamentale Unterschiede zwischen den politischen Kulturen als Gründe für die Meinungsverschiedenheiten über die Politik des Bundesrats an, allerdings von einem ganz anderen Standpunkt aus: «Wir wissen es ja längst, daß in der Auffassung vom Staat zwischen Deutsch und Welsch eine nicht kleine Kluft besteht. Allein wir lebten des Glaubens, die gewaltige Zeit, die […] ein überwältigendes Aufgehen des einzelnen Bür- gers im staatlichen Ganzen offenbart, werde einige Wellen dieses mächtigen staatlichen Empfindens auch in unser Land tragen, in jene Landesteile, wo bisweilen die Freiheit im Staat nur zu leicht mit der Freiheit vom Staat ver- wechselt wird. […] Massgebend ist einzig und allein, was uns allen frommt. Das kleine Opfer der persönlichen Freiheit wird zum Maßstab der wahrhaft schweizerischen Gesinnung.»190 Der Ausnahmezustand wurde somit Teil eines politischen Konflikts zwischen den Landesteilen sowie zwischen den Kantonen und dem Bund, der sich in den Debatten um die Militärorganisation 1907 oder um den «Gotthardvertrag» be- reits vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs angedeutet hatte, nun aber erheb- lich an Schärfe gewann (siehe Kapitel 2.5).191 Insbesondere föderalistische Kreise der Westschweiz befürchteten offenbar, durch eine auf unbestimmte Zeit bevoll- mächtigte, deutschschweizerisch dominierte und den monarchisch regierten Zen- tralmächten zuneigende Landesregierung, Armee und Verwaltung marginalisiert zu werden. In ihrer Wahrnehmung wuchs die Gefahr, durch das zentralistische und auf rasche Massnahmen fokussierte Vollmachtenregime der eigenen Freihei- ten und demokratischen Selbstbestimmung verlustig zu gehen. Umgekehrt kam aus Teilen der Deutschschweiz der Vorwurf, in den lateinischen Landesgegenden fehle das Verständnis für die Notwendigkeit eines starken Staats in der Kriegs- situation, und die dortigen Politiker setzten mit ihrer kritischen Haltung und der «Thronerhebung der kantonalen Herrlichkeit» den inneren Frieden sowie die äussere Neutralität aufs Spiel.192 Kritik am Staat im Allgemeinen und an der notrechtlichen Politik des Bundes- rats im Besonderen kam aber nicht nur aus der Romandie. Ebenfalls im Juni 1915 erteilten die «Minderheitssozialisten» um den Nationalrat und Chefredaktor der Berner Arbeiterzeitung «Tagwacht» Robert Grimm, der mit einem kämpferischen Programm allmählich Herman Greulich als Spiritus Rector der schweizerischen Sozialdemokraten ablöste, in einer anonym verfassten Broschüre dem innenpoli- tischen Stillhalteabkommen eine scharfe Absage und begaben sich so zurück auf den Weg der Opposition (siehe Kapitel 6.1).193 Grimms Bewegung war es auch, 147 zurückzurück die kurz darauf im Dörfchen Zimmerwald den Versuch unternahm, die durch den Krieg zerbrochene internationale Arbeiterbewegung zu reanimieren. Zwar wurde an diesem geschichtsträchtigen Treffen offenbar keine direkte Kritik am Vollmachtenregime geäussert, das trotz gravierender Meinungsverschiedenheiten verabschiedete «Manifest von Zimmerwald» forderte aber als ersten Schritt zur Wiederaufnahme des Kampfs gegen kapitalistische Repression und Krieg eine Ab- kehr von der «sklavischen Unterordnung unter den Burgfrieden». Damit setzten die aus elf Ländern angereisten Delegierten der Konferenz den Widerstand gegen die Ausnahmeregimes auf die nationale und internationale Agenda der sozialisti- schen Parteien: «Die Presse geknebelt, die politischen Rechte und Freiheiten mit Füßen getreten – so herrscht heute die Militärdiktatur mit eiserner Faust. Diesem Zustand, der die gesamte Zukunft Europas und der Menschheit bedroht, können und dürfen wir nicht weiter tatenlos gegenüberstehen.»194 Der in der Folge von Robert Grimm aus Bern, von Charles Naine und Er- nest Paul Graber aus La Chaux-de-Fonds und noch stärker von der aus Zürich operierenden Zimmerwalder Linken um Wladimir Iljitsch Lenin offensiver be- triebenen Politik konnte sich der Rest der schweizerischen Arbeiterbewegung nicht entziehen. Der bislang tonangebende Kreis der sogenannten Sozialpatrio- ten, die am «Burgfriedenzauber» festzuhalten versuchten und sich damit dem Vorwurf einer Mitverantwortung für die Kriegspolitik der Grossmächte aussetz- ten, verlor langsam, aber stetig an Boden.195 Wenn auch vor allem Lenins Ein- fluss auf die Entwicklung der Arbeiterbewegung differenziert betrachtet werden muss, waren Radikalisierungstendenzen und ein «Zug nach links» in Teilen der organisierten Arbeiterschaft bereits ein Jahr nach Kriegsausbruch deutlich vor- handen.196 Je mehr die Auswirkungen des Weltkriegs die Lage besonders jener Bevölkerungsteile erschwerten, die ihren Lebensunterhalt mit niedrigen Ein- kommen bestreiten mussten, desto stärker traten Stimmen in den Vordergrund, die den Bundesrat und seine Vollmachtenpolitik nicht als Teil der Lösung, son- dern als Teil der zunehmenden Probleme betrachteten. Als einzige sozialdemokratische Landespartei Europas und gegen den Wil- len ihrer Geschäftsleitung bekannte sich die SPS auf dem Aarauer Parteitag im November 1915 zu den Prinzipien des Zimmerwalder Manifests.197 Grimm, der im Jahr zuvor den Vollmachtenbeschluss noch durch einen patriotischen Ap- pell unterstützt und im versöhnlichen Briefwechsel mit Ernst Laur Rezepte zur Bewältigung der wirtschaftlichen Herausforderungen erörtert hatte,198 warf dem Bundesrat in Aarau nun Versagen bei der Anwendung seiner Vollmachten vor, kritisierte Teuerung, militärgerichtliche Willkür, Armut der Armeeangehöri- gen und Zensur.199 Des Weiteren sprach er sich überraschend deutlich für die Ver abschiedung eines von der Neuenburger Sektion eingebrachten und von der «Zimmerwalder Linken» propagierten Aufrufs zur Beendigung des Kriegs «durch die revolutionäre Aktion der Arbeiterklasse» aus – wobei er allerdings betonte, darunter «nichts Revolutionäres im Heugabelsinn des Wortes» zu ver- stehen.200 Trotz Herman Greulichs prompter Entgegnung, «da mache [er] nicht zurückzurück 148

mit», folgten die Delegierten mit 330 zu 51 Stimmen dem Zimmerwalder Flü- gel der Partei und wählten zudem Grimm, Naine, Graber sowie die in Zürich wirkende Lehrerin Agnes Robmann in die Geschäftsleitung der SPS.201 Schliess- lich wurde am Parteitag auch die Lancierung von zwei Initiativen beschlossen: zur Abschaffung der Militärjustiz und zur Einführung einer ständigen Bundes- steuer auf Vermögen und Einkommen (siehe Kapitel 5.4).202 «Der ‹Burgfriede› in der Schweiz war damit erledigt», hielt der spätere NZZ-Chefredaktor Willy Bretscher aus freisinniger Warte fest.203 Die wachsende Unzufriedenheit über die Situation in der Schweiz unter den Bedingungen des Vollmachtenregimes entlud sich nicht nur im Parlament, der Presse und auf politischen Veranstaltungen, bereits die erste Hälfte des Weltkriegs war von Demonstrationen und Ausschreitungen geprägt. Seit dem Frühjahr 1915 fanden in grösseren Städten der Deutschschweiz vereinzelt Pro- testversammlungen der sozialdemokratischen «Jungburschen» gegen Krieg und Imperialismus statt, die den verschiedenen Kritikern der offiziellen Parteilinie ein reiches Betätigungsfeld boten.204 Im Gefolge der Konferenz von Zimmerwald erreichte diese Bewegung mit dem «internationalen Jugendtag» einen ersten Höhepunkt, an dem in mehreren Ortschaften bis zu 25 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Strassen gingen.205 Sie stellten dabei Forderungen, in denen sich die Ablehnung der bürgerlichen Politik stärker artikulierte als zuvor: «Wir fordern die Parteien in den kriegführenden Staaten auf, von den Regierungen abzurücken, sich der internationalen sozialistischen Pflicht zu erinnern und den Kampf gegen die Fortsetzung des Krieges mit aller Schärfe aufzunehmen. Der Burgfriede erweist sich als eine Blankovollmacht zur Vernichtung der sozialisti- schen Internationale.»206 Begleitet wurden diese Friedenskundgebungen von sogenannten Teuerungs- demonstrationen, die in vielen Fällen ebenfalls von den Arbeiterorganisationen veranstaltet wurden. Mehr noch als bei den pazifistisch und internationalistisch ausgerichteten Protesten der sozialdemokratischen Jugend gelang es hier, die Menschen zum Protest gegen die konkrete Verschlechterung der Lebensum- stände durch steigende Preise, «Spekulantentum», die «freventliche Untergra- bung der Volksgesundheit» und die mit Fehlern behaftete Versorgungspolitik der lokalen Behörden zu mobilisieren.207 Angesichts ihrer vergleichsweise geringen Mitsprache in der notrechtlichen Entscheidungsfindung suchte sich die Arbei- terbewegung mit diesen Aktionen neue, öffentliche Formen der Einflussnahme und Sichtbarkeit. «In der Schweiz liegen die Dinge so», bemerkte die «Gewerk- schaftliche Rundschau» im Juli 1915, «dass die notleidenden Volksschichten ihre Stimme laut vernehmen lassen müssen, sonst glaubt niemand daran, dass es in diesem glücklichen Lande noch unglückliche Menschen gibt.»208 Kam es schon bei diesen Versammlungen gelegentlich zu Zusammenstössen mit der Polizei und Festnahmen, galt dies umso mehr für die spontaneren Proteste, die gleichzeitig in der Westschweiz auftraten. Hier war der Anlass freilich ein völlig anderer. Vorfälle wie der vom März 1915, als es in Freiburg wegen der Durchfahrt franzö- 149 zurückzurück sischer Interniertenzüge zu antideutschen Krawallen kam, oder der vom 27. Ja- nuar 1916, als die anlässlich des Geburtstags von Wilhelm II. vor dem deutschen Konsulat in Lausanne gehisste Reichsfahne von einem Demonstranten herun- tergerissen wurde, zeigten, dass der Konflikt um den schweizerischen «Graben» keineswegs nur in Vorträgen und Zeitungsartikeln ausgetragen wurde.209 Der Zwischenfall in Lausanne, zu dessen Bewältigung General Wille auf Wunsch des Waadtländer Staatsrats ein Landwehrbataillon entsandte, stand bereits unter dem Eindruck eines aussen- wie innenpolitisch gravierenden Skandals, der für das Vollmachtenregime Konsequenzen haben sollte. Das Jahr 1916 war erst wenige Tage alt, als durch die Schweizer Presse Meldungen gingen, Offiziere des Generalstabs in Bern hätten durch die Weitergabe von Geheimmaterial einen mas- siven «Neutralitätsbruch» begangen.210 Tatsächlich stellte sich kurze Zeit später heraus, dass die beiden Obersten Moritz von Wattenwyl und Karl Egli die Mi- litärattachés von Deutschland und Österreich-Ungarn über Monate hinweg mit den «Tagesbulletins» des Generalstabs sowie mit abgefangenen russischen Depe- chen, vom Lausanner Kryptografen André Langie dechiffriert, versorgt hatten. Die Nachrichtenabteilung der Schweizer Armee hatte dafür im Austausch, wie vor dem Krieg zwischen Theophil Sprecher und Militärs der Zentralmächte ver- einbart, Geheimdienstmaterial aus Wien und Berlin erhalten.211 Die nun folgende, bis ins Ausland Wellen schlagende «Oberstenaffäre» entwickelte sich zur bislang schwersten innenpolitischen Krise der Kriegszeit.212 Erneut lag das Epizentrum der Empörung in der Westschweiz, wo die «affaire de l’Etat-Major» mehr noch als die Handhabung der Zensur alle Befürchtungen einer heimlichen Parteilich- keit der Bundesbehörden bestätigte und das strapazierte Vertrauen in Bundesrat und Armee weiter erschütterte.213 Zumal General Wille die Angelegenheit zunächst diskret beizulegen versucht hatte und die nach einer vom Bundesrat angeordneten Untersuchung schliesslich doch vor Militärgericht gestellten Offiziere freigespro- chen und vergleichsweise milde disziplinarisch bestraft wurden.214 Die Oberstenaffäre wurde innerhalb der Schweiz äusserst unterschiedlich beurteilt. Während an Demonstrationen und in Zeitungsartikeln der Sozial- demokraten rasch der Vorwurf der «haute trahison» auftauchte und eine harte Bestrafung der mutmasslichen Täter gefordert wurde, relativierte die bürger- liche Presse auch in der Westschweiz die Bedeutung des ausgetauschten Mate- rials, akzeptierte das Vorgehen der Armee und hielt sich in Kommentaren vor- erst zurück.215 Nachdem Graber und Naine in der Neuenburger «Sentinelle» die Ein berufung der Bundesversammlung zur allfälligen Entlassung des Generals verlangt und Genfer Liberale um den Grossrat Frédéric de Rabours bei Bun- desrat Decoppet zugunsten einer gründlicheren Untersuchung der Affäre inter- veniert hatten, kam allerdings eine Eskalationsdynamik in Gang, die aus einem Geheimdienstskandal, der aus Sicht der Armeeleitung nichts in der Öffentlich- keit verloren hatte, eine Staatskrise machte.216 Anfang Februar 1916 begann sich die öffentliche Kritik an der Armeespitze auf die Vollmachten auszuweiten. Sie seien, so der Lausanner Stadtpräsident Paul zurückzurück 150

Maillefer in einer Sitzung des Conseil communal, bei Kriegsausbruch gewiss notwendig gewesen und der Bundesrat habe damit der Landesversorgung gute Dienste erwiesen, nun habe aber vor allem das Militär seine Befugnisse über- schritten und die Politik müsse über eine Beschränkung des Ausnahmezustands nachdenken.217 Noch deutlicher äusserte sich fast zeitgleich die Union libérale romande. Zur Wahrung von Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz ver- langte sie die sofortige «limitation des pleins pouvoirs» durch das Bundespar- lament sowie eine Revision der Militärgesetze mit dem Ziel einer «primauté du pouvoir civil».218 Wie der Bundesrat kurz darauf einräumte, war diese Forderung kein Einzelfall, sondern es trafen «von einer ganzen Reihe von Volksversamm- lungen […] Resolutionen ein, in welchen die Aufhebung oder Einschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates und die völlige Unterordnung der militärischen Gewalt unter die bürgerliche verlangt wurde».219 Es waren solche Vorstösse, die einer Forderung den Boden bereiteten, wel- che eine Delegation der Waadtländer National- und Ständeräte sowie des Staats- rats dieses Kantons am 7. Februar 1916 dem Bundesrat persönlich vorlegte. Die Abgesandten aus der Westschweiz verlangten: «1o de prendre, à bref délai, les mesures nécessaires pour que, sans affaiblir la défense nationale, le pouvoir militaire soit subordonné au pouvoir civil; que les compétences de l’état-major soient précisées à cet effet, en tenant compte des expériences faites depuis le 1er août 1914; 2o de limiter les pleins pouvoirs du Conseil fédéral aux nécessités actuelles du pays; 3o de convoquer les Chambres fédérales au plus tôt, […] pour les saisir des mesures prises.»220 Hatte er ein ähnlich gelagertes Anliegen der SPS zuvor noch abgewiesen, stimmte der Bundesrat nach dieser Offensive aus dem Kanton Waadt einer vor- gezogenen Einberufung der Bundesversammlung – nach dem militärgericht- lichen Urteil gegen die beiden Obersten – einstimmig zu.221 In Bezug auf den Rest der Resolution legte die einen Tag nach dem Treffen mit den Waadtländern Politikern abgehaltene Regierungssitzung ein beredtes Zeugnis von Unsicher- heit und Anspannung in der Exekutive während der Oberstenaffäre ab. Beson- ders über die weitere Gestaltung des Armeekommandos gingen die Ansichten auseinander (siehe Kapitel 4.4). Sichtliche Ratlosigkeit herrschte bei den sieben Bundesräten auch in Bezug auf die Frage, wie sich die Situation in der Romandie «beruhigen» liess, ohne den Vorwurf «zu grosser Toleranz» aus der deutschen Schweiz zu provozieren. Felix Calonder gab schliesslich zu Protokoll, «dass er jederzeit bereits sei, seine Demission als Bundesrat zu geben», wenn dadurch die Gewichte verschoben und die Unterstützung aller Landesteile für die Bundes- politik wiederhergestellt werden konnte. Eine Einschränkung der Vollmachten kam dagegen nicht infrage. Die Regierung stellte allenfalls eine Überprüfung der Massnahmen in den Bereichen Transport, Polizei, Finanzen und Spionage in Aussicht.222 151 zurückzurück

Auf diesen Standpunkt stellte sich der Bundesrat auch im zweiten Neutra- litätsbericht, der einen Monat später im «Bundesblatt» erschien. Die Publika- tion dieses Berichts stellte eine grundlegende Änderung in der Handhabung der Vollmachten dar. Seit Kriegsausbruch hatte der Bundesrat die im Vollmachten- beschluss vorgeschriebene Rechenschaftspflicht erst einmal, Anfang Dezember 1914, erfüllt. Aus Gründen der Geheimhaltung und weil «wir [noch] mitten in der Entwicklung der weltgeschichtlichen Ereignisse» stehen, sah die Regierung damals allerdings von einer ausführlichen Berichterstattung ab und verschob sie auf die noch nicht absehbare Zeit nach Kriegsende.223 Im Februar 1916 hatte der Bundesrat also bereits seit mehr als einem Jahr keinen Einblick in die not- rechtliche Politik mehr gestattet. Angesichts der gewandelten innenpolitischen Situation sowie der anstehenden Parlamentsdebatte liess sich die Position vom Dezember 1914, erst nach Kriegsende eine «rückhaltlose Erörterung» der Voll- machtenpolitik durchzuführen, nun nicht mehr beibehalten.224 Allerdings war auch der zweite Neutralitätsbericht vom 19. Februar 1916 kein eigentlicher Tä- tigkeitsbericht über die Anwendung der Vollmachten, sondern er diente in erster Linie als Konter gegen die Waadtländer Resolution, die mittlerweile auch von Parlamentariern aus den Kantonen Genf und Neuenburg unterstützt wurde. Die regelmässigen Berichte des Bundesrats über die «auf Grund des Bundesbeschlus- ses vom 3. August 1914 getroffenen Massnahmen» setzten erst mit dem dritten Bericht im Mai 1916 ein (Tab. 2). Von da an erschien in variierenden Abständen eine nach Departementen geordnete und vom EPD redigierte Dokumentation der notrechtlichen Gesetzgebung und Verwaltung.225 Erst ab diesem Zeitpunkt konnten sich Aussenstehende also einen selektiven Überblick über die Not- gesetzgebung verschaffen und damit stand der Ausnahmezustand unter wesent- lich stärkerer Beobachtung. Im Bericht vom Februar 1916 ging es aber zunächst darum, verständlich zu machen, «dass auf den verschiedenen Gebieten seiner Tätigkeit der Bundes- rat der ihm verliehenen ausserordentlichen Vollmachten nicht entraten kann».226 Stärker noch, als es die oben erwähnten Kundgebungen vermuten lassen, brachte der Bericht zum Ausdruck, wie heftig die notrechtliche Politik mittlerweile angefochten wurde. Grosse Teile der schweizerischen Bevölkerung waren der Vollmachten und der damit bewirkten Einschränkungen von Wirtschaft und All- tag offenbar überdrüssig. Einerseits zeigte die Regierung Verständnis für diese Unzufriedenheit mit dem dauernden Ausnahmezustand und sie erhoffte sich von der kommenden Parlamentsdebatte eine Klärung der Frage, «auf welcher staatsrechtlichen Grundlage künftig [ihre] verantwortungsvolle Tätigkeit zu fussen hat und ob die Behörde dabei noch das ihr für die Lösung der schweren Aufgabe erforderliche Vertrauen geniesst».227 Andererseits schloss der Bundesrat aber jede Beschränkung oder Aufhebung der Vollmachten kategorisch aus. Ob- wohl er selbst einräumte, dass die Verfassungsmässigkeit «und damit die Rechts- gültigkeit» des Beschlusses vom 3. August 1914 nicht über alle Zweifel erhaben waren (siehe Kapitel 6.3), gab er doch seiner Überzeugung Ausdruck, dass «ein zurückzurück 152

Tab. 2: Neutralitätsberichte des Bundesrats, 1914–1919

Nr. Datum Erwähnte Publikation im Bundesblatt Parlamentarische Noterlasse Genehmigung 1 1. Dezember 1914 67 66. Jahrgang, Band IV, S. 707–758 28. September 1916 2 19. Februar 1916 40 68. Jahrgang, Band I, S. 119–141 16. März 1916 3 15. Mai 1916 132 68. Jahrgang, Band II, S. 533–635 28. September 1916 4 9. September 1916 50 68. Jahrgang, Band III, S. 519–568 7. Dezember 1916 5 17. November 1916 42 68. Jahrgang, Band IV, S. 192–229 29. März 1917 6 9. März 1917 67 69. Jahrgang, Band I, S. 298–356 27. September 1917 7 24. Mai 1917 35 69. Jahrgang, Band III, S. 225–265 18. Dezember 1917 8 10. September 1917 82 69. Jahrgang, Band IV, S. 55–144 27. März 1918 9 20. November 1917 71 69. Jahrgang, Band IV, S. 589–656 25. April 1918 10 24. Mai 1918 127 70. Jahrgang, Band III, S. 65–201 9. Dezember 1918 11 2. Dezember 1918 167 70. Jahrgang, Band V, S. 151–320 28. Juni 1919 12 23. Mai 1919 131 71. Jahrgang, Band III, S. 111–276 30. September 1919

Quellen: Schweizerische Bundeskanzlei, Bundesblatt, Bände 66–71, und Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 819–825.

Recht der Bundesbehörden besteht, in einer durch ausserordentliche Ereignisse geschaffenen Notlage des Staates dasjenige zu verfügen, was der höchste Staats- zweck [erheischt]: die Behauptung der Sicherheit, Integrität und Neutralität des Landes und die Förderung der gemeinsamen Wohlfahrt seiner Bürger».228 Die einzige Frage bestand also darin, ob diese Notlage 18 Monate nach Kriegsaus- bruch nicht mehr bestand. Die Regierung bestritt dies entschieden. Dass die Schweiz bislang von den militärischen Auswirkungen des Kriegs verschont ge- blieben war, habe das «Volk in ein ebenso gefährliches als unbegründetes Sicher- heitsgefühl eingelullt» und «gegen die gewaltigsten und erschütterndsten Ein- drücke ab gestumpft».229 Die tatsächliche Situation lasse aber einen Abbau der Vollmachten keinesfalls zu: «Wir möchten […] eindringlich vor der Unterschätzung der Gefahren war- nen, die unser Land nach wie vor bedrohen; ein zu weit getriebener Op- timismus müsste sich bitter rächen. Und wenn sich die Verhältnisse zum schlimmen wenden, wenn unvermutet neue Schwierigkeiten und Gefahren auftauchen sollten, so besteht das höchste Interesse daran, sofort handeln zu können. Vergesse man endlich nicht, dass das Ansehen der obersten Landes- behörde in Frage steht; dieses Ansehen nach aussen unangetastet und unein- geschränkt zu erhalten, liegt im hohen Interesse des Landes.»230 Seine Haltung untermauerte der Bundesrat mit einer Aufzählung verschiedener Massnahmen, die er ohne Noterlasse nicht hätte durchführen können, die an- 153 zurückzurück gesichts der internationalen militärischen und wirtschaftlichen Lage jedoch un- umgänglich gewesen seien. Neben der Schaffung von SSS und Treuhandstelle, den Interventionen im Handel und den Änderungen am Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz verteidigte er hier besonders die umstrittene Pressekontrolle.231 Da sich die ökonomische und politische Situation der Schweiz voraussichtlich weiter verschlechtern werde, forderte die Regierung nicht nur den Fortbestand der Vollmachten, sie kündigte bereits die Weiterführung des Ausnahmezustands «für eine gewisse Übergangszeit» nach Kriegsende an (siehe Kapitel 6.4).232 Mit dieser Argumentation, die von Kundgebungen und Zeitungsartikeln der Deutschschweizer Bürgerlichen mehrheitlich gestützt wurde, rüstete sich der Bundesrat für die erste parlamentarische Debatte über die Vollmachten seit dem Kriegsausbruch. Mittlerweile hatte sich die innenpolitische Situation merklich entspannt. Nach dem aufschlussreichen, dennoch viele Fragen offenlassenden «Oberstenprozess», wurden Egli und von Wattenwyl Ende Februar vom Divi- sionsgericht 5a freigesprochen und bloss wegen Verletzung von Dienstvorschrif- ten zur disziplinarischen Bestrafung an ihre Vorgesetzten überwiesen.233 Die Ge- heimdienstaffäre nahm damit ein mehrheitlich akzeptiertes Ende – wenn auch das Urteil und mehr noch einige Äusserungen des als Zeuge vorgeladenen Ge- neralstabschefs über das Verhältnis zwischen Nachrichtendienst und Neutralität auf Kritik stiessen.234 Eine der heftigsten Reaktionen veröffentliche die «Gazzetta Ticinese». Die Schweiz sei, schrieb dort am 1. März 1916 ein gewisser «Dr. Fer- raris», «Opfer von gemeinen, unmoralischen und schlechten Diktatoren» gewor- den. Ferraris rief dazu auf, «mit Peitschenhieben die Pharisäer aus dem Tempel» zu jagen und sich nicht auf die «unverschämteste der Komödien» einzulassen, die in Kürze im Parlament aufgeführt werde.235 Auf diese «Komödie» bereiteten sich derweil Regierung und Parlamentarier vor. Zum einen sprach sich der Bundesrat mit Nationalratspräsident Arthur Eugster über die optimale Taktik beim Ablauf der kommenden Debatte ab.236 Zum anderen trafen in den Vorberatungen des zweiten Neutralitätsberichts durch die Neutralitätskommissionen die Posi tionen von Romandie und Deutschschweiz, von bürgerlichen und sozialdemokrati- schen Parteien sowie von Legislative und Exekutive aufeinander.237 Es brauchte schliesslich eine persönliche Versicherung des Generals vor dem Ausschuss des Nationalrats, keinen Einfluss auf die Bundespolitik zu nehmen und «peinliche Unparteilichkeit gegenüber allen Kriegführenden» zu wahren, damit die Neutra- litätskommissionen dem Parlament einen Antrag auf Genehmigung des Berichts vorlegten und somit ein Festhalten am Ausnahmezustand empfahlen.238 Die Bundesversammlung trat am Nachmittag des 6. März 1916 zur vorgezo- genen Frühjahrssession zusammen, um über die Genehmigung des zweiten Neutra- litätsberichts zu verhandeln.239 Wie von Aussenminister Hoffmann vorgeschlagen, hielt Arthur Eugster240 im Nationalrat eine Eröffnungsrede, welche die Parlamen- tarier im Zeichen von Kriegsgefahr und wirtschaftlicher Not auf Einigkeit, Pflicht- bewusstsein und Regierungsvertrauen einschwor. Eugster, einer der einflussreichs- ten Vertreter des Freisinns und Bruder des Sozialdemokraten Howard Eugster zurückzurück 154

(siehe Kapitel 4.2), folgte unverkennbar der Regierungslinie. Er warnte ebenfalls vor einem falschen «Sicherheitsgefühl», vor dem inneren Auseinanderdriften, vor «Hetzereien und Wühlereien» sowie einer Untergrabung der Armee. Er gab sich überzeugt, «im Namen der grossen Mehrheit des Schweizervolkes [zu reden], wenn ich dem Bundesrate von Herzen den tiefgefühlten Dank ausspreche für seine treue Hingabe und väterliche Fürsorge, womit er in fast übermenschlicher An- strengung seine schwere Aufgabe […] glänzend gelöst hat. Wir bedürfen in dieser schweren Zeit einer starken Regierung. Wie soll sie eine starke Hand beweisen, wenn ihr nicht die Mittel gegeben sind?»241 Abschliessend, und damit nahm er die entscheidende Bruchstelle der folgenden Debatte in Angriff, versicherte der Na- tionalratspräsident der Romandie, ihre Furcht vor einer Verdrängung «welscher Eigenart» durch die Deutschschweiz sei unbegründet und dürfe einer Bestätigung der Vollmachten nicht im Weg stehen. Denn es handle sich dabei um einen «Prüf- stein unserer Demokratie», auf den im In- und Ausland sehr genau geschaut werde: «In dieser schicksalsschweren Zeit ist Misstrauen der schlimmste innere Feind. […] Wir wollen uns wiederfinden, uns wieder die Bruderhand geben, nachdem wir uns würdig, frei und offen ausgesprochen haben.»242 Die eigentliche Debatte wurde daraufhin von Carl Spahn begonnen, der sich gemäss einstimmigem Beschluss der nationalrätlichen Neutralitätskommis- sion für eine Bestätigung der Vollmachten aussprach. Nicht ohne Kritik an der öffentlichen Stimmungsmache gegen Regierung und Armee zu üben, betonte auch der Präsident der Kommission, dass der Bundesrat der Schweiz mithilfe der Noterlasse ein weit schlimmeres Schicksal erspart habe. Insbesondere zur Bewältigung der wachsenden ökonomischen Probleme und als Mittel gegen die Propaganda seien der Ausnahmezustand alternativlos und die möglichen Folgen einer Einschränkung untragbar: «Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welches Chaos entstehen müsste, wenn die Vollmachten und mit ihnen die Verfügungen des Bundesrates dahinzu- fallen hätten. Das kann Niemand wollen, und will gewiss auch im Ernste Niemand. […] Gerade ein freies Volk, das vermöge seiner Volksrechte und übrigen verfassungsmässigen Einrichtungen auch vor dem blossen Schein despotischer Gewalt geschützt ist, sollte sich in Zeiten der Gefahr um so williger den Einschränkungen unterziehen, welche durch die Behauptung der Unabhängigkeit des Staates unabweisbar geboten sind.»243 Gegen diesen Appell hatte auch Edouard Secretan als Berichterstatter der Ro- mandie nichts Grundsätzliches einzuwenden. Offenkundig hatte sich der Waadt- länder Liberale, der in den Monaten zuvor noch als einer der schärfsten Kritiker der Landesregierung aufgetreten war, in der Sitzung der Neutralitätskommission durch die Beteuerungen von Bundesrat und General überzeugen lassen – wenn er die umstrittenen Äusserungen Theophil Sprechers zur Neutralität im «Obers- tenprozess» auch missbilligte und auf den Ursprung der schweizerischen Demo- kratie in Westeuropa hinwies.244 Der Kontrast zu den gewohnten Äusserungen von ihm war jedenfalls so markant, dass die NZZ spitzzüngig bemerkte: «Kritik 155 zurückzurück gepaart mit Versöhnlichkeit, unverhohlene Sympathie, ohne gleichzeitige Anti- pathie, demokratische Prätentionen ohne hysterische Anbetung der demokrati- schen Form: war’s wirklich Herr Oberst Secretan, Redakteur des leidenschaft- lichen Lausanner Blattes, der gestern im Nationalrat sprach?»245 Obwohl an den folgenden neun Tagen in beiden Räten mehrere Dutzend zum Teil geharnischte und bis in die Abendstunden dauernde Reden über die Kompetenzen von Regierung und Armee, über die angespannten Beziehungen zwischen den Landesteilen, über Staatsautorität und Kriegsbereitschaft sowie «gegen ungesunde Nachahmungen ausländischen Wesens» gehalten wurden, zeichnete sich damit das Ergebnis der Debatte bereits in der ersten Sitzung ab.246 Die «Neutralitätsdebatte» liess zwar den schweizerischen «Graben» offen zutage treten und stellte vor allem die Mehrheitspartei FDP vor innere Zerreissproben, von bürgerlicher Seite wurde die Genehmigung des Bundesratsberichts aber nie ernsthaft angefochten. Von Zensur und Militärjustiz abgesehen, diskutierten die Abgeordneten kaum über die Vollmachten oder die auf deren Grundlage erlasse- nen Massnahmen. Die Auftritte der Bundesräte Decoppet, Hoffmann und Motta (siehe Kapitel 1.1) im Parlament konzentrierten sich denn auch auf die Vorwürfe gegen die Armee und das innere Zerwürfnis, weniger auf die Erhaltung ihrer not- rechtlichen Kompetenzen. Allerdings war die Teilnahme so vieler Mitglieder der Regierung doch auch ein Indiz dafür, dass der Bundesrat dieser Debatte «nicht ohne grosse Bedenken» entgegensah.247 Während die liberalen wie konservativen Vertreter der Westschweiz und des Tessins das Verhalten der Armee und insbesondere Generalstabschef Spre- cher scharf kritisierten, fand zwischen dem Vorsteher des EPD und den «Min- derheitssozialisten» ein Schlagabtausch um die Wirtschafts- und Militärpolitik des Bundes statt. Robert Grimm hatte bereits am zweiten Verhandlungstag die Bildung einer Kommission zur ständigen Kontrolle der Notrechtsetzung sowie ein Vetorecht der Bundesversammlung für die Noterlasse beantragt (siehe Kapi- tel 6.4).248 Der Idee eines solchen «Wohlfahrtsausschusses», die von der sozial- demokratischen Fraktion unterstützt wurde, erteilte Arthur Hoffmann sogleich eine Absage. Seine Begründung war, dass der Bundesrat bereits alles in seiner Macht Stehende gegen Teuerung und Knappheit unternommen und dabei stets den Rat von «Sachverständigen beigezogen» habe. Hoffmann bat angesichts aus- ländischen Drucks, wenig Erfahrung mit kriegswirtschaftlicher Steuerung und fehlender personeller Ressourcen um Verständnis für «Fehlgriffe» der Verwal- tung, machte aber einmal mehr unmissverständlich klar: «Die Einschränkung der individuellen Freiheitsrechte ist durch die Aufrechterhaltung des Staates und der öffentlichen Ordnung zulässig und geboten.»249 Dem entgegnete Grimm, dass sich die Lage der Arbeitnehmer seit Kriegs- ausbruch gerade wegen einiger Noterlasse, zum Beispiel durch die Aufweichung des Fabrikgesetzes,250 erheblich verschlechtert habe. Wirtschaftspolitische Vor- schläge von SPS und Gewerkschaften fänden im Bundeshaus immer noch keine Beachtung, während Industrie und Landwirtschaft «gute Geschäfte» machten.251 zurückzurück 156

Unterstützung erhielt der Antrag Grimm von Ernest Paul Graber, der die Not- wendigkeit der Vollmachten gänzlich bestritt, sein Misstrauen gegenüber den «Sachverständigen» und den Versprechen des Bundesrats bekundete und vor ei- nem Abgleiten der Schweiz ins politische System des Deutschen Reichs warnte: «Nous avons perdu la notion réelle des droits démocratiques. Notre gouverne- ment peu démocratique s’est senti naturellement attiré du côté de l’État voisin le plus autoritaire.»252 Den General bezeichnete der Neuenburger zudem als «Ver- körperung eines Systems, das wir missbilligen», und er warf Wille vor, in der Armee eine «Atmosphäre antidemokratischen Geistes» zu verbreiten.253 Noch einen Schritt weiter ging Charles Naine mit dem Vorwurf, die auf blinden Ge- horsam fokussierte Soldatenausbildung arbeite insgeheim auf einen Sturz der Demokratie in der Schweiz hin. Statt diesem Prozess Einhalt zu gebieten, wür- den sich Bundesrat und Parlamentsmehrheit tatenlos gegenseitig decken.254 Trotz so grundsätzlicher Kritik am Ausnahmezustand blieb die am Vor- gehen des französischen Parlaments orientierte Forderung Grimms nach einer Stärkung der Legislative gegenüber «einer auf allen Gebieten sich geltend ma- chenden Diktatur» von einer parlamentarischen Mehrheit weit entfernt.255 Auch andere Postulate und Anträge, die ein gesetzlich verankertes «Uebergewicht der Zivilgewalt über die Militärgewalt» (Fazy) oder die Entlassung von General und Generalstabschef (Sigg, Naine und Graber) vorschlugen, konnten sich nicht durchsetzen.256 Nachdem Giuseppe Motta die in der Einleitung zitierte Rede ge- halten und das Parlament so auf Einigkeit, Verantwortungsbewusstsein sowie die humanitäre Rolle der Schweiz im Weltkrieg eingeschworen hatte und nachdem die Neutralitätskommission ihren Antrag im Sinne einer stärkeren Beachtung der Neutralitätspflichten noch einmal angepasst hatte, genehmigten National- und Ständerat am 15. beziehungsweise 16. März 1916 den zweiten Neutralitäts- bericht und mit ihm die Fortsetzung des Ausnahmezustands.257 Die Bundesver- sammlung sprach der Regierung und dem Armeekommando noch einmal ihr Vertrauen aus, da «sie sich von der Notwendigkeit der Aufrechthaltung der Voll- macht überzeugt» hatte.258 Dieser mit 159 zu 15 (mehrheitlich sozialdemokratischen) Stimmen im Na tionalrat beziehungsweise einstimmig im Ständerat beschlossene «Pacte de Berne» lässt die Frage auftauchen, weshalb trotz der nun deutlich vorhandenen Opposition aus verschiedenen politischen Lagern am Ende auch Abgeordnete wie Emilio Bossi, Ernest Chuard oder Paul Maillefer, die im Vorfeld ihre Ablehnung geäussert hatten, an den Vollmachten festhalten wollten.259 Die Kriegssituation im Frühjahr 1916 und deren Auswirkungen auf die schweizerische Wirtschaft spielten hier unzweifelhaft eine wichtige Rolle. Obwohl dies in der Debatte ver- hältnismässig wenig zur Sprache kam, bestand ein das ganze politische Spektrum übergreifender Konsens über eine «durch außerordentliche Ereignisse geschaf- fene Notlage», die eine mit Gesetzgebungskompetenz ausgestattete Regierung weiterhin wünschenswert machte.260 Entscheidend für die Zustimmung war aus- serdem, dass sich die Regierung dazu bereit erklärt hatte, einen engeren Kon- 157 zurückzurück takt mit der Legislative zu suchen, sich für die nicht erfolgte Berichterstattung entschuldigte und in Zukunft ausführlicher und regelmässiger über ihre Arbeit zu informieren versprach. Der zweite Neutralitätsbericht wurde deshalb explizit nur unter der Bedingung genehmigt, dass der Bundesrat «für jede Session der Bundesversammlung Bericht erstatten werde über die von ihm kraft seiner Voll- macht getroffenen Massnahmen».261 Indem es im weiteren Kriegsverlauf die Neutralitätsberichte (siehe Tab. 2) begutachten und genehmigen konnte, erweiterte das Parlament seine Mitsprache im Vollmachtenregime zwar nicht wesentlich, auf einer symbolischen Ebene ge- lang es ihm aber durchaus, das Übergewicht der Exekutive im politischen Macht- gefüge zu relativieren.262 Dieses Resultat liess für das «Journal de Genève» die Feststellung zu, eines der Hauptanliegen der Westschweiz, «une limitation des pleins pouvoirs par la restauration du contrôle parlamentaire», sei tatsächlich erfüllt worden.263 Die nun zu Beginn jeder Session stattfindenden Verhandlun- gen über die Berichte boten eine willkommene Gelegenheit für Anträge an den Bundesrat. Eine Möglichkeit, die trotz unsicherer Erfolgsaussichten im weiteren Verlauf des Kriegs von allen Parteien rege benutzt wurde. Im Mai 1916 teilten sich die Neutralitätskommissionen in mehrere Subkommissionen auf, welche die Regierungsberichte vor der Behandlung in den Räten besprachen, Bundesräte für nähere Auskünfte vorluden, Eingaben formulierten und so eine einflussreiche Stellung als eine Art Ersatzparlament erlangen konnten.264 Die «conspiration du silence», die Gustave Ador der Regierung im Vorfeld der Oberstenaffäre wegen ihrer Weigerung, dem Parlament Einblick in die Vollmachtenpolitik zu geben, noch vorgeworfen hatte, war damit beendet.265 Über die Bestätigung des Vollmachtenregimes hinaus wiesen sowohl die Forschung wie auch zeitgenössische Kommentatoren darauf hin, dass die «histo- rische Tagung» im März 1916 wie ein «reinigendes Gewitter» in einem Moment der aufgestauten Krise wirkte.266 Unter dem «wirtschaftlichen Belagerungszu- stand» des Weltkriegs und durch eine Vielzahl skandalträchtiger Vorfälle im Um- feld der Armee, wovon die Oberstenaffäre nur der am stärksten beachtete war, hatte sich in der Schweiz ein beträchtliches Konfliktpotenzial gebildet.267 Ohne rechtliche Änderungen am Ausnahmezustand vorzunehmen, gelang es durch die parlamentarische Auseinandersetzung, die verschiedenen innenpolitischen Kon- flikte zeit- und teilweise zu entschärfen. In diesem Zusammenhang dürfen die Veränderungen der aussenpolitischen Lage im Frühjahr 1916 nicht ausser Acht gelassen werden.268 Kurz bevor National- und Ständeräte in Bern ihre Verhand- lungen aufnahmen, hatte die Schlacht um die nordfranzösische Stadt Verdun be- gonnen, mit der das deutsche Armeekommando den Stillstand an der Westfront zu durchbrechen versuchte. Die ausführliche Berichterstattung der Zeitungen über die Parlamentsdebatte war deshalb von täglichen Darstellungen und Ana- lysen der «Hölle von Verdun» begleitet, welche die Schrecken des Weltkriegs eindrücklich vor Augen führten und sein baldiges Ende unwahrscheinlicher denn je erscheinen liessen. Vielmehr war die verlustreiche Schlacht, so die NZZ zurückzurück 158

am 15. März 1916, der Beginn einer «neuen Kriegsphase».269 Wenn auch für die Schweiz die Gefahr, militärisch in den Konflikt verwickelt zu werden, mit dem deutschen Angriff auf Verdun abgenommen hatte, war in dieser Situation für die freisinnige Parlamentsmehrheit ein geschlossenes Auftreten gegenüber dem Ausland sowie eine handlungsfähige Regierung und Armee letztlich wohl wich- tiger als der vom späteren Bundesrat Jean-Marie Musy geäusserte Wunsch nach Wiederherstellung des «verfassungsmässigen Zustands».270

4.4 Militär- und Zivilgewalt im «Jahr der Affären»

In gewisser Hinsicht fand im März 1916 in den eidgenössischen Räten jene Debatte um den Ausnahmezustand statt, die das Parlament unter den unübersichtlichen Bedingungen des Kriegsausbruchs nicht hatte führen können. Dass dem Bundes- rat dabei trotz «vielfach geäussertem Verlangen auf Aufhebung» eine vollumfäng- liche Bestätigung seiner Vollmachten gelang, hing nicht zuletzt mit einer gleichzei- tig durchgeführten Umgestaltung der Befugnisse des Militärs zusammen.271 Wie bereits beim Vollmachtenbeschluss stand nämlich auch bei der Genehmigung des zweiten Neutralitätsberichts die «Militärfrage» klar im Vordergrund. Die Einmi- schung der Armeebehörden in wirtschafts- und innenpolitische Angelegenheiten, das Verhältnis der Streitkräfte zu den Kriegführenden sowie die Gesinnung (oder Parteilichkeit) von General und Generalstabschef waren weitaus heftiger um- stritten als die Vollmachten der Regierung selbst. Abgesehen von Grimms chan- cenlosem Antrag auf eine parlamentarische Kontrollkommission gab es offenbar auch keine Vorstellung davon, wie eine «limitation des pleins pouvoirs» konkret bewerkstelligt werden konnte. Stattdessen bestanden in erster Linie Befürchtun- gen und Missverständnisse, «dass die Kompetenzen des Bundesrates […] in die Hände des Armeestabes übergehen» könnten oder die Kontrolle der Exekutive über die Handlungen des Militärs nicht mehr gewährleistet sei.272 Solche Ängste manifestierten sich vor allem in der Westschweiz, wie beispielsweise die Warnung des Genfer Radikalen Jacques Louis Willemin vor einer «caste militaire qui prétend gouverner au-dessus du pouvoir civil» zeigt.273 Zwei Skandale im Kontext dieses angespannten Verhältnisses zwischen Militär- und Zivilgewalt waren – neben der Oberstenaffäre – für das Vollmachtenregime von besonderer Bedeutung. Wie bereits beschrieben, kam verschiedenen Bundesbehörden im Zuge von Versorgungsengpässen und Handelsbeschränkungen eine immer stärkere Be- deutung als Importeure von Waren aus dem Ausland zu. Die Beschaffung von Lebensmitteln, Werk- und Treibstoffen für die schweizerischen Streitkräfte war in diesem Zusammenhang die Aufgabe des Armeekriegskommissariats (AKK). Das AKK war im Zuge der Mobilisierung ins Leben gerufen worden und ist nicht mit dem bereits vorher im Militärdepartement bestehenden und ähnliche Funktionen erfüllenden Oberkriegskommissariat zu verwechseln.274 Mitten in der medialen Auseinandersetzung mit der Oberstenaffäre machte die Pariser 159 zurückzurück

Zeitung «Le Temps» Anfang Februar 1916 publik, dass Oberst Adolf Obrecht, Armeekriegskommissär, einflussreicher Uhrenfabrikant und Mitglied der Société suisse de surveillance économique, bereits seit längerer Zeit Teile der vom Bund im Ausland eingekauften und über Frankreich eingeführten Güter an vom Roh- stoffmangel betroffene Unternehmen in der Schweiz weitervermittelt habe und deshalb verhaftet worden sei.275 Diese Geschäfte waren auf den ersten Blick nicht missbräuchlich, handelte es sich dabei doch um Überschüsse aus Grossbestellun- gen für die Armee und einen willkommenen Beitrag zur Landesversorgung, in die der schweizerische Staat ohnehin bereits involviert war. Die Brisanz lag gemäss «Le Temps» allerdings darin, dass einige dieser Firmen die so erhaltenen Waren im Rahmen des Kompensationshandels an die Zentralmächte weiterverkauft hat- ten. Dies war aus Sicht der armeekritischen Kreise ein Bruch der mit der Entente geschlossenen Handelsabkommen und es passte exakt ins dort vorherrschende Bild eigenmächtiger Militärs, die ohne Aufsicht und Wissen der Zivilbehörden einen Staat im Staat gebildet hatten, rücksichtslos ihre Interessen verfolgten und sich nicht mehr um dienstliche oder Neutralitätsvorschriften kümmerten.276 Auch wenn der Bundesrat die Meldung von Obrechts Verhaftung ebenso wie den Vorwurf der unzulässigen Wiederausfuhr rasch dementierte und die Affäre daraufhin verebbte, war der Vorfall doch gravierender, als die Regierung nach aus- sen hin zugab.277 Wie aus Berichten des österreichisch-ungarischen Militärattachés in Bern und den Geheimprotokollen des Bundesrats ersichtlich wird, war es – mit Billigung des Generalstabschefs und Duldung Hoffmanns – in mindestens drei Fällen tatsächlich zu solchen Handelsgeschäften gekommen. Der Armeekriegs- kommissär hatte in Eigenregie eine umfangreiche Transferorganisation für Roh- stoffe und Lebensmittel aufgebaut.278 Es war nicht das erste Mal, dass der Verdacht von Misswirtschaft, Alleingängen oder sogar Korruption auf die mit dem Voll- machtenregime angewachsene Verwaltung fiel, und die Angelegenheit zeigte, wie angespannt die Beziehungen zwischen der Regierung und dem Armeekommando 18 Monate nach Kriegsausbruch waren.279 In der Bundesratssitzung vom 4. Fe- bruar 1916 rügte Eduard Müller das Verhalten des Armeekriegskommissärs als «neutralitätswidrig» und wies darauf hin, «dass der Generalstab als solcher seine Befugnisse zu weit ausgedehnt» habe. Edmund Schulthess erkannte darin eine «Handlungsweise, die sich […] in der gleichen Richtung bewegt, wie diejenige der beiden Obersten», und Felix Calonder konnte nicht einsehen, warum «ein schweizerischer Offizier die Geschäfte auswärtiger Staaten zu besorgen» hatte.280 Genau solche waren der Armee nämlich bereits im Mai 1915 explizit untersagt worden, nachdem sie «in Paris zu Reklamationen geführt» hatten.281 Um «neue Schwierigkeiten» zu vermeiden, beschloss der Bundesrat, dem General eine Entlassung Obrechts nahezulegen. Ulrich Wille, der laut eigener Aussage keine Kenntnis von den Tätigkeiten des AKK hatte und sich übergan- gen fühlte, fasste dies als direkte Infragestellung seiner Person auf. Er stellte sich schützend vor den «ausserordentlich tüchtigen» Oberst und warnte vor den Fol- gen einer weiteren Schwächung des Generalstabs mitten in der Geheimdienst- zurückzurück 160

affäre. Sollte der Bundesrat auf einer Entlassung des AKK-Chefs bestehen, wisse er, Wille, «dann auch, was er zu tun haben werde».282 Mit dieser unverhohlenen Rücktrittsdrohung konnte sich der General durchsetzen. Obrecht wurde vom Vorwurf der Neutralitätsverletzung entlastet und blieb im Amt. Der Bundesrat begnügte sich widerstrebend damit, seine Zuständigkeit für sämtliche Fragen des Aussenhandels zu bekräftigen und in der Sitzung der Neutralitätskommission vor der Debatte um den zweiten Neutralitätsbericht noch einmal alle Unregel- mässigkeiten im Kompensationsverkehr abzustreiten.283 Das Verhältnis zwischen Militär und Exekutive sollte bereits kurze Zeit später erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Unter dem Eindruck der Vor- fälle von Lausanne befürchtete das Armeekommando «eine Emeute in der auf- gehetzten Bevölkerung» nach dem Urteilsspruch im Oberstenprozess, weshalb es auf Anraten des stellvertretenden Generalstabschefs Otto Bridler mehrere Zugskompositionen zur allfälligen Verlegung von Ordnungstruppen in die Romandie bereitstellte – ohne Wissen des Bundesrats oder der Westschweizer Kantons regierungen.284 Der Prozess gegen Egli und von Wattenwyl endete wider Erwarten ohne grössere Ausschreitungen oder Militäreinsätze, die diesbezügli- chen Vorbereitungen der Armee gelangten allerdings kurz darauf in der «Affaire des trains» an die Öffentlichkeit und wurden auch in der vorgezogenen Session der Bundesversammlung thematisiert. SMD-Vorsteher und Bundespräsident Ca- mille Decoppet erklärte im Ständerat, die Bereitstellung der Züge sei ohne Wis- sen der Regierung, des Generals oder des Generalstabschefs geschehen. Einen allfälligen Einsatz hätte nur die Regierung anordnen können.285 Wie sich spä- ter herausstellte, war es aber doch der General, der den entsprechenden Befehl ge geben, den Bundesrat aber darüber auch im Nachhinein nicht vollständig in Kenntnis gesetzt hatte. Ähnlich verhielt sich der Generalstabschef.286 Dies brachte den bereits durch die Oberstenaffäre belasteten Decoppet, der erstmals von Edmund Schulthess über die Angelegenheit informiert worden war, in Bedrängnis. Aus dem Waadtland, wo er selbst herstammte, kam schon bald der Vorwurf, Decoppet «sei entweder der geheime Helfershelfer oder der Spiel- ball des Generalstabs».287 Im Juni 1916 musste der Chef des SMD schliesslich mit «vif regret» einräumen, aufgrund eines Missverständnisses zwischen ihm und dem General im Parlament unrichtige Angaben gemacht zu haben.288 Er sah sich dazu nicht zuletzt auf Druck der Armeespitze hin veranlasst, die den Eindruck korrigieren wollte, sie habe auf so wichtige Entscheidungen keinen Einfluss ge- habt oder ihren Zuständigkeitsbereich überschritten.289 Erneut wurde dadurch die Diskussion um die Kompetenzen der Armee im neutralen Staat entfacht – sowohl inner- wie ausserhalb des Bundeshauses. Der Einsatz von Soldaten zur «Handhabung von Ruhe und Ordnung» war eine äusserst heikle Angelegen- heit.290 Laut Artikel 16 der Bundesverfassung und aus Sicht der Westschweiz waren dafür auch im Aktivdienst ausschliesslich die Kantone in Absprache mit Bundesrat und Parlament verantwortlich. General Wille vertrat dagegen in einem Brief an den Präsidenten der Neutralitätskommission die Überzeugung, «dass 161 zurückzurück keinerlei Kompetenzüberschreitung oder irgendwelches Verfehlen seitens der Armeeleitung oder ihrer Organe stattgefunden» hatte.291 Mit Berufung auf die vom Bundesrat am 4. August 1914 erhaltene «Instruktion für den General» und das Truppenaufgebot von Lausanne sah es Ulrich Wille im Gegenteil als seine «Pflicht» an, selbständig Vorbereitungen zu treffen, um «unsere volle staatliche Souveränität und Unabhängigkeit gegenüber jeder Beeinträchtigung von innen oder von aussen zu wahren».292 Um die offizielle Haltung zur «Affaire des trains» entwickelte sich in der Folge eine Auseinandersetzung, in der die Regierung einerseits den Bedenken gegen den Alleingang des Generalstabs Rechnung tragen und ihren Vorrang in der Sicherheitspolitik behaupten musste, die Armeespitze andererseits nicht öf- fentlich desavouiert werden wollte. Unter dem Eindruck dieser Kontroverse und der beissenden Kritik aus der Romandie dachte Camille Decoppet zeitweise so- gar an eine Demission. Laut dem Waadtländer Journalisten Félix Bonjour habe er diese nur deshalb nicht eingereicht, weil seine Ratskollegen für den Fall einen kollektiven Rücktritt in Aussicht stellten.293 Obwohl gleichzeitig auch General und Generalstabschef mit dem Amtsverzicht drohten, setzte sich der Bundes- rat schliesslich mit einer Erklärung durch, die am 23. Juni 1916 von Edmund Schulthess im Parlament verlesen wurde.294 Diese Erklärung legte die Verant- wortung für Vorbereitung und Durchführung jedes Einsatzes «von Truppen zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern» für den weiteren Verlauf des Kriegs ausdrücklich in die Hände der Regierung und sie lastete der Armeespitze zudem die um die ganze Affäre entstandene Verwirrung an.295 Decoppet selbst nahm darüber hinaus entschieden gegen Ulrich Willes Auslegung der Generalsinstruk- tion Stellung und hielt fest, «dass es besser gewesen wäre, wenn sich die Armee um die fraglichen Eventualitäten nicht gekümmert und wenn sie ganz besonders diese Angelegenheit der politischen Behörde überlassen hätte».296 Kommunikationspannen, Rücktrittsdrohungen und Verstimmung wenn nicht sogar Misstrauen auf beiden Seiten – das «Jahr der Affären» hinterliess in den Beziehungen zwischen Bundeshaus und Hotel Bellevue deutliche Spu- ren.297 Ungeachtet aller öffentlichen Dankesbekundungen für das Militär zeigte der Bundesrat dem Armeekommando hinter den Kulissen erstmals die Grenzen seiner Befugnisse in einer Situation auf, «qui n’est pas la guerre et qui n’est pas la paix».298 Es gelang der Regierung zu Beginn der zweiten Phase, das seit Kriegs- ausbruch ambivalente Verhältnis zwischen ziviler und militärischer Entschei- dungsfindung neu zu gestalten und so den von Kritikern erzeugten Eindruck einer Dominanz der Armeebehörden im Vollmachtenregime zumindest teilweise zu zerstreuen. Unter dem Vorbehalt, dass er bei unmittelbarer Gefahr von aussen oder im Fall einer Verwicklung in den Krieg durch innere Unruhen seine Macht- befugnisse ohne Weiteres zurückerhalten würde, fügte sich der General dieser Einschränkung. Bei aller Kritik an seiner Person begrüsste letztlich wohl auch Wille die lange nicht erfolgte Klarstellung seiner Kompetenzen als Oberbefehls- haber der Armee und die Abgrenzung von den Vollmachten des Bundesrats.299 zurückzurück 162

Der konfliktreiche Prozess, in dem bis zum Sommer 1916 die zivile schritt- weise von der militärischen Sphäre entflochten wurde, fand seinen Niederschlag auch in der Änderung verschiedener Vorschriften, die seit Beginn des Aktiv- diensts aufgrund der Militärgesetzgebung in Kraft waren oder die der Bundesrat im Kriegsverlauf notrechtlich erlassen hatte. Auf der Suche nach einer Antwort auf die Eingabe der Waadtländer Delegation vom 7. Februar 1916 diskutierte die Regierung zunächst die Idee, den Forderungen nach einer Unterordnung der Militär- unter die Zivilgewalt mit einem dringlichen Parlamentsbeschluss zu begegnen. Durch eine Revision der MO 1907 sollten besonders umstrittene Bestimmungen bereinigt und so das Vertrauen in die Entschlusskraft der Regie- rung wiederhergestellt werden. Auf Anraten von Giuseppe Motta entschied sich der Bundesrat schliesslich aber dafür, die einzelnen Änderungen gleich selbst auf dem Weg der Vollmachten vorzunehmen und dem Parlament nachträglich nur einen Bericht – eben den zweiten Neutralitätsbericht – zur Genehmigung vor- zulegen. Diesem Vorgehen stimmte General Wille zu.300 Im Neutralitätsbericht lehnte der Bundesrat dann entgegen der vorherigen Haltung die Auffassung ab, die MO 1907 sei für den herrschenden Zustand der «bewaffneten Neutralität» nicht tauglich und müsse deshalb vor allem in Bezug auf die Befugnisse des Generals und des Armeestabes geändert werden. Die Regierung räumte aller- dings ein, «dass es für unsere Sicherheit nicht notwendig und aus praktischen Gesichtspunkten nicht wünschenswert wäre, wenn das Armeekommando in den tatsächlichen Verhältnissen, unter denen wir leben, von seinen gesetzlichen Kompetenzen ohne Rücksicht und Fühlung mit den bürgerlichen Behörden un- eingeschränkten Gebrauch machen wollte».301 Wie beschrieben hatte der Bundesrat bereits begonnen, den nach Kriegs- ausbruch angewachsenen Einfluss des Militärs in verschiedenen Bereichen des zivilen Lebens abzubauen. Davon betroffen war in erster Linie die Militärjus- tiz. Im Juli 1915 verwies der Bundesrat die seit einem knappen Jahr der Militär- gerichtsbarkeit unterstellten Bundesangestellten für Vergehen ohne «militä rische Bedeutung» wieder in den Bereich der zivilen Justiz (siehe Kapitel 3.5).302 Ei- nige Monate später beschloss er, dass für Verstösse gegen die immer zahlrei- cheren Ausfuhrverbote «in der Regel» das FZD zuständig sein sollte. Eine militärgerichtliche Untersuchung war dagegen nur noch in besonders «schwe- ren Fällen» vorgesehen.303 Deutete sich durch diese Noterlasse eine Reduktion der Zuständigkeiten der Militärgerichte vorerst nur an, wurde der eigentliche Kurswechsel dann während der Oberstenaffäre vollzogen. Mit Beschluss vom 12. Februar 1916 übertrug der Bundesrat die Beurteilung von Verstössen gegen insgesamt 30 Noterlasse an die «bürgerlichen Gerichte» der Kantone.304 Damit war die Militärjustiz für «Verfolgung und Beurteilung» von Personen, die zum Beispiel die Mahlvorschriften und Fütterungsverbote für Getreide missachteten, die Höchstpreise beim Verkauf von Leder überschritten oder ohne Bewilligung des OKK Reis in die Schweiz importierten, nicht mehr zuständig. Ziel dieser Massnahme war, so stellten es sowohl der zweite Neutralitätsbericht als auch 163 zurückzurück der nach dem Krieg erstattete Bericht der Armeespitze dar, die Entlastung der Militärgerichte von den im Kriegsverlauf stark angewachsenen Aufgaben «mehr wirtschaftlicher als militärischer Natur».305 Tatsächlich war der Militärjustiz durch die Strafbestimmungen der betreffenden Noterlasse ein erheblicher Ar- beitsaufwand entstanden und der Erlass vom 12. Februar brachte hier eine «we- sentliche Erleichterung».306 Zudem delegierte der Bundesrat kurze Zeit später auch die Strafverfolgung des «Nachrichtendiensts zugunsten fremder Mächte» von der Armee an die Bundesanwaltschaft und das Bundesstrafgericht.307 Zeitpunkt und Deutung dieser «Übertragung von Kompetenzen der Mi- litärgerichte an die bürgerlichen Gerichte» liessen den Eindruck entstehen, der Bundesrat habe sich in einem internen Machtkampf gegen die Interessen der Ar- mee durchgesetzt – es habe sich quasi um einen Befreiungsschlag der unter dem Druck der Öffentlichkeit stehenden Regierung wider die zunehmende Militari- sierung des schweizerischen Justizwesens gehandelt.308 Der Blick in die Quellen zeigt allerdings, dass eher das Gegenteil zutraf. Es war der General, der sich seit Mitte 1915 mehrfach für eine Entlastung der Militärjustiz von kriegswirtschaft- lichen Strafbestimmungen, welche seiner Ansicht nach «die Armee nicht inter- essieren», ausgesprochen hatte.309 Er begründete dieses Begehren zum einen mit der grossen Zahl von Vergehen gegen diese Noterlasse, für deren Beurteilung den Militärgerichten das Personal wie auch die Sachkenntnis fehle. Zum anderen äusserte der General aber auch grundsätzliche Bedenken gegen die Zuständig- keit der Militärjustiz für zivile Angelegenheiten. Es sei «für die Militärgerichte geradezu entwürdigend, wenn sie die Funktion eines Polizeirichters auszuüben gezwungen sind; die Militärgerichtsbarkeit wird dadurch im ganzen Lande ge- wissermassen diskreditiert», schrieb er im Juni 1915 an das SMD.310 Lehnte der Bundesrat dieses auch vom Armeeauditorat unterstützte Anliegen Willes zwar nicht ausdrücklich ab, blieb es doch monatelang unerledigt liegen. Die staatliche Verwaltung hatte offenbar wenig Interesse, die oftmals mit viel Aufwand ver- bundene Rechtspflege für die kriegswirtschaftlichen Noterlasse selbst zu über- nehmen.311 Neue Vorschriften zur Brotversorgung, deren Strafbestimmungen im Widerspruch zu den Aufgaben der Militärgerichte standen, setzten dann aber kurz vor Jahresende 1915 einen Aushandlungsprozess in Gang, der schliesslich zum Beschluss vom 12. Februar 1916 führte.312 Das SMD signalisierte dazu schon früh seine Zustimmung und liess vom JPD einen Entwurf ausarbeiten. Die Bun- desräte Motta und Schulthess äusserten dagegen Bedenken. Zum einen scheuten sie zusätzliche Arbeit und Kosten für ihre Departemente, zum anderen sahen sie die verschiedenen kantonalen Gerichte zu einer einheitlichen, sachkundigen und effizienten Rechtsprechung nicht imstande.313 Insbesondere der Vorsteher des FZD versuchte bis zuletzt, Verletzungen der Ausfuhrverbote weiterhin durch die Militärgerichte bestrafen zu lassen.314 Dies sehr zum Missfallen Ulrich Willes, der, obwohl er eine Entlastung der Militärjustiz selbst seit längerem gefordert hatte, mit dem Endresultat dann offenkundig nicht zufrieden war: «Durch den Beschluss, die Kompetenzen des Generals und seiner Organe zu vermindern, ist zurückzurück 164

dem Ansehen der Armeeleitung sowohl im Volke wie in der Armee schwerer Abbruch getan.»315 Angesichts der Tragweite der im August 1914 erlassenen «Strafbestimmun- gen für den Kriegszustand», die den Zuständigkeitsbereich der Militärjustiz äusserst weit ausgedehnt hatten (siehe Kapitel 3.5), war die Einschränkung der Militärgerichtsbarkeit ohne Zweifel die wichtigste der im Frühjahr 1916 beschlos- senen Massnahmen zur Neugestaltung der Armeebefugnisse. Der Bundesrat be- liess es nun allerdings nicht dabei. Bereits bei den Beratungen über die Vorgänge im AKK hatte Giuseppe Motta kritisiert, dass eine blosse Entlassung des Armee- kriegskommissärs die Missstände im Verhältnis zwischen Armee und Regierung im Prinzip gar nicht lösen könne: «Hauptsache ist, im allgemeinen die natürliche Ordnung der Dinge so gut es immer möglich ist, herzustellen und zwar syste- matisch. […] Der Bundesrat muss Beschlüsse fassen, die dartun, dass er regieren will.»316 Eine direkte Reaktion auf die Affäre Obrecht war kon sequenterweise die Einschränkung der finanziellen Autonomie der Armee. Durch einen ebenfalls am 12. Februar 1916 beschlossenen Erlass konnten die Militärbehörden Ausgaben, die nicht im Verwaltungsreglement von 1885 vorgesehen waren, für den Rest des Kriegs nur noch mit Bewilligung des Bundesrats tätigen. Das AKK wurde zudem explizit angewiesen, sich künftig «auf die Bedürfnisse der Armee zu be- schränken» und ohne Genehmigung der Exekutive keine «Handelsgeschäfte für Rechnung Dritter» mehr durchzuführen.317 Des Weiteren wurde, um «Reibungen und Konflikte mit der kantonalen Polizeigewalt» zu vermeiden, die Heerespolizei auf den Dienst bei der Truppe beschränkt und nur noch ausnahmsweise in der Grenzkontrolle eingesetzt.318 Schliesslich entliess der Bundesrat auf den 1. März 1916 die schweizerischen Eisenbahnen und Dampfschiffe aus dem seit der Mobilmachung bestehenden «Kriegsbetrieb». Damit endete das «Verfügungsrecht» der Militärbehörden über «Material und Personal» der Transportunternehmen, insbesondere die Auf- sicht über deren Fahrplangestaltung.319 Die vom Militäreisenbahndirektor zur Erleichterung des Transports von Lebensmitteln (siehe Kapitel 4.2) erlassenen Verfügungen und sonstige Einschränkungen des Betriebs blieben allerdings in Kraft.320 Im Februar 1917 erhielt die Armee immerhin einen Teil ihrer Befugnisse zurück, indem die Transportunternehmen verpflichtet wurden, Anordnungen «des Armeestabes über den Transport von Truppen, Kriegsmaterial und Verpfle- gungsgegenständen […] unverzüglich Folge zu leisten».321 Obwohl der Bundesrat in seinem zweiten Neutralitätsbericht mit Nach- druck betonte, dass alle diese Massnahmen im Einverständnis mit der Armeelei- tung beschlossen wurden, General Wille einen Abbau der Armeebefugnisse in bestimmten Bereichen grundsätzlich begrüsste und Camille Decoppet in der vorgezogenen Parlamentsdebatte nach der Oberstenaffäre versicherte, die Bezie- hungen zwischen Armeekommando und Regierung seien stets «die besten ge- wesen»,322 traten Missstimmung und Konflikte bei der Aushandlung der 1916 vorgenommenen «Verbürgerlichung» und spätestens in der «Affaire des trains» 165 zurückzurück einige Monate später doch unübersehbar zutage.323 Ohne an den gesetzlichen Bestimmungen der Militärorganisation, der personellen Zusammensetzung der Armeeleitung oder den Regeln des Ausnahmezustands etwas ändern zu müssen, kam der Bundesrat dem Waadtländer Postulat nach «Unterordnung der militäri- schen Gewalt unter die bürgerliche Gewalt» unter Einsatz der Vollmachten weit entgegen, konnte seiner «Prärogative» Geltung verschaffen und auch gegenüber armeekritischen Parlamentariern unter Beweis stellen, dass er «der Militärgewalt nicht die Zügel schiessen» liess.324 Die innenpolitischen Krisen des Frühjahrs 1916 konnten so zwar entschärft und die Vollmachten ohne wesentliche Einschränkungen bewahrt werden, an der angespannten Lage, in der sich die Schweiz ab dem dritten Kriegsjahr befand, än- derte sich dadurch aber wenig. Die fortdauernden Belastungen des Aktivdiensts, die zunehmenden ökonomischen und sozialen Schwierigkeiten sowie die Un- sicherheit über den weiteren Verlauf des Kriegs verstärkten die Unzufrieden- heit mit den notrechtlichen Massnahmen der staatlichen Verwaltung. Bereits an- lässlich der Genehmigung des dritten Neutralitätsberichts im Juni 1916 war die parlamentarische Debatte wieder von den gleichen Themen und Konflikt linien geprägt, welche die «Neutralitätsdebatte» vom März vermeintlich beigelegt hatte.325 Angesichts dringender Traktanden stellte sich der Korrespondent der NZZ deshalb die Frage, «ob denn wirklich der Nationalrat in diesen ernsten Zei- ten zu einem Debattierklub werden dürfe, dem die Musse zu fruchtbarer Arbeit je länger, je mehr abhanden kommt».326 Im Resümee zur Sommersession machte die Zeitung keinen Hehl daraus, dass die schweizerische Legislative gegenüber der bevollmächtigten Regierung, den Neutralitätskommissionen und den Ver- bandsexperten stark an politischem Einfluss verloren hatte. Ihr Handlungsspiel- raum war auf die nachträgliche Bestätigung der Noterlasse und die Formulierung von Anträgen während der Behandlung der Neutralitätsberichte eingeschränkt (siehe Tab. 2). Während lange Grundsatzdiskussionen vor halb leeren Rängen gehalten wurden, blieben bereits vor dem Krieg begonnene Vorhaben unerledigt (Abb. 4): «Man hat der Arbeit des Parlamentes die Tätigkeit der Landesregierung ge- genübergestellt und dies mit Recht. Die bloße Liste der Maßnahmen, die er auf Grund seiner außerordentlichen Vollmachten getroffen hat, gibt dem Volk einen Begriff von der Aufgabe, die heute auf dem Bundesrat lastet. Es ist eine ungeheure Arbeit, die er seit dem Kriegsausbruch zu leisten hat. […] Gewisse Dinge lassen sich unter den heutigen Verumständungen nun ein- mal nicht in einer öffentlichen Parlamentssitzung erörtern, und sodann muß immer wieder betont werden, daß ein tieferes kontrollierendes Eindringen in die Tätigkeitssphäre der Regierung nur durch eine Beratung in engerm Kreise möglich gemacht ist. […] Nicht Deklamationen über Freiheit und Demokratie sind es, die zumal heute das Volk von seinen Sendboten ver- langt, sondern eine das schöpferische Handeln der Regierung fördernde und unterstützende Tätigkeit.»327 zurückzurück 166

Und doch bestand ein wesentlicher Unterschied zur Tagung, die der Bundesrat in Reaktion auf die Oberstenaffäre einberufen hatte. Von einer Beschränkung des Ausnahmezustands war keine Rede mehr. Edouard Secretan, der im Oktober 1917 starb, bescheinigte dem Bundesrat nun sogar, angesichts der schwierigen Lage der Schweiz die Vollmachten mit «dévouement», «conscience» und «patrio- tisme» ausgeübt zu haben.328 Wie der «Bund» bemerkte, forderten jene Politiker, «die früher stets für Einschränkung der Vollmachten auftraten, dass die Behörde noch weitere Aufgaben auf Grund der Kompetenzen vom 3. August 1914 lösen möchte».329 Der Druck auf das Militär wurde dagegen aufrechterhalten und «er- griff mehr und mehr auch bürgerliche Kreise, die nicht von Haus aus gegen die Armee eingestellt waren».330 Gleichzeitig gewannen die Proteste der Arbeiter- bewegung gegen Militarismus und Kriegswirtschaft eine neue Dynamik, was den Bundesrat zu ersten eigenen, den Kantonen vertraulich mitgeteilten Vorkehrun- gen gegen «Störungen der öffentlichen Ordnung» bewog.331 Der «heisse Sommer 1916» deutete an, vor welchen Herausforderungen die Schweiz in den beiden letzten Kriegsjahren und darüber hinaus stehen würde.332 167 zurückzurück

Abb. 4: Ein «Schattendasein» führte die Legislative nach Ansicht des «Nebelspalters» im Ausnahmezustand, das sich selbst dann in schlecht besuchten Sitzungen äusserte, wenn es um die Einschränkung der Vollmachten ging. Nebelspalter, Nr. 14, 6. April 1918.

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5 «A Wonderful Government»?, Juli 1917 bis Oktober 1918

Den Gesetzen gehorchen wir alle nur deswegen, um frei sein zu können.1 Aufkleber in einem Verzeichnis der kriegswirtschaftlichen Noterlasse, 1918

5.1 Mobilisierung des ökonomischen Potenzials für den Krieg

1917 sollte sich als das Wendejahr des Ersten Weltkriegs erweisen.2 Einerseits in Bezug auf den militärischen Ausgang des globalen Konflikts, der zwar noch nicht entschieden, aber durch die politischen Zäsuren der zweiten Kriegshälfte eingeleitet wurde. Andererseits weckten die Umwälzungen und Ereignisse die- ses Jahrs weltweit Erwartungen, dass «der Krieg langfristig den überkommenen Status von Herrschaftsrechten und politischer Teilhabe verändern könnte».3 In- nert weniger Monate wurden die Grundlagen für das «kurze 20. Jahrhundert» gelegt.4 Nach einem durch Missernten, das Handelsembargo der Zen tralmächte und die grassierende Inflation besonders entbehrungsreichen Winter 1916/17 kollabierte im März 1917 die zaristische Monarchie Russlands und wurde von einer mit schweren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen belas- teten Provisorischen Regierung abgelöst, die gleichzeitig die militärischen Bündnisverpflichtungen gegenüber Grossbritannien und Frankreich zu erfül- len versuchte und um ihr innenpolitisches Überleben kämpfen musste.5 Nur kurze Zeit später warfen die Vereinigten Staaten von Amerika, als Reaktion auf die Wiederaufnahme des unbeschränkten U-Boot-Kriegs durch das Deut- sche Reich, ihr militärisches und ökonomisches Gewicht aufseiten der Entente in die «Wagschale» des Weltkriegs, wie es Bundesrat Giuseppe Motta später ausdrückte.6 Begann sich mit diesem Schritt eine Niederlage der Mittelmächte immer deutlicher abzuzeichnen, zeigten die Meutereien französischer Soldaten am Chemin des Dames, die «Kreditkrise» Grossbritanniens im Sommer und vor allem das Gelingen der bolschewistischen «Oktoberrevolution», die unter der Führung des aus dem Zürcher Exil zurückgekehrten Wladimir Iljitsch Le- nin in die Gründung Sowjetrusslands und einen «Separatfrieden» an der Ost- front mündete, dass der Ausgang des Kriegs nach wie vor völlig offen war.7 Neben ihren militärischen und ökonomischen Konsequenzen brachten diese Ereignisse eindrücklich zum Vorschein, wie stark die Kriegsverdrossenheit, die Sehnsucht nach Frieden sowie die Unzufriedenheit mit der inneren Lage und den Herrschaftsverhältnissen in der Bevölkerung beidseits der Fronten mittler- weile waren.8 zurückzurück 170

Umso mehr galt es nun in allen kriegführenden Staaten, die letzten noch brachliegenden ökonomischen, sozialen und kulturellen Ressourcen für einen Sieg oder zumindest für ein innenpolitisch vertretbares Kriegsende zu mobilisie- ren.9 Um die Produktion von Rüstungsgütern zu steigern und so die Bedürfnisse der Armeen nach Mitteln zur Ausübung militärischer Gewalt zu befriedigen, kamen je nach politischer Struktur sehr unterschiedliche Ordnungsmodelle zum Einsatz. Grundlage war allerdings überall eine intensive Kooperation zwischen der Industrie und dem Staat, ein Ausbau der kriegswirtschaftlichen Steuerungs- versuche sowie die Besetzung von Schlüsselpositionen in der Exekutive mit Ex- perten aus der Privatwirtschaft. Zwischen Arbeit, Kapital und staatlicher Bü- rokratie entwickelte sich im Ersten Weltkrieg ein «Nahverhältnis, wie es in den Jahrzehnten vor 1914 undenkbar gewesen wäre».10 In Deutschland wurde diese korporatistische Annäherung auf der Grund- lage der «Ermächtigungsgesetze» (siehe Kapitel 3.2) vom Militär orchestriert.11 Rathenaus Kriegsrohstoffabteilung war Teil des preussischen Kriegsministe- riums und auch die von der Privatwirtschaft «zum Aufsaugen, Aufspeichern und zum Verteilen [des] Warenstromes» gebildeten «Kriegswirtschaftsgesellschaf- ten» arbeiteten direkt mit Heer und Marine zusammen.12 Die deutsche Öko- nomie wurde so nach und nach zu einer von militärischen Interessen gepräg- ten «Zwangswirtschaft» umgestaltet, die etwa Max Weber im Herbst 1917 als «Militärdiktatur» bezeichnete.13 Es entstand «eine Art militärisch-industrieller Komplex, wobei Militärbehörden und Rüstungsindustrielle die zivile Politik weitgehend aus den Entscheidungsprozessen verdrängen konnten».14 Durch die Ernennung der dritten Obersten Heeresleitung (OHL) im Sommer 1916 und das auf den Namen ihrer Galionsfigur getaufte «Hindenburg-Programm», das unter Einsatz aller noch nicht in den Dienst einer totalen Kriegführung gestellten Roh- stoffe, Finanzmittel und (Zwangs-)Arbeitskräfte eine Verdoppelung der Mu- nitionsproduktion zu erreichen versuchte, verstärkte sich diese Tendenz noch. Zusammen mit der aussenpolitischen Kompromisslosigkeit der OHL und dem «Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst» weckte das Rüstungsprogramm den Widerstand mehrerer Parteien im Reichstag, die mit der Bildung eines «in- terfraktionellen Ausschusses» nach mehr parlamentarischer Mitsprache streb- ten.15 In Österreich-Ungarn, das im November 1916 ins letztlich illusorische deutsche Programm zur Steigerung der Rüstungsproduktion integriert wurde, waren Kriegswirtschaftspolitik und der staatliche Zugriff auf kriegswichtige Gü- ter schon vorher ganz in den Händen der Armee.16 In den westlichen Mitgliedstaaten der Entente – die Regierung in St. Peters- burg setzte bis 1917 mehr auf Staatsbetriebe und autoritäre Bürokratie, weniger auf eine Kooperation mit russischen Unternehmern – war die Organisation der Kriegswirtschaft hingegen Aufgabe der Zivilbehörden. Diese griffen tenden- ziell später und weniger rigoros in die Geschäftstätigkeit der Privatwirtschaft ein als die Militärs der Zentralmächte: «The primary forms of state involvement were co-optation and coordination, not command and compulsion.»17 Nachdem 171 zurückzurück das französische Armeekommando seine unter dem Eindruck der anrückenden deutschen Truppen erlangten Kompetenzen wieder an Parlament und Regierung abgegeben hatte, übernahm das vom Sozialisten Albert Thomas konzipierte und sich seit der Gründung Ende 1916 auch mit arbeitsrechtlichen Fragen befassende Ministère de l’armement et des fabrications de guerre die Versorgung der Streit- kräfte.18 Die private Rüstungsindustrie und vor allem der Kohle- und Stahlver- band Comité des forges arbeiteten zwar eng mit den staatlichen Stellen zusam- men, behielten aber ein hohes Mass an Unabhängigkeit und entwickelten eine effiziente Selbstorganisation. Mit Monopolen und sogenannten Konsortien, vom Staat beauftragten Branchenorganisationen für den Import und die Verteilung von Rohstoffen und Lebensmitteln (siehe Kapitel 5.3), war die amtliche Wirt- schaftskontrolle ausserhalb der Rüstungsindustrie stärker. Ambivalent gestaltete sich die Regulierung des Arbeitsmarkts, wo zwar Arbeiterrechte teilweise ausser Kraft gesetzt wurden, dagegen die freie Stellenwahl erhalten blieb.19 Wie im französischen Fall bestand auch in der Rüstungspolitik Grossbri- tanniens ein wesentlicher Einfluss von Unternehmern und Wirtschaftsexper- ten, die in der staatlichen Administration die leitenden Posten besetzen konn- ten. Durch das umfassende Regelwerk der «Defence of the Realm Acts» und die Kompetenzen des als Antwort auf die «shell crisis» geschaffenen Ministry of Munitions war die staatliche Intervention hier direkter als beim Verbündeten auf dem Kontinent. Jedoch erstreckten sich die Vorschriften erst in den letzten bei- den Kriegsjahren auch auf die zivile Produktion von Waren und Lebensmitteln. Die britische Wirtschaftsordnung, die vor 1914 eine ausgesprochen liberale war, bewegte sich dennoch in Richtung eines «welfare state» und die Rüstungspoli- tik von Premierminister David Lloyd George regte gleichzeitig die Entstehung neuer und die Modernisierung der bestehenden Unternehmen an.20 Stark auf die Expertise aus der Privatwirtschaft stützten sich schliesslich auch die USA, denen es beim Kriegseintritt im Vergleich zu den europäischen Kriegführenden an Per- sonal, Erfahrung, aber aufgrund ihres enormen ökonomischen Potenzials auch an Dringlichkeit fehlte. Nichtsdestotrotz versuchte sich auch die Regierung in Washington an einer kriegswirtschaftlichen Steuerung, die angesichts des starken US-Föderalismus und der Eigeninteressen der Industrie besonderen Hindernis- sen gegenüberstand. Auf der Grundlage verschiedener Ermächtigungsgesetze, beispielsweise des im August 1917 beschlossenen «Food and Fuel Control Act», nahmen neu geschaffene Behörden wie die vom späteren Präsidenten Herbert Hoover geleitete United States Food Administration oder das wenig durchset- zungsstarke War Industries Board Materialbeschaffung, Verstaatlichungen, Ar- beitskonflikte, Preisbegrenzungen sowie Handels- und Produktionskontrollen in Angriff.21 So beträchtlich die Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten bei genaue- rer Betrachtung waren. Mit dem Ziel, der Kriegführung immer mehr Waffen, Munition, Ausrüstung und Soldaten zur Verfügung zu stellen, baute die Rüs- tungspolitik von Entente und Zentralmächten allmählich ganze «Nationen und zurückzurück 172

ihre Volkswirtschaften in gigantische Kriegsmaschinen» um.22 Dabei veränderten sich nicht nur deren ökonomische Strukturen, auch ihre staatlichen Verwaltun- gen wurden einem grundlegenden Wandel unterzogen. Zentralisierung, Regu- lierungsversuche und ein Wachstum der Behörden fanden unter verschiedenen Vorzeichen in allen am Krieg beteiligten Ländern statt. Die Exekutive Gross- britanniens verfügte bei Kriegsende über zwölf neu geschaffene Ministerien, wor unter das Ministry of Munitions zum «global größten Käufer und Verkäufer kriegsrelevanter Güter» geworden war.23 In Frankreich hatte sich die Zahl der Staatsangestellten um ein Viertel erhöht und im Deutschen Reich entwickelte sich zur Bewältigung der Rüstungsaufgaben ein verästeltes System verschiedener Verwaltungsstellen, Abteilungen und Ämter. Eine 1921 im Auftrag des Reichs- tags durchgeführte Erhebung zählte insgesamt 196 vor allem im Zuge des «Hin- denburg-Programms» gebildete kriegswirtschaftliche Organisationen mit rund 33 000 Angestellten. Mit dieser institutionellen Entwicklung korrespondierend wurden auf der Grundlage des bei Kriegsausbruch verabschiedeten «Ermächti- gungsgesetzes» und des militärischen Belagerungszustands (siehe Kapitel 3.2) im Kriegsverlauf fast 1600 Gesetze und Verordnungen erlassen.24 Die Kehrseite dieser Expansion von Bürokratie und Rüstungsproduktion war eine massive Schrumpfung der «Friedensindustrien» und ein durch Versor- gungsengpässe oder staatlichen Zwang bewirkter Rückgang des privaten Kon- sums.25 In den meisten Staaten nahm mit der Konzentration auf die Herstellung von Kriegsmaterial die Gesamtproduktion von Industrie und Landwirtschaft im Kriegsverlauf stark ab, während die Preise für deren Erzeugnisse anstiegen. Um die Versorgung der «Heimatfront» dennoch sicherzustellen, musste das abneh- mende Warenangebot möglichst effizient bewirtschaftet werden. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr machten sich deshalb Einschränkungen des zivilen Le- bens spürbar. Rationierungen, Vorschriften zur Reduktion des Verbrauchs, neue Steuern, Ersatzprodukte, Enteignungen sowie Arbeits- und Militärdienstpflicht waren Erscheinungen staatlicher Intervention, mit denen die Bevölkerung in kriegführenden ebenso wie in neutralen Staaten konfrontiert wurde.26 Aufgrund der schlechteren Versorgungslage – und weil die Behörden zur Verwirklichung ihrer Kriegsziele dem Armeebedarf und den Industrieinteressen schon früh einen Vorrang einräumten – traf diese Entwicklung die Zentralmächte und Russland weitaus stärker als Frankreich, Grossbritannien oder die USA. Trotz staatlicher Steuerungsversuche und bürokratischen Zwangs führten die Belastungen und Ungleichheiten der kriegsbedingten «Mangelwirtschaft» in den Monarchien Mit- tel- und Osteuropas zur Verelendung breiter Bevölkerungsteile, zum zeitweili- gen Stillstand des Distributionsprozesses, zu tiefen gesellschaftlichen Spaltungen und spätestens seit Anfang 1917 zu einer folgenschweren Erosion der staatlichen Autorität.27 Auf die Schweiz im Ausnahmezustand hatte diese Entwicklung eine direkte und eine indirekte Auswirkung. Erstens verschärfte sich ihre ökonomische Situa- tion durch sinkende Einfuhrmengen und restriktivere Handelsvorschriften in 173 zurückzurück der dritten Phase noch einmal deutlich.28 Da auf dem Kontinent Rohstoffe und Lebensmittel immer mehr für die militärischen Anstrengungen verwendet wur- den und die kriegführenden Staaten zudem das Korsett der Exportbeschränkun- gen weiter zuschnürten, musste sich das Land weltweit auf die Suche nach neuen Handelspartnern begeben. Überseestaaten wie Argentinien, Niederländisch- Indien oder Japan erhielten für die Schweizer Wirtschaft ein völlig neues Ge- wicht. Die Vereinigten Staaten, aus denen seit 1916 der grösste Teil des zwischen Genfer- und Bodensee verbrauchten Getreides stammte, wurden im Kriegsver- lauf nicht nur zur grössten Volkswirtschaft der Welt, sondern zeitweise auch zum wichtigsten Handelspartner der Schweiz.29 Es ist deshalb wenig erstaunlich, dass der Kriegseintritt der USA, mit dem Washington gegenüber den verbliebenen Neutralen eine schärfere handelspoli- tische Gangart einschlug und sich dem Blockadesystem der Entente annäherte, sowie der Seekrieg der deutschen Marine die auf den globalen Warenverkehr angewiesene Schweiz vor enorme Probleme stellte. Aussenpolitisch begeg- nete das neutrale Land diesen Herausforderungen mit einem ausgesprochenen Kurswechsel.30 Nach einer richtungsweisenden Umbesetzung in der Leitung des Politischen Departements (siehe Kapitel 5.3) begann der Bundesrat im Sommer 1917 eine «transatlantische Ausrichtung der Schweizer Aussenpolitik», deren sichtbarste Zeichen die Entsendung des Winterthurer Industriellen Hans Sul- zer als neuen Botschafter nach Washington und die gleichzeitige Tour einer um Verständnis für die schwierige Lage des Kleinstaats werbenden «Swiss Mission» durch die Vereinigten Staaten war.31 Mit Blick auf eine Welt nach dem «Grossen Krieg» und unter beträchtlichem aussenwirtschaftlichem und innenpolitischem Druck näherte sich die Schweiz der Entente an und ging gegenüber dem immer aggressiver auftretenden Deutschen Reich allmählich auf Distanz. Zweitens kam es seit dem Frühjahr 1917 zu einem massiven Ausbau der notrechtlichen Steuerungs- und Kontrollvorhaben. Wenn auch die Regulierung der schweizerischen Kriegswirtschaft im Rahmen des Vollmachtenregimes zu keinem Zeitpunkt die Ausmasse annahm, wie sie beispielsweise in der milita- ristischen deutschen «Zwangswirtschaft» oder in der Regierung Lloyd George herrschten, folgte der Bundesrat nun doch unübersehbar den im kriegführen- den Ausland vorhandenen Tendenzen zu einer «totalisierten» administrativen Erfassung, Planung und Überwachung der Ökonomie in Kooperation mit der Privatwirtschaft.32 Zahl und Ziele der Noterlasse in der dritten Phase des Unter- suchungszeitraums geben Hinweise darauf, dass mit der Absicht einer «totalen Mobilisierung» und einer «totalen Kontrolle» einzelner Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft zwei konstitutive Charakteristika des «totalen Kriegs» ansatz- weise auch in der Schweiz vorhanden war.33 In rein quantitativer Hinsicht waren die 16 Monate der dritten Phase vom Juli 1917 bis zum Oktober 1918 jene mit dem grössten Aufkommen an Noterlassen des gesamten Untersuchungszeitraums. Vor allem auf dem Gebiet der Lebensmittelversorgung «jagte eine Kriegsmass- nahme die andere», was auch damit zusammenhing, dass die 1917 eingeführten zurückzurück 174

Methoden kriegswirtschaftlicher Steuerung wie die Rationierung eine Vielzahl unvorhergesehener Schwierigkeiten nach sich zogen, auf die wiederum mit kor- rigierenden Noterlassen reagiert werden musste.34 Pro Monat setzten Bundesrat und Departemente nun im Durchschnitt mehr als 40 Noterlasse in Kraft – in den beiden vorangegangenen Phasen waren es noch halb so viele gewesen. Im Kontext dieser allgemeinen Zunahme unterlag die Notrechtsetzung erneut star- ken Schwankungen und erreichte schliesslich am Vorabend des Landesstreiks das höchste Ausmass während des gesamten Ausnahmezustands (Grafik 10). In keinem Monat wurden mehr Noterlasse in Kraft gesetzt als im Oktober 1918 (58), elf davon allein am 29. Oktober. Ein Anstieg, der sich auch im Umfang der «Amtlichen Sammlung» niederschlug. Die Gesetzsammlung umfasste ab 1918 eine mehr als doppelt so hohe Seitenzahl wie noch 1915. Wird die Verteilung der insgesamt 676 Noterlasse der dritten Phase inner- halb der Bundesverwaltung betrachtet, zeigt sich rasch eine Kontinuität der seit 1916 vorhandenen Tendenzen. Wie Grafik 10 zeigt, lag nun die Hälfte aller Er- lasse im Zuständigkeitsbereich des EVD, das SMD verantwortete gerade noch knapp 25, das Politische Departement weniger als ein Prozent der Vollmach- tenpolitik. Mit dem Eidgenössischen Ernährungsamt (EEA) entstand zudem im September 1918 eine direkt dem Bundesrat unterstellte Spezialbehörde, die alle bestehenden und zukünftigen Vorschriften zu Produktion, Beschaffung und Verteilung von Lebensmitteln auf sich vereinte. Ein «achtes Departement», das die bislang von SMD und EVD getrennt gehandhabten Kompetenzen in der Er- nährungspolitik übernahm (siehe Kapitel 6.1).35 Noch stärker als in den Jahren zuvor war notrechtliche Politik jetzt also Wirtschaftspolitik. Ein Drittel aller ab Juli 1917 beschlossenen Noterlasse befasste sich mit der Lebensmittelversor- gung, rund 20 Prozent mit Ausgangsprodukten für Industrie und Gewerbe so- wie 12 Prozent mit Energieträgern wie Kohle, Gas oder Benzin. In der Summe machten die verschiedenen Massnahmen zur Bewältigung der durch den Krieg hervorgerufenen Wirtschaftslage mehr als 80 Prozent aller Noterlasse der dritten Phase aus, wohingegen nur noch rund 10 Prozent auf militärische Angelegenhei- ten entfielen.36 Angesichts dieses Übergewichts der wirtschaftspolitischen Notrechtset- zung ab 1917 lohnt sich an dieser Stelle ein zusammenfassender Blick auf die Ge- biete der schweizerischen Wirtschaft, in welchen die Exekutive ihre Vollmach- ten einsetzte. Von den insgesamt 1612 Noterlassen des Untersuchungszeitraums dienten 1269 (oder 79 Prozent) der wirtschaftlichen Regulierung. Fast genau die Hälfte davon entfiel auf nur zwölf Sachbereiche (Tab. 3). Während die Zahl neuer Ausfuhrverbote ab 1915 allmählich abnahm, wuchs die Menge an Vorschriften zur Brot-, Fleisch- und Milchversorgung sowie zur Bewirtschaftung verschie- dener Rohstoffe bis 1917 stark an. Mit Ausnahme der Noterlasse im Bereich der Textil- und Lederindustrie sowie der verschiedenen «Nothilfe»-Aktionen (siehe Kapitel 6.1) ging die Zahl der Erlasse in diesen zwölf Bereichen aber bereits im folgenden Jahr wieder leicht zurück. Dass 1918 dennoch zum Jahr mit den meis- 175 zurückzurück

Grafik 10: Neue Noterlasse zwischen dem 1. Juli 1917 und dem 31. Oktober 1918 nach Monaten 70

60

50

40

30

20

10

0

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

ten Noterlassen wurde (siehe Grafik 18), erklärt sich durch die Ausweitung der staatlichen Intervention auf andere, bislang nicht betroffene Branchen. Zielte die notrechtliche Regulierung in den ersten Kriegsjahren auf noch relativ wenige Teile der Wirtschaft, erstreckte sich der Vorschriftenkatalog des Vollmachten- regimes bei Kriegsende auf 49 verschiedene Warengruppen (Tab. 4).37 In die- sem Zusammenhang erliess die Bundesverwaltung bis Ende 1918 insgesamt 242 Höchstpreisverfügungen für 72 Produktkategorien. Drei Dutzend verschiedene Waren wurden im Kriegsverlauf landesweit beschlagnahmt (siehe Kapitel 4.2).38 Mit seinen trotz Papiermangel39 immer umfangreicheren und immer mehr Regeln enthaltenden Noterlassen entwickelte sich das Vollmachtenregime in den letzten beiden Kriegsjahren zu einem dichten Geflecht von Verboten und Geboten, von Bewilligungs-, Dokumentations- und Gebührenpflichten, von Ausnahmebestimmungen, amtlichen Kontrollkompetenzen, Strafandrohungen und bürokratischen Formalitäten. Mit einer bemerkenswerten Eigendynamik drang das notrechtliche Gesetzeswerk – ständig geändert, zigfach ergänzt und auf verschiedenste Institutionen verteilt – in immer mehr Bereiche vor, in denen der Staat vor dem Ersten Weltkrieg keine Anstrengungen zur Regulierung unter- nommen hatte. Bezirksrichter Fritz Baer, der während der Kriegszeit einen der wenigen Versuche unternahm, Ordnung ins juristische Gewirr des Vollmachten- zurückzurück 176

Tab. 3: Neue Noterlasse in den zwölf mengenmässig grössten wirtschaftlichen Sachbereichen

Sachbereich 1914 1915 1916 1917 1918 1919 Brot, Mehl und Getreide 11 13 11 37 31 9 Milchprodukte 1 3 18 25 20 4 Textilien 1 8 11 33 5 Ausfuhrverbot 10 18 12 9 3 Kohle 31 16 5 Nothilfe 2 4 16 26 4 Holz 1 4 17 19 7 Metall 6 19 12 8 Leder 5 10 7 14 5 Tierfutter 8 17 11 2 Fleisch 2 5 4 10 9 7 Kartoffeln 10 14 9 3 Noterlasse insgesamt 25 47 95 213 203 59

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

regimes zu bringen, stellte 1918 sichtlich resigniert fest: «Nicht nur für die Ge- werbetreibenden, den Kaufmann, auch für die Behörden wird das ins ungeahnte wachsende Kriegsverordnungsrecht nachgerade immer unübersichtlicher, kom- plizierter; es gibt kaum noch Gebiete der Volkswirtschaft, die nicht in einer oder verschiedenen Richtungen durch Kriegsverordnungen beherrscht werden.»40 Die dadurch entstandene Rechtsunsicherheit fasste Walther Burckhardt knapp zu- sammen: «So viel Worte, so viel Zweifel.»41 Was die beiden Juristen allerdings un- erwähnt liessen: Zumindest die in den grossen Verbänden organisierten oder vom Bundesrat direkt mit der Regulierung beauftragten Teile der Privatwirtschaft be- sassen in diesem neuen System durch ihre Mitwirkung bei der Ausarbeitung wie auch bei der Umsetzung der Massnahmen eine beträchtliche Gestaltungs- und Entscheidungsmacht. Wie die von verschiedener Seite beklagte Ausbreitung des «Kriegsverord- nungsrechts» im konkreten Einzelfall aussah, lässt sich exemplarisch anhand einer Reihe von Beschlüssen und Verfügungen illustrieren, die das Volkswirt- schaftsdepartement 1918 im Bereich der Versorgung mit dem «wichtigsten tex- tilen Rohstoff [und] ausgesprochensten Welthandelsartikel» in die Wege leitete: der Baumwolle.42 Obwohl oder gerade weil sie nur wenige Wochen vor dem Waffenstillstand von Compiègne in Kraft traten, waren diese Massnahmen in Bezug auf Inhalt und Form, aber auch hinsichtlich ihrer notrechtlichen Vor- geschichte im Kriegsverlauf für die vielen wirtschaftlichen Noterlasse in der 177 zurückzurück

Tab. 4: Regulierung von Warengruppen durch Noterlasse (ausgenommen Ausfuhrverbote), 30. Juli 1914 bis 23. Mai 1919

Datum des ersten Verantwortliches Warenkategorie Noterlasses Departement Art der Intervention

Fleisch 8. August 1914 EVD Produktionsvorschriften Stroh 21. August 1914 SMD Beschlagnahmung Alkohol und Spirituosen 27. August 1914 FZD Handelskontrolle Brot, Mehl und Getreide 27. August 1914 SMD Produktionsvorschriften Pferde 5. Dezember 1914 SMD Handelsvorschriften Mais 9. März 1915 SMD Verkaufspreise Leder, Pelze und Tierhäute 26. März 1915 EVD Handelsvorschriften Teigwaren 18. Juni 1915 SMD Höchstpreise Reis 2. Oktober 1915 SMD Einfuhrmonopol Milchprodukte 9. November 1915 EVD Produktionsvorschriften Textilien 27. November 1915 EPD Bestandesaufnahme Zucker 27. November 1915 SMD Höchstpreise Erdölprodukte 12. Februar 1916 EVD Konzessionierung Edelmetalle 13. März 1916 FZD Konzessionierung Gummi 13. März 1916 SMD Verkaufsverbot Medikamente 14. April 1916 EVD Handelskontrolle Metalle 19. April 1916 EPD Zentralstelle Chemikalien 20. Mai 1916 EPD Zentralstelle Kartoffeln 3. Juni 1916 EVD Höchstpreise Leinsamen 8. Juni 1916 EPD Beschlagnahmung Papier 10. Juni 1916 EPD Handelskontrolle Landwirt. Produktionsmittel 21. Juli 1916 EVD Einfuhrmonopol Tierfutter 11. August 1916 EVD Einfuhrkontrolle Obst 6. Oktober 1916 EVD Handelskontrolle Kaffee 13. Oktober 1916 EVD Bestandesaufnahme Hanfsamen 13. Oktober 1916 EVD Bestandesaufnahme Holz 17. Oktober 1916 EDI Kontingentierung Tee 13. Dezember 1916 EVD Bestandesaufnahme Teer 5. Januar 1917 EPD Beschlagnahmung Kohle 22. Januar 1917 EPD Bestandesaufnahme Gas 23. Januar 1917 EPD Sparvorschriften Monopolwaren 2. Februar 1917 SMD Kontingentierung Tabak 29. März 1917 EVD Produktionsvorschriften Brieftauben 28. April 1917 SMD Produktionsvorschriften Torf 24. Mai 1917 EVD Produktionsvorschriften Pfeffer 30. Mai 1917 EVD Bestandesaufnahme Fisch 13. Juli 1917 EDI Handelsvorschriften Elektrizität 21. August 1917 EVD Sparvorschriften Maschinen 18. Oktober 1917 EVD Bestandesaufnahme Speisefett und -öl 15. Januar 1918 EVD Handelskontrolle Bodenschätze 18. Januar 1918 EVD Produktionskontrolle Knochen 8. März 1918 EVD Handelskontrolle Farbstoffe 11. März 1918 EVD Handelskontrolle Ersatzlebensmittel 24. Juni 1918 EVD Handelskontrolle Haushaltsabfälle 25. Juni 1918 EVD Produktionsvorschriften Bienenhonig 2. Juli 1918 EVD Handelsvorschriften Gemüse 21. August 1918 EVD Handelskontrolle Immobilien 23. September 1918 EVD Veräusserungsverbot Waschmittel 18. Oktober 1918 EVD Handelskontrolle

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143. zurückzurück 178

dritten Phase des Untersuchungszeitraums typisch. Wie in Tabelle 4 ersichtlich, hatte der Bundesrat seine Vollmachten bereits Ende 1915 erstmals auf dem Ge- biet der Textilindustrie eingesetzt, nämlich mit einer Anweisung des EPD zur Bestandsaufnahme aller Baumwollvorräte in der Schweiz. Dieser Massnahme waren Verhandlungen zwischen Bund, SHIV, Händlern und Spinnereien voraus- gegangen, mit denen eine geordnete Versorgung der Textilindustrie sichergestellt werden sollte.43 Auf Initiative der Textilfabrikanten erfolgte im darauffolgenden Herbst 1916 die Gründung einer Zentralstelle44 in Zürich, die unter der Leitung einer vom EPD ernannten Kommission, bestehend aus einem «an Geschäften der Textilbranche unbeteiligten» Experten sowie mehreren Vertretern von Textil- industrie und Handel, die «Regelung des Verkehrs» mit Baumwolle und allen dar aus hergestellten Produkten in Angriff nehmen sollte. Das Aussendeparte- ment wurde zudem generell ermächtigt, nach Rücksprache mit der Zentralstelle Vorschriften auf dem Gebiet der Versorgung mit Baumwolle zu erlassen.45 Es tat dies im Februar 1917 mit dem Erlass von Höchstpreisen, welche die Kom- mission der nun Schweizerische Baumwollzentrale (SBZ) genannten Zentral- stelle aus gearbeitet hatte. Der Handel mit Baumwolle ohne eine Bewilligung der SBZ sowie die Einfuhr oder Herstellung von Baumwollprodukten «zum Zwe- cke spekulativer Einlagerung» wurden nun verboten.46 Damit war die SBZ eine der ersten der für die Regulierung der Kriegswirtschaft später zahlreichen und charakteristischen Zentralstellen (siehe Kapitel 5.3). Im Unterschied zur Zen- tralstelle für die Kartoffelversorgung des EVD oder auch zur Baumwollzentrale AG Österreich-Ungarns handelte es sich bei der SBZ allerdings nicht um eine staatliche Beschaffungsbehörde, sondern um eine halbamtliche Organisation für die Umsetzung und Überwachung der Noterlasse des EPD sowie zur Koordina- tion und zum Interessenausgleich zwischen Handel und Industrie.47 Nach den Bestimmungen des EPD unterstand die Zentralstelle in dieser Funktion zwar der Regierungsaufsicht, «da der Bundesrat jedoch die Anträge der Baumwollkom- mission übernahm, bestimmten die Unternehmerverbände […] die staatliche Branchenpolitik» in wesentlichem Masse.48 Im Sommer 1917 ging die Zuständigkeit für Textilien zusammen mit der Handelsabteilung vom Politischen Departement ans EVD über, welches an- schliessend eine erneute Bestandsaufnahme verschiedener Baumwollprodukte sowie eine stärkere Kontrolle des Handels mit diesen Erzeugnissen anordnete. Ansonsten wurden an den notrechtlichen Rahmenbedingungen der Branche zu- nächst noch keine wesentlichen Änderungen vorgenommen.49 Anfang Oktober 1918 – sowohl der Import von Rohbaumwolle als auch der Export von Texti- lien war bis zum Abschluss eines neuen Handelsabkommens mit der Entente im Frühjahr praktisch zum Erliegen gekommen – sah das Volkswirtschaftsdeparte- ment dann aber den Zeitpunkt für eine grundlegende Umgestaltung der Regulie- rung auf dem Baumwollmarkt gekommen.50 Wie bei allen notrechtlichen Regierungsbeschlüssen üblich, begann auch der «Bundesratsbeschluss betreffend Baumwollversorgung des Landes» vom 4. Ok- 179 zurückzurück tober 1918 mit dem einleitenden Satz: «Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf den Bundesbeschluss vom 3. August 1914 betreffend Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität, beschliesst […].»51 Danach folgten die einzelnen Bestimmungen: Mit dem Ziel der «Sicherstellung des Inlandsbedarfs» an Baumwollprodukten ermächtigte zunächst Artikel 1 das EVD zum Erlass aller «erforderlichen Anordnungen», insbesondere von Vor- schriften für den Handel und die Industrie. Als Massnahme gegen den Mangel an Kohle und zur Begrenzung des Materialverbrauchs konnte das Departement zudem «Betriebseinschränkungen» in den Textilfabriken verfügen (siehe Kapi- tel 5.2). Die Artikel 2–4 unterzogen die SBZ einer Neuordnung. Bislang relativ autonom agierend, wurde sie nun ganz in die Abteilung für industrielle Kriegs- wirtschaft (AIK, siehe Kapitel 5.3) integriert.52 Das EVD schrieb dazu im Neu- tralitätsbericht: «Bei der schwierigen Lage des schweizerischen Baumwollmarktes, welche Betriebseinschränkungen, Fabrikationsvorschriften, Bestandesaufnahmen und Beschlagnahmen in immer grösserm Umfange notwendig macht, hat sich der halbamtliche Charakter der Baumwollzentrale zur Durchführung dieser Massnahmen als ungeeignet erwiesen. Die interessierten Kreise ver- langten eine straffere Organisation der Baumwollzentrale, und vom Stand- punkt des Departementes aus war eine organisatorisch nähere Heranzie- hung dringend wünschenswert.»53 Mit den folgenden Artikeln 5 und 6 erklärte der Bundesrat alle bestehenden «Verträge oder Abmachungen», die seinem Beschluss oder den darauf gestützten Departementsverfügungen widersprachen, für «nichtig».54 Welche Sanktionen bei Verstössen gegen diese Verfügungen vorgesehen waren, wurde gleich an- schliessend festgelegt. Bei vorsätzlichen «Widerhandlungen» drohte eine Geld- busse bis zu 20 000 Franken, eine Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten und, falls eine Missachtung der Höchstpreise vorlag, die Konfiskation der betreffenden Waren. Bei Fahrlässigkeit betrug die Busse maximal 5000 Franken.55 «Verfolgung und Beurteilung» der Verstösse waren primär Aufgabe der kantonalen Gerichte, das EVD erhielt allerdings die Befugnis, Geldbussen sowie Konfiskationen auch selbständig und – was später vom Staatsrechtsprofessor Fritz Fleiner als beson- ders stossend empfunden wurde – «endgültig» zu verhängen.56 Das Departement konnte schliesslich alle seine durch den Beschluss erhaltenen Kompetenzen an die AIK oder die weiterhin in Zürich ansässige SBZ übertragen. Das EVD tat dies mit einer noch am selben Tag erlassenen Verfügung betref- fend eine neue «Organisation der Baumwollzentrale».57 Deren Kommission, in der nun Beamte des Departements ebenso wie Vertreter der «an der Baumwoll- industrie interessierten Fabrikanten- und Handelskreise» sassen, hatte fortan nur noch beratende Funktion. Den Vorsitz des Gremiums übernahm der Inge- nieur Heinrich Wagner, Chef der AIK, Mitglied der SSS und Direktor des Zür- cher Elektrizitätswerks (siehe Kapitel 5.3).58 Die SBZ selbst erhielt den Auftrag, dem EVD neue Höchstpreise, Bestandsaufnahmen, Beschlagnahmungen oder zurückzurück 180

Handelsvorschriften vorzuschlagen, und war ebenso für deren Umsetzung und Überwachung, insbesondere was den Import und Export von Baumwollproduk- ten anging, verantwortlich. Finanziert aus Gebühren für die ausgestellten Han- delskonzessionen, wurde die Zentralstelle schliesslich ermächtigt, Inspektionen bei Industrie und Handel durchzuführen und dabei falls nötig die Hilfe der kan- tonalen Polizeibehörden in Anspruch zu nehmen. Rechtsstreitigkeiten, die im Zuge der Umsetzung der neuen Erlasse ent- standen, sollten durch ein spezielles Schiedsgericht entschieden werden, dessen Entscheide «einem rechtskräftigen Urteil des Bundesgerichtes gleichgestellt» waren.59 Letzteres galt im Übrigen auch für die im vorangegangenen Regierungs- beschluss festgelegten Strafbefugnisse des EVD, die seit Mai 1918 eine vom Bun- desrat gewählte Strafkommission des Departements ausübte.60 Neben genaueren Vorschriften zum Ablauf der Konzessionierung und zur Kontrolle des Handels durch die SBZ folgten bis Ende November 1918 noch neue Höchstpreise sowie letzte Bestandsaufnahmen.61 Dieser Ausbau der notrechtlichen Regulierung des Baumwollhandels war allerdings nur von kurzer Dauer. Nachdem die meisten Vorschriften schon in den Monaten nach dem Waffenstillstand wieder aufgeho- ben werden konnten und nur noch wenige Massnahmen für den geregelten «Ab- bau von der Kriegswirtschaft zur Friedenswirtschaft» aufrechterhalten blieben, stellte die Baumwollzentrale ihre Tätigkeit im Sommer 1919 ein.62

5.2 Rationieren, sparen, steigern – neue Methoden der Kriegswirtschaft ab 1917

Die zahlenmässige Zunahme der Notrechtsetzung ab dem Sommer 1917 hing nicht nur mit der Ausweitung der notrechtlichen Massnahmen auf neue Wirt- schaftsbereiche zusammen, sondern ebenso mit der überaus grossen Menge an Erlassen, welche die bereits bestehenden Regulierungsvorhaben an die ökono- mische Lage anzupassen versuchten. Hierbei handelte es sich also nicht um neue staatliche Interventionen, sondern um Erlasse, mit denen die Departemente be- stehende Vorschriften wie Höchstpreise oder Ausfuhrverbote im Abstand von zum Teil nur wenigen Wochen an die sich rasch verändernden wirtschaftlichen Bedingungen der letzten Kriegsjahre anpassten.63 Immer häufiger ging die Ver- waltung so wie im geschilderten Fall der Baumwolle vor, dass sie kurz nach ei- nem grundlegenden Bundesratsbeschluss eine oder gleich mehrere ausführliche Departementsverfügungen sowie ein Schreiben an die Kantone mit allgemeinen Erläuterungen erliess.64 Dagegen wird in der quantitativen Perspektive weniger gut sichtbar, dass der Bundesrat, gestützt auf seine Vollmachten, 1917 auch neue wirtschaftspolitische Wege einschlug. Drei Bündel von notrechtlichen Massnah- men, die mit der Verwaltung der Mangelwirtschaft in der zweiten Kriegshälfte zusammenhingen, stechen dabei besonders hervor: die Rationierung von Roh- stoffen und Nahrungsmitteln, die Versuche zur Reduktion des Verbrauchs dieser 181 zurückzurück

Waren durch Sparvorschriften sowie diejenigen Noterlasse, die sich unter dem weiten Begriff «Hebung» der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion innerhalb der Schweiz einordnen lassen.65 Rationierung, also die «Beschränkung des Produzenten, Händlers oder Konsumenten auf eine bestimmte ihm zuzuteilende Menge eines bestimmten Gutes», war eine Erfahrung, die früher oder später in allen Ländern gemacht wurde, in denen durch die ökonomischen Verwerfungen des Weltkriegs eine Knappheit von Gütern auftrat.66 Für die Bevölkerung in den kriegführenden wie in den neutralen Staaten bedeutete sie, dass Waren des täglichen Bedarfs wie Milch oder Brennholz nur noch in begrenzten Mengen und gegen die Abgabe von behördlich zugeteilten Marken oder Karten erhältlich waren. Aus der Sicht des Staats war diese Beschränkung des Konsums ein radikales, jedoch notwen- diges Instrument, um das schrumpfende Warenangebot erfassen und bedarfs- gerecht auf die Verbraucher verteilen zu können. Der Markt, in dem sich Preise und Mengen bislang aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage er- geben hatten, wurde damit unter eine obrigkeitliche Zwangsverwaltung gestellt, die mannigfache ökonomische und soziale Nebenwirkungen nach sich zog.67 Während Österreich-Ungarn, Russland und das Deutsche Reich bereits 1915 mit der Rationierung einzelner Verbrauchsgüter begannen, befassten sich die Schweizer Bundesbehörden erst seit dem Winter 1916/17 mit Massnahmen zur staatlichen Bewirtschaftung von Waren.68 Die Erfahrungen der Nachbar- staaten mit der Rationierung waren zwar etwa vom Oberkriegskommissariat «ohne Unterbruch» verfolgt und die betreffenden Vorschriften aus dem Aus- land beschafft worden – ausserdem tauchten schon im zweiten Kriegsjahr in der Presse vereinzelte Empfehlungen zu deren Nachahmung auf –, aber der Bundes- rat lehnte ein solches Vorgehen beharrlich ab.69 In seiner Antwort auf ein 1916 in der Herbstsession des Ständerats eingereichtes Postulat zur Verbesserung der Kartoffel- und Fleischversorgung erklärte Edmund Schulthess, dem Bund fehl- ten die Mittel zu einer Erfassung, Beschlagnahmung und Verteilung der Ernte nach deutschem Vorbild und er wolle ausserdem den seit Kriegsausbruch durch Höchstpreise und Handelsvorschriften bereits stark eingeschränkten Hand- lungsspielraum der Landwirtschaft nicht noch weiter antasten: «Der unmit- telbare Verkehr zwischen Verbrauchern und Produzenten bleibt frei. […] Wir müssen uns in unserm kleinen Lande damit abfinden, dass man sich gewissen Gesetzen des Wirtschaftslebens nicht entziehen kann, und dass man auch einige Unannehmlichkeiten auf sich nehmen muss.»70 Unter dem Eindruck der Versorgungsprobleme, die sich nach der Wieder- aufnahme des U-Boot-Kriegs und der geringen Ernte des Vorjahres ankündigten, begann der Bundesrat im Februar 1917 von dieser Position langsam abzurücken.71 Zunächst beschränkte er sich auf abgeschwächte Formen der Rationierung, wie sie auch in Grossbritannien oder den Vereinigten Staaten von Amerika zum Ein- satz kamen.72 Sie umfassten unter anderem die in Kapitel 4.2 erwähnten «fleisch- losen Tage», das auf einen Vorschlag der Neutralitätskommission zurückgehende, zurückzurück 182

aber nach Ansicht des OKK nicht besonders wirksame Verbot des Verkaufs von frisch gebackenem Brot, einen Beschluss gegen das Anhäufen von Lebensmittel- vorräten, neue Vorschriften zur Verwendung von Getreide sowie Flugschriften und Kurse mit Ratschlägen zum sparsamen Umgang mit Nahrungsmitteln im Haushalt.73 Die «Erzielung einer gleichmässigen Verteilung» von Lebensmitteln überliess der Bundesrat vorerst den Kantonsbehörden.74 Anfang Februar 1917 erteilte er diesen den Auftrag, die durch Einfuhrmonopole bereits der staat- lichen Kontrolle unterliegenden «Monopolwaren» Zucker und Reis selbst an die Konsumenten abzugeben. Bis Januar 1918 weitete das SMD diesen Beschluss auf Mais, Teigwaren, Hafer- und Gerstenprodukte aus.75 Alle bestehenden Vorräte dieser Nahrungsmittel wurden beschlagnahmt und vom OKK in monatlichen Kontingenten unter Berücksichtigung der «besonderen Lebensverhältnisse der verschiedenen Landesgegenden» direkt auf die Kantone verteilt.76 In welcher Form sich der Weiterverkauf gestaltete und auf welche Methoden sie dabei zu- rückgriffen, war den lokalen Verwaltungen freigestellt – sie mussten ihre Mass- nahmen lediglich vom Bund genehmigen lassen und durften die kontingentierten Waren nur an bestimmte Konsumenten liefern. Eine vergleichbare Verteilung nach Ermessen der Kantone wurde wenig später auch für die Milch beschlos- sen.77 Trotz Versorgungsengpässen und Mahnungen des OKK, rasch und einheit- lich vorzugehen, entschied sich der Bundesrat für diese föderalistische Lösung, was nicht zuletzt auf den Widerstand von Produzenten, Konsumentenvertretern und Kantonsbehörden zurückzuführen war. Diese lehnten eine weitergehende Rationierung von Nahrungsmitteln durch den Bund an einer Konferenz im April 1917 noch deutlich ab.78 Ausserhalb der Lebensmittelversorgung kam es dagegen schon einige Mo- nate später, im Juli 1917, zur ersten Verteilung einer Ware auf Bundesebene: zur Rationierung von Treibstoffen für Motorfahrzeuge durch die Warenabteilung des EVD. Der diesbezügliche Erlass machte die Benutzung eines Autos oder Motorboots vom Besitz einer behördlichen Fahrbewilligung abhängig und teilte alle Fahrzeuge gemäss «dem Grade der Wichtigkeit ihrer Verwendung» in vier Kategorien ein, nach denen sich die Ausstattung mit Bezugskarten für Benzin richtete.79 Eine Zuteilung, die dadurch wesentlich erleichtert wurde, dass der Bund durch eine im Herbst 1916 aus militärischen Überlegungen angeordnete «Zählung der Motorfahrzeuge» bereits über Daten zu den in der Schweiz vor- handenen Benzinverbrauchern verfügte.80 Der knappe Treibstoff, dessen Einfuhr bereits seit mehr als einem Jahr dem Einfuhrmonopol des EVD unterlag, sollte in erster Linie «den dringendsten Bedürfnissen der Armee und der Industrie reserviert» bleiben.81 Für die Kategorisierung der einzelnen Fahrzeuge, die Er- teilung von Fahrbewilligungen und die Festsetzung der Rationierungsmengen war die eidgenössische Brennstoffkommission, für die Durchsetzung waren die Kantonsbehörden zuständig.82 Aus Sicht der Bundesverwaltung scheint die kan- tonale Kontrolle der Rationierung allerdings nicht genügend konsequent durch- geführt worden zu sein, denn mit Verweis auf sinkende Benzinimporte ermahnte 183 zurückzurück

Edmund Schulthess die Polizeibehörden im Herbst 1917 noch einmal, den Ge- brauch von Personenwagen stärker zu überwachen sowie Fahrzeughalter, die ihre Rationen für blosse Sonntags- und «Vergnügungsfahrten» missbrauchten, der Warenabteilung zu melden und vom neuen Verteilsystem auszuschliessen.83 «Angesichts der oft vollständig unzureichenden kantonalen Gerichtsurteile we- gen Widerhandlungen» gegen die Bestimmungen zur Treibstoffrationierung übertrug der Bundesrat deren Strafkompetenzen schliesslich direkt dem EVD.84 Die Rationierung des Treibstoffs für Motorfahrzeuge ist nicht nur bemer- kenswert, weil das EVD hierbei erstmals festgelegte Mengen eines Produkts nach ihrer (vermuteten) volkswirtschaftlichen beziehungsweise militärischen Bedeu- tung direkt den verschiedenen Konsumenten zuteilte – die Massnahme ist auch eines der deutlichsten Beispiele, wie sich privatwirtschaftliche Interessen fast un- mittelbar in eine notrechtliche Regulierung übersetzen liessen. Als ab 1916 nur noch ein knappes Viertel der vor dem Krieg importierten Mengen an Benzin und Benzol in die Schweiz gelangte, gleichzeitig aber der Bedarf an Erdölprodukten in Landwirtschaft und Industrie stieg, koordinierten sich die «am Motorwagen- verkehr interessierten Gruppen» zunächst untereinander und traten dann An- fang Juni 1917 direkt mit dem Chef der Warenabteilung Emil Schwarz (siehe Ka- pitel 4.2) in Verbindung.85 Nachdem dieser von einer Auslandsreise mit dem Ziel einer Verbesserung der Benzinzufuhr ergebnislos zurückgekehrt war und das EVD den Erlass eines allgemeinen Autofahrverbots ins Auge fasste, intervenierte die Branche mit Rückendeckung weiterer Verbände erneut bei Schwarz und un- terbreitete der Warenabteilung einen eigenen, «fachmännisch begründeten» Vor- schlag, wie die Verteilung der schwindenden Benzinvorräte «nach praktischen und vor allem nach gerechten Grundsätzen» durchgeführt werden konnte. Der Noterlass, den der Bundesrat dann schon am 14. Juli 1917 beschloss, entsprach in weiten Teilen diesem Entwurf und durch die Besetzung der massgeblichen Brennstoffkommission mit «15 Fachmännern der Automobilbranche» konnten sich die privatwirtschaftlichen Akteure nicht nur rechtlich, sondern auch perso- nell in der Benzinrationierung platzieren.86 Der so zustande gekommene Verteilmechanismus geriet allerdings schon im Herbst 1917 ins Kreuzfeuer der Kritik, namentlich vonseiten des Automobilhan- dels. Die Brennstoffkommission hatte inzwischen die Abgabe an zwei der vier Fahrzeugkategorien gänzlich eingestellt, wodurch «das Personenauto beinahe völlig von der Strasse» verschwand.87 Die zeitweilige Stilllegung des Automo- bilverkehrs war auch aus militärischer Sicht problematisch, da die Armee für die Ausstattung ihres «Motorwagendiensts» auf die privaten Fahrzeugbesitzer an- gewiesen war. Das Armeekommando befürchtete, dass die nicht mehr regelmäs- sig benutzten und deshalb vernachlässigten Wagen im Fall einer Requirierung unbrauchbar sein würden. Laut Generalstabschef Sprecher waren beim Aufgebot zum Landesstreik dann tatsächlich «die wenigsten [Automobile] fahrbereit; die welche kamen, waren meistens nach kurzem Gebrauch ausbesserungsbedürf- tig».88 Die Armee, die ihrerseits Beschwerden wegen schlechten Unterhalts der zurückzurück 184

einberufenen Fahrzeuge ausgesetzt war, versuchte eine Lockerung der Fahrver- bote zu erreichen, indem sie dem EVD Benzin aus eigenen Treibstoffreserven überliess. Was die Rationierung von Getreide betrifft, sprachen sich im Sommer 1917, nachdem der Kriegseintritt der USA zu einem starken Rückgang der Importe und zu schwindenden Vorräten an Brot und Mehl in den Schweizer Städten geführt hatte, die Wirtschafts- und Konsumentenverbände, die Neutralitätskommissio- nen und schliesslich auch das Militärdepartement für die Einführung von Brot- und Mehlkarten durch den Bundesrat aus.89 Auf der Grundlage eines vom OKK ausgearbeiteten Entwurfs, der sich mit einer «strengen Kontingentierung von Kantonen und Gemeinden […] an das nun seit bald drei Jahren in Deutschland erprobte und bewährte System» anlehnte, und «viel weniger in die persönlichen Freiheiten» eingreifenden Vorschlägen einer vom SMD ernannten Kommission unterbreitete das Departement dem Bundesrat einen Beschluss zur Rationierung von Brot und Mehl, dem die Regierung Mitte August 1917 die Genehmigung erteilte.90 Ab dem 1. Oktober 1917 war der Kauf von Brot in der ganzen Schweiz nur noch mit der «eidgenössischen Brotkarte» möglich, die in einem kompli- zierten und nach verschiedenen Bedarfsgruppen gegliederten Bezugssystem vom kurz zuvor als zentrale Koordinationsbehörde geschaffenen Brotamt ausgegeben wurde. Die Normalration belief sich anfänglich auf 250 Gramm Brot pro Tag, wurde allerdings schon im November 1917 auf 225 Gramm gesenkt. Gleichzeitig wurde das notrechtliche Fundament gelegt, um die gesamte Getreideernte der Schweiz und alle vorhandenen Vorräte für die Rationierung zu verwenden.91 Da- mit waren die «Grundzüge der Brotversorgung bis Kriegsende» in einer Weise gelegt, die sich zumindest in Teilaspekten an Ernst Laurs «Mobilmachungsplan» vom August 1914 orientierte (siehe Kapitel 3.4).92 Schrittweise führte der Bundesrat nach diesem Vorbild nun die landesweite Rationierung weiterer Nahrungsmittel ein. Im März 1918 folgten zunächst die Fett- und die Butterkarte, im Sommer dann die Käsekarte sowie die Kartoffel- ration und zuletzt am, 1. November 1918, zehn Tage vor dem Waffenstillstand an der Westfront, die Rationierung durch das eidgenössische Milchamt.93 Parallel kamen weiterhin auch andere Methoden staatlicher Warenverteilung zum Ein- satz, beispielsweise für Hausbrandkohle sowie Zeitungspapier im Herbst 1917, für Kartoffeln im darauffolgenden Dezember und für Petroleum im Mai 1918.94 Dieses Vorgehen führte zu einer Koexistenz unterschiedlichster eidgenössischer, kantonaler und verbandsbasierter Rationierungssysteme, die Überlastungen und Unklarheiten in den mit der Umsetzung betrauten Verwaltungsstrukturen, Verteilkonflikte sowie Divergenzen und Lücken in der regionalen Umsetzung nach sich zogen. Ein Konglomerat von Schwierigkeiten, das auch der Bundes- verwaltung nicht verborgen blieb und wiederum die Entstehung einer Vielzahl neuer Noterlasse anregte.95 Das Eidgenössische Fürsorgeamt schrieb zu diesen Problemen im elften Neutralitätsbericht: «In vielen Gemeinden liegt die schwere Last der gesamten Rationierung, der Durchführung der eidgenössischen Verord- 185 zurückzurück nungen und Verfügungen einem einzelnen oder zwei Beamten ob. Darunter lei- den die Geschäfte. Die Berechtigten beklagen sich; die Bäcker und Milchhändler klagen; die Abrechnungen werden zu spät erstellt. Obschon guter Wille vorhan- den, hält es schwer, die Absichten der Behörden so durchzuführen, wie es sein sollte.»96 Stellte die Rationierung für viele Verbraucher eine Beschränkung ihres bis- herigen Konsums dar, war die Massnahme aus Sicht der staatlichen Behörden vor allem eine Methode, um knapper werdende Ressourcen nach einer gleichsam mathematischen Gerechtigkeit aufzuteilen. Eine andere Gruppe von Noterlassen diente dagegen der Einsparung von Rohstoffen durch Reduzierung des Ver- brauchs. Diese unterschieden sich von den soeben dargestellten Vorschriften vor allem dadurch, dass sie direkt auf die Verwendung in Unternehmen oder Haus- halten und nicht nur auf den Verteilprozess einzuwirken versuchten. Die ersten Noterlasse in diesem Zusammenhang befassten sich mit dem Energieverbrauch, der bei Kriegsausbruch zu rund 80 Prozent aus importierter Kohle bestritten wurde.97 Die Schwierigkeiten bei der Einfuhr dieses Brennstoffs und vor allem die vom Hauptlieferanten Deutschland seit Herbst 1916 in Handels abkommen durchgesetzten Preissteigerungen und Kompensationsleistungen veranlassten den Bundesrat zu verschiedenen Sparmassnahmen in diesem zen tralen Bereich der Energieversorgung.98 Wie schon in Kapitel 4.2 erwähnt, erteilte das PED den mit Dampf betriebenen Eisenbahn- und Schiffsunternehmen im Januar 1917 ei- nen ersten Auftrag, eine Reduktion ihres Kohleverbrauchs vorzunehmen. Ne- ben Fahrplänen mit vermindertem Betrieb verfügte das Departement zu diesem Zweck die Einstellung des Verkaufs von Generalabonnements, ein Verbot von Extrazügen, Erhöhungen der Billettpreise sowie Ende November 1918 ein Ver- bot der Personenbeförderung an Sonntagen.99 Im Zusammenhang mit dem re- duzierten Bahnbetrieb wurde auch die Postverwaltung ermächtigt, Schalteröff- nungszeiten zu reduzieren, die Arbeitsdauer der Briefträger zu begrenzen und «weniger wichtige» Filialen in den Städten vorübergehend ganz zu schliessen.100 Energiepolitisches Gegenstück zu diesen Sparvorschriften war die staatliche För- derung und Koordination der Stromproduktion aus Wasserkraft und die Elek- trifizierung von Industrie, Transport und Haushalt, um deren Abhängigkeit von importierten Brennmaterialien zu reduzieren.101 Versuchte das PED mit diesen Erlassen in erster Linie den Kohleverbrauch der staatseigenen SBB zu vermindern, die in ihren Lokomotiven zwischen 15 und 20 Prozent der in die Schweiz importierten Kohle verbrannten, rückte die Einsparung von Brennmaterialien und Elektrizität in der Privatwirtschaft erst nach der Umstrukturierung der Bundesverwaltung zu Beginn der dritten Phase in den Fokus der Notrechtsetzung (siehe Kapitel 5.3).102 Nachdem er sich trotz angeblich positiver Wirkungen auf den Energieverbrauch in den Nachbarstaaten gegen die erstmalige Einführung einer Sommerzeit entschieden hatte, machte der Bundesrat im August 1917 die Verwendung von Kohle zur «Erzeugung mecha- nischer Arbeit» generell von einer Bewilligung der AIK abhängig und beauftragte zurückzurück 186

die schweizerischen Wasserkraftwerke mit einer Reduktion ihrer Stromabgabe.103 Zudem ermächtigte der vom EVD vorgelegte Beschluss «zur Einschränkung des Verbrauches an Kohlen und elektrischer Energie» die Kantone, zur Senkung des Energieverbrauchs Ladenöffnungszeiten festzusetzen, den Betrieb von Heizun- gen in den Haushalten zu begrenzen, das Angebot warmer Mahlzeiten im Gast- gewerbe einzuschränken sowie die Schliessung «von öffentlichen Lokalen jeder Art», wie etwa Konzertsälen, Kinos oder Badeanstalten, anzuordnen.104 Auf «einmütigen» Wunsch der Kantonsregierungen, die für den kommen- den Winter 1917/18 eine «einheitliche und strikte Durchführung» der neuen Vor- schriften gefordert hatten, und trotz Bedenken aus Gewerbekreisen gegen Spar- massnahmen, die «tiefer als jede andere [Verordnung] ins wirtschaftliche Leben gewisser Kreise eingreifen», regelte das EVD die Angelegenheit schon zwei Mo- nate später auf Bundesebene.105 Gemäss Bundesratsbeschluss vom 10. Oktober 1917 mussten nun sämtliche Läden und Verkaufsstände an Sonntagen geschlos- sen bleiben. Unter der Woche hatten sie sich zusammen mit Büros und Schulen an kürzere Öffnungszeiten zu halten. Hotels durften nur noch ein Viertel ihrer Gästezimmer beheizen und in ihren Gesellschaftsräumen eine Höchsttempera- tur von 16 Grad Celsius nicht überschreiten. Für Restaurants galt 23 Uhr als Sperrstunde. Zudem herrschte im Gastgewerbe ab 21 Uhr ein Verbot warmer Mahlzeiten und Getränke. Noch weiter gingen die Betriebseinschränkungen für Veranstaltungs- und Versammlungsorte wie Theater und Kinos, wo die Innen- temperatur auf sogar nur 13 Grad begrenzt wurde.106 Auch wenn Edmund Schulthess im Kreisschreiben zum Beschluss vom Ok- tober 1917 betonte, dass sie «als Minimum dessen zu betrachten [sind], was zur Erzielung von Ersparnissen geschehen muss», waren die Vorschriften aus Rück- sicht auf Gewerbe, Handel und Industrie in der Umsetzung weniger strikt, als es der Wortlaut der Erlasse vermuten liess.107 In vielen Bereichen waren Ausnahme- regelungen durch die Kantone oder das EVD möglich, für «Bildungsstätten» wie Schulen, städtische Theater und Konzertsäle, aber auch für Banken sahen die betreffenden Erlasse Lockerungen bereits explizit vor. Dagegen weisen auffal- lend strenge Vorschriften für «Kinos, Variétés, Cabarets und ähnliche Vergnü- gungsetablissemente» darauf hin, dass es bei der Regulierung um mehr ging als nur den sparsamen Umgang mit Kohlevorräten.108 Tatsächlich merkte Schulthess an, «dass die Vorschriften des Art. 6, welche gewisse Vergnügungsetablissemente empfindlich treffen werden, nicht nur zur Erzielung von Ersparnissen an Kohle und elektrischer Energie, sondern auch zur Bekämpfung der sich fortwährend steigernden Vergnügungssucht […] angezeigt erschienen».109 Stärker noch als bei der Verteidigung der Vollmachten im Februar 1916 (siehe Kapitel 4.3), als es um die generelle Akzeptanz des Ausnahmezustands ging, ver- banden sich Ende 1917 kriegswirtschaftliche Steuerung und Versorgungspolitik mit obrigkeitlichen Vorstellungen von einer richtigen, der Kriegslage angemesse- nen Lebensführung. Nachdem sich der Bundesrat im Oktober 1914 noch gegen ein allgemeines «Kinematographenverbot» entschieden hatte, wurden mit den 187 zurückzurück

Vollmachten nun erstmals Einschränkungen der Freizeitgestaltung vorgenom- men, die bei all jenen Akteuren auf fruchtbaren Boden fielen, denen Unterhal- tungsangebot und Konsumverhalten des frühen 20. Jahrhunderts ein Dorn im Auge waren.110 Bereits beim Verbot des Sonntagsverkaufs Mitte 1917 hatte das EVD erklärt, damit ein «längst aufgestelltes soziales Postulat»111 erfüllt zu haben, und als das Departement im April 1918 eine allgemeine Lockerung der Sparmass- nahmen vornahm, beliess es eine ganze Reihe der erwähnten Beschränkungen in Kraft.112 Nicht weil die Kohleknappheit sich nach dem Winter 1917/18 wei- ter verschärft hatte, sondern weil die Noterlasse «in weiten Kreisen als soziale Wohltat empfunden» worden seien und eine Mehrheit der Kantonsregierungen deren Beibehaltung ausdrücklich wünschte.113 Im zehnten Neutralitätsbericht rechtfertigte der Bundesrat den Entscheid zum einen mit dem Hinweis auf die weit schwereren Entbehrungen, die der Krieg dem Ausland gebracht habe, zum anderen stellte er es als eine seiner wichtigsten Aufgaben dar, der Schweizer Be- völkerung eine der Situation gebührende Selbstbeschränkung aufzuerlegen: «Wie ohne weiteres zuzugeben ist, findet dieser Beschluss seine Rechtferti- gung nur zum kleinsten Teil in der Notwendigkeit Licht und Brennmateria- lien einzusparen. […] Es kann einem Zweifel nicht unterliegen, dass sich un- ser Volk in seiner grossen Mehrheit des ausserordentlichen Ernstes unserer Lage noch immer nicht bewusst ist. Behördliche Massnahmen, die geeignet sind, dieses Bewusstsein zu wecken, dürften deshalb schon an und für sich eine gewisse Berechtigung haben. Es gehört aber zweifellos zu den Auf- gaben, welche der Bundesbeschluss vom 3. August 1914 dem Bundesrate übertragen hat, für die Erhaltung der Volkskraft zu sorgen, die tunlichste Vermeidung jedes unnötigen Konsums und die möglichste Wahrung der fi- nanziellen Leistungsfähigkeit des einzelnen zu fördern. Wir möchten übri- gens auch darauf hinweisen, dass wir in unsern wirtschaftlichen Verhand- lungen mit dem kriegführenden Ausland […] nicht selten die Einwendung zu hören bekommen, die Schweiz solle sich eben auch daran gewöhnen, ihre Lebensverhältnisse der allgemeinen Lage entsprechend einzuschränken. Man könne es dem ungleich härter betroffenen Volke in den kriegführen- den Staaten nicht zumuten, ungenügende Vorräte mit einem Lande zu teilen, welches nach wie vor in dulci jubilo lebe.»114 Ein weiterer Bereich, in dem Noterlasse zur Einsparung von Rohstoffen deut- liche Züge einer «kulturpolitisch motivierten Zensur» trugen, war die Papierver- sorgung.115 Um den Verbrauch des wichtigen Exportartikels Holz zu senken und weil der Papierbedarf durch die Schaffung der kriegswirtschaftlichen Verwaltung (zum Beispiel für Rationierungskarten) stark angewachsen war, untersagte der Bundesrat am 27. Oktober 1917 Druck und Verbreitung von regelmässig er- scheinenden Printmedien, die nicht bereits vor diesem Datum erhältlich waren und deren Publikation sich nicht mit einem «allgemeinen Interesse des Landes» begründen liess. Bei Übertretungen drohten die in kriegswirtschaftlichen Not- erlassen mittlerweile übliche Busse bis 20 000 Franken sowie die Schliessung zurückzurück 188

der Druckerei.116 Auch wenn der Bundesrat mit dem Erlass, anders als bei der Einschränkung des Nachtlebens, offenbar keine anderen Absichten als die Re- duktion des Papier- und Holzverbrauchs verfolgte, war dieses Verbot neuer Zei- tungen und Zeitschriften im Zeichen notrechtlicher Mangelverwaltung äusserst brisant. Nicht zuletzt weil in der Schweiz seit Kriegsausbruch im Umfeld von Zensur, Propaganda und sozialen Konflikten eine Vielzahl neuer, kontroverser Publikationen auf den Markt gekommen und der Bedarf an Zeitungspapier stark angestiegen war.117 Die Bundesräte Motta und Ador warnten denn auch davor, bei der Regulierung bestimmte Publikationen zu bevorzugen und sich damit er- neut dem Vorwurf einer Verletzung der Pressefreiheit auszusetzen.118 Nach Konferenzen mit Wirtschaftsverbänden und Pressevertretern stellte das EVD dann Anfang Dezember 1917 nicht nur Produktion, Verkauf und Ex- port von Papier unter die Aufsicht der AIK, es bezog auch die rund 1600 beste- henden, regelmässig erscheinenden Druckerzeugnisse der Schweiz in das Spar- vorhaben ein.119 Deren Verlage mussten dem Bund nun ihren Papierverbrauch seit 1911 offenlegen und diesen ab dem 1. Januar 1918 im Verhältnis zum Vorjahr um 15 bis 40 Prozent reduzieren. Falls ein Titel nach Kriegsausbruch erstmals erschienen war, betrug die Reduktion bis zu 70 Prozent.120 Die etablierten Me- dien wurden mit diesen Vorgaben also deutlich bevorzugt, was sicher auch da- mit zusammenhing, dass sich der Schweizerische Zeitungsverlegerverein (SZV) erfolgreich in die Ausarbeitung der Noterlasse zur Papierversorgung eingebracht hatte – ja sich sogar selbst als deren «Urheber und Promotor» bezeichnete.121 Das vom SZV ebenfalls unterstützte Verbot neuer Publikationen wurde ausserdem auf solche, die nach dem 27. Oktober 1917 «wesentlich umgestaltet», erweitert oder an einen anderen Erscheinungsort verlegt wurden, ausgedehnt.122 Betroffen von den Sparmassnahmen war überdies nicht nur die Presse. Eine Reduktion des Pa- pierverbrauchs sollte ebenso die Verwendung der Schiefertafel in den Schulen und die Verkleinerung von Bankprospekten und Zeichnungsscheinen bewirken.123 In der Folge befassten sich Bundesrat und Pressekommission mit zahlrei- chen Gesuchen von Herausgebern, die neue Printmedien veröffentlichen wollten. Mit Ausnahme einiger Amtsblätter und wissenschaftlicher Zeitschriften wurden sie aber fast immer abschlägig beantwortet.124 Die Gründung eines Pfarreiblatts in Moutier untersagte die Regierung beispielsweise mit der Begründung: «Diese Zeitung dient nicht dem allgemeinen Landesinteresse. Sie ist nur für einen ganz beschränkten Personenkreis bestimmt, über welchen hinaus sie keinen Einfluss auf das geistige Leben der Schweiz ausübt. […] Religiöse Schriften gibt es schon eine ganze Anzahl, so dass die Gläubigen an diesen schon bestehenden Schrif- ten Anteil nehmen können.»125 Dem zuvor in Brüssel erschienenen «Bulletin des internationalen Verbandes zum Studium der Verhältnisse des Mittelstandes» erteilte der Bundesrat dagegen seine Genehmigung, weil es «keine politischen oder konfessionellen Tendenzen verfolgen und politisch streng neutral gehalten sein» würde. Ausserdem eröffnete sich mit der Fachzeitschrift die Chance, eine renommierte internationale Organisation in der Schweiz anzusiedeln.126 Fest- 189 zurückzurück zuhalten ist zudem, dass das EVD die seit 1917 stark gewachsene landwirtschaft- liche Presse im Interesse der Lebensmittelversorgung sämtlicher Papiereinspa- rungspflichten enthob, der Fabrik der einflussreichen Industriellenfamilie Bally hingegen die Herausgabe einer Arbeiterzeitung untersagte, weil sie nach Ansicht des Departements aufgrund ihrer kleinen Leserzahl zu wenig volkswirtschaft- liche Bedeutung besitzen und einen die Sparanstrengungen unterlaufenden Prä- zedenzfall darstellen würde.127 Blieben diese Entscheidungen des Bundesrats über Zulassung oder Verbot von Printmedien wohl nicht zuletzt wegen des relativ geringen Bekanntheits- grads der betroffenen Titel ohne grössere Resonanz, gerieten die Noterlasse zur Reduktion des Papierverbrauchs durch eine Kontroverse um die von deutschen Exilanten im April 1917 in Bern gegründete «Freie Zeitung» ins Zentrum öffent- licher Aufmerksamkeit. Mit einem offen antimonarchistischen, pazifistischen sowie (trotz Ablehnung dieses Begriffs) ententefreundlichen Programm, Beiträ- gen bekannter Autoren wie Hugo Ball, Ernst Bloch oder Carl Albert Loosli, zahlungskräftigen Unterstützern und steigender Auflage wurde diese poli- tische Zeitschrift aus deutscher Sicht zur wohl gefährlichsten Publikation in der Schweiz.128 Als die Sektion Papierindustrie der AIK im Juli 1918 gegen das Blatt einen Verbotsantrag aufgrund wiederholter Überschreitung der im Noterlass vom 3. Januar 1918129 vorgeschriebenen Papierkontingente einreichte, tauchte deshalb namentlich von sozialdemokratischer und Westschweizer Seite rasch der Vorwurf auf, der Bundesrat habe hiermit einem Wunsch des Deutschen Reichs nach Ausschaltung einer kritischen Stimme im Ausland Folge geleistet.130 Diese Vermutung war nicht ganz unbegründet, enthalten die Sitzungsproto- kolle des Bundesrats doch mehrere Fälle, in denen die Regierung nach Beschwer- den der deutschen Gesandtschaft in Bern Verwarnungen von Redaktionen, Er- scheinungsverbote und Strafverfahren auf der Grundlage der politischen Zensur (siehe Kapitel 3.5) beschloss.131 Auch gegen die «Freie Zeitung» hatte der deut- sche Botschafter Romberg interveniert.132 Deren Herausgeber wurden Anfang August 1917 denn auch tatsächlich von der EPKK gerügt und erhielten wenig später sogar Besuch von der Berner Polizei, die auf Anordnung des Bundes- anwalts die Redaktionsräume durchsuchte und Buchhaltungsunterlagen sowie Adresslisten beschlagnahmte.133 Die Kritik, er nutze die Vorschriften über die Einsparung von Papier als Vorwand für Zensur und setze die Vollmachten zum Vorteil der Zentralmächte ein, wies der Bundesrat allerdings kategorisch zurück. In einem im «Bundesblatt» veröffentlichten Kommuniqué erklärte er jede Ver- mutung einer Ungleichbehandlung der Presse oder einer anderen Motivation als die Sicherstellung der Papierversorgung für haltlos: «Es handelt sich somit einzig um Massregeln wegen zu starken Papierver- brauchs, wie solche schon wiederholt gegen andere Blätter getroffen wor- den sind. Politische Beweggründe spielen in keiner Weise mit, und es wird ausdrücklich festgestellt, dass seitens Deutschlands in dieser Angelegenheit irgendwelche Schritte nicht getan worden sind.»134 zurückzurück 190

Die Frage, ob sich die Bundesbehörden wirklich auf deutschen Druck hin zum Vorgehen gegen die mit US-Geldern finanzierte «Freie Zeitung» veranlasst sahen und ob nicht viele der seit Herbst 1917 im Bereich der Papierversorgung erlas- senen Beschränkungen auch der Bekämpfung unerwünschter Presseinhalte die- nen sollten, lässt sich nicht abschliessend beantworten.135 Jedenfalls erhielten die Herausgeber, die durch eine Umsetzung der behördlich verlangten Reduktion des Papierverbrauchs ein Versinken in der «Bedeutungslosigkeit» befürchteten, von unerwarteter Seite Unterstützung.136 Hans Sulzer, der neue Botschafter der Schweiz in Washington, setzte sich Ende August 1918 persönlich mit Edmund Schulthess in Verbindung und erreichte mit der Warnung vor einer erneuten Ver- schlechterung der Beziehungen zu den USA eine Vergrösserung der Papierkon- tingente – nicht ohne Tadel am Chef der Sektion Papierindustrie wegen seines unkooperativen Umgangs mit der Exilantenzeitung zu üben.137 Nach dem Krieg behaupteten Vertreter der Papierindustrie gegenüber dem EVD, «ein Papierman- gel habe in der Schweiz überhaupt nie bestanden».138 Rationierung und Sparmassnahmen betrafen sowohl Waren wie Kohle und Getreide, die zur Deckung des schweizerischen Bedarfs grösstenteils aus dem Ausland eingeführt werden mussten, als auch solche, die wie Milch oder Holz bereits vor dem Krieg innerhalb des Landes produziert wurden. Das dritte und letzte Bündel der Massnahmen, die für die Wirtschaftspolitik des Bundes in der dritten Phase des Ausnahmezustands charakteristisch waren, bestand konse- quenterweise aus Noterlassen, welche die Erfassung, Steigerung und Diversi- fizierung dieser Eigenproduktion zum Ziel hatten. Da dieser Aspekt der Ver- sorgungspolitik, parallel zu den ersten Schritten auf dem Weg zur Rationierung durch die Kantone und zur Abgabe verbilligter Lebensmittel und Brennmateria- lien an «Bedürftige», bereits im Frühjahr 1917 Teil der notrechtlichen Gesetz- gebung wurde, sind dessen Grundzüge schon in Kapitel 4.2 dargestellt worden. Der allgemeinen Schwerfälligkeit der administrativen Maschinerie des Vollmach- tenregimes entsprechend begann die Ausformulierung konkreter Vorschriften und die Umsetzung der Erlasse allerdings erst im Spätsommer 1917.139 Im Hinblick auf den organisatorischen Aufwand und den Stellenwert, den ihm der Bundesrat in den Neutralitätsberichten angedeihen liess, war der land- wirtschaftliche «Mehranbau» von Brotgetreide zweifellos das wichtigste Unter- fangen im Kontext der inländischen Produktionssteigerung.140 Einerseits war die- ses Thema zusammen mit dem Getreidemonopol bereits vor 1914 Bestandteil der Debatte um die «Kriegsbereitschaft» und Selbstversorgung der Schweiz (siehe Kapitel 2.6) gewesen, wie unter anderem Vorstösse des SBV oder die Motion des Luzerner Nationalrats Josef Balmer für eine staatliche «Förderung des einhei- mischen Getreidebaues» zeigten.141 Andererseits bestanden, obwohl auch Ernst Laur nach dem Ausbruch des Weltkriegs für eine Ausdehnung der Getreide- produktion geworben hatte, vor allem innerhalb der militärischen Verwaltung starke Bedenken wegen der Dimensionen des hierfür zu schaffenden Koordi- nations- und Verteilungsapparats. Erschwerend kam hinzu, dass die Bauern mit 191 zurückzurück

Blick auf die erwartete Preisentwicklung nach dem Krieg vor Investitionen in den Ackerbau zurückschreckten und der Bund keine längerfristigen Abnahme- garantien geben wollte.142 SMD und EVD beschränkten sich deshalb in den ersten beiden Phasen auf Subventionen für den Anbau von Getreide, Kartoffeln und Gemüse, die Unterstützung der landwirtschaftlichen Forschung und Zucht, «in- tensive Aufklärungstätigkeit», Lebensmittelkäufe zu attraktiven Preisen, die Be- freiung von Landarbeitern vom Militärdienst sowie die Ernennung einer Kom- mission für die Förderung der Agrarproduktion.143 Letztere nahm ihre Arbeit im Sommer 1916 auf.144 Als Balmer und sein Luzerner Ratskollege Franz Moser im Dezember 1914 erneut Massnahmen zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion verlangten und damit die Debatte um die Nahrungsmittelversorgung im Krieg eröffneten, versprach Bundesrat Schulthess, die Motionen zu prüfen, räumte aber auch ein, «dass es zum Teil Vorurteile, zum Teil verständliche Be- fürchtungen gewesen sind, die uns bis jetzt abgehalten haben, den Weg der kräf- tigen staatlichen Intervention zu gehen».145 Offiziell zeigte sich der Bundesrat mit den Resultaten dieser auf Freiwillig- keit und Preispolitik basierenden Förderung der Agrarproduktion zufrieden, die Landwirtschaft habe «die gehegten Erwartungen […] im allgemeinen erfüllt».146 Doch spätestens im Winter 1916/17 setzte sich zuerst in der Bundesverwaltung, dann auch bei den Kantonen und Landwirtschaftsverbänden die Ansicht durch, dass die so erzielte Steigerung der Getreideanbaufläche von rund sechs Prozent den starken Rückgang der Importe bei weitem nicht ausgleichen konnte. Für effektivere Massnahmen musste auf die Vollmachten zurückgegriffen werden.147 Dabei ging der Bundesrat nach dem mittlerweile bekannten Muster vor: Der be- reits erwähnte Bundesratsbeschluss vom Februar 1917 «betreffend die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion» ermächtigte zunächst die Kantone, wenn nötig zwangsweise «alle zur Förderung der Produktion von pflanzlichen Nah- rungsmitteln geeigneten Massnahmen zu treffen, […] alles kulturfähige Land der Lebensmittelversorgung dienstbar zu machen und besonders der städtischen und industriellen Bevölkerung Pflanzland zu beschaffen» (siehe Kapitel 4.2).148 Gleichzeitig untersagte das EVD die Vergrösserung der Anbaufläche von Nutz- pflanzen wie Tabak, die sich nicht zu Nahrungsmitteln verarbeiten liessen.149 Der heterogenen, zum Teil den Intentionen des Bundes zuwiderlaufen- den, schwer zu überwachenden und deshalb aus zentralstaatlicher Sicht nicht zufriedenstellenden «Hebung der landwirtschaftlichen Produktion» durch die Kantone folgte im Herbst 1917 eine direkte Anordnung des Bundesrats zur Vergrösserung der Anbaufläche von Brotgetreide um 50 000 Hektar. Ein Unter- fangen, dessen quantitative Grundlage eine im Juli 1917 erstmals durchgeführte «schweizerische Anbaustatistik» verschiedener landwirtschaftlicher Erzeugnisse bot.150 Diese Statistik hatte eine Brotgetreideanbaufläche von rund 80 000 Hek- tar ergeben, die nun durch die Anpflanzung von Korn auf öffentlichen Plätzen, brachliegenden Feldern oder Militärgrundstücken um 60 Prozent vergrössert werden sollte. Dabei standen den Kantonen und Gemeinden dieselben «weit- zurückzurück 192

gehenden Kompetenzen» in Bezug auf Zwangspacht, Arbeitspflicht, Requisition von Hilfsmitteln und Strafandrohungen zur Verfügung, die sie bereits im Feb- ruar 1917 erhalten hatten (siehe Kapitel 4.2).151 Das geerntete Getreide liess der Bundesrat mit Blick auf die wenig später folgende Rationierung von den Kanto- nen beschlagnahmen.152 Die zur Durchführung des Anbauzwangs aufgebaute Organisation bezeich- nete das EVD im Mai 1918 als «gelungen», das Resultat angesichts der erschwer- ten Umstände als «ein recht gutes».153 Allerdings zeigen die starken Schwankun- gen bei der Erfüllung der staatlichen Vorgaben und die lückenhafte Datenlage, wie schwer nicht nur die Umsetzung, sondern auch Messung und Beurteilung des verordneten «Mehranbaus» waren. Während der zehnte Neutralitätsbericht festhielt, das gesteckte Ziel sei bis Sommer 1918 zu zwei Dritteln erreicht wor- den, kam die 1919 wiederholte Anbaustatistik auf nur knapp 50 Prozent. Mit starken Widerständen der Kantone konfrontiert und da deutlich wurde, dass der Anbauvermehrung letztlich Grenzen gesetzt waren, die ausserhalb des Wir- kungsbereichs von Noterlassen lagen, verzichtete der Bundesrat bei der erneuten Regelung der Brotversorgung im Mai 1918 aber auf eine Ausdehnung der beste- henden Massnahmen.154 Verschiedene Faktoren führten dazu, dass der Anteil der inländischen Produktion am Getreidekonsum der schweizerischen Bevölkerung bis Kriegs- ende (nach Berechnungen des SBV) auf fast 50 Prozent anstieg.155 Im Licht der durchwachsenen Resultate des staatlichen Produktionszwangs ging die 1942 ge- machte Aussage Ernst Laurs, «ohne die Inlandsproduktion wäre damals in der Schweiz Hunger und Not eingekehrt», aber vermutlich zu weit – dies war ebenso dem Abschluss eines neuen Lieferabkommens mit den USA im Dezember 1917 zu verdanken.156 Zumal der forcierte Anbau von Brotgetreide für die Bevölke- rung eine Abnahme der Futterproduktion nach sich zog, die über das Kriegsende hinaus die Fleisch-, Milch- und Käseversorgung beeinträchtigte (siehe Kapi- tel 6.4).157 Nicht unterschätzt werden darf hingegen die «psychologische Wir- kung», welche die Vorläuferin der späteren «Anbauschlacht» des Zweiten Welt- kriegs zusammen mit der Rationierung durch ihre öffentliche Sichtbarkeit und die Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten entfalten konnte. Ein Umstand, auf den auch der Bundesrat Wert legte, wie die im Vergleich mit anderen Themen detailliertere Darstellung der landwirtschaftlichen Produktionssteigerungen in den Neutralitätsberichten zeigt.158 Das notrechtliche Programm zur Steigerung der Lebensmittelproduktion ab 1917 beschränkte sich nicht auf Brotgetreide. Im Verlauf der dritten Phase be- zogen die Bundesbehörden auch Kartoffeln, Mais, Gemüse, Obst, Nüsse sowie die bereits zuvor regulierte Milcherzeugung in die Anstrengungen mit ein, wel- che nicht nur Produktionsziele, sondern auch Vorschriften zu Pflanzung, Ernte, Verarbeitung und Lagerung umfassten.159 Flankiert wurden diese Versuche, die Landwirtschaft auszubauen, von Noterlassen, die Regeln für die Produktion in urbanen Gegenden, den Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke, die Schäd- 193 zurückzurück lingsbekämpfung, den Aufbau einer effizienteren Organisation der kantonalen Landwirtschaftsbehörden sowie den Einsatz von internierten ausländischen Soldaten, Schülern und Arbeitslosen im Ackerbau aufstellten.160 Zudem richtete der Bund Subventionen für «Bodenverbesserungen» und «Innenkolonisation» aus, förderte die Selbstversorgung von Haushalten mit geringen Einkommen und verpflichtete die schweizerische Industrie zur Herstellung von Maschinen, Werkzeugen, Kunstdünger und Futter.161 Was die Versorgung mit Rohstoffen und Produkten betraf, die nicht der menschlichen Ernährung dienten, sprach der Bundesrat Ermächtigungen für die zwangsweise Erschliessung beziehungsweise Ausbeutung von Kohle-, Metall-, Torf- und Holzvorkommen in der Schweiz aus und förderte die bereits erwähnte Stromerzeugung aus Wasserkraft.162 Mit dem Beschluss «über Massnahmen be- treffend industrielle und gewerbliche Produktion» wurden dem EVD Ende 1917 die rechtlichen Instrumente in die Hände gelegt, um generell «die Herstellung von Gegenständen, für welche ein dringendes Bedürfnis in der Schweiz nicht besteht», zu verbieten und umgekehrt «die Herstellung bestimmter Gegen- stände […] und die Verwendung bestimmter Rohstoffe und Halbfabrikate» an- zuordnen.163 Neben diese Massnahmen traten schliesslich verschiedene Erlasse, die Zeugnis für den Erfindungsreichtum ablegen, der durch die ökonomischen Schwierigkeiten des Weltkriegs geweckt wurde. Darunter fiel die Sammlung von Maikäfern und Kastanien als Tierfutter und Dünger ebenso wie die Gewinnung von Fett aus Leder, Kernen und Knochen sowie eine ganze Reihe von Vorschrif- ten, die sich mit der «zweckmässigsten Verwertung» verschiedener Abfallstoffe wie Hauskehricht, Altkleider, Altpapier oder Metallschrott – der bislang «un- gehobenen Naturschätze unseres Landes» – befassten (siehe Kapitel 4.2).164 Es war kein Zufall, dass die meisten dieser Erlasse im oder nach dem Win- ter 1917/18 entstanden. Als sich zu diesem Zeitpunkt die Versorgungssituation der Schweiz zum vermutlich kritischsten Stand der ganzen Kriegszeit zuspitzte, wurden auch die Kritik an der Wirtschaftspolitik des Bundes und der Ruf nach Massnahmen zur Steigerung der Binnenproduktion lauter – sowohl inner- wie ausserhalb des Bundeshauses.165 Für die Entwicklung des Vollmachtenregimes stellte dieser Zeitraum aber vor allem deshalb ein Umbruch dar, weil die Not- erlasse des Bundesrats nun weit mehr als in den vorangegangenen Phasen auf eine direkte Beeinflussung des Individuums und eine Regulierung des privaten Le- bens durch den Staat abzielten. Wie in den kriegführenden Ländern geriet auch in der Schweiz «die Privatsphäre des Individuums […] stärker als je zuvor in den Fokus staatlichen Handelns».166 Verdeutlichen lässt sich dieser Zugriff auf das Alltagsleben etwa an einem Bundesratsbeschluss, der im Januar 1918 eine weitere «Vermehrung der Lebensmittelproduktion» durch die Mobilisierung der «städti- schen und industriellen Bevölkerung» und die Zentralisierung des dafür geschaf- fenen Steuerungsapparats zu erreichen versuchte.167 Der Erlass richtete sich nicht mehr nur an Verbände, Unternehmen oder die Behörden von Kantonen und Gemeinden, sondern er verpflichtete jetzt auch direkt «Private», «alle geeigne- zurückzurück 194

ten Personen» und überhaupt «Jedermann» zur Teilnahme am Ackerbau.168 «Die immer ernster werdenden Verhältnisse in der Lebensmittelversorgung unseres Landes nötigen uns zur äussersten Anspannung aller Kräfte», schrieb Edmund Schulthess im zugehörigen Kreisschreiben, «es ist dazu […] die Mitarbeit des ganzen Volkes notwendig.» Sollte sich dies nicht auf freiwilliger Basis verwirk- lichen lassen, stellte der Bundesrat die Einführung einer «Zivildienstpflicht» in Aussicht (siehe Kapitel 6.1).169 Zwar war die «dictature des pleins pouvoirs» in ihren verschiedenen Aus- prägungen bereits in den ersten beiden Phasen nach Kriegsausbruch zur politi- schen Realität vieler Schweizerinnen und Schweizer geworden, jedoch bewegten sich Ausarbeitung und Umsetzung der staatlichen Interventionen zum grössten Teil in ökonomischen und politischen Sphären, die eine gewisse Distanz zur All- tagswelt besassen und deshalb eine eher indirekte Wirkung darauf ausübten.170 Aber spätestens im letzten Kriegsjahr wuchsen die hoheitlichen Praktiken des Vollmachtenregimes, entsprechend der zitierten Feststellung von Fritz Baer, in derart viele Bereiche des Alltags wie die Ernährung, den Konsum, die Freizeit- gestaltung, die Mobilität, die Wohnungssuche oder die Berufsausübung hinein, dass sie zum festen Bestandteil der Kriegserfahrung und zu einer neuartigen Ma- nifestation des Staatlichen in der Öffentlichkeit wurden. Eine Entwicklung, die auch der Bundesverwaltung nicht verborgen blieb. Im April 1918 wurden dort Vorkehrungen diskutiert, wie sich die Eingriffe der kriegswirtschaftlichen Kon- trollorganisationen «in die Rechtssphäre des Einzelnen (namentlich Haussuchung und Beschlagnahme)» mit den kantonalen Polizeibehörden in Einklang bringen und «missliche Vorfälle» verhindern liessen (Abb. 5).171 Wie das Vollmachten- regime in den Alltag eindrang, lässt sich nicht zuletzt an der steigenden Zahl von Begnadigungsgesuchen ermessen, die der Bundesrat den eidgenössischen Räten zur Beurteilung überwies. Enthielten die diesbezüglichen Berichte 1914 noch 45 Gesuche, waren es 1918 bereits 175, 1919 sogar 303, von denen rund zwei Drit- tel auf Strafbestimmungen der Noterlasse (vor allem wegen Schmuggel, Spionage, Wucher und Übertretungen der Energiesparvorschriften) zurückgingen.172 Die Folge dieser verstärkten Präsenz des Ausnahmezustands in der All- tagserfahrung war, dass Strukturen und Funktionsweise des politischen Systems wieder öffentlich debattiert wurden (siehe Kapitel 5.3 und 6.1). Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte hierbei, dass in der kriegswirtschaftlichen Versor- gungspolitik die Exportindustrie, die Landwirtschaft, die öffentliche Verwaltung und – allerdings weniger stark als in den ersten beiden Phasen – die Armee ge- genüber Privathaushalten, Gastronomie und Gewerbe einen deutlichen Vorrang besassen, wenngleich mit zunehmender Kriegsdauer auch viele Fabriken und Ämter von notrechtlichen Betriebseinschränkungen, Rationierungen und Spar- vorschriften betroffen waren.173 Was an Kohle, Gas, Elektrizität, Benzin und Pa- pier durch die staatlich verfügte Senkung der Raumtemperatur im Wohnzimmer, den Ausfall von Schnellzügen, «Sensations- und Verbrecherfilmen», durch Fahr- verbote für Personenwagen oder die Kürzung von Tageszeitungen eingespart 195 zurückzurück

Abb. 5: Mit vereinten Kräften hindert eine Basler Familie einen Poli- zisten an der Kontrolle der «fleischlosen Tage». Le petit Suisse, Nr. 23, 17. März 1917, S. 5.

wurde, konnte in jenen Betrieben von Industrie und Landwirtschaft zur An- wendung kommen, die zwar auch für den Bedarf innerhalb der Schweiz, vor allem aber für den Kompensationshandel mit dem kriegführenden Ausland pro- duzierten.174 Die Mechanismen, mit denen sich die Noterlasse auf Wirtschaft und Gesellschaft im Weltkrieg auswirkten, waren allerdings nicht der einzige Bereich des Vollmachtenregimes, der ab dem Sommer 1917 tief greifenden Veränderun- gen unterlag. zurückzurück 196

5.3 Vom «System Hoffmann» zur «Ära Schulthess»

Es war kein gutes Zeugnis, das Julian Grande dem gerade erst zurückgetretenen Politiker am 22. Juli 1917 in der «New York Times» ausstellte. Im Gegenteil, der englische Journalist breitete vor seiner Leserschaft eine wahre Schmähschrift über Wirken und Mentalität einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Schweizer Politik im Ersten Weltkrieg aus. «Born of german parents», habe Bun- desrat Arthur Hoffmann zwar offiziell im Dienst der Eidgenossenschaft gestan- den, in Tat und Wahrheit aber stets die Interessen des Deutschen Reichs verfolgt: «There is no doubt that throughout his political career he has been a German agent, possibly sometimes unwittingly.»175 Als Aussenminister sei Hoffmann für das Schweigen des Bundesrats während der deutschen Invasion Belgiens verant- wortlich gewesen, habe die neutralitätswidrigen Aktivitäten des deutschen Ge- heimdiensts in der Schweiz ebenso wie die betrügerische Umgehung von SSS- Bestimmungen durch Beamte des Politischen Departements gedeckt – und auf der anderen Seite den Mittelmächten gegenüber kritisch eingestellte Journalisten und Diplomaten nach Kräften bekämpft.176 Mit einer «pseudo-Prussian rule», so Grande weiter, sei Hoffmann seit Kriegsausbruch die tonangebende Figur nicht nur einer «slavishly […] under German mental domination» stehenden Deutsch- schweiz, sondern auch innerhalb der Landesregierung gewesen: «Herr Hoffmann, in short, so dominated the other six Federal Councilors (corresponding to Ministers) that his period of office was known the ‹Hoff- mann system› or the ‹Hoffmann régime›. […] It was notorious that he sel- dom or never consulted his colleagues or the heads of divisons under him. […] He deceived many, not only Swiss, but also others by his extreme re- serve and by a cunning and a craftiness bordering on the superhuman. He virtually ruled Switzerland as far as her foreign relations were concerned.»177 Was war geschehen, dass die Schweiz sich kaum ein Jahr nach den Affären um Obersten, Obrecht und Eisenbahnen erneut im Strudel einer «internal crisis» befand, dass der Graben zwischen lateinischer und deutscher Schweiz tiefer denn je aufzubrechen schien? Den aussenpolitischen Hintergrund für die harsche und in vielen Teilen überzogene Kritik des Journalisten bildete die nach ihrem Kriegseintritt markant schärfere Haltung der Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber der Schweiz.178 Unmittelbarer Anlass war dagegen der Ausgang der «Hoffmann-Grimm-Affäre». Kurz nachdem er bereits einen vom Deutschen Reich arrangierten Transfer der russischen Exilanten um Wladimir Lenin aus der Schweiz nach Petrograd stillschweigend gebilligt hatte, schritt Aussenminister Hoffmann im Mai 1917 zu einer letzten, die ideologischen Grenzziehungen der Zeit transzendierenden Offensive.179 Ohne Wissen seiner Kollegen im Bundesrat unterstützte er die Be- mühungen des ebenfalls ins revolutionäre Russland gereisten Robert Grimm zur Vermittlung eines Waffenstillstands zwischen den Mittelmächten und dem ost- europäischen Mitglied der Entente. Das Telegramm, mit dem Hoffmann den So- 197 zurückzurück zialdemokraten Grimm über die Bereitschaft der deutschen Regierung zu Frie- densverhandlungen mit der Provisorischen Regierung Russlands informierte, gelangte an die Öffentlichkeit und wurde sogleich als gravierender Verstoss gegen die Gebote der Neutralität gewertet.180 Ein von der Schweiz vermittelter «Separatfrieden» nach den Bedingungen Berlins hätte Deutschland und Öster- reich-Ungarn einen klaren, womöglich entscheidenden Vorteil im europäischen Kriegsgeschehen verschafft.181 In Genf kam es nach der Veröffentlichung des Telegramms zu Demonstra- tionen vor den Vertretungen der Mittelmächte, in Lugano zu Übergriffen auf den dort im Exil lebenden König von Griechenland. Düster klang die Äusserung ei- nes Genfer Politikers, die Camille Decoppet dem Bundesrat weiterreichte: «C’est la guerre civile.»182 Auch wenn Hoffmann in einer später vor dem Parlament ver- lesenen Erklärung beteuerte, er habe seinen Alleingang «auf eigene Verantwor- tung, […] ausschließlich für die Förderung des Friedens und damit im Interesse des eigenen Landes» unternommen, war ein Verbleib in der Schweizer Regierung keine Option mehr.183 Wie am Vortag von den Bundesräten Schulthess, Decoppet und Motta zur Glättung der inneren und äusseren Wogen für unvermeidbar er- achtet, trat Arthur Hoffmann am 19. Juni 1917 zurück.184 Der restliche Bundes- rat distanzierte sich deutlich vom missglückten Vermittlungsversuch, stellte klar, dass er davon «keine Kenntnis» hatte und andernfalls davon abgeraten hätte.185 Eine Woche später wählte die Bundesversammlung den Genfer Liberal-Demo- kraten und IKRK-Präsidenten Gustave Ador, der in der Zensurdebatte von 1915 als Kritiker Hoffmanns und «adversaire très déclaré des pleins pouvoirs»186 auf- getreten war (siehe Kapitel 4.3), zum neuen Vorsteher des EPD. Ein deutliches Signal sowohl an die Adresse der Entente wie für die lateinische Schweiz, die nun drei der sieben Bundesräte stellte.187 Das Vertrauen der Entente in die schweizerische Aussenpolitik war damit wiederhergestellt, die Gefahr einer aussenpolitischen und wirtschaftlichen Iso- lation gegenüber den Westmächten gebannt, das «System Hoffmann» zu einem abrupten Ende gekommen. Doch was ist unter diesem Begriff überhaupt zu ver- stehen? In offensichtlicher Anlehnung an das kurzlebige «System Droz»188 bezog sich Grande vor allem auf die «wenig durchsichtige Geheimdiplomatie» und die in Schieflage geratene Neutralitätspolitik, die der mit dem Deutschen Reich sym- pathisierende Aussenminister Hoffmann seit 1914 betrieben hatte.189 Allerdings liessen sich die in der «New York Times» angesprochenen Defizite – zu wenig Kommunikation, Koordination und Kontrolle innerhalb der Bundesverwaltung, eigenmächtiges Handeln einzelner Personen, eine fragmentarisierte Aufgaben- verteilung sowie eine eigenartige Inkonsistenz der schweizerischen Regierungs- politik – auf das ganze Vollmachtenregime übertragen. Zudem war der Begriff keine Erfindung eines englischen Journalisten. Er war bereits in den Jahren vor dem Weltkrieg in Gebrauch, als in kurzer Zeit gleich fünf neue Bundesräte in die Regierung eingezogen waren.190 Der Abschluss des Gotthardvertrags, die Wahl Felix Calonders zum Nachfolger des Neuenburgers Louis Perrier und der zurückzurück 198

Kaiserbesuch von 1912, so der Hoffmann nahestehende Autor August Schmid, hätten in der Westschweiz den Eindruck entstehen lassen, «Hoffmann sei das ei- gentliche geistige Haupt des Bundesrates, der Kopf, dessen ausführende Glieder die sechs andern Herren wären. [Man sprach] bald mit Besorgnis und Mißtrauen vom ‹System Hoffmann›.»191 Es dauerte denn auch nicht lange, bis ein Zusammenhang zwischen der Af- färe um den Exaussenminister und den Vollmachten des Bundesrats hergestellt wurde und sich gegen Letztere einmal mehr öffentliche und parlamentarische Kritik erhob. Kurz bevor es zu den Ausschreitungen am Abend des 19. Juni 1917 in Genf kam, hatten die Politiker Georges Fazy und Frédéric de Rabours an einer grossen Versammlung auf der Place du Molard bereits zur Abschaffung der Voll- machten aufgerufen. Gleichzeitig äusserte der Publizist und spätere Botschafter Georges Wagnière im «Journal de Genève» die Überzeugung, Hoffmann sei dem Machtrausch der «pouvoirs illimités» erlegen.192 Es müsse nun eine gründliche Aufarbeitung der Gründe und Verantwortlichkeiten stattfinden, die aus dem kaum kontrollierten «régime des pleins pouvoirs» ein «régime personnel» hat- ten entstehen lassen, verlangte am Tag nach Hoffmanns Rücktritt der Journalist Edgar Junod in der «Gazette de Lausanne» und fuhr fort: «Est-ce un conseiller fédéral ou le Conseil fédéral qui gouverne la Suisse et qui, par conséquent, est responsable? Le moment est venu d’agir, et d’agir radicalement. […] Mais qu’on ne se contente pas d’un simple replâtrage. L’édifice gouvernemental a besoin de réparations plus importantes.»193 In der gleichen Ausgabe der Zeitung stellte auch Edouard Secretan fest: «M. Hoffmann, en trois années d’exercice des pleins pou- voirs, avait pris des allures de dictateur.»194 Für den Neuenburger Sozialdemokraten Ernest Paul Graber war damit das bei Kriegsausbruch so feierlich in den Bundesrat gesetzte Vertrauen endgültig zerstört und das Vollmachtenregime in sich zusammengefallen: «Nous n’avons aucune garantie, nous ne pouvons plus avoir confiance, s’il nous en reste encore, et le régime des pleins pouvoirs s’écroule misérablement même aux yeux de la bourgeoisie encore capable d’indépendance.»195 Wie schon während der Obers- tenaffäre fielen die Reaktionen im Tessin besonders heftig aus. An öffentlichen Versammlungen in Locarno und Bellinzona fanden Aufrufe an den Bundesrat zur Niederlegung der Vollmachten statt und Emilio Bossi forderte in der «Gaz- zetta Ticinese» zusätzlich den Rücktritt von General und Generalstabschef.196 Wie Graber zuvor in der «Sentinelle» stellten diese Forderung auch die Lausan- ner Jungfreisinnigen. Sie sahen den Zeitpunkt für eine Entlassung des Armee- kommandos – das von der Affäre ansonsten wenig tangiert wurde – gekommen und wünschten sich darüber hinaus die Einschränkung der Vollmachten auf ver- sorgungspolitische Fragen, einen Prozess gegen Arthur Hoffmann vor dem Bun- desstrafgericht sowie die Einführung der Volkswahl des Bundesrats.197 In der Deutschschweiz waren derart radikale Forderungen seltener, nicht zuletzt weil die Sozialdemokraten diesmal selbst Teil der Staatsaffäre waren. Dennoch fehlten hier keineswegs prononcierte Stimmen, die den Sturz des Aus- 199 zurückzurück senministers in einen grösseren politischen Kontext stellten. Namentlich Leon- hard Ragaz, der führende Vertreter des religiösen Sozialismus in der Schweiz, verband ihn mit dem auch von Grande erwähnten «Fall Mühlemann»198 und den Ausschreitungen von La Chaux-de-Fonds im Mai 1917, die mit einer militäri- schen Besetzung der Stadt endeten (siehe Kapitel 6.2).199 Diese drei Geschehnisse seien keine isolierten Einzelfälle, führte Ragaz in der von ihm mitbegründeten Zeitschrift «Neue Wege» aus, sondern allesamt Symptome der moralischen Kor- ruption, der politischen Willkür und des schleichenden Verlustes demokratischen Geistes, denen die Schweiz und ihre von der FDP dominierten Institutionen anheimgefallen waren. Während im Ausland zur Bewältigung der Kriegssitua- tion breit abgestützte, parteiübergreifende Regierungen gebildet würden, sei der schweizerische Bundesrat zu einem blossen Ausschuss freisinniger Interessen- politik verkommen, der den Kontakt zu weiten Teilen der Bevölkerung verloren und mit einer ihm hörigen Presse jede Opposition im Keim erstickt habe. In diesem Herrschaftssystem kam den Vollmachten, so Ragaz, eine entscheidende Funktion zu, lieferten sie doch ein ebenso machtvolles wie chaotisches und bis- lang ohne substanziellen Widerspruch gebliebenes Instrument zur Durchsetzung der dahinterstehenden Interessen: «Wir leben seit drei Jahren in einem Zustand halber und ganzer Gesetz- losigkeit. Diese wird vor allem durch die Militärwirtschaft illustriert, die gelegentlich zur Militärherrschaft wird. Aber auch der Bundesrat geht die- sen Weg. Er ist bei weitem der größere Anarchist, als die Sozialdemokratie. Er hat die unbeschränkten Vollmachten, die ihm in der Angst jener ersten Augusttage von 1914, auf Grund der herrschenden Annahme einer ganz kurzen Dauer des Krieges, übertragen wurden, ohne Not beibehalten, auch als die Lage ganz anders geworden war, die Bundesversammlung aber, deren Mehrheit längst jede Selbständigkeit verloren hat und ein allezeit gefügiges Werkzeug des Bundesrates geworden ist, hat weder Lust noch Mut gehabt, Recht und Verfassung und Demokratie wiederherzustellen. So haben wir uns daran gewohnt, in einer Autokratie zu leben, die den Namen der De- mokratie trägt.»200 Im von Leonhard Ragaz so scharf gerügten Parlament, das vom Ausbruch der Hoffmann-Grimm-Affäre mitten in der Behandlung des sechsten und des sieb- ten Neutralitätsberichts überrascht wurde, tauchte an den folgenden Tagen die Idee einer Einschränkung der Vollmachten durchaus wieder auf. Allerdings schien deren vollständige Aufhebung angesichts der wirtschaftlichen Lage so- wohl den Sozialdemokraten als auch vielen Westschweizer Bürgerlichen offen- sichtlich kontraproduktiv. Geradezu zum Verfechter des Notrechts machte sich erneut der Waadtländer Secretan, wenn er vor dem Beginn der Debatte erklärte, dass die Vollmachten der Schweiz bislang «de grands services» geleistet hätten und eine Abschaffung deshalb unmöglich sei.201 Wenig erstaunlich, dass auch Bundespräsident Schulthess diesen Aspekt argumentativ ins Zentrum stellte, als er am 28. Juli 1917 gegenüber dem Nationalrat jede Änderung am Geltungs- zurückzurück 200

bereich des Ausnahmezustands ablehnte: «Eine Formel aufzustellen, die uns unbeschränkte Vollmacht nur noch auf speziellen Gebieten einräumte, wäre verfehlt und unannehmbar […] Welchen Eindruck müsste es im Lande und im Auslande machen, wenn bekannt würde, dass in dieser kritischen Zeit, am Vor- abend schwerer wirtschaftlicher Wirrnisse, gleichsam die Regierung des Landes entwaffnet werden soll!»202 Nach einem spöttischen Seitenhieb auf die widersprüchliche Haltung jener Politiker, die einerseits die Vollmachten abschaffen wollten, andererseits aber deren Einsatz zur Beschränkung der Machtbefugnisse der Militärbehörden for- derten, stellte Schulthess das Vollmachtenregime erstmals in den Kontext der internationalen politischen Entwicklungen.203 Der Weltkrieg und seine Heraus- forderungen hätten allen Staaten eine Abkehr von den bislang verfolgten demo- kratischen und liberalen Prinzipien abverlangt. Die Schweiz, so der freisinnige Bundespräsident zum Abschluss einer langen Rede vor dem Parlament, könne sich bei dieser Tendenz hin zum starken Staat keine Ausnahme leisten. Auch hier war seiner Meinung nach nun, um eine prägnante Formel für den Ausnahme- zustand zu zitieren, «die Stunde der Exekutive»204 angebrochen: «Blicken Sie doch um sich, und sehen Sie, wie in allen Staaten, namentlich auch in den Republiken, die in den Krieg eintraten, eine gewaltige Ein- schränkung der individuellen Freiheiten sowie der Rechte des Parlaments Platz gegriffen hat. Sogar die nordamerikanische Republik hat die Zensur eingeführt, und in andern kriegführenden Ländern wurden Maßregeln ge- troffen, die der Regierung ermöglichen, Friedensbestrebungen zu bekämp- fen, weil sie geeignet seien, die Widerstandskraft des Landes zu erschüttern, und den Willen zum Durchhalten zu schmälern. Aus diesen Erscheinungen ergibt sich für uns die Lehre, dass in der Kriegszeit, wo es gilt, alle Kräfte zu sammeln, die demokratischen Formen zurücktreten müssen, und dass auch der Wille des Einzelnen nicht mehr seine volle Geltung haben kann, sondern dass er sich dem hohen dominierenden Hauptzweck unterordnen muss, von dem das Volk in seiner Gesamtheit oder seiner großen Mehrheit erfüllt ist. Die «Idée liberale» kann nicht mehr aufrecht erhalten werden, vorab nicht von kriegführenden Ländern, aber auch nicht von den Neutralen, da sie ihre ganze Stellung nach den kriegerischen Verhältnissen orientieren müssen. So müssen auch wir unter allen Umständen darauf beharren, dass wir durch die ausserordentlichen Vollmachten den Organen unserer Demokratie jene Entschlußfähigkeit und Möglichkeit zu raschem Handeln verleihen, die der Augenblick erheischt.»205 Eine komplette Übertragung der ausserordentlichen Vollmachten ans Parlament befürworteten nach dieser Intervention des Bundespräsidenten nur noch Ernest Paul Graber, dem noch eine Gefängnisstrafe wegen Verleumdung eines Offi- ziers in der Zeitung «La Sentinelle» bevorstand, sowie der Lausanner Freisin- nige Paul Maillefer. Die Nationalräte Jaton, Borella, Bossi, Willemin, Sigg und Naine reichten im Verlauf der Session verschiedene Postulate und Motionen 201 zurückzurück zur Beschränkung der Vollmachten auf die wirtschaftliche Landesversorgung, zur Durchführung einer parlamentarischen Untersuchung von Hoffmanns Ver- mittlungsversuch, zur Offenlegung aller auf der Grundlage der Vollmachten be- schlossenen Ausgaben und Handelsverträge, zur Entlassung des Generals sowie zur Schaffung einer parlamentarischen Kommission für eine stärkere Kontrolle der Regierungstätigkeiten ein.206 Schlussendlich konnte sich zwar keiner dieser Vorstösse durchsetzen, doch die Debatte nach Hoffmanns Rücktritt machte deutlich, dass der Wunsch nach einer Reform der staatlichen Strukturen im Som- mer 1917 weitaus stärker war als noch in den zurückliegenden Kriegsjahren. Der aussichtsreichste Weg, um die Konzentration von zu viel Macht in einzelnen Händen zu verhindern, die Regierungsverantwortung auf mehr Schultern zu verteilen und gleichzeitig die mit Arbeit überhäuften Bundesräte zu entlasten, schien eine Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder von sieben auf neun zu sein. Ständerat David Legler griff diesbezüglich eine bereits 1913 eingebrachte Motion (Richard) wieder auf, die nach der Vorstellung des Glarner Grütlianers schon in der nächsten Session in die Tat umgesetzt werden sollte.207 Auch Staatsrechtler Fritz Fleiner sah die Ursachen für die politische Krise im Sommer 1917 in den seit der Staatsgründung kaum veränderten organisato- rischen Prinzipien der Exekutive, deren Probleme im Ausnahmezustand stär- ker denn je zutage getreten seien.208 Die in der Kriegszeit enorm angewachsene Menge der Verwaltungsaufgaben habe die gemeinsame Behandlung aller Ge- schäfte im Bundesrat, wie sie die Verfassung im Artikel 103 vorsah, praktisch unmöglich gemacht.209 Überlastung auf der einen, Verselbständigung einzelner Departemente auf der anderen Seite seien die Folgen gewesen. Und da der Wille zur Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen an die veränderten Anfor- derungen der Politik sowohl im Parlament wie auch im Bundesrat gefehlt habe, sei auf die Expansion der Staatsaufgaben vor allem mit einem Ausbau von Perso- nal und Kompetenzen der Verwaltung reagiert worden: «Da der Gesetzgeber versagt hat, so hat sich die Praxis ihre eigenen Wege geschaffen. Sie hat in steigendem Masse die Zentralverwaltung des Bundes zum Beamtenstaat umgebildet, aber ohne die Garantien hinzuzufügen, mit denen die großen Verwaltungen des Auslandes diese Form umgeben haben. […] Der verfassungsmäßig einheitliche Bundesrat ist in verselbständigte De- partements zerlegt worden, und die Departements des Bundesrates haben sich aus vorbereitenden und vorberatenden Organen fast zu Ressortministe- rien ausgewachsen. Die kollegiale Beschlußfassung besteht für alle Geschäfte dem Scheine nach noch fort. Aber die Macht der Umstände hat den Bundes- rat als Kollegium gezwungen, bei der großen Mehrzahl aller Geschäfte auf die Anträge der Departements abzustellen oder die Geschäfte ganz den De- partements zu überlassen. […] Diese verfassungswidrige Entwicklung hat einschneidende Folgen gezeitigt. Der einzelne Departementsvorsteher ist in steigendem Maße auf sich selbst gestellt worden und hat die ausschließliche Verantwortlichkeit für die in den Bereich seines Departements fallenden zurückzurück 202

Geschäfte übernehmen müssen. Die Grenze zwischen laufenden verwal- tungsrechtlichen Geschäften und den eigentlichen Regierungsgeschäften hat sich verwischt.»210 In der Konsequenz, so lässt sich Fleiners Analyse zuspitzen, war es also weniger der Gesamtbundesrat als die einzelnen Departemente, welche die Vollmachten aus- übten. Neben der Klärung der Frage, welche Geschäfte auch in Zukunft vom Bun- desrat kollegial entschieden werden mussten und welche er an die Departemente oder ihre Amtsstellen zur «selbständigen Erledigung» delegieren durfte, bestand die Lösung dieser misslichen und vor allem verfassungswidrigen Situation nach Ansicht des Juristen in der längst fälligen Schaffung eines eidgenössischen Verwal- tungsgerichts zur Beurteilung von Beschwerden gegen die Erlasse der Exekutive. Nur so gewinne der Bundesrat «die Zeit und die Kraft wieder für die eigentliche Regierungstätigkeit, insbesondere für die der auswärtigen Politik».211 Fritz Fleiners Vorschläge, für die seit der Annahme des revidierten Verfas- sungsartikels 103 und des neuen Artikels 114bis in der Volksabstimmung vom 25. Oktober 1914212 auch eine konstitutionelle Grundlage bestand, erwiesen sich allerdings nicht als kurzfristig umsetzbar. Erst 1929 sollte das Bundesgericht erste verwaltungsgerichtliche Kompetenzen erhalten, die aufgrund vielfältiger Widerstände innerhalb der Exekutive allerdings «unübersichtlich, unsystema- tisch und von punktuellen Einbrüchen geprägt» blieben.213 Nicht zur Umsetzung gelangte auch die Motion Legler zur Vergrösserung der Regierung. Anders als noch 1913 zeigte sich der Bundesrat im August 1917 gegenüber der Idee zunächst sehr offen. Bot sie doch seiner Auffassung nach neben einer Reduktion der «seit Beginn der neunziger Jahre immer fühlbarer werdenden Geschäftsüberlastung» eine willkommene Möglichkeit, «bei der Zusammensetzung des Bundesrates auf die verschiedenen Landesteile und Sprachgebiete in billiger Weise Rücksicht zu nehmen und dabei auch die politischen Minoritäten in erhöhtem Masse zur Mit- wirkung heranzuziehen».214 Nach der Wahl Adors schwand allerdings das Be- dürfnis nach einer Umgestaltung des Bundesrats rasch und 1919 lehnte die kleine Parlamentskammer eine Weiterverfolgung der Vorlage schliesslich ab. Neben der veränderten politischen Lage nach dem Krieg spielte dabei eine Rolle, dass eben- falls seit längerer Zeit im Raum stehende, aber weitaus umstrittenere Ideen einer Volkswahl der Regierung und garantierter Sitze für die verschiedenen Sprach- regionen, Konfessionen oder politischen Richtungen die Entscheidungsfindung blockierten. Auch konnte keine Einigung in der Frage erzielt werden, ob die bei einer Vergrösserung notwendige Neuverteilung der Aufgaben dem Bundesrat al- lein überlassen werden konnte, wie dieser im Hinblick auf eine rasche Verwirk- lichung noch im Krieg vorgeschlagen hatte.215 Ungeachtet dieser geringen Bereitschaft zu strukturellen Reformen des Bundesstaats ging das Ende des «Systems Hoffmann» aber nicht spurlos am Voll- machtenregime vorüber. Der Neuenburger Nationalrat Eugène Bonhôte erklärte zum Abschluss der Sommersession 1917 prophetisch: «Mais une chose est sûre: la politique du silence, produit du système des pleins pouvoirs, est définitivement 203 zurückzurück condamnée; le peuple n’en veut plus.»216 Und auch der Bundeshauskorrespon- dent der NZZ, dessen Haltung sich ansonsten selten mit den Westschweizer Po- sitionen deckte, gab zu bedenken, dass dem «System» der Vollmachten eigentlich bereits vor der Affäre «längst der Kampf angesagt» war.217 Wie sich in der Folge zeigen sollte, lagen die beiden Kommentatoren richtig. Die Forderung nach ei- ner Rückkehr der Schweiz «au fonctionnement normal de la Constitution et des lois» sollte bis zum Ende des Untersuchungszeitraums nicht mehr verstummen (siehe Kapitel 6.4).218 Zunächst übte die Umbesetzung im Bundesrat auf das Vollmachtenregime allerdings eine ganz andere Wirkung aus. Die Wahl Gustave Adors zum neuen Aussenminister erscheint retrospektiv als zielstrebiger Weg aus der Krise, doch war dieses Resultat keineswegs zwangsläufig. Aus starker Verhandlungsposi- tion stellte der Genfer schon am Tag nach Hoffmanns Rücktritt unmissver- ständlich klar, dass «für ihn nur die Uebernahme der Leitung des politischen Departementes in Betracht» komme. Gegen eine solche Neubesetzung des EPD wehrten sich allerdings die Bundesräte Müller und Forrer, denn sie be- fürchteten, dass dies von den Mittelmächten als massive Störung der bislang guten diplomatischen Beziehungen aufgefasst werden könnte.219 Tatsächlich in- tervenierte der deutsche Gesandte Romberg in den folgenden Tagen mit unver- hohlenen Drohungen persönlich bei Schulthess, um eine Wahl des als überaus «ententefreundlich» geltenden Ador zu verhindern. Dieser wies allerdings alle vorgeschlagenen Alternativen, wie den Vorsitz des Innendepartements, katego- risch zurück und liess seinerseits durchblicken, dass die Geduld der Romandie definitiv am Ende sei.220 Unter diesem Druck schlug Bundespräsident Schulthess, der wohl zeitweise selbst Ambitionen auf das Amt des Aussenministers hegte, schliesslich eine Kom- promisslösung vor, die auf eine Wahrung der verschiedenen Interessen inner- wie ausserhalb der Schweiz abzielte.221 Der 72-jährige Ador sollte das EPD nur bis Ende 1917 übernehmen, dann würde die Regierung wieder zu der vor dem «System Hoffmann» üblichen Rotation zusammen mit dem einjährigen Bundespräsidium übergehen. Die aussenpolitische Handelsabteilung, innerhalb der Bundesverwal- tung zuständig für Ausfuhrverbote, Kompensationsverkehr sowie die Handels- abkommen mit dem Ausland, sollte wieder dem Volkswirtschaftsdeparte ment unterstellt und damit gewissermassen neutralisiert werden. Schulthess, der diese Umstrukturierung wegen des befürchteten Mehraufwands für das EVD zunächst noch abgelehnt hatte, wurde damit zum Hauptverantwortlichen nicht nur für die Versorgung der Schweiz mit Rohstoffen und Energieträgern, sondern auch für die Wirtschaftsblockaden und ihre Überwachungsgesellschaften.222 Um inter- nationale Fehltritte künftig verhindern zu können, aber auch um die Kontrolle des Gesamtbundesrats über das EPD zu verstärken, sollte ausserdem innerhalb der Regierung ein ständiger Ausschuss für die auswärtigen Geschäfte, bestehend aus dem Chef des EPD (Ador), dem Bundespräsidenten (Schulthess) sowie einem dritten Mitglied (Calonder), gebildet werden. Dieser Ausschuss würde sich wö- zurückzurück 204

chentlich über alle «wichtigen Entscheidungen» und die allgemeinen Richtlinien der schweizerischen Aussenpolitik austauschen.223 Mit diesen augenscheinlich geringen Änderungen an der Struktur der Exe- kutive zeigten sich schliesslich alle Bundesräte einverstanden. Schon am 26. Juni 1917, dem Tag der ersten Regierungssitzung mit Gustave Ador als neuem Aus- senminister und stellvertretendem Chef des Militärdepartements, setzte der Bun- desrat die neue Kompetenzverteilung per Noterlass in die Tat um.224 Auch wenn der Bundesrat versicherte, dass diese Lösung angesichts seines Antrags auf eine Vergrösserung der Regierung nur «eine provisorische» sei, waren damit die per- sonellen und institutionellen Weichen für die weitere Entwicklung des Vollmach- tenregimes während des Ersten Weltkriegs neu gestellt.225 Parallel zur Expansion des Notrechts und zu den neuen Massnahmen im Bereich der Versorgungspoli- tik, die sich immer stärker auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirkten, begann auf Bundesebene nun ein schrittweiser Umbau der Exekutive hin zu einem «ak- tiv wirtschaftenden und regulierenden Kriegsstaat» – mit dem Volkswirtschafts- departement und dessen Chef Edmund Schulthess als Gravitationszentrum.226 Mit der Handelsabteilung gingen Ende Juni 1917 auch alle bislang beim EPD liegenden wirtschaftspolitischen Zuständigkeiten für Kohle, Gas, Teer, Textilien, Baumwolle, Papier, Chemikalien und Metalle sowie die Handhabung der Ausfuhrverbote an das Volkswirtschaftsdepartement über.227 Diese beträcht- liche Vergrösserung seines Kompetenzbereichs und die zeitgleiche Zunahme des kriegswirtschaftlichen Regulierungsbedarfs nahm das EVD rund einen Monat nach Hoffmanns Rücktritt zum Anlass für eine Neuformulierung seiner Ziele, Abteilungen und Personalverhältnisse. Der letztmals im März 1914 vom Orga- nisationsgesetz der Bundesverwaltung definierte Aufgabenbereich (siehe Kapi- tel 3.4) wurde um fünf Geschäfte erweitert: «Aufrechterhaltung, Entwicklung und Nutzbarmachung der nationalen Produktion», «Einfuhr und Ausfuhr von Waren», «Versorgung des Landes mit Produkten jeder Art, insbesondere mit Nahrungsmitteln», «Fürsorgetätigkeit» sowie die «zufolge der ausserordent- lichen Verhältnisse geschaffenen wirtschaftlichen und Kontrollorganisatio- nen».228 Während die bereits bestehenden Abteilungen wie die Warenabteilung oder das Fürsorgeamt durch den Noterlass eine ausführlichere und aktualisierte Beschreibung ihrer jeweiligen Aufgaben erhielten, wurden die kriegswirtschaft- lichen Funktionen der Handelsabteilung auf zwei neue Institutionen verteilt: das Generalsekretariat des EVD und die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft. Gleichzeitig definierte der Noterlass erstmals Anstellung, Rechte und Pflichten des in den «ausserordentlichen Abteilungen» des Volkswirtschaftsdepartements tätigen Personals und erteilte Letzterem den Auftrag, «geeignete Massnahmen [zu] treffen, um die Überführung von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft zeitig vorbereiten zu lassen».229 Der AIK wurde die Verantwortung für Import, Verteilung, Produktion, Verarbeitung und Export von Kohle und Elektrizität sowie generell allen indus- triellen Rohstoffen und Produkten ausserhalb von Nahrungsmittelversorgung 205 zurückzurück

Abb. 6: Stärker als in den Jahren zuvor versuchte das EVD ab 1917 die Kriegswirtschaft zu koordinieren und kontrollieren. Inspektoren der AIK erhielten deshalb Sonderbefugnisse zur Durchsetzung der Noterlasse in der Privatwirtschaft. BAR, E7350#1000/1104#105*.

und Landwirtschaft übertragen. Neben der Aufsicht über die seit Kriegsaus- bruch geschaffenen Zentralstellen und Überwachungsorganisationen sowie der bislang von der Handelsabteilung besorgten Erteilung von Ausfuhrbewilligun- gen, umfasste dieser weite Aufgabenkreis auch die «Vorbehandlung» und Umset- zung aller damit zusammenhängenden Noterlasse (siehe Tab. 6).230 Mit der AIK, die anfänglich vier, bei Kriegsende insgesamt zehn nach Branchen gegliederte Sektio nen und Büros umfasste, verfügte nun auch die Schweiz über eine zentrale industriepolitische Steuerungsbehörde, die eine institutionelle Konzentration und administrative Koordination der bislang über die Verwaltung verstreuten und wenig formalisierten Regulierung ermöglichen sollte (Tab. 5).231 Bezeich- nenderweise tauchte der Begriff «Kriegswirtschaft» in den gedruckten amtlichen Quellen überhaupt erstmals während der Konzeption der AIK im Sommer 1917 auf.232 Mit Blick auf deren «ungeheuren Apparat von Beamten», so kommentierte der Basler Rechtshistoriker Andreas Heusler die Gründung in der «Zeitschrift für schweizerisches Recht», «mag man ja fast vor dem Anwachsen dieser Bu- reaukratenwirtschaft erschrecken, aber man muss auch anerkennen, dass es eben nicht anders möglich war, den übermächtig auf das Land einstürmenden Sorgen und Nöten die Spitze zu bieten».23 Bei der personellen Ausstattung der neuen Abteilung setzte das Volks- wirtschaftsdepartement stärker als zuvor auf Experten, die mit den betroffenen zurückzurück 206

Tab. 5: Sektionen und Bureaus der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft

Abteilung für industrielle Heinrich Wagner Maschineningenieur und Direktor Kriegswirtschaft (Januar 1918) des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich

Sektion/Bureau Leitung Berufliche Tätigkeit

Bureau für Kohlenversorgung Max Ruoff Maschineningenieur

Bureau für Elektrizitäts- Ernst Muggli Ingenieur und Direktor der St. Gallisch- versorgung Appenzellischen Kraftwerke

Bergbaubureau Hans Fehlmann Bauingenieur

Sektion Chemie Bernardo Diethelm Chemiker und Direktor der Bad- und Kuranstalten Bad Ragaz

Sektion Metalle und Maschinen Paul Emden Maschineningenieur

Sektion Textil- und Richard Iklé Wirtschaftsanwalt Luxusindustrie

Sektion Papierindustrie Louis Maisch Rechtsanwalt

Sektion Eisen- und Otto Dübi Rechtsanwalt und Fabrikdirektor Stahlversorgung

Sektion Lederindustrie Hans Mühlemann Transportunternehmer und Beamter der KTA

Quellen: Schweizerische Bundeskanzlei, Staatskalender 1918, S. 212–214; Schweizerisches Handels- amtsblatt; Historisches Lexikon der SChweiz

Industriezweigen, aber auch der dahinterstehenden Technik vertraut schienen. Die Leitung der einzelnen Sektionen wurde einer Auswahl von in der Mehr- zahl relativ (zwischen 30 und 40 Jahre) jungen Ingenieuren und wirtschaftsnahen Anwälten übertragen (Tab. 5). Ihnen unter- beziehungsweise beratend zur Seite standen weitere Juristen und Branchenfachleute sowie zahlreiche für Spezialfra- gen gebildete Arbeitsgruppen und Kommissionen, deren Entscheidungen in die Ausarbeitung neuer Noterlasse einflossen. Wie dies für die kriegführenden Län- der festgestellt wurde, hielt somit auch in der Organisation der schweizerischen Kriegswirtschaft der «expert in charge» Einzug.234 Ein bedeutender Teil dieses Personals wurde aus den Beständen der Handelsabteilung übernommen, aller- dings weisen die sprunghaft angestiegene Belegschaft der kriegswirtschaftlichen 207 zurückzurück

Organisationen des Bundes auf eine hohe Zahl von Neuanstellungen durch das EVD hin. Nicht immer war man sich in der Verwaltung über die Besetzung der neuen Stellen einig. So beschwerte sich der Leiter der Sektion Papierindustrie im Sommer 1918 darüber, dass ihm das Finanz- und Zolldepartement nicht den gewünschten Fachmann (mit entsprechendem Lohn), sondern nur «irgendeinen frisch abgegangenen Studenten» als Hilfskraft bewilligen wollte.235 Als Chef der AIK schlug Edmund Schulthess einen ausgesprochenen «Techniker», den an der ETH ausgebildeten und seit 1894 das Zürcher Elektrizitätswerk leitenden In- genieur Heinrich Wagner, vor.236 Wagner, der wie die meisten Bereichsleiter der AIK in der Schweizer Armee einen Offiziersgrad bekleidete, war mit den kriegs- wirtschaftlichen Herausforderungen und der staatlichen Antwort darauf bereits vertraut, war er doch Mitglied der SSS sowie der «Munitionskommission» des SMD und sollte vom Bundesrat auch in die vier Monate vor Kriegsende gegrün- dete Kontrollbehörde STS berufen werden.237 Ab dem 1. August 1917 stand Wagner – ungeachtet «ziemlich hoher» fi- nanzieller Ansprüche – der neuen Behörde mit insgesamt 135 Angestellten vor, die zunächst im Bundeshaus West, später durch schrittweise Vergrösserung auch in anderen Büros in der Stadt Bern untergebracht waren.238 Im November 1917 erhielt die Organisation nach Vorschlägen ihres Chefs per Verfügung ihre defini- tive Form. Kurze Zeit später wurden ihr ausserdem die bislang von der Kriegs- technischen Abteilung des SMD besorgten Aufgaben auf dem Gebiet der Leder- versorgung übertragen.239 Wenn auch ein Nachruf auf den 1920 überraschend verstorbenen Heinrich Wagner festhielt, dass dieser die AIK «zum allergrössten Teil […] selbst geschaffen» hatte und stets «sämtliche Fäden» in seiner Hand zu- sammenliefen, war die Funktion des Abteilungschefs gemessen an der im Quel- lenmaterial vorhandenen Korrespondenz doch mehr eine beaufsichtigende und koordinierende.240 Wie ein nach dem Krieg in zwei umfangreichen Bänden publi- zierter Tätigkeitsbericht festhielt, führten die Unterabteilungen, ihre Beamten und die angeschlossenen Zentralstellen ihre Aufgaben «soweit wie irgend mög- lich selbständig» aus. Wagner und das EVD beschränkten sich auf die Festlegung allgemeiner Richtlinien und die Abstimmung zwischen den Sektionen und dem Rest der Bundesverwaltung.241 Die bislang vor allem im Aussenhandel eine bestimmende Rolle spielende Handelsabteilung musste demgegenüber auf einen Grossteil ihres Zuständig- keitsbereichs und Personals verzichten.242 Von allen Ausfuhrgeschäften entbun- den, wurden ihre Aufgaben im für die kriegswirtschaftliche Regulierung grund- legenden Noterlass vom 17. Juli 1917 nicht einmal mehr erwähnt. Nach den im «Fall Mühlemann» gemachten Erfahrungen war für Edmund Schulthess eine Weiterführung der kriegswirtschaftlichen Geschäfte durch die Handelsabteilung und ihren seit 1892 amtierenden Chef, den ehemaligen SHIV-Sekretär Arnold Eichmann, «ein Ding der Unmöglichkeit».243 Etwas diplomatischer, aber mit der gleichen Botschaft stellte der Bundesrat den Sachverhalt offiziell dar: «Die Auf- gaben, die [der Handelsabteilung] zur Erledigung bis jetzt überlassen worden zurückzurück 208

waren, überstiegen, was die Gesamtleitung betrifft, die Kräfte eines Einzelnen und waren so vielseitig, dass eigentlich niemand in der Lage sein konnte, einen allgemeinen Überblick zu haben und die einzelnen zu treffenden Lösungen in sachverständiger Weise zu beurteilen.»244 Im Zuge der nun folgenden Aufteilung der Handelsabteilung wurde auch das Kompensationsbüro aufgelöst, das dort Anfang 1915 für den Austausch von Handelsgütern mit den Mittelmächten geschaffen worden war. Dessen bisheri- ger Leiter, der Baustofffabrikant und freisinnige Nationalrat Ernst Schmidheiny, verlor nicht nur einen äusserst einflussreichen Posten in der Bundesverwaltung, sein Rücktritt auf «ausdrückliches Begehren» akzentuierte die Neuausrichtung der schweizerischen Wirtschaftspolitik im Sommer 1917.245 Der wie Arthur Hoffmann in den Industrie- und Finanzkreisen der Ostschweiz bestens ver- netzte Schmidheiny hatte die Handelsbeziehungen zu Deutschland und Öster- reich-Ungarn im Krieg stark geprägt und dabei auch einigen Verdacht auf sich gezogen, er habe seine Position zum eigenen Vorteil ausgenutzt.246 Ganz konnte der Bundesrat auf eine Persönlichkeit von solchem Format, in der die Rolle des Grossunternehmers mit derjenigen des Spitzenpolitikers völlig verschmolz, allerdings nicht verzichten. Schmidheiny blieb auch nach der Liquidation des Kompensationsbüros einer der wichtigsten Delegierten in den Wirtschaftsver- handlungen mit beiden Kriegsparteien.247 Die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft gab der zuvor sehr situativ und uneinheitlich praktizierten Zusammenarbeit zwischen staatlicher Verwal- tung, privater Industrie und den Handelskontrollorganisationen von Entente und Zentralmächten auf dem Gebiet der Rohstoffversorgung eine neue, «zen- tralisierte» Organisationsform.248 Zwar sollte sich die AIK später auch mit der bevorstehenden Rückkehr zur «Friedensindustrie» und der zukünftigen Rolle des Staats in der schweizerischen Wirtschaft auseinandersetzen, sie war aber auf die spezifische Situation des Weltkriegs zugeschnitten und damit in ihrer Haltbarkeit begrenzt (siehe Kapitel 6.4).249 Die zweite Neugründung im EVD nach der Übernahme der Handelsabteilung erwies sich dagegen als dauerhaf- ter. «Um die Beziehungen der verschiedenen Abteilungen unter sich und mit dem Departementsvorsteher zu erleichtern», wurde im Juli 1917 das erste «Ge- neralsekretariat» der Bundesverwaltung gebildet, in dessen Leitung Edmund Schulthess den Berner Anwalt Walter Stucki und den zuvor in der Handels- abteilung tätigen Ökonomen Werner Bleuler berief.250 Welche Aufgaben Stucki und Bleuler in ihrem neuen Amt zu erfüllen hatten, war kaum vorgegeben. Im Antrag an den Bundesrat erklärte Schulthess lediglich, er müsse sich in sei- nem stark gewachsenen Departement um zu viele Angelegenheiten persönlich kümmern und es sei deshalb notwendig, «dass [er] unmittelbar neben sich ein Sekretariat hat, durch das er diejenigen Geschäfte laufen lassen kann, mit denen er sich nicht speziell befassen muss».251 Der Gestaltungsspielraum der beiden knapp 30 Jahre alten Beamten in der neu gemischten Wirtschaftspolitik des Bundes war entsprechend gross. Das Generalsekretariat – ein solches wurde im 209 zurückzurück

Mai 1918 auch dem SMD angegliedert – widmete sich in erster Linie der Entlas- tung des Departementsvorstehers und fungierte als eine Art Gatekeeper zwi- schen Schulthess und dem administrativen Apparat des EVD. Zudem übte es eine Funktion als Vermittler aus, der die Kommunikation innerhalb des EVD, mit den anderen Departementen des Bundes sowie mit der Öffentlichkeit ka- nalisierte.252 Vor allem der spätere Diplomat Stucki bekam so die Gelegenheit, eine zen- trale Instanz innerhalb des EVD massgeblich mitzugestalten. Er übernahm in der Folge ausserdem den Vorsitz der interdepartementalen Kommission für wirt- schaftliche Fragen. Auf Anregung des Volkswirtschaftsdepartements im Februar 1917 gegründet, stellte dieses Gremium den ersten Versuch dar, die verstreuten kriegswirtschaftlichen Aktivitäten der Bundesverwaltung zu koordinieren. Regel- mässig trafen sich nun die Leiter der betreffenden Abteilungen von EVD, FZD, SMD und (bis zum Juni 1917) EPD, um Lösungsvorschläge zu diskutieren, sich über laufende oder anstehende Massnahmen auszutauschen und zu den zahlrei- chen Eingaben an den Bund Stellung zu beziehen.253 Die Verhandlungen der neuen Kommission flossen in die Notrechtsetzung des Bundesrats und damit in die be- schriebenen wirtschaftlichen Erlasse ein, wenn auch der Wirkungsgrad im einzel- nen Fall schwer bestimmbar bleibt. So gelangten verschiedene Vorschläge wie ein von Fritz Mangold entworfener «Bundesratsbeschluss betreffend das Hamstern» oder auch die bereits im Januar 1918 deutlich befürwortete Schaffung eines zen- tralen Ernährungsamts gar nicht oder nur mit einiger Verzögerung zur Umsetzung (siehe Kapitel 6.1).254 Mit grösserer Sicherheit lässt sich allerdings sagen, dass durch die Kontaktaufnahme zwischen den Beamten eine Vereinheitlichung der kriegs- wirtschaftlichen Regulierungsmethoden und ein Transfer von Wissen und Erfah- rungen innerhalb der Verwaltung in Gang gesetzt wurden. Bestes Beispiel hierfür sind die ab dem Frühjahr 1917 entstandenen Noterlasse, die sich trotz unter- schiedlicher Herkunft in ihren einzelnen Bestimmungen immer stärker anglichen. Im März 1918 wurde neben der Kommission für wirtschaftliche Fragen ausserdem eine «Ernährungskonferenz» ins Leben gerufen, die sich in ähnlicher Weise aus- schliesslich mit dem Thema Lebensmittelversorgung auseinandersetzte.255 Der institutionelle Ausbau und die Änderungen an Struktur und Aufga- ben der staatlichen Verwaltung in der dritten Phase des Vollmachtenregimes waren nicht auf das EVD und die Wirtschaftspolitik beschränkt.256 Auch in den anderen Departementen wurden ab 1917 spezialisierte Abteilungen für die Bewältigung der Kriegssituation gebildet. Trotz aller Koordinations- und Zentralisationsbestrebungen entstand so mit der Zeit ein Gefüge von Dutzen- den staatlichen, halbstaatlichen und privaten, eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Behörden. Gewissermassen ein institutionelles Spiegelbild der in diesem Zeitraum anwachsenden «Flut» der Noterlasse (siehe Abb. 3). Die- jenige Organisationsform, die diesen bürokratischen Apparat und damit das Vollmachtenregime besonders geprägt hat, war die sogenannte Zentralstelle. Zwar war diese Bezeichnung für öffentliche und private Organisationen bereits zurückzurück 210

vor 1914 in Gebrauch, doch erst der Weltkrieg brachte der «Zentralstellenidee» den eigentlichen Durchbruch.257 In ihrer ursprünglichen, seit Ende 1915 in Kooperation mit dem EPD ent- wickelten und später auch von EVD und SMD übernommenen Rolle war eine Zentralstelle ein nicht gewinnorientierter Zusammenschluss privater Firmen, die sich unter staatlichen Auflagen zur Beschaffung und Verteilung eines Produkts oder einer Reihe von Produkten (wie Kohle, Metalle, Leder, Heu, Zucker oder Obst) organisierten. Dies geschah vor allem in Reaktion auf Versorgungseng- pässe und die Forderungen der kriegführenden Staaten nach Handelskontrollen oder Kompensationsgeschäften. Im Gegenzug erhielten die beteiligten Unter- nehmen besondere hoheitliche Rechte, beispielsweise Einfuhr- und Einkaufs- monopole, die Kompetenz zur Festsetzung von Höchstpreisen oder zur Ver- teilung von Vorräten an Verbraucher. Nur vereinzelt wurden diese Befugnisse in Noterlassen festgelegt, da die Organisationen oftmals auf Initiative der Un- ternehmen zustande kamen und der behördliche Einfluss begrenzt war.258 We- niger zentralistisch strukturiert als das System der in Deutschland aus privaten und öffentlichen Akteuren gebildeten «Kriegsgesellschaften», ermöglichten diese Zentralstellen in den ersten beiden Phasen eine weitgehende Selbstregulierung der Privatwirtschaft ohne direkte staatliche Interventionen in den Markt und sie standen damit in der Tradition der Verbandsdemokratie der Vorkriegszeit.259 Sie waren gewissermassen «die institutionalisierte Ausformung [der] Verflechtung der staatlichen mit der privatwirtschaftlichen Sphäre».260 Ab dem zweiten Kriegsjahr und unter dem Eindruck der ökonomischen Verwerfungen des Konflikts wandelten sich allerdings Funktion und Form der als Zentralstellen bezeichneten Organisationen. Es waren dies nun zunehmend den Departementen direkt unterstehende Abteilungen oder halbamtliche Institu- tionen, denen der Bundesrat kraft seiner Vollmachten die Erfüllung aller kriegs- wirtschaftlichen Steuerungsaufgaben in einem bestimmten Wirtschaftsbereich übertragen hatte.261 Grundlage war weiterhin eine enge Kooperation zwischen Staat und Privatwirtschaft. Im Unterschied zu den bereits bestehenden Zentral- stellen, die in erster Linie für die Beschaffung von Waren aus dem Ausland und die Kontrolle der Verwendung konzipiert waren, lag der Schwerpunkt jetzt aber auf der Regulierung eines ganzen Wirtschaftszweigs durch eine «zentrale», mit umfassenden Kompetenzen und Zwangsmitteln ausgestattete Behörde (siehe Ka- pitel 4.2).262 Vom jeweils verantwortlichen Departement gewählte Kommissio- nen sollten dabei als Beratungs- und Kontrollinstanzen fungieren und die Inter- essen der betroffenen Produzenten, Händler und Konsumenten einbinden. Die erste nach diesem Muster per Noterlass geschaffene Zentralstelle war die in Basel ansässige «Schweizerische Rohproduktenkontrolle»263 des Politischen Departe- ments, unter deren «Aufsicht» im April 1916 der «gesamte Handel mit wollenen und halbwollenen Lumpen und Abfällen» gestellt wurde. Ihr folgten nun rasch weitere Zentralstellen.264 Den institutionellen Abschluss dieses schrittweisen Aufbaus eines kriegswirtschaftlichen Regulierungsapparats bildeten schliesslich 211 zurückzurück die Gründungen von AIK und Ernährungsamt, denen 1917 beziehungsweise 1918 die meisten der im Kriegsverlauf geschaffenen Zentralstellen (siehe Tab. 6 und Anm. 264, S. 364) unterstellt wurden. Einen Spezialfall stellte die vom EPD als private Genossenschaft organi- sierte Zentralstelle für technische Fette, Öle, Harze und Wachsarten dar.265 Der nach einer Umstrukturierung im August 1918 kurz Lipos genannten Organisa- tion traten sowohl Abteilungen der Bundes-, Kantons- und Gemeindeverwal- tungen als auch Privatunternehmen bei. Produktion, Handel und Verbrauch der jeweiligen Produkte war nur noch diesem Kreis von Mitgliedern erlaubt. «Auf diesem Wege wurde zum ersten Male eine Regelung von Versorgungs- fragen durch eine Selbstorganisation der Beteiligten angestrebt, wobei […] der Staat kraft seines Aufsichtsrechtes jederzeit die Möglichkeit behält, gewisse Missstände oder einseitige Tendenzen zu verhindern», wie die AIK kurz nach dem Waffenstillstand festhielt.266 Neben der Lipos und den in Tabelle 6 ver- zeichneten Zentralstellen entstanden im Kriegsverlauf allerdings weiterhin auch kriegswirtschaftliche Regulierungsbehörden ohne explizite Anwendung der Vollmachten, wie etwa das Beispiel der Volksschuh-Zentrale AG zeigt.267 Für den Vertrieb des sogenannten Volksschuhs, der, von der Schuhindustrie als typisierter Normschuh gefertigt, den steigenden Preisen für Fussbekleidung entgegenwirken sollte, wurde diese Zentralstelle unter Federführung des Mi- litärdepartements durch die am Schuhgrosshandel beteiligten Unternehmen sowie den VSK im November 1917 in Olten gegründet. Nur kurze Zeit dem Eidgenössischen Volksschuhbüro der KTA unterstellt, beaufsichtigte das Pro- jekt ab Januar 1918 die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, welche die Verantwortung für die schweizerische Lederversorgung zuvor vom SMD über- nommen hatte.268 Auf die starken Widerstände, denen die Idee eines keinerlei Nettogewinne abwerfenden «Volksschuhs» sowie eines parallel dazu geschaffenen «Preis- kontrollsystems» in der Leder- und Schuhbranche insbesondere bei den De- taillisten begegnete, reagierte das Volkswirtschaftsdepartement nicht mit ei- nem Noterlass, es erzwang die Kooperation der Schuhhändler, indem es seine neuen wirtschaftspolitischen Instrumente gegen renitente Unternehmen ein- setzte. Die dem Bund mit den kriegswirtschaftlichen Institutionen zur Verfü- gung stehenden Machtmittel erlaubten es nun also, staatliche Interessen auch ohne Einsatz der Vollmachten wirksam durchzusetzen. Dass Mitsprache und Handlungsspielraum der Privatwirtschaft im Verlauf der dritten Phase zwar keineswegs aufgehoben wurden, jedoch einer stärkeren Bereitschaft zur staat- lichen Intervention gegenüberstanden, zeigte sich auch in der Regulierung des Milchmarktes. Ende 1917 erklärte das EVD: «Die Inanspruchnahme der Milch und ihrer Erzeugnisse zugunsten der Landesversorgung bedeutet in zahlrei- chen Fällen einen starken Eingriff in die wirtschaftliche Freiheit des Einzel- nen. Der sich da und dort zeigende Widerstand der Produzenten musste öfters durch empfindliche Bussen gebrochen werden. Wir sind entschlossen, auch in zurückzurück 212

Tab. 6: Der Bundesverwaltung unterstellte und auf der Grundlage der Vollmachten gebildete kriegswirtschaftliche Zentralstellen, 1914–1919

Bezeichnung Departe- Datum des ment Noterlasses Schweizerische Rohproduktenkontrolle EPD 14. April 1916 Zentralstelle für die Kartoffelversorgung EVD 11. August 1916 Baumwollzentrale EPD 30. September 1916 Zentralstelle für Holzversorgung EDI 17. Oktober 1916 Kontrollstelle für Papier (ab Juni 1918 Papierzentrale) EPD 19. Dezember 1916

Offizielle Zentralstelle für Metalle EPD 23. Dezember 1916 Zentralstelle für die Kohlenversorgung der Schweiz (ab September 1917 Kohlenzentrale A. G.) EPD 23. Januar 1917 Schweizerische Aluminiumkontrolle EPD 11. Mai 1917 Anstalt für Schlachtviehversorgung EVD 18. Mai 1917 Zentralstelle für Butterversorgung (ab August 1917 Teil der Zentralstelle für Milch und Milcherzeugnisse) EVD 1. Juni 1917

Eidgenössisches Brotamt SMD 10. August 1917 Zentralstelle für Milch und Milcherzeugnisse EVD 18. August 1917 Zentralstelle für Getreideanbauvermehrung SMD 3. September 1917 Schweizerische Eisenzentrale (im August 1918 als Syndikat der STS angegliedert) EVD 12. September 1917

Zentralverwaltung der schweizerischen landwirtschaftlichen EVD 7. Januar 1918 Versuchs- und Untersuchungsanstalten Eidgenössische Fettzentrale EVD 15. Januar 1918 Wollzentrale EVD 18. Januar 1918 Knochenzentralstelle EVD 8. März 1918 Zentralstelle für Früchte und andere Produkte der Waldbäume EDI 5. September 1918 Zentralstelle für Weisskraut und Weissrüben EVD 9. September 1918 Seifenzentrale EVD 18. Oktober 1918

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143. 213 zurückzurück

Zukunft von den uns eingeräumten Strafkompetenzen, wenn nötig, rücksichts- los Gebrauch zu machen.»269 Der Erfolg des «Volksschuhs» hielt sich aber trotz dieses gestiegenen Durchsetzungswillens in engen Grenzen.270 Dementsprechend zog Eduard Bally, Nationalrat und Verwaltungsratspräsident des mit Abstand grössten Schuhher- stellers und -händlers der Schweiz, im Dezember 1918 ein Fazit, mit dem er in Unternehmerkreisen sicher nicht alleine stand: «Aus dem Umstand, dass sich die Volksschuhe nicht verkaufen, geht hervor, dass sich der Bund eben nicht zur Führung einer Industrie eignet, denn in diesem Falle haben ihm doch die In- dustriellen ihre Erfahrungen zur Verfügung gestellt und die Sache redlich unter- stützt. […] Die Bundesbehörden verstehen eben nichts von richtiger Organisa- tion.»271 Ein völlig anderes Urteil über die kriegswirtschaftlichen Interventionen des Bundesrats überliefert dagegen ein Redaktor der «Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins». Ein «hochstehender Amerikaner» habe dazu im Rahmen einer Unterhaltung über die «Kriegsmassnahmen in den verschiedenen Ländern» be- merkt: «You must have a wonderful government.»272 Abgesehen von solchen für die Regulierung einer bestimmten Branche oder für die Umsetzung eines kriegswirtschaftlichen Vorhabens geschaffenen Institu- tionen, wurde «Zentralstelle» ab 1917 zu einer Sammelbezeichnung für sehr un- terschiedliche Bundesbehörden, die für eine bestimmte Aufgabe im Kontext der Kriegssituation gebildet und teilweise über das Ende des Weltkriegs hinaus bei- behalten wurden. Das Eidgenössische Fürsorgeamt fiel hierunter ebenso wie die Warenabteilung, die Zentralstelle für Fremdenpolizei, die Zentralstelle für Solda- tenfürsorge oder die wenig formalisierte Zentralstelle für den Ein- und Ausfuhr- transport.273 «Zur richtigen Durchführung» der auf der Grundlage der Vollmach- ten beschlossenen Massnahmen erteilte der Bund ausserdem den Kantonen den Auftrag zur Schaffung eigener Zentralstellen.274 Die Umsetzung dieser Anweisung stiess, wie der achte Neutralitätsbericht festhielt, «mancherorts auf verfassungs- rechtliche Schwierigkeiten […], indem sie die Schaffung von Organisationen und die Einführung von Verfahren erheischt, die über die bestehende Ordnung hin- ausgehen oder mit ihr kollidieren».275 Der Bundesrat beantwortete die darin zum Ausdruck kommende Frage, ob die Kantonsregierungen zum Vollzug seiner Not- erlasse überhaupt ohne Weiteres berechtigt waren, gleich selbst. Er ermächtigte sie im August 1917 generell, alle dazu «notwendigen organisatorischen und pro- zessualen Ausführungsvorschriften auf dem Verordnungswege zu erlassen».276 In einigen Fällen genehmigte der Bundesrat auch direkt Noterlasse der Kantonsregie- rungen, für die im kantonalen Recht keine Grundlage bestand. Beispielsweise im Oktober 1918, als er den Regierungsrat von Zürich, gestützt auf die Vollmachten, zur Requirierung von Lokalen für Massenspeisungen berechtigte.277 Die Expansion des kriegswirtschaftlichen Verwaltungsapparats war, wie beispielsweise die Äusserungen Ballys zeigen, höchst umstritten.278 Einerseits weil viele der notrechtlich legitimierten und staatlich finanzierten Zentralstel- len auf Betreiben einzelner Unternehmergruppen zustande gekommen waren zurückzurück 214

und dadurch auch deren Partikularinteressen verfolgten. Wie in keinem anderen Bereich des Vollmachtenregimes zeigte sich im System der Zentralstellen eine «Verflechtung der staatlichen mit der privatwirtschaftlichen Sphäre», die für die Wirtschaftspolitik des Bundes im Ersten Weltkrieg charakteristisch war.279 Auf der anderen Seite schlug den zunehmenden Interventionen in Wirtschaft und Gesellschaft Ablehnung entgegen, weil sie den immer noch einflussreichen Ordnungsvorstellungen des «Laissez-faire»-Staats widersprachen. Gewiss hat- ten schweizerische Unternehmen vor dem Ersten Weltkrieg nicht ohne gesetz- liche Schranken agiert, doch die Auswirkungen des Wirtschaftskriegs und die notrechtlichen Strategien der Bewältigung der innen- und aussenpolitischen Herausforderungen brachten ab 1917 eine «Machtentfaltung»280 des Interven- tionsstaats in bislang ungekanntem Ausmass mit sich: «Das ‹Laissez-faire› blieb als höchste Weisheit in den nationalökonomischen Lehrbüchern […], aber die Wirtschaftspolitik aller Staaten des mittel- und westeuropäischen Kapitalismus war bereits ganz andere Wege gegangen.»281 Die Ablehnung dieser Entwicklung kristallisierte sich im Vorwurf des aufkommenden «Staatssozialismus», mit dem sich die Bundesverwaltung und insbesondere Edmund Schulthess konfrontiert sahen (siehe Kapitel 6.3).282 Während der Vorsteher des EVD zu dieser Kritik bereits kurz nach Hoff- manns Rücktritt in der zitierten Rede vor dem Parlament Stellung bezogen und eine neue Rolle des Staats in Wirtschaft und Gesellschaft propagiert hatte, re- agierte die AIK im April 1918 mit einer eigenen Konzeption zukünftiger Politik. Die mittlerweile über 300 Angestellte zählende Behörde gab per Pressekommu- niqué zu verstehen, dass der Weltkrieg den Beginn einer neuen Phase der Welt- wirtschaft mit sich gebracht habe, der sich die Schweiz anpassen müsse.283 «Alte Formen und Methoden» staatlichen Handelns hätten sich als «Ladenhüter» her- ausgestellt, auf die auch nach dem Ende des globalen Konflikts nicht mehr zu- rückgegriffen werden könne: «Die wirtschaftliche Entwicklung drängt offenbar zu einer immer stärkern Konzentration. An Stelle der wildwuchernden Privatwirtschaft, des «freien Spiels der Kräfte», wie das Schlagwort heisst, tritt […] eine mehr und mehr auf breite, genossenschaftliche oder kommunale Basis gestellte Wirtschaft unter der Aufsicht des Staates. Dieser wird sein Tätigkeitsgebiet vorab darin suchen, die interessierten Kreise zusammenzubringen, die Finanzierung in die Wege zu leiten, unrationelle Betriebe im Interesse der Allgemeinheit auszuschalten oder bestehenden Organisationen anzugliedern. Diese Or- ganisationen im internationalen Verkehr zu vertreten und ihnen den nöti- gen Rückhalt zu geben, den interessierten Kreisen Orientierung über wirt- schaftliche Vorgänge im In- und Ausland zu vermitteln, den Ausgleich von Produktion und Absatz im Inland vorzunehmen, kurz als Zentralstelle zu wirken.»284 Damit hatte der Prozess, der 1915 mit der Bildung erster privater Zusammen- schlüsse unter der lockeren Aufsicht des Politischen Departements begonnen 215 zurückzurück hatte, seine Fortschreibung in die Nachkriegszeit erfahren: «Wer anders als der Staat», fragte die AIK abschliessend rhetorisch, konnte in Zukunft die sich immer stärker widersprechenden Interessen des Einzelnen und der Allgemeinheit «unter einen Hut bringen? Man braucht keineswegs Rathenausche Theorien unbesehen zu akzeptieren, um den Entwicklungsgang in dieser Richtung zu erkennen.»285 Diese von der NZZ mit Skepsis kommentierten Äusserungen aus der Bun- desverwaltung als Anzeichen eines fundamentalen Paradigmenwechsels, einer generellen Abkehr von der liberalen Wirtschaftsordnung des 19. Jahrhunderts zu deuten, würde wohl zu weit führen.286 Doch sind sie ein Gradmesser für die Veränderungen des politischen Entscheidungshorizonts und die Anfänge eines neuen administrativen Konsenses in der Kriegszeit. Ohne die Prinzipien der Han- dels- und Gewerbefreiheit aufzugeben, wurden staatliche Intervention und kar- tellartige Organisation in Krisenzeiten nun breiter akzeptiert, ja im Netzwerk der politischen Entscheidungsträger sogar als Lösungen für den Normalzustand dis- kutiert.287 Es fällt auf, dass in den ersten beiden Phasen des Vollmachtenregimes auf punktuelle, improvisierte und vom Dickicht der Interessen, Akteure und Amts- stellen gebremste Lösungen gesetzt wurde, während zumindest Teile der Bundes- verwaltung ab 1917 von tief greifenden, längerfristigen Wirkungen des Weltkriegs auf die Schweiz ausgingen. In diesem Sinne wurden die Vollmachten für eine Wirt- schafts- und Sozialpolitik mit mehr Systematik und Konsistenz eingesetzt. Die Logik der Entscheidungsfindung hatte sich gewissermassen umgedreht. War sie im «System Hoffmann» nach Kriegsausbruch von der Erwartung einer kurzen, vorübergehenden Krise geprägt, war in der dritten Phase ein Ende des Konflikts nun «nicht abzusehen», die Angst vor wirtschaftlich und sozial gravie- renden Folgen bedeutend grösser und die Bereitschaft zu längerfristigen Inter- ventionen des Staats entsprechend höher (siehe Kapitel 6.4).288 Dass es die AIK war, die sich zu diesem Thema so pointiert äusserte, war überdies kein Zufall. Parallel zum Abschluss eines neuen Handelsabkommens289 mit Deutschland im Mai 1918 war in der Sektion Chemie ein Nachrichtendienst für die «Probleme der Übergangswirtschaft» gebildet worden, der sich zunächst auf die Sammlung und Zusammenfassung von Material über die wirtschaftspolitischen Entwick- lungen im Ausland konzentrierte.290 Das Büro wurde Ende August 1918 dem neuen Generalsekretariat angegliedert. Gleichzeitig beteiligte sich das EVD an einer Kommission zur Gestaltung der Nachkriegswirtschaft, die vom SHIV ins Leben gerufen wurde.291 Heinrich Wagner selbst begann im Herbst 1918 kon- kret zu planen, welche Teile der kriegswirtschaftlichen Organisationsformen und Vorschriften in der Nachkriegszeit beibehalten werden sollten, wobei er im Be- reich der Energie- und Rohstoffversorgung «helfende» Eingriffe des Bundes, zur Unterstützung der Industrie im «Weltkonkurrenzkampf» eine Bündelung aller im Aussenhandel tätigen Firmen in einer Schweizerischen Import- und Export- gesellschaft unter der Leitung des EVD befürwortete.292 Keine Persönlichkeit der Schweizer Politik wurde mit den tatsächlichen oder in die Zukunft projizierten Veränderungen des Vollmachtenregimes wäh- zurückzurück 216

Tab. 7: Zusammensetzung des Bundesrats, 1914–1920 (fette Schrift = Bundespräsident)

1914 1915 1916 EPD Arthur Hoffmann (1911) EDI Felix-Louis Calonder (1913) EVD Edmund Schulthess (1912) PED Ludwig Forrer (1902) SMD Camille Decoppet (1912) Camille Decoppet JPD Eduard Müller (1895) FZD Giuseppe Motta (1911) Giuseppe Motta

Bundeskanzlei Hans Schatzmann

Quelle: Altermatt, Bundesräte, S. 626 f.

rend der zweiten Kriegshälfte so stark identifiziert wie Bundesrat Edmund Schulthess. In Analogie zu den «Organisatoren» der Kriegsstaaten wie Walther Rathenau, Albert Thomas oder David Lloyd George wurde Schulthess zur Per- sonifikation kriegswirtschaftlicher Ausnahmepolitik schlechthin.293 Die hohe Zahl unterschiedlichster Probleme, Interessen und Akteure, mit denen sich der Aargauer Freisinnige und ehemalige Industrieanwalt auseinandersetzen musste, veranlasste bereits zeitgenössische Kommentatoren zu idealisierenden Beschrei- bungen seiner Fähigkeiten. So bemerkte der Jurist Heusler im Kommentar zur Gründung der AIK: «Wie der Departementsvorsteher das alles in der Hand be- halten kann, diese übermenschliche Aufgabe ist freilich schwer zu verstehen.»294 Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg aber kultivierten Beobachter das seit dem Sommer 1917 konstruierte Bild des ebenso unermüdlichen wie undogmatischen Machers und «organisateur de premier ordre».295 Es sollte seine mehr als 20 Jahre dauernde Amtszeit als Vorsteher des EVD prägen, die schliesslich mit der Be- zeichnung «Ära Schulthess» geadelt wurde.296 Als 1934 die sozialistische Monats- schrift «Rote Revue» auf die – erneut notrechtlichen – Massnahmen des Bundes- rats zur Bewältigung der Weltwirtschaftskrise zurückblickte, stellte sie diese als konsequente Weiterführung der «fast diktatorisch» ausgeübten Wirtschaftspoli- tik des Ersten Weltkriegs dar: «Schultheß organisierte die Kriegswirtschaft, schränkte die Freiheit des Unternehmers auf ein Mindestmaß ein und vereinigte schließlich alle wirt- schaftlichen Fäden in seiner Hand. Wir wissen nicht, ob er sich an der von Walter Rathenau geschaffenen deutschen Kriegswirtschaft orientierte – die Annahme ist wohl eher zu verneinen; aber die Tatsache bleibt bestehen, daß Schultheß in diesem Augenblick alle Bindungen liberaler Tradition im 217 zurückzurück

1917 1918 1919 1920 Gustave Ador Felix-Louis Calonder Giuseppe Motta Gustave Ador Gustave Ador Ernest Chuard Edmund Schulthess Heinrich Häberlin Jean-Marie Musy

Adolf von Steiger

Gebiete der Wirtschaftspolitik über Bord warf. Er schuf im Rahmen des kapitalistischen Wirtschaftssystems in der Schweiz eine Planwirtschaft, die unvollkommen war, die viele Fehler hatte und oft nur mangelhaft funktio- nierte, die aber doch in grundsätzlicher Beziehung dem Credo des alten Liberalen völlig entgegenstand. […] Allein, das vermag nicht darüber hin- wegzutäuschen, daß zum erstenmal in der Entwicklung des schweizerischen Kapitalismus die Gesetze der freien Konkurrenz fast auf dem ganzen Gebiet des wirtschaftlichen Lebens ausgeschaltet waren. Die Nachkriegszeit hätte, wenn es keine Dynamik des wirtschaftlichen und politischen Geschehens geben würde, die Rückkehr zur Politik des laissez faire bringen sollen. […] Aber es war kein Zurück [mehr] zu den seligen Gefilden des bürgerlichen Wirtschaftsliberalismus. Edmund Schultheß gab den Grundgedanken der staatlichen Intervention nicht mehr auf.»297 Wenn in der Öffentlichkeit vor allem seit den Dreissigerjahren von einer «Ära Schulthess» die Rede war, meinte dies weniger die Dominanz einer einzelnen Person innerhalb der schweizerischen Regierung, wie sie im «System Hoffmann» vermutet worden war. Der Begriff bezog sich in erster Linie auf den langen Ver- bleib eines einzelnen Bundesrats in einem bestimmten Departement über meh- rere Jahrzehnte, wodurch dieser als eigentlicher «Fachminister» den jeweiligen Politikbereich besonders prägen und gestalten konnte. Deshalb war es auch kein Widerspruch, wenn gleichzeitig in Bezug auf das Politische Departement von der «Ära Motta» und später beim EDI von der «Ära Etter» gesprochen wurde.298 Die durchschnittliche Amtsdauer der Regierungsmitglieder war nach dem Ers- ten Weltkrieg bis 2016 mit 9,5 Jahren zwar drei Jahre kürzer als zwischen 1848 und 1918. Dagegen nahm allerdings die Zeitspanne, in der ein Bundesrat dem- zurückzurück 218

selben Departement vorstand, von fünf auf fast acht Jahre markant zu.299 Diese Entwicklung hin zu einem «Ministerialsystem» relativ selbständig agierender Departementsvorsteher, das in zunehmendem Gegensatz zum «ursprünglichen Idealkonzept der Kollegialregierung» stand, war zum einen eine direkte Folge des Gewichts, das die Exekutive durch das Vollmachtenregime im institutionel- len Gefüge des schweizerischen Bundesstaats erlangt hatte.300 Zum anderen hing sie damit zusammen, dass die nach Hoffmanns Rücktritt beschlossene Rückkehr zum Rotationsprinzip des EPD schon 1918 wieder aufgegeben wurde (siehe Tab. 7). Wie geplant übernahm Felix Calonder in diesem Jahr als Bundespräsi- dent von Gustave Ador das Politische Departement, konnte diesem aber durch einen Noterlass ein zusätzliches Jahr vorstehen. Die Verlängerung erwies sich als dauerhaft, denn die Nachfolge des Bündners trat 1920 Giuseppe Motta an, der darauf 20 Jahre lang Aussenminister bleiben sollte. Dadurch wurde der Tessiner zum einzigen Bundesrat, der während beider Weltkriege im Amt war.301

5.4 «Unbegrenzter Kredit»

Der jahrelange Krieg führte dazu, dass das wirtschaftliche Potenzial der teilneh- menden Staaten immer stärker in den Dienst der militärischen Leistungsfähig- keit gestellt und der «Kriegsschauplatz erstmals auf die ganze Gesellschaft ausgedehnt» wurde. Diese Anstrengungen gingen an den Haushalten und Finan- zierungsmethoden nicht spurlos vorüber.302 Wenn sich die «war governments» des Ersten Weltkriegs auch nach der Maxime «maximum slaughter at minimum expense» richteten – um die industrielle und landwirtschaftliche Produktion in die Versorgung der Armeen umzulenken, einen kriegswirtschaftlichen Verwal- tungsapparat aufzubauen und gleichzeitig noch den Ansprüchen der Zivilbevöl- kerung auf Arbeit und Bedarfsgüter gerecht zu werden, waren enorme Mengen öffentlicher Gelder notwendig.303 Dementsprechend stiegen die Staatsausgaben nach Kriegsausbruch sprunghaft an und kehrten auch nach dem Ende des Kon- flikts nicht mehr auf das Niveau von 1913 zurück (Grafik 11). Ein Phänomen, das von der Finanzgeschichte als «displacement effect» bezeichnet wurde.304 In geringerem Masse trat dieser Effekt auch in den neutralen Ländern auf. Die nominalen Staatsausgaben verschiedener neutraler und kriegführender Länder lagen 1918 zwischen rund 450 (Niederlande) und mehr als 1700 Prozent (USA) höher als im letzten Jahr vor dem Krieg. Im Durchschnitt verzehnfach- ten sich bei den untersuchten Staaten die Ausgaben der öffentlichen Hand bis Kriegsende, was aber zu einem beträchtlichen Teil mit dem Anstieg des all- gemeinen Preisniveaus, das sich je nach Land sehr unterschiedlich entwickelte, zusammenhing. Wo für den Untersuchungszeitraum überhaupt als zuverlässig eingeschätzte Daten305 vorliegen, lässt sich diese Ausdehnung der Staatshaus- halte deshalb differenzierter darstellen, indem der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in den Blick genommen wird (Grafik 12). Hierbei zeigt 219 zurückzurück

Grafik 11: Nominale Staatsausgaben (1913 = 100 Prozent), 1913–1920

5000

500

50 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 Schweiz Deutschland Italien Österreich-Ungarn Frankreich Holland Grossbritannien USA Russland

Quellen: HSSO, Tab. U.7 (Schweiz); Palgrave Macmillan, International Historical Statistics (Deutschland, Italien, Frankreich, Grossbritannien, USA, Niederlande); Michelson, Revenue, S. 70 und 215 (Russland); Winkler, Einkommensverschiebungen, S. 71 und 75 (Österreich-Ungarn).

Grafik 12: Prozentualer Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, 1913–1920 80

70

60

50

40

30

20

10

0 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 Schweiz Spanien Grossbritannien USA Italien Dänemark Norwegen Schweden Frankreich Deutschland

Quellen: HSSO, Tab. U.7 und Q.16a (Schweiz); Mauro et al., Fiscal Prudence (Australien, Spanien, Gross- britannien, USA, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden); Broadberry/Harrison, Economy, S. 15 (Frankreich, Deutschland). zurückzurück 220

sich, dass auch dieses Verhältnis im Kriegsverlauf von durchschnittlich 7,4 Pro- zent (1913) auf 24,7 Prozent (1918) markant anstieg, allerdings offenbart die Entwicklung wesentliche Unterschiede zwischen den Ländern. Besonders stark nahm die Staatsquote in Italien, Grossbritannien, Frankreich, Deutschland, den USA und dem neutralen Schweden zu, wobei die grösste Ausdehnung 1916/17 beziehungsweise 1918/19 erreicht wurde. In den übrigen, in der Mehrzahl nicht kriegführenden Ländern stieg der Anteil bis 1918 vergleichsweise schwach von rund 6,3 auf 8,3 Prozent. Bemerkenswert ist, dass die Staatsquote während der «Kriegskonjunktur» in den Jahren 1915 und 1916 in allen neutralen Staaten leicht zurückging, um dann auf das folgende Jahr hin wieder anzusteigen. 1916 war sowohl in Bezug auf die nominalen Zahlen wie auf die Staatsquote dasjenige Kriegsjahr, in dem die Ausgaben länderübergreifend am wenigsten wuchsen. Im folgenden Schlüsseljahr 1917 stiegen sie dann allerdings am stärksten. Die Schweiz lag in dieser Entwicklung der Staatsfinanzen zusammen mit anderen Neutralen am unteren Ende, sowohl was die nominalen Ausgaben als auch was die Staatsquote betraf.306 1918 waren die Bruttoausgaben des Bundes – Kantone und Gemeinden sind hier nicht mitgezählt – genau fünfmal so hoch wie 1913 (Grafik 13). Von den untersuchten Staaten wiesen nur die Niederlande ein geringeres Ausgabenwachstum auf. Der Anteil der Bundesausgaben am schwei- zerischen Bruttoinlandsprodukt verdreifachte sich zwar beinahe zwischen 1913 und 1915, blieb dann aber relativ konstant bei etwas mehr als 5,5 Prozent. An- dere neutrale Länder überholten die Schweiz in dieser Beziehung ab 1916. Vor allem die USA, die wie zuvor Italien nach dem Kriegseintritt ihren Staatshaushalt massiv ausdehnten. War die Phase der militärischen Auseinandersetzungen in Westeuropa bei allen Unterschieden im Detail von einem vergleichsweise homo- genen Anstieg der Staatsfinanzen geprägt, traten nach dem Waffenstillstand vom November 1918 und in der unmittelbaren Nachkriegszeit stärkere Differenzen auf. Insbesondere die Ausgaben des von Inflation betroffenen Deutschen Reichs, aber auch diejenigen der USA und Italiens stiegen weiter an, während die Staats- quoten nun wieder deutlich zurückgingen. Auch in der Schweiz setzte sich das nominale Wachstum zunächst fort und erreichte erst 1920 mit rund 620 Millio- nen Franken den Höchstwert. Die Staatsquote blieb während der Rezession der Nachkriegszeit auf hohem Niveau und stieg bis 1921 auf 6,5 Prozent. Dies waren Zahlen, wie sie erst zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wieder erreicht wurden.307 Woraus setzte sich diese Ausdehnung des Staatshaushalts im Kriegsverlauf zusammen (siehe Grafik 13)? Für das letzte Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wies der Bund etwas mehr als 100 Millionen Franken Verwaltungs- ausgaben aus, wovon die Landesverteidigung rund ein Drittel, die Kosten für Personal und Liegenschaften ein Viertel und die verschiedenen Subventionsleis- tungen etwas mehr als 20 Prozent beanspruchten (siehe Kapitel 2.3). Im Welt- krieg kamen die Kosten für das Truppenaufgebot der Armee sowie – ab 1917 und vor allem in der Zeit nach dem Waffenstillstand – die verschiedenen Unterstüt- zungsaktionen des Bundes in den Bereichen Lebensmittelversorgung, Hilfe für 221 zurückzurück

Grafik 13: Bundesausgaben in Millionen Franken, 1913–1920

700

600

500

400

300

200

100

0 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 Verwaltungsrechnung Mobilisationkosten Andere militärische Zwecke Verbilligung der Lebenshaltung Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Andere Hilfsaktionen Neubauten

Quelle: HSSO, Tab. U.7.

in Schwierigkeiten geratene Industriezweige sowie Arbeitslosenfürsorge hinzu. Als «andere militärische Zwecke» enthielt das Budget ab 1918 die Ausgaben für Einsätze des Militärs im Ordnungsdienst, beispielsweise anlässlich des Landes- streiks, sowie für die «Bewachungstruppen», die für die turbulente Übergangs- zeit zwischen Waffenstillstand und vollständiger Demobilisation aufgestellt wurden (siehe Kapitel 6.4).308 Zwar steuerten diese «Neutralitätskosten»309 den überwiegenden Teil zu den steigenden Staatsausgaben ab 1914 bei, doch wuchs, wie Grafik 13 zeigt, auch die Verwaltungsrechnung des Bundes stark an – und sie ging im Unterschied zu den ausserordentlichen Aufwendungen des Weltkriegs nach dem Ende des Konflikts nicht mehr auf die Zahlen vor 1914 zurück.310 Der Aufbau des in Kapitel 5.3 dargestellten Behördenapparats liess die Zahl der An- gestellten in der Bundesverwaltung311 zwischen 1913 und 1920 um 73 Prozent von rund 2900 auf fast 5000 zunehmen.312 Parallel dazu stiegen die staatlichen Personalausgaben von 19,7 auf 52,6 Millionen Franken an – nicht zuletzt wegen Lohnerhöhungen, mit denen ab 1918 die Forderung nach einem Ausgleich der Teuerung beantwortet wurde (siehe Kapitel 6.1).313 Der «Grosse Krieg» rief also nach einem grossen Staat und bei dessen Finanzie- rung beschritten die kriegführenden Länder prinzipiell drei Wege: Geldschöpfung durch Notenbanken, Emission von Anleihen im In- und Ausland sowie Erhöhung bestehender beziehungsweise Einführung neuer Steuern und Gebühren.314 Da sich zurückzurück 222

die vor 1914 angelegte «Kriegskasse» angesichts der Dauer des Konflikts rasch als unzureichend herausstellte und gleichzeitig die Zolleinnahmen als wichtigste Fi- nanzquelle des Staats stark zurückgingen, wandte auch die neutrale Schweiz diese drei Methoden an. Die notrechtlichen Kompetenzen des Bundesrats spielten hier- bei eine tragende, wenn auch nicht exklusive Rolle.315 Nicht von ungefähr hatte sich die Regierung im Vollmachtenbeschluss vom 3. August 1914 vom Parlament auch einen «unbegrenzten Kredit zur Bestreitung der Ausgaben» des Ausnahme- zustands bewilligen lassen (siehe Kapitel 3.1). Vollmachtenregime, Grenzbesetzung und Ordnungsdienst benötigten im Vergleich zwar weniger finanzielle Ressourcen als die direkte militärische Konfrontation der Nachbarstaaten, doch durchlief auch die Finanzgeschichte der Schweiz ab 1914 eine «grund legende Zäsur» – sowohl was die Beschaffung und Verwendung der Haushaltsmittel als auch was den Grad der öffentlichen Verschuldung betraf.316 In den ersten Monaten nach Kriegsausbruch wurde der Geldbedarf des Bundes in erster Linie durch Kredite gedeckt. Mit dem überhaupt ersten Not- erlass von den Restriktionen der Goldeintauschpflicht für Papiergeld befreit,317 konnte die Schweizerische Nationalbank dem Bund durch die «Diskontierung von Schatzanweisungen» (Zahlungsversprechen) kurzfristige Darlehen gewäh- ren. Diese Geldquelle war anfangs als Überbrückungslösung für die dringlichen Bedürfnisse der Mobilisierung gedacht, kam dann aber während des ganzen Un- tersuchungszeitraums und darüber hinaus zur Finanzierung der Lebens- und Futtermittelbeschaffung zum Einsatz. Mitte 1919 beliefen sich die Verbindlich- keiten des Bundes gegenüber der Zentralbank auf 515 Millionen Franken.318 In vergleichbarer Weise nahmen auch Kantone, Gemeinden und die SBB die Natio- nalbank als Kreditgeberin in Anspruch.319 Die junge SNB, erst 1906/07 mit dem Ziel einer stabilen Geldversorgung und eines reibungslosen Zahlungsverkehrs geschaffen, sah sich damit unvermittelt in der Rolle wieder, für die sich Adolf Jöhr und Walter Hoefliger bereits vor Kriegsausbruch nach dem Vorbild der deutschen und der französischen Notenbank ausgesprochen hatten (siehe Kapi- tel 2.6): Sie war zur «Kriegsbank des Staates» geworden.320 Während die Kredite der SNB an die Bundeskasse ihre rechtliche Grund- lage in einer Abänderung des Nationalbankgesetzes vom Sommer 1911 hat- ten, stützte sich die zweite Finanzierungsmethode der Kriegszeit ganz auf die Kompetenzen des Vollmachtenregimes.321 Zwischen August 1914 und Septem- ber 1918 beschloss der Bundesrat, insgesamt neun inländische «Mobilisations- anleihen» im Gesamtbetrag von 830 Millionen Franken aufzunehmen.322 Hinzu kamen zwischen März 1915 und Juli 1920 drei Obligationen, die der Bund auf dem Kapitalmarkt der USA zeichnete. Vor allem zur Finanzierung der Lebens- mitteleinfuhr aus den Vereinigten Staaten konnten so weitere 70 Millionen Dol- lar, nach damaligen Devisenkursen rund 400 Millionen Franken, aufgenommen werden.323 Durch diese Finanzierung mittels Obligationen stiegen nicht nur die langfristigen Schulden des Bundesstaats an, es entstand zugleich ein lukrati- ves Geschäftsfeld für Schweizer Finanzunternehmen, die gegen den Willen von 223 zurückzurück

Regierung und SNB ein Monopol zur Emission von Staatsanleihen des Bundes durchsetzen konnten.324 Beides, die Finanzierung des staatlichen Budgets durch die Kredite der SNB und die Emission von Anleihen, kam für rund 70 Prozent der Mehraus- gaben des Bundes während des Ersten Weltkriegs auf. Der Rest wurde durch Steuern und Gebühren gedeckt.325 Im Unterschied zu zahlreichen anderen Politikfeldern, in denen gesetzliche Vorschriften allein auf der Grundlage der Vollmachten eingeführt wurden, beschritt der Bundesrat in der Abgabenpoli- tik der Kriegszeit mehrere Wege parallel. Der erste notrechtliche Beschluss in diesem Bereich kam denn auch nicht von ihm selbst, sondern vom Parlament. Auf Antrag der Regierung und per dringlichem Bundesbeschluss hob die Bun- desversammlung Ende Dezember 1914 kurzfristig eine Reihe von staatlichen Abgaben an. Unter anderem wurden der zwischen Kantonen und Bund auf- geteilte Militärpflichtersatz (von 1,5 auf 3 Prozent des Jahreseinkommens)326 und die Zollgebühr für die Einfuhr von Spirituosen verdoppelt. Ebenfalls er- höht wurden die Taxen für die Beförderung von Briefen und für den Betrieb von Telefonstationen sowie die Tarife der SBB.327 Noch vor Jahresende wurde der Bundesrat dann noch selbst aktiv und erhöhte die Gebühren für nächtliche Telefongespräche.328 Angesichts der Zahlen, mit denen der Bundeshaushalt bereits in der ersten Phase des Vollmachtenregimes aufwartete, konnten diese und ähnliche Mass- nahmen nur einen vergleichsweise kleinen Teil zur Finanzierung der steigenden Staatsausgaben beitragen – wenn sie auch im Einzelfall durchaus eine empfind- liche Erhöhung der Abgaben bedeuten konnten.329 Um den restlichen Bundes- haushalt nicht ganz auf Kredite beziehungsweise Schulden zu stützen, mussten weitere Geldquellen erschlossen werden. Bei allem Widerstand gegen die Ein- führung von Bundessteuern sprach sich das FZD deshalb bereits wenige Wochen nach Kriegsausbruch für die Erhebung einer «einmaligen ausserordentlichen Kriegssteuer» aus.330 Mit den juristischen und statistischen Vorarbeiten beauf- tragte der Bundesrat eine Kommission, der die Nationalräte Paul Speiser und Arthur Eugster sowie der Finanzwissenschaftler Jakob Steiger als massgebliche Experten angehörten.331 Die zentrale Frage, die es vor der fiskalischen Konzep- tion der Kriegssteuer zu klären galt, war diejenige nach der rechtlichen Grund- lage. Die Einführung einer direkten Steuer auf Bundesebene war eine äusserst heikle, seit Jahrzehnten kontrovers diskutierte Angelegenheit; «une atteinte à l’état de choses actuel qui réserve aux cantons le domaine des impôts directs», wie das Regierungsprotokoll festhielt.332 Der einfachste Weg, die Steuer mit- tels der ausserordentlichen Vollmachten zu beschliessen, stand zwar im Raum, wurde von Giuseppe Motta allerdings schon früh abgelehnt. Da die Erhebung ursprünglich erst nach Kriegsende und primär für den Abbau der bis dahin an- gehäuften Staatsschulden vorgesehen war, liess sich ein Rückgriff auf Notrecht nicht rechtfertigen. Zudem befürchtete der Bundesrat laut Steiger, die Einfüh- rung der Kriegssteuer durch einen Noterlass könnte vom Kapitalmarkt als Ver- zurückzurück 224

legenheitslösung und Ersatz für die Aufnahme einer weiteren Anleihe aufgefasst werden, was für das Land «eine schwere Kreditschädigung bedeutet» hätte.333 Regierungsmehrheit und Experten entschieden sich deshalb gegen das Not- recht und für einen regulären Verfassungszusatz, der dem Bund das Recht «zur teilweisen Deckung der Kosten des Truppenaufgebotes während des europäi- schen Krieges [durch] eine einmalige Kriegssteuer» auf Vermögen und Erwerbs- einkommen geben sollte.334 Die Regelung der Details würde dann in einem Parla- mentsbeschluss vorgenommen. Dieses Vorgehen – in einem Gutachten zuhanden des FZD hatte sich auch Walther Burckhardt dafür ausgesprochen – unterlag dem obligatorischen Referendum, weshalb über die Kriegssteuer eine Volksabstim- mung durchgeführt werden musste.335 Der Bundesrat lud dieses Plebiszit im Vorfeld zu einer allgemeinen Frage des Vertrauens in seine Kriegspolitik und zu einem Testfall der schweizerischen Demokratie in der Ausnahmesituation auf. Er machte daraus ein «symbole de l’Union sacrée», das eine höchstmögliche Zu- stimmung erreichen musste.336 Dies wurde bereits an einer ersten Konferenz mit den Kantonsregierungen im Januar 1915 deutlich, als Finanzminister Motta nach einer drastischen Schilderung der finanziellen Lasten des Bundes ausführte: «Es wäre kein Ehrenblatt in der Schweizergeschichte, wenn wir in dieser schicksals- schweren Zeit nicht ein opferwilliges Volk und opferwillige Stände finden wür- den. […] Es wird sich jetzt zeigen, ob unsere Demokratie auf der Höhe der Zeit ist. Sollte dieselbe die Probe nicht bestehen, so würde die demokratische Idee in der ganzen Welt auf lange Zeit zurückgedrängt.»337 Der Abstimmungskampf, an dem sich fast alle Bundesräte beteiligten und der mit einem eigenen Heft der «Schweizer Zeitfragen» dokumentiert wurde, war erfolgreich.338 Am 6. Juni 1915 erteilten die Stimmbürger der Kriegssteuer mit einem enorm hohen Ja-Anteil von 94,3 Prozent ihre Zustimmung. Auch in den Westschweizer Kantonen, wo genau zu diesem Zeitpunkt die Opposi- tion gegen die Vollmachten an Schwung gewann, wurden bei etwas geringerer Wahlbeteiligung solche Zustimmungsraten erreicht (siehe Kapitel 4.3).339 In dieser Hinsicht war das bedingungslose Vertrauen, das der Bundesrat für seine Kriegspolitik eingefordert hatte, auch ein Jahr nach Kriegsausbruch noch in- takt. Der Verfassungsänderung folgte Ende Dezember 1915 ein von der Exper- tenkommission des FZD entworfener Parlamentsbeschluss, der unter anderem die Aufteilung der Einnahmen zwischen Bund und Kantonen, den Kreis der Steuerpflichtigen, die Modalitäten der Erhebung sowie die Steuerprogression regelte.340 Für die Durchführung und Überwachung des Vorhabens gründete der Bundesrat kurz darauf die Eidgenössische Kriegssteuerverwaltung, die Anfang 1918 zur Eidgenössischen Steuerverwaltung des Finanzdepartements ausgebaut wurde.341 Gemessen am wortgewaltigen Einsatz der Regierungsmit- glieder und den Dimensionen des Bundesbudgets mutet der finanzielle Ertrag der Kriegssteuer mit rund 125 Millionen Franken bis 1917 bescheiden an, wenn er auch die ursprünglichen Prognosen des FZD weit übertraf. Wichtiger war demgegenüber das fiskalische Wissen über die Verteilung von Vermögen und 225 zurückzurück

Einkommen in der Schweiz, das Bund und Kantone durch die Erhebung erst- mals sammeln konnten.342 Das Projekt der Kriegssteuer bereitete so einer weiteren direkten Einnahme- quelle den Boden: der «Kriegsgewinnsteuer». Die Anregung hierzu kam zum einen von Bundesrat Ludwig Forrer, der im August 1915 nach der gewonnenen Abstimmung die Frage aufwarf, «ob und in welcher Weise die von einzelnen Unternehmungen erzielten Kriegsgewinne zur Deckung der Ausgaben heran- gezogen werden können».343 Zum andern handelte es sich um eine Idee, die zu diesem Zeitpunkt bereits länderübergreifend diskutiert wurde. Als erstes euro- päisches Land hatte Dänemark im Mai 1915 eine «ausserordentliche Einkom- menssteuer» beschlossen, um kriegswirtschaftliche Gewinne der privaten Unter- nehmen für die Staatsfinanzen und die Allgemeinheit abzuschöpfen.344 Es folgten wenig später Schweden, Norwegen, Italien und Grossbritannien, 1916 dann Österreich-Ungarn, Russland, die Niederlande, Frankreich und das Deutsche Reich. Die Vereinigten Staaten und Belgien besteuerten Kriegsgewinne erst nach dem Ende des Konflikts.345 Obwohl sich bei den Vorarbeiten zur schweizeri- schen Kriegssteuer ein juristischer Konsens gebildet hatte, dass der Bund direkte Abgaben nur durch eine dem Referendum unterliegende Verfassungsänderung erheben konnte, erfolgte die Einführung der Kriegsgewinnsteuer auf dem Weg des Notrechts. Der Vorschlag dazu kam vom Parlament selbst. Im März 1916 hatte der Waadtländer Freisinnige Charles-Eugène Fonjallaz im Nationalrat eine entsprechende Motion eingereicht, die die Bundesversammlung im Juni mit der Aufforderung an die Regierung weiterreichte, unverzüglich «in Anwendung der Vollmachten vom 3. August 1914 die nötigen Massnahmen zu treffen».346 Die Konzeption wurde damit in die Hände des Bundesrats und einer neuen Exper- tenkommission gelegt. Nach langem Zögern des Finanzdepartements wegen vermutet schlechter Erfolgsaussichten lag am 28. Juli 1916 ein erster Entwurf zu einem Noterlass vor. Da «fortwährend Spekulanten […] das Land verlassen und sich so der im Grund- satz bereits beschlossenen Kriegsgewinnsteuer entziehen», musste es nun schnell gehen.347 Schon am nächsten Tag erliess der Bundesrat, gestützt auf seine Voll- machten, einen Beschluss zur «Sicherstellung der Kriegsgewinnsteuer», welcher Geschäfte, die ihren Sitz aus der Schweiz verlegen wollten, zur Leistung einer Sicherheit für die seit 1915 erwirtschafteten Einnahmen verpflichtete.348 Mitte September 1916 folgte dann die eigentliche Einführung der «eidgenös sischen Kriegsgewinnsteuer». Schweizerische und Niederlassungen ausländischer Un- ternehmen mussten dadurch von ihren Erträgen seit dem Jahresbeginn 1915 den- jenigen Teil zu bis zu 25 Prozent versteuern, der den durchschnittlichen Rein- ertrag der letzten beiden Vorkriegsjahre überstieg.349 Dieser Steuersatz wurde im weiteren Kriegsverlauf zweimal erhöht. Im März 1917 beschloss der Bundesrat einen Zuschlag von fünf Prozent, aus dem der neue Fonds für Arbeitslosenfür- sorge finanziert werden sollte (siehe Kapitel 4.2).350 Im November desselben Jah- res erfolgte eine weitere Anhebung auf 42 Prozent.351 zurückzurück 226

Die nicht zuletzt nach ausländischen Vorbildern, vor allem aber auf innen- politischen Druck hin zustande gekommene Kriegsgewinnsteuer stellte sich als weitaus einträglicher heraus als die zuvor demokratisch beschlossene Kriegs- steuer.352 Trotz verschiedener Abzugsmöglichkeiten353 und der Befreiung des ge- samten Agrarsektors nahm der Bund mit ihr bis 1920 rund 670 Millionen Fran- ken ein.354 Neben dieser finanziellen besass die Kriegsgewinnsteuer aber auch eine mindestens ebenso bedeutsame politische Dimension. Sie stellte nämlich den Versuch dar, einen Ausgleich zwischen den in der Kriegskonjunktur an- gewachsenen Erträgen der Exportindustrie und den gleichzeitig von Knappheit, Teuerung, Arbeitslosigkeit und politischem Einflussverlust betroffenen «kleinen Leuten» zu schaffen. Sie sollte den Staat in die Lage versetzen, «denjenigen zu helfen, die Hülfe notwendig haben».355 Wenn Edmund Schulthess die Kriegs- gewinnsteuer nach dem Krieg als «mesure la plus décisive qui ait été décrétée sur la base des pleins pouvoirs extraordinaires» bezeichnete, meinte er wohl weniger ihren Anteil am Bundesbudget, als vielmehr ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Kohäsion.356 Diese Kohäsion hatte Mitte 1916 bereits tiefe Risse gezeigt, was ge- rade dadurch deutlich wurde, dass es sich das Parlament nicht mehr zutraute, die Steuer selbst zu beschliessen oder in einem Referendum der Stimmbürgerschaft zu übergeben (siehe Kapitel 4.3).357 Die beiden Kriegssteuern waren die sichtbarsten und umfangreichsten Ver- suche der Mobilisierung fiskalischer Ressourcen in der Schweiz und sie sollten den Grund für das bis heute bestehende Provisorium der direkten Bundessteuern legen, sie blieben aber nicht die einzigen. Für die erstmalige Erhebung von «Stem- pelabgaben», also Gebühren auf die Ausgabe oder den Handel mit Wertpapieren, Wechseln, Versicherungsquittungen und Frachturkunden, wählte der Bundesrat erneut das Verfahren der parlamentarischen Verfassungsänderung mit anschlies- sendem Referendum. In deutlichem Kontrast zur Abstimmung vom Sommer 1915 wurde diese Finanztransaktionssteuer im Mai 1917 aber nur noch mit einem knap- pen Mehr von 53 Prozent angenommen.358 Das innenpolitische Klima hatte sich mittlerweile grundlegend gewandelt. Die SPS lehnte die mit Blick auf die Wett- bewerbsfähigkeit des Finanzplatzes zwar dauerhaft, aber tief angesetzten Stem- pelabgaben ab, da sie ihrer Meinung nach zu einer gerechten Verteilung der Ge- winne und Lasten des Kriegs nicht genügend beitrugen.359 Die Sozialdemokraten lancierten deshalb eine eigene Volksinitiative für die Einführung einer zeitlich nicht befristeten und «direkten progressiven Steuer auf Vermögen und Einkommen», die, von Bundesrat und Parlamentsmehrheit nicht unterstützt, am 2. Juni 1918 al- lerdings ab gelehnt wurde.360 Zustimmung erteilten die Stimmberechtigten dagegen im Mai 1919 einer zweiten Erhebung der Kriegssteuer, die in drei Tranchen bis 1932 eingezogen wurde. Von sieben während des ganzen Untersuchungszeitraums durchgeführten Volksbefragungen befassten sich also vier mit der Finanzierung des schweizerischen «Kriegsstaats». Ein Zeichen dafür, wie stark sich im Ausnahme- zustand die politische Entscheidungsfindung auf die Notrechtsetzung der Exeku- tive verlagert hatte und wie selektiv die Volksrechte zur Anwendung kamen.361 227 zurückzurück

Das Vollmachtenregime spielte in Bezug auf die Staatsfinanzen noch auf einem weiteren Gebiet eine tragende Rolle. Zahlreiche Noterlasse zur Regu- lierung und Kontrolle der Kriegswirtschaft sahen Gebühren, beispielsweise für die Erteilung von Handelskonzessionen oder für Ausfuhrbewilligungen, vor.362 Mit diesen Abgaben sollten zwar in erster Linie die Betriebskosten der jeweili- gen Verwaltungsbehörden gedeckt werden, ihnen kam aber auch der Charakter «kleiner» Kriegssteuern zu. So konnten die Ausfuhrgebühren als Besteuerung der mutmasslichen Gewinne der betreffenden Händler und die Konzessionen als Eintrittsbillett in die von Bund und Verbänden gemeinsam regulierten Wirt- schaftsbereiche aufgefasst werden.363 Das Prinzip kam auch ausserhalb der Wirt- schaftspolitik zum Einsatz, wie sich etwa an den Gebühren der Fremdenpolizei zeigt.364 Wie gross der Anteil dieser verschiedenen Einnahmen am Bundesbudget war, ist schwer einzuschätzen, da sie in der offiziellen Bilanz nicht gesondert aufgeführt wurden. Die Staatsrechnungen wiesen lediglich für 1916 17 Millionen, für 1917 30 Millionen und für 1918 22 Millionen Franken eingenommener Ein- und Ausfuhrgebühren aus.365 Laut Heinrich Sieveking hatte der Bund mit seinen Gewinnbeteiligungen am Käse-, Vieh- und Obstexport etwa 15 Millionen Fran- ken verdient.366 Über weitere Einnahmen und Ausgaben der kriegswirtschaft- lichen Organisationen (AIK, EEA, usw.) gab der Bundesrat dem Parlament nach Kriegsende in einer Reihe von Berichten Auskunft.367 Finanziell weniger einträglich, dafür aus Sicht von Verfassungsrechtlern umso bedenklicher waren die Kompetenzen zur Verhängung von Geldbussen und Gefängnisstrafen, zu denen die Noterlasse die Verwaltung im Kriegsver- lauf ermächtigt hatten. In einer «Usurpation» des Rechtsstaats übernahm damit die Exekutive nicht nur legislative, sondern zunehmend auch judikative Funk- tionen.368 Die von den «berüchtigten»369 Strafkommissionen der Departemente gefällten Urteile waren nicht nur unanfechtbar; da das Bundesgericht sie im Herbst 1917 in zwei Fällen nur bei vorsätzlicher Begehung für anwendbar er- klärt hatte, dehnte die Regierung die Strafbestimmungen zum Jahresende hin am 26. Dezember kurzerhand auf «fahrlässige Widerhandlungen» aus.370 In ei- nem Kreisschreiben an die Kantonsregierungen erklärte der Bundesrat diese «authentische Interpretation» seiner Noterlasse zudem für rückwirkend gültig, womit sich fahrlässige Übertretungen auch dann bestrafen liessen, wenn sie vor dem Bundesratsbeschluss vom 26. Dezember 1917 begangen worden waren.371 Das Bundesgericht erklärte sich mit dieser Interpretation einverstanden, was von den Juristen Fritz Fleiner und Zaccaria Giacometti nach dem Krieg als eine der stärksten Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien im Vollmachten- regime kritisiert wurde.372 In seiner ersten Auseinandersetzung mit dem Not- recht des Ersten Weltkriegs hielt Giacometti fest: «Durch Uebertragung von Strafkompetenzen an Verwaltungsorgane hat der Bundesrat also den richter- lichen Rechtsschutz ausgeschaltet, das Prinzip der Trennung zwischen Verwal- tung und Justiz durchbrochen und somit an den Grundlagen des Rechtsstaates gerüttelt.»373 zurückzurück 228

Mit Schatzanweisungen, Staatsanleihen, Steuern, Gebühren und umstritte- nen Bussen finanzierte der Bund das Vollmachtenregime in einer Weise, die sich für die finanzpolitische und in der Folge auch für die ökonomische Entwick- lung der Schweiz als prägend erweisen sollte. Zwar wurde dem Staat erstmals die Erhebung direkter Bundessteuern gestattet, diese blieben aber – mit Aus- nahme der Stempelabgaben – zeitlich befristet und im internationalen Vergleich äusserst niedrig. Zusammen mit der Stärke des Frankens verfügte die Schweiz bei Kriegsende deshalb über einen Standortvorteil, der das Land für Unternehmen und Kapital aus dem In- und Ausland attraktiv machte.374 Zudem eröffnete die Kreditvergabe an den Bund dem gut organisierten Finanzplatz ein Geschäfts- feld, von dem er weit über den Ersten Weltkrieg hinaus profitieren konnte.375 Wenn sich auch sonst viele der Planungen und Erwartungen in Bezug auf den «Grossen Krieg» als Irrtümer herausgestellt hatten, sollten sich Adolf Jöhrs Vor- hersage guter Geschäfte für die Banken und die 1917 vom späteren Bundesrat Hermann Obrecht in Aussicht gestellte Gelegenheit der Schweiz, zum «Lieb- lingsaufenthalt der Kapitalisten zu werden», in der Retrospektive als zutreffend erweisen.376 Auch in der zwischen Volksrechten und Vollmachten konzipierten Finanzpolitik des Bundes manifestierte sich also die für die Kriegszeit charakte- ristische Konvergenz von staatlichen und privatwirtschaftlichen Interessen. In der Finanzierung des Vollmachtenregimes spiegelten sich aber ebenso die gesell- schaftlichen Konflikte, die durch die Exklusionsmechanismen der notrechtlichen Politik und die Auswirkungen der Kriegswirtschaft verstärkt wurden. Kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs spitzten sich diese Konflikte in einer innen- politischen Krise zu, bei deren Entstehung die Vollmachten eine zentrale Rolle gespielt hatten und die zugleich den Beginn der letzten Phase des Ausnahme- zustands einläutete. 229 zurückzurück

6 Kriegszustand ohne Krieg, November 1918 bis Mai 1919

Und jedesmal, wenn Konzessionen nötig waren, jedesmal, wenn man verlangte, dass der Arbeiterschaft entgegen- gekommen werden müsse, hat es erst Demonstrationsver- sammlungen gebraucht, grossen Tamtam in der Presse, bis man Gehör fand.1 Robert Grimm, 1919

6.1 Ambivalenz des Ausnahmezustands

Die ausserordentlichen Vollmachten, die der Bundesrat im August 1914 erhal- ten hatte, prägten die Entwicklung der Schweiz während des Ersten Weltkriegs in hohem Masse. Anfangs vergleichsweise zögerlich, trotz vieler akuter Probleme zeitraubend in der Umsetzung und auf einzelne Bereiche der Wirtschafts- und Neutralitätspolitik beschränkt, weitete sich die Anwendung des Notrechts ab dem Sommer 1917 beträchtlich aus und gewann, sowohl was die Menge der Not erlasse, die institutionelle Zentralisierung auf Bundesebene als auch die Wirkung in ver- schiedensten Bereichen der Kriegsgesellschaft anbelangt, eine neue Qualität. Doch konnte auch eine Vielzahl von Bundesratsbeschlüssen, Zentralstellen, Konferen- zen und Kontrollen letztlich nicht verhindern, dass die innenpolitischen Konflikte der Schweiz im Kriegsverlauf stetig an Schärfe gewannen. Vielmehr waren mit der Umschichtung und Verkürzung des Gesetzgebungsverfahrens auf ein schillerndes, je nach Problemlage neu konstruiertes Netzwerk aus staatlicher Verwaltung, Ex- perten, Verbands- und Unternehmensvertretern die föderalistischen, parlamenta- rischen und plebiszitären Mechanismen des Bundesstaats stark relativiert und die während des 19. Jahrhunderts gebildeten Muster der «Konfliktregelung und Kom- promissfindung» beinahe funktionslos geworden.2 Die Noterlasse wurden nicht in der Legislative ausgehandelt, gegen sie liess sich kein Referendum ergreifen und ihre Entstehung wie Umsetzung geschah – trotz Bemühungen des Bundesrats, Transparenz zu schaffen und möglichst viele Interessen einzubeziehen – zumeist in einer vor der Öffentlichkeit verborgenen Machtsphäre zwischen Bürokratie und Wirtschaft. Zwar war es Akteuren ausserhalb dieses Netzwerks auch nach dem 3. August 1914 durchaus möglich, auf die zur Gesetzgeberin ermächtigte Exekutive Einfluss zu nehmen – und in einigen Fällen verzichtete der Bundesrat bewusst auf den Weg der Vollmachten (siehe Kapitel 5.4). Doch im Gegensatz zu den traditionell einflussreichen und straff organisierten Spitzenverbänden, die «im Verlauf der Kriegswirtschaft völlig unentbehrlich geworden waren», fiel es den- zurückzurück 230

jenigen Akteuren, die über keinen direkten Zugang zu den informellen Kanälen notrechtlicher Politik verfügten, bedeutend schwerer, ihren Interessen Geltung zu verschaffen.3 Neben den zahlreichen, aber oftmals wirkungslosen Eingaben an den Bundesrat suchten sie deshalb nach anderen Wegen, um ihre politischen Anliegen im Vollmachtenregime durchzusetzen. Zusammen mit strukturellen Charakteristika des schweizerischen politischen Systems wie der Mehrheitswahl des Nationalrats, die für kleinere Parteien einen Nachteil darstellte, war die Art und Weise, wie Entscheidungen im Vollmachten- regime zustande kamen, eine der stärksten Triebkräfte der innenpoli tischen Polari- sierung und Radikalisierung während des Ersten Weltkriegs.4 Das bedingungslose Vertrauen, das der Regierung in der Panik der ersten Kriegstage von allen Seiten ausgesprochen wurde, war nur von kurzer Dauer. Erste Auflösungserscheinungen zeigte es angesichts unterschiedlicher Positionen zur Ausgestaltung der Neutra- lität zunächst in der Westschweiz und im Tessin. Während dieser Konflikt aber durch die Neuaushandlung des Verhältnisses zwischen Armee und Regierung im Frühjahr 1916 sowie durch den aussen- und wirtschafts politischen Kurswechsel des Sommers 1917 abgefedert werden konnte, verstärkten sich gleichzeitig die sozialen Spannungen zwischen denjenigen Schweizerinnen und Schweizern, die sich durch die Auswirkungen des Weltkriegs in ihrer Existenz zunehmend be- droht sahen, und solchen, die von den ökonomischen Problemen der Kriegszeit zwar keineswegs verschont blieben, aber in der Lage waren, daraus sich ergebende Chancen zu nutzen.5 Der zwischen den Sprachregionen kulturell aufgebrochene «fossé», der die ersten beiden Phasen des Vollmachtenregimes strukturiert hatte, wurde von einer Kluft zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern, zwischen Stadt und Land abgelöst, in der sich die bereits vor 1914 ausgetragenen sozioöko- nomischen Konflikte mit der durch den Krieg erzeugten Notlage zu «einer der grössten Krisen der modernen Schweiz» vermengten.6 Die Unzufriedenheit über Teuerung, Güterknappheit und Kriegsgewinne, über Lohnausfall, Arbeitslosigkeit und Aktivdienst, über die fehlende Mitspra- che in der Bundespolitik sowie über die Missachtung der von Herman Greulich vor dem Vollmachtenbeschluss im Namen der SPS gestellten sozialpolitischen Bedingungen äusserte sich ab 1916 in Form von Strassenprotesten, steigenden Mitgliederzahlen der Arbeiterorganisationen und immer häufiger auch in Streiks (siehe Kapitel 3.1). Dabei verknüpfte sich innerhalb der heterogenen Arbeiter- bewegung der Widerstand gegen die Verschlechterung der Lebensumstände mit dem Wunsch nach politischen Reformen, Gleichberechtigung und Frieden. Eine Entwicklung, die nicht nur in der Schweiz stattfand.7 Das Regime der un- beschränkten Vollmachten spielte in dieser Konfliktdynamik, die von freisinni- ger, konservativer und militärischer Seite spät realisiert, dann aber bald als re- volutionäre Infragestellung des ganzen Staatswesens interpretiert wurde, eine höchst ambivalente Rolle.8 Einerseits kritisierten es die Arbeitervertreter wegen seiner Tendenz, den Interessen von Grossunternehmern und Bauern mit diktato- rischer Macht den Vorzug zu geben, und weil es aus ihrer Sicht eine Demokratie 231 zurückzurück und Rechtsstaat widersprechende Ausgeburt jener Gesellschaftsordnung war, die den Krieg hauptsächlich zu verantworten hatte (siehe Kapitel 4.3). Andererseits standen mit den Vollmachten und dem im Aufbau begriffenen kriegswirtschaft- lichen Apparat dem schweizerischen Staat erstmals Instrumente zur Verfügung, die sich für eine rasche Verwirklichung versorgungs- und sozialpolitischer Vor- haben eigneten, vom Bundesrat aber «ungeschickt, einseitig und verständnislos» eingesetzt wurden.9 Eine unter dem Pseudonym «Ariadne» schreibende Mit- arbeiterin der gewerkschaftlichen Frauenzeitschrift «Vorkämpferin» gab dieser gegensätzlichen Enttäuschung der Arbeitervertreter über die Vollmachtenpolitik deut lichen Ausdruck: «Als im Monat August 1914 der verheerende Weltkrieg seinen Anfang nahm, da schien es, als ob die ganze Schweiz ein Herz und eine Seele sei. Auch in der Arbeiterfamilie regte sich der gleiche Geist sogenannter vater- ländischer Begeisterung. Diese Begeisterung kam hauptsächlich daher, daß der Bundesrat anfänglich instinktiv diejenigen Vorkehrungen traf, die der Arbeiterschaft den Glauben nicht schlankweg raubten, daß das Vaterland wenigstens in Zeiten so großer Not auch noch an sie denke. […] Man ließ bekannt geben, daß man niemanden der Not überlasse. Der Bundesrat er- hielt die nötigen Vollmachten, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nötig seien, um der eindringenden Not zu wehren. […] Aber dieser Zustand war nicht nach dem Geschmack der Spekulanten, Wucherer, Halsabschneider und Profitjäger. Mit allerlei Klagen und Weh und Ach wurde man in Bern vorstellig und der Bundesrat hatte unterdessen seine Fassung gewonnen und schlüpfte wieder in seine alte Haut als Schützer der Kapitalisten.»10 Wie schwer es für die Organisationen der Arbeiterbewegung war, mit ihren Anliegen in die Politik der Vollmachten vorzudringen, zeigte insbesondere die Tätigkeit der «zentralen Notstandskommission der schweizerischen Arbeiter- schaft». Dieses wenige Wochen nach Kriegsausbruch auf Initiative des SGB zur gemeinsamen Vertretung der Arbeiter- und Konsumenteninteressen gegenüber der Exekutive gegründete Gremium richtete in den folgenden Jahren eine stei- gende Zahl von Eingaben an den Bundesrat, deren immer zahlreichere Forde- rungen (Rechtsstillstand, Restitution des Fabrikgesetzes, Beschäftigung von Arbeitslosen, Mindestlöhne, Höchstpreise und Staatsmonopole für Lebensmit- tel) die gewünschten Reaktionen jedoch nur mit Einschränkungen oder grosser Verzögerung nach sich zogen.11 Während der ersten deutlichen Zuspitzung der wirtschaftlichen Situation im Februar 1917 legte die Notstandskommission einen umfangreichen Katalog sozial- und versorgungspolitischer Massnahmen vor, die explizit auf der Grundlage der Vollmachten verwirklicht werden sollten.12 Teilen dieses Appells kam die Regierung mit dem Erlass fleischloser Tage, dem Her- stellungsverbot für bestimmte Käsesorten, dem verbilligten Verkauf von Brot an Bedürftige, der Ermächtigung der Kantone zum Verbot von Mietzinserhöhun- gen und Kündigungen, der Schaffung des Fonds für Arbeitslosenfürsorge und des Fürsorgeamts sowie einer Erhöhung der Notunterstützung für Soldaten in zurückzurück 232

den folgenden Monaten tatsächlich entgegen.13 Jedoch wurden tiefer in die pri- vatwirtschaftlichen Strukturen und Rechte eingreifende Vorhaben im Bereich der Versorgung mit Nahrungsmitteln, des Mieterschutzes, der Arbeitslosenunter- stützung und der Armenfürsorge vom Bundesrat zwar zur Kenntnis genommen, aufgrund von Widerständen der anderen Interessenverbände allerdings zunächst nicht weiterverfolgt.14 Die begrenzte Wirksamkeit der «Politik des schüchternen Wünschens», der ständigen «Notstandsbitten»,15 mit der die Kommission ihre Ziele zu errei- chen versuchte, hatte wesentlichen Anteil daran, dass sich massgebliche Teile der schweizerischen Arbeiterorganisationen im Sommer 1917 zu einem Strategie- wechsel entschlossen. «Was die Notstandskommission erreichte», so fasste Ro- bert Grimm die Entwicklung unmittelbar nach Kriegsende zusammen, «das wa- ren einige Brosamen, die von der reich besetzten Tafel der kapitalistischen Herren fielen. Damit aber konnte und durfte die Arbeiterklasse auf die Dauer sich nicht zufrieden geben.»16 Mehr Erfolg versprachen seiner Ansicht nach Strassenpro- teste, Arbeitsniederlegungen, Pressekampagnen und schliesslich die Gründung des gegenüber dem Bundesrat entschiedener auftretenden Oltener Aktionskomi- tees durch SGB und SPS im Februar 1918.17 Ihre erste Bestätigung erhielt die neue Richtung bereits im September 1917, als der Bundesrat nach einem in verschie- denen Schweizer Städten durchgeführten «Demonstrationsstreik» die Bildung einer eidgenössischen Notstandskommission beschloss.18 Dieser Ausschuss, dessen Schaffung Bundesrat Ludwig Forrer bereits im März 1917 vorgeschlagen hatte, führte erstmals Repräsentanten der Gewerkschaften, der Arbeiterparteien, des schweizerischen Kaufmännischen Verbands, des VSK sowie von Stadt- und Kantonsverwaltungen in einer dem EVD unterstellten Institution zur Diskus- sion und Beantragung sozialpolitischer Massnahmen zusammen.19 Entgegen den Vorstellungen der Arbeitnehmerseite, die sich eine substanzielle Mitwirkung an der Ausarbeitung und Umsetzung neuer Noterlasse erhoffte, hielt sich der Handlungsspielraum der staatlichen Notstandskommission allerdings in engen Grenzen.20 Die kämpferischer agierenden Sozialdemokraten um Grimm – der wohl auch nach einem Weg suchte, die missglückte Liaison mit Arthur Hoff- mann hinter sich zu lassen – sahen sich dadurch in der über briefliche Eingaben, parlamentarische Vorstösse, persönliche Treffen und Kommissionssitzungen hinaus gehenden Strategie bestärkt.21 Die Gelegenheit zur Bildung einer Organisation, in der sich die neue Rich- tung bündeln liess, erhielten sie im Winter 1917/18. Der Artikel 19 des kurz nach dem Jahreswechsel erlassenen Bundesratsbeschlusses zur Steigerung der Agrar- produktion sah für den Fall eines Mangels an landwirtschaftlichen Arbeitskräf- ten die «Zuweisung von Arbeitslosen, fremden Deserteuren und Refraktären» sowie eine nicht näher beschriebene «Zivildienstpflicht» vor (siehe Kapitel 5.2).22 Grundsätzlich war diese Idee nicht neu, wie in Kapitel 4.1 erwähnt, enthielten bereits die vorausgegangenen Erlasse zur «Hebung der landwirtschaftlichen Pro- duktion» Bestimmungen über eine fallweise Arbeitspflicht, welche allerdings im 233 zurückzurück alleinigen Ermessen der Kantonsregierungen lag und «von [der] nur sehr wenig Gebrauch gemacht wurde».23 Zukünftig sollte hierfür das Militärdepartement zentral zuständig sein, das seit Herbst 1917 ausländische Deserteure und Re- fraktäre, von denen sich nach Schätzungen des JPD rund 25 000 in der Schweiz aufhielten, sowie Angehörige von Hilfsdienst und Landsturm zum Einsatz in der Landwirtschaft heranziehen konnte.24 Zudem hatte die SPS selbst im Dezember 1917 dem Nationalrat eine Motion unterbreitet, die Schweizern, die aus «poli- tischen, religiösen oder ethischen Gründen» den Militärdienst verweigerten, die Ausübung eines «Zivildienstes […] zur Ausführung von Kulturarbeiten» ermög- lichen sollte.25 Problematisch war deshalb weniger der potenzielle Einsatz von Zivilisten in der «Vermehrung der Lebensmittelproduktion», was Teile der Arbeiterbewe- gung zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit durchaus unterstützten, sondern die Vorschriften, welche ein hierfür vom Zürcher Agraringenieur Johann Girsber- ger für das SMD druckreif ausgearbeiteter Noterlassentwurf enthielt.26 Sollten Arbeitslose, Deserteure und militärisch Aufgebotene für die geplanten Arbeiten nicht ausreichen, konnte das Militärdepartement nach diesem Entwurf einen ob- ligatorischen «Zivildienst»27 für «alle Schweizer und Schweizerinnen vom voll- endeten 14. bis zurückgelegten 60. Altersjahre» einführen, wobei sich der Kreis der Dienstpflichtigen für «leichtere landwirtschaftliche Arbeiten» auch erweitern liess. Namensverzeichnisse aller «zum Zivildienst beiziehbaren Personen» soll- ten deren reibungslose Mobilisation ermöglichen.28 Während die Delegierten der Gewerkschaften in der Eidgenössischen Notstandskommission keine prinzipiel- len Einwände gegen Girsbergers Konzept hatten, schlug dem Vorhaben wenige Tage später aus den Reihen der sozialdemokratischen Partei heftiger Widerstand entgegen.29 Insbesondere die Berner Arbeiterzeitung «Tagwacht» kritisierte den Zivildienst als bislang schwerwiegendsten Angriff des Staats auf die Rechte der Arbeitnehmer und Militarisierung der Arbeitskraft, die «auf nichts anderes hin- ausläuft, als dass Schweizer […] als Arbeitssklaven ins Ausland geschickt wer- den, damit sich die Bourgeois recht warm halten können».30 Gleichzeitig trafen verschiedene Schreiben beim Bundesrat ein, die sowohl gegen die «Einführung der Zivildienstpflicht nach preussischem Muster» als auch gegen «Einschüchte- rungsversuche gegenüber der Arbeiterschaft» durch Truppenaufgebote und ge- gen die Nahrungsmittelknappheit protestierten.31 Äusserst ablehnend reagierte bemerkenswerterweise auch die Armeeleitung, welche von linker Seite eigentlich hinter dem Projekt vermutet wurde. Generalstabschef Sprecher befürchtete, dass mit dem Zivildienst eine verhängnisvolle Konkurrenz zum eigentlichen Militär- dienst und letztlich eine neue Möglichkeit der Dienstverweigerung geschaffen würde: «Man denke nur z. B. an Studenten, deren Studien durch den Militär- dienst in störender Weise unterbrochen wurden und die nun in der militärdienst- freien Zeit Zivildienst leisten sollten!»32 Wiederum war es Robert Grimm, der die Empörung um den geplanten Zi- vildienst, der gewissermassen die konsequente Weiterentwicklung der im letzten zurückzurück 234

Kapitel beschriebenen Versuche zur Mobilisierung der inländischen Ressourcen gewesen wäre, aufnehmen und als Auswuchs der Ungleichgewichte darstellen konnte, die sich durch das Vollmachtenregime in der Schweizer Politik ergeben hatten. Als Angeklagter im späteren Landesstreikprozess fasste er zusammen: «Der Bundesrat, der keine Massnahme, die die Landwirtschaft betrifft, durchführen will, bevor nicht Herr Dr. Laur befragt wird, der Bundesrat, der keine Massnahme, die die Industrie betrifft, durchführen will, bevor nicht Herr Nationalrat Alfred Frey […] befragt worden wäre, dieser selbe Bundesrat geht nun darauf aus, die ganze Arbeiterschaft der Zivildienst- pflicht zu unterwerfen. Man verfügt über die Volkskraft, verfügt über die persönliche Freiheit der ganzen Arbeiterklasse, erklärt: Ihr werdet milita- risiert, ihr kommt aus den Betrieben heraus, ohne euern Vertretern vorher auch nur ein Wort zu sagen, ohne nur eine telephonische Mitteilung zu ge- ben, ohne nur anzufragen.»33 Um der Arbeiterbewegung in der Bundespolitik mehr Geltung zu verschaffen, kam es in der öffentlichen Debatte um die Zivildienstpflicht zu verschiedenen Vorstössen, in der sich bereits die Anatomie der gegen Kriegsende ablaufenden Krise abzeichnete. Am 30. Januar 1918 – in Deutschland und Österreich-Ungarn waren soeben die ersten politisch motivierten Massenstreiks der Kriegszeit aus- gebrochen – forderte die Arbeiterunion Zürich SPS und SGB dazu auf, dem Bun- desrat ein Ultimatum zur unverzüglichen Beendigung aller Zivildienstpläne, zur Demobilmachung der Armee, zur Beschlagnahmung der vorhandenen Lebens- mittel und zur Übergabe der «Generalvollmacht» an die Bundesversammlung zu stellen. Sollte sich die Regierung dazu nicht binnen 48 Stunden bereit erklären, «ist sofort der Landesgeneralstreik zu proklamieren».34 Zwar hatte dieser Appell bei den angesprochenen Organisationen keine Aussicht auf Erfolg, doch nahm ihn der Bundesrat ernst genug, um am darauffolgenden Tag ein militärisches Auf- gebot für einen allfälligen Ordnungsdiensteinsatz in Zürich zu beschliessen. Eine «vorbeugende» Massnahme, mit welcher «der revolutionäre Teil der Arbeiter- schaft ersehen kann, was [er] im Falle von Ausschreitungen zu gewärtigen haben wird». Giuseppe Motta wies ausserdem auf den schädlichen Eindruck hin, den Instabilität innerhalb der Schweiz auf das Ausland machen könnte: «Die Ruhe und Sicherheit im Innern des Landes ist derart mit der internationalen Stellung der Schweiz verknüpft, dass es der Bundesrat als seine Pflicht betrachten muss, zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Neutralität die Schwächung des Landes durch innere Unruhen zu verhindern.»35 In dieser angespannten innenpolitischen Situation kam es am 4. Februar 1918 in Olten zur Gründung eines «Aktionsausschusses» von SPS und SGB.36 Ursprünglich nur zwecks koordinierter Mitbestimmung der Arbeiterorganisa- tionen in der Zivildienstdiskussion geschaffen, drängte das sich selbst als Oltener Aktionskomitee (OAK) bezeichnende Gremium dieses Thema an den folgen- den Sitzungen allerdings rasch in den Hintergrund. Anders, als es der Zürcher Flügel noch an der Gründungsversammlung verlangt hatte, war auch eine Ab- 235 zurückzurück schaffung der Vollmachten in den konsultierten Sitzungsprotokollen kein Ziel mehr.37 Vielmehr entwickelte das OAK unter massgeblichem Einfluss Grimms ein beträchtliches Eigenleben und nahm für sich bald Themensetzung und Inter- essenvertretung der ganzen Arbeiterbewegung gegenüber den Bundesbehörden in Anspruch. Es sollte die glücklose Notstandskommission beerben, indem es, unterstützt von der Arbeiterpresse auf das Vollmachtenregime, mit Verhand- lungsangeboten ebenso wie mit Generalstreikdrohungen einzuwirken versuchte. Eine ebenso auf Klassenkampf wie Kooperation setzende Methode, die auch ohne Wissen oder Billigung von Partei und Gewerkschaftsbund bald erste Er- folge vorweisen konnte.38 Anfang März 1918 beschloss eine Konferenz der Arbeiterorganisationen auf Anregung des OAK ein erstes Wirtschaftsprogramm mit 15 versorgungs- politischen Postulaten, darunter das seit längerem geforderte eidgenössische Versorgungsamt, Massnahmen gegen steigende Preise, Nahrungsmittel-, Brenn- stoff- und Wohnungsknappheit sowie die Bekämpfung von Armut auf der ei- nen, die Beteiligung der Vermögen an den Kosten der Kriegszeit auf der anderen Seite.39 Bewegte sich dieses Programm, das vom OAK sogleich dem Bundesrat unterbreitet wurde, weitgehend im bereits bekannten Rahmen, gingen an einer anschliessenden Konferenz der Arbeiterorganisationen die Ansichten über die zu dessen Umsetzung nötigen «Kampfmittel» zunächst deutlich auseinander. Es gelang Robert Grimm aber, eine Mehrheit der Delegierten von den Vorteilen des befristeten und somit innen- wie aussenpolitisch kontrollierbar erscheinenden Generalstreiks zu überzeugen. Nachdem sie bereits 1917 eine Ablehnung der Armeekredite durchgesetzt hatte, erhielt die konfrontative Richtung innerhalb der Arbeiterbewegung damit starken Rückhalt und das OAK, auch ohne defini- tive Zustimmung der Dachorganisationen zum Streik als Mittel der politischen Partizipation, den Status ihrer «zentralen Aktionsleitung».40 Dies zeigte sich einen Monat später, als das Aktionskomitee gegen eine vom Zentralverband der Milchproduzenten erbetene Erhöhung des Milchpreises um rund 20 Prozent Protest erhob und mit einem «allgemeinen Landesstreik» drohte.41 Der Bundesrat, der sich nicht auf eine Lösung auf der Grundlage der Vollmachten einigen konnte – Edmund Schulthess schlug wie das OAK eine staat- liche Subvention der Milch für alle Konsumenten vor, Giuseppe Motta hielt we- gen finanzieller Bedenken dagegen –, überliess die Entscheidung der Bundesver- sammlung. Dies nicht nur, weil er das Generalstreikultimatum des OAK äussert ernst nahm und einen Entscheid möglichst breit abstützen wollte, angesichts der bevorstehenden Erhöhung der Kohlepreise befürchtete er ausserdem eine gefähr- liche Zuspitzung der inneren Lage.42 Der daraufhin im Parlament ausgetragene «Milchkrieg» liess die Frontstellung zwischen den landwirtschaftlichen Produ- zenten und den städtischen Konsumenten offen zutage treten, die sich im Verlauf der vorangegangenen Jahre gebildet hatte.43 Die von Ernst Laur mit Hinweis auf die zunehmend schwierige Lage der Milchwirtschaft unterstützte Preiserhöhung stiess nicht nur bei Arbeitervertretern, sondern auch bei Kantons- und Stadt- zurückzurück 236

behörden sowie in freisinnigen Kreisen auf Ablehnung. Schulthess plädierte im Ständerat dafür, die Interessen der Stadtbevölkerung wie auch der Bauern ernst zu nehmen: «Wenn ganze Schichten sich sozial als verlassen ansehen, werden sie sich verbittert in eine negative Stellung drängen lassen.»44 Die ausserordentliche Parlamentsdebatte endete am 25. April 1918 mit einem Kompromiss. Bund und Kantone sollten etwas mehr als die Hälfte des Preisaufschlags übernehmen, so- dass die Konsumenten nur den Rest von 3 Rappen pro Liter zu tragen hatten.45 Zwar stellte dieser Ausgang das OAK vor eine erste Zerreissprobe, da ein Streit um die Frage entbrannte, ob angesichts der vom Parlament abgeschwächten Milchpreissteigerung – laut der Zürcher Arbeiterzeitung «Volksrecht» ein «ab- gekarteter Kuhhandel» – eine landesweite Arbeitsniederlegung noch notwendig war.46 Doch mittelfristig gelang es dem Aktionskomitee, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen. Konnte es doch für sich in Anspruch nehmen, der heterogenen Arbeiterbewegung ein nach aussen geschlossen auftretendes Organ gegeben zu haben, dem die Spitzen von Partei und Gewerkschaften «die erforderlichen Vollmachten» zur Verwirklichung seiner selbst gesteckten Ziele übertragen hat- ten.47 Im Sommer 1918 konnte es deshalb seine Position rasch wieder stärken. Streiks, Teuerungsproteste und Ausschreitungen erreichten zu diesem Zeitpunkt eine neue Intensität.48 Das OAK, das für diese Eskalation aufgrund seiner auf die Eigendynamik der Strasse setzenden Strategie durchaus mitverantwortlich war, lehnte wie die gemässigte Mehrheit der Arbeiterorganisationen die Anwendung von Gewalt als Mittel politischer Partizipation ab, sah nun aber den Zeitpunkt für ein neues Forderungspaket an die Adresse des Bundesrats gekommen. Das hierzu beschlossene Programm umfasste elf «realisierbare» Punkte, die sich in der Mehrheit mit den bereits bekannten Postulaten deckten, aber auch sicher- heits-, presse- und migrationspolitische Aspekte einbrachten.49 Der Bundesrat äusserte sich zur neuen Eingabe des OAK am 26. Juli 1918 in einem Brief an Grimm, der wenig später im «Bundesblatt» veröffentlicht wurde. Ohne die Vorschläge des Programms gänzlich abzulehnen, zeigte die Regierung doch mit Hinweis auf «grosse Schwierigkeiten», die Kompetenzen von Kantonen und Parlament sowie die belasteten Bundesfinanzen wenig Motivation für eine baldige Umsetzung.50 Aufgrund der Erfahrungen in der Debatte um den Milch- preis sowie internen Streitigkeiten sah das Komitee aber dieses Mal von eigenen Drohgebärden ab und überantwortete den Entscheid über das weitere Vorgehen einer grossen Konferenz, die dem OAK den benötigten Legitimitätsschub ver- schaffen sollte. Trotz der mittlerweile grassierenden Spanischen Grippe versam- melten sich am 27. Juli 1918 fast 330 Teilnehmer zu einem Allgemeinen Schwei- zerischen Arbeiterkongress in Basel, stimmten dem «Elfpunkteprogramm» des OAK mit grosser Mehrheit zu und erteilten ihm, wie von Grimm vorgeschla- gen, den Auftrag, «sofort mit dem Bundesrat in nochmalige Verhandlungen ein- zutreten, um positive Zugeständnisse zu erlangen».51 Nur wenn dieser Vorstoss ergebnislos bliebe, würde ein befristeter «Landesstreik mit aller Entschlossen- heit, diszipliniert und unter Vermeidung aller Ausschreitungen» ausgerufen.52 237 zurückzurück

Hatte die damit herausgeforderte Regierung die OAK-Programme zuvor meist zurückgewiesen, zeigte sie sich nun zum Entgegenkommen bereit und stimmte direkten Verhandlungen mit Arbeitervertretern im Bundeshaus zu.53 Wenn auch die Besprechungen vom 31. Juli bis 8. August 1918 mit wenig konkreten Ergebnissen, dafür mit einer Reihe von Zusicherungen und Absichts- erklärungen zu Ende gingen, offenbarten sie doch, dass die Differenzen zwi- schen Bund und Arbeiterbewegung in der direkten Kontaktaufnahme kleiner waren, als es die im Vorfeld mit kriegerischem Vokabular geführte Pressedebatte vermuten liess.54 Laut dem Aktionskomitee hatte die Arbeiterbewegung in den Verhandlungen ihre politischen Ziele erreicht und erstmals wesentlich auf das Vollmachtenregime Einfluss nehmen und somit zur «Entspannung» auf beiden Seiten beitragen können: «Die Bewegung der letzten zwei Wochen hat die schweizerische Arbeiter- schaft zu unbestreitbaren moralischen und materiellen Erfolgen geführt. Die Tatsache, dass die Arbeiterschaft zum ersten Male in diesem Umfange und in dieser Geschlossenheit ihre Macht zur Geltung zu bringen vermochte und dass diese Macht von der Gegenseite in ganz anderer Weise als bisher an- erkannt werden musste, ist vielleicht der wesentlichste Erfolg. Während man bisher mit der Arbeiterschaft, mit ihren Wünschen und Begehren spielte, musste man sie diesmal ernst nehmen und Schritt für Schritt Zugeständnisse machen, die kurz vorher als unmöglich bezeichnet wurden. Mag es vom Standpunkte der Demokratie aus betrachtet bedauerlich erscheinen, dass die Arbeiterklasse diese ihre Anerkennung erst durch die Androhung des Landesgeneralstreiks erzwingen konnte, so lag das an dem Verhalten der mit diktatorischer Gewalt ausgestatteten Landesregierung. […] Wir erwarten in- des, dass inskünftig, wenn ähnliche Forderungen der Arbeiterschaft aus der Zeit der Not herauswachsen, es nicht erst zur Androhung des Generalstreiks kommen muss, bis jene Konzessionen gemacht werden, deren Rechtferti- gung durch die drückende Lage der breiten Volksmassen gegeben ist.»55 So hatte sich im Spätsommer 1918 der innenpolitische Konflikt im Vergleich zur ersten Jahreshälfte spürbar entschärft, während der Weltkrieg sich mit dem Beginn der «Hundert-Tage-Offensive» der Entente auf einen Waffenstillstand zubewegte.56 Ungeachtet einer gewissen Ernüchterung über die geschwundene «Massenbegeis- terung» der Arbeiterschaft schien auch dem OAK, dem man je nach Standpunkt Untätigkeit und Servilität oder die Vorbereitung von Revolution und Bürgerkrieg vorgeworfen hatte, ein Generalstreik nicht mehr opportun.57 Den Kurs von Konfrontation und Gesprächsbereitschaft, der im letzten Kriegsjahr aufseiten der Arbeiterorganisationen eingeschlagen wurde, reflek- tierte der Bundesrat in der Vollmachtenpolitik. Einerseits band er die Arbeit- nehmerseite nun deutlich stärker in den notrechtlichen Entscheidungsprozess ein, setzte sich – zum Beispiel im Rahmen der Kommission für wirtschaftliche Fragen oder der Eidgenössischen Notstandskommission – mit ihren Vorschlä- gen auseinander und zeigte gegenüber verschiedenen Organisationen, die sich zurückzurück 238

die Vertretung der Arbeiter und Angestellten auf die Fahnen geschrieben hatten, Offenheit zum Dialog.58 Die umstrittene «Zivildienstpflicht» liess das SMD rasch fallen, nachdem Camille Decoppet neben Ernst Laur auch Robert Grimm sowie weitere Vertreter von SPS und Gewerkschaften in eine beratende Spezialkom- mission berufen hatte.59 Doch nicht nur den Mitgliedern des OAK öffnete sich im letzten Kriegsjahr ein Weg ins Vollmachtenregime. Konferenzen zur Bespre- chung sozial- und versorgungspolitischer Anliegen wurden ebenso mit Kantons- und Stadtvertretern sowie mit Delegierten der Christlich-Sozialen veranstaltet.60 Grimms spöttische Feststellung vom August 1915, dass der Bundesrat nur dann «schlottert und gehorcht, wenn die mächtigen Schritte der Bauern- und Gross- gewerbevertreter im Bundeshaus erdröhnen», traf also im letzten Kriegsjahr nicht mehr zu.61 Wie die Protokolle des Bundesrats in der Milchpreisfrage oder während der Verhandlungen mit dem OAK im Sommer 1918 zeigen, hatte auch Grimm als Mitglied von Neutralitäts- und Ernährungskommissionen sowie als «Diktator» des Aktionskomitees, wie ihn Herman Greulich bezeichnete, eine durchaus einflussreiche Position im Vollmachtenregime erlangt.62 Wenn sie auch in den meisten Fällen nicht so weit gingen, wie es der Wort- laut der verschiedenen Programme von Notstandskommission und OAK ver- langt hatte, kam doch ein beträchtlicher Teil der im letzten Kapitel dargestellten Noterlasse zur Rationierung und Einsparung von Ressourcen, zur staatlichen Kontrolle von Handel, Ein- und Ausfuhr, zur Vereinheitlichung der kriegswirt- schaftlichen Massnahmen auf Bundesebene sowie zur Förderung beziehungs- weise Steuerung der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion den Forderungen der Arbeiterorganisationen viel stärker entgegen, als dies in den vorangegangenen Kriegsjahren der Fall gewesen war (siehe Kapitel 5.2).63 Zu- dem nutzte der Bundesrat seine Vollmachten in den Monaten vor dem Waffen- stillstand zur Umsetzung einer Reihe von sozialpolitischen Vorhaben, die er im bisherigen Kriegsverlauf stets abgelehnt oder unerledigt gelassen hatte: Er hob Sold, Krankengeld, Pensionen und Notunterstützung für Militärangehörige an, erweiterte die Anfang 1917 lancierte «Notstandsaktion»,64 sowohl was den Kreis der Bezugsberechtigten als auch die Zahl der vom Bund subventionierten Le- bensmittel und Brennmaterialien betraf, ordnete die Schaffung von kantonalen Einigungsstellen zwecks Schlichtung von Konflikten zwischen Fabrikinhabern und ihren Angestellten an, erhöhte die Mindestlöhne in der Stickereiindustrie, stellte zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit Vorschriften für die Einführung von Kurzarbeit und Unterstützungsleistungen in Industrie und Gewerbe auf, erschwerte Wohnungskündigungen und Mietzinserhöhungen, lockerte die im Frühjahr 1918 verschärfte Asylpolitik gegenüber ausländischen Deserteuren und ermächtigte schliesslich kurz vor dem Landesstreik die Kantone, zur Bekämp- fung der beklagten «Wohnungsnot» Niederlassung und Aufenthalt zu verwei- gern sowie leer stehende Wohnungen zwangsweise vermieten zu lassen.65 Besonderes Entgegenkommen zeigte der Bundesrat gegenüber den Anliegen des Bundespersonals. Die Haltung der fast 70 000 Angestellten von Post, SBB, 239 zurückzurück

Zoll, Bundesverwaltung, Militärwerkstätten und vielen weiteren Staatsbetrieben war im spannungsgeladenen Jahr 1918 sowohl für die Regierung als auch für die Arbeiterorganisationen von entscheidender Bedeutung.66 Die erfolg reiche Durchführung eines Generalstreiks ohne Beteiligung der Eisenbahner und staat- lichen Beamten wurde als undenkbar eingeschätzt, weshalb sich das OAK in- tensiv um deren Wohlwollen bemühte und die Erhöhung ihrer 1914 zum Teil eingefrorenen Löhne in seine sozialpolitischen Forderungskataloge aufnahm.67 Dem versuchten Bundesrat und Parlament – die Massnahmen wurden nicht nur auf dem Vollmachten-, sondern teilweise auch auf dem legislativen Dring- lichkeitsweg beschlossen – von Januar 1918 bis März 1919 mit insgesamt fünf ein maligen Lohnzuschlägen, sogenannten Kriegsteuerungszulagen, gegenzu- steuern.68 Im Herbst 1918 erhielten ausserdem die ehemaligen Angestellten des Bundes im Ruhestand und ihre Hinterbliebenen eine besondere Zulage.69 Wenn diese Gratifikationen mit Verweis auf die noch stärkere Teuerung mitunter auch als unzureichend aufgefasst wurden, scheinen sie ihre Wirkung nicht ganz ver- fehlt zu haben. Robert Grimm merkte später an: «Das Verkehrs- und Staatsper- sonal lieh seine Unterstützung nicht nur den Postulaten, es lieh sie auch dem Streik. Aber auch diese Unterstützung ging nur soweit und währte nur solange als die Personalforderungen nicht erfüllt waren. Teilweises Entgegenkommen der Staatsbehörden musste damals den Entschluss des Personals zur Teilnahme am all gemeinen Streik lähmen.»70 Auch der Bundesrat selbst, der die Staatsaus- gaben für teuerungsbedingte Lohnzuschüsse von 1916 bis 1919 auf gesamthaft 88 Millionen Franken bezifferte, erhielt gegen Kriegsende eine finanzielle Bes- serstellung.71 National- und Ständerat stimmten in der Herbstsession 1918 einem Vorschlag des sankt-gallischen Nationalrats Robert Forrer zur Erhöhung des jährlichen Bundesratsgehalts von 18 000 auf 25 000 Franken zu.72 Diejenige Massnahme aber, die von Arbeitnehmerseite am hartnäckigsten gefordert und schliesslich per Noterlass umgesetzt wurde, war die Schaffung des Eidgenössischen Ernährungsamts. Hatten Industrie und Gewerbe mit der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft bereits im Sommer 1917 eine staat- liche Aufsichtsbehörde erhalten, sollte eine gleichartige zentrale Institution «zur Besorgung der Geschäfte, die sich auf die Volksernährung, die Futtermittel- beschaffung, ferner die Warenverteilung, die Preisfestsetzung und die Bekämp- fung des Wuchers mit Nahrungs- und Futtermitteln beziehen», erst am 13. Sep- tember 1918, also zwei Monate vor dem Waffenstillstand an der Westfront, ins Leben gerufen werden.73 Während die kriegführenden Länder ihre ernährungs- politischen Programme ab 1916 in speziellen Behörden oder Ministerien zentra- lisierten und beispielsweise Zürich, Bern, Genf oder Basel-Stadt seit 1917 über kantonale Ernährungs- respektive Lebensmittelämter zwecks Umsetzung der vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen verfügten, blieben die diesbezüg- lichen Aufgaben auf eidgenössischer Ebene lange über die verschiedenen Abtei- lungen von SMD und EVD verteilt und entsprechend fragmentiert.74 Die Gründe für das Ausbleiben einer Zentralisierung im Ernährungsbereich waren vielfäl- zurückzurück 240

Grafik 14: Organigramm der Bundesverwaltung, Anfang 1919

Bundesrat

Adolf von Steiger Joseph Käppeli Edmund Schulthess Felix-Louis Calonder Gustave Ador

Volkswirtschafts- Politisches Departement Bundeskanzlei Ernährungsamt departement Departement des Innern

Brotamt I, Abteilung für Abteilung für Kultur, Handelsabteilung Auslandgetreide Auswärtiges Wissenschaft und Kunst

Brotamt II, Innerpolitische Abteilung für Industrie Oberbauinspektorat Inlandgetreide und Gewerbe Abteilung

Brotamt III, Bundesamt für Vertretungen der Baudirektion Rationierungs- und Sozialversicherung Schweiz im Auslande Kontrollwesen Vertretung des Aus- Inspektion für Forst- Gesundheitsamt Anstalt für Schlachtvieh- landes in der Schweiz wesen, Jagd u. versorgung Fischerei Landwirtschaft Abteilung für Fürsorgeamt Wasserwirtschaft Veterinäramt Kartoffelversorgung Amt für industrielle Abteilung für Vermeh- Kriegswirtschaft rung der landwirtschaft- lichen Produktion Zentralstelle für auswärtige Transporte

Milchamt

Monopolwaren

Warenabteilung

Quelle: Schweizerische Bundeskanzlei, Staatskalender 1919.

tig. Widerstand der Bauernverbände spielte ebenso eine Rolle wie der Umstand, dass sich die betroffenen Abteilungen und Bundesräte auf eine Umverteilung der Kompetenzen und die Schaffung neuer Organisationsstrukturen lange nicht ei- nigen konnten.75 Grimm, der bereits 1916 eine Zusammenfassung der «verschiedenen Bun- desstellen, die sich mit der Nahrungsmittelversorgung befassten», vorgeschlagen hatte, setzte das Thema Ernährungsamt im Januar 1917 auf die Agenda der Ar- beiter-Notstandskommission.76 Als er dann am 12. Dezember 1917 zusammen mit der sozialdemokratischen Fraktion ein Postulat zur Schaffung eines «eidge- nössischen Verpflegungsamts, eventuell in Verbindung mit einem aus Vertretern aller Erwerbsschichten zusammengesetzten Beirat» im Nationalrat einreichte, kam ihm eine Gruppe mehrheitlich konservativer Abgeordneter um den Solo- thurner Gewerbepolitiker und späteren Leiter der Fettzentrale August Kurer 241 zurückzurück

Bundesrat

Robert Haab Camille Decoppet Eduard Müller Giuseppe Motta

Finanz- und Post- und Eisenbahn Militärdepartement Justiz- und Polizei- departement departement Zolldepartement

Eisenbahnabteilung Generalstabsabteilung Landestopographie Justizabteilung Finanzverwaltung

Pferderegieanstalt Postverwaltung Abteilung für Infanterie Grundbuchamt Zollverwaltung in Thun

Telegraphen- und Verwaltung der Abteilung für Kavallerie Polizeiabteilung Steuerverwaltung Telephonverwaltung Militärrechtspflege

Landesverteidigungs- Abteilung für Artillerie Statistisches Büro kommission Bundesanwaltschaft

Befestigungs- Amt für Mass und Abteilung für Genie kommission Versicherungsamt Gewicht

Amt für geistiges Amt für Gold- und Abteilung für Sanität Artilleriekommission Eigentum Silberwaren

Abteilung für Veterinär- Militäreisenbahn- Alkohol-Verwaltung wesen kommission

Oberkriegs- Pensionskommission kommissariat

Kriegstechnische Kommission der Abteilung Winkelriedstiftung Neue Abteilungen nach Bundesratsbeschluss Kriegsmaterial- Militärkassations- vom 17. November 1914 verwaltung gericht

knapp zuvor. Diese reichte nämlich schon am 11. Dezember ein Postulat zur Zu- sammenlegung der «bestehenden und nötig werdenden Departementsabteilun- gen für Beschaffung von Nahrungsmitteln» in einer «Zentralstelle» ein.77 In der Behandlung der beiden Vorstösse signalisierte Edmund Schulthess grundsätz- liche Zustimmung, wenn er auch die von den Sozialdemokraten vorgeschlagene Unabhängigkeit des neuen Amts von den bestehenden Departementen für nicht umsetzbar hielt. Als «nützlich und notwendig» bezeichnete die Idee auch Joseph Käppeli, der als Chef der Abteilung für Landwirtschaft des EVD in einem Bericht Stellung nahm.78 Bei aller Anerkennung ihrer Leistungen wies der seit 1913 im Volkswirtschaftsdepartement tätige Agraringenieur Käppeli darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen EVD, SMD, Kantonsbehörden und Verbänden in den vergangenen Jahren nicht optimal verlaufen sei. «Die mannigfachen Ernährungs- fragen stehen in engstem Zusammenhang und in gegenseitiger Abhängigkeit», zurückzurück 242

trotzdem habe es der Bund durch die Aufteilung der Kompetenzen auf zu viele Amtsstellen verpasst, eine konsistente Ernährungspolitik zu betreiben, was na- mentlich bei Höchstpreisen, Rationierung und Anbausteigerung unerwünschte Effekte nach sich gezogen habe.79 Der Chef des für Brot, Monopolwaren und Tierfutter zuständigen OKK, Otto Zuber, sah demgegenüber durch eine Abspal- tung der betreffenden Abteilungen vom Militärdepartement die «Kontinuität der Geschäfte» und wohl auch die eigene Position im administrativen Gefüge der Bundesexekutive in Gefahr.80 Obwohl sich Anfang Februar 1918 auch die in der Kommission für wirt- schaftliche Fragen versammelten Abteilungsleiter der Bundesverwaltung deut- lich für die Schaffung eines zentralen Ernährungsdepartements aussprachen, blieb das Vorhaben wenig später in den Mühlen der Bundespolitik stecken.81 Der Nationalrat lehnte Grimms Vorschlag – den die «Gazette de Lausanne» in ihrer Abneigung gegen die Zentralisierung als «grande cuisine centrale fédérale» sowie «soviet alimentaire à la mode de Petrograd» betitelt hatte – im März 1918 ab.82 Der bürgerliche Vorstoss wurde von Kurer auf die Zusicherung hin zurückgezo- gen, dass der Bundesrat in der Angelegenheit selbst tätig werde, «wenn sich die Notwendigkeit dafür als dringlich erweisen sollte».83 Erst im Sommer 1918 – das OAK hatte die Forderung im Rahmen des Arbeiterkongresses erneut erhoben und ihr diesmal mit der Streikdrohung Nachdruck verliehen – nahm der Bun- desrat das Projekt wieder auf.84 Er entschied sich schliesslich «nach der ganzen dringlichen Sachlage, vielseitig geäusserten Wünschen entsprechend und nach dem Vorbilde der kriegführenden Staaten» für einen Mittelweg zwischen einem Amt in den vorhandenen Strukturen der Bundesverwaltung und der Schaffung eines eigenen Departements, wie sie Schulthess mit Blick auf eine Erhöhung der Mitgliederzahl der Regierung vorgeschlagen hatte.85 Der zweite Zentralisierungs- schub der Kriegszeit fasste nun die zahlreichen, seit 1914 gebildeten Behörden und Zentralstellen im Bereich der Lebensmittel-, Dünger- und Futterversorgung zusammen, gab damit der Bundesexekutive eine neue Struktur und entfernte die letzten kriegswirtschaftlichen Kompetenzen aus der militärischen Verwaltung des SMD (Grafik 14).86 Das Eidgenössische Ernährungsamt wurde als Sonder- behörde ohne Status eines Departements dem Gesamtbundesrat unterstellt. Sein Direktor sollte mit «beratender Stimme» an den Sitzungen der Regierung teil- nehmen, wenn es um die Ernährungspolitik ging, und konnte seine Geschäfte auch vor dem Parlament vertreten.87 Die «Schweizer Illustrierte Zeitung» stellte ihn deshalb auf der Frontseite ihrer Ausgabe vom 31. August 1918 als «Bundes- rat zweiter Klasse» vor (Abb. 7).88 Die Besetzung dieses Postens gestaltete sich allerdings schwierig und verzö- gerte die Betriebsaufnahme des EEA weiter.89 Nachdem mehrere Kandidaten wie Joseph Käppeli, die späteren Bundesräte Karl Scheurer und Heinrich Häberlin sowie der Zürcher Regierungsratspräsident Gustav Keller die Berufung abgelehnt hatten, konnte Bundespräsident Calonder auf Anraten Max Hubers schliesslich Ende Juli 1918 den Berner Eduard von Goumoëns dafür gewinnen, «sich der 243 zurückzurück

Abb. 7: Im Spätsommer 1918 wird auf Druck der Arbeiterorganisatio- nen das Eidgenössische Ernährungs- amt gegründet, dessen Leitung der Bundesrat dem Berner Industriellen Eduard von Goumoëns überträgt. Schweizer Illustrierte Zeitung, Nr. 35, 31. August 1918.

Aufgabe zu unterziehen».90 Goumoëns war kein Unbekannter, sondern stand als stellvertretender Unterstabschef und Vertrauter Theophil Sprechers bei Ver- handlungen mit der französischen Armeeleitung schon im militärischen Dienst des Bundes. Da der Oberstleutnant ausserdem Direktor der Kunstfaserfabrik Schweizerische Viscose-Gesellschaft in Emmenbrücke war, schien Goumoëns über das nötige Organisationstalent zu verfügen. Anders als im Fall der AIK war Edmund Schulthess mit dieser Personalentscheidung allerdings nicht einverstan- den und versuchte bis zuletzt, sie zu verhindern.91 Da aber auch er nicht in der Lage war, einen Ersatz zu finden, fügte sich der EVD-Chef kurz vor dem Beginn der Verhandlungen mit dem OAK der Wahl, äusserte allerdings «schwere Be- denken» dagegen: «Er anerkennt zwar, dass Herr Goumoens die nötige Energie und Arbeitskraft besitzt, glaubt aber, dass die ihm innewohnende, vom vielen Militärdienst herrührende Rücksichtslosigkeit ihn zu diesem Amte nicht geeig- net mache.»92 Tatsächlich sollte der umstrittene Goumoëns, der zwar unabhängig vom SMD agieren konnte, aber auf die Kooperation mit EVD und Bauernverbän- den angewiesen war, nicht lange im Amt bleiben. Er liess sich im April 1919 aus gesundheitlichen Gründen auf unbestimmte Zeit beurlauben. Die Leitung des EEA, das mittlerweile mehr als 570 Beamte beschäftigte, übernahmen interimis- tisch Emil Schwarz von der Warenabteilung und Joseph Käppeli.93 Letzterer, der gemeinsam mit Ernst Laur an der ETH studiert und die Ernährungspolitik des Bundes im Weltkrieg massgeblich mitgestaltet hatte, wurde schliesslich im Juni 1919 vom Bundesrat offiziell zum neuen Direktor ernannt, während Goumoëns sich wieder der Textilindustrie widmete.94 zurückzurück 244

Mit der Bildung des EEA war die Forderung der Arbeiterorganisationen nach einer zentralen Versorgungsbehörde allerdings nur halb erfüllt. Die andere Hälfte bestand in ihrer Mitsprache in der nun umgestalteten Ernährungspolitik, die mit- tels einer dem EEA beigegebenen Ernährungskommission, auch Ernährungsrat genannt, realisiert werden sollte. Der Bundesrat wählte in diese Kommission am 13. September 1918 zunächst 13 von Goumoëns vorgeschlagene Repräsentanten der kantonalen Bauernverbände, des OAK (Robert Grimm, Friedrich Schneider und Charles Schürch), der erst kürzlich gegründeten Bauern- und Bürgerpar- teien ( und Karl Wunderli), des schweizerischen Städteverbandes, der Lebensmittelbranche, des VSK, der Detailhandels-Einkaufsgenossenschaft Usego sowie des OKK.95 Die Mitbestimmung in der Ernährungskommission war ein kontroverses Thema. Im OAK herrschte Unzufriedenheit über deren Zusam- mensetzung, da die Arbeitnehmervertreter schwächer als erhofft vertreten wa- ren.96 Für Fritz Platten, der im Aktionskomitee die klassenkämpferische Position der Zimmerwalder Linken vertrat, waren ausserdem die Kompetenzen von EEA und Ernährungsrat generell nicht umfassend, nicht «diktatorisch» genug, wes- halb er einen Antrag auf gänzliche Verweigerung der Zusammenarbeit stellte.97 Die Mehrheit der übrigen Mitglieder des OAK war jedoch anderer Meinung. Trotz des Schicksals der ähnlich gelagerten Notstandskommission war sie mit dem kooperativen Ansatz und den erreichten Zugeständnissen fürs Erste zufrie- den, was Platten unter schweren Vorwürfen zum Bruch mit dem Aktionskomitee und vor allem mit Grimm veranlasste.98 Allerdings zeichnete sich nach Aussage von Goumoëns eine definitive Einigung über die Zusammensetzung der Kom- mission erst wenige Tage vor dem Landesstreik ab. Eine eigentliche Zusammen- arbeit zwischen EEA und Arbeitnehmervertretern konnte vor dem Ende der mi- litärischen Auseinandersetzungen also gar nicht mehr stattfinden, da Letztere an den zwei Sitzungen der Kommission im September und Oktober 1918 offenbar nicht teilnahmen.99 Ein dementsprechend deutliches Urteil über die Ernährungs- kommission fällte Grimm kurz nach dem Streik im Nationalrat: «Wie haben Sie da unser Vertrauen missbraucht, das gegebene Wort gebrochen!»100 Teilen der Bauernorganisationen auf der anderen Seite gingen die Konzes- sionen des Bundesrats, insbesondere in Bezug auf das EEA und die Beschrän- kung der Arbeitszeiten, viel zu weit. Ernst Laur und der SBV-Präsident Johann Jenny, ihrerseits dem Druck radikaler Ansichten im landwirtschaftlichen Lager ausgesetzt, warfen der Regierung in einem Brief vor, die Forderungen des OAK voreilig zurückgewiesen zu haben und dann, mit der Streikdrohung konfrontiert, sofort eingeknickt zu sein. Dies habe einen «peinlichen Eindruck» hinterlassen und überdies einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen.101 Die Überzeugung, dass ein landesweiter Streik den Auftakt zu einer gewaltsamen Revolution bilden würde, äusserte Laur nicht nur gegenüber dem Bundesrat und dem Generalstabs- chef, sie kam auch in einer am 13. August 1918 veröffentlichten Erklärung des SBV zum Ausdruck, in der Gegenmassnahmen für den Streikfall, konkret die Einstellung von Lebensmittellieferungen in streikende Städte, angekündigt wur- 245 zurückzurück den. Eine Gefährdung der politischen Ordnung der Schweiz wollte der Verband offensichtlich nicht hinnehmen: «Ein Schweizervolk, das seine demokratischen Institutionen selbst nicht mehr achtet und das Recht durch Gewalt ersetzt, büsst seine internationale Stellung und Aufgabe als Vorbild für Republik und Volks- rechte ein und gefährdet selbst seine Freiheit und Unabhängigkeit. Wer unter den heutigen Verhältnissen den Generalstreik beschliesst und anordnet, ist ein Feind des Vaterlandes und soll als solcher behandelt werden.»102

6.2 Mit Notrecht gegen Dissidenz

Während der Frage nach Arbeitsweise und Wirkung des EEA und seiner beraten- den Ernährungskommission in der Zeit ihres Bestehens vom September 1918 bis Dezember 1922 an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen werden kann, muss angesichts der unverhohlenen Forderung des SBV nach Härte und Repression noch die Kehrseite der in Kapitel 6.1 beschriebenen Reaktionen des Bundesrats auf die Forderungen der Arbeiterbewegung berücksichtigt werden.103 Auch wenn die Regierung zu Verhandlungen mit den Arbeitervertretern und zur notrecht- lichen Umsetzung ihrer Postulate bereit war, umfasste die «elastische Taktik» des Bundes mit Blick auf die innen- wie aussenpolitische Lage stets auch die An- wendung verschiedener Zwangsmittel.104 Zunächst richteten sich diese allerdings nicht direkt gegen die Protestformen der Arbeiterbewegung oder die Mitglieder des OAK, sondern waren auf Gebiete beschränkt, die aus Sicht des Bundes ein grösseres Bedrohungspotenzial für die politische Ordnung und die innere Si- cherheit enthielten. So leitete der Bundesrat am 21. November 1917 – kurz nach der russischen «Oktoberrevolution» – per Notverordnung eine «entscheidende Wende sowohl in der Handhabung des Fremdenpolizeirechts in der Schweiz als auch in der Ausländerpolitik überhaupt» ein.105 Bis zu diesem Zeitpunkt lagen Zulassung und Aufenthalt von Ausländern mehrheitlich im Kompetenzbereich der Kantonsbehörden und die Regulierung durch den Bund hatte sich auf die Spezialfälle der Deserteure und Internierten sowie auf die Verhinderung einer «fortwährenden Ein- und Ausreise von Schiebern, Schmugglern und Spionen» konzentriert.106 Dem im Kriegsverlauf stetig lauter gewordenen Ruf nach einer strengeren Migrationspolitik und den in gewissen Kreisen grassierenden Be- fürchtungen einer bolschewistischen Unterwanderung der Schweiz Rechnung tragend, beschloss der Bundesrat nun aber deutlich restriktivere Vorschriften zur Abwehr beziehungsweise Ausweisung «unerwünschter Elemente» und den hinter ihnen vermuteten politischen, kulturellen oder wirtschaftlichen Einflüs- sen.107 Mit der eidgenössischen Zentralstelle für Fremdenpolizei schuf das JPD in der Folge einen in dieser Form beispiellosen bürokratischen Apparat zur Regis- trierung, Überwachung und Beurteilung ausländischer Staatsangehöriger in der Schweiz.108 Auf ein Politikfeld, in dem sich die ökonomische Lage, Ängste vor Umsturz und Identitätsverlust sowie neutralitätspolitische Aspekte vermengten, zurückzurück 246

wurden so die zuvor in der Kriegswirtschaft erprobten Methoden zur Erfassung und Steuerung des Warenkreislaufs konzeptionell übertragen.109 Mit dieser Abkehr von der föderalistisch-liberalen Einwanderungspolitik der Vorkriegszeit in engem Zusammenhang stand eine erneute Verschärfung der Pressezensur im Vorfeld des Landesstreiks. Zum ersten Mal seit der Trennung von militärischer und politischer Zensur (siehe Kapitel 4.4) im Sommer 1915 nahm der Bundesrat Ende Januar 1918 wieder eine Ausweitung der Bestimmun- gen zur «Presskontrolle» vor, indem er auch nicht periodisch erscheinende Publi- kationen, die sich mit aussenpolitischen Themen befassten, zur Einsendung eines Kontrollexemplars an die EPKK verpflichtete.110 «Wegen ihrer Ausschreitungen, die die innere und äussere Sicherheit des Landes gefährden», wurden im dar- auffolgenden März drei Zeitschriften der sozialistischen Jugendbewegung – die «Forderung», die «Freie Jugend» sowie die «Jugend-Internationale» – per Not- erlass mit einem Erscheinungsverbot belegt.111 Versuche der Herausgeber, die- ses von der SPS-Geschäftsleitung scharf kritisierte Verbot mittels Verteilung von Flugblättern oder Publikation unter neuem Namen zu umgehen, beantwortete der Bundesrat einen Monat später mit der Eröffnung einer militärgerichtlichen Untersuchung gegen zwei Sekretäre der Sozialdemokratischen Jugendorganisa- tion sowie gegen den Leiter der Zürcher Genossenschaftsdruckerei, die auch die wichtige Arbeiterzeitung «Volksrecht» produzierte.112 Generell gewann im Zuge der Polarisierung entlang sozioökonomischer Kon- fliktlinien ab 1917 die Militärjustiz im Vollmachtenregime wieder an Bedeutung. Die Zahl in Kraft stehender Noterlasse, die bei Verstössen eine militär gerichtliche Bestrafung vorsahen, war nach der Übertragung vieler wirtschaftlicher Delikte an die zivile Justiz im Februar 1916 zunächst stark zurückgegangen, nun stieg sie aber auf tieferem Niveau wieder an (Grafik 15; siehe Kapitel 4.4). Öffent- lich sichtbar wurde dieser gestiegene Stellenwert der Militärgerichtsbarkeit ins- besondere anlässlich von Armeeeinsätzen gegen Proteste und Unruhen. Als sich Mitte November 1917 in Zürich schwere Ausschreitungen mit vier Todesopfern und vielen Verletzten (darunter auch Polizisten) ereigneten, entsandte das Ar- meekommando im Einverständnis mit dem SMD Soldaten und der zuständige Platzkommandant Reiser liess Plakate aufhängen, die sämtliche Versammlungen untersagten und ein militärgerichtliches Verfahren androhten: «Das Publikum wird in seinem eigenen Interesse dringend ersucht, den Anordnungen sowohl des Militärs als der Polizei unverzüglich Folge zu leisten. Wer sich vorstehenden Befehlen oder anderweitigen Anordnungen des Militärs oder der Polizeiorgane widersetzt, wird dem Militärgericht überwiesen.»113 Konfrontiert mit Problemen der inneren Sicherheit und wachsendem Druck vonseiten der Arbeiterbewegung wie auch der bürgerlichen Exponenten, aber auch beispielsweise zur Bekämpfung des Schmuggels wandte sich der Bundesrat also wieder an diejenige Akteurin, die er zuvor aus dem Entscheidungsprozess des Ausnahmezustands verdrängt hatte: die Armee.114 Das Verbot der «Freien Jugend» war zuvor von Ulrich Wille gefordert worden und der General war 247 zurückzurück

Grafik 15: Geltende Noterlasse, die bei Verstössen ein militärgerichtliches Verfahren vorsehen, 1914–1918

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0 1914 1915 1916 1917 1918

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

es auch, der wiederholt einen präventiven Armeeeinsatz gegen die von ihm als Revolutionsvorbereitung interpretierten Streikpläne der Linken propagierte.115 Der «Ordnungsdienst», der Einsatz der Armee zur «Handhabung von Ruhe und Ordnung im Innern», war angesichts der zum Teil heftigen Entladungen der innenpolitischen Spannungen ein Thema, das Bundesrat und Öffentlich- keit während der ganzen Kriegszeit beschäftigte (siehe Kapitel 4.4).116 Über die Eventualität eines Generalstreiks und die zu ergreifenden Gegenmassnahmen besprachen sich Regierung und Armeeleitung erstmals aus Anlass der Unruhen in La Chaux-de-Fonds im Mai 1917, als Demonstranten den wegen Offiziersver- leumdung inhaftierten Ernest Paul Graber gewaltsam aus dem Gefängnis der Stadt befreiten.117 Doch erst Ende Januar 1918, unter dem Eindruck der Streik- forderung der Zürcher Arbeiterunion und als in der Limmatstadt fast zeitgleich bei einer aufsehenerregenden Hausdurchsuchung Revolver, Handgranaten und Propaganda italienischer Anarchisten gefunden wurden, begann der Bundesrat mit Planungen einer militärischen Antwort (Militarisierung der Eisenbahnen, Bestrafung streikender Bundesangestellter, vorsorgliche Verlegung von Truppen) «im Falle von Generalstreik und Unruhen».118 Die Bundesanwaltschaft forderte die Kantone zudem per Kreisschreiben auf, gegenüber «extrem-sozialistischen Elementen» besonders wachsam zu sein und dem Bund «von allen einschlägigen Wahrnehmungen ungesäumt» Mitteilung zu machen.119 zurückzurück 248

«Allgemein hat man den Eindruck, dass die revolutionären Elemente an der Arbeit sind. Es muss daher befürchtet werden, es könnte unter Umständen die angefachte Unruhe und Erbitterung der Geister in gewalttätige Ausschreitungen ausarten. Demgegenüber ist ebensowenig zu verkennen, dass der bürgerliche Teil des Landes sich beunruhigt fühlt, befürchtend, die Staatsgewalt werde den um- stürzlerischen Elementen gegenüber nicht die genügende Tatkraft entfalten.»120 Diese Eröffnungsrede Felix Calonders zur Bundesratssitzung vom 31. Januar 1918 fasste nicht nur die in der Regierung prävalente Wahrnehmung der Lage in den Monaten vor dem Landesstreik zusammen, sie sollte für deren innen- politische Strategie bis zum Sommer 1919 massgeblich bleiben. War der Verdacht «anarchistischer», «revolutionärer» und schliesslich «bolschewistischer Um- triebe»121 bislang in erster Linie auf Jungsozialisten und in der Schweiz wohn- hafte Ausländer gefallen, wandte er sich nun – genährt durch eine aufgeheizte innenpolitische Debatte, ausufernde Bedrohungsszenarien, Warnungen aus den Ententestaaten und die realen Umwälzungen der letzten Kriegsjahre – zuneh- mend gegen Teile der politischen Opposition.122 Dem entschärfenden Dialog mit der Arbeiterbewegung zum Trotz begann im Bundesrat und vor allem in der Ar- meeleitung ein «Revolutionsphantasma»123 um sich zu greifen, unter dessen Ein- fluss ein präventives Vorgehen bald als notwendig angesehen und den Streitkräf- ten eine gestärkte, im Vergleich zum August 1914 gleichsam umgedrehte Rolle zugesprochen wurde. Sie sollten nun nicht mehr die Neutralität nach aussen, sondern mithilfe der Vollmachten die politische Ordnung nach innen verteidi- gen.124 Dies zeigte sich nur schon daran, dass im Herbst 1918 noch knapp 20 000 Soldaten für die Grenzbesetzung, dagegen fast 95 000 Angehörige von Feldarmee und Landsturm für den Ordnungsdiensteinsatz im Aufgebot standen.125 Einzig Edmund Schulthess scheint der nie mit konkreten Beweismitteln untermauerten Mutmassung revolutionärer Absichten aufseiten der Sozial- demokraten und der mit dieser Mutmassung legitimierten Stärkung des Militärs im letzten Kriegsjahr zunächst skeptisch gegenübergestanden zu haben. An ei- ner weiteren Sitzung zur Generalstreikdrohung – an derjenigen vom 31. Januar 1918 hatte der EVD-Chef nicht teilgenommen – wies er auf die provozierende Wirkung eines Truppenaufgebots hin und versuchte die Befürchtungen seiner Kollegen zu entkräften: «Bestimmte Tatsachen sind im Grunde genommen nicht nachgewiesen, vielmehr handelt es sich um, wenn auch leidenschaftliches, Ge- rede.»126 Im August 1918 auf die Gespräche mit dem OAK angesprochen, tat dann allerdings auch Schulthess gegenüber dem Journalisten und späteren Bun- deskanzler George Bovet eine alarmierte Haltung kund: «Mais vous ne savez pas comme la situation est grave. La révolution menace!»127 Bezüglich der Vorbereitungen auf einen Generalstreik bemühte sich der Bundesrat dennoch um Zurückhaltung, entschloss sich «nur zögernd und mit in- nerem Widerstreben […] zu polizeilichen und militärischen Maßnahmen».128 Wie im Nachspiel zur Oberstenaffäre bestand er Anfang 1918 gegenüber dem Ar- meekommando auf seiner Weisungsbefugnis als Exekutive und auf der Notwen- 249 zurückzurück digkeit, dass eine militärische «Intervention» des Bundes nur auf ausdrückliches Verlangen der Kantone durchgeführt werden konnte.129 In diesem Sinne brachte er den Kantonsregierungen im Sommer 1918 einen mittlerweile genehmigten Be- fehl des Generalstabschefs für den Ordnungsdienst zur Kenntnis und ermäch- tigte sie am 12. Juli generell zu «ausserordentlichen Massnahmen», insbesondere «öffentliche Versammlungen» polizeilich überwachen, verbieten und «nötigen- falls auflösen zu lassen».130 Die Empörung über diesen Beschluss – sie war mit ein Grund für die Einberufung des erwähnten Arbeiterkongresses wenige Wochen später – bewog den Bundesrat im August 1918 zum Erlass eines Kreisschreibens, in dem er zum einen seine Absicht deutlich machte, die Kantone angesichts der «immer zahlreicher werdenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung» mit den nötigen Zwangsmitteln zu versehen. Gleichzeitig versicherte die Regie- rung aber auch, der Erlass richte «sich gegen keine Partei und keinen Teil der Bevölkerung und ebensowenig gegen verfassungsmässige Rechte der Bürger».131 Auf weniger öffentliche Resonanz stiess derweil ein anderer Noterlass, obwohl er demjenigen vom 12. Juli 1918 äusserst ähnlich war. Am 18. Juli ermächtigte der Bundesrat Kantone und Gemeinden, «alle Veranstaltungen zu verbieten, welche zur Ansammlung zahlreicher Personen am gleichen Ort oder im gleichen Raum führen können». Anlass hierfür waren allerdings nicht die innenpolitischen Spannungen, sondern der Versuch der Eindämmung der «spanischen Grippe».132 Der Bundesrat beliess es nicht bei Ermächtigungen der Kantone. Auf An- regung Eduard Müllers und infolge «hartnäckiger» Forderungen der Armeelei- tung ernannte er am 9. August 1918 eine Spezialkommission, die unter Aus- schluss der Öffentlichkeit zivile und militärische Massnahmen sowie Noterlasse für den Fall eines Generalstreiks ausarbeiten sollte.133 Diese Landesstreikkom- mission, sozusagen ein Anti-OAK, bestand aus den Vorstehern von JPD, SMD und PED, dem Generalstabschef sowie dem Bundesanwalt Franz Stämpfli.134 Ihre «streng geheim» gehaltenen Entwürfe legte sie dem Gesamtbundesrat Ende Oktober 1918 zur Beratung vor.135 Inzwischen hatte eine unerwartete Arbeits- niederlegung des Zürcher Bankpersonals und ein anschliessend ausgerufener Sympathiestreik der Arbeiterunion – laut Jurist Fritz Fleiner und General Wille eine «Generalprobe […], wie weit es möglich sein werde, nach bolschewistischen Rezepten unsern Staat aus den Angeln zu heben» – die innenpolitischen Fronten wieder verhärtet.136 An einer erneuten Konferenz des OAK mit einer Delegation der Bundesverwaltung war zudem die Enttäuschung der Arbeitnehmerseite über die schleppende Umsetzung der im August vereinbarten Massnahmen deutlich geworden.137 Der Bundesrat erklärte sich auf Empfehlung der Landesstreikkommission nun zum einen dazu bereit, bei Ausbruch eines «allgemeinen Landesstreiks» die ganze Armee aufzubieten.138 Zum anderen erteilte er am 29. Oktober 1918 ei- ner für diesen Fall zu erlassenden Notverordnung vorab die Zustimmung, mit der alle «Beamten, Angestellten und Arbeiter der Militärverwaltung des Bundes und der Kantone […] sowie diejenigen der öffentlichen Verkehrsanstalten» der zurückzurück 250

Militärgerichtsbarkeit unterstellt werden konnten. Ihnen wie auch den «übrigen Beamten, Angestellten und Arbeitern der Bundesverwaltung mit Einschluss der Nationalbank» wurde durch die Verordnung jede Teilnahme an einem Streik untersagt, wobei die Militärgerichte Strafen von bis zu einem Jahr Gefängnis und 1000 Franken Busse verhängen konnten. Ebenso unter Strafe der Militär- justiz gestellt wurden die Aufforderung von Bundesangestellten oder Soldaten zur Verletzung ihrer «Dienstpflicht», die Sabotage öffentlicher Infrastruktur sowie der Widerstand gegen Anordnungen der lokalen Militärbehörden.139 In ähnlicher Weise genehmigte der Bundesrat einen Noterlass «gegen Ausschrei- tungen der Presse bei Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung».140 Auf eine Idee des Generalstabschefs ging schliesslich die Schaffung eines politischen Inlandnachrichtendiensts zurück. In Zusammenarbeit mit der Nachrichtensek- tion des Armeestabs und der im Juli 1918 stark vergrösserten Heerespolizei legte die Bundesanwaltschaft nun «gewisse Listen» mit Personen an, die im Fall eines Umsturzversuchs verhaftet werden sollten.141 In Bezug auf den Ausnahmezustand gingen die vom Bundesrat angenom- menen Vorschläge der Landesstreikkommission noch weiter. Für den Fall näm- lich, «dass der Gesamtbundesrat durch Gewalt ausser Stand gesetzt sein sollte, über die Inkraftsetzung oder Publikation dieser Erlasse zu beschliessen, [wurde] jedes einzelne Mitglied des Bundesrates, sind alle verhindert, der Bundeskanzler und nach ihm der erste Vizekanzler ermächtigt, die Inkraftsetzung und Veröf- fentlichung dieser Erlasse anzuordnen». Darüber hinaus wurde «den genannten Stellen […] die Ermächtigung gegeben, Aufgebote von Truppen zu verfügen, die Bundesversammlung einzuberufen und überhaupt im Sinne der gegenwärtigen Vorlage alle Anordnungen zu treffen, die zu Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung im Lande dienlich erscheinen».142 Hatte das Parlament dem Bundesrat bei Kriegsausbruch Vollmachten zum Erlass von Gesetzen gegeben, traf diese Exekutive unter dem Eindruck von Revolutions- und Interventionsängsten nun also insgeheim Vorkehrungen zur Übertragung ausserordentlicher Kompeten- zen auf eine Einzelperson.143 Der ursprüngliche Antrag der Landesstreikkom- mission sah als ultima ratio dieses Machttransfers sogar eine Übertragung der genannten Befugnisse auf die Armeeleitung vor, was der Gesamtbundesrat aller- dings explizit ablehnte.144 Bereits im August 1918 hatte die Regierung dagegen einem Entwurf des Justizdepartements für einen Noterlass «betreffend die eidg. Intervention» ihre Genehmigung erteilt. Dieser Erlass sah für den Ausbruch re- volutionärer Unruhen in einem Landesteil die Entsendung eines mit politischen und militärischen Vollmachten ausgestatteten «Kommissärs» vor.145 «In versie- geltem Couvert mit angemessener Aufschrift» vertraute das JPD die Beschlüsse vom 29. Oktober den Bundesräten und -kanzlern, dem Bundesanwalt sowie dem Generalstabschef an, um sie «unter sicherem Verschluss zu halten und erst zu öffnen, wenn von dem Inhalte […] Gebrauch gemacht werden muss».146 Der Umsturzversuch, auf den sich Bundesräte und Armeespitze so vorberei- teten, fand nicht statt, doch leistete die Regierung wenige Tage später dem Drän- 251 zurückzurück gen des Generals auf ein Truppenaufgebot zur Jahrfeier der russischen Oktober- revolution Folge, was zunächst den Proteststreik «zum Zeichen der Auflehnung gegen die Unverantwortlichkeit der militärischen und bürgerlichen Diktatur»147 und anschliessend, am 11. November 1918, den landesweiten, unbefristeten Generalstreik nach sich zog.148 Gestützt auf seine Vollmachten, versuchte der ins Hauptquartier des Armeestabs umgezogene Bundesrat den massiven Ord- nungsdiensteinsatz unter ziviler Kontrolle ablaufen zu lassen. Doch in der mili- tärischen Dynamik der Situation bestimmten rasch General Wille, der nun auch ohne Erlass des Interventionsbeschlusses de facto «eidgenössischer Kommissär» war, und die ihm unterstellten Kommandanten die Vorgehensweise.149 Die am 29. Oktober beschlossene «Verordnung betreffend Massnahmen gegen die Ge- fährdung und Störung der innern Sicherheit der Eidgenossenschaft» wurde nun mit leichten Änderungen in Kraft gesetzt, ebenso wie eine Reihe militärischer Erlasse, beispielsweise die erneute Einführung des «Kriegsbetriebs» der Eisen- bahnen. Dem Personal von Bund, SNB und SBB war damit eine Teilnahme am Streik militärstrafrechtlich verboten.150 Den militarisierten Bundesangestellten wurde das Streikverbot durch Pla- kate mitgeteilt, während sich der Bundesrat mit zwei Proklamationen an die Öffentlichkeit wandte.151 Diese Bekanntmachungen rechtfertigten einerseits die Militärintervention des Staats gegen «revolutionäre und anarchistische Experi- mente», andererseits signalisierte vor allem der erste Aufruf mit Beschwörungen von Demokratie, Freiheit und «sozialer Gerechtigkeit» weiterhin die Bereitschaft zu «weitherzigem Entgegenkommen».152 Das OAK, das sich widerstrebend, aber aus taktischen Gründen zur Ausrufung des Generalstreiks entschlossen hatte, stellte diesen Aufrufen und der Weigerung des Bundesrats, die Truppen aus den Strassen zurückzuziehen, seinerseits ein neues «Minimalprogramm» mit zehn153 Bedingungen für eine Beendigung des Ausstands entgegen. Zwar sprach das Ak- tionskomitee dem amtierenden Bundesrat nun mit deutlichen Worten die Fä- higkeit ab, «der Zeit und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden», doch richteten sich seine Forderungen nicht direkt gegen das Vollmachtenregime – wenn das Programm auch mit einer «ungesäumten Umbildung der bestehenden Landes- regierung», der Einführung des Frauenwahlrechts und einer sofortigen Neuwahl des Nationalrats nach dem vor kurzem angenommenen Proporzwahlverfahren durchaus tief greifende Massnahmen verlangte.154 Aus dieser Perspektive war der Landesstreik weniger ein Versuch radikaler Umgestaltung als Teil der Bemühungen der Arbeiterbewegung um mehr Mitspra- che im politischen System der Schweiz. Die Entwicklung seit dem Januar 1918 hatte deutlich gemacht, dass der mit Vollmachten regierende Bundesrat umso stärkeres Entgegenkommen zeigte, je glaubwürdiger die Streikdrohung war, je bestimmter und konkreter das OAK seine Begehren formuliert hatte.155 Fast als Bestätigung dieser Strategie wirkte, dass der Bundesrat den Sozialdemokraten in der aus Anlass des Landesstreiks auf den 12. November 1918 einberufenen Son- dersession der Bundesversammlung neben einer sorgfältigen Prüfung und Um- zurückzurück 252

setzung der OAK-Forderungen auf der Basis des zu schaffenden Völkerbunds auch zwei Sitze in einer allfällig auf neun Mitglieder vergrösserten Regierung in Aussicht stellte.156 Was den organisierten Wirtschaftsinteressen ihre Unverzicht- barkeit, Expertenschaft und Durchsetzungskraft bei Aushandlung und Umset- zung der Noterlasse war, war der Arbeiterbewegung im letzten Kriegsjahr die Streikdrohung und die Mobilisierung ihrer Basis für Strassenproteste. Beide For- men der politischen Partizipation waren, erklärte Robert Grimm später im Lan- desstreikprozess, weder demokratisch noch verfassungskonform, doch durch die Existenz einer «mit diktatorischer Gewalt ausgestatteten Landesregierung»157 notwendig geworden: «Wir bedauern außerordentlich, daß wir erst durch das Mittel des Streiks den Herren im Bundeshaus begreiflich machen konnten, was wir eigent- lich verlangen, und daß man uns anders zu behandeln hat als bisher. […] Wie manchmal hat Herr Laur mit dem Generalstreik gedroht, dem Bauern- generalstreik! Und die Metzger in St. Gallen, die haben einfach die Läden geschlossen. Die Arbeiterschaft ist nicht in dieser privilegierten Stellung, sie ist depossediert, besitzt keine Produktionsmittel, keine Fabriken, kein Ei- gentum, das sie als Produktionsfaktor in die Wagschale werfen kann. […] Daher ist es Unsinn, wenn behauptet wird, der Generalstreik sei gesetzlich nicht erlaubt, sei verfassungswidrig. Der Generalstreik ist so legitim als jede andere Maßnahme von irgendeiner andern Vertretung, sei es in der Industrie oder sei es in der Landwirtschaft.»158 Mit etwas mehr zeitlichem Abstand betonte auch der Gewerkschafter und ehe- malige Vizepräsident von OAK und SPS Konrad Ilg diesen Zusammenhang von Vollmachten und Generalstreik: «Das Oltener Aktionskomitee wurde geschaffen zur Vertretung der For- derungen und Begehren bei den Behörden. Sein Zweck war im Grunde ge- nommen ein rein wirtschaftlicher, nämlich die Verbesserung der durch die Teuerung, Ernährungsschwierigkeiten usw. drückend gewordenen Lage der Arbeiterschaft. Zwangsläufig erhielten jedoch alle Begehren sofort eine po- litische Note, weil die ganze Bevölkerung dem mit außerordentlichen Voll- machten regierenden Bundesrat unterstellt und große Bevölkerungsschich- ten im Bundesrat nicht vertreten waren.»159 Doch im bewegten November 1918 führte die zuvor durchaus wirksame Stra- tegie, den Bundesrat mit klassenkämpferischem Auftreten zum stärkeren Ein- bezug der Arbeiterorganisationen in die Entscheidungsstrukturen des Voll- machtenregimes zu bringen, schliesslich zum Abbruch des Dialogs. Während in einem Eisenbahnwagen 80 Kilometer nordöstlich von Paris nach vier Jahren und drei Monaten Krieg ein Waffenstillstand zwischen Deutschland, Frankreich und Grossbritannien geschlossen wurde, während in den Staaten der Entente das siegreiche Ende der militärischen Auseinandersetzungen gefeiert wurde und während in Berlin und Wien lange Zeit bewunderte Kaiserreiche «in nichts» zusammenfielen, interpretierten Bundesrat, Armeeleitung und wachsende Teile 253 zurückzurück der bürgerlichen Öffentlichkeit den Landesstreik als Kampf um die politische Herrschaft und Staatsform.160 Die anfänglich von Calonder, Schulthess und li- beralen Kreisen gezeigte Bereitschaft zu sozialpolitischen und staatsrechtlichen Reformen wurde unter lautstarker Kritik am Bundesrat von einer Parlaments- mehrheit blockiert. Anträge Grimms und der Grütlianer auf Vorbereitung einer Neuwahl von National- und Bundesrat blieben völlig chancenlos. Während sich in einigen Schweizer Städten Bürgerwehren – vorgeblich zur Unterstützung des Staats, tatsächlich aber als Ausdruck tiefen Misstrauens gegenüber seinen Insti- tutionen – formierten, gelang es Konservativen und Westschweizer Bürgerlichen, die den Streik besonders ablehnten, einen unnachgiebigen Kurs durchzusetzen. Das Parlament hiess die militärischen Massnahmen gegen den Landesstreik mit 136 gegen 15 Stimmen gut.161 Der Zwangslage, in die sich der Bundesrat gedrängt sah, gab Felix Calonder an die SPS gerichtet deutlichen Ausdruck: «Wir können, das sollten Sie selbst verstehen, unmöglich vor Ihnen kapitulieren. Die Verhält- nisse haben sich so zugespitzt, daß entweder Sie oder wir unterliegen müssen.»162 Konfrontiert mit einem bundesrätlichen Ultimatum, weiteren Truppenauf- geboten, einer militärischen Besetzung der Arbeiterpresse, der harschen bürger- lichen Reaktion163 und der daraus entstehenden Gefahr, der Streik könnte in ei- nen Bürgerkrieg abgleiten, entschloss sich das Aktionskomitee am 14. November 1918 zur Beendigung des Generalstreiks.164 Seine Mitglieder sowie mehr als 200 Arbeiter, Soldaten und sozialdemokratische Funktionäre mussten sich wegen Anstiftung zur Meuterei und Verstössen gegen die Verordnung vom 11. Novem- ber in den sogenannten Landesstreikprozessen vor Militärgericht verantworten, die allerdings weniger von bürgerlicher Revanche als von der Suche nach einer Verständigung gekennzeichnet waren.165 Weitere Streikende wurden disziplina- risch bestraft oder verloren ihre Arbeitsstelle.166 Die im Frühjahr 1918 begonnene Politik der Verhandlungen und notrechtlichen Konzessionen wurde zwar auch während des Landesstreiks und in der unmittelbaren Nachkriegszeit in einem «galop de politique sociale»167 fortgesetzt, doch war die vierte und letzte Phase des Untersuchungszeitraums mit einem Aufschwung vaterländischer und para- militärischer Verbände, militärischen Planungen gegen zukünftige Aktionen der Arbeiterorganisationen, einem Ausbau von Staatsschutz und Nachrichtendienst, innenpolitischen Block- und Frontbildungen, gegenseitigem Misstrauen, «Über- fremdungs»- und Revolutionsängsten sowie weiteren Entladungen der sozialen Konflikte mindestens so stark von Polarisierung und Blockaden geprägt wie die Zeit vor dem Waffenstillstand (siehe Kapitel 6.1).168 In vorgezogenen Parlamentswahlen nach dem neuen Verhältniswahlsystem, dem die Stimmberechtigten am 13. Oktober 1918 ihre Zustimmung erteilt hat- ten, konnte die SPS Ende Oktober 1919 die Zahl ihrer Nationalratssitze auf 41 mehr als verdoppeln, während die Freisinnigen genauso viele ihrer zuvor 101 Mandate und damit die absolute Mehrheit in der grossen Kammer verloren (siehe Abb. 2). Der für die Auseinandersetzungen und Mentalitäten der Nachkriegszeit bezeichnende Wahlsieg gelang allerdings den neuen Bauern- und Bürgerparteien zurückzurück 254

(BGB). Erst in wenigen Kantonen präsent, erlangten ihre Kandidaten, zum Teil durch Übertritte aus den anderen bürgerlichen Parteien, insgesamt 29 Sitze, dar- unter fast die Hälfte aller Delegierten des Kantons Bern. In der nun veränderten politischen Landschaft benötigte die FDP erstmals Koalitionspartner, wodurch die Katholisch-Konservativen 1919 ihren zweiten, die BGB 1929 den ersten Sitz im Bundesrat erhielten. Bei den Sozialdemokraten sollte es erst in der Bedro- hungslage des Zweiten Weltkriegs zur Integration in die (erneut mit Vollmach- ten ausgestattete) Exekutive kommen, wobei nicht zuletzt auf die im November 1918 gemachten Erfahrungen verwiesen wurde.169

6.3 Der juristische Standpunkt und die Suche nach Ordnung im Vollmachtenregime

Mit dem Beschluss des 3. August 1914 legten die National- und Ständeräte das rechtliche Fundament für einen in der modernen Schweizer Geschichte bislang beispiellosen Transfer gesetzgeberischer und finanzieller Kompetenzen an den Bundesrat. Ebenso vielfältig und zahlreich wie die Anwendungsgebiete, insti- tutionellen Ausformungen und Konfliktfelder der Vollmachten während der Kriegszeit waren in der Folge die Beschreibungen des dadurch geschaffenen Aus- nahmezustands und seiner langfristigen Wirkungen. Zeitgenössische und spätere Betrachterinnen und Betrachter standen vor einem neuen politischen Phänomen, dessen Konturen sich nur langsam abzuzeichnen begannen und das auf verschie- denste Weise gedeutet werden konnte. Das Vollmachtenregime des Ersten Welt- kriegs habe, so einige Urteile aus Politik- und Geschichtswissenschaft, «die Kom- petenzen der Bundesversammlung de facto aufgehoben»,170 den «Exekutivstaat […] mit dominierender Stellung des Bundesrates»171 zum Charakteristikum der Schweizer Politik gemacht, durch seinen «Modernisierungsschub Richtung staat- licher Zentralisierung»172 eine «Vergewaltigung»173 und lähmende «Entmündi- gung»174 der Kantone bewirkt, die «politische Diskussion auf einen kleinen Kreis führender politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entscheidungsträ- ger»175 verkürzt, eine verhängnisvolle «Blockierung des gesellschaftlichen Inter- essenausgleiches»176 ausgelöst sowie nicht zuletzt «Staatsinterventionismus», So- zialstaat und Verbandsdemokratie zum Durchbruch verholfen.177 Aus Sicht der Rechtswissenschaft stellte der Ausnahmezustand des Ersten Weltkriegs vor allem deshalb einen «grossen Einschnitt im Verfassungsleben der Eidgenossenschaft»178 dar, weil eine Delegation umfassender legislativer und fi- nanzieller Kompetenzen an die Exekutive vom schweizerischen Grundgesetz gar nicht vorgesehen, deshalb «extrakonstitutionell» und in ihrer Rechtmässigkeit höchst umstritten war.179 Die Bundesversammlung habe durch ihren Beschluss bei Kriegsausbruch «ungeschriebenes Verfassungsrecht»180 geschaffen, was nicht nur einem solchen Vorgehen in zukünftigen Notsituationen den Weg bereitete, sondern auch die geltende «Rechtsordnung zu einem erheblichen Teil beiseite» 255 zurückzurück schob181 und der Bundesverwaltung eine fast schrankenlose «kommissarische Diktaturgewalt»182 gewährte. Die Folge war eine «Implosion des Verfassungs- rechts»,183 die «zu einer Verlagerung vom Gesetz auf die Verordnung»,184 zu «Verletzungen des Rechtsstaatsprinzips»185 und allgemein zu einer «Aera […] hochgradiger Spannung zwischen Verfassung und Wirklichkeit»186 führte, in der Demokratie und Gewaltenteilung nicht nur durch Entwicklungen im Ausland infrage gestellt wurden. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass der Bundesrat im Unterschied zu den Ermächtigungen des 19. Jahrhunderts sein «Notverord- nungsrecht […] weit über den Rahmen hinaus zur Anwendung gebracht» hatte, den der Parlamentsbeschluss vorgezeichnet hatte, wodurch «die autoritären Ten- denzen im Bundesrat über den Krieg hinaus eine Verstärkung» erfuhren.187 Zwar habe mittlerweile ein Abbau beziehungsweise eine Überführung der zahlrei- chen Noterlasse aus zwei Weltkriegen in reguläres Recht eingesetzt, schrieb der Staatsrechtler Zaccaria Giacometti als prononciertester Kritiker des Notrechts zur Jahrhundertmitte, «Vollmachtengeist und Dringlichkeitsgeist leben aber fort. Die Zukunft sieht auch unter dem rechtsstaatlichen Aspekt düster aus.»188 Stand Giacometti, der seine Dissertation 1919 bei Fritz Fleiner an der Uni- versität Zürich verfasst hatte, der Ermächtigung des Bundesrats zum Gesetz- geber, den damit vorgenommenen Einschränkungen verfassungsmässiger Rechte sowie der «Hypertrophie autoritärer Rechtssetzung»189 bereits äusserst kritisch gegenüber, galt dies umso mehr für die ebenfalls von Fleiner betreute Arbeit Lili Zollers.190 Die Basler Juristin, die zehn Jahre nach Kriegsende die erste um- fassende Untersuchung des Ausnahmezustands vorlegte, fasste den Vollmach- tenbeschluss als deutliche Verfassungsverletzung auf, die nur im Kontext der verschiedenen notrechtlichen Regimes der Kriegszeit zu verstehen war. Deren übergreifendes Ziel bestand Zollers Ansicht nach nicht in erster Linie im Schutz des Gemeinwesens vor einer äusseren Bedrohung, sondern in der Bewahrung des innenpolitischen Status quo, der «bestehenden Anordnung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Kräfte» –191 selbst durch Ausserkraftsetzung der Demokratie und Installation eines von allen rechtlichen Schranken entbundenen «gouvernement de fait».192 Zu diesem Zweck habe die Bundesversammlung am 3. August 1914 in einem als revolutionär einzustufenden Akt den Bundesrat zum Gesetzgeber erhoben: «Ein solches Notverordnungsrecht bedeutet eine Revolution, den Geltungs- anfang einer neuen einzelstaatlichen Rechtsordnung mit den Grundzügen der Diktatur. Die Vorstellung, daß das bestehende Verhältnis der sozialen Kräfte um jeden Preis aufrecht erhalten werden soll, auch unter Verletzung der bestehenden Rechtsordnung, wird immer die notwendige Wirksamkeit erlangen, so lange die Machtverhältnisse im Staatsgebiet dieselben bleiben, dieselben Gruppen die Herrschaft halten. Nur dann wird diese Vorstellung zum Rechte, wenn sie die Macht hinter sich hat.»193 Da all dies ausserhalb des gültigen Rechts geschah, waren Zollers Auffassung zu- folge auch die Noterlasse von Bundesrat und Verwaltung letztlich ungültig und zurückzurück 256

die davon betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht verpflichtet, sich daran zu halten. Wenn der Staat mit Zwangsmassnahmen dem ungültigen Notrecht den- noch Geltung zu verschaffen versuchte, «so ist dies kein Rechts- und Staatsakt, da ja das Organ hierzu nicht kompetent ist, sondern ist reine Willkür der Organe, besser der die Notmaßnahme realisierenden Menschen, für welche sie strafrecht- lich und zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können».194 Was die gemessen an der späteren Rezeption vergleichsweise wenigen Po- sitionsbezüge von Juristen zum Vollmachtenregime bereits während des Ersten Weltkriegs anbelangt, lassen sich grob drei Standpunkte unterscheiden. Heftigen Widerspruch erfuhr der Ausnahmezustand erstens durch Stimmen aus der West- schweiz an der Schnittstelle von Recht, Journalismus und Politik, die sowohl die Erteilung der Vollmachten durch das Parlament wie auch deren Ausübung durch den Bundesrat als illegal bezeichneten und darüber hinaus die Notwen- digkeit eines Ausnahmezustands grundsätzlich anzweifelten. Diese Richtung verstärkte sich in der ersten Phase des Untersuchungszeitraums und kam vor allem im Vorfeld der Debatte um die Oberstenaffäre im Frühjahr 1916 sowie erneut, als es um die Abschaffung der Vollmachten nach dem Waffenstillstand ging, zum Ausdruck (siehe Kapitel 4.3 und 6.4).195 Da die Bundesverfassung we- der einen Notstandsartikel enthielt noch eine Delegation legislativer Kompeten- zen an die Exekutive vorsah, waren zweitens auch Autoren wie Robert Hoerni, Carl Jaeger oder Gaston Jèze der Auffassung, die «dictature du Conseil fédéral» sei verfassungswidrig.196 Angesichts der besonderen Notlage des Weltkriegs, der «nur durch schnelle und radikale Massnahmen […] abgeholfen werden» könne, bestritten sie allerdings deren Notwendigkeit nicht.197 Dagegen bestand drittens nach Auffassung von Juristen in der Deutsch- schweiz kein Widerspruch zwischen dem Verfassungsrecht und dem seit August 1914 herrschenden Ausnahmezustand. Staatsrechtler Eduard His sah Vollmach- tenregime und Noterlasse gerade durch das Fehlen eines Notstandsartikels in der Verfassung begründbar. Als «unvollkommenes Menschenwerk» habe das schweizerische Grundgesetz die Situation eines Weltkriegs nicht vorhersehen können, weshalb Parlament und Regierung berechtigt und verpflichtet waren, die «Lücken im Recht» mit Notrecht zu schliessen.198 Der Berner Anwalt und Mitarbeiter im JPD Eduard von Waldkirch verwies direkt auf die sicherheitspoli- tischen Kompetenzen der Bundesversammlung, wie sie in Artikel 85 der Verfas- sung festgelegt waren. In Bezug auf Kollisionen mit dem vorhandenen Recht, die durch Noterlasse des Bundesrats – beispielsweise im Rahmen der Pressekontrolle oder bei Eingriffen in die Kompetenzen der Kantone – entstanden waren, argu- mentierte Waldkirch, «dass Gesetze und selbst Verfassungssätze, die einem der untergeordneten Staatszwecke nachstreben, dann zurücktreten müssen, wenn sie mit dem obersten Staatszweck, der Behauptung der Unabhängigkeit des Vater- landes gegen aussen, nicht im Einklang stehen sollten».199 Ähnlich und für den fachlichen Konsens seiner Deutschschweizer Kolle- gen wohl am einflussreichsten war die Haltung Walther Burckhardts, der sich im 257 zurückzurück

Auftrag des Bundesrats bereits vor 1914 mit der Frage des Notrechts im Bundes- staat auseinandergesetzt und mit einem umfangreichen «Kommentar der schwei- zerischen Bundesverfassung» einen Namen gemacht hatte (siehe Kapitel 2.6). In der Eröffnungsrede zur Jahresversammlung des von ihm präsidierten Schweize- rischen Juristenvereins äusserte der Basler Professor 1916 einerseits Verständnis für ein «gewisses Unbehagen», mit dem einige seiner Kollegen auf die Aufwei- chung der Gewaltentrennung, die Eingriffe des Bundes in den Hoheitsbereich der Kantone und die Einschränkung der Individualrechte durch das Vollmach- tenregime reagierten.200 Andererseits vertrat Burckhardt die Ansicht, dass in «Zeiten, wo die Existenz eines Staates bedroht wird, durch innere oder äussere Gefahren […], die feinerdachten Unterscheidungen zwischen zentraler und gliedstaatlicher Kompetenz, zwischen gesetzgebender, vollziehender und recht- sprechender Funktion und zwischen staatlicher und individueller Rechtssphäre nicht mehr stand [hielten]. Es gilt zu handeln, einheitlich, rasch und rücksichtslos zu handeln; wer zunächst dazu berufen ist, der Gefahr zu begegnen, zieht alle Kompetenz an sich, verdrängt die konkurrierenden Gewalten und schreitet in unbegrenzter Bewegungsfreiheit seinem hohen Ziele zu.»201 Wenn der Bundesrat also zeitweise die alleinige «Leitung» des Staats in die Hand nahm, wie es analog in der Verwaltung der Kolonien202 oder in der Unterordnung der Armee unter einen Oberbefehlshaber geschehe, handle es sich deshalb gar nicht um Notrecht, sondern um den «Willen der Verfassung»203 zum Selbsterhalt des Staats, gegen- über dem die «Rechte der Einzelnen [und] auch die ordentlichen Hoheitsrechte der Kantone weichen» müssten.204 Burckhardts Standpunkt, den er bereits kurz nach Kriegsausbruch auf die knappe Formel «Keine Verfassung, auch die der reinsten Demokratie, kann der Diktatur ganz entbehren»205 gebracht hatte, floss nicht nur in die Argumentation des Bundesrats gegen die Rufe nach Beschränkung der Vollmachten aus der Ro- mandie ein (siehe Kapitel 4.3), er erwies sich auch für die Judikative als massgeb- lich. Das Bundesgericht befasste sich während des Ersten Weltkriegs mehrfach mit Noterlassen der Regierung, wobei es einen ersten grundsätzlichen Entscheid im Dezember 1915 fällte. Wegen eines Artikels in der Lausanner Monatszeit- schrift «Bibliothèque universelle», der den deutschen Kaiser unter anderem als öffentlich hinzurichtenden «bandit couronné»206 bezeichnet hatte, war vom Bundesrat gegen deren Chefredakteur Maurice Millioud ein Verfahren wegen Verstosses gegen die «Verordnung betreffend die Beschimpfung fremder Völker, Staatsoberhäupter oder Regierungen» beschlossen worden – auf Antrag Walther Burckhardts, der seit dem Sommer 1915 als ausserordentlicher Bundesanwalt für die Durchsetzung des Erlasses amtete (siehe Kapitel 3.5).207 In einem Prozess, der sich durch starke öffentliche Resonanz zu einer Art Vorspiel der Oberstenaffäre entwickelte, verurteilte das Bundesstrafgericht Millioud als Verantwortlichen am 14. Dezember 1915 zu einer Busse von 500 Franken und verbot die Publikation der beanstandeten Nummer.208 Der Angeklagte, der selbst in verschiedenen Zei- tungsartikeln209 eine äusserst kritische Position gegenüber Bundesbehörden und zurückzurück 258

Mittelmächten eingenommen hatte und an der Universität Lausanne Philosophie sowie in Stellvertretung Vilfredo Paretos Soziologie unterrichtete, liess dieses Urteil mit der in der Westschweiz verbreiteten Begründung anfechten, die zu- grunde liegende Verordnung sei verfassungswidrig und deshalb für ungültig zu erklären. Damit war die Frage, ob der Bundesrat mit seinen Noterlassen gegen die Verfassung verstossen dürfe, ins Zentrum der Angelegenheit gerückt.210 Burckhardt, als Bundesanwalt im Prozess der Vertreter der Anklage, wies diese Beschwerde vollumfänglich zurück, denn gerade in einer Notlage wie dem Weltkrieg sah er den Bundesrat zum Erlass von Massnahmen, die im Widerspruch zur Verfassung standen, berechtigt. Aus diesem Grund habe das Parlament ihm explizit «pouvoirs illimités» übertragen. Zudem betonte er, dass es dem Bundes- gericht nach geltendem Recht gar nicht zustehe, über die Verfassungsmässigkeit der Noterlasse zu urteilen. Diese trugen nämlich, da der Bundesrat zum Gesetzgeber ermächtigt war, den Charakter von Bundesgesetzen.211 Die Bundesrichter folgten dieser Argumentation weitgehend. Sie verwarfen den Einwand der Verteidigung und erklärten sich zur Überprüfung der vom Bundesrat kraft seiner Vollmachten beschlossenen Noterlasse für nicht kompetent. Ob diese gegen die Verfassung oder den Beschluss vom 3. August 1914 verstossen hatten, könne einzig das Parlament beurteilen.212 Auch der vorgebrachten Meinung, dass die Ermächtigung des Bun- desrats von Beginn weg rechtswidrig gewesen sei, erteilten die Richter bei dieser Gelegenheit in einem «obiter dictum»213 eine deutliche Absage: «Enfin il n’est pas non plus exact de prétendre que l’Assemblée fédérale n’a pas pu autoriser le Conseil fédéral à s’affranchir des règles constitutionnelles qui, en temps ordinaire, s’imposent à l’observation des autorités. Bien que la Constitution ne renferme pas de disposition formelle dans ce sens, il n’est pas douteux que lorsque, par suite de circonstances exceptionnelles, le Conseil fédéral est chargé de prendre toutes mesures exceptionnelles nécessaires pour le bien public menacé, il ne saurait être lié par la Constitution dans cette œuvre indispensable. […] L’autorité judiciaire ne peut s’arroger le droit d’en décider: c’est l’autorité politique seule, soit le Conseil fédéral sous le contrôle de l’As- semblée fédérale […], qui est juge de la nécessité des mesures qu’elle ordonne dans la plénitude de sa responsabilité vis-à-vis du pays.»214 Mit diesem Entscheid im Fall Millioud,215 in dem die unterschiedlichen juris- tischen Ansichten zum Ausnahmezustand direkt aufeinandergeprallt waren, schloss sich das Bundesgericht selbst von einer Mitsprache in der Debatte um die Rechtmässigkeit der Noterlasse aus und liess damit dem «Bundesrat beim Gebrauch seiner Vollmachten freie Hand».216 Tatsächlich berief sich die Regie- rung nur wenige Wochen später im zweiten Neutralitätsbericht ausdrücklich auf das Urteil. Zwar wies der Bundesrat wie Waldkirch oder Burckhardt darauf hin, dass sich das Notverordnungsrecht prinzipiell auch aus der Verfassung begrün- den liesse, doch es war seiner Ansicht nach primär eine «durch ausserordent- liche Ereignisse geschaffene Notlage des Staates», die es ihm erlaubte, «dasjenige zu verfügen, was der höchste Staatszweck [ist]: die Behauptung der Sicherheit, 259 zurückzurück

Integrität und Neutralität des Landes und die Förderung der gemeinsamen Wohlfahrt seiner Bürger».217 Damit hatte sich auch der Bundesrat auf den Stand- punkt «Not kennt kein Gebot» gestellt.218 Trotz aller Kritik, die vor allem nach dem Ende des Ersten Weltkriegs an der Erteilung unbeschränkter Vollmachten geäussert wurde, setzte sich in der schweizerischen Rechtswissenschaft schliess- lich die Ansicht durch, «dass die staatsleitenden Behörden in ausserordentlichen Lagen berechtigt sind, extrakonstitutionelles Notrecht zu erlassen und dabei alle Massnahmen zu treffen, die zum Fortbestand von Staat und Volk erforderlich sind – auch entgegen bestehendem Verfassungsrecht».219 Das Bundesgericht be- stätigte dies zuletzt im Jahr 2000, indem es den erneuten Vollmachtenbeschluss von 1939 und die darauf gestützten Erlasse in der Asylpolitik für rechtmässig erachtete.220 Mit der Genehmigung des Berichts in der ausserordentlichen Debatte vom Frühling 1916 erfolgte nach der gerichtlichen auch die politische Bestätigung der Vollmachten, wie sie das Bundesgericht im Prozess gegen Millioud gefordert hatte (siehe Kapitel 4.3). Die juristischen Expertenmeinungen flossen also in die politische Beurteilung des Ausnahmezustands ein, wobei nicht zuletzt eine Rolle gespielt haben dürfte, dass ein überwiegender Teil der Abgeordneten und Amts- träger der Zeit – beispielsweise alle Bundesräte und der General – eine rechts- wissenschaftliche Ausbildung absolviert hatten.221 Diese allgemeine Zustimmung unter dem Eindruck der internationalen Lage bedeutete allerdings nicht, dass die einzelnen Noterlasse und deren vermutete Wirkungen in bürgerlichen Kreisen der deutschsprachigen Schweiz mit zunehmender Kriegsdauer keine ablehnen- den Reaktionen auslösten (siehe Kapitel 5.3). Besonders gegen die Zunahme von Staatsaufgaben und Regulierungsdichte sowie die damit einhergehende Konzen- tration der Entscheidungsgewalt in der Bundesverwaltung wurde mit politisch aufgeladenen Schlagworten wie «Staatssozialismus»,222 «Bureaukratismus»,223 «Reglementitis»;224 «Etatismus»225 oder «Beamtenherrschaft»226 das Bild eines sich schranken- und planlos ausbreitenden Staats heraufbeschworen (Abb. 8).227 Bundesbeamte wie Walter Stucki versuchten nach Kriegsende diesem Bild eines «polypenartigen Geschöpfs mit grinsender Fratze, welches unter seinem schweren Leib die Grundlage unseres positiven Rechtes, die Bundesverfassung, zerdrückt und das seine zahllosen Fangarme nach Kantonsverfassungen und allen möglichen Gesetzbüchern und bundesgerichtlichen Urteilen ausstreckt», entgegenzuwirken.228 Doch obwohl der Generalsekretär des EVD an der Jahres- tagung des bernischen Juristenvereins im März 1919 versicherte, der Bundesrat habe bei den kriegswirtschaftlichen Noterlassen stets versucht, verschiedene In- teressen zu berücksichtigen und sich nach den Anforderungen der Situation zu richten, konnte er doch nicht bestreiten, dass die notrechtliche Gesetzgebung zu einem nicht mehr überblickbaren, sowohl formal wie auch in der Umsetzung oft mangelhaften «Wirrwarr» von Vorschriften und Institutionen geführt hatte, in dem sich «heute nicht einmal der Jurist, geschweige denn der gewöhnliche Sterb- liche» zurechtfänden.229 zurückzurück 260

Mit den Widerständen gegen das Vollmachtenrecht in den letzten beiden Kriegsjahren wuchs die Notwendigkeit, Ordnung in die «Flut der Noterlasse» zu bringen (siehe Abb. 3). Zum einen manifestierte sich dies in der Forderung nach einer Totalrevision der Bundesverfassung, mit der das Grundgesetz von 1874 um verschiedene Reformvorschläge ergänzt und in Einklang mit der Not- gesetzgebung des Kriegs gebracht werden sollte (siehe Kapitel 6.4). Zum anderen sah sich der Bundesrat im Frühling 1918 erstmals seit der Oberstenaffäre wie- der mit einer mehrheitsfähigen parlamentarischen Opposition gegen die Voll- machten konfrontiert. Am 15. März 1918 reichte der radikale Genfer Nationalrat und spätere Botschafter in den USA Marc Peter zusammen mit 21 freisinnigen, liberalen und katholisch-konservativen Ratskollegen ein Postulat ein, das eine Beschränkung der Vollmachten auf «dringende wirtschaftliche und militärische Massnahmen», eine parlamentarische Vorberatung neuer Noterlasse sowie einen Verzicht der Bundesverwaltung auf ihre finanziellen und strafrechtlichen Kom- petenzen beantragte.230 Auf Peter folgte kurze Zeit später mit einem ähnlichen Vorstoss Pierre de Meuron in der kleinen Kammer. Der Neuenburger Liberale schlug ebenfalls eine Begrenzung der Vollmachten vor, was Felix Calonder und vor allem Edmund Schulthess angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten als praktisch nicht durchführbar zurückwiesen. Sie verteidigten sich in der Stände- ratsdebatte zudem gegen Vorwürfe, die Vollmachten seien auf Kosten der Legis- lative oder nicht im Landesinteresse angewandt worden. Es seien vielmehr die zahlreichen Wünsche aus dem Parlament selbst gewesen, die zum Wachstum des Notrechts geführt hätten, argumentierten die beiden Bundesräte.231 Die parlamentarischen Beratungen über das Postulat Peter und die Motion de Meuron zogen sich bis zum Sommer 1918 hin, wobei eine weitere Motion des Liberalen Eugène Bonhôte zur völligen Abschaffung der Vollmachten ein- gereicht wurde. Dem widersetzten sich nun die Sozialdemokraten, die in einer eigenen Motion Affolter die «Schaffung einer oder mehrerer parlamentarischer Kommissionen zwecks Anregung und Begutachtung neuer Massnahmen im In- teresse des Landes» forderten.232 Angesichts fortgesetzter Ablehnung durch den Bundesrat erklärte sich Marc Peter schliesslich mit einem Vorschlag Calonders einverstanden, ohne Garantien lediglich prüfen zu lassen, ob eine Revision des Vollmachtenbeschlusses möglich sei. Dem stimmte im Juni 1918 auch das Par- lament zu. Von einem Auftrag zur Beschränkung der Vollmachten waren die Vorstösse Peters und de Meurons noch weit entfernt. Doch im Unterschied zu früheren Versuchen einer Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Vollmachtenregimes hatte das Parlament nun diesbezüglichen Vorstössen seine Zustimmung erteilt. Die notrechtliche Gesetzgebung des Bundesrats war damit zum ersten Mal seit Kriegsausbruch ernsthaft angefochten.233 Einig darin, dass er auf die Vollmachten nicht verzichten wollte, sah sich der Bundesrat mithin nicht nur zu einer neuerlichen Legitimation des Ausnah- mezustands gegenüber dem Parlament gezwungen, er musste sich dazu vorab Kenntnisse über Zahl und Inhalt der Noterlasse verschaffen, die seit Kriegs- 261 zurückzurück

Abb. 8: Eine Flut von Noterlassen ergiesst sich in diesem satirischen Kommentar des «Ne- belspalters» aus dem Bundeshaus über die Schweiz. Nebelspalter, Nr. 21, 26. Mai 1917.

ausbruch der Gesetzgebungskompetenz der Exekutive entsprungen waren. Er musste also zuerst selbst herausfinden, welche Ausmasse das Regime seiner un- beschränkten Vollmachten seit Kriegsausbruch angenommen hatte, bevor er dessen Unverzichtbarkeit und Nützlichkeit gegenüber der Öffentlichkeit nach- weisen konnte. Wie erwähnt existierten in der Bundesverwaltung aber keine Verzeichnisse des Notrechts. Die bislang erschienenen Neutralitätsberichte ermöglichten zwar einen groben Überblick über die notrechtliche Praxis, doch sie waren von den Departementen ohne übergreifende Systematik oder Quel- zurückzurück 262

lenangaben fortlaufend, selektiv und den innenpolitischen Erfordernissen ent- sprechend zusammengestellt worden. Verglichen mit der im Zuge dieser Arbeit erstellten Datenbank, enthielten die Neutralitätsberichte Verweise auf nur etwa ein Drittel aller Noterlasse.234 Mitte Juni 1918 erteilte der Bundesrat den Departementen deshalb den Auf- trag, bis zum 1. Juli Berichte über die Anwendung der Vollmachten seit Kriegsaus- bruch auszuarbeiten und dem JPD einzureichen, damit Letzteres einen Gesamt- bericht zuhanden von National- und Ständerat verfassen konnte. Diese Berichte sollten zum einen eine grundsätzliche Stellungnahme zur Motion de Meuron und zum Postulat Peter, zum anderen Verzeichnisse aller in Kraft stehenden Not- erlasse enthalten.235 Die «Aufstellung einer in allen Teilen zuverlässigen Zusam- menfassung» erwies sich allerdings als schwieriger als geahnt, denn schon wenige Tage später verlängerte der Bundesrat die Frist um zwei Monate.236 Bereits im April 1918 war dagegen die Haltung der Armeeleitung zu den parlamentarischen Vorstössen beim JPD eingetroffen. Theophil Sprecher liess durch das Militär- departement mitteilen, dass auch dem General zur Erfüllung «seiner Aufgabe […] eine unbeschränkte Vollmacht verliehen sei» und der Bundesrat im Sinne mög- lichst einsatzbereiter Streitkräfte keine Einschränkung der notrechtlichen Kom- petenzen akzeptieren sollte.237 In einem Brief an Felix Calonder äusserte Ulrich Wille zudem seine persönliche Meinung.238 Der General empfand eine Revision der Vollmachten vor allem wegen der mutmasslichen Umsturzpläne der «Führer des Sozialismus-Comunismus» (siehe Kapitel 6.1) als höchst gefährlich: «Jetzt soll die zu Kriegsbeginn dem Bundesrat gegebene Generalvollmacht ihm wieder abgenommen werden. Ich hätte nichts dagegen, wenn man be- haupten dürfte, obgleich der Krieg noch nicht beendet […], seien doch bei uns normale, ruhige Zeiten zurückgekehrt. Aber gerade das Gegenteil ist der Fall; wohl droht uns aller Wahrscheinlichkeit nach kein Feind von aussen mehr, aber umso drohender ist die Gefahr des Feindes im Innern, der nur durch eine starke Regierung niedergehalten werden kann. Das instinktiv richtig empfin- dende Volk will die Einschränkung der Generalvollmachten des Bundesrates nicht, im Gegenteil, es lechzt nach einer starken Regierung.»239 Wille sprach der Bundesversammlung die Fähigkeit ab, «in gefahrvoller Zeit» die richtigen Entscheidungen zu treffen, wobei er nicht nur einiges Misstrauen gegen den Parlamentsbetrieb durchblicken liess, sondern den Bundesrat implizit dazu aufforderte, an seinen Vollmachten auch dann festzuhalten, wenn sich die Legislative dagegen auflehnen sollte: «Ich bitte, mir diese Darlegungen zugute zu halten; sie sind entsprungen aus meiner schweren Sorge um die Zukunft unseres Landes, wenn nicht kraftvoll den Treibereien ein Riegel vorgeschoben wird, die von den einen planvoll geschickt die innere Zersetzung herbeiführen wollen, und von den andern […] unüberlegt gefördert werden. Nur eine starke Regierung kann da hel- fen; wie sich die inneren Verhältnisse jetzt entwickelt haben, ist diese Stärke nur dann möglich, wenn der Bundesrat ein Vertrauensvotum der Bundes- 263 zurückzurück

versammlung provoziert, oder, wenn diese nicht recht dafür zu haben ist, dies auf eine Art unternimmt, die das Volk veranlasst, ihm zuzujubeln.»240 EDI, FZD, EVD und das Ernährungsamt allerdings hatten ihre Stellung- nahmen auch im Oktober 1918 noch nicht eingereicht, wodurch sich das Justiz- departement veranlasst sah, den säumigen Abteilungen noch einmal Zeit bis Ende November einzuräumen. Die Arbeit der Bundesverwaltung an diesen Berichten bildete schliesslich die Grundlage für den elften, mit 173 Seiten bislang umfang- reichsten Neutralitätsbericht, der am 2. Dezember 1918 der Bundesversammlung vorgelegt werden konnte.241 Die eigentliche Stellungnahme der Regierung zu den Vorstössen von de Meuron und Peter erfolgte allerdings erst am 18. Dezember (siehe Kapitel 6.4).242 Im Zuge dieser ersten Aufarbeitung des Vollmachten- regimes durch die Bundesverwaltung war das Justizdepartement dann im Januar 1919 in der Lage, ein «Generalregister» mit insgesamt 1001 vom August 1914 bis zum Dezember 1918 in Kraft gesetzten Noterlassen anzufertigen.243 Auch diese – nie veröffentlichte – Liste war nicht lückenlos, so fehlten in ihr unter anderem die Kreisschreiben und alle nicht in der «Amtlichen Sammlung» publizierten Verfügungen oder Beschlüsse. Umso deutlicher aber wurden durch die Arbeit am Notrecht dessen Probleme. JPD-Chef Eduard Müller äusserte sich dazu im Herbst 1918 folgendermassen: «Der Sturm gegen die dem Bundesrat zu Beginn des Krieges erteilten aus- serordentlichen Vollmachten hat zum Teil auch seinen Grund in der Man- gelhaftigkeit der Gesetzgebung, die sich auf diese Vollmachten stützt. Wir wollen hier nur auf einen dieser Mängel hinweisen […]. Wir meinen die Un- klarheit darüber, was geltendes Recht ist. Gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten werden immer wieder neue, die gleiche Materie beschlagende, frühere Notverordnungsbestimmungen ganz oder teilweise abändernde Vorschriften erlassen. Man nimmt sich aber oft nicht die Mühe, oft denkt man nicht einmal daran, sich und andern Klarheit darüber zu verschaffen, in welchem Verhältnis die neuen zu den alten Normen stehen. Daraus ergeben sich dann in der Praxis die grössten Schwierigkeiten.»244 Während das JPD sich mit «der systematischen Durchsicht der Kriegsgesetz- gebung zum Zwecke der Erstellung einer Übersicht»245 auseinandersetzte und dazu die anderen Departemente zur raschen Klärung der Frage aufrief, welche Teile des Vollmachtenrechts noch in Kraft waren, welche Exekutiverlasse sich überhaupt auf die Vollmachten gestützt hatten und welche davon aufgehoben werden konnten, widmete sich das EPD einem anderen Aspekt des Ausnahme- zustands.246 Es bat die schweizerischen Vertretungen im Ausland um Auskünfte über die dortigen notrechtlichen Ermächtigungen (siehe Kapitel 3.2). Besondere Aufmerksamkeit erhielten hierbei die USA. Botschafter Hans Sulzer beauftragte den in New York tätigen Juristen Julius Goebel mit der Ausarbeitung einer Stu- die, die im Juli 1918 unter dem Titel «Increase and Development of Executive Po- wer in the United States» mitsamt einer Auswahl von Parlamentsbeschlüssen und «Executive Orders» des US-Präsidenten nach Bern geliefert wurde.247 Ähnliche zurückzurück 264

Nachforschungen wurden parallel in Berlin, Wien, Paris, London, Rom, Madrid und Den Haag durchgeführt, deren Ergebnisse das Politische Departement in einem Bericht zusammenfasste.248 Die Bundesverwaltung hatte sich bereits zu- vor über die Kriegsgesetzgebung ausserhalb der Schweiz informiert. Während es dabei aber meist darum ging, Informationen über kriegswirtschaft liche Mass- nahmen einzuholen, standen im Sommer 1918 angesichts der Vorstösse gegen das Vollmachtenregime die Frage einer Beschränkung der Ausnahmezustände sowie die Mitspracherechte der jeweiligen Parlamente im Vordergrund. So fragte das EPD nach Erhalt von Goebels Studie noch einmal telegrafisch in Washington nach, ob «seit Kriegsbeginn in irgendwelchem Fall von irgendwelcher Seite die mit dem Kriege zusammenhängende Uebertragung weitgehender Vollmachten durch [den] Kongress an [den] Präsidenten als verfassungswidrig angefochten» worden sei.249 Auf der Grundlage seiner Erkundigungen bei den schweizerischen Gesand- ten empfahl das Politische Departement dem Bundesrat, die parlamentarischen Vorstösse abzulehnen, «denn die meisten ausländischen Verfassungen gestatten, dass neue Gesetze in wenigen Stunden genehmigt werden und in Kraft treten, während unser umständlicher Apparat uns zwingt, in eiligen Fällen einen aus- serordentlichen Weg zu betreten».250 Ansonsten behandelte der Bericht des EPD lediglich die Noterlasse zur politischen Pressekontrolle, da es sich dabei um den letzten Bereich des Vollmachtenregimes handelte, für den das Departe- ment noch alleine verantwortlich war. Völlig anders gestaltete sich die Situation beim Volkswirtschaftsdepartement. Die weiterhin rasch wachsende Zahl kriegs- wirtschaftlicher Noterlasse und die nach wie vor bestehende Fragmentierung der Zuständigkeiten in verschiedenen Abteilungen machte eine Erfassung aller notrechtlichen Vorschriften und vor allem eine Beurteilung ihrer Notwendig- keit zu einem besonders langwierigen Vorhaben, das sich bis in den Frühling 1919 hinzog. Eine Nebenwirkung dieses Vorhabens war, dass den mit der Zu- sammenstellung beauftragten Beamten des Generalsekretariats die Ausdehnung des Notrechts offenbar zum ersten Mal recht bewusst wurde. Als ob sie einer Art Absolution für die Dimensionen bedurften, mit denen sich ihnen das Vollmach- tenregime offenbart hatte, klebten sie in das schliesslich angefertigte Verzeichnis aller Noterlasse des EVD zwei Sprichwörter, wie sie bedeutungsschwerer kaum sein konnten. Das erste wird dem römischen Staatsmann Marcus Tullius Cicero zugeschrieben: «Den Gesetzen gehorchen wir alle nur deswegen, um frei sein zu können.» Das zweite ist jüngeren Datums und stammt vom deutschen Dichter Theodor Körner: «Das Vaterland darf jedes Opfer fordern.»251 Welche Absich- ten die ungenannten Autoren des Verzeichnisses mit der Einfügung der beiden Zitate verfolgten und ob sie Kenntnis davon hatten, dass Körners Ausspruch bei den Mittelmächten bisweilen auf propagandistischen Postkarten aufgetaucht war, muss an dieser Stelle offenbleiben.252 Die Ergebnisse der monatelangen Umfrage hinterliessen in der Bundesver- waltung letztlich einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits gelang es erstmals seit 265 zurückzurück

Beschluss der Vollmachten Anfang August 1914, einen – wenn auch groben – Überblick über die darauf gestützten Erlasse, die damit geschaffenen Institutio- nen und die davon betroffenen Politikfelder zu schaffen. Nicht bestritten wurde intern ausserdem, dass die Vollmachten auch nach dem mittlerweile eingetrete- nen Waffenstillstand beibehalten werden mussten, was allem Anschein nach im Sinne des Bundesrats war. Andererseits zeigten die Antworten der Departemente auch, wie unterschiedlich das Notverordnungsrecht gehandhabt worden war und wie viele Unklarheiten, Überschneidungen und Missverständnisse sich dadurch ergeben hatten. Herauszufinden, was nun eigentlich geltendes Notrecht war, um so gegenüber dem Parlament mit einem geordneten, transparenten und vor allem auf das Notwendige reduzierten Vollmachtenregime aufzutreten, erwies sich als praktisch nicht durchführbar. Ebenso wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass sich das über die Kriegsjahre nach den Anforderungen des Moments angewach- sene Geflecht von Vorschriften und Institutionen zumindest kurzfristig gar nicht abbauen lasse, sondern eventuell über die Geltung der Vollmachten hinaus in Kraft bleiben müsse. Das EVD antwortete auf die Frage des JPD, welche Teile des Notrechts in absehbarer Zukunft aufgehoben werden konnten: «Von den noch geltenden Noterlassen können unseres Erachtens keine ohne weiteres aus- ser Kraft gesetzt werden.»253

6.4 Ausnahmsweise Massnahmen – unumgänglich notwendig

Die Versuche des Bundesrats, sich durch Erhebungen in den Departementen ein Bild von den Dimensionen des Vollmachtenregimes zu verschaffen und somit den parlamentarischen Vorstössen zu dessen Einschränkung entgegenzutreten, wur- den nicht zuletzt dadurch erschwert, dass sie genau in jenen Zeitraum im Som- mer und Herbst 1918 fielen, in denen das Notrecht besonders stark expandierte und ständigen Veränderungen unterlag (siehe Kapitel 5.2). Nach Waffenstillstand und Landesstreik begann dann allerdings die vierte und letzte Phase des Unter- suchungszeitraums, in der die Notrechtsetzung ungeachtet aller Bekräftigungen ihrer Notwendigkeit rasch zurückging. Zwischen dem 1. November 1918 und dem 23. Mai 1919 wurden noch 239 Noterlasse in Kraft gesetzt. Mehr als zwei Drittel davon stammten von EVD und Ernährungsamt, womit sich das Übergewicht der kriegswirtschaftlichen Erlasse auch in der ersten Nachkriegszeit fortsetzte. Dahin- ter folgten mit rund 15 Prozent das SMD sowie die anderen Departemente mit weit geringeren Anteilen (Grafik 16). Inhaltlich betrachtet lassen sich die Noterlasse der vierten Phase einfacher kategorisieren, als es für die Zeit vor dem Waffenstillstand von Compiègne möglich war, denn sie beschränkten sich im Wesentlichen noch auf drei Themenfelder: innere Sicherheit, Bewältigung der ökonomischen Probleme der Nachkriegszeit und Abbau der Kriegswirtschaft.254 Die sicherheitspolitischen Massnahmen, die sich in der vierten Phase auf die ausserordentlichen Vollmachten stützten, waren im Prinzip eine direkte Fort- zurückzurück 266

setzung der Erlasse aus dem Vorfeld des Landesstreiks, erhielten durch diesen aber eine besondere Dringlichkeit. Nach den Erfahrungen des Novembers 1918 gelang es dem JPD zusammen mit den Armeebehörden unter der Leitung Theo- phil Sprechers – Ulrich Wille war Mitte Dezember aus dem Dienst entlassen worden –,255 zuvor bloss diskutierte Vorhaben nun notrechtlich umzusetzen. Ängste vor Bürgerkrieg, Umsturz und Unterwanderung ermöglichten eine wei- tere Verschärfung der Bestimmungen zur inneren Sicherheit und bekräftigten den Einfluss der Armee im Vollmachtenregime. Trotz Waffenstillstand und be- dingungslosen Abbruchs des Generalstreiks blieben nicht nur die Vollmachten der Regierung, sondern auf Wunsch Sprechers auch der Aktivdienstzustand, mit ihm der Armeestab sowie die militärischen «Strafbestimmungen für den Kriegs- zustand» in Kraft, «solange die Grenzen eine militärische Bewachung erforder- ten und die öffentliche Ordnung im Innern gefährdet» war.256 Wenn auch die Zahl der aufgebotenen Soldaten nun rasch reduziert wurde – Armeeleitung und Regierung bereiteten sich unter dem Eindruck der bürgerkriegsähnlichen Zu- stände in Deutschland, Österreich, Italien und Russland weiterhin auf Strassen- kämpfe und Revolutionsversuche vor.257 Am 7. Dezember 1918 erteilte der Bundesrat den Kommandanten der Hee- reseinheiten die vor dem Generalstreik noch abgelehnte «Vollmacht zur Aufbie- tung, Mobilmachung und auftragsgemässen Verwendung der ihnen zugewiese- nen Truppen, […] für den Fall der gänzlichen Unterbrechung der Verbindung zwischen den Einheiten, den kantonalen Regierungen und dem Bundesrate durch bereits eingetretene oder drohende schwere Unruhen».258 Ergänzt wurde dieser auf einen Vorschlag des Generalstabschefs zurückgehende Geheimbeschluss im Januar 1919 um eine zweite «Verordnung betreffend Massnahmen gegen die Ge- fährdung und Störung der Innern Sicherheit der Eidgenossenschaft», die nicht nur die Gültigkeit des früheren Noterlasses vom 11. November 1918 bestätigte, sondern auch die Reihe der strafbaren Handlungen beträchtlich erweiterte (siehe Kapitel 6.2).259 Während dieser Noterlass, der hohe Strafen für politische Streik- aufrufe, Veröffentlichung entsprechender Medien oder die Beteiligung an Ver- schwörungen und Demonstrationen vorsah, weder publiziert noch je angewandt wurde, setzte der Bundesrat im März 1919 offiziell eine «Verordnung betreffend die Gefährdung der militärischen Ordnung» in Kraft. Sie verbot die Bildung von «Vereinigungen und Organisationen […], deren Zweck oder Tätigkeit darauf ge- richtet ist, die militärische Disziplin zu untergraben», sowie die Verbreitung «fal- scher Nachrichten» während Ordnungsdiensteinsätzen. Der Noterlass war da- mit Ausdruck der seit längerem bestehenden Befürchtungen, die Armee könnte von «Soldatenräten» und bolschewistischen Agenten unterwandert werden.260 Ebenfalls im Kontext der inneren Sicherheit stand eine Reihe von wirtschaft- lichen Beschränkungen. Wenige Wochen nach dem Landesstreik wurde zunächst von Generalstabschef Sprecher, dann vom Bundesrat selbst die Einfuhr von Waf- fen, Munition und Sprengstoff in die Schweiz per Noterlass verboten.261 Im Ver- lauf des folgenden Jahres 1919 untersagte die Regierung zudem den Handel mit 267 zurückzurück

Grafik 16: Neue Noterlasse zwischen dem 1. November 1918 und dem 23. Mai 1919 nach Monaten

45

40

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30

25

20

15

10

5

0 1918/11 1918/12 1919/01 1919/02 1919/03 1919/04 1919/05

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

militärischer Munition sowie die Anlage von Munitionsvorräten «zu verbreche- rischen Zwecken».262 Der Handel mit Sprengstoff und Zündmitteln sowie deren Lagerung wurde im Mai 1919 der Kontrolle und Bewilligung der kantonalen Po- lizeibehörden unterstellt, Verstösse nach den «Strafbestimmungen für den Kriegs- zustand» geahndet.263 Um «die Finanzierung der bolschewistischen Bewegung in der Schweiz mit russischen Geldern zu unterbinden», verbot der Bundesrat im März 1919 ausserdem die Einfuhr von Noten und Wertpapieren aus Russland.264 Versuchte man mit diesen Noterlassen eine Bewaffnung und Finanzierung des ver- muteten Gegners abzuwenden, stärkte die Armee gleichzeitig ihr Potenzial zur Abwehr des befürchteten Revolutionsversuchs. Zum einen geschah dies mit der Aufstellung der sogenannten Bewachungstruppe, die der Bundesrat zu Beginn des Jahres 1919 kraft seiner Vollmachten organisierte.265 Es handelte sich hierbei um ein aus Freiwilligen zusammengestelltes Armeekorps, das ein ständiges, vor allem aus wirtschaftlicher Sicht problematisches Aufgebot von Milizsoldaten für die «zu erwartende Übergangsperiode zwischen Krieg und Frieden» vermeiden, dabei aber die Grenzsicherung (gegen Schmuggel und unerwünschte Übertritte) sowie die Fähigkeit des Militärs zum Einsatz im Inneren aufrechterhalten sollte.266 zurückzurück 268

Zum anderen erliess der Bundesrat wenige Tage nach dem Waffenstillstand für die im Kriegsverlauf schrittweise vergrösserte Heerespolizei ein neues Reglement für die Zeit der Demobilisation. Auch sie sollte weiterhin an der Grenze, für «Bewa- chungsaufgaben» oder staatsschützerische Ermittlungen der Bundesanwaltschaft eingesetzt werden und dabei «an keine kantonalen Gesetze oder Vorschriften ge- bunden» sein.267 Zusammen beliefen sich die Bestände von «Bewachungstruppen» und «Heerespolizei» noch im Sommer 1919 auf rund 6000 Mann.268 Waren diese Noterlasse auf dem Gebiet der inneren Sicherheit eine Antwort von Bundesrat und Armee auf die innenpolitische Krise der Nachkriegszeit, galt der weitaus grössere Teil des Vollmachtenregimes in der vierten Phase den öko- nomischen Schwierigkeiten, die sich nach dem Waffenstillstand einstellten. Die Transition von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft verlief weder reibungslos noch einheitlich. Jahrelang kaum noch erhältliche Produkte standen nun fast schlag- artig und zu fallenden Preisen für den Import wieder zur Verfügung, während viele Rohstoffe weiterhin knapp und die Handelsbeschränkungen der Nachbar- staaten vorerst in Kraft blieben. Konnten gewisse Branchen von einer allerdings erst im Sommer 1919 richtig einsetzenden «Nachkriegskonjunktur» profitieren, litten andere unter dem hohen Kurs des Frankens, dem Protektionismus der Handelspartner und einer im Vergleich zur Kriegszeit völlig veränderten Nach- frage.269 Die Demobilisierung und die Rückkehr von Beschäftigten aus dem Aus- land führten zu einem Überangebot an Arbeitskraft. Die Preisentwicklung strebte auseinander. Die von den Konsumvereinen ermittelten Kosten für Fleisch, Eier und Mais nahmen weiterhin stark zu, diejenigen für Brotgetreide und Milchpro- dukte stagnierten, dagegen wurden Kartoffeln billiger. Im Durchschnitt stiegen die Preise für Konsumgüter aber bis zum Ende des Untersuchungszeitraums hin weiter an.270 All dies fiel in eine Situation, die angesichts transnationaler politi- scher Turbulenzen und wankender Weltbilder von Zukunftsängsten, aber auch von einer besonderen Ergebnisoffenheit geprägt war – in dieser Hinsicht waren sich der Ausbruch und das Ende des «Grossen Kriegs» sehr ähnlich. Der Welt- krieg war «von den Weltsorgen abgelöst worden».271 Die schweizerischen Behörden sahen sich mit einer Situation konfrontiert, welche die Vorzeichen, unter denen die Kriegswirtschaft der letzten Jahre ge- standen hatte, innert weniger Wochen umkehrte. Aus ökonomischer Perspektive hatte der Krieg Industrie, Land- und Finanzwirtschaft der Schweiz eine kon- stante Nachfrage aus dem Ausland verschafft. Die in ihren Ursachen umstrittene Teuerung und die Handelsblockaden der kriegführenden Staaten stellten zwar Herausforderungen für die Landesversorgung und gleichsam einen Motor der Notrechtsetzung dar, über mangelnden Bedarf an Schweizer Erzeugnissen war vom Bundesrat allerdings kaum je eine Klage zu hören. Das Problem bestand in erster Linie darin, die von Industrie und Bevölkerung benötigten Rohstoffe aus dem Ausland zu beschaffen und gemäss verschiedenen, zum Teil widersprüch- lichen sozialen, militärischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu vertei- len.272 Nach dem Waffenstillstand brach die Konjunktur jedoch sehr schnell zu- 269 zurückzurück sammen und es stellte sich ein Überangebot ausländischer Produkte ein, wodurch die teuren Schweizer Erzeugnisse im In- und Ausland auf Absatzschwierigkeiten stiessen. Der Ton der Neutralitätsberichte änderte sich dadurch markant. Plötz- lich war nun von vollen Lagern, fallenden Preisen und fehlender Nachfrage, von «Überschwemmung unseres Marktes durch billige ausländische, namentlich deutsche Fabrikate»273 und vom Missbrauch der weiterhin bestehenden SSS als Instrument zur Beeinträchtigung der Schweizer Exportwirtschaft die Rede: «Mit dem Abschluss der verschiedenen Waffenstillstandsverträge verän- derte sich die Wirtschaftslage unseres Landes von Grund auf. An Stelle der bisherigen Kriegskonjunktur trat in Industrie und Handel eine ausgespro- chene Baisse, die sich in der zum Bericht stehenden Periode immer mehr verschärfte. Sie ist gekennzeichnet durch eine allgemeine Kaufunlust im In- land wie durch einen empfindlichen Rückgang des Exportes. Die weitere Folge dieses Zustandes ist eine beinahe allgemeine Beschäftigungslosigkeit in der gesamten schweizerischen Industrie, vorwiegend jedoch in der Tex- tilindustrie, welche ihren Niederschlag in Betriebsreduktionen und sogar in einzelnen Betriebsstillegungen findet.»274 Unter diesen Umständen führte die Bundesverwaltung viele der im Kriegsverlauf eingeführten Methoden der Wirtschaftsregulierung und Intervention nach dem Waffenstillstand weiter. Neue Höchstpreise, Beschlagnahmungen (von Milch, Ölkuchen, Brennholz, Kohle und Torf), Exportbeschränkungen, Handels- und Produktionsvorschriften wurden, wenn auch in deutlich niedrigerer Zahl als zu- vor, auch in der vierten Phase des Untersuchungszeitraums noch erlassen. Ratio- nierungen, Monopolrechte, Überwachung von Produktion und Handel sowie die Anbausteigerungen wurden teilweise beibehalten und der Situation angepasst. Während die Einstellung der Kampfhandlungen an der Westfront aber in vielen Bereichen eine Lockerung der Vorschriften ermöglichte – beispielsweise erhöhte das EEA die tägliche Brotration im Verlauf des Frühjahrs 1919 schrittweise auf 300 Gramm –, fand angesichts des Rohstoff- und Lebensmittelmangels bei zwei Sparvorhaben eine Ausdehnung statt.275 «Da für die nächste Zukunft in bezug auf die Kohlenzufuhr vollständige Unsicherheit herrscht», trat Anfang Dezember 1918 eine weitere Einschränkung des Bahnverkehrs in Kraft. An Sonn- und Feier- tagen fuhren dadurch bis Ende April 1919 keine dampfbetriebenen Personenzüge mehr.276 Im März 1919 sollten die erneute Durchführung von zwei «fleischlosen Tagen», im darauffolgenden Monat dann mehrtägige Konsum-, Verkaufs- und Schlachtverbote sowie ein Herstellungsverbot für Konserven und Würste einer «drohenden Kalamität in der Fleischversorgung» entgegenwirken.277 Die vom OAK schon im Frühling 1918 geforderte Einführung eines Schlachtviehmonopols und der Fleischrationierung scheiterte allerdings trotz Mahnungen des EEA am Widerstand der Ernährungskommission.278 Gleichzeitig kam es zu einer kurzzeiti- gen Häufung von Erlassen, welche den Schutz der Schweizer Wirtschaft vor aus- ländischer Konkurrenz zum Ziel hatten. Ein Beispiel hierfür war die Einrichtung eines Quasimonopols für die während des Kriegs mit öffentlichen Geldern ge- zurückzurück 270

gründete Sodafabrik in Zurzach, die nach Kriegsende so vor billigeren Angeboten aus dem Ausland geschützt werden sollte.279 Sozialpolitisch musste der Bundesrat neben der Fortsetzung der bestehen- den Lohn- und Arbeitszeitvorschriften sowie weiteren Teuerungszulagen280 in erster Linie der wachsenden Arbeitslosigkeit begegnen. Die im Sommer 1918 nach längeren Verhandlungen mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern beschlosse- nen Unterstützungen bei Erwerbslosigkeit in Industrie und Gewerbe weitete er im März 1919 auf die «Angestellten» aus. Auch sie hatten nun bei Lohnausfällen durch Reduktion der Arbeitszeit oder gänzlichem Arbeitsplatzverlust Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung, deren Kosten sich Bund, Kantone und Be- triebsinhaber teilten.281 Der schrittweise Abbau der im Kriegsverlauf erweiter- ten staatlichen Behörden und Armeebetriebe hatte eine Reduktion des dortigen Personalbestands zur Folge, die den Bundesrat in Bezug auf die nun arbeitslosen Bundesangestellten wenig später zu einem analogen Vorgehen veranlasste.282 Auch die «Notstandsaktion» zum verbilligten Verkauf von Lebensmitteln und Brennmaterialien führte der Bund vorerst weiter. Auf Ersuchen von Arbeiter- vertretern, Kantonen und Gemeinden erhöhte das EEA Ende Dezember 1918 ein weiteres Mal die Einkommensgrenzen der Aktion. Trotz dieser Ausweitung blieb die Zahl der effektiven Bezüger auf dem bisherigen Stand, für «Notstandsbrot» ging sie sogar leicht zurück. Das Fürsorgeamt machte hierfür Lohnzuschüsse sowie eine Zunahme der Selbstversorgung, aber auch den «neu hinzutretenden Verdienst von Kindern» verantwortlich.283 Ergänzt durch Unterstützungsleistungen für zurückgekehrte Ausland- schweizer und sonstige Arbeitslose, die Vermittlung von Gesamtarbeitsverträ- gen sowie Versuche der Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Subvention von Bautätigkeit und öffentlichen «Notstandsarbeiten», brachten diese Beschlüsse die sozialpolitischen Bestrebungen des EVD in der Nachkriegszeit am deutlichsten zum Ausdruck.284 Zur Durchführung all dieser Vorhaben (Arbeitsbeschaffung, Arbeitsvermittlung, Unterstützung und Sozialstatistik) und zu einer «wirksamen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit» schlug Edmund Schulthess die Gründung ei- nes Eidgenössischen Amtes für Arbeitslosenfürsorge vor, das am 21. März 1919 ins Leben gerufen wurde.285 Doch zeigten sich in der Konzeption dieser Mass- nahmen auch rasch deren Grenzen. Sie waren aus Rücksicht auf die Staatsfinan- zen und die Arbeitgeber entweder als einmalige Zuschüsse angelegt oder explizit auf die Erwerbslosigkeit infolge der «ausserordentlichen wirtschaftlichen, durch den Krieg verursachten Verhältnisse» beschränkt. Ein darüber hinausgehendes Bundesgesetz zur «Ordnung des Arbeitsverhältnisses» scheiterte 1920 am Re- ferendum.286 Beibehalten wurde allerdings das Amt für Arbeitslosenfürsorge. Es ging 1921 im Eidgenössischen Arbeitsamt auf, welches 1930 Teil des neuen Bun- desamts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) wurde.287 Die Monate zwischen dem Waffenstillstand im November 1918 und der Un- terzeichnung des Friedensvertrags von Versailles am 28. Juni 1919, auf die kurze Zeit später die Aufhebung aller noch bestehenden Handelskontrollen der Entente- 271 zurückzurück staaten folgten, waren für Europa wie auch für die Schweiz eine spannungsreiche Zeit.288 Gleichwohl begann die Bundesverwaltung nun rasch mit dem Rückbau des notrechtlichen Gesetzeswerks, das sie in den Kriegsjahren errichtet hatte. Die Vielzahl der Vorschriften des Vollmachtenregimes stiess nicht nur auf immer stär- keren Widerstand, sie stellte sich für den Übergang zur «Friedenswirtschaft» als beträchtliches Hindernis heraus. Höchstpreise, Rationierungsmassnahmen, Aus- fuhrverbote und andere Restriktionen standen einer reibungslosen Handelstätig- keit in der sich formierenden Nachkriegsordnung im Weg und es wurde deshalb schon in den ersten Monaten des Jahres 1919 mit einem raschen Abbau der kriegs- wirtschaftlichen Regulierung begonnen, «soweit es die Verhältnisse irgendwie er- laubten».289 Mit einer noch höheren Geschwindigkeit, als sie in den letzten beiden Kriegsjahren in Kraft gesetzt worden waren, wurden vor allem wirtschaftliche und militärische Bundesratsbeschlüsse, Verfügungen und Kreisschreiben mittels neuer Noterlasse bis zum Sommer 1919 von den Departementen aufgehoben. Die oben erwähnten, auch nach dem Waffenstillstand beibehaltenen Vor- schriften ausgenommen, wurden nun Höchstpreise, Konzessionspflichten, Han- delskontrollen oder Produktionsverbote abgeschafft, beschlagnahmte oder ratio- nierte Waren freigegeben, die politische Pressekontrolle beendet290 und generelle Ausfuhrbewilligungen erteilt. Im Verlauf des Frühjahrs 1919 geschah dies immer häufiger mit Beschlüssen, die gleich eine ganze Reihe von Bestimmungen aus- ser Kraft setzten. Am 31. März 1919 hob der Bundesrat so gleich 58 Noterlasse aus der gesamten Kriegszeit auf, die gemäss den seit Sommer 1918 laufenden Nachforschungen des JPD «gegenstandslos geworden waren oder ihre Bedeu- tung verloren hatten» (Grafik 17).291 Grundlage für diese «Befreiung des Expor- tes von den bisherigen Beschränkungen»292 bildete eine vom Volkswirtschafts- departement im Februar 1919 einberufene Konferenz mit dem Schweizerischen Handels- und Industrieverein und dem Schweizerischen Gewerbeverband über den «planmässigen und systematischen Abbau der Kriegsverordnungen». Die Vertreter der Privatwirtschaft schienen das vom EVD beabsichtigte Tempo nicht durchwegs zu unterstützen, wiesen sie doch «selbst wiederholt auf die Gefahren einer unbedachten und überstürzten Ausserkraftsetzung der bestehenden be- hördlichen Vorschriften hin».293 Im Fall der Textilindustrie hielt die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft fest, es seien «die beteiligten Industrien […] die ersten, welche auf Beibehaltung der kriegswirtschaftlichen Massnahmen dringen, wenn der Abbau in Sicht steht».294 Ein Nebeneffekt dieser Aufhebung grosser Teile des Vollmachtenregimes in der letzten Phase bestand nicht zuletzt darin, dass jenes «gewaltige organisato- rische Gebäude», dessen Schaffung zum Teil erst in den Monaten vor dem Kriegs- ende zustande gekommen war, bereits wieder abgebaut und das eingestellte Personal entlassen werden musste.295 Neben den militärischen Werkstätten und Zeughäusern betraf dies insbesondere die kriegswirtschaftlichen Zentralstellen und Ämter. Nachdem sie im Januar 1919 mit 475 Angestellten ihre grösste Aus- dehnung erreicht hatte, begann die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft zurückzurück 272

Grafik 17: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren, aufgehobene Noterlasse bis 1946

400

350

300

250

200

150

100

50

0 1917 1921 1931 1915 1922 1927 1932 1918 1937 1914 1941 1919 1916 1928 1924 1942 1929 1926 1938 1934 1936 1939 1923 1925 1933 1935 1943 1945 1920 1930 1944 1946 1940

Neue Noterlasse Aufgehobene Noterlasse

Quelle: BAR, E4321A#1990/271#39*, Liste II der Noterlasse (rosa), 1947.

schon kurz darauf mit ihrer Abwicklung.296 Auch das Eidgenössische Ernäh- rungsamt leitete trotz der nach wie vor bestehenden Engpässe in der Lebens- mittelversorgung noch im Mai 1919 seine Auflösung ein.297 Diese schrittweise Demontage des kriegswirtschaftlichen Kontroll- und Regulierungsapparats liess es zu, dass die Abteilungen des Bundes bereits am Ende des Untersuchungs- zeitraums eine im Grundton positive Bilanz ihrer zurückliegenden Aktivitäten ziehen konnten. Die Selbstdarstellung der Exekutive im Neutralitätsbericht war noch im Herbst 1918 von einem sorgenvollen Blick in die Zukunft, von Über- forderung oder Eingeständnissen von Ohnmacht gekennzeichnet und räumte auch wiederholt Mängel des eigenen Handelns ein, wenn solche aus ihrer Sicht auch meist unvorhersehbaren Umständen, übertriebenen Erwartungen oder mangelhafter Kooperation von Verbänden und Kantonen geschuldet waren.298 Mitte 1919 lieferte der Bundesrat jedoch in vielen Bereichen bereits eine Art Er- folgsbericht ab, da sich die geschaffenen Regeln und Institutionen im Grossen und Ganzen bewährt hätten und mit dem erwarteten «Wiedereintritt normaler Verhältnisse» wieder abgeschafft werden konnten.299 Um dem «unübersichtlich gewordenen Rechtszustand» Abhilfe zu schaf- fen, löste das JPD ein früheres Versprechen ein und legte dem Parlament Ende 273 zurückzurück

Grafik 18: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren und eidgenössischen Departementen

500

400

300

200

100

0 1914 1915 1916 1917 1918 1919

Sonstige EDI EEA EPD EVD FZD JPD PED SMD

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

Mai 1919 eine Liste mit noch 437 in Kraft stehenden Noterlassen vor.300 Die Be- mühungen des Justizdepartements um Aufarbeitung und Bereinigung des Voll- machtenregimes waren eine wichtige Voraussetzung dafür, dass 1919 bereits ein beträchtlicher Teil der im Untersuchungszeitraum in Kraft gesetzten Noterlasse wieder aufgehoben werden konnte (Grafik 17). Ersichtlich wird dies aus einer Sammlung des Notrechts, die von der Bundesverwaltung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zusammengestellt wurde und die – obwohl nur in der AS publizierte Erlasse enthaltend – den umfassendsten Eindruck der Vollmachten- politik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bietet.301 Wie 1918/19 entstand auch diese Liste als Reaktion auf den Widerstand, auf den die Vollmachten des Bundesrats nach dem Ende des Konflikts gestossen waren.302 Bevor nun aber auf die entsprechende Debatte um die Beschränkung der Vollmachten im Frühjahr 1919 eingegangen und diese Arbeit so zu einem Abschluss gebracht werden soll, bietet sich die Gelegenheit zu einer Analyse von Verlauf und Struktur der Not- gesetzgebung über den ganzen Untersuchungszeitraum hinweg. Zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 – dem Tag, an dem der Bundesrat dem Parla- ment die Liste der noch geltenden Noterlasse vorlegte – wurden insgesamt 1612 Noterlasse in Kraft gesetzt. In dieser Zahl enthalten sind alle auf die Vollmachten zurückzurück 274

gestützten Beschlüsse, Verordnungen, Verfügungen, Ausführungsbestimmungen und Kreisschreiben des Bundesrats und seiner Departemente sowie dringliche Parlamentsbeschlüsse, Verwaltungs- und Militärvorschriften, die direkt mit den Vollmachten im Zusammenhang standen und deshalb in den benutzten Verzeich- nissen aufgeführt waren (siehe Kapitel 3.3). Betrachtet man zunächst nur die Verteilung der Noterlasse auf die einzel- nen Kriegsjahre (Grafik 18), fällt auf, wie markant deren Zahl ab 1916 zu steigen begann. Mit der Zunahme der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und den For- derungen des Auslands nach Kontrolle der schweizerischen Ein- und Ausfuhr wuchs auch die Zahl der notrechtlichen Vorschriften in diesen Bereichen. Dabei fand das Wachstum nicht nur bei den direkt auf den Vollmachtenbeschluss des Parlaments gestützten Verordnungen und Beschlüssen des Bundesrats, sondern insbesondere durch die Vielzahl der Erlasse aus den Departementen statt. Wer- den die Not erlasse zudem nach deren Herkunft strukturiert, sofern eine solche Zuordnung möglich ist, wird die Zunahme von wirtschaftlichen Regulierungs- massnahmen und darüber hinaus der Bedeutungszuwachs des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements innerhalb der Exekutive des Bundes noch deut- licher. In den ersten beiden Kriegsjahren fand die Ausübung der Vollmachten vor allem durch das Finanz- und Zolldepartement, das Justiz- und Polizei- departement sowie insbesondere das Militärdepartement statt. Dies bedeutet nicht, dass der Bund wirtschaftlichen Fragen in dieser Phase keine Aufmerk- samkeit geschenkt hätte, die diesbezüglichen Zuständigkeiten waren allerdings wie gezeigt auf unterschiedliche Abteilungen der Bundesverwaltung verteilt. Für die Versorgung mit Getreide, Tierfutter und den Monopolwaren war etwa das Militärdepartement, für Textilien, Kohle, Metalle und die Kontrolle des Aus- senhandels die Handels abteilung des Politischen Departements verantwortlich (siehe Kapitel 4.2). Bis Kriegsende waren diese Aufgaben auf das EVD und, was die Nahrungs- und Futtermittelversorgung der Zivilbevölkerung anbelangte, auf das im Herbst 1918 gebildete Ernährungsamt übertragen worden. Eine adminis- trative Gewichtsverschiebung in der Anwendung der Vollmachten, die beson- ders deutlich wurde, als 1919 deren Abbau in den Vordergrund rückte. Eine Beschränkung auf die zwölf am häufigsten von der Notrechtsetzung behandelten Politikbereiche –303 wobei hier angemerkt werden muss, dass eine Zuteilung der einzelnen Noterlasse zu einem spezifischen Themenbereich nicht immer eindeutig durchgeführt werden konnte – bestätigt den Befund, dass sich das Schwergewicht der Vollmachtenpolitik während des Ersten Weltkriegs vom Militär zur Kriegswirtschaft hin verschob (Tab. 8; siehe Kapitel 1.6). Produk- tion, Import, Verarbeitung, Handel und Konsum einer wachsenden Zahl von Lebensmitteln nahmen im Vollmachtenregime einen immer grösseren Teil der Notrechtsetzung in Anspruch. Über den ganzen Untersuchungszeitraum hin- weg betrachtet, fielen schliesslich 31 Prozent aller Noterlasse in diesen Bereich. Dahinter folgte während des Kriegsverlaufs die zunehmende Regulierung von Industrierohstoffen wie Holz, Metall, Textilien, Chemikalien und diversen fos- 275 zurückzurück

Tab. 8: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren und grössten Politikbereichen

1914 1915 1916 1917 1918 1919 Gesamt Lebensmittel 25 34 77 169 145 43 493 Industrie und Gewerbe 1 10 48 76 124 48 307 Energie 10 63 49 18 140 Armeeorganisation 12 16 25 18 14 5 90 Aussenhandel 10 20 17 14 12 12 85 Arbeit 6 7 3 9 18 15 58 Nothilfe 1 4 5 13 29 3 55 Finanzen 5 9 11 13 10 1 49 Verwaltungsvorschriften 4 9 6 13 10 7 49 Justiz 14 6 6 6 10 42 Armeeausrüstung 6 2 5 16 9 3 41 Militärjustiz 7 5 11 5 6 3 37 Gesamt 91 122 224 415 436 158 1446

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

silen Brennstoffen (28 Prozent). Für beinahe alle diese Güter konnte sich das EVD ab 1917 die Zuständigkeit von anderen Departementen sichern (siehe Ka- pitel 5.3). Nachschub, innere Organisation, Verwaltungsvorschriften und sicher- heitspolitische Aufgaben der Armee (14 Prozent) verloren dagegen angesichts einer immer grösseren Zahl kriegswirtschaftlicher Interventionsvorhaben an re- lativem Gewicht. Die Neutralitätsberichte akzentuierten diesen Wandel, indem sie militärischen Aspekten immer weniger, der (Selbst-)Darstellung von Zentral- stellen, Steuerungsmassnahmen und nicht zuletzt von Verhandlungen mit Wirt- schaftsverbänden und dem Ausland immer mehr Raum zur Verfügung stellten.304 Dieses quantitative Bild des Ausnahmezustands lässt sich schärfen, indem man die zeitliche Auflösung von Jahren auf Monate erhöht (Grafik 19). Es zeigt sich dann, dass keine lineare Zunahme der Noterlasse über den Kriegsverlauf stattfand, sondern dass es zu Brüchen, Zeiten nachlassender notrechtlicher Ak- tivität und Spitzen kam. Der Monat des Kriegsausbruchs war bereits durch eine starke Anwendung der ausserordentlichen Vollmachten gekennzeichnet. Be- schlüsse, die die kommenden Kriegsjahre besonders prägten, wie der zur «Hand- habung der Neutralität der Schweiz», der über die «Strafbestimmungen für den Kriegszustand» oder der zur «Sicherung der Brotversorgung des Landes», traten gemäss den Planungen der Vorkriegszeit in den ersten Wochen des Konflikts in Kraft (siehe Kapitel 3.3). Auf die Panik des Kriegsausbruchs folgte eine längere Phase der Zurückhaltung in der Anwendung der Vollmachten, in welche aller- zurückzurück 276

Grafik 19: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Monaten

60

50

40

30

20

10

0

Quellen: Siehe S. 323, Anm. 143.

dings die Einführung von einschneidenden Ausfuhrverboten, der umstrittenen Pressekontrolle und Massnahmen zur Aufbesserung der Bundesfinanzen fielen. Bereits in diesem Zeitraum lässt sich feststellen, dass die Zahl neuer Erlasse in der zweiten Jahreshälfte jeweils leicht zunahm, um dann im Frühjahr wieder ab- zunehmen. Dies ist vor allem auf die im Herbst auftretende Häufung von Vor- schriften für Ernte, Verteilung und Rationierung von Lebensmitteln im Hinblick auf die Wintermonate zurückzuführen. Einen ersten mengenmässigen Höhepunkt erreichte die Notrechtsetzung des Bundesrats und seiner Departemente im September 1917 zu Beginn der dritten Phase. Als Folge der Übertragung wirtschaftlicher Zuständigkeiten vom EPD ans EVD, welches «nunmehr die Obsorge für die gesamten wirtschaftlichen Interessen vereinigte»,305 kumulierten in diesem Herbst eine ganze Reihe neuer beziehungsweise verschärfter Massnahmen. Der Aufbau der Abteilung für in- dustrielle Kriegswirtschaft und verschiedener Zentralstellen fiel ebenso in diesen Zeitraum wie der Beginn der Brotrationierung und die Regulierung von Handel und Verbrauch der hauptsächlich aus Deutschland eingeführten Kohle. Solche Häufungen von Erlassen in unterschiedlichen Sachgebieten folgten oftmals ei- nem bestimmten Muster. Zunächst legte ein Bundesratsbeschluss die rechtlichen Rahmenbedingungen fest und übertrug dem zuständigen Departement die Um- setzung. Dieses Departement erliess meistens nur Tage später eine oder mehrere Ausführungsbestimmungen, welche die im Namen des Bundesrats beschlosse- 277 zurückzurück nen Grundsätze in konkrete Vorschriften (zum Beispiel Höchstpreise, Kontin- gente oder Produktionsvorgaben) übersetzten sowie intern oder an Verbände und Kantone delegierten. Kreisschreiben an die Kantonsregierungen oder be- troffenen Organisationen erläuterten die Verwaltungserlasse weiter, nicht selten um Missverständnisse auszuräumen, eine bessere Kooperation zu fordern oder kurzfristige Modifikationen am Notrecht vorzunehmen. Zeigten sich grössere Schwierigkeiten oder Einwände bei der Umsetzung oder hatten sich die Um- stände seit dem ursprünglichen Bundesratsbeschluss wesentlich verändert, folgte der Erlass einer neuen Verfügung oder eines neuen Regierungsbeschlusses und der Umsetzungsprozess, der notrechtliche Policy-Cycle, begann erneut. Die Tatsache, dass sich dieser Kreislauf von Beschluss, Umsetzung, Kontrolle und Anpassung im Herbst 1917 besonders verdichtete und beschleunigte, korrespon- dierte mit dem Aufkommen einer neuen Interventionsbereitschaft und Krisen- wahrnehmung in der Exekutive.306 Trotz der wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten nahm die Not- rechtsetzung ab Oktober 1917 zunächst schrittweise ab, um dann im April 1918 wieder anzusteigen und schliesslich, nach Monaten mit abwechselnd hoher und niedriger Aktivität, im Oktober 1918 ihr Maximum zu erreichen. In diesem Monat kamen insgesamt 58 Erlasse zustande, elf davon alleine am 29. Oktober (siehe Kapitel 5.2). Diese starke Häufung so kurz vor dem Waffenstillstand und den spannungsreichen Tagen des Landesstreiks ist bemerkenswert. Neben un- terschiedlichen Vorschriften für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft waren es die Ausweitung der Notstandsaktionen zur Abgabe von verbilligten Lebens- mitteln und Brennmaterialien, Massnahmen zur Bekämpfung der «spanischen Grippe» sowie Truppenaufgebote, welche den quantitativen Gipfel des Vollmach- tenregimes im letzten Monat der dritten Phase ausmachten (siehe Kapitel 6.1). Nach dem Landesstreik ging die Zahl neuer Erlasse zunächst stark zurück, um dann angesichts der sozialen und ökonomischen Herausforderungen der Nach- kriegszeit in den ersten Monaten des Jahres 1919 noch einmal anzusteigen. Der anschliessende Rückgang ab März 1919 war dann auf innenpolitische Entwick- lungen zurückzuführen, die im Folgenden noch dargestellt werden sollen. Der erwähnte Bundesratsbeschluss vom 31. März 1919, mit dem das Jus- tizdepartement das Vollmachtenregime von seinen Altlasten zu befreien ver- suchte, war nicht nur bezeichnend für den Rückbau des Notrechts in der letz- ten Phase des Untersuchungszeitraums, er stellte in diesem auch eine Zäsur dar. Es handelte sich nämlich um den letzten Noterlass, der auf dem Vollmach- tenbeschluss vom 3. August 1914 beruhte. Wenige Tage später verabschiedeten National- und Ständerat einen «Bundesbeschluss betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates» und stellten damit den Aus- nahmezustand auf eine neue, für die Nachkriegszeit angepasste Grundlage.307 Dem Beschluss war eine langwierige Suche nach einem Kompromiss voraus- gegangen, in der die innenpolitischen Konflikte der Kriegszeit noch einmal in aller Deutlichkeit zutage traten. Durch die Schwierigkeiten bei der Zusammen- zurückzurück 278

stellung des Notrechts war die Regierung erst auf die Dezembersession 1918 hin in der Lage, auf die Motion de Meuron und das Postulat Peter, die eine Prü- fung der Vollmachten verlangt hatten, eine Antwort zu geben. Dessen ungeach- tet hatte sich ihre Position seit den Vorstössen im Zuge der Oberstenaffäre im Grunde kaum geändert: An den Vollmachten, den geltenden Noterlassen und dem «unbegrenzten Kredit» wollte der Bundesrat ohne Weiteres festhalten. Mehr Mitspracherechte der Legislative bei der Ausarbeitung oder Aufhebung von Noterlassen lehnte er ab. Der Bundesrat führte hierzu im Wesentlichen vier Begründungen an. An- ders als im Februar 1916, als er vor allem mit den zukünftigen Bedrohungen argumentiert hatte, verwies er erstens auf seine Erfahrungen und Leistungen der unmittelbaren Vergangenheit. Dass es namentlich nach dem Kriegseintritt der USA gelungen war, «Mangel und Not» von der Schweiz zwar nicht ganz fern, aber in erträglichen Grenzen zu halten, sei seiner Anwendung der Vollmachten zu verdanken gewesen.308 Ohne die Befugnis zum Erlass von Notrecht wären die Durchsetzung der Handelskontrollen, die Sicherung von Einfuhr und Pro- duktion, die Verteilung knapper Güter und die Bewältigung der sozialen Folgen der Kriegswirtschaft nicht möglich gewesen, hiess es im Bericht der Regierung. Mit der Entscheidung an der Westfront habe sich die Situation zwar zum Bes- seren gewendet, «es wäre freilich verfehlt und gefährlich, zu glauben, dass heute schon oder in nächster Zeit die Schwierigkeiten, die der Krieg uns gebracht hat, überwunden seien. […] Solange aber die ausserordentlichen Zustände fortbeste- hen, solange werden auch ausserordentliche Massnahmen nötig sein, um ihnen zu begegnen.»309 Zweitens hielt die Regierung dem Parlament vor, dass es in der Frage ei- ner Aufhebung des Ausnahmezustands selbst gespalten war. Die Zahl «derer, die dem Bundesrat […] vorwerfen, er habe von seinen Vollmachten zu wenig Gebrauch gemacht», und die Unterstützung aus den Neutralitätskommissionen für eine Beibehaltung der Vollmachten zeige, dass gar kein Konsens über die Ein- schränkung der Ermächtigung bestehe.310 Drittens warnte der Bundesrat davor, die Noterlasse vorschnell ausser Kraft zu setzen und die Befugnis zu deren Er- lass oder Überprüfung auf verschiedene Instanzen aufzuteilen: «So wenig als in den andern, vom Krieg berührten Staaten wird sich die ganze ausserordentliche Tätigkeit des Staates mit einem Schlage ausschalten lassen», denn dies würde die Unsicherheit über das geltende Recht und über die Kompetenzen der staatlichen Gewalten nur noch steigern.311 Viertens – und dies war für die Position der Exekutive nach mehr als vier Jahren «weitgehend unkontrollierter Machtausübung»312 zentral – sah der Bun- desrat sein Recht auf Gesetzgebung gar nicht mehr durch die Ermächtigung bei Kriegsausbruch, sondern in erster Linie durch die unter Beweis gestellte «Be- wegungsfreiheit» und Sachkenntnis in der Notlage legitimiert.313 Ohne dies so direkt auszusprechen, implizierte er damit, dass parlamentarische und direkte Demokratie auch nach dem Krieg wohl nicht in der Lage sein würden, die beste- 279 zurückzurück henden Probleme politisch zu lösen. Solange ein «Notstand» herrschte, war auch das Notrecht der Exekutive notwendig und legitim: «Wir wollen demgegenüber nur beiläufig darauf hinweisen, dass Wissen- schaft und Gerichtspraxis aus dem Notstand des Staates an sich schon eine ausserordentliche Kompetenz der Regierung zum Erlass verbindlicher Vor- schriften mit Gesetzeskraft ableiten, wenn sie auch in der Verfassung nicht ausdrücklich vorbehalten ist. Folgt man dieser Auffassung, so war der Bun- desrat auch ohne den Bundesbeschluss vom 3. August 1914 zuständig, die durch die ausserordentlichen Verhältnisse erforderten Massnahmen zur Er- haltung des Staates und Volkes zu treffen, und er wäre es noch so lange und insoweit, als der Notstand andauert.»314 Um dem Wunsch nach einer «möglichst beschleunigten Rückkehr zu den nor- malen verfassungsmässigen Funktionen unserer staatlichen Gewalten»315 dennoch entgegenzukommen, stellte der Bundesrat zum einen den raschen Abbau der Kriegsgesetzgebung und eine Zusammenstellung der noch geltenden Noterlasse316 in Aussicht, zum anderen legte er dem Parlament einen Vorschlag zur Abänderung des Vollmachtenbeschlusses vom 3. August 1914 vor. Der zentrale Artikel 3 (siehe Kapitel 3.1 und Abb. 1) sollte demnach auf «dringliche» Massnahmen «zur Hand- habung des Grenzschutzes und der Grenz- und Fremdenpolizei, zur Aufrechthal- tung von Ruhe und Ordnung, sowie zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Landes» eingeschränkt werden. Die seit Kriegsausbruch auf die Vollmachten gestützten Erlasse sollten sämtlich in Kraft bleiben und von der Exekutive selb- ständig abgeändert oder aufgehoben werden können. «Wenn möglich» würde der Bundesrat «wichtige Massnahmen vor ihrem Erlass den Neutralitätskommissio- nen […] zur Begutachtung» vorlegen.317 Der Entwurf ging damit weiter als ein zuvor vom JPD eingereichter Bericht zur Motion de Meuron und zum Postulat Peter, der von jeder Beschränkung der Vollmachten abgeraten hatte. Die seit dem Sommer 1918 stark veränderte aussen- wie innenpolitische Lage der Schweiz hatte wohl ein Abrücken von dieser Maximalposition bewirkt.318 «Im Ergebnis», so beurteilte der Staatsrechtler Alfred Kölz diesen Vorschlag, «wollte der Bundesrat auch nach Einstellung aller Feindseligkeiten auf den eu- ropäischen Kriegsschauplätzen die kriegsbedingte Ausschaltung des Parlamen- tes, des Referendums, die teilweise Ausserkraftsetzung der verfassungsmässigen Rechte und die Teilentmachtung der Kantone solange weiterführen, wie es nach seiner Einschätzung der Lage entsprach.»319 Auf grösseren Widerstand stiess der Regierungsbericht deswegen allerdings nicht. Zwar wurde die Abschaffung der Vollmachten erneut zum Thema von Parteiversammlungen, de Meuron und Peter sahen jedoch von erneuten Vorstössen ab und auch der «Weberpfarrer» Howard Eugster-Züst zog eine Anfang Dezember 1918 eingereichte Motion zur Begren- zung der Vollmachten auf die wirtschaftlichen Problemfelder der Nachkriegszeit zurück. Für die «Gazette de Lausanne» ein Zeichen, dass die Sozialdemokraten, «ces fidèles alliés de M. Schulthess», sich mit einem Regime arrangiert hatten, welches ihrem politischen Programm entgegenkam.320 Zusammen mit der Erfah- zurückzurück 280

rung des Landesstreiks scheint die vom designierten Bundespräsidenten Gustave Ador Ende 1918 in Genf abgegebene Versicherung, der Bundesrat werde bis zu einer Entscheidung des Parlaments von seinen Vollmachten keinen Gebrauch mehr machen, die Debatte vorerst beendet zu haben.321 Als sich der Nationalrat dann aber Anfang Februar 1919 mit der Vorlage auseinandersetzte, kam zunächst wieder eine andere Stimmung zum Ausdruck. Eine Mehrheit der Neutralitätskommission war mit einer auf bestimmte Politik- felder begrenzten Verlängerung der Vollmachten bis zum Jahresende zwar noch einverstanden, wollte den Bundesrat aber darauf verpflichten, alle bestehenden Noterlasse dem Parlament zur Begutachtung vorzulegen und aufzuheben, «so- bald die Dringlichkeit nicht mehr vorhanden ist und die Umstände es erlauben». Die Kommissionsminderheit um Marc Peter dagegen beantragte die vollständige Aufhebung der Vollmachten sowie aller Noterlasse, die von der Bundesversamm- lung nicht als «unbedingt erforderlich» anerkannt wurden.322 Ein weiterer West- schweizer Antrag wollte die Entscheidung über den Ausnahmezustand einer Volksabstimmung überlassen.323 Auch bei den Befürwortern einer Verlängerung aus der Deutschschweiz war das Unbehagen am notrechtlichen Zustand und der Wunsch nach einer Neuordnung nun überaus deutlich spürbar. War der Wider- stand im Frühjahr 1916 vor allem aus der Ablehnung einzelner Massnahmen im Bereich der Zensur und der Militärjustiz, aus einem wachsenden Misstrauen ge- gen Bundesrat und Armeeleitung erwachsen, waren es jetzt die erst in groben Zügen erkennbaren Dimensionen des Vollmachtenregimes mit seinen mehr als 1000 Erlassen, der expandierende Staatsapparat sowie das ungeklärte Verhältnis zwischen Notrecht, bestehendem und zukünftigem Recht, die der Angelegenheit Brisanz verliehen. «Nous ne savons plus très bien où nous allons», so fasste Peter die Ansichten zur Vollmachtenpolitik treffend zusammen.324 In einer bis April 1919 andauernden Debatte wurde nun aus sehr verschie- denen Positionen Kritik an Prinzip und Praxis der Notrechtsetzung durch die Exekutive, an der Machtposition einzelner Bundesbeamter, an bürokratischen Hürden für das Unternehmertum, an den Strafkompetenzen von Verwaltung und Militär, an den Widersprüchen zwischen Not- und Verfassungsrecht, an der Intransparenz der Noterlasse, an der Umgehung der Volksrechte, aber auch an der Passivität des Parlaments und seiner Unkenntnis der Vollmachtenpraxis des Bundesrats geübt. Über das Tempo beim Abbau der Noterlasse sowie über die dabei notwendige parlamentarische Kontrolle herrschten zwar Differenzen, dass dem Vollmachtenregime aber spätestens bis zur Eröffnung der nächsten Legisla- tur ein Ende gesetzt werden müsse, darüber bestand anfänglich in National- und Ständerat ein Konsens, wie er während der Kriegszeit nie vorgekommen war. Auch ein Unterstützer des Mehrheitsantrags der Neutralitätskommission wie der spätere Bundesrat Albert Meyer gab zu bedenken, «dass wir das Notrecht als einen sehr scharfen Eingriff in unsere demokratische Verfassung ansehen, als etwas, das besser nicht gewesen wäre und auch heute besser nicht wäre».325 Die stärkste Ablehnung der Vorschläge des Bundesrats kam einmal mehr 281 zurückzurück aus der Romandie. Der Neuenburger Liberale Otto de Dardel sah darin den Ver- such, die Gesetzgebungskompetenz ohne Verfallsdatum in die Nachkriegszeit zu verlängern: «L’idée du Conseil fédéral est bien de maintenir la dictature pour une période dont il ne prévoit pas la fin […]; elle ne signifierait pas une limita- tion effective des pleins pouvoirs, elle signifierait leur prolongation jusqu’à un avenir peut-être lointain, sinon tout à fait indéterminé.»326 De Dardel bestand deshalb auf einer Volksabstimmung über den Ausnahmezustand; ein neuerlicher Bundesbeschluss ohne die Möglichkeit eines Referendums käme einer «tentative insurrectionnelle», einem «coup d’Etat des pouvoirs publics contre le souverain» gleich.327 Unterstützung erhielt er hierbei vom Genfer Anwalt und Journalisten Frédéric de Rabours, der Demokratie und Rechtsstaat angesichts importierter «doctrines impérialistes» in Gefahr sah. Der Bundesrat und seine juristischen Berater hätten sich im Krieg einseitig an den Vorbildern Deutschland und Ös- terreich-Ungarn orientiert und damit teilweise deren autoritäre Herrschaftsprin- zipien übernommen: «Et où avons-nous été chercher ces principes inattendus de droit public, ces notions étrangères à notre constitution, cet élément de droit public naturel, ce ‹Notrecht› et ce ‹Notstand›? […] On est donc allé en Alle magne et en Autriche-Hongrie pour y rechercher des principes de droit public et con- stitutionnel.»328 Während mit häufigem Verweis auf liberale und demokratische Traditio- nen der Schweiz sich die Positionen bei den bürgerlichen Parteien angenä- hert hatten, blieben die Vertreter der Arbeiterorganisationen in der Frage der Vollmachten entlang der Sprachengrenze gespalten.329 Für den St. Galler Otto Weber hatte der grösste Fehler des Notverordnungsrechts darin gelegen, dass der Bundesrat es nicht wesentlich früher und entschiedener zur Entlastung der Arbeitnehmer eingesetzt hatte. Der Grütlianer machte sich zum stärksten Ver- fechter der Regierungslinie, wenn er sowohl die Schliessung der kriegswirt- schaftlichen Institutionen als auch die Abschaffung der Staatsmonopole für Lebensmittel und Rohstoffe ablehnte: «Wir haben nun vier Jahre lang das Bun- desbrot gegessen und haben es kennen und schätzen gelernt; ich glaube nicht, dass es klug wäre, zu den Verhältnissen vor dem Kriege zurückzukehren, wo wir auf die Gnade und Ungnade einiger grosser Getreidespekulanten angewie- sen waren.»330 Auch Howard Eugster-Züst lehnte eine überstürzte Aufhebung der Vollmachten ab, solange sich das Parlament nicht auf eine Überführung der sozial- und wirtschaftspolitischen Noterlasse in reguläres Bundesrecht geeinigt habe. Hinter den bürgerlichen Forderungen nach einem Ende des Ausnahmezustands vermutete er primär den Wunsch nach Wiederherstellung der Handels- und Gewerbefreiheit – «das Verlangen nach möglichst grossem Gewinn mit einem gewissen, im allgemeinen aber möglichst kleinen Einschlag von Rücksicht auf die Allgemeinheit». Dem gegenüber stellte Eugster-Züst das Konzept eines «Wirtschaftsstaats», der durch die «Sozialisierung» aller Pro- duktionsmittel «an Stelle des wilden Spieles der Kräfte, das fälschlich das freie Spiel der Kräfte genannt wird, die organische Entfaltung und Zusammenwir- zurückzurück 282

kung aller Kräfte» setzte.331 Ernest Paul Graber auf der anderen Seite hielt stell- vertretend für die Westschweizer Sozialdemokraten an seiner Forderung nach «suppression immédiate et non reculée» der Vollmachten fest, die er während der ganzen Kriegszeit vertreten hatte.332 Obwohl sich eine Mehrheit der Nationalräte über eine Beschränkung des Ausnahmezustands also im Grundsatz einig war, bestanden zum zukünftigen Geltungsbereich der Vollmachten und zum Umgang mit dem bestehenden Not- recht sehr unterschiedliche Haltungen. Ein «einmütiger Beschluss», wie er nach Meinung vieler Parlamentarier und Bundesräte angesichts der inneren Konflikte nach dem Landesstreik und des wachsenden öffentlichen Widerstands gegen die Vollmachten notwendig war, blieb so lange ausser Reichweite.333 Befürworter ei- nes zeitlich und sachlich eingeschränkten Fortbestands der Vollmachten aus der Deutschschweiz standen einer Gruppe von Parlamentariern aus der Romandie und dem Tessin gegenüber, die eine vollständige Aufhebung forderten und die Noterlasse in die Verantwortung der Legislative übergeben wollten. Ähnlich ge- staltete sich die Debatte im Ständerat, wobei auch eine getrennte Behandlung der beiden Aspekte neue Vollmachten/bestehende Noterlasse zunächst keine Lö- sung brachte.334 Der im Namen der Neutralitätskommission der kleinen Kammer sprechende Freisinnige Albert Böhi gab seiner Ernüchterung über diese parla- mentarische Blockade Ausdruck: «Wohl selten bestand in einer wichtigen Sache grössere Einhelligkeit der Volkswünsche und des Volkswillens als in der vorliegenden Frage. Jeder, dem das Wohl des Landes am Herzen liegt; ob er zu dieser oder jener poli- tischen Partei zähle; ob er dem deutschen, französischen oder italienischen Sprachgebiet angehöre; ob er kraft der unbeschränkten Vollmachten etwas zu befehlen oder nur zu gehorchen habe; jeder wohlgesinnte Bürger wünscht sehnlich und will, dass das Regime der unbeschränkten Vollmachten mög- lichst bald ein Ende nehme. Es ist daher fast tragisch zu nennen, dass über der Form, in welcher der einhellige Wunsch und Wille des Volkes Ausdruck finden soll, die Geister sich entzweien, und dass es bisher noch niemand gelungen ist, eine erlösende Formel zu finden.»335 Dem Bundesrat bot diese Pattsituation die Gelegenheit, sowohl was seine not- rechtliche Handlungsfreiheit als auch was die Wirksamkeit der bestehenden Vorschriften anbelangte, unter dem Strich mit einem besseren Resultat aus der Session herauszukommen, als er es dem Parlament selbst vorgeschlagen hatte.336 Indem sie in der Debatte einerseits zwar durchaus ambivalente Meinungen zur Vollmachtenpolitik der zurückliegenden Kriegsjahre offenbarten, andererseits aber einmal mehr auf die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Gefahren für die Schweiz sowie die zahlreichen Forderungen nach staatlicher Regulierung hinwiesen, konnten die Bundesräte Müller, Motta, Ador und Schulthess die Geg- nerschaft des Ausnahmezustands allmählich reduzieren.337 Einem von Edmund Schulthess eingebrachten Kompromissvorschlag folgend, erteilten die Ständeräte Ende März 1919 schliesslich einstimmig, die Nationalräte kurz darauf mit 83 283 zurückzurück zu 25 Stimmen einem neuerlichen Vollmachtenbeschluss ihre Zustimmung.338 Dass der Ausnahmezustand nach den vielen zuvor geäusserten Bedenken nun doch wieder als gangbarer Weg empfunden wurde, lag nicht zuletzt daran, dass sich auch einige ausgesprochene Gegner des «Etatismus» von der Notwendig- keit der mittels Vollmachten eingeführten Massnahmen, dem weiterhin beste- henden Notstand sowie den generellen Vorzügen einer raschen Exekutivpoli- tik überzeugen liessen. Als zentrale Legitimation diente hierbei die Instabilität der aussen- und innenpolitischen Lage, die im Parlament mehrfach angeführt wurde – ob als wirtschaftliche und kulturelle «Überfremdung» aus dem Ausland oder als weiterhin drohende Revolutionsgefahr vonseiten der schweizerischen Arbeiterbewegung.339 Vergeblich blieb demgegenüber die Argumentation der Westschweizer Föderalisten, Bundesrat, Parlament und Stimmberechtigte seien auch ohne das Notrecht in der Lage, der Situation angemessene «mesures légales et rapides» zu treffen.340 Wiederum für dringlich erklärt, trat der neue Vollmachtenbeschluss am 3. April 1919 in Kraft.341 Er hob die Artikel 3 und 4 des ursprünglichen Beschlus- ses (siehe Kapitel 3.1) auf, ermächtigte den Bundesrat aber im gleichen Zug, «ausnahmsweise Massnahmen zu treffen, die zur Sicherheit des Landes oder zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des Landes unumgänglich notwendig sind». Die von Schulthess vorgeschlagene Konzession gegenüber den Kritikern des Vollmachtenregimes bestand darin, dass der Bundesrat «auf Grund dieser Vollmacht erlassene Verordnungen» – und nur diese – dem Parlament jeweils auf die nächste Session vorlegen und für deren weitere Gültigkeit eine Geneh- migung einholen musste.342 Alle neuen Notverordnungen konnten dadurch zwar unmittelbar rechtswirksam werden, hatten bis zum definitiven Entscheid der Bundesversammlung allerdings bloss provisorischen Charakter, wodurch die Mitsprache der Legislative im Vollmachtenregime de jure in entscheidendem Masse ausgebaut und die Konflikte zwischen den staatlichen Gewalten abgebaut werden konnten.343 Formell bedeutete dieses Vetorecht eine wesentliche Modi- fikation des Ausnahmezustands, praktisch stellten sich dabei aber zwei Hürden. Zum einen konnte das Parlament so erst mit einigem zeitlichem Abstand sein Veto einlegen. Je nachdem, wie weit der Bundesrat mit der Umsetzung neuer Beschlüsse – beispielsweise eines Truppenaufgebots – bereits fortgeschritten war, war deren nachträgliche Aufhebung unrealistisch. Zum anderen bedeutete die Auseinandersetzung mit jedem einzelnen neuen und noch bestehenden Not- erlass eine erhebliche Arbeitslast für den Parlamentsbetrieb. Beinahe spöttisch warnte Schulthess deshalb den Ständerat zum Abschluss der Debatte: «Wir wer- den unter diesem neuen Regime sehr viel miteinander zu sprechen haben und Ihrer wartet eine grosse Mitarbeit, zu der ich Ihnen Mut und namentlich nicht allzu lange Sessionen wünsche.»344 Wie Albert Böhi selbst einräumte, beliess es die Bundesversammlung letz- ten Endes bei einer eher symbolischen Änderung des Vollmachtenbeschlusses, um «der öffentlichen Meinung dadurch Rechnung tragen zu […] können, dass zurückzurück 284

man den Willen zur Beschränkung der Vollmachten des Bundesrates in demons- trativer Weise […] zum Ausdruck bringt».345 Auch was die Gültigkeit des im Krieg entstandenen Gesetzeswerks betraf, konnte sich das Parlament nur auf ein Vorschlagsrecht346 zur Aufhebung bestimmter Noterlasse und den unver- bindlichen «Wunsch» einigen, die «Notverordnungen [aufzuheben], sobald die Dringlichkeit nicht mehr vorhanden ist und die Umstände es erlauben».347 Auch wenn der Bundesrat dem Parlament nun regelmässig eine Liste der noch gelten- den Noterlasse vorlegen musste, die Entscheidung darüber, welche neuen und bestehenden «Massnahmen» in Zukunft «unumgänglich notwendig» waren, blieb bei der Exekutive. Die Einschränkung auf «Sicherheit des Landes» und «Wahrung der wirtschaftlichen Interessen» blieb letztlich wirkungslos, waren doch bereits fast alle Massnahmen der Kriegszeit unter eine dieser beiden Kate- gorien gefallen. Für Eugène Bonhôte, der den neuen Vollmachtenbeschluss bis zuletzt bekämpft hatte, ebnete eine solche Lösung dem Vollmachtenregime fak- tisch den Weg in die Nachkriegszeit und sie war seiner Ansicht nach ein deut- liches Zeichen dafür, wie stark die demokratische Kultur der Schweiz in den Kriegsjahren gelitten hatte: «Pour moi, la différence que l’on veut voir entre l’arrêté du 3 août 1914 et le texte admis par le Conseil des Etats n’existe pas réellement. Il n’y aura rien de changé ni en fait ni en droit. On insiste sur ce que le Conseil fédé- ral ne pourra plus que prendre exceptionnellement les mesures absolument indispensables à la sécurité du pays et à la sauvegarde de ses intérêts écono- miques. Mais pour justifier les mesures prises jusqu’à ce jour on a toujours soutenu qu’elles étaient exceptionnelles et absolument indispensables. […] Le nouvel arrêté proposé n’est que la continuation et la consécration de la procédure illégale et inconstitutionnelle suivie depuis plusieurs années. S’il est voté, il n’y a pas de raison pour qu’on en finisse avec les pleins pouvoirs. On trouvera toujours des prétextes pour dire que nous ne vivons pas dans une période normale. On en arrivera ainsi à faire de la dictature du Conseil fédéral l’état habituel de la démocratie suisse.»348 Der parlamentarische Prozess, der im Frühling 1919 in diese Fortsetzung der notrechtlichen Regierungskompetenzen unter Vorbehalt mündete, wurde von ei- nem ambitionierten Projekt begleitet, das zwar in der Sache auf die Vollmachten keinen direkten Bezug nahm, mit dem Ausnahmezustand des Ersten Weltkriegs aber nichtsdestotrotz in engem Zusammenhang stand.349 Zeitgleich mit den ers- ten Vorstössen von Pierre de Meuron und Marc Peter im März 1918 reichte Jo- seph Scherrer-Füllemann, ein aus der «sozialpolitischen Gruppe» der Ostschweiz stammender Linksliberaler, im Nationalrat eine Motion zur Totalrevision der schweizerischen Verfassung von 1874 ein.350 Scherrer-Füllemann, der sich bereits vor dem Krieg als Befürworter verschiedener sozial- und verfassungspolitischer Reformvorhaben exponiert hatte, forderte im Namen seiner Fraktion eine Ände- rung des Grundgesetzes «im Sinne des Ausbaus der Volksrechte und der Einfüh- rung derjenigen sozialen Hauptreformen, welche infolge der dauernd gedrück- 285 zurückzurück ten Lage grosser Volkskreise notwendig erscheinen, sowie im Sinne gleichzeitiger Oeffnung der zur Durchführung […] erforderlichen Finanzquellen».351 Ende März 1918 lanciert, wurde auch Scherrer-Füllemanns Motion, deren Kernforderungen die Einführung einer Gesetzesinitiative auf Bundesebene, die Volkswahl des Bundesrats, eine Ausweitung des Arbeiterschutzes sowie die Schaffung von Sozialversicherungen und Bundessteuern bildeten, wie die Voll- machten erst nach Waffenstillstand und Landesstreik vom Parlament behandelt. Deutlich zeigte sich in diesem Vorhaben der nun in weiten Kreisen der Schwei- zer Politik vorhandene Wunsch nach Aufbruch, Neuorientierung und Umgestal- tung.352 Nach mehr als vier Jahren äusserem und innerem Kriegszustand, nach ökonomischen Krisenlagen, politischen Erschütterungen und dem ausufernden «Wirrwarr» des Notrechts war über die gesamte Breite des politischen Spektrums von einer «neuen Zeit»,353 von einer «Neuen Schweiz»354 die Rede – wenn auch die Vorstellungen über deren Realisation und Grundwerte weit auseinandergingen. Unter diesen ambivalenten Vorzeichen fiel die Idee einer Verfassungsrevision auf fruchtbaren Boden, wurde zur idealen Projektionsfläche der Reformbegehren. Schon im November 1917 hatte der Bundeshauskorrespondent der NZZ Albert Welti gemahnt: «Die veränderte neue Zeit verlangt ganze Arbeit. Sie rechtfertigt, wie wir glauben, die Parole: Totalrevision der Bundesverfassung!»355 Die Katho- lisch-Konservativen erklärten sich mit der Motion Scherrer-Füllemann einver- standen; die Freisinnigen konterten sie produktiv, indem sie im Februar 1919 selbst eine Motion (Forrer) mit dem Ziel «einer Verfassungsrevision im Sinne einer Anpassung der Gesetzgebung an die veränderten Verhältnisse» einreich- ten.356 Vertreter der SPS hatten bereits während des Landesstreiks verlangt, das Thema des verfassungsrechtlichen Neubeginns auf die Tagesordnung zu nehmen – ebenso der ihnen ideologisch weit entfernte Vorstand der Neuen Helvetischen Gesellschaft.357 Bürgerlichen Politikern aus der lateinischen Schweiz war der Vorschlag der «sozialpolitischen Gruppe» indes zu zentralistisch angelegt. Eine Anpassung der Verfassung an die Lage nach dem Weltkrieg wurde allerdings auch in der Westschweiz und im Tessin für notwendig empfunden. Unter Führung des Ende 1919 in den Bundesrat gewählten Konservativen Jean-Marie Musy unter- nahmen 41 Politiker dieser beiden Landesteile zusammen mit Deutschschweizer Verfechtern des Föderalismus einen eigenen Vorstoss zu einer Partialrevision, die «an unsern föderalistischen Institutionen festhält», dabei aber «im Sinne der So- lidarität und der Klassenversöhnung» sozialpolitische Reformen auf der Ebene der Kantone ermöglichen sollte.358 Dieser Reformgeist manifestierte sich teilweise auch in der Exekutive. In einem Gutachten an den Bundesrat signalisierte das JPD kurz nach dem Lan- desstreik zur Motion Scherrer-Füllemann vorsichtige Zustimmung. Als «wei- teren Schritt zur Verwirklichung der demokratischen Ideale» begrüsste es vor allem die Idee einer Gesetzesinitiative, brachte für den Fall einer grundlegenden Überarbeitung der Verfassung aber auch der Volkswahl des Bundesrats und der Schaffung eines einheitlichen eidgenössischen Zivilprozessrechts Wohlwollen zurückzurück 286

entgegen.359 Felix Calonder erwähnte vor dem Parlament ausserdem das Frauen- stimmrecht als Postulat, das im Rahmen einer Totalrevision berücksichtigt wer- den müsse. Deren baldige Durchführung zog er aufgrund der hohen Arbeitslast der Regierung aber in Zweifel.360 Auch Edmund Schulthess stand dem Vor- haben – mit ähnlichen Argumenten, wie er sie gegen die Beschränkung der Voll- machten angeführt hatte – skeptisch gegenüber. Seiner Meinung nach gefährdete eine Verfassungsrevision die Durchführung der nun notwendigen sozial- und wirtschaftspolitischen Reformen und war nicht praktikabel in einem Moment, in dem bereits eine «Totalrevision der Weltwirtschaft» vonstatten ging, der die Schweiz ihre ganze Aufmerksamkeit widmen müsse.361 So «verlockend» und prinzipiell richtig dem Justizdepartement die Idee einer verfassungsrechtlichen Neugestaltung nach den sozialen und ökonomischen Verwerfungen des Welt- kriegs erschien, auch es räumte ein, «die unmittelbare Nachkriegszeit [ist] für das umfassende Werk einer Totalrevision nicht günstig».362 Nach einer extensiven, in Anbetracht der bevorstehenden Proporzwahl aber mutlosen Debatte, die zeitlich genau mit der um die Einschränkung der Vollmachten zusammenfiel, überwiesen National- und Ständeräte die verschie- denen Motionen zur weiteren Behandlung an den Bundesrat.363 Als dieser sich im Sommer 1919 dann an die Umsetzung machte, war die Bereitschaft zu einer Gesamterneuerung der Verfassung nicht mehr vorhanden.364 Das JPD empfahl nun ein Vorgehen mittels partieller Änderungen, um die anstehenden «wichtigen und schwierigen Aufgaben» nicht durch das langwierige Grossprojekt einer To- talrevision zu verzögern.365 Mit der Formierung des sogenannten Bürgerblocks und der Stabilisierung der innenpolitischen «Ordnung» hatten tief greifende Reformen – ging es nun um die vollständige Aufhebung der Vollmachten oder um die Ausarbeitung eines neuen Grundgesetzes – an Attraktivität verloren. Die Bewahrung des Bestehenden und die Konstruktion des «Eigenen» rückten in den Vordergrund.366 Die verfassungsrechtliche Aufbruchstimmung des letzten Kriegsjahrs wurde dadurch wie viele andere Reformvorschläge der Zwischen- kriegszeit «schubladisiert» und 1946 vom Bundesrat ganz ad acta gelegt.367 Damit teilte die glücklose Idee einer Totalrevision der Bundesverfassung nicht nur den Ausgangs-, sondern auch den Endpunkt mit dem «zweiten» Vollmach- tenregime des Ersten Weltkriegs. Durch den Parlamentsbeschluss vom Frühling 1919 blieb der Bundesrat grundsätzlich ermächtigt, Notrecht zu setzen, und die bestehenden Noterlasse blieben in Kraft. Von ihrem neuen Vetorecht scheint die Bundesversammlung keinen Gebrauch gemacht zu haben, sie nahm nur verein- zelte Abänderungen von Noterlassen vor.368 Im zwölften Neutralitätsbericht, der am 23. Mai 1919 erstattet wurde und das Ende des Untersuchungszeitraums die- ser Arbeit markiert, stellte das JPD nicht nur klar, dass der Bundesrat von den Vollmachten auch in Zukunft Gebrauch machen werde, das Departement dämpfte auch Hoffnungen auf eine baldige Aufhebung der Noterlasse: «Es ist unser Wunsch und unser Bestreben, den Abbau zu beschleunigen, wo und soweit immer die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse es ge- 287 zurückzurück

stattet. […] Auf eines möchten wir jedoch schon an dieser Stelle hinweisen: Nicht alle unter dem Zwang der ausserordentlichen Ereignisse entstandenen Rechtsnormen werden wieder verschwinden. Der Weltkrieg hat auch in un- serem, von Waffengewalt verschont gebliebenen Lande an den Grund lagen der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung gerüttelt, und wird ins- besondere grosse soziale Umwälzungen im Gefolge haben. Es wird sich als unumgänglich erweisen, einzelne der zur Bekämpfung schwerer Übelstände erlassenen Vorschriften in mehr oder weniger veränderter Gestalt durch Bundesgesetze oder Bundesbeschlüsse in die ordentliche Gesetzgebung überzuführen und zu dauernden Institutionen auszubauen.»369 Ausser der geringeren Anzahl und dem nun schrittweisen Abbau der im Krieg erlassenen Vorschriften wies die notrechtliche Praxis deshalb nach dem Ende des Untersuchungszeitraums keine prinzipiellen Unterschiede zu derjenigen der Kriegszeit auf.370 Die Erlasse der Bundesverwaltung stützten sich nun eben nicht mehr auf den Beschluss vom 3. August 1914, sondern auf den vom 3. April 1919. Dieser Zustand blieb nicht ohne Widerspruch. Im Herbst 1920 unternahm der Neuenburger Journalist und Nationalrat Otto de Dardel einen neuerlichen Vorstoss zur gänzlichen Aufhebung der Vollmachten, dem auch die Neutrali- tätskommission mit einem Postulat «im Sinne einer weitergehenden Einschrän- kung» im Wesentlichen zustimmte.371 Der neue Aussenminister und Bundesprä- sident Motta entgegnete dem, der Bundesrat arbeite bereits an einem Abbau des Notrechts und werde dem Parlament mit dem nächsten Bericht entsprechende Anträge unterbreiten.372 Im November 1920 lehnte die Regierung aber dann doch wieder jede Änderung des Vollmachtenbeschlusses ab, denn «wir haben es noch mit ausserordentlichen Produktions-, Konsumtions- und Verkehrsverhältnissen und […] mit anormalen Finanzverhältnissen zu tun, wo oft nur durch rasche und ausserordentliche wirtschaftliche und rechtliche Massnahmen ein für das Staats- wesen erträglicher Ausgleich der Reibungen erzielt werden kann».373 Im darauffolgenden Mai 1921 kam der Bundesrat weiteren Versuchen der Beendigung des Ausnahmezustands dann zuvor, indem er dem Parlament von sich aus die Abschaffung des Notverordnungsrechts vorschlug. «Haben auch die wirtschaftlichen und öffentlichen Verhältnisse unseres Landes noch nicht wieder jenen Zustand relativ ruhiger Fortentwicklung der Vorkriegsjahre erreicht», sah die Regierung nun den Zeitpunkt für eine Aufhebung ihrer Gesetzgebungskom- petenz gekommen.374 Die beiden Kammern der Legislative liessen sich für eine Entscheidung bis Ende Oktober 1921 Zeit, stimmten dann aber dem Entwurf des Bundesrats mit leichten Änderungen zu.375 Das Recht auf Erlass neuer Not- verordnungen wurde der Exekutive nun nach mehr als sieben Jahren endgültig entzogen, was allerdings noch nicht das Ende des Vollmachtenregimes bedeutete. Die darauf gestützten Noterlasse – nach Regierungsangaben waren dies Ende Oktober 1921 noch 164 –376 blieben nämlich weiterhin in Kraft und konnten, unter Vorbehalt der späteren Genehmigung durch die Bundesversammlung, vom Bundesrat jederzeit abgeändert, aufgehoben oder ersetzt werden, «sofern die Si- zurückzurück 288

cherheit des Landes oder die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen und die Dringlichkeit es notwendig machen».377 Aus diesem Umstand heraus erklärt es sich, dass der letzte Bundesratsbeschluss, der sich auf die Vollmachten des Ersten Weltkriegs stützte, am 13. Februar 1933 erlassen wurde.378 Im Juni 1923 löste das Parlament die ständigen Neutralitätskommissionen auf und übertrug die Prüfung der auf der Grundlage der Vollmachten gefassten Entscheide und Verwaltungstätigkeiten den Geschäftsprüfungskommissionen.379 Im darauffolgenden Herbst wurde auf Antrag des Bundesrats auch die Pflicht zur Erstattung der Neutralitätsberichte aufgehoben. Die Orientierung über Än- derungen am Notrecht und die Auflistung der noch in Kraft stehenden Not- erlasse erfolgte künftig nach Departementen gegliedert im Geschäftsbericht.380 Auch nach dem Zweiten Weltkrieg standen nach dessen Angaben noch sechs Noterlasse des Vollmachtenregimes von 1914 beziehungsweise 1919 in Kraft.381 Als die Bundeskanzlei dann kurze Zeit später – ganz ähnlich, wie es das JPD 1918 für die Noterlasse des «Grossen Kriegs» versucht hatte – in einem mehr- jährigen Unterfangen eine «Bereinigte Sammlung» des seit einem Jahrhundert angewachsenen Bundesrechts erstellte, war genau noch einer der zwischen 1914 und 1933 entstandenen Noterlasse gültig: Der «Bundesratsbeschluss betreffend die Abänderung des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 in bezug auf den Umfang der Sicherung im Grundpfandrecht (Art. 818)» vom 7. Juni 1920.382 Dieses letzte Residuum des in der vorliegenden Arbeit untersuch- ten Vollmachtenregimes wurde am 22. Februar 1952 vom Bundesrat ausser Kraft gesetzt.383 289 zurückzurück

7 Schlussbetrachtung

7.1 Zusammenfassung: Das Vollmachtenregime des Bundesrats im Ersten Weltkrieg

Als das schweizerische Parlament dem Bundesrat Anfang August 1914 die «un- beschränkte Vollmacht» und damit weitreichende legislative, administrative und finanzielle Kompetenzen erteilte, vollzog es einen in der Geschichte des moder- nen Bundesstaats erstmaligen Schritt, der ebenso in die Zukunft wies, wie er auf die Vergangenheit Bezug nahm.1 In den folgenden Jahren des Ersten Weltkriegs sollte eine Form des Regierens möglich sein, wie sie in in der politischen Ord- nung des 19. Jahrhunderts weder vorgekommen noch vorgesehen war. Gleich- zeitig gab die Bundesversammlung mit dem Vollmachtenbeschluss angesichts eines aufziehenden Konflikts ungeahnter Ausmasse den politischen, rechtlichen, institutionellen und sozialen Tendenzen in der Schweiz einen Ausdruck, die sich in den vorangegangenen Jahrzehnten angedeutet hatten. Das Vollmachtenregime des Ersten Weltkriegs war damit sowohl eine Weichenstellung für die Strukturen und Mechanismen des Bundesstaats im 20. Jahrhundert, wie es in den Entwick- lungen und Auseinandersetzungen der Vorkriegszeit verwurzelt war. Drei Zitate vermögen besonders gut von den Wandlungen der Bundes- politik ab 1914 einen Eindruck zu geben. Im Mai 1915, zu einem Zeitpunkt also, als die rechtliche Tragweite der Vollmachten und die Dauer der Kriegssituation erst allmählich ins öffentliche Bewusstsein drangen, versicherte Bundesrat Lud- wig Forrer an einer Tagung der Liberal-Demokraten in Winterthur: «Mit dem Aufhören des Ausnahmezustandes werden die außerordentlichen Vollmachten selbstverständlich wieder aufgehoben und der verfassungsmäßige Betrieb der Gesetzgebungsmaschine wieder aufgenommen.»2 Vier Jahre später, nachdem sich das Parlament auf Druck des Bundesrats trotz des nun absehbaren Kriegsendes auf eine Erneuerung der Vollmachten geeinigt hatte (siehe Kapitel 6.4), musste Ständerat Albert Böhi dann allerdings einräumen: «Freilich, einen Teil der Geis- ter, die man rief, wird man überhaupt nicht mehr los werden.»3 Während sich der Berichterstatter der Neutralitätskommission in dieser Aussage vor allem auf die Notwendigkeit bezog, einzelne Noterlasse wegen drohender Rechtsunsicherheit auch weiterhin in Kraft zu belassen, stellte der Jurist Zaccaria Giacometti mit mehr zeitlichem Abstand fest, dass sich der Ausnahmezustand des Ersten Welt- kriegs als äusserst dauerhaft herausgestellt hatte: «Der Bundesrat hat von den ihm eingeräumten Vollmachten während der beiden Weltkriege in sehr umfassender Weise Gebrauch gemacht. Er hat in großem Umfange die Funktion des einfachen Bundesgesetzgebers über- nommen und die Bundesverfassung nach vielen Richtungen suspendiert. So zurückzurück 290

legiferierte der Bundesrat auch über Gegenstände, die nach Maßgabe der Bundesverfassung nicht in den Bundesbereich fallen. Ferner wurden die Freiheitsrechte, wie die Handels- und Gewerbefreiheit, die Preßfreiheit, die Vereinsfreiheit, die Niederlassungsfreiheit nach vielen Seiten materiell suspendiert und der Grundsatz der Rechtsgleichheit vielfach mißachtet. […] Es bestand dementsprechend während der beiden Weltkriege ein weitgehen- der Ausnahmezustand, der teilweise noch gegenwärtig (1948) andauert.»4 Diese Transformation von einer vorübergehenden, auf wenige Politikfelder und temporäre Interventionen beschränkten «Diktatur» des Bundesrates hin zu ei- nem politischen Regime, auf das während des Ersten Weltkriegs und darüber hin- aus ein Grossteil der expandierenden Bundespolitik5 gestützt wurde, stellt eine zentrale Erkenntnis dieser Arbeit dar (siehe Kapitel 7.2). Mit dem Vollmachten- beschluss vom 3. August 1914 knüpfte die Bundesversammlung zunächst an eine Praxis an, die sie im Kontext verschiedener Krisen des 19. Jahrhunderts mehrfach angewandt hatte. Angesichts eines grossen Kriegs zwischen den Nachbarländern einigten sich die politischen Gruppierungen in der Schweiz, ihre Konflikte zu vertagen und der Exekutive, deren Gewicht durch die Zunahme der Staatsauf- gaben seit 1874 beständig gewachsen war, gesetzgeberische Kompetenzen zu verleihen. Eine rasch beschluss- und handlungsfähige Regierung schien die neu- trale Stellung der Schweiz besser zu gewährleisten als die von Blockaden, langen Aushandlungsprozessen und Krisensymptomen gezeichnete Demokratie des Fin de Siècle – und so entschied sich die Legislative fast diskussionslos für einen Aus- nahmezustand, der in Bezug auf Befugnisse und Autonomie der Exekutive wei- ter als alle vergleichbaren Ermächtigungen in den kriegführenden Staaten ging. Der durch das Vertrauen der freisinnigen Parlamentsmehrheit und in Erwar- tung eines kurzen Kriegs zum Gesetzgeber gemachte Bundesrat nutzte die Voll- machten zunächst zur Bewältigung der ökonomischen und monetären Schwierig- keiten, die durch den Abbruch der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen und die Mobilisationen der Armeen auf dem europäischen Kontinent entstanden waren. Zudem setzte er innerhalb weniger Wochen jene Noterlasse in Kraft, die im Hinblick auf die finanzielle und militärische Kriegsbereitschaft der Schweiz in den vorangegangenen Jahren ausgearbeitet worden waren. Da hierbei der Schwer- punkt auf der Versorgung der Streitkräfte, auf dem Ausbau von Justiz und Infra- struktur des Militärs für den Kriegsfall sowie auf der Informationspolitik im Kon- text der Neutralität lag, konnte die Spitze der Schweizer Armee von Beginn weg starken Einfluss auf die Notrechtsetzung und deren Umsetzung nehmen. Diese Tendenzen der «Militarisierung» und Verselbständigung des Armeeapparats, die von der unscharfen Kompetenzverteilung zwischen Zivil- und Militärbehörden im Aktivdienst noch verschärft wurden, stiessen vor allem in föderalistischen und pazifistischen Kreisen rasch auf Widerstand. Hinter den Versuchen, die neutrale Haltung der Schweizerinnen und Schweizer mit Zensurmassnahmen durchzuset- zen, vermuteten sie die Absicht der Bundesberner Verwaltung und der Militär- behörden um General Wille, abweichende Meinungen zu unterdrücken. 291 zurückzurück

Obwohl der Bundesrat schon kurze Zeit nach Kriegsausbruch auf die öko- nomischen Probleme hinwies, die sich für die mit der Weltwirtschaft verflochtene Schweiz durch die Handelsblockaden der kriegführenden Staaten und den Mangel an Transportmitteln ergaben, war die erste Phase des Vollmachtenregimes wirt- schaftspolitisch von einer ausgesprochenen Zurückhaltung und einer Beschrän- kung auf die Anpassung bestehender Normen geprägt. Notrechtliche Vorschrif- ten im Bereich der Teuerungsbekämpfung, der Unterstützung von Soldaten und in Bedrängnis geratenen Unternehmen oder der Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen wurden zur Umsetzung meist an die Kantone und Gemeinden sowie die Verbände von Landwirtschaft und Industrie delegiert. Auch die An- regung zu neuen Noterlassen kam zu einem grossen Teil aus diesen Richtungen, wobei eine Vielzahl von Konferenzen, Expertenkommissionen und informellen Kontakten die wichtigste Grundlage der notrechtlichen Entscheidungsfindung bildete. Selbst aktiv wurde der schweizerische Staat in erster Linie im Aussenhan- del. Dieser sollte mit einer rasch steigenden Zahl von Ausfuhrbeschränkungen, Abkommen mit dem Ausland, Einkäufen durch Bundes behörden sowie Einfuhr- monopolen sichergestellt werden. Waren bereits diese Massnahmen auf Druck der Nachbarstaaten eingeführt worden, galt dies insbesondere für die Über- wachung des grenzüberschreitenden Handels, die Entente und Mittelmächte ab 1915 durchsetzten. Das in der Folge aufgebaute System von Handelskontrollen stellte die bislang umfangreichste staatliche Intervention auf der Grundlage der Vollmachten dar. Auch in diesem System war in erster Linie die Privatwirtschaft für Verhandlungen und Kooperation mit den kriegführenden Staaten zuständig. Das für die wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Ausland zuständige Aussen- departement Arthur Hoffmanns beschränkte sich auf die legitimatorische Rü- ckendeckung und eine lockere Aufsicht über die von den beteiligten Branchen geschaffenen Importsyndikate und Zentralstellen. Während die notrechtliche Politik den bereits vor dem Krieg organisierten und mit der Bundespolitik vernetzten Unternehmen beträchtliche Einflussmög- lichkeiten bot und gleichzeitig die Bildung neuer Interessenverbände anregte, fiel es anderen politischen Akteuren bedeutend schwerer, mit ihren Anliegen in die Mechanismen des Vollmachtenregimes vorzudringen. Wiederholt verfolgte der Bundesrat etwa sozialpolitische Eingaben nicht weiter, während Expertise und Organisationsgrad der Spitzenverbände für die Regulierung der Kriegswirtschaft unverzichtbar wurden. Obwohl sie mit zunehmender Kriegsdauer stärker in den Aushandlungsprozess der Noterlasse einbezogen wurden, galt dies für die Or- ganisationen der Arbeiterbewegung ebenso wie für Vertreter der Westschweiz und des Tessins. Diese forderten nach verschiedenen Affären im Umfeld der Ar- mee Anfang 1916 eine Einschränkung der Vollmachten und erzwangen damit die erste parlamentarische Debatte über den Ausnahmezustand und den Stellenwert des Militärs in der Innenpolitik. Indem er die Kompetenzen der Militärbehörden in zivilen Angelegenheiten hastig beschnitt, dem Parlament mit den Neutrali- tätsberichten mehr Einsicht in die Vollmachtenpolitik zu geben versprach und zurückzurück 292

gleichzeitig vor den Gefahren eines Entzugs der Vollmachten in der unabsehbar andauernden Kriegssituation warnte, gelang es dem Bundesrat, die ausserordent- lichen Befugnisse zu behalten und die Position der Exekutive im Ausnahmezu- stand gegenüber Armee und Parlament zu festigen – trotz nun bereits deutlich vorhandenen Widerstands. Die zweite Phase des Vollmachtenregimes begann. Wohl auch um der wachsenden Kritik zu begegnen, der Bundesrat setze die Vollmachten einseitig zum Vorteil von Exportindustrie und Landwirtschaft ein, vor allem aber zur besseren Kontrolle des Aussenhandels, begannen das Poli- tische Departement, das SMD und das EVD zu Beginn der zweiten Phase im Frühjahr 1916 schrittweise mit einer stärkeren Regulierung der Binnenwirt- schaft. Mit Höchstpreisen, Produktionsvorschriften, Beschlagnahmungen und der Überwachung von Herstellung, Handel und Verbrauch durch neue Bundes- behörden folgte die schweizerische Kriegswirtschaftspolitik den auch in anderen Staaten vorhandenen Tendenzen zur staatlichen Erfassung und Steuerung der ökonomischen Vorgänge. Allerdings stellten die institutionelle Fragmentierung der Bundesverwaltung, die sehr unterschiedlichen Bedingungen in den für die Umsetzung verantwortlichen Kantone, prinzipielle Widerstände gegen zentral- staatliche Interventionen sowie generell ein Mangel an Wissen und Erfahrung die Exekutive vor erhebliche Probleme. Hinzu kam die ständige Gratwanderung zwischen der Aufrechterhaltung des Exports im Rahmen des Kompensations- handels mit dem Ausland auf der einen, der Sicherstellung der Versorgung im Innern auf der anderen Seite. Die Vollmachten mochten als diktatorisch wahr- genommen werden; dem staatlichen Handeln waren allerdings nach wie vor die Grenzen des politischen Systems und der instabilen Bedingungen des Weltkriegs gesetzt. In der Folge kam ein Lernprozess in Gang, in dem nicht nur die Bereit- schaft der Bundesbehörden zum Aufbau kriegswirtschaftlicher Regulierungssys- teme, sondern auch die Zahl der auf die Vollmachten gestützten Erlasse stark zunahm. Staatliche Behörden sammelten nun Informationen, die einen quanti- tativen Einblick in die schweizerische Ökonomie, die Warenströme im In- und Ausland, Konsumgewohnheiten, Finanzen oder Energieverbrauch geben sollten. Sie erkundigten sich nach dem kriegswirtschaftlichen Vorgehen des Auslands und liessen die so gewonnenen Erkenntnisse teilweise in die eigenen Strategien der Kriegsbewältigung einfliessen. Mit bislang beispiellosem finanziellem Auf- wand versuchte der Bund, in Wirtschaft und Gesellschaft steuernd einzugreifen. Nicht zuletzt signalisierte er so den kriegführenden Staaten, dass die Schweiz zur Durchsetzung der vereinbarten Wirtschaftskontrollen, zur Aufrechterhaltung der Neutralität sowie zur Bewahrung der innenpolitischen Stabilität willens und in der Lage war. In einer sich immer schneller drehenden Spirale von Noterlas- sen, die nicht selten unbeabsichtigte Resultate und als Konsequenz neue staat- liche Aktionen nach sich zogen, entwickelte sich ein Geflecht von Vorschriften, Institutionen, Formalitäten und Strafandrohungen, über deren Gültigkeit und Ausdehnung inner- wie ausserhalb der Bundesverwaltung zuweilen Ratlosigkeit 293 zurückzurück herrschte. Die Reaktionen auf diese Zunahme der Staatstätigkeit waren ambi- valent und lassen sich nicht eindeutig den politischen Lagern zuordnen. Für die einen potenzierten sich im Vollmachtenregime bereits vor 1914 kritisierte Ten- denzen hin zu «Beamtenherrschaft» und «Staatssozialismus». Eigentliche Zen- tren des Widerstands gegen den Ausnahmezustand bildeten sich in Genf, Lau- sanne, La Chaux-de-Fonds sowie im Tessin. Für die anderen bestand dagegen kein Zweifel mehr, dass die liberale Staatsdoktrin der Vorkriegszeit angesichts der sozialen und ökonomischen Herausforderungen des 20. Jahrhunderts an- gepasst werden musste – im Krieg selbst und darüber hinaus. Unter dem Eindruck der angespannten Versorgungslage, die der Kriegsein- tritt der USA, der deutsche U-Boot-Krieg und die Verschärfung der Handels- politik der Nachbarstaaten mit sich brachten, begann im Frühjahr 1917 eine kontinuierliche Ausweitung und Zentralisierung der kriegswirtschaftlichen Bundespolitik, die in der dritten Phase zum eigentlichen Schwerpunkt des Voll- machtenregimes wurde. Anstrengungen zur Bewirtschaftung von Lebensmit- teln, Rohstoffen und Energieträgern, ob in Form von Sparvorschriften, Ratio- nierungsmassnahmen oder der Steigerung von Produktion, Abbau und Anbau innerhalb der Schweiz, griffen zwar langsam und erratisch, aber wesentlich stär- ker als zuvor in den Kriegsalltag der Bevölkerung ein. Freiwillige Aufrufe und indirekte Steuerungsversuche wurden nun durch notrechtlichen Zwang, lokale Selbstorganisation durch staatliche Zentralstellen ersetzt, wobei die Grenzen zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit, gesellschaftlicher Erwünschtheit und Neutralitätspolitik bisweilen verschwammen. Mit dieser Neuausrichtung der Kriegspolitik in der dritten Phase ging nicht nur eine Verschärfung der Strafen für Vergehen gegen die Noterlasse und eine Einschränkung des Entscheidungs- spielraums von Kantonen und Privatwirtschaft einher, es kam auch zu richtungs- weisenden personellen und institutionellen Änderungen auf Bundesebene. Nach Arthur Hoffmanns Rücktritt im Juni 1917 wurden die kriegswirtschaftlichen Regulierungs- und Kontrollaufgaben im Aussenhandel und in der Binnenwirt- schaft sukzessive im Eidgenössischen Ernährungsamt und in der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft des Volkswirtschaftsdepartements zusammen- gefasst. Dessen Vorsteher Edmund Schulthess stand, zusammen mit den in die neuen Institutionen berufenen Beamten und Experten, Ideen eines sozial- und wirtschaftspolitisch aktiveren Staats angesichts der inneren Spannungen und der erwarteten Situation der Schweiz auf dem Weltmarkt nach Kriegsende betont of- fen gegenüber, wobei die Vollmachten dem Bundesrat auch weiterhin die nötige administrative Bewegungsfreiheit bieten sollten. Die vermehrte versorgungs- und sozialpolitische Staatstätigkeit, die «Not- standsaktionen» zugunsten der ärmeren Bevölkerungsteile sowie der Versuch, die Kriegsgewinne der Unternehmen mit neuen Steuern und Gebühren für die Allgemeinheit zu mobilisieren, vermochten allerdings nicht zu verhindern, dass sich die ökonomische Schieflage, in die die Schweiz zwischen Kriegskonjunktur, Handelsblockaden und Aktivdienst geriet, gegen das Kriegsende hin zu einer zurückzurück 294

innenpolitischen Krise zuspitzte. Im Frühjahr 1918 wurden im Parlament nicht nur neuerliche Vorstösse zur Einschränkung der notrechtlichen Kompetenzen auf wirtschaftliche Angelegenheiten unternommen, unter der Federführung des Oltener Aktionskomitees erreichte die bislang im Vollmachtenregime mit ihren Anliegen untervertretene Arbeiterbewegung ausserdem, dass der Bundesrat ihre Interessen stärker berücksichtigte. Mit einer Mischung aus Konfrontation und Kooperation verschafften sich die Arbeitervertreter langsam Zugang zur bundes- rätlichen Entscheidungsfindung, die sich in sozialpolitischer Hinsicht bislang auf punktuelle und temporäre Aktionen beschränkt hatte. Eine Strategie, die bei der Regierung zunächst auf Entgegenkommen und angesichts der im Krieg entstan- denen Ungleichgewichte auch auf Verständnis stiess. Schrittweise setzte der Bun- desrat nun verschiedene im Kriegsverlauf wiederholt geforderte Postulate um. Unter dem Eindruck der weltpolitischen Auflösungserscheinungen des letzten Kriegsjahrs, ausufernder Bedrohungsszenarien und latenter Revolutionsängste führten die Versuche der radikalisierten Arbeitnehmerseite, mehr Mitsprache in der Vollmachtenpolitik zu erlangen, allerdings zum Abbruch des begonnenen Dialogs. Im Landesstreik vom November 1918 wurde die Partizipation mittels Protest als Infragestellung der ganzen politischen und wirtschaftlichen Ordnung gedeutet. Die politische Instabilität nach dem Generalstreik hatte auch erheblichen Anteil daran, dass es in der vierten Phase, nachdem die militärischen Ausein- andersetzungen des Ersten Weltkriegs ein Ende gefunden hatten, zu einer Fort- setzung des Vollmachtenregimes kam. Auf den im Sommer 1918 von National- und Ständerat erhaltenen Auftrag, die weitere Notwendigkeit der Vollmachten zu prüfen, reagierte der Bundesrat zunächst mit einer Aufarbeitung des seit dem Kriegsausbruch angewachsenen Notrechts. Der Versuch, dem Parlament auf- zuzeigen, dass der Ausnahmezustand angesichts einer unsicheren Zukunft auch nach dem Weltkrieg beibehalten werden müsse, stellte die Bundesverwaltung vor ungeahnte Schwierigkeiten. Sie war schliesslich erst einige Wochen nach dem Waffenstillstand an der Westfront in der Lage, eine erste Zusammenstellung der Noterlasse des Vollmachtenregimes vorzulegen. Obwohl zahlreiche Politiker und Beamte die Bedenken gegen das angewachsene Notrecht grundsätzlich teil- ten, konnte der Bundesrat Anfang April 1919 eine Verlängerung der Vollmachten durchsetzen. Mit Verweis auf die innenpolitischen und aussenwirtschaftlichen Gefahren, die der Schweiz in der Nachkriegswelt drohten, zementierte er so das im Kriegsverlauf entstandene Ungleichgewicht zwischen den staatlichen Gewal- ten. Die Beschränkung der Vollmachten auf wirtschafts- und sicherheitspoli- tische Interessen sowie ein Vetorecht des Parlaments für die Noterlasse blieben letztlich kosmetische Änderungen. Zwar liessen die teilweise Entspannung der Versorgungslage und der Beginn der Demobilisation nun in vielen Bereichen eine Aufhebung der Not erlasse und eine Auflösung der gerade erst gebildeten Institutionen zu, wo es der Bundes- rat aber für notwendig erachtete, griff er noch Jahre nach Kriegsende auf die 295 zurückzurück notrechtliche Kompetenz zur Gesetzgebung zurück. Die zahlreichen Spuren des Vollmachtenregimes, aber auch die Erwartungen, die sich dadurch an den Staat gerichtet hatten, liessen sich aus Recht und Politik der Schweiz nicht mehr so leicht entfernen, wie ursprünglich angenommen. Die dem Ausnahmezustand zu- grunde liegende Idee, in der Notlage die demokratischen Regeln temporär auf- zuheben und bei «Wiedereintritt normaler Verhältnisse» zum Status quo ante zurückzukehren, stellte sich angesichts der tief greifenden Veränderungen der Kriegszeit als Illusion heraus.6 Bauernsekretär Ernst Laur, der sich schon kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs für energische Interventionen von Staat und Verbänden ausgesprochen hatte, hielt 1938 in der Festgabe für Edmund Schulthess fest: «Die Maßnahmen und Erfahrungen der Kriegsjahre haben bei uns und im Auslande einen tiefgehenden Einfluß auf die Gestaltung des Wirt- schaftslebens ausgeübt. Wohl rief man nach Friedensschluß überall nach raschem Abbau der Kriegsvorschriften und verlangte die Rückkehr zur wirtschaftlichen Freiheit. Bald aber erkannte man, daß sich die Struktur der Wirtschaft geändert hatte und die Rückkehr zu den Verhältnissen der Vorkriegszeit nicht mehr mög- lich war.»7

7.2 Vom Ausnahme- zum Normalzustand?

Nach der Einschätzung Giorgio Agambens war der Erste Weltkrieg der Beginn einer notrechtlichen Regierungspraxis, die das ganze 20. Jahrhundert prägen sollte. Der im Sommer 1914 ausgebrochene Konflikt wurde gewissermassen zum «Labor […], in dem die funktionalen Mechanismen und Dispositive des Ausnahmezustands als Paradigma des Regierens erforscht und auf den Punkt gebracht wurden».8 Diese Rolle als Experimentierfeld und legitimatorische Grundlage neuartigen staatlichen Handelns lässt sich auch als eines der zentra- len Merkmale des in dieser Arbeit untersuchten Vollmachtenregimes festhalten. Mit der Kompetenz zum Erlass und zur Änderung von Gesetzen stand der Exe- kutive des schweizerischen Bundesstaats erstmals in ihrer Geschichte ein Mittel zur Verfügung, selbständig politische Lösungen zu entwickeln und zu erproben. Mit zunehmender Intensität reagierten Bundesrat und Departemente auf die in- nen- und aussenpolitischen Herausforderungen der Kriegszeit und beeinflussten so die Rolle des Staats ebenso wie die politischen Konflikte und Strukturen der Schweiz. Fünf Entwicklungen waren hierbei zentral, wie diese Arbeit zeigte. Erstens kam es im Verlauf des Weltkriegs zu einer schrittweisen Verlagerung von Regulierungs- und Kontrollkompetenzen auf die Bundesebene. In den ers- ten beiden Phasen des Untersuchungszeitraums konzentrierte sich die Anwen- dung der Vollmachten darauf, die privatwirtschaftliche Regulierung des Aussen- handels zu legitimieren sowie den Kantonen, Gemeinden und Militärbehörden allgemeine Ziele in der Versorgungs- und Neutralitätspolitik vorzugeben und die dazu notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.9 Erst unter dem zurückzurück 296

Eindruck der ökonomischen Schwierigkeiten in der zweiten Kriegshälfte und zunehmender Unzufriedenheit mit der Umsetzung seiner Beschlüsse delegierte der Bundesrat diese Aufgaben direkt an die Bundesverwaltung, schränkte die Befugnisse der unteren staatlichen Ebenen ein und baute einen zentralisierten Apparat zur Steuerung der Kriegswirtschaft auf. Zwar war der Bund etwa für die Umsetzung der Rationierung, die Kontrolle der Anbausteigerung oder die Verteilung von Industrierohstoffen und Brennmaterialien weiterhin auf lokale Partner wie Kantone und Verbände angewiesen, deren Anteil an der notrecht- lichen Entscheidungsfindung ging jedoch im Zentralisierungsprozess der drit- ten Phase stark zurück, während die Eingriffe in ihren Rechtsbereich zunahmen. Hatte der Bundesrat vor allem die Kantonsbehörden nach 1914 zunächst noch zu eigenem Vorgehen ermächtigt und somit ihren Gestaltungsspielraum erweitert, erteilte er ihnen gegen das Kriegsende hin nur noch den Auftrag zur Umsetzung seiner Erlasse, deren Regulierungsdichte nun weitaus höher war. Der baselstäd- tische Regierungsrat Friedrich Aemmer bemerkte beispielsweise schon im Juli 1917, das kantonale Fürsorgeamt sei zu einem blossen «Verwaltungs- und Aus- führungsorgan von Bundesvorschriften degradiert» worden.10 Dagegen wuchs der Stellenwert der Departemente und ihrer Zentralstellen, die angesichts einer mit Aufgaben und Anfragen überhäuften Regierung zunehmend autonom Re- geln aufstellen, Verhandlungen führen und Strafen verhängen konnten. In die- sem Zusammenhang darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass die in die- ser Arbeit eingenommene Perspektive über die regionalen Entwicklungen nur indirekt Auskunft zu geben vermag. Um die Wirkungen und Mechanismen des Vollmachtenregimes auf der Ebene von Kantonen, Gemeinden und Verbänden zu untersuchen, den Anteil dieser Akteure am notrechtlichen Entscheidungspro- zess zu verdeutlichen und die dabei entstandenen Konflikte herauszuarbeiten, wären noch weitere Studien, wie etwa die von Maria Meier über die Lebensmit- telversorgung der Stadt Basel, notwendig.11 Dies gilt auch für die in Kapitel 5 konstatierte Ausweitung des Ausnahmezustands auf den Alltag der Schweize- rinnen und Schweizer in der dritten Phase, die durch thematisch und regional fokussierte Untersuchungen weiter geschärft werden könnte. Zweitens war insbesondere das Verhältnis zwischen Bundesrat und Armee im Vollmachtenregime ein ebenso angespanntes wie wechselvolles. In Erwartung einer kurzen Grenzbesetzung (oder einer längerfristigen Teilnahme am Krieg) und mangels ökonomischer Planungen der Bundesverwaltung waren die Militär- behörden bereits bei der Konzeption des Ausnahmezustands federführend und sie übernahmen in der ersten Phase zentrale Aufgaben in der Neutralitäts- und Wirtschaftspolitik. Pressekontrolle, Ausfuhrverbote und Getreideversorgung la- gen als zentrale Anwendungsfelder der Vollmachten im Verantwortungsbereich des Armeestabs beziehungsweise des Militärdepartements, wodurch auch inner- halb der Armeeverwaltung Reibungen entstanden. Überwölbt wurden diese Ten- denzen der Militarisierung von einer auf den Kriegsfall zugeschnittenen Militär- justiz.12 Als sich der Bundesrat im März 1916 erstmals zu einer Rechtfertigung 297 zurückzurück seiner notrechtlichen Kompetenzen gegenüber dem Parlament gezwungen sah, konnte er den Widerstand gegen die Vollmachten aus den lateinischen Landes- gegenden erfolgreich auf die Armeespitze ableiten, die in der Folge einen Teil ihrer innenpolitischen und finanziellen Befugnisse abgeben musste. Der Schwerpunkt des Vollmachtenregimes verlagerte sich von der Grenzbesetzung und den damit zusammenhängenden Interessen der Armee auf die Bewältigung des Wirtschafts- kriegs, bei der das EVD die Hauptverantwortung übernahm. Spätestens mit dem Rücktritt Arthur Hoffmanns, der die Wahl Ulrich Willes zum General unterstützt hatte, war auch dessen Position im Vollmachtenregime relativiert worden. Aller- dings erhielt das Militär vor dem Hintergrund der innenpolitischen Spannungen, die sich in der dritten Phase aufbauten, eine neue Aufgabe im Vollmachtenregime als Instrument zur Stützung der staatlichen Ordnung der Schweiz. Während sich die Differenzen zwischen den Sprachregionen nach der Wahl Gustave Adors in den Bundesrat spürbar abschwächten, gelang es der Armeespitze, ihre gegen eine befürchtete Revolution gerichteten Strategien im Umgang mit der sozialdemokra- tischen Opposition auch bei den Zivilbehörden durchzusetzen. Ein Weg, der in der letzten Phase nach dem Landesstreik weiter beschritten wurde. Die Fülle und die Komplexität der durch die Kriegssituation an den Bundes- staat gestellten Aufgaben führten drittens dazu, dass die Exekutive die Mithilfe der Interessenverbände in Anspruch nahm. Vor allem die Organisationen von Industrie und Landwirtschaft spielten im Vollmachtenregime von Beginn weg eine tragende Rolle. Dies zeigte sich zunächst bei den Abkommen zur Kontrolle des Aussenhandels, anschliessend auch bei der Steuerung und Steigerung der Binnenwirtschaft. Die bereits vor 1914 einflussreichen und eng mit der Politik vernetzten Verbände wurden mittels Konferenzen, Kommissionen und Konsul- tationen in die Ausarbeitung der Noterlasse einbezogen. Sie übernahmen Re- gulierungsaufgaben und stellten der Bundesverwaltung bei der Umsetzung der notrechtlichen Massnahmen Wissen und Organisationsformen zur Verfügung, über die jene selber noch nicht verfügte. Vertreter von Industrie, Landwirtschaft und Gewerbe waren als Unterhändler ebenso wie als mit der Materie vertraute «Experten» und «Fachmänner» für den Bundesrat unverzichtbar. Die Mechanis- men des Vollmachtenregimes regten zudem die Bildung neuer Verbände an. Die Regulierung der Kriegswirtschaft wurde durch Zusammenschlüsse von Privat- unternehmen erleichtert, weshalb verschiedene Noterlasse dies explizit vorsahen. Umgekehrt bot die Bündelung von Interessen – auch etwa durch die Gründung des OAK – bessere Aussichten, wenn auch keine Garantie, Anliegen beim bevoll- mächtigten Bundesrat durchzusetzen. Dieser bereits vor 1914 geübte Einbezug von Industrie, Landwirtschaft und Gewerbe in Konzeption und Implementation der Noterlasse erleichterte dem überforderten Bundesrat die Kriegspolitik, er führte allerdings auch zu einer in- nenpolitischen Blockade und Polarisierung. Parteien, Parlament und direkte De- mokratie wurden durch die Mechanismen der Notrechtsetzung stark relativiert. Da das Vollmachtenregime kaum Volksabstimmungen vorsah, war eines der zen- zurückzurück 298

tralen Elemente des politischen Systems praktisch ausgeschaltet. Das «Referen- dumsventil» war nicht mehr in der Lage, die bestehenden und neuen Konflikte zu entschärfen.13 Politische Gruppierungen, die nicht zum engeren Netzwerk der Bundespolitik gehörten und deren Mitarbeit für den Bundesrat offenbar ver- zichtbar schien, waren im Vollmachtenregime tendenziell untervertreten, wenn nicht sogar zeitweise ausgegrenzt. Erschwerend kam hinzu, dass genau jene Ak- teure, die im Vergleich mit den staatsnahen Wirtschaftsverbänden und dem Mi- litär weniger Einfluss hatten, sich auch als Verlierer der Vollmachtenpolitik und Kriegssituation begriffen. Die zunächst auf die Neutralitätspolitik, später auf die ökonomische Lage und die politischen Strukturen fokussierten Proteste der Kriegszeit waren stets auch ein Versuch, auf den Bundesrat einzuwirken und so- mit am Vollmachtenregime teilzuhaben. Während die föderalistische Kritik aus der Westschweiz und dem Tessin mit der Zügelung des Militärs und der Beseiti- gung des «Systems Hoffmann» besänftigt werden konnte, gelang dies gegenüber den Arbeitnehmern nicht. Versuche, den Forderungen der Sozialdemokraten entgegenzukommen, die Lasten der Kriegszeit besser zu verteilen und somit das politische System breiter abzustützen, waren ab 1917 zwar vorhanden, das entscheidende Problem der Mitsprache in der Regierungspolitik blieb jedoch ungelöst. Der konfliktreiche Ausgang des Landesstreiks und die ideologischen Auseinandersetzungen nach dem Ende des Weltkriegs verhärteten die Fronten zunächst weiter und gaben jenen Kräften Aufwind, die auf Repression statt Ver- ständigung setzten. Erst gegen Ende der Zwischenkriegszeit und unter dem Ein- druck neuer Bedrohungslagen begann sich in der Bundespolitik das Prinzip einer «bargaining democracy» oder «Verhandlungsdemokratie» einzuspielen, in der schon zu Beginn des politischen Prozesses möglichst viele Interessen einbezogen und Kompromisse ausgehandelt werden.14 Viertens kann festgehalten werden, dass es sich beim Vollmachtenregime nicht um ein auf die Schweiz begrenztes, sondern um ein transnationales Phä- nomen handelt. In dieser Hinsicht zeigten sich im Verlauf dieser Arbeit drei Di- mensionen. Erstens war der Aufbau der neutralitätspolitischen wie kriegswirt- schaftlichen Vorschriften primär durch die Politik der Nachbarländer motiviert und auf diese bezogen. Nachdem sie zunächst zum Schutz militärischer Geheim- nisse in Kraft gesetzt worden war, bekam etwa die Pressekontrolle rasch eine Funktion als Instrument zur Steuerung der öffentlichen Meinung im Kontext der Beziehungen der Schweiz zu den kriegführenden Bündnissen. Ebenso dienten viele der ersten versorgungspolitischen Eingriffe des Staats in die Wirtschaft – Einfuhrmonopole, Ausfuhrverbote, Produktionsvorschriften und vor allem die Handelskontrollen – entweder direkt der Umsetzung der Abkommen mit dem Ausland oder waren eine Reaktion auf die dort beschlossenen Einschränkungen des Exports. Die enge Verknüpfung von Innen- und Aussenpolitik während des Ersten Weltkriegs wurde in der Anwendung der Vollmachten besonders deutlich. Zweitens orientierten sich Bundesrat und Bundesverwaltung bei der Konzeption ihrer notrechtlichen Politik in vielen Fällen am Ausland. Mit der Ausnahme, dass 299 zurückzurück sie keine kämpfende Armee unterhalten musste, stand die Schweiz ökonomisch und sozial vor ähnlichen Problemen wie die kriegführenden Länder. Es über- rascht deshalb nicht, dass auch die dort vorhandenen Lösungsansätze beobachtet und teilweise übernommen beziehungsweise in den Ausarbeitungsprozess der Noterlasse eingebracht wurden. Beispiele hierfür sind die neuen Vorschriften zur Beschlagnahmung von Waren zu Beginn der zweiten Phase sowie die breiter an- gelegten Zentralisierungstendenzen im EVD ab 1917. Mit Verspätung machten sich auch in der Schweiz Tendenzen hin zu einer «totalen» Kriegspolitik und mehr staatlicher Intervention bemerkbar, die in den aktiv am Konflikt teilnehmenden Ländern bereits zuvor aufgetreten waren. Diese Tendenzen hängen mit einem dritten transnationalen Aspekt zusammen, der sich schon unmittelbar nach Kriegsausbruch zeigte. Wie viele Staaten stützte auch die Schweiz einen Grossteil ihrer Politik ab Sommer 1914 auf Notrecht, aus serordentliche Ermächtigungen und mit der Kriegssituation legitimierte Massnahmen. Die demokratische Entscheidungsfindung wurde mit Verweis auf ihre Langsamkeit und Unberechenbarkeit über die Exekutive kurzgeschlossen, die innenpolitischen Konflikte und Baustellen augenscheinlich stillgelegt und die Rolle der Zivilverwaltung durch die Konzentration auf die militärischen Erfor- dernisse eingeschränkt. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte zu einer ge- radezu revolutionären Umgestaltung der politischen Systeme, wobei die Schweiz keine Ausnahme, sondern mit den auf die informellen Beziehungen der Bundes- politik gestützten Vollmachten besonders beispielhaft war.15 Zu einem Zeitpunkt, als die Demokratisierung auf der einen und die Entstehung des modernen Exe- kutivstaats auf der anderen Seite in vollem Gange waren, entstand ein ebenso offenes wie spannungsreiches Experimentierfeld staatlicher Massnahmenpolitik, das durch die lange Kriegsdauer Permanenz erhielt.16 Auf dieses Experimentierfeld konnte und wollte der Schweizer Staat fünf- tens auch nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nicht verzichten. Noterlasse liessen sich irgendwann wieder aufheben, für die damit eingeführten und ein- gewöhnten Verfahren, Institutionen, Handlungsmuster und Erwartungen galt dies allerdings nicht.17 Was bleibt also vom Vollmachtenregime mit Blick auf die politische Entwicklung der Schweiz im 20. Jahrhundert? Der Politologe und Be- fürworter des temporären Ausnahmezustands Clinton Rossiter kam in Bezug auf das Verhältnis zwischen Rechtsstaat und Diktatur in Krisenzeiten zu einem ambivalenten Ergebnis. Seiner Meinung nach konnten demokratisch regierte Staaten Ausnahmezustände unbeschadet überstehen. Der Notstand sei bei ihnen nur als vorübergehende Massnahme zur Abwehr einer Gefahr für das Staats- wesen installiert worden. Mit dem Ende der Krise konnten die Diktatoren also zurücktreten und der zuvor bestehende Zustand des Staats wiederhergestellt werden.18 Doch musste auch Rossiter einräumen, dass die Zeit zwischen 1914 und 1945, in der vielfach auf die Mittel des Notrechts zurückgegriffen wurde, auch an demokratischen Staaten nicht spurlos vorüberging. Zu stark waren die demokratische Entscheidungsfindung und die pluralistische Gesellschaftsord- zurückzurück 300

nung in diesem Zeitraum infrage gestellt worden, zu sehr hatten Akzeptanz und Attraktivität autoritärer, scheinbar effizienter Politik zugenommen.19 Rossiter unterliess es deshalb nicht, auf die Gefahren der langfristigen Delegation legisla- tiver Kompetenzen an die Exekutive hinzuweisen: «There can no longer be any question that the constitutional democracies, faced with repeated emergencies and influenced by the examples of perma- nent authoritarian government all about them, are caught up in a pronoun- ced, if lamentable trend toward more arbitrary, more powerful, and more «efficient» government. The instruments of government depicted here as temporary «crisis» arrangements have in some countries, and may eventu- ally in all countries, become lasting peacetime institutions.»20 Diese historische Kontinuität des notrechtlichen Regierens und des «starken», vor allem wirtschafts- und sicherheitspolitisch intervenierenden Staats von 1914 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zeigt sich im Fall der Schweiz besonders deutlich. Die Vollmachtenpraxis des «Grossen Kriegs» und der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde schon in den Zwanzigerjahren durch zahlreiche dring- liche, dem Referendum entzogene Parlamentsbeschlüsse fortgesetzt, mit denen der Exekutive in vielen Fällen neue ausserordentliche Befugnisse erteilt wurden. Zaccaria Giacometti sprach in diesem Zusammenhang von einem «Parlaments- absolutismus», Walther Burckhardt – nun als Kritiker des Notrechts – von einer «Krisis der Verfassung» und Alfred Kölz später wegen der Aushebelung der di- rekten Demokratie von einem «Teilzusammenbruch des politischen Systems».21 Zwischen 1920 und 1939 erklärten National- und Ständerat insgesamt 147 ihrer Beschlüsse für dringlich – im Vergleich zu 44 zwischen 1874 und 1919. Sozusa- gen eine Fortsetzung des Vollmachtenregimes mit anderen Mitteln.22 Gleichzeitig setzte der Bundesrat immer noch selbst Noterlasse in Kraft und beschloss zudem Verordnungen, zu denen er nach Ansicht einiger Juristen gar nicht mehr berechtigt war.23 Unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise wurde die Regierung dann mit den umfangreichsten Sonderbefugnissen seit dem Ersten Weltkrieg ausgestattet. Am 14. Oktober 1933 erhielt der Bundesrat vom Par- lament die Erlaubnis, alle «zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, zum Schutze der nationalen Produktion […] und zur Förderung des Exportes» notwendigen Massnahmen zu treffen. Erneut war es eine ausserordentliche Notlage, welche die Umgehung der Volksrechte und die Machtausdehnung der Bundesexekutive legitimierte.24 Es folgten ähnliche dringliche Bundesbeschlüsse im Kontext der wirtschaftlichen Krise sowie neuer innenpolitischer Spannungen bis 1938.25 Im- mer noch war es Edmund Schulthess, der diese Interventionspolitik prägte und gegenüber der Öffentlichkeit verteidigte. 1934, ein Jahr vor seinem Rücktritt aus dem Bundesrat, erklärte der EVD-Chef noch einmal, weshalb er in seiner Amts- zeit so oft auf notrechtliche Mittel gesetzt hatte, und legte dabei Zeugnis von der Regierungsmentalität der Zeit ab: «Ich war nicht weniger als dreimal im Laufe einer Tätigkeit von über zwei Jahrzehnten gezwungen, die Wirtschaft in Fesseln legen und unter Aufsicht 301 zurückzurück

stellen zu helfen: im Kriege, in der Nachkriegskrise und in der gegenwärtigen Weltkrise. Während Juristen über die Zulässigkeit dieses Vorgehens zu philo- sophieren Zeit haben, musste ich im Interesse der Aufrechterhaltung unserer Wirtschaft ohne Verzug handeln, sollte diese nicht zusammenbrechen und un- ser Land einem Chaos entgegengehen. Wir haben aus Notrecht gehandelt, das bestehen muss, und sollten wir es aus den Sternen holen müssen.»26 An die «kleinen» Ermächtigungen im Zuge der Weltwirtschaftskrise schloss fast nahtlos der Vollmachtenbeschluss bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs an, mit dem die Regierung erneut zum Erlass von Gesetzen ermächtigt wurde und dies mit den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs auch ausgiebig tat.27 Es lassen sich im Licht dieser Entwicklung gute Gründe anführen, nicht von mehreren getrennten, sondern von einem einzigen Vollmachtenregime vom Beginn des Ersten Welt- kriegs bis zur – gegen den Willen von Regierung und Parlament erfolgten – Be- schränkung des dringlichen Bundesbeschlusses im September 1949 und der Auf- hebung der letzten Noterlasse Anfang der 1950-Jahre zu sprechen.28 Aus dem «diskussionslos» beschlossenen Ausnahmezustand des August 1914 war in der bewegten ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts also gewissermassen ein notrecht- licher Normalzustand der schweizerischen Politik geworden.29 Darüber hinaus legte das schweizerische Parlament beim Ausbruch des Ers- ten Weltkriegs das Fundament für einen bis heute bestehenden und juristisch anerkannten Anspruch des Bundesrats, in Situationen, in denen er staatliche In- teressen unmittelbar bedroht sieht, die bestehende Rechtsordnung zu überwin- den und in eigener Verantwortung politische Entscheidungen zu treffen.30 Das Notrecht der Exekutive wirkt so bis in die Gegenwart. Es wurde beispielsweise nach den Anschlägen vom 11. September 2001 angewandt, als der Bundesrat per Verordnung das Terrornetzwerk al-Qaida verbot.31 Im Zuge der Finanzkrise von 2008 ging er nach dem gleichen Prinzip vor, indem er der gestrauchelten Gross- bank UBS wegen ihrer «besonderen systemischen Bedeutung» mit einem Milliar- denbetrag unter die Arme griff.32 Beide sogenannten Polizeinotverordnungen stützten sich allerdings nicht auf eine extrakonstitutionelle Ermächtigung durch das Parlament, wie sie zu Beginn des Erstens Weltkriegs geschehen war, sondern auf die Verfassungsartikel 184 und 185.33 Trotz dieses wesentlichen Unterschieds sind in solchen Erlassen die Herrschaftstechniken des Vollmachtenregimes und die Bereitschaft des Bundesrats zu einer notrechtlichen Massnahmenpolitik auch hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg noch wirksam. Notverordnungen wie die von 2001 und 2008 haben denn auch eine neue Debatte über Gewaltenteilung, Rechtsstaat und politische Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Situationen ausgelöst. Der Blick auf Geschichte und Gegenwart, auf die Schweiz und den Rest der Welt zeigt, dass die Anwendung von Notrecht, das Regieren per Exe- kutiverlass und die Partizipation am politischen Prozess in Krisensituationen höchst relevante und kritisch zu betrachtende Probleme bleiben.34 zurückzurück 302

Dank

Die Arbeit an einer historischen Dissertation mag zu weiten Teilen aus der Aus- einandersetzung des Individuums mit Literatur, Quellen und den eigenen Ge- danken im stillen Kämmerlein bestehen. Und doch wäre so ein Unterfangen nicht möglich ohne Zusammenarbeit, Inspiration und Freundschaft. Danken möchte ich aus diesem Grund allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Sin- ergia-Projekts «Die Schweiz im Ersten Weltkrieg – Transnationale Perspektiven auf einen Kleinstaat im Totalen Krieg», in dem diese Dissertation entstanden ist. Insbesondere Cédric Cotter, Anja Huber, Maria Meier, Sebastian Steiner und Florian Weber, die mir während der letzten Jahre nicht nur mit ihrer fachlichen Kompetenz, Zeit und Geduld, sondern auch mit Rat und Tat zur Seite standen. Des Weiteren gebührt mein Dank all jenen, die mich zwischen Zürich, Luzern und Bern bei Recherche und Redaktion unterstützt haben, namentlich Simon Bundi, Pierre Eichenberger, Manuela Gertsch, Simon Hofmann, Andreas Kley, Michael Koller, Konrad J. Kuhn, Lea Moliterni, Roman Rossfeld, Gianna Vir- ginia Weber, Roman Wild, Eva Maria von Wyl und Dorothe Zimmermann. Be- sondere Dankbarkeit möchte ich ausserdem meinen Geschwistern Susanna und Pascal sowie meinen Eltern Adelheid und Felix ausdrücken. Ohne sie wäre dieses Buch nicht entstanden. Anmerkungen zu Seiten 9–12 303 zurückzurück

Anmerkungen

1. Kapitel

1 Vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 103 f., und Kapitel 4.3. Zur Schlacht um Verdun vgl. Krumeich, Verdun, S. 943 f.; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 437. 2 Vgl. Eine magistrale Rede, in: NZZ, 14. März 1916, Erstes Abendblatt; 2. Neutralitätsbericht, S. 119. Zu Datum und Quelle der Neutralitätsberichte siehe Tab. 2. 3 BAR, E1301#1960/51#176*, Giuseppe Motta, Auszug aus der Rede des Herrn Bundesrat Motta, 14. März 1916, S. 2 f.; vgl. zur politischen Rede im Ersten Weltkrieg Kley, Demons- tration, S. 199 f. Allfällige Hervorhebungen sowie Fehler in Orthografie und Grammatik von Zitaten sind im Folgenden aus den Originalquellen übernommen worden. 4 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 5. 5 Vgl. Marti, Verordnungsrecht, S. 21; Reich, Demokratie, S. 132. 6 Vgl. Kley, Verfassungsgeschichte, S. 265. 7 Diese Arbeit ist zusammen mit fünf weiteren Dissertationen im Rahmen des Sinergia-For- schungsprojekts «Switzerland in the First World War. Transnational Perspectives on a Small State in Total War» des Schweizerischen Nationalfonds entstanden. Vgl. Forschungsstelle für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Schweiz im Ersten Weltkrieg, www.fsw.uzh.ch/de/perso- nenaz/tanner/aktuell/abgeschlossen/schweizweltkrieg1/teilprojekte.html, 1. Januar 2019. 8 Agamben, Ausnahmezustand, S. 8; vgl. Suter, Notrecht, S. 1; Kiener, Notrecht, S. 462. Für einen begriffsgeschichtlichen Überblick im deutschen Sprachraum seit 1800 vgl. Boldt, Aus- nahmezustand, S. 354–371, für eine semantische Erschliessung vgl. Holzinger, Regel, S. 33–37; Trümpler, Notrecht, S. 1–26. Zur Verwendung im aktuellen Diskurs vgl. Philipp Loser, «Ich will Notrecht!», in: tagesanzeiger.ch, 29. März 2016, www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/ Ich-will-Notrecht/story/12215478. 9 Vgl. Boldt, Ausnahmezustand, S. 357. 10 Bluntschli, Statsrecht, S. 112. 11 Bethmann Hollweg, Reichstagsrede, S. 728. Der deutsche Reichskanzler bezog sich hier nicht auf inneres, sondern auf äusseres Notrecht, um die völkerrechtswidrige Invasion in Belgien am 3. August 1914 zu rechtfertigen. Pate stand das juristische Prinzip «Necessitas non habet le- gem», vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 110; Grelling, J’accuse, S. 172; Kohler, Not, S. 1 f.; Agamben, Ausnahmezustand, S. 33; Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 352; Desierto, Neces- sity, S. 63. 12 Vgl. Casanova, Diktatur, S. 77 f. Zum Zitat vgl. Lazar, Emergency, S. 61. 13 Vgl. ABB Nationalrat 1919, S. 135; Hoffmann, Rede, S. 42; Jèze, Exécutif, S. 65. 14 Bluntschli, Statsrecht, S. 113. Die Voraussetzungen hierfür lassen sich als «Staatsnotstand» be- zeichnen, vgl. Casanova, Diktatur, S. 192. 15 Kley, Geschichte, S. 198. Zu weiteren Inhalten des Begriffs vgl. Trümpler, Notrecht, S. 1 f. 16 Bluntschli, Statsrecht, S. 117; vgl. zur Kritik an dieser Konzeption Boldt, Ausnahmezustand, S. 369 f. 17 Vgl. dazu auch Zoller, Notverordnung, S. 121. 18 Vgl. Schmitt, Theologie, S. 14; Honig, Emergency, S. 89; Wildt, Transformation, S. 3 f.; Kley, UBS-Rettung, S. 123. 19 Schmitt, Diktatur, S. 18; vgl. Agamben, Ausnahmezustand, S. 42; Lazar, Emergency, S. 2 f.; Voigt, Ausnahmezustand, S. 10 f. 20 Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 341; vgl. Boldt, Ausnahmezustand, S. 371 f., sowie Kapi- tel 3.2. 21 Schmitt, Theologie, S. 9. Dass sich der Notstand nicht genau bestimmen und die dann notwen- digen Massnahmen nicht eingrenzen liessen, betonte auch Bluntschli, Statsrecht, S. 117. zurückzurück 304 Anmerkungen zu Seiten 12–15

22 Vgl. dazu auch Bundesrat Ludwig Forrers Bezeichnung der Schweizer Verfassung als «Schön- wetter-Programm», zitiert in Aubert, Bundesstaatsrecht, S. 737. 23 Schmitt, Theologie, S. 13; vgl. Rauh/Schumann, Ausnahmezustände, S. 10 f.; Boldt, Ausnahme- zustand, S. 373. 24 Rossiter, Dictatorship, S. 3. 25 Ebd., S. 4; vgl. S. 8. 26 Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 341; vgl. Lüdtke/Wildt, Staats-Gewalt, S. 15. 27 Vgl. Agamben, Ausnahmezustand, S. 13; vgl. Boldt, Ausnahmezustand, S. 375. 28 Agamben, Ausnahmezustand, S. 9; vgl. Beckett, Politics, S. 94; Holzinger, Regel, S. 54 f.; Voigt, Ausnahmezustand, S. 9. 29 Agamben, Ausnahmezustand, S. 42; vgl. Lüdtke/Wildt, Staats-Gewalt, S. 35 f. 30 Rauh/Schumann, Ausnahmezustände, S. 22; vgl. als aktuelle Beispiele Inga Rogg, Türkei ver- hängt Ausnahmezustand, in: NZZ, 21. Juli 2016; «Ausnahmezustand» in Frankreich – Was heißt das?, in: Welt.de, 14. November 2015, www.welt.de/politik/ausland/article148847901/ Ausnahmezustand-in-Frankreich-Was-heisst-das.html; Venezuela. Oberstes Gericht billigt Ausnahmezustand, in: FAZ.net, 20. Mai 2016, www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/ venezuela-oberstes-gericht-billigt-maduros-ausnahmezustand-14243251.html; Nils Mark- wardt, Griechenland im Ausnahmezustand, in: Zeit Online, 2. Februar 2015, www.zeit.de/kul- tur/2015-02/griechenland-postdemokratie-tsipras; Obama, Letter, https://obamawhitehouse. archives.gov/the-press-office/2010/09/10/letter-president-continuation-national-emergen- cy-with-respect-certain-te. Zur Kritik an Agamben vgl. Rauh/Schumann, Ausnahmezustände, S. 12; Holzinger, Regel, S. 59 f. 31 Vgl. Rauh/Schumann, Ausnahmezustände, S. 7 f.; Lemke, Dispositiv, S. 309; Geyer, Grenz- überschreitungen, S. 344. 32 Der Begriff hat sich in der Schweiz als Bezeichnung für notrechtliche Sonderbefugnisse und Ausnahmezustände etabliert, vgl. beispielsweise Rudolf Stamm, Bagdad im Visier der amerika- nischen Rechten, in: NZZ, 23. November 2001. 33 Vgl. ABB, Ständerat 1940, S. 88; Oprecht, Bewährung, S. 5; Huber, Notrechtsgesetzgebung, S. 42; Pestalozzi, Notgesetzgebung, S. 97; Giacometti, Vollmachtenregime, S. 9; Kley, Voll- machtenregime, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10094.php. Der «Grütlianer» verwendete den Begriff bereits zu Beginn der Zwanzigerjahre, danach tauchte er aber erst 1939 wieder auf, vgl. Das künftige Ausnahmerecht in Zollsachen, in: Grütlianer, 8. Mai 1923. Zoller, Notverord- nung, S. 72, spricht 1928 vom «Regime der außerordentlichen Vollmachten». Zur Rezeption im Ausland vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, S. 66; Scheuner, Erfahrungen, S. 129. 34 Giacometti, Vollmachtenregime, S. 60. In diesem Sinne bezeichnete Giacometti auch den Aus- nahmezustand des Ersten Weltkriegs sowie die notrechtlichen Kompetenzen des Bundesrats in der Weltwirtschaftskrise als «Vollmachtenregime», Letzteres aber als «nicht politisch gerecht- fertigt», Giacometti, Vollmachtenregime, S. 57; vgl. Kapitel 7.2. Zu Giacomettis Auseinander- setzung mit dem Notrecht vgl. Küffer, Kritik, S. 197; Kley, Stampa, S. 270 f. 35 Giacometti, Vollmachtenregime, S. 13; vgl. Kägi, Entwicklung, S. 200. 36 Vgl. Giacometti, Vollmachtenregime, S. 64 und 70–76. 37 Vgl. Kreis, État, S. 72 f., und Kälin, Aspekte, S. 93, zum Vollmachtenregime des Zweiten Welt- kriegs. 38 Giacometti, Vollmachtenregime, S. 13; vgl. Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 789. Giacometti hatte sich bereits vor dem Zweiten Weltkrieg wiederholt mit dem Notrecht auseinandergesetzt, erstmals noch weniger kritisch zu Beginn der Zwanzigerjahre in Giacometti, Verfassungs- rechtsleben, S. 340. Vgl. hierzu Küffer, Kritik, S. 40. 39 Diese Bezeichnung etablierte sich bereits kurz nach Kriegsausbruch für alle auf die Vollmach- ten gestützten Erlasse sowie solche der Kantone. Alternative Bezeichnungen waren «Kriegs- verordnung», «Notverordnung» oder «Notgesetz», vgl. 1. Neutralitätsbericht, S. 741; Baer, Kriegs-Verordnungen, S. IV; Volmar, Notgesetze, S. III; Geschäftsbericht 1915, S. 64. Vgl. aus- serdem Reich, Demokratie, S. 145. 40 Vgl. Lauth, Regime, S. 124; Merkel, Systemwandel, S. 104 f.; Merkel, Systemtransformation, S. 63 f. 41 Vgl. Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 357. Anmerkungen zu Seiten 15–19 305 zurückzurück

42 Fueter, Schweiz, S. 265 f. 43 Vgl. Greyerz, Bundesstaat, S. 1162; Kley, Geschichte, S. 117 und 200; Vatter, System, S. 522; Tanner, Staat, S. 246; Neidhart, Plebiszit, S. 205 f.; Sauser-Hall, Guide, S. 77; Kölz, Verfassungs- geschichte, S. 678; Kury, Fremde, S. 108; Gruner, Einfluss, S. 335; Degen, Mitregieren, S. 150 f.; Müller, Sicherheit, S. 190; Tribelhorn, Der taumelnde Kleinstaat, S. 17; Farago, Verbände, S. 2; Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 51 f.; Cottier, Wirtschaftsliberalismus, S. 188. Dagegen stufen Gruner, Wirtschaftspolitik, S. 38, und Hettling, Bürgerlichkeit, S. 261, den Einfluss des Ersten Weltkriegs auf das politische System als relativ gering ein. Zimmermann, Wirtschaftspolitik, S. 40, und Jost, Bedrohung, S. 738, betonen die bereits vor 1914 bestehenden Tendenzen hin zu einem stärkeren Zentralstaat. 44 Zum Konzept des «politischen Systems» in der Politikwissenschaft vgl. Merkel, Systemwandel, S. 106 f. Zu den Eigenschaften des politischen Systems der Schweiz vgl. Vatter, System, S. 41; Linder, Demokratie, S. 295 f.; Lijphart, Patterns, S. 35 f. 45 Vgl. Keynes, Laissez-faire, S. 35; Stucki, Kriegswirtschaft, S. 304 f., und Kapitel 5.3. 46 Für bereits sehr frühe Bilanzen der Staatstätigkeit im Ersten Weltkrieg vgl. Lederer, Organisa- tion, S. 122; Gygax, Wirtschaftspolitik, S. 186. Vgl. darüber hinaus Turner, Challenge, S. 174 f.; Supple, Economies, S. 322; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 205; Hobsbawm, Extremes, S. 46; Ferguson, Krieg, S. 250; Creveld, Rise, S. 238 f.; Reinhard, Staatsgewalt, S. 467 f.; Ziebura, Weltwirtschaft, S. 15; Becker, Heads, S. 31 f.; Shotwell, History, S. 7; Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 333; Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 220; Balderston, Mobilization, S. 224; Maier, Recasting, S. 43; Tanner, Bundeshaushalt, S. 40; Tanner/Groebner/Guex, Kriegswirtschaft, S. 14; Lanter, Finanzierung, S. 63; Horne, Mobilizing, S. 16; Horne, Public Opinion, S. 279 f.; Kruse, System- entwicklung, S. 87. 47 Zu aktuellen interdisziplinären Perspektiven in der Rechtsgeschichte vgl. Tanner, Kraft, S. 13 f.; Segesser, Rechtsgeschichte, S. 114 f. 48 Vgl. Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 9. 49 Mit dem Begriff (auch «war policy») wird üblicherweise die militärische Aussenpolitik der kriegführenden Staaten bezeichnet, verschiedene Autoren haben aber auch auf innenpolitische Aspekte hingewiesen, vgl. Zurlinden, Weltkrieg, Bd. 1, S. 328; Grimm, Geschichte, S. 192 f.; Rossiter, Dictatorship, S. 162; Turner, Challenge, S. 167; Kruse, Systementwicklung, S. 56; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 18; Mommsen, Weltkrieg, S. 13. 50 Rauh/Schumann, Ausnahmezustände, S. 9. Für einen aktuellen Literaturüberblick vgl. Lazar, Emergency, S. 1; Holzinger, Regel, S. 30; Beckett, Politics, S. 85 f. Als Einstieg ins Thema eig- nen sich die von Rüdiger Voigt beziehungsweise von Alf Lüdtke und Michael Wildt heraus- gegebenen Sammelbände «Ausnahmezustand. Carl Schmitts Lehre von der kommissarischen Diktatur» (2013) und «Staats-Gewalt. Ausnahmezustand und Sicherheitsregimes» (2008). 51 Erstausgabe: The Dual State. A Contribution to the Theory of Dictatorship, New York 1941. 52 Wildt, Transformation, S. 2; vgl. Schale, Fraenkel, S. 150. 53 Fraenkel, Doppelstaat, S. 55. Konkret gemeint war die «Reichstagsbrandverordnung» vom 28. Februar 1933, vgl. Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 375; Wildt, Gewalt, S. 226. 54 Wildt, Transformation, S. 3. 55 Vgl. Fraenkel, Doppelstaat, S. 193. 56 Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 375, weist wie Ernst Fraenkel selbst darauf hin, dass der So- zialwissenschaftler Emil Lederer bereits zu Beginn des Ersten Weltkriegs ein Nebeneinander von politischer und staatsrechtlicher Ordnung festgestellt hatte, vgl. Lederer, Soziologie, S. 373; Fraenkel, Doppelstaat, S. 220. Zudem war der «Doppelstaat» in vielerlei Hinsicht eine Antwort Fraenkels auf Carl Schmitts Theorie der Diktatur, vgl. Wildt, Transformation, S. 3 f. 57 Das Wort taucht bereits im Titel des Vollmachtenbeschlusses und später wiederholt in den Neutralitätsberichten des Bundesrats auf. 58 Giacometti, Vollmachtenregime, S. 12; vgl. Casanova, Diktatur, S. 158 und 238. 59 Wildt, Transformation, S. 2 f. 60 Vgl. Jann/Wegrich, Phasenmodelle, S. 71–105. 61 Scharpf, Verwaltungswissenschaft, S. 15. 62 Vgl. Jann/Wegrich, Phasenmodelle, S. 86. 63 Weber, Wirtschaft, S. 170. zurückzurück 306 Anmerkungen zu Seiten 19–22

64 Scharpf, Verwaltungswissenschaft, S. 16; vgl. Fritsch, Marktversagen, S. 358 f., für ein ökono- misches Modell der Bürokratie. 65 Zu den Versprechungen und Grenzen der politischen Sozialforschung vgl. Raphael, Verwissen- schaftlichung, S. 178. 66 Vgl. Zurlinden, Schweizer, S. 8; Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. IX; Marc Tribelhorn, Alles andere als eine Insel, in: NZZ, 23. August 2014. 67 Als Einstieg hierzu eignet sich der von Valentin Groebner, Sébastien Guex und Jakob Tanner herausgegebene Sammelband «Kriegswirtschaft und Wirtschaftskriege» (2008), insbesondere Feldman, Economics, S. 92, und Tanner/Groebner/Guex, Kriegswirtschaft, S. 16 f. Vgl. dar- über hinaus Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 220; Ullmann, Finance, S. 408; Turner, Challenge, S. 174; Supple, Economies, S. 320; Eloranta, History, S. 109 f.; Broadberry/Harrison, Econo- mics, S. 30 f.; Balderston, Mobilization, S. 225 f. Zu den Möglichkeiten und Grenzen wirt- schaftspolitischer Intervention durch den Staat im Allgemeinen vgl. Fritsch, Marktversagen, S. 132 und 370. 68 Vgl. Raphael, Verwissenschaftlichung, S. 167 f. und 187; Raphael, Recht, S. 79; Stehr/Grund- mann, Expertenwissen, S. 80; Gehlen, Verbandsgeschichte, S. 13; Vatter, System, S. 259; Fritsch, Marktversagen, S. 364 f.; Luhmann, Politik, S. 161 f. Für den Hinweis auf politisches Handeln ausserhalb der staatlichen Institutionen danke ich Dorothe Zimmermann. 69 Zur Rolle von Experten und Lobbyisten in der schweizerischen Politik des frühen 20. Jahrhun- derts vgl. Linder, Entwicklung, S. 278 f.; Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 60; Studer, Experte, S. 108; Stämpfli, Politiknetzwerke, S. 332; Humair et al., Organisations, S. 118; Gruner, Ein- fluss, S. 343; Eichenberger, Mainmise, S. 85 f.; Herren/Zala, Experten, S. 106 f.; Gugerli/Tan- ner, Wissen, S. 307 f., sowie den Sammelband «Lobbying. Die Vorräume der Macht» (2016), ins besondere Hürlimann, Lobbying, S. 26 f. 70 Die Menge an Gesamtdarstellungen und Monografien zum Ersten Weltkrieg ist nach einhun- dert Jahren historischer Forschung enorm gross und vielgestaltig. Als Überblickswerke und Handbücher jüngeren Datums wurden in dieser Arbeit primär benutzt Leonhard: «Die Büchse der Pandora» (2014); Hirschfeld/Krumeich/Renz: «Enzyklopädie Erster Weltkrieg» (2009); Werber/Kaufmann/Koch: «Erster Weltkrieg» (2014); Strachan: «The Oxford Illustrated His- tory of the First World War» (2014); Horne: «A Companion to World War I» (2010); Tooze: «The Deluge» (2014); Ferguson: «Der falsche Krieg» (2013); Winter: «The Cambridge History of the First World War» (2014). Für weitere Informationen sei an dieser Stelle auf die Bibliogra- fie im Anhang verwiesen. 71 Kuhn/Ziegler, Narrativ, S. 123. 72 Vgl. Kreis, Insel, S. 12; Greyerz, Bundesstaat, S. 1090; Ruffieux, Données, S. 154; Jost, Bedro- hung, S. 738; Linder/Wirz, Demokratie, S. 148; Jorio, Weltkrieg, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/ D8926.php. 73 Einen bibliografischen Überblick bis 1949 bietet Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 770 f. 74 Vgl. Huber, Einschränkung, S. 42. 75 Zoller, Notverordnung, S. 72. 76 Huber, Stellung, S. 124 f. 77 Vgl. Favre, Droit, S. 37; Reber, Notrecht, S. 19 f.; Malezieux, Pleins pouvoirs, S. 35; Pestalozzi, Notgesetzgebung, S. 48. 78 Suter, Notrecht, S. 171; Rothenfluh, Notrecht, S. 104 f.; Manuel, Pleins pouvoirs, S. 19 f.; Ka- pani, Pouvoirs, S. 43; Kull, Notrecht, S. 87; Bühler, Droit, S. 251 f.; Reich, Demokratie, S. 128 f.; Casanova, Diktatur, S. 140; Küffer, Kritik, S. 12 f. 79 Vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 665 f.; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 264. Vgl. ausserdem Kley, Geschichte, S. 117. 80 Vgl. Garner, Law, S. 86; Mandry et al., Recht, S. 6; Rossiter, Dictatorship, S. 3; Strauss, Ein- führung, S. 1 f.; Ballreich, Staatsnotrecht, S. 193 f.; Oberreuter, Notstand, S. 152. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hat der Jurist Dietrich Schindler für das SMD eine solche Studie verfasst: BAR, E27#1000/721#8828*, Dietrich Schindler, Der Belagerungszustand, März 1913. 81 Frankreich, die Schweiz, Belgien, die Vereinigten Staaten, Grossbritannien, Italien, Österreich und Deutschland. 82 Vgl. Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 333; Agamben, Ausnahmezustand, S. 13 f. Anmerkungen zu Seiten 22–25 307 zurückzurück

83 Vgl. Schmitt, Überblick, S. 252. Auch Giacometti wies mehrfach auf Tingstens Studie hin, vgl. Giacometti, Verfassungsrecht, S. 63; Giacometti, Vollmachtenregime, S. 36. 84 Vgl. Geering, Handel, S. 75, ausserdem Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 11; Frey, Rohstoffver- sorgung, S. 18; Casanova, Entwicklung, S. 49, sowie die in zwei Bänden erschienene «Autobio- graphie» der «Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft» des EVD (1920/25). 85 Vgl. Scheurmann, Milchversorgung, S. 21; Egli, Getreideversorgung, S. 173; Lustenberger, Or- ganisation, S. 34; Frey, Fleischpreispolitik, S. 38; Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 14. 86 Vgl. Obrecht, Überwachungsgesellschaften, S. 13; Bodenmann, Exporthandel, S. 65; Rast, Stel- lung, S. 48. 87 Vgl. Broye, Censure, S. 29 f. 88 Vgl. Stucki, Gewerkschaftsbund, S. 152. 89 Vgl. Volkart, Organisationsgewalt, S. 126 f.; Merz, Kreditoperationen, S. 148; Freudiger, Ein- künfte, S. 30. 90 Vgl. Zurlinden, Weltkrieg, S. 6; Turmann, Suisse, S. 252; Ruchti, Geschichte, Bd. 1, S. 21 f.; Wagnière, Suisse, S. 96. 91 Zum ebenfalls noch kaum untersuchten Vollmachtenregime des Zweiten Weltkriegs vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 773; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 283 f.; Kreis, Schweiz, S. 31 f.; Kreis, État, S. 72 f.; Kälin, Aspekte, S. 93; Tanner, Bundeshaushalt, S. 70 f.; Greyerz, Bundes- staat, S. 1204; Jost, Bedrohung, S. 795 f.; Jost, Politik, S. 44 f. Die Noterlasse und Organisa- tionsformen der Kriegswirtschaft wurden bereits während des Kriegs dokumentiert, vgl. Laut- ner/Moser, System, Bd. 1, S. 157. Zu diesem Unterfangen vgl. zudem Kley, Geschichte, S. 198 f. 92 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 174; Neidhart, Plebiszit, S. 27; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 236; Ruffieux, Suisse, S. 22. Ausserdem Jost, Linksradikalismus, S. 30; Senglet, Preispolitik, S. 170; Schoch, Oberstenaffäre, S. 52; Schumann, Regierungssystem, S. 177; Kurz, Dokumente, S. 24 f.; Studer, Staat, S. 7; Schmid, Wirtschaft, S. 90. 93 Für einen bibliografischen Überblick bis 1980 vgl. Jost, Bedrohung, S. 185–189; bis 2008 mit wirtschaftshistorischem Fokus vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 16 f. 94 Vgl. Rapold, Bewährung, S. 180; Zeller, Ruhe, S. 28; Jost, Avantgarde, S. 130; Mattioli, Demo- kratie, S. 109; Mattioli, Rechte, S. 6; Guex, Politique, S. 333; Brugger, Agrarpolitik, S. 9; Bau- mann, Bauernstand, S. 290; Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 63; Gast, Kontrolle, S. 33; Wigger, Krieg, S. 75; Lüthi, Brotversorgung, S. 44; Kübler, Integration, S. 59; Stämpfli, Politiknetz- werke, S. 332 f. 95 Zu nennen sind hier insbesondere die Sammelbände «Der vergessene Wirtschaftskrieg» (2008), «Der vergessene Krieg» (2014), «14/18. Die Schweiz und der Grosse Krieg» (2014), «Woche für Woche neue Preisaufschläge» (2016), die Gesamtdarstellung «Insel der unsicheren Geborgen- heit» (2014) von Georg Kreis sowie die dem Ersten Weltkrieg gewidmete Ausgabe Nummer 63/3 der «Schweizerischen Zeitschrift für Geschichte» (2013). 96 Zum internationalen Forschungsstand zum Staat im Ersten Weltkrieg vgl. Winter, Essays, S. 672–718. 97 Aus diesem Projekt ist bereits erschienen Weber, Florian: Die amerikanische Verheissung. Schweizer Aussenpolitik im Wirtschaftskrieg 1917/18. Zürich 2016. 98 Zur AS vgl. Germann, Aufkleben, S. 115 f. 99 ABB Nationalrat 1919, S. 136. 100 Baer, Kriegs-Verordnungen, S. III. 101 Es handelte sich dabei um die Fortsetzung eines gleichnamigen Werks, das Ludwig Rudolf von Salis für die Jahre 1891–1902 erstellt hatte, vgl. Kley, Geschichte, S. 112. 102 Ernst Hafter, zitiert in His/Stoos, Protokoll der 55. Jahresversammlung des Schweizerischen Juristenvereins (1920), S. 260a; vgl. BP, Fortsetzung des Schweiz. Bundesrechts von v. Salis, 3. Dezember 1923. 103 Dem Vollmachtenregime im Speziellen ist Abschnitt IV/C des zweiten Bands gewidmet. Not- erlasse und deren Hintergründe werden jedoch im ganzen Werk verschiedentlich behandelt, vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 803–1066. 104 Eine Ausnahme bildete jene Sitzung, in der Giuseppe Motta die in der Einleitung zitierte Rede gehalten hat, vgl. Kapitel 4.3; Neidhart, Politik, S. 13. zurückzurück 308 Anmerkungen zu Seiten 25–29

105 ABB Nationalrat 1920, S. 808. 106 Ebd., S. 809. 107 Für weitere Informationen sei auf die Quellenverzeichnisse verwiesen. Aus Platzgründen wurde bei den digitalisierten Quellen (BBl, BP, ABB, usw.) auf die gesonderte Angabe einer URL verzichtet. 108 Vgl. hierzu Winter, Bibliographical Essays, S. 696; Hirschfeld, Weltkrieg, S. 5; Rietzler, War, S. 835 f. Eine Übersicht über die mehr als 150 publizierten Werke findet sich in Carnegie En- dowment for International Peace, Summary, S. 105–113. Für den Hinweis danke ich Daniel Se- gesser. 109 Die Noterlasse des Deutschen Reichs beispielsweise wurden in einer Reihe publiziert, die im November 1918 schliesslich 48 Bände umfasste, vgl. Waldschütz, Kriegs-Notgesetze Heft 47/48, S. I. 110 Für die Schweiz bilden hierbei die «Historical Statistics of Switzerland Online» und die «Statis- tischen Jahrbücher» des Bundes die Grundlage, länderübergreifend sind die ursprünglich von Brian Mitchell herausgegebenen «International Historical Statistics» angelegt. 111 Offer, Interpretation, S. 386; vgl. Schwabe, Ende, S. 300; Cabanes, Aftermath, S. 172; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 917; Frey, Weltkrieg, S. 343; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 312; Geering, Handel, S. 49 f.; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 879 f.; Société suisse de surveil- lance économique, Tableau, S. 37. 112 In dieser Gliederung konvergieren politische und ökonomische Entwicklungen innerhalb der Schweiz mit Ereignissen des allgemeinen Kriegsgeschehens. Vorbild ist das wirtschaftliche Pha- senmodell der Schweiz im Ersten Weltkrieg von Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 23–28. 113 Vgl. BRB betr. die Ausgabe von 20-Franken-Banknoten und den gesetzlichen Kurs der Bank- noten der schweiz. Nationalbank, 30. Juli 1914 (AS 30/333); Tanner, Bundeshaushalt, S. 35; Reinger, Wechselkurs, S. 2; Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg, Schlussbericht, S. 61. Zur Zitierweise der Noterlasse siehe S. 324, Anm. 162. 114 Der Beschluss stützte sich auf die Artikel 19 und 23 BG über die Schweizerische Nationalbank, die in «außerordentlichen Fällen» und «Notlage in Kriegszeiten» Änderungen der Geldpolitik erlaubten, vgl. BG über die Schweizerische Nationalbank, 6. Oktober 1905 (AS 22/47). Der Bundesrat berief sich also bereits auf Notrecht und erwähnte den Erlass auch so im ersten Neu- tralitätsbericht. Er wurde ausserdem von Fritz Baer in die Sammlung der «Kriegs-Verordnun- gen» (Nr. 74) aufgenommen, vgl. hierzu Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 663.

Kapitel 2

1 «Mögen die Konsuln zusehen, dass der Staat keinen Schaden nehme», zitiert in Rossiter, Dic- tatorship, S. 27. 2 Kennan, Decline, S. 3. 3 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 985. 4 Vgl. Hobsbawm, Extremes, S. 5 f. 5 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 3. 6 Faucherre, Pflichten, S. 97; vgl. Stucki, Kriegswirtschaft, S. 304. 7 Geyer, War, S. 159 f.; Kroener, Militär, S. 77; vgl. Hobsbawm, Empire, S. 6. 8 Vgl. Ruffieux, Schweiz, S. 70; Hobsbawm, Empire, S. 6. 9 Vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 11. 10 Leonhard, Büchse der Pandora, S. 10. 11 So die These des ab 1910 in 15 Sprachen übersetzten Bestsellers «The Great Illusion» (deutscher Titel: «Die falsche Rechnung») des britischen Publizisten und späteren Friedensnobelpreisträ- gers Norman Angell. Vgl. hierzu Tanner, Krieg, S. 16. 12 Mommsen, Weltkrieg, S. 21; vgl. Maier, Leviathan, S. 207. Zum Weg in diesen Krieg vgl. die konzise Darstellung in Hobsbawm, Empire, S. 309–327. 13 August Bebel, Reichstagsdebatte zur zweiten Marokkokrise, 1911, zitiert in Luxemburg, Krise, S. 8. Vgl. dazu Mommsen, Weltkrieg, S. 7 f.; Hobsbawm, Empire, S. 332. Bemerkenswert auch Anmerkungen zu Seiten 29–32 309 zurückzurück

die Fülle nach 1900 publizierter Literatur, die sich mit den ökonomischen Folgen eines europä- ischen Kriegs auseinandersetzte, in Jöhr, Volkswirtschaft, S. 241–243. 14 Beckmann, Briefe, S. 90. 15 Janz, Krieg, S. 34. 16 Zurlinden, Weltkrieg, Bd. 1, S. 19, widmet dem Thema bereits 1917 ein Kapitel voll scharfer Kritik, eindrücklicher Beschreibungen des Kriegsgeschehens und seiner Folgen für die Gesell- schaft. Zu den Kriegserwartungen aus historischer Sicht vgl. Janz, Krieg, S. 34–40; Strachan, Arms, S. 103–162; Münkler, Krieg, S. 229–247; Mommsen, Weltkrieg, S. 10 und 24; Clark, Sleepwalkers, S. 237 f.; Maier, Leviathan, S. 212, mit weiteren Literaturangaben. Vergleichbare Haltungen registriert Jost, Avantgarde, S. 67 und 108 f., auch in der Schweiz, beispielsweise bei Carl Hilty, Ernest Bovet und Robert de Traz. Vgl. dazu auch Kreis, Insel, S. 20 f. 17 Zurlinden, Weltkrieg, Bd. 1, S. 32. Vgl. dazu Weber, Wirtschaft, S. 665; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 127–146; Mommsen, Weltkrieg, S. 35. 18 Wenn im Folgenden von den Staaten der «Entente» die Rede ist, sind damit Frankreich, Gross- britannien und Russland als Mitglieder der ursprünglichen «Triple Entente» gemeint. Dieses Bündnis wurde durch Kriegseintritte im Verlauf des Konflikts erweitert, vor allem um Italien und die USA, wobei sich die Bezeichnung «Alliierte» durchsetzte. Analog traten aufseiten der «Mittel-» oder «Zentralmächte» Deutschland und Österreich-Ungarn das Osmanische Reich und Bulgarien in den Krieg ein, vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 51 f. 19 Redaktion, Dennoch!, S. 286. 20 Ebd., S. 286–288. 21 Prominent beispielsweise Thomas Mann, der sich vom «grossen Wetter», das über die Welt hereingebrochen war, zu Kriegsbeginn noch einige Reinigungskraft erhoffte: Mann, Friedrich, S. 13. Einen ähnlichen Ton schlug Kurt Tucholsky Ende Juli 1914 an: «Nun aber soll es kom- men, das erlösende Gewitter, reinigend, beglückend.» Zitiert in Hosfeld, Tucholsky, S. 23. 22 Charles-Ferdinand Ramuz, A propos de tout, in: Gazette de Lausanne, 2. August 1914. 23 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. Massnahmen zum Schutze des Lan- des und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 2. August 1914, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 5. 24 Der Einfachheit halber und in Übereinstimmung mit der Forschungsliteratur werden die Be- zeichnungen «Norddeutscher Bund», «Deutsches Reich» sowie die während des 19. Jahrhun- derts zum Teil noch unabhängigen deutschen Staaten unter dem Begriff «Deutschland» bezie- hungsweise «deutsch» zusammengefasst, obwohl ein Staat mit diesem Namen erst seit 1871, streng genommen sogar erst seit 1949 existiert. 25 Die Hintergründe und Ereignisse, die Europa in den Weltkrieg führten, hat jüngst Christopher Clark dargestellt. Vgl. hier Clark, Sleepwalkers, S. 551 f. 26 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. Massnahmen zum Schutze des Lan- des und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 2. August 1914, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 7. 27 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. Massnahmen zum Schutze des Lan- des und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 2. August 1914, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 7. 28 Vgl. Tribelhorn, Kleinstaat, S. 17. 29 Die Wahl dieser Stationen orientiert sich sowohl an der von Ruffieux, Schweiz, S. 9 f. vor- geschlagenen Periodisierung als auch an Charles Maiers Etappen auf dem Weg zum modernen Staat sowie eigenen Überlegungen in Hinsicht auf die Entwicklung des Bundesstaats bis zum Ersten Weltkrieg. 30 Aus der historiografischen Fülle, die sich für einen solchen Überblick anbietet, sei hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit auf die Standardwerke jüngeren Datums von Hans von Greyerz: «Der Bundesstaat seit 1848» (1980), Roland Ruffieux: «Schweiz des Freisinns» (1983), Alfred Kölz: «Neuere schweizerische Verfassungsgeschichte» (2004), Andreas Kley: «Verfassungs- geschichte der Neuzeit» (2008), Regina Wecker: «Neuer Staat – neue Gesellschaft» (2014), Ja- kob Tanner: «Geschichte der Schweiz im 20. Jahrhundert» (2015) hingewiesen, die für dieses Kapitel massgeblich waren. Wie die politische und staatsrechtliche Geschichte der Schweiz zur Zeit des Ersten Weltkriegs dargestellt wurde, illustrieren Jakob Schollenberger: «Die Schweiz zurückzurück 310 Anmerkungen zu Seiten 32–36

seit 1848» (1908), Walther Burckhardt: «Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung» (1914) und Paul Seippel: «La Suisse au dix-neuvième siècle» (1899–1901). 31 Maier wählt diese Bezeichnung in Abgrenzung und Weiterentwicklung des «Leviathan» von Thomas Hobbes, der damit 1651 den monarchischen Staat der frühen Neuzeit theoretisch be- gründete. 32 Maier, Leviathan, S. 40. 33 Ebd., S. 38. 34 Ebd., S. 37 f. 35 Osterhammel, Verwandlung, S. 777. 36 Vgl. Maier, Leviathan, S. 114 f. und 119 f. 37 Vgl. ebd., S. 111. 38 Vgl. Bucher, Bundesverfassung, S. 991 f.; Brügger, Kompetenzverteilung, S. 21–23. Die Regeln, denen sich die Kantonsverfassungen seit 1848 zu unterziehen hatten, wurden in Artikel 6 der Bundesverfassung festgelegt, vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 6. 39 Grundlage hierfür waren das «BG über die Organisation und den Geschäftsgang des Bun- desrates» vom 16. Mai 1849 sowie dasjenige «über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen Behörden und Beamten» vom 9. Dezember 1850. Weitere Gesetze ordneten die einzelnen Bundeskompetenzen und deren Finanzierung. Vgl. Bucher, Bundesverfassung, S. 996–1014; Aubert, Bundesversammlung, S. 44; Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 482–491. 40 Laut dem Artikel 1 der Bundesverfassung waren die Gliedstaaten auch weiterhin «souverän, soweit diese Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt wurde», Bucher, Bun- desverfassung, S. 995; vgl. zur Entstehungsgeschichte Burckhardt, Kommentar, S. 36. 41 Kley, Bundesverfassung, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9811.php. 42 Ruffieux, Schweiz, S. 18. 43 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 8. 44 Jost, Avantgarde, S. 27. 45 Bouquet, Liberalismus, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17459.php. 46 Vgl. Tanner, Patrioten, S. 569 f. und 615; Rietmann, Liederlich, S. 55 f.; Mattioli, Schweiz, S. 74. 47 Vgl. Kley, Geschichte, S. 55 f.; Ruffieux, Schweiz, S. 16 f. 48 Maier, Leviathan, S. 107; vgl. Hobsbawm, Empire, S. 27 f. 49 Ruffieux, Schweiz, S. 35. 50 Vgl. Bundesgesez über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen im Gebiete der Eidgenossen- schaft vom 28. Juli 1852, in: Amtliche Sammlung der Bundesgeseze und Verordnungen, Bd. 3 (1853), S. 170. Vgl. dazu Koller, Fortschritt, S. 68 f.; Ruffieux, Schweiz, S. 21 f. und 31 f. 51 Den zeitgenössischen Begriff wählte unter anderen Gottfried Keller 1861 in einem Beitrag für das «Zürcher Intelligenzblatt», zitiert in Kriesi, Gottfried Keller, S. 267. 52 Vgl. Wehrli, Bundesbarone, S. 8 und 21 f. 53 Vgl. Ruffieux, Schweiz, S. 19 f. 54 Vgl. Schudnagies, Belagerungszustand, S. 35. 55 Kiener, Notrecht, S. 463; vgl. dazu Kull, Notrecht, S. 52–59. 56 Suter, Notrecht, S. 36; zu den Hintergründen des Konflikts vgl. Bonjour, Neutralität, Bd. 1, S. 319–332. 57 Suter, Notrecht, S. 37. 58 Kley, Vollmachtenregime, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10094.php; vgl. Häfelin/Haller/Kel- ler, Bundesstaatsrecht, S. 584 f. 59 Suter, Notrecht, S. 37 f.; vgl. Casanova, Diktatur, S. 133 f. 60 Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die Bundesversammlung, 29. Juli 1849, in: BBl. 1, Bd. II (1849), S. 313. 61 Vgl. Beschluß der schweizerischen Bundesversammlung über die in den gegenwärtigen Ver- hältnissen vom Bundesrath getroffenen und noch zu treffenden Maßregeln, 8. August 1849, in: BBl. 1, Bd. II (1849), S. 408; Suter, Notrecht, S. 47 f. 62 BB vom 5. Mai 1859, in: BBl. 11, Bd. I (1859), S. 529. 63 Zu den historischen Zusammenhängen, den notrechtlichen Massnahmen und den parlamenta- rischen Verhandlungen in der «Tessiner Angelegenheit» vgl. Greyerz, Bundesstaat, S. 1042 f.; Suter, Notrecht, S. 52 f.; im «Neuenburgerhandel» Bonjour, Neutralität, Bd. 1, S. 339–357; Su- Anmerkungen zu Seiten 36–40 311 zurückzurück

ter, Notrecht, S. 63 f.; im «Savoyerhandel» Bonjour, Neutralität, Bd. 1, S. 377–393; Suter, Not- recht, S. 86; im Preussisch-Österreichischen Krieg Bonjour, Neutralität, Bd. 1, S. 414–420; Su- ter, Notrecht, S. 108 f. 64 Vgl. Suter, Notrecht, S. 37 f. 65 Vgl. ebd., S. 66; Casanova, Diktatur, S. 134 f. 66 Zum Beispiel in Form eines Ausnahmezustandsgesetzes, wie es 1912 von Max Huber vor- geschlagen wurde, vgl. BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Motive zu den Entwürfen von Bestimmungen über den Schutz der militärischen Interessen im Krieg oder Kriegsgefahr, 17. Dezember 1912, S. 10. 67 Suter, Notrecht, S. 131. 68 Ebd. 69 Vgl. Kreis, Demokratie, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9926.php; Ruffieux, Schweiz, S. 16. 70 Ruffieux, Schweiz, S. 26 f. 71 Ebd., S. 38. 72 Schaffner, Bewegung, S. 56. 73 Ebd., S. 52. 74 Ebd., S. 54. 75 Vgl. Schaffner, Demokratie, S. 219. 76 Ebd., S. 219 f. 77 Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. 23; zu Entstehungsprozess, neuen Bundeskompetenzen und Würdigung vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 599–626. 78 Vgl. Kley, Verfassungsgeschichte, S. 243 f. 79 Genauer: «Bundesgesetze, sowie allgemein verbindliche Bundesbeschlüsse, die nicht dring- licher Natur sind, sollen überdies dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden, wenn es von 30 000 stimmberechtigten Schweizerbürgern oder von acht Kantonen verlangt wird.» Schollenberger, Bundesverfassung, S. 519. 80 Vgl. Reich, Demokratie, S. 125 f.; Rothenfluh, Notrecht, S. 24 f.; Burckhardt, Kommentar, S. 716–723; Kull, Notrecht, S. 38, und für eine Zusammenstellung der dringlichen Bundes- beschlüsse seit 1874 Schweizerische Bundeskanzlei, Dringliche Bundesbeschlüsse bis 1949, www.admin.ch/ch/d/pore/vr/vor_2_2_6_5_01.html. 81 BB betr. Vorkehrungen gegen die Reblaus, 21. Februar 1878 (AS 3/337); vgl. Schollenberger, Eidgenossenschaft, S. 183 f. 82 Rothenfluh, Notrecht, S. 26. Zur Umgehung des Referendums in der Gesetzgebung mittels des dringlichen Bundesbeschlusses vgl. Reich, Demokratie, S. 128. 83 Zu den Ergebnissen der Wahlen 1872 vgl. Ritzmann-Blickenstorfer, Statistik, S. 1044, zur Aus- einandersetzung zwischen Staat und Kirche um 1870 vgl. Stadler, Kulturkampf, S. 316–336. 84 In den Wahlen 1872 erreichten die Katholisch-Konservativen im Nationalrat 22, im Ständerat 36 Prozent Sitzanteil, siehe Grafik 2. 85 Vgl. Craig, Geschichte, S. 36 f. 86 Vgl. Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die gegenwärtige Lage der Schweiz und die zum Schuze derselben erforderlichen Massregeln, 16. Juli 1870, in: BBl. 22, Bd. III (1870), S. 10. Die politischen beziehungsweise ökonomischen Wirkungen des Kriegs auf die Schweiz werden in Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 9–34, und Jöhr, Volkswirt- schaft, S. 22–73, ausführlich dargestellt. 87 Vgl. Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die gegenwärtige Lage der Schweiz und die zum Schuze derselben erforderlichen Massregeln, 16. Juli 1870, in: BBl. 22, Bd. III (1870), S. 1. 88 Vgl. ebd., S. 2. 89 BB betr. die Aufrechthaltung der Neutralität der Schweiz vom 16. Juli 1870, in: Amtliche Sammlung der Bundesgeseze und Verordnungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 10 (1872), S. 203 f. 90 Vgl. Suter, Notrecht, S. 118. Edgar Bonjour geht in seiner Beurteilung weiter, wenn er dem Bundesrat die «Verfügungsgewalt über Heer und Wirtschaft» attestiert: Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 9. zurückzurück 312 Anmerkungen zu Seiten 40–44

91 Vgl. Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes, in: BBl. 22, Bd. III (1870), S. 221 f. 92 Gemeint waren hiermit die Anwerbung von Freiwilligen, Waffenschmuggel und Propa- ganda, vgl. Suter, Notrecht, S. 113. Der Fall wird von Walther Burckhardt angeführt in BAR, E27#1000/721#12846*, Walther Burckhardt, An das schweizerische Militärdepartement, 4. September 1913, S. 9. Der Krieg führte zu einer Fluchtbewegung von Menschen und Waren aus Frankreich in die Schweiz, die vor allem für die Infrastruktur eine Herausforderung dar- stellte, vgl. Jöhr, Volkswirtschaft, S. 42 f. 93 Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes, in: BBl. 22, Bd. III (1870), S. 221 f. 94 Suter, Notrecht, S. 121; vgl. Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 9 f. und 19 f. 95 Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes, in: BBl. 22, Bd. III (1870), S. 222. 96 Vgl. BBl. 22, Bd. III (1870), S. 6 f. 97 Vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 326 f.; Maier, Leviathan, S. 151 f. 98 Vgl. Ruffieux, Schweiz, S. 56 f. 99 Vgl. für die Schweiz Mattioli, Demokratie, S. 19. 100 Vgl. Ruffieux, Schweiz, S. 58 f. 101 Vgl. ebd., S. 59; zu den Schutzzöllen für die Landwirtschaft Greyerz, Bundesstaat, S. 1081 f. Der Schutz der eigenen Wirtschaft durch Zölle war ein nach der «Grossen Depression» interna- tional auftretendes Phänomen und markierte laut Hobsbawm, Empire, S. 38 f., das Ende einer «long era of economic liberalism». 102 Vgl. Halbeisen/Lechner, Politik, S. 40 f. 103 Vgl. ebd., S. 43 f.; Jung, Escher, S. 412–417. 104 Bericht der ständeräthlichen Kommission über Traktandum Nr. 12, 9. März 1884, in: BBl. 36, Bd. I (1884), S. 477; vgl. Halbeisen/Lechner, Politik, S. 47 f. 105 Für eine Übersicht über die Subventionsbereiche vgl. Halbeisen/Lechner, Politik, S. 44. 106 Jost, Avantgarde, S. 23; vgl. Stadler, Kulturkampf, S. 561–580. 107 Vgl. Guex, Finanzen, S. 1079; HSSO, Tab. U.45 und Q.16a. 108 Die Einnahmequellen des Bundes wurden vor 1874 durch Artikel 39 der Verfassung geregelt, danach durch Artikel 42; vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 24 f. 109 Vgl. Halbeisen/Lechner, Politik, S. 42 und 45 f.; Rey, Finanzausgleich, www.hls-dhs-dss.ch/ textes/d/D13760.php. 110 Schaffner, Demokratie, S. 213. 111 Kreis, Demokratie, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9926.php. 112 König, Politik, S. 27. 113 Vgl. Ruffieux, Schweiz, S. 45 f. 114 König, Politik, S. 24 f. 115 1921 kam dazu noch das Staatsvertragsreferendum, 1949 das resolutive Referendum, 1977 das Referendum zum Beitritt zu supranationalen Organisationen und 2003–2009 die kurzlebige allgemeine Verfassungsinitiative, vgl. dazu Vatter, System, S. 348 f. 116 Vgl. Baumann, Bauernstand, S. 132 f. 117 Zu deren Entwicklung bis ins frühe 21. Jahrhundert vgl. Vatter, System, S. 160–173. Das Trio der Spitzenverbände wurde 1908 noch um den sektorübergreifenden Zentralverband schweize- rischer Arbeitgeberorganisationen erweitert. 118 Zur Integration des SBV in die Bundespolitik vgl. Baumann, Bauernstand, S. 219–225. 119 König, Politik, S. 29; vgl. Degen, Verbände, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16417.php; Neid- hart, Plebiszit, S. 26; Humair et al., Organisations, S. 116 f.; Hürlimann et al., Lobbying, S. 26 f. 120 Vgl. Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, Bericht über Handel und In- dustrie der Schweiz, 1878 ff. 121 Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, Jahresbericht 1877/78, zitiert in Hulftegger, Handels- und Industrie-Verein, S. 85. 122 Bücher, Interessenvertretung, S. 372. Auch Vatter, System, S. 161 f. schätzt den Einfluss des SHIV auf den Bundesrat bereits kurze Zeit nach der Gründung als hoch ein. 123 Die wichtigste Organisation der frühen Arbeiterbewegung war der 1838 in Genf gegründete Grütliverein, der sich programmatisch radikal-demokratisch orientierte und dabei zu den spä- Anmerkungen zu Seiten 44–51 313 zurückzurück

teren Arbeiterorganisationen in Konkurrenz trat, 1901 aber dennoch mit der SPS fusionierte, vgl. Brandt, Grütliverein, S. 457 f. 124 Vgl. König, Politik, S. 28 f. Zur Bildung der Schweizer Arbeiterorganisationen ausführlicher Behrens, Fragen, S. 40–49; zur internationalen Entwicklung Hobsbawm, Empire, S. 112–141. 125 Vgl. Ruffieux, Schweiz, S. 51. 126 Gruner, Parteien, S. 111 f.; vgl. König, Politik, S. 24; Neidhart, Plebiszit, S. 188. 127 Vgl. Eisner, Sprache, S. 62; Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 60; Argast, Staatsbürgerschaft, S. 59. 128 Vgl. Ruffieux, Schweiz, S. 95; Maier, Leviathan, S. 42 f. 129 Maier, Leviathan, S. 165. 130 Vgl. ebd., S. 154 f. 131 Vgl. Hobsbawm, Empire, S. 22 f. und 51; Maier, Leviathan, S. 100 f. 132 Vgl. Hobsbawm, Empire, S. 54. 133 Erich Gruner, zitiert in Ruffieux, Schweiz, S. 58. 134 Vgl. Maier, Leviathan, S. 164 f. 135 Vgl. ebd., S. 170; vgl. Hobsbawm, Empire, S. 180. 136 Maier, Leviathan, S. 171 und vgl. S. 172 f. 137 Ebd., S. 181. 138 Vgl. Vatter, System, S. 95; Moser-Léchot, Freisinnig-Demokratische Partei, www.hls-dhs-dss. ch/textes/d/D17378.php. 139 Vgl. Maier, Leviathan, S. 180. 140 Lincoln, Address, S. 2; vgl. dazu Maier, Leviathan, S. 208, sowie in Bezug auf die Schweiz Schaffner, Demokratie, S. 218. 141 Nullmeier/Wiesner, Policy-Forschung, S. 286. 142 Maier, Leviathan, S. 177. 143 Jost, Avantgarde, S. 11; vgl. König, Politik, S. 24 f. 144 Maier, Leviathan, S. 183 und vgl. S. 208 f.; Hobsbawm, Empire, S. 96 f. 145 Eggenschwyler, Krieg, S. 27 f. 146 Ein frühes Beispiel im rechten Spektrum war die nationalistisch-monarchistische Action française ab 1898, vgl. Nolte, Faschismus, S. 62 f.; Hobsbawm, Empire, S. 159 f. Mit ihr kam auch Gonzague de Reynold in Kontakt, vgl. Mattioli, Demokratie, S. 65. 147 Hobsbawm, Empire, S. 83 und vgl. S. 97. 148 Ruffieux, Schweiz, S. 70. 149 Mattioli, Demokratie, S. 22. 150 König, Politik, S. 28; vgl. Mattioli, Demokratie, S. 17 f.; Hobsbawm, Empire, S. 125 f. 151 Degen, Partei, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17393.php. 152 Vgl. Degen, Arbeiterbewegung, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16479.php; Behrens, Aufbau, S. 77; Jost, Avantgarde, S. 26 f.; Steiner, Militärjustiz, S. 13 f.; Mattioli, Demokratie, S. 19. Zur internationalen Gewerkschaftsbewegung vgl. Maier, Leviathan, S. 212. 153 Behrens, Aufbau, S. 78. Laut König, Politik, S. 29, gab es zwischen 1901 und 1914 insgesamt 30 Militäreinsätze bei Streiks. 154 Zitiert in König, Politik, S. 33; vgl. Mattioli, Demokratie, S. 19 f.; Jost, Avantgarde, S. 78. 155 König, Politik, S. 29 f.; vgl. Hobsbawm, Empire, S. 109 und 134 f., zur internationalen Zu- nahme der Streikhäufigkeit vor dem Ersten Weltkrieg. 156 König, Politik, S. 32 f. 157 Ruffieux, Schweiz, S. 72. 158 Vgl. Jost, Avantgarde, S. 31–45; Schüepp, Diskussion, S. 169–194. 159 König, Politik, S. 26. 160 Vgl. Wecker, Staat, S. 439; Ruffieux, Schweiz, S. 76; Jost, Avantgarde, S. 18 f. 161 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 208. 162 Vgl. Rapold, Bewährung, S. 29. 163 Vgl. König, Politik, S. 32. 164 Vgl. Schnyder, Zivilgesetzbuch, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D30734.php; Kley, Verfassungs- geschichte; S. 256; Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 659 f. 165 Vgl. Tanner, Nationalbank, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D13747.php; Bordo/James, Natio- nalbank, S. 34. zurückzurück 314 Anmerkungen zu Seiten 51–56

166 Vgl. Jost, Avantgarde, S. 18. 167 Schüepp, Diskussion, S. 83. 168 Vgl. Germann, Bundesverwaltung, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10343.php. 169 Vgl. Durrer, Entwicklung, S. 20. 170 Neujahr 1910, in: NZZ, 1. Januar 1910, Erstes Blatt; vgl. Schüepp, Diskussion, S. 83. 171 Burckhardt, Kommentar, S. 731. 172 Fleiner, Fortbildung, S. 410 f. 173 Schüepp, Diskussion, S. 100 f.; vgl. Jost, Avantgarde, S. 23. 174 Zitiert in Schüepp, Diskussion, S. 90. 175 Hilty, Jahresbericht 1909, S. 415. 176 Horace Micheli, Le parlementarisme en Suisse, S. 563, zitiert in Schüepp, Diskussion, S. 98. 177 Hilty, Jahresbericht 1909, S. 415. 178 Paul Usteri, ABB Ständerat 1913, S. 31 f.; vgl. Schüepp, Diskussion, S. 99. 179 BG über die Organisation der Bundesverwaltung, 26. März 1914 (AS 30/292). 180 Vgl. die Schilderung der militärischen Konfrontationen von 1912 bei Hoefliger, Kriegsbereit- schaft, S. 47 f., denen das Potenzial zur Auslösung eines «europäischen Konfliktes» beigemes- sen wurde. Zu Konfliktpotenzial und Krisendynamik seit 1900 vgl. Dülffer, Weg, S. 239 f.; Maier, Leviathan, S. 207. 181 Vgl. Hobsbawm, Empire, S. 9 f. 182 Ruffieux, Schweiz, S. 82, spricht von einem «Bank- oder Börsenimperialismus» beziehungs- weise einem «verdeckten Kolonialismus». 183 Jost, Avantgarde, S. 17; vgl. Ernst/Wigger, Innovation, S. 111 f. Die «crisis of bourgeois libera- lism» nach der Wirtschaftskrise der 1870er-Jahre ist eines der Leitmotive von Hobsbawms Dar- stellung des «Age of Empire», dem letzten Teil seiner Trilogie zum «long nineteenth century», vgl. Hobsbawm, Empire, S. 10, ausführlicher S. 188 f. 184 Vgl. Greyerz, Bundesstaat, S. 1074; Moser-Léchot, Freisinnig-Demokratische Partei, www.hls- dhs-dss.ch/textes/d/D17378.php. 185 Jost, Avantgarde, S. 18. 186 Ebd., S. 20. 187 Vgl. Müller, Sicherheit, S. 166 f.; Jost, Avantgarde, S. 79. 188 Jost, Avantgarde, S. 23; vgl. König, Politik, S. 30 f.; Hobsbawm, Empire, S. 137 und 189. 189 Gruner, Parteien, S. 73. 190 Hobsbawm, Empire, S. 40. 191 Gruner, Wirtschaftspolitik, S. 47; vgl. Hobsbawm, Empire, S. 103. 192 Jost, Avantgarde, S. 25. 193 Ebd., S. 28 f.; vgl. Maier, Leviathan, S. 208 f. 194 Jost, Avantgarde, S. 25. 195 Hilty, Fin de Siècle, S. 12. 196 De Reynold, Besoin de l’ordre, S. 11, zitiert und übersetzt in Jost, Avantgarde, S. 15. 197 Schaffner, Bewegung, S. 1; vgl. Schaffner, Demokratie, S. 222 f.; Tanner, Geschichte, S. 14 f. 198 Vgl. Rappard, Initiative, S. 349 f. 199 Vgl. Schaffner, Bewegung, S. 4; Gross, Volksrechte, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D48664.php zur Rezeption der politischen Schweiz im 20. Jahrhundert. Umfangreiche positive Darstellun- gen der politischen Zustände in der Schweiz vor dem Ersten Weltkrieg stammen beispielsweise von Henry Lloyd (A Sovereign People, 1907), Charles Seignobos (Histoire politique de l’Eu- rope contemporaine, 1908) und John Vincent (Government in Switzerland, 1900). 200 Jaeger, Liberalismus, S. 12. 201 Rappard, Recall, S. 110 und vgl. S. 118–121 für die bibliografischen Angaben der erwähnten Publikationen. 202 Maier, Leviathan, S. 201. 203 Agamben, Ausnahmezustand, S. 14; vgl. Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 341. 204 Carl Friedrich, zitiert in Agamben, Ausnahmezustand, S. 15; vgl. die Zusammenstellung unter BAR, E27#1000/721#8828*, Dietrich Schindler, Der Belagerungszustand, März 1913. 205 Vgl. Schwegmann, Notstand, S. 430 f.; Maier, Leviathan, S. 206; Boldt, Ausnahmezustand, S. 370. Anmerkungen zu Seiten 56–60 315 zurückzurück

206 Vatter, System, S. 262; vgl. dazu auch Reich, Demokratie, S. 127 f. 207 Vgl. Bericht der ständeräthlichen Kommission, betreffend Rechnungen über Truppenaufge- bote, sowie das Kommissariatswesen, in: BBl. 25, Bd. I (1873), S. 277. 208 Suter, Notrecht, S. 126. 209 Ebd., S. 127; vgl. dazu Casanova, Diktatur, S. 135 f. 210 Suter, Notrecht, S. 128. Ähnlich argumentierte Carl Schmitt gegen die Festlegung der Kompe- tenzen der Exekutive im Ausnahmezustand, vgl. Kapitel 1.4. 211 Vgl. Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 1. 212 Zur Biografie Hubers bis zum Ende des Ersten Weltkriegs vgl. Grossi, Huber, www.hls-dhs- dss.ch/textes/d/D15770.php; Thürer, Huber, S. 69–80. Selbstzeugnisse über die Zeit vor und während des Weltkriegs finden sich in Huber, Denkwürdigkeiten, S. 61–99. 213 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Motive zu den Entwürfen von Bestimmungen über den Schutz der militärischen Interessen im Krieg oder Kriegsgefahr, 17. Dezember 1912, S. 3. 214 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Motive zu den Entwürfen von Bestimmungen über den Schutz der militärischen Interessen im Krieg oder Kriegsgefahr, 17. Dezember 1912, S. 1; vgl. Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 4 f. 215 Vgl. Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 5 f. und 13 f. Huber erwähnt ausserdem die «Kriegs- gefahr» während des ersten Balkankriegs 1912 in Huber, Denkwürdigkeiten, S. 61. 216 Vgl. Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 3. 217 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Uebersicht über die Entwürfe von Bundesgesetzen, Bundesbeschlüssen und Bundesrätlichen Verordnungen, März 1913, S. 2 f. Huber bezeichnete diese Variante als Entwurf F. 218 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Uebersicht über die Entwürfe von Bundesgesetzen, Bundesbeschlüssen und Bundesrätlichen Verordnungen, März 1913, S. 4 f.; vgl. Steiner, Militär- gerichtsbarkeit, S. 6 f.; Casanova, Diktatur, S. 140. Huber schwebte nicht direkt eine Vollmach- tenerteilung vor, sondern ein detaillierteres Kriegszustandsgesetz (Entwurf A), das Bundesrat und Militär bestimmte Befugnisse erteilte. 219 BAR, E27#1000/721#12846*, Theophil Sprecher, An das Schweiz. Militärdepartement, 16. Juni 1913; vgl. Sprecher, An das Schweiz. Militärdepartement, 18. Februar 1913, S. 1 f. Zur Person vgl. Sprecher, Sprecher, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D24263.php. 220 BAR, E27#1000/721#12972C*, Theophil Sprecher, Memorial über das Aufgebot & die Mobili- sierung der Armee, August 1911, S. 2; vgl. dazu auch Sprecher, Generalstabschef, S. 305 f. 221 BAR, E27#1000/721#12972C*, Theophil Sprecher, An das Schweiz. Militärdepartement, Sep- tember 1911, S. 1 f.; vgl. Sprecher, Generalstabschef, S. 306 (Hervorhebung im Original). 222 BAR, E27#1000/721#12972C*, Theophil Sprecher, Entwurf B. Bundesbeschluss betr. die Wah- rung der Neutralität und das Aufgebot der Armee, September 1911, S. 2. 223 BAR, E27#1000/721#12972C*, Theophil Sprecher, An das Schweiz. Militärdepartement, Sep- tember 1911, S. 2. 224 Casanova, Diktatur, S. 140. 225 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Uebersicht über die Entwürfe von Bundesgesetzen, Bundesbeschlüssen und Bundesrätlichen Verordnungen, Entwurf E, März 1913. 226 Schollenberger, Bundesverfassung, S. 543; vgl. BAR, E27#1000/721#12846*, Arthur Hoff- mann, An die Generalstabsabteilung, 8. März 1913. 227 BAR, E27#1000/721#12846*, Arthur Hoffmann, An die Generalstabsabteilung, 8. März 1913; vgl. BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Motive zu den Entwürfen von Bestimmungen über den Schutz der militärischen Interessen im Krieg oder Kriegsgefahr, 17. Dezember 1912, S. 11; Casanova, Diktatur, S. 141. 228 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Motive zu den Entwürfen von Bestimmungen über den Schutz der militärischen Interessen im Krieg oder Kriegsgefahr, 17. Dezember 1912, S. 10; vgl. Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 5 f. 229 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Motive zu den Entwürfen von Bestimmungen über den Schutz der militärischen Interessen im Krieg oder Kriegsgefahr, 17. Dezember 1912, S. 9; vgl. Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 6. 230 BAR, E27#1000/721#12846*, Arthur Hoffmann, An die Generalstabsabteilung, 8. März 1913. zurückzurück 316 Anmerkungen zu Seiten 60–65

231 Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 5, erachtet dies als wahrscheinlich. Für Casanova, Diktatur, S. 141, wurzeln Hubers Entwürfe eindeutig im preussischen Belagerungszustand. 232 Vgl. Manasse, Schindler, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D15773.php; Kley, Vollmachtenregime, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10094.php. 233 BAR, E27#1000/721#8828*, Dietrich Schindler, Der Belagerungszustand, März 1913, S. 5 f.; vgl. Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 20. Schindlers Studie ist ebenfalls vorhanden in BAR, E27#1000/721#12846*. 234 BAR, E27#1000/721#8828*, Dietrich Schindler, Der Belagerungszustand, März 1913, S. 71 (Hervorhebung im Original). 235 Ebd., S. 72. 236 BAR, E27#1000/721#12846*, Walther Burckhardt, An das schweizerische Militärdepartement, 4. September 1913, S. 2. 237 Ebd. 238 Ebd., S. 7 f. 239 Ebd., S. 3 (Hervorhebung im Original). 240 BAR, E27#1000/721#8828*, Dietrich Schindler, Der Belagerungszustand, März 1913, S. 75 f. 241 Jost, Avantgarde, S. 27. 242 König, Politik, S. 33 f.; vgl. Mattioli, Demokratie, S. 21 f. im Hinblick auf den «Abwehrreflex» gegen den deutschen Einfluss in der Romandie. 243 König, Politik, S. 29; vgl. Jost, Avantgarde, S. 77 f. 244 Jost, Avantgarde, S. 67 f. 245 Hilty, Jahresbericht 1893, S. 395 f. Vgl. auch die Äusserungen zur «volkserzieherischen» Be- deutung des Militärdiensts in Zurlinden, Symphonie, S. 26. 246 Hilty, Jahresbericht 1907, S. 669. 247 Ausführlicher als an dieser Stelle möglich hat sich Guex, Politique, S. 155–178 mit den finanzi- ellen Kriegsvorbereitungen beschäftigt. Zur militärischen Planung und Kriegsbereitschaft vgl. Sprecher, Generalstabschef, S. 56; Rapold, Bewährung, S. 163 f.; Wille, Eingabe, S. 507 f. 248 Zur Person vgl. Hürlimann, Jöhr, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D46271.php. 249 Für einen Überblick über diese Krisen vgl. Clark, Sleepwalkers, S. 242–292. 250 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 3 und 25. Untersuchungen zur «Kriegsbereitschaft» in den Nachbar- ländern sind bei Frey, Kriegsbereitschaft, S. 143 f., und Jöhr, Volkswirtschaft, S. 241 f., auf- geführt, wobei der Schwerpunkt auf der Finanzierung des kriegführenden Staats liegt. Zur Ori- entierung am Deutsch-Französischen Krieg vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 23. 251 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 51 und zur Steigerung der Lebensmitteleinfuhr S. 47. 252 Ebd., S. 97 und 32. 253 Vgl. ebd., S. 113 f. 254 Vgl. ebd., S. 117. 255 Als Beispiel sei die Option staatlicher Notstandsarbeiten erwähnt, die auch dem «konsequen- testen Manchestermann» als wirksame Massnahme gegen durch den Krieg verursachte Arbeits- losigkeit einleuchten musste, Jöhr, Volkswirtschaft, S. 199. 256 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 82; vgl. zu den spekulativen Gewinnaussichten für Importe und Wert- papiere S. 193 f. 257 Zur Person vgl. Steigmeier, Frey, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D42084.php. 258 Vgl. Frey, Kriegsbereitschaft, S. 165. 259 Erwähnt werden insbesondere Arbeiten der Finanzwissenschaftler Moritz von Stroell und Ja- kob Riesser, vgl. Frey, Kriegsbereitschaft, S. 143 f.; Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. V. 260 Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. III. 261 Jöhr erwähnt den langen Weg zur Schaffung einer Nationalbank, die er als zentrales Element der Kriegsvorbereitung einschätzt, vgl. Jöhr, Volkswirtschaft, S. 38. 262 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 115; ähnlich argumentiert Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. 205. 263 Bei Jöhr unter anderem ein Staatsmonopol für Getreide, bei Hoefliger Auszahlungsmaxima zur Verhinderung von Insolvenzen im Fall eines Bankenruns sowie ein Abrücken von Goldstan- dard und Münzunion. 264 Vgl. Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. 129 f. 265 Frey, Finanzielle Kriegsbereitschaft, S. 146 f. Anmerkungen zu Seiten 65–70 317 zurückzurück

266 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 77. 267 Vgl. Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. 66 f.; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 30. 268 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 35; Cottier, Liberalismus, S. 41 f. 269 Vgl. BP, Kohlenversorgung, 26. September 1913. 270 Vgl. Jöhr, Volkswirtschaft, S. 213. 271 Vgl. ebd., S. 212; Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. 113. Hoefliger schätzt die dem Bund für die Mobilisierung zur Verfügung stehenden Geldmittel bei Kriegsausbruch auf insgesamt 50 Millio- nen Franken. Zu den eigenen Berechnungen der Generalstabsabteilung für 1906 vgl. BP, Vor- bereitung eines finanziellen und wirtschaftlichen Kriegsplanes, 7. September 1909. 272 Vgl. in Bezug auf die Bundesfinanzen das Urteil von Hoefliger, Kriegsbereitschaft, S. 238. Selbstkritisch auch der Bundesrat selbst im 1. Neutralitätsbericht, S. 717. Die Bundesgesetz- gebung schätzte Zürcher, Gesetzgebung, S. 70, dagegen 1914 als auf Notlagen und Krieg gut vorbereitet ein. 273 Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 13. Vgl. zu den wirtschaftlichen Kriegsvorbereitungen Kreis, Insel, S. 24 f., zu den militärischen Massnahmen Fuhrer, Armee, S. 56 f. 274 Vgl. Guex, Politique, S. 162 f. Dieses Vorgehen entsprach den im Ausland getroffenen Vor- bereitungen, vgl. dazu Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 221. 275 BP, Brotversorgung der Schweiz, 25. Oktober 1912. 276 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 24, sowie die massgeblichen Stellungnahmen von Theophil Sprecher beziehungsweise des SMD in BP, Ankauf von Weizen für Rechnung des Bundes, 8. August 1913 und BP, Brotversorgung der Schweiz, 25. Oktober 1912. Zu den Ver- handlungen mit den Nachbarstaaten über eventuelle wirtschaftliche und militärische Zusam- menarbeit vgl. Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 109–131. Die Überlegungen Theophil Sprechers zu Militärbündnissen mit dem Ausland samt Entwurf eines Bündnisvertrags finden sich in Do- dis.ch, Der Chef der Generalstabsabteilung an den Vorsteher des Militärdepartements, 23. Ja- nuar 1907, http://db.dodis.ch/document/43018; vgl. dazu auch Fuhrer, Armee, S. 64. 277 BP, Brotversorgung der Schweiz, 25. Oktober 1912. 278 BP, Vorbereitung eines finanziellen und wirtschaftlichen Kriegsplanes, 15. November 1912. Zu den Ergebnissen der Konferenz am 15. April 1912 und den Beschlüssen des Bundesrats vgl. Guex, Politique, S. 158 f. Vgl. die Vorsorgemassnahmen in Frankreich und Deutschland in Horn, Economic Planning, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10372. 279 BP, Ausgabe von Banknoten, 6. Mai 1913; vgl. Guex, Politique, S. 160. 280 Guex, Politique, S. 160. 281 Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 22 und 47. 282 Horn, Planning, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10372. In diese Richtung geht auch das Ur- teil über die kriegswirtschaftlichen Vorbereitungen des Bundesrats in Böschenstein, Bundesrat, S. 73. 283 Vgl. Cottier, Wirtschaftsliberalismus, S. 187 f.

Kapitel 3

1 BAR, E27#1000/721#12846*, Arthur Hoffmann, An die Generalstabsabteilung, 8. März 1913. 2 Zur Person vgl. Lüdi, Zurlinden, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D14911.php; Stettler, Zurlin- den, S. 21–25. 3 Zurlinden, Symphonie, S. 9. 4 Ebd., S. 18. Zu soldatischen Selbstzeugnissen des Ersten Weltkriegs vgl. Koller, Authentizität, S. 101 f. 5 Zurlinden, Symphonie, S. 25 f. Vgl. dazu auch Kreis, Insel, S. 43. Dem Namen nach verwandt, inhaltlich jedoch diametral entgegengesetzt ist die Ablehnung des Kriegs und seiner Befürwor- ter in Zurlinden, Weltkrieg, Bd. 1, S. 53 f. 6 Zur komplexen Frage der Mentalitäten bei Kriegsausbruch vgl. Ullrich, Kriegsbegeisterung, S. 630 f.; Becker, War, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10656. Zu den ähnlichen Äusserungen Kurt Tucholskys vgl. Hosfeld, Tucholsky, S. 23. zurückzurück 318 Anmerkungen zu Seiten 70–74

7 Zurlinden, Symphonie, S. 27 f. Vgl. dazu auch Hobsbawm, Empire, S. 326, der ähnliche Stim- mungslagen in ganz Europa festhält. 8 Dülffer, Weg, S. 235. Zu den Erklärungsversuchen der lang- und kurzfristigen Ursachen des Ersten Weltkriegs vgl. neben Dülffers Überblicksartikel in der «Enzyklopädie Erster Welt- krieg» Leonhard, Büchse der Pandora, S. 74–82; Münkler, Krieg, S. 40–106; Hobsbawm, Em- pire, S. 302–327; Clark, Sleepwalkers, S. 121–364. 9 Die «Julikrise» ist äusserst detailreich beschrieben in Clark, Sleepwalkers, S. 367–554. 10 Vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 2. August 1914, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 8 f. 11 Zur Person vgl. Jaun, Wille, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D24433.php. Streitbarer Meienberg, Wille, S. 39–58. Verschiedene Aspekte beleuchtet ausserdem der von Hans Rudolf Fuhrer und Paul Meinrad Strässle herausgegebene Sammelband «General Ulrich Wille» (2003). 12 Arthur Hoffmann zugeschriebene Aussage, zitiert in Walther, Aus schweren Tagen, S. 417. Auch laut Laur, Erinnerungen, S. 138, war das Ansehen Willes in Deutschland der für Hoff- mann ausschlaggebende Grund für dessen Begünstigung. 13 Vgl. Sprecher, Generalswahl, S. 170 f. In die Beziehung zwischen Arthur Hoffmann und Ulrich Wille bietet Meienberg, Wille, S. 39, Einblicke. 14 Vgl. Sprecher, Generalswahl, S. 192. 15 Vgl. Entwürfe und Änderungswünsche der Neutralitätskommissionen dazu in BAR, E22#1000/134#810*. 16 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. Massnahmen zum Schutze des Lan- des und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 2. August 1914, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 8 f.; vgl. dazu auch das Protokoll des Bundesrats in BAR, E9#1000/1173#791*, Bundesrat, Massnahmen zum Schutze des Landes, 2. August 1914. 17 Vgl. Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die gegenwärtige Lage der Schweiz und die zum Schuze derselben erforderlichen Massregeln, 16. Juli 1870, in: BBl. 22, Bd. III (1870), S. 1–4; Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 2. August 1914, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 5–8. 18 Der Begriff «unbeschränkte Vollmachten» tauchte laut Werner Suter erstmals in der parlamen- tarischen Debatte um die 1860 aus Anlass des «Savoyerhandels» erteilten Vollmachten auf, vgl. Suter, Notrecht, S. 98. 19 Vgl. BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Uebersicht über die Entwürfe von Bundesgeset- zen, Bundesbeschlüssen und Bundesrätlichen Verordnungen, März 1913, S. 5. 20 BAR, E27#1000/721#8828*, Max Huber, Entwurf A, März 1913, S. 1 f. 21 Vgl. BAR, E27#1000/721#12846*, Arthur Hoffmann, An die Generalstabsabteilung, 8. März 1913. 22 Vgl. BP, Aufgebot der Armee, 31. Juli 1914. Vgl. dazu Fuhrer, Armee, S. 115 f.; zu den Mobi- lisationen im Ausland Thoss, Mobilmachung, S. 725. Die Zahl der mobilisierten Soldaten im Kriegsverlauf findet sich in Wille/Sprecher, Bericht, S. 213 f. 23 Zur Lage, in: NZZ, 4. August 1914, Abendblatt. 24 Dies die Bezeichnung für die Armeereserve der 33- bis 40-Jährigen, vgl. de Weck, Landwehr, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D24622.php. 25 BAR, E1301#1960/51#173, Alfred von Planta, Protokoll über die Verhandlungen des Schwei- zerischen Nationalrates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914; BAR, E1401#1960/58#166*, Johannes Geel, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen Ständerates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. Vgl. dazu Sprecher, Gene- ralswahl, S. 177. 26 Heinrich Walther, Aus schweren Tagen, S. 414–424 gab 1939 seine Erinnerungen an die erste Sitzung der Neutralitätskommission des Nationalrats am Morgen des 3. August 1914 wieder, die allerdings völlig unter dem Eindruck der Generalswahl stand. 27 Hafter, Kriegsstrafrecht, S. 235. 28 Vgl. Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Sommer-Session 1914, S. 1. 29 Vgl. Sprecher, Generalswahl, S. 181 f. Anmerkungen zu Seiten 74–78 319 zurückzurück

30 Vgl. BAR, E1301#1960/51#173, Uebersicht der Verhandlungen der schweizerischen Bundes- versammlung, Fortsetzung der ordentlichen Sommer-Session, 3. August 1914. Die Angaben zur Ernennung durch den Bundesrat stammen von Walther, Aus schweren Tagen, S. 414. Das Protokoll des Nationalrats gibt an, sie seien von seinem Büro «bestellt» worden. 31 Im Nationalrat gehörten der Neutralitätskommission am 3. August 1914 an Carl Spahn (SH, FDP), Achille Borella (TI, FDP), Josef Büeler (SZ, KK), Henri Calame (NE, FDP), Ernest Chuard (VD, FDP), Max de Diesbach (FR, KK), Howard Eugster-Züst (AR, SPS), Henri Fazy (GE, FDP), Alfred Frey (ZH, FDP), Emil Göttisheim (BS, FDP), Herman Greulich (ZH, SPS), Johann Hirter (BE, FDP), Emil Hofmann (TG, DP), Joseph Kuntschen (VS, KK), Eduard Scherrer (SG, FDP), Edouard Secretan (VD, LPS), Johann Suter (AG, FDP), Andrea Vital (GR, FDP), Heinrich Walther (LU, KK), Eduard Will (BE, FDP), Ernst Wyss (BE, LDP). Im Stän- derat Oskar Munzinger (SO, FDP), Heinrich Bolli (SH, FDP), Edmund Dähler (AI, KK), Ste- fano Gabuzzi (TI, FDP), (GE, FDP), Johann Leumann (TG, FDP), Georges Python (FR, KK), Paul Robert (NE, LDP), Heinrich Scherrer (SG, SPS), Adolf von Steiger (BE, FDP), Adrien Thélin (VD, FDP), Josef Winiger (LU, KK), Adalbert Wirz (OW, KK). 32 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 50 f. und 75. 33 Vgl. Zoller, Notverordnung, S. 55. Die Neutralitätskommissionen lassen sich insofern nicht mit den besser dokumentierten «Vollmachtenkommissionen» des Zweiten Weltkriegs vergleichen, die unter anderem eine Einbindung der noch nicht im Bundesrat vertretenen SPS ermöglichten, vgl. Eichenberger, Gewalt, S. 265 f.; Hefti, Rechtsstellung, S. 3. 34 Pestalozzi, Notgesetzgebung, S. 116; vgl. Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 83. 35 Zitiert in Schär, Aussenpolitik, S. 194. 36 Jahrbuch der sozialdemokratischen Partei der Schweiz 1915, zitiert in Arlettaz/Arlettaz, Chambres, S. 115. 37 Neidhart, Politik, S. 25. 38 Es scheinen ausserdem verschiedene Subkommissionen existiert zu haben. Eine «militärische» erwähnt Walther, Aus schweren Tagen, S. 422 f. 39 Vgl. für den 1. Neutralitätsbericht Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Winter-Session 1914, S. 12. 40 Text der Rede Spahns vom Protokoll des Nationalrats abweichend in NZZ, 4. August 1914, Zweites Morgenblatt. 41 Vgl. Walther, Aus schweren Tagen, S. 418; zur Person Meuwly, Secretan, www.hls-dhs-dss.ch/ textes/d/D4365.php. 42 BAR, E1301#1960/51#173, Herman Greulich, Protokoll über die Verhandlungen des Schwei- zerischen Nationalrates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. 43 Zur Person vgl. Widmer, Walther, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D4210.php. 44 Für einen Überblick vgl. Steigmeier, Schulthess, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D3791.php; Böschenstein, Schulthess, S. 322. Zur Biografie während des Ersten Weltkriegs verschafft Bö- schenstein, Bundesrat, S. 75–124 ausführlichere Einblicke. 45 Vgl. Walther, Aus schweren Tagen, S. 416. 46 BB betr. Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität, 3. August 1914 (AS 30/347). 47 BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen National- rates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. Die Parteileitung der SPS hatte diese Zustimmung laut NZZ bereits am 2. August beschlossen, vgl. Eidgenossenschaft, in: NZZ, 3. August 1914, Morgenblatt. 48 Gruner et al., Wahlen, S. 784 f.; vgl. Kreis, Insel, S. 187; Gautschi, Landesstreik, S. 45 f. Zur Haltung der SPS zum Vollmachtenbeschluss vgl. Greter, Militärpolitik, S. 227 f. 49 Walther, Aus schweren Tagen, S. 420; vgl. BAR, E1401#1960/58#166*, Protokoll über die Ver- handlungen des Schweizerischen Ständerates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. 50 Vgl. L’Assemblée fédérale, in: Gazette de Lausanne, 4. August 1914. 51 Vgl. Greter, Militärpolitik, S. 225 f. 52 Zitiert in Högger, Naine, S. 141. 53 Von «diktatorialen Vollmachten» sprach beispielsweise Bundesrat Ludwig Forrer schon an ei- zurückzurück 320 Anmerkungen zu Seiten 78–80

ner Tagung im Mai 1915 in Nauer/Bovet, Kriegszeit-Reden, S. 20; zitiert in Tanner, Geschichte, S. 118. Laut Jaeger, Kriegs-Bestimmungen, S. 3, stand die Schweiz seit 1914 unter einem «dik- tatorischen Regiment». Als «kommissarische Diktatur» bezeichnete Andreas Kley vor kurzem das ähnlich beschaffene Vollmachtenregime des Zweiten Weltkriegs in Kley, Macht, www.nzz. ch/mit-macht-durch-den-krieg-1.18534392. 54 Kley, Vollmachtenregime, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10094.php. Auch nach Marti, Ver- ordnungsrecht, S. 136, bildeten die Noterlasse «eine neue, provisorische (notrechtliche) Ver- fassung». Vgl. ausserdem Giacometti, Vollmachtenregime, S. 11; Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 419; Kley, Prozesse, S. 357. 55 Kley, UBS-Rettung, S. 127; vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 666; Marti, Verordnungsrecht, S. 22. 56 Auch in den Neutralitätskommissionen scheint es keine grundlegenden Debatten über die Voll- machten gegeben zu haben, vgl. Walther, Aus schweren Tagen, S. 417. 57 Michael Hesse, «Alle hätten das stoppen können». Interview mit Christopher Clark, in: NZZ. ch, 7. Mai 2014, www.nzz.ch/feuilleton/alle-haetten-das-stoppen-koennen-1.18296938. 58 Vgl. dazu auch die bis zuletzt in der NZZ geäusserte Hoffnung, die Krise lasse sich diploma- tisch lösen, bei Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 1; Zweifel und Ängste, in: NZZ, 3. August 1914, Mittagblatt. 59 Leonhard, Büchse der Pandora, S. 80 f.; vgl. dazu Hobsbawm, Empire, S. 304 f. 60 Hobsbawm, Empire, S. 326. 61 Lloyd George, Memoirs, S. 32. 62 Dem vehement widersprechend Fischer, Vom Zaun gebrochen, www.zeit.de/1965/36/ vom-zaun-gebrochen-nicht-hineingeschlittert. 63 Zur Bandbreite der Reaktionen auf den Kriegsausbruch vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 129–146. 64 Vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 43 f. 65 Vgl. Greter, Militärpolitik, S. 227. 66 Switzerland Now Invaded by Germans, Basle Seized, in: The New York Times, 3. August 1914. 67 Zurlinden, Symphonie, S. 27; vgl. Paul, Soldat, S. 15. 68 BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen National- rates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. 69 Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 72; vgl. Dejung, Welthandelshaus, S. 117 f. Ähnliche Vorgänge waren im Ausland zu beobachten, vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 130. 70 Vgl. Ruoss, Geldpolitik, S. 34; Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 73 f. Ausführlichere Schilderun- gen der in verschiedenen Bereichen wahrgenommenen «Panik» bei Ruchti, Geschichte, Bd. 2, S. 9–16. Mit der Aufhebung der Verpflichtung der SNB zur Einlösung ihres Vorrats an Edel- metall gegen Banknoten rückte der Bundesrat vom Goldstandard der lateinischen Münzunion ab, vgl. dazu Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 27. 71 BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen National- rates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. 72 Ebd. 73 Vgl. Tanner, Geschichte, S. 118. Kotulla, Verfassungsgeschichte, S. 570, schreibt die fast gleich- zeitig vorgenommene Ermächtigung des deutschen Bundesrats der «irrationalen Kriegsbegeis- terung» zu. 74 Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, in: NZZ, 4. August 1914, Zweites Morgen- blatt. 75 Vgl. Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 221. Strachan, Mobilization, S. 134 f., differenziert die Ein- schätzungen der Kriegsdauer im Hinblick auf die deutsche Planung, die gerade wegen der Ge- fahr eines langen Kriegs auf einen besonders raschen Feldzug ausgelegt war. Wie Horn, Plan- ning, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10372, zeigt, waren Erwartungen eines langen und kostspieligen Kriegs ebenso verbreitet. 76 Vgl. Giacometti, Vollmachtenregime, S. 34; Casanova, Diktatur, S. 165 f.; Rossiter, Dictator- ship, S. 14. 77 Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 143. Anmerkungen zu Seiten 80–84 321 zurückzurück

78 BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen National- rates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. 79 Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 142. 80 Wettstein, Bundespolitik, S. 95; Neidhart, Plebiszit, S. 205. Vgl. Hafter, Kriegsstrafrecht, S. 235; Schumann, Regierungssystem, S. 262. 81 Rossiter, Dictatorship, S. 288. 82 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 23. 83 Walther, Aus schweren Tagen, S. 416. Der Zusammenhang zwischen Neutralität und Vollmach- ten ergab sich auch aus Artikel 85 der Bundesverfassung, die unter Ziffer 6 die «Behauptung der Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz» dem Parlament zur Aufgabe machte. Die genau gleiche Aufgabe fiel gemäss Artikel 102, Ziffer 9 aber auch dem Bundesrat zu. Vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 39 und 44. 84 Exemplarisch die Eröffnungsrede von Nationalratspräsident Planta in NZZ, 3. August 1914, Abendblatt. 85 BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen National- rates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. 86 BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen Natio- nalrates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914; vgl. Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, 4. August 1914, Mittagblatt. Einen ausgesprochenen Mangel an Ver- trauen in die Behörden konstatiert dagegen Lüthi, Brotversorgung, S. 25. 87 Vgl. Walther, Aus schweren Tagen, S. 410 f. und 419. 88 Vatter, System, S. 96. 89 Vgl. hierzu auch die Kritik in Ragaz, Lebensfrage, S. 316 f. 90 Neidhart, Plebiszit, S. 185 und vgl. S. 221. 91 Marti, Verordnungsrecht, S. 23 f. 92 Ebd., S. 23. 93 Zur «streitbaren Presse politischer Gesinnung» vgl. die zeitgenössische Darstellung von Büh- ler, Presse, S. 337. Einen Überblick über den Forschungsstand bieten Clavien/Scherrer, Presse, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10464.php. 94 Vgl. Bundesbeschluss, in: Berner Intelligenzblatt, 5. August 1914; Eidgenossenschaft, in: Lenz- burger Zeitung, 5. August 1914. 95 Die Beschlüsse der Bundesversammlung, in: NZZ, 4. August 1914, Abendblatt. 96 Confiance!, in: Journal de Genève, 5. August 1914. 97 L’Assemblée fédérale, in: Gazette de Lausanne, 4. August 1914, S. Ausführlich auch die Be- richterstattung in der NZZ: Eidgenossenschaft, 3. August 1914, Morgenblatt; Zum Schutze des Landes, 3. August 1914, Mittagblatt; Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, 3. Au- gust 1914, Abendblatt; Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, 4. August 1914, Ers- tes Morgenblatt; Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, 4. August 1914, Zweites Morgenblatt; Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, 4. August 1914, Mittagblatt. 98 Berner Tagwacht, 8. August 1914, zitiert in Erb, Vorgeschichte, S. 355. 99 Vgl. BAR, E27#1000/721#12846*, Arthur Hoffmann, An die Generalstabsabteilung, 8. März 1913. 100 Vgl. Agamben, Ausnahmezustand, S. 14. Literatur, welche die verschiedenen Ausnahme gesetze vergleicht und überblicksmässig darstellt, ist selten. Neben Herbert Tingstens Buch sowie Schmitt, Überblick, S. 252, bietet Caglioti, Rights, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10361, ei- nen Überblick über aufgrund der Ermächtigungen erlassene Sonderregeln für den Besitz ver- feindeter Staaten im Kontext des Wirtschaftskriegs. 101 Vgl. Schudnagies, Kriegs- oder Belagerungszustand, S. 19; Huber, Verfassungsgeschichte, S. 39–49; Deist, Militär, S. 117–126. 102 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 40; vgl. Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 344; Lüdtke/Wildt, Staats-Gewalt, S. 14 f.; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 207 f. 103 Kotulla, Verfassungsgeschichte, S. 571; vgl. Stolleis, Geschichte, S. 59; Schmitt, Überblick, S. 261; Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 287 f. 104 Leonhard, Büchse der Pandora, S. 206. 105 Huber, Verfassungsgeschichte, S. 62. zurückzurück 322 Anmerkungen zu Seiten 85–88

106 Ebd., S. 64. 107 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 40. 108 Ebd., S. 47. 109 Janz, Krieg, S. 264. 110 Zitiert in Luxemburg, Krise, S. 15. Zum Zusammenhang von «Burgfrieden» und Ermächtigun- gen vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 39 f., und Verhey, Burgfrieden, S. 401 f., mit weiteren Literaturangaben. 111 Walther, Aus schweren Tagen, S. 415. 112 Ausführlich hierzu Becker, Frankreich, S. 31 f. 113 Ebd., S. 33; vgl. Bulletin des lois de la République française, Décret portant déclaration de mise en état de siège de l’ensemble du territoire, 2. August 1914, S. 2248 f. 114 Vgl. Kruse, Systementwicklung, S. 61. 115 Vgl. Renouvin, Gouvernement, S. 96. 116 Zur Debatte, ob diese Beschreibung zutreffend ist, vgl. Cochet, Débuts, http://rha.revues. org/1223. 117 Kruse, Weltkrieg, S. 32. 118 Vgl. Renouvin, Gouvernement, S. 92 f. 119 Laut Kruse, Systementwicklung, S. 65, und Leonhard, Büchse der Pandora, S. 213. Hutcheson, DORA, S. 341, und Fairlie, Administration, S. 122, geben den 8. August als Beschlussdatum an. 120 Winter, Grossbritannien, S. 57; vgl. Maier, Leviathan, S. 204 f.; Hirst, Consequences, S. 104. 121 Vgl. das Verzeichnis aller bis am 31. August 1918 erlassenen «Acts, Regulations, Orders, and Notes» in Cook, Manual, S. 557–664, wo auch der gesamte Regulierungskatalog von DORA auffindbar ist. 122 Hutcheson, DORA, S. 341. Grundlegend für die Ausdehnung war der «Defence of the Realm Consolidation Act» vom 27. November 1914. Vgl. dazu Baty/Morgan, War, S. 101 f. Unter BAR, E2200.40-05#VIII.A, findet sich eine von der Schweizer Gesandtschaft in London an- gelegte Sammlung von Kriegserlassen der britischen Regierung. 123 Zu Ausnahmegesetzen für Angehörige verfeindeter Staaten und deren Internierung vgl. Stibbe, Aliens, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10037. 124 Vgl. Kruse, Systementwicklung, S. 68. 125 Für Kanada («War Measures Act») vgl. Henderson/Wakeham, Canada, S. 394 f.; für Öster- reich-Ungarn (Notverordnungsregime und Ausnahmezustand bereits vor Kriegsausbruch, Ermächtigungsverordnung): Cornwall, Austria-Hungary, S. 373; Rauchensteiner, Habsbur- germonarchie, S. 41; für Australien («War Precautions Act»): D’Egville, Empire, S. 51 f.; Trem- bath, Press/Journalism, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10622; für die USA («Food and Fuel Control Act»): Kennedy, Over Here, S. 123 f.; Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 165; für Italien (Ge- setz vom 22. Mai 1915): Jèze, Exécutif, S. 40 f.; Gibelli, Italy, S. 468; für Dänemark (Ermächti- gung der Regierung): Sørensen, Denmark, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10276; für Russ- land (Kriegszustand): Hagen, War, S. 97 f.; Domrin, Democratisation, S. 76. Zur allgemeinen Orientierung über die Stellung der Parlamente im Weltkrieg eignet sich Dittmar Dahlmanns Artikel «Parliaments» in der «Cambridge History of the First World War» (2014). 126 Die Unterschiede zwischen den kriegsbedingten Ermächtigungen betont Segesser, Victims, http://boris.unibe.ch/64274/. 127 Vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 205 f.; Hobsbawm, Empire, S. 108 und 325 f. 128 Huber, Verfassungsgeschichte, S. 63; vgl. Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 335. 129 Beispielsweise konnte der deutsche Reichstag die Erlasse des Bundesrats «auf sein Verlangen» hin aufheben und die Ermächtigung erstreckte sich explizit nur auf Kriegswirtschaftsrecht, Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 43. 130 Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 103; davon ausgehend kommt Agamben, Ausnahmezustand, S. 24, zum selben Urteil. 131 Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 143, stützt sich hierbei auf die Einschätzung von Renouvin, Crise, S. 224. Vgl. ausserdem Marti, Verordnungsrecht, S. 22 f.; Tanner, Geschichte, S. 118; Neidhart, Plebiszit, S. 205 f.; Schumann, Regierungssystem, S. 178. 132 BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen National- rates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914; Walther, Aus schweren Tagen, Anmerkungen zu Seiten 88–93 323 zurückzurück

S. 418. Zu Personal und Struktur des schweizerischen Armeekommandos im Ersten Weltkrieg vgl. Schweizerische Armee, Ordre, S. 3–5. 133 Stämpfli, General, S. 419; vgl. Böschenstein, Schulthess, S. 77. 134 Stämpfli, General, S. 420. 135 Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 220. 136 Ernst, Ordnung, S. 110. Die Militärorganisation 1907 findet sich in BBl. 59, Bd. II (1907), S. 1013–1075, massgeblich für den Oberbefehl sind die Artikel 204–211. 137 Instruktion für den General vom 4. August 1914, zitiert in Kurz, Dokumente, S. 32. 138 Tagebuch von Else Spiller, zitiert in Mesmer, Staatsbürgerinnen, S. 4; vgl. dazu auch Wille/Spre- cher, Bericht, S. 526; VonderMühll, Organisation, S. 142; Rapold, Bewährung, S. 193 f.; Ernst, Ordnung, S. 105 f. 139 Vgl. Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 168; Stämpfli, General, S. 421 f.; Stämpfli, Grenzbesetzung, S. 376. Einblicke ins Selbstverständnis Ulrich Willes als General gibt ausserdem Helbling, Wille, S. 218 f. 140 Wille/Sprecher, Bericht, S. 526. 141 Jaeger, Kriegs-Bestimmungen, S. 3. 142 Ebd., S. 3 f. 143 Vgl. Volmar, Notgesetze; Baer, Kriegs-Verordnungen, Bde. 1–4; Schätti, Bundesratsbeschlüsse; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 805–1066; AS 30–35 (1914–1919); Neutralitätsberichte 1–12; BAR, E22#1000/134#814*, Noterlasse des Bundesrates und seiner Departemente, Sep- tember 1918; BAR, E4321A#1990/271#39*, Liste II der Noterlasse, 1947. 144 Verschiedene kantonale Regierungen hatten nach Kriegsausbruch von den jeweiligen Parla- menten ebenfalls «Vollmachten»/«pleins pouvoirs» erhalten. Der Conseil d’Etat des Kantons Waadt beispielsweise am 24. August 1914, «pour agir au mieux des intérêts généraux du pays, pour prendre les mesures que comporteront les circonstances, ainsi que pour édicter les sanc- tions et pénalités propres», Canton de , in: Gazette de Lausanne, 25. August 1914. 145 Volmar, Notgesetze, S. III. 146 Sammlungen wie die von Fritz Baer wurden auch für andere Länder erstellt. Für Deutschland vgl. Waldschütz, Kriegs-Notgesetze Heft 47/48, S. I, für Grossbritannien Cook, Manual, S. IV. 147 Baer, Kriegs-Verordnungen, Bd. 1, S. III f. Die in der AS publizierten Noterlasse wurden aus- serdem in der «Zeitschrift für schweizerisches Recht» seit 1914 fortlaufend aufgeführt und teil- weise kommentiert, vgl. für dieses Jahr Heusler, Rechtsgesetzgebung 1914, S. 349–357. 148 Vgl. BAR, E22#1000/134#814*, Noterlasse des Bundesrates und seiner Departemente, Septem- ber 1918. 149 Zu den verwendeten Quellen siehe S. 323 Anm. 143. 150 Für eine Analyse über den ganzen Untersuchungszeitraum vgl. Kapitel 6.4. 151 Baer, Kriegs-Verordnungen, Bd. 1, S. IV. 152 Vgl. Burckhard, Bundesrecht, Bd. 2, S. 803–1066. 153 Die einzelnen Nummern der AS erschienen unter dem Titel «Eidgenössische» beziehungsweise «Schweizerische Gesetzsammlung» zwischen 52- (1915) und 80-mal (1918) jährlich. 154 Marti, Verordnungsrecht, S. 66; vgl. Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 411. 155 Hafter, Kriegsstrafrecht, S. 235. 156 Eine Ausnahme bestand beispielsweise im K betr. «die zeitweilige Zulassung von Ausnahmen zum Fabrikgesetz» vom 11. August 1914, das die Vorschriften in Bezug auf Arbeitszeiten und Mindestalter angesichts des Mangels an Arbeitskräften nach der Mobilmachung lockerte, vgl. BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 37 f. Zur begrifflichen Abgrenzung der verschiedenen Erlasstypen aus rechtlicher Sicht vgl. Marti, Verordnungsrecht, S. 97, der sich ausführlich mit der Rechtset- zung durch den Bundesrat auseinandersetzt. 157 Baer, Kriegs-Verordnungen, Bd. 2, S. I. 158 Ebd., S. III. 159 Von den insgesamt 1612 Noterlassen des Vollmachtenregimes wurden 1242 (77 Prozent) in der AS, 132 (8 Prozent) im «Bundesblatt» und 57 (4 Prozent) im «Handelsamtsblatt» publiziert. 181 Erlasse wurden also nicht veröffentlicht, sondern nur erwähnt. 160 Die Zuordnung eines Noterlasses zu einem Departement wurde aufgrund der Herkunft des Antrags und eines allenfalls vorhandenen Umsetzungsauftrags vorgenommen. Wo eine Kate- zurückzurück 324 Anmerkungen zu Seiten 94–95

gorisierung nicht eindeutig möglich war, gaben inhaltliche Faktoren und der Vergleich mit ähn- lichen Erlassen den Ausschlag. 161 Bis Ende 1914 noch unter dem Namen «Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdeparte- ment». 162 Vgl. BRB betr. die Ausgabe von 20-Franken-Banknoten und den gesetzlichen Kurs der Bank- noten der schweizerischen Nationalbank, 30. Juli 1914 (AS 30/333). Bei den in der «Amtlichen Sammlung», im «Handelsamtsblatt» und im «Bundesblatt» veröffentlichten Noterlassen wird die Quellenangabe im Folgenden nach diesem Schema vorgenommen: Erlasstitel, Datum, Pu- blikation (AS, BBl. oder SHAB), Jahrgang und/oder Bandnummer sowie Seitenzahl. Der Voll- machtenbeschluss wird dadurch beispielsweise so zitiert: BRB betr. Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität, 3. August 1914 (AS 30/347). 163 Vgl. BRB über die Pikettstellung der Armee, der Pferde und Maultiere und betr. das Verbot der Ausfuhr von Pferden, Maultieren, Motorfahrzeugen, Getreide etc., 31. Juli 1914 (AS 30/335); BRB betr. das Verbot der Ausfuhr von Lebensmitteln und Futtermitteln, sowie Gross- und Kleinvieh, 2. August 1914 (AS 30/345). 164 Vgl. BRB über die Mobilmachung der Armee, 1. August 1914 (AS 30/339); weitere Erlasse in BAR, E9#1000/1173#791*, Mobilmachung 1914, August 1914. Zum Druck neuer Banknoten vgl. ausserdem Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 72. 165 Vgl. Geering, Handel, S. 14 f.; Stucki, Aussenhandelspolitik, S. 126; Studer, Staat, S. 19; für ei- nen Überblick Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 830–840. 166 Vgl. für Deutschland Skalweit, Kriegsernährungswirtschaft, S. 65; Roth, Staat, S. 42; für Öster- reich-Ungarn Riedl, Industrie, S. 23 f. 167 Vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 29; Rossfeld, Anmerkungen, S. 146; Zürcher, Verordnun- gen, S. 256. Zum Beispiel der Milchproduktion vgl. Scheurmann, Milchversorgung, S. 22. 168 Huber, Denkwürdigkeiten, S. 62. 169 Vgl. BAR, E27#1000/721#12846*, Max Huber, An die Generalstabsabteilung, 29. Juli 1914; BAR, E27#1000/721#12846*, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Verordnung betr. den Kriegszustand, 3. August 1914. 170 Vgl. BRB betr. die Bewilligung von Respekttagen für Wechsel, 3. August 1914 (AS 30/350); Sie- veking, Kriegswirtschaft, S. 72 f. Laut Bundesrat Motta begegnete die Massnahme «bloss» dem durch die Mobilisation entstandenen Mangel an Notaren, vgl. BAR, E9#1000/1173#791*, Hans Blau, Protokoll über die Verhandlungen, 5. August 1914. Ebenso Geschäftsbericht 1914, S. 45. 171 Vgl. die erwähnten Gesuche in Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 986 f.; BAR, E9#1000/1173#791*, Aargauische Handelskammer, An das Hohe Eidgenössische Finanz- departement, 6. August 1914; BP, Moratorium, 5. August 1914. 172 Nachimson, Wirtschaftslage, S. 7. Zur Situation bei Kriegsausbruch vgl. Straumann, Econo- mies, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10701; Geering, Handel, S. 3 f.; Tanner, Geschichte, S. 135 f. 173 Vgl. BRB betr. Gewährung eines Rechtsstillstandes, 5. August 1914 (AS 30/358); BRB betr. Verlängerung des gewährten Rechtsstillstandes, 21. August 1914 (AS 30/398). 174 Vgl. BAR, E1301#1960/51#173, Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen Natio- nalrates, Fortsetzung der Sommer-Session 1914, 3. August 1914. 175 Vgl. die vonseiten der Verbände gestellten Fragen zum Rechtsstillstand in BAR, E9#1000/1173#791*, Hans Blau, Protokoll über die Verhandlungen, 5. August 1914. 176 BAR, E9#1000/1173#791*, Fritz Huguenin, Au Chef du Département fédéral de justice et po- lice, 18. August 1914; vom «Wucher der Banken» durch hohe Zinsen ist die Rede in BAR, E9#1000/1173#791*, Verband schweiz. Seidenstoff-Fabrikanten, An das tit. Schweiz. Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement, 14. August 1914, S. 3. 177 K des Schweizerischen Bundesgerichtes an die kantonalen Aufsichtsbehörden für Schuldbetrei- bung und Konkurs zuhanden der Betreibungsämter, Konkursbeamten und Konkursgerichte betr. die Wirkungen des Rechtsstillstandes, 10. August 1914 (BBl. 1914/IV/44). 178 1. Neutralitätsbericht, S. 737; vgl. dazu auch Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 993 f.; aus so- zialdemokratischer Sicht die Kritik von Pflüger, Massnahmen, S. 32 f. 179 Vgl. VO betr. Ergänzung und Abänderung des BG über Schuldbetreibung und Konkurs für die Zeit der Kriegswirren, 28. September 1914 (AS 30/495); Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 994. Anmerkungen zu Seiten 95–98 325 zurückzurück

180 Vgl. BRB betr. die Ausweisung von Mietern, 26. August 1914 (AS 30/413); BRB betr. Ergän- zung von Abschnitt II des BG vom 24. Juni 1874 über die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft, 27. November 1914 (AS 30/586); VO betr. Schutz der Hotelindustrie gegen Folgen des Krieges, 2. November 1915 (AS 31/361). 181 Vgl. Rucki, Hotel, S. 196; Reichen, Gastgewerbe, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D14071.php. 182 Jaeger, Kommentar, S. 104; vgl. Zoller, Notverordnung, S. 33. Massgeblich ist Artikel 31 in Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 16. Zur Krise der Hotellerie im Krieg vgl. Kreis, Insel, S. 28 f. 183 BAR, E4110A#1000/1801#18*, Oskar Hauser, An das Schweizerische Justiz-Departement, 30. März 1915; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 177. 184 BAR, E9#1000/1173#791*, Schweizer Hotelier-Verein, An den h. schweizerischen Bundesrat, 14. September 1914; BAR, E4110A#1000/1801#18*, Oskar Hauser, An das Schweizerische Jus- tiz-Departement, 30. März 1915; vgl. im selben Dossier Felix Calonder, Bericht zur Verlänge- rung der Betreibungsstundung, 22. März 1915; BRB betr. Befristung der allgemeinen Betrei- bungsstundung, 30. März 1915 (AS 31/92). 185 Vgl. BAR, E9#1000/1173#791*, Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Ver- eins, An das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, 30. Oktober 1914; vgl. BRB betr. Schutz des in der Schweiz domizilierten Schuldners, 4. Dezember 1914 (AS 30/595). 186 Vgl. das Schreiben der «Schweizerischen Liga für die Verbilligung der Lebenshaltung» in BAR, E27#1000/721#12931*, Jacob Lorenz, An den Schweizerischen Bundesrat, 5. August 1914; K des schweizerischen Justiz- und Polizeidepartements an sämtliche Kantonsregierungen betr. die VO gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und anderen unentbehrlichen Bedarfs- gegenständen, 10. August 1914 (BBl. 1914/IV/40). 187 Vgl. VO gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfs- gegenständen, 10. August 1914 (AS 30/376); K des schweizerischen Justiz- und Polizeideparte- ments an sämtliche Kantonsregierungen betr. die VO gegen die Verteuerung von Nahrungsmit- teln und anderen unentbehrlichen Bedarfsgegenständen, 10. August 1914 (BBl. 1914/IV/40); Zürcher, Verordnungen, S. 259. 188 Vgl. Kaiserliche Verordnung vom 1. August 1914, mit welcher für die Dauer der durch den Kriegszustand verursachten ausserordentlichen Verhältnisse Bestimmungen über die Versor- gung der Bevölkerung mit unentbehrlichen Bedarfsgegenständen getroffen werden, in: Reichs- gesetzblatt (1914), S. 909; Riedl, Industrie, S. 45 f. 189 BAR, E27#1000/721#12931*, Eduard Müller, Das Justiz- und Polizei-Departement an den schweizerischen Bundesrat, 8. August 1914. 190 BAR, E1301#1960/51#176*, Arthur Hoffmann, Protokoll der 5. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 9. März 1916; vgl. Böschenstein, Bundesrat, S. 72. Der Kanton Genf beispiels- weise hatte bereits am 3. August 1914 erste Preisvorschriften erlassen, vgl. Au Conseil d’Etat, in: Le Genevois, 7. August 1914, S. 1; vgl. BAR, E27#1000/721#12931*, Département de Justice et Police, Au Département fédéral de justice et police, 21. August 1914. 191 Vgl. BAR, E27#1000/721#12931*, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Antworten der Kantone auf Kreisschreiben vom 10. August 1914, 1914. 192 Vgl. die in BAR, E27#1000/721#12931* abgehefteten Artikel aus der NZZ, dem «Journal de Genève» oder dem Berner «Bund», die im selben Dossier vorhandenen kantonalen Erlasse so- wie Senglet, Preispolitik, S. 82; Pflüger, Massnahmen, S. 34 f. Volmar, Notgesetze, S. 135–160, verzeichnet für August bis November 1914 23 kantonale Erlasse zu «Warenverkehr und Le- bensmittelvorsorge». 193 Schweizerisches Landwirtschaftsdepartement, Rundschreiben, S. 627. 194 VO betr. behördliche Ermittlung der Warenbestände, 27. August 1915 (AS 31/314). 195 Vgl. BRB betr. die Beschlagnahme von Lebensmittelvorräten, 18. Februar 1916 (AS 32/52). 196 Vgl. BRB betr. die Beschlagnahme von Waren, 21. März 1916 (AS 32/93); BP, Beschlagnahme von Waren, 21. März 1916; Burckhardt, Bundesrecht 2, S. 888 f. 197 Herren/Zala, Experten, S. 101. 198 Laur, Mitarbeit, S. 257. zurückzurück 326 Anmerkungen zu Seiten 98–100

199 Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten, zitiert in Scheurmann, Milchversorgung, S. 20; vgl. 3. Neutralitätsbericht, S. 609 f. 200 Vgl. Aus den Verhandlungen des Bundesrates, 27. Juli 1915 (BBl. 1915/III/66); Moser, Über- gangszeit, S. 175; Baumann, Bauernstand, S. 291 f.; Brodbeck, Experiment, S. 5. Beschreibung der Vorgänge durch Ernst Laur selbst in Laur, Erinnerungen, S. 139 f. Zur Debatte um den Milchpreis während des Ersten Weltkriegs vgl. Burkhard, Milchpreisteuerung, S. 91. 201 Vgl. Kruizinga/Moeyes/Klinkert, Netherlands, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10432; Scheurmann, Milchversorgung, S. 26. Zur Exportpolitik der Niederlande vgl. Frey, Nieder- lande, S. 156 f. 202 Brodbeck, Experiment, S. 34. Die Vereinbarung der Konferenz findet sich in Lustenberger, Or- ganisation, S. 8–10, wo auch die Tätigkeit der GSK aus zeitgenössischer Sicht beschrieben wird. 203 BRB über die Sicherung der Milchversorgung des Landes, 9. November 1915 (AS 31/377). 204 Vgl. BRB betr. Verkauf von Butter und Käse, 27. November 1915 (AS 31/414). 205 Vgl. BRB betr. den Handel mit Milch und Käse, 25. Januar 1916 (AS 32/7). 206 Vgl. BRB betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. März 1916 (AS 32/97); V des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements betr. den Ankauf und Verkauf von Milch durch Organisationen, die Verpflichtungen für die Milchversorgung des Landes übernommen haben, 31. März 1916 (AS 32/133); 2. Neutralitätsbericht, S. 126; Kreis, Insel, S. 167; Scheurmann, Milchversorgung, S. 25 f. 207 Neidhart, Plebiszit, S. 215. 208 Gemäss eigenen Aussagen in Laur, Mitarbeit, S. 257 f.; Laur, Erinnerungen, S. 138 und 140 f. Aus Sicht der Forschung in Neidhart, Plebiszit, S. 214; Herren/Zala, Experten, S. 101 f.; Bau- mann, Bauernstand, S. 132 f. und 284 f. Zur Freundschaft mit Edmund Schulthess vgl. Laur, Er- innerungen, S. 119 und 144. Für den Hinweis auf die Doppelfunktion Laurs danke ich Dorothe Zimmermann. 209 Laur, Erinnerungen, S. 137; vgl. Moser, Übergangszeit, S. 175. 210 Vgl. Cottier, Staatsintervention, S. 44 f. Das handgeschriebene Dokument befindet sich in BAR, E27#1000/721#12934*, Ernst Laur, Wirtschaftlicher Mobilmachungsplan, 17. August 1914. Vgl. ausserdem Lüthi, Brotversorgung, S. 19–23, wo die Einzelheiten des Plans ausführ- licher dargestellt sind. 211 Vgl. Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 46. Zum Aufbau der «Kriegsrohstoffabteilung» und zur Person vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 219 f.; Reinhardt, Eisenhandel, S. 58 f.; Craig, Geschichte, S. 310; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 49 f.; Leucht, Wirtschaftsgeneral, S. 58; Roth, Staat, S. 53 f.; Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 28 f. 212 Laur, Erinnerungen, S. 138. 213 Zitiert in Böschenstein, Bundesrat, S. 71. 214 BAR, E27#1000/721#12934*, Ernst Laur, Wirtschaftlicher Mobilmachungsplan, 17. August 1914, S. 2; vgl. die Ausführungen zur Umstellung von Industrie und Landwirtschaft auf Selbst- versorgung, S. 12 f. 215 BAR, E27#1000/721#12934*, Ernst Laur, Wirtschaftlicher Mobilmachungsplan, 17. August 1914, S. 13. Zum modernen Antimodernismus Laurs vgl. Baumann, Ernst Laur, S. 262 f. 216 Laur, Erinnerungen, S. 141. 217 Ebd., S. 144. Zu Konflikten zwischen Laur und Schulthess vgl. Böschenstein, Schulthess, S. 323, und Böschenstein, Bundesrat, S. 71. 218 Vgl. BRB über die Sicherung der Brotversorgung des Landes, 27. August 1914 (AS 30/417); AB zu den BRB vom 27. August und 8. September 1914 betr. die Sicherung der Brotversorgung und den Verkauf von Getreide, 1. Dezember 1914 (AS 30/593); Lüthi, Brotversorgung, S. 25 f. 219 BRB über die Sicherung der Brotversorgung des Landes, 27. August 1914 (AS 30/417); vgl. V des schweizerischen Militärdepartements betr. Herstellung und Verkauf von Mastmehl (Aus- mahleten) und Weizenkleie, 8. März 1915 (AS 31/71); V des schweizerischen Militärdeparte- ments betr. die Verwendung von Weissmehl zu Backzwecken, 1. September 1915 (AS 31/317). 220 Vgl. BRB über die Sicherung der Brotversorgung des Landes, 13. Dezember 1915 (AS 31/435); V des schweizerischen Militärdepartements über die Abgabe von Weissmehl und Griess zu be- sondern Zwecken, 1. April 1916 (AS 32/137); V des schweizerischen Militärdepartements betr. die Beschlagnahme von Weissmehl und Gries in den Mühlen, 15. Dezember 1915 (AS 31/437). Anmerkungen zu Seiten 100–102 327 zurückzurück

221 Vgl. Steiner, Krieg, S. 22. 222 BAR, E2001B#1000/1501#43*, Bindschedler/Kesselring, Bericht über die Geschäfte des Ge- treidebureau, 30. Juni 1915; vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 68 f. 223 Vgl. BRB über den Ankauf von inländischem Getreide, 8. September 1914 (AS 30/467); BRB über den Verkauf von Getreide, 8. September 1914 (BRB: AS 30/469); K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. den Ankauf von Inlandgetreide und den Verkauf des auf- gespeicherten Getreides, 8. September 1914 (BBl. 1914/IV/99); Käppeli, Lebensmittelversor- gung, S. 232; Egli, Getreideversorgung, S. 175 f. 224 Vgl. BP, Getreideversorgung, 4. August 1914. 225 Vgl. BRB über die Einfuhr von Getreide, Mehl und Futtermitteln durch den Bund, 9. Januar 1915 (AS 31/13); Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 70 f.; 1. Neutralitätsbericht, S. 718. 226 Jöhr, Volkswirtschaft, S. 132, berechnet für 1911 76 Prozent Anteil des Imports am Inlandver- brauch; Laur, Wehrkraft, S. 12, schätzt 1915 einen Durchschnittswert von 84 Prozent; Bank- verein, Rückschau, S. 13, bei Kriegsausbruch 86 Prozent. Bei diesen Zahlen muss allerdings be- dacht werden, dass sie im Zuge einer bereits vor dem Weltkrieg geführten politischen Debatte um Selbstversorgung, Lebensmittelpreise und die Stellung der Bauern in der Gesellschaft ent- standen und die Herkunft der zugrunde liegenden Daten nicht immer deutlich gemacht wird. Vgl. dazu Aeby, Missernte, S. 32 f. 227 Vgl. BRB über den Verkauf von Getreide, 8. September 1914 (BRB: AS 30/469). 228 Vgl. K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. den Ankauf von Inlandgetreide und den Verkauf des aufgespeicherten Getreides, 8. September 1914 (BBl. 1914/IV/99); BP, Achat et vente de céréales, 8. September 1914; Lüthi, Brotversorgung, S. 27. Zur Debatte um das Getreidemonopol vor dem Krieg vgl. Kreis, Insel, S. 25. 229 Vgl. die Arbeit von Katharina Lüthi zur Brotversorgung im Ersten Weltkrieg (1997), zum Im- portmonopol insbesondere S. 25 f. 230 2. Neutralitätsbericht, S. 125. 231 Vgl. BRB über das Schlachten von Kälbern, 8. August 1914 (AS 30/375); zur Massnahme in Deutschland Rittler, Teuerung und Kriegswucher, S. 348. 232 Vgl. BRB über das Schlachten von Kälbern, 27. November 1914 (AS 30/583); 3. Neutralitäts- bericht, S. 628. 233 Vgl. BRB über das Schlachten von Kälbern, 19. Februar 1915 (AS 31/53); Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 111. 234 Vgl. 3. Neutralitätsbericht, S. 629. Das Büro für Schlachtviehimport wurde im Mai 1917 von der Eidgenössischen Anstalt für Schlachtviehversorgung abgelöst, vgl. dazu Errichtung einer eidgenössischen Anstalt für Schlachtviehversorgung, 18. Mai 1917 (AS 33/277). 235 BP, Vieheinfuhr, 4. Mai 1915; vgl. Geschäftsbericht 1915, S. 533. In den amtlichen Quellen ist der Beschluss fälschlich auf den 14. Mai datiert. 236 Zum Import von Kartoffeln vgl. BP, Einfuhr von Kartoffeln, 9. Oktober 1915; 3. Neutralitäts- bericht, S. 622. Zu Pferden vgl. BP, Pferde-Import aus dem Auslande, 23. Juni 1915. 237 Vgl. BRB über die Einfuhr von Reis und von Mahlprodukten aus Reis durch den Bund, 2. Ok- tober 1915 (AS 31/333); BRB über die Einfuhr und den Handel mit Zucker, 8. Februar 1916 (AS 32/15); BRB betr. die Einfuhr von Petroleum und Benzin, 12. Februar 1916 (AS 32/34). Der letzte Erlass enthielt zwar kein explizites Importmonopol des Bundes, wirkte sich aber durch die Bedingung einer Importbewilligung des EVD so aus, vgl. 3. Neutralitätsbericht, S. 604. 238 Höchstpreise für Monopolwaren wurden erstmals festgesetzt in V des schweizerischen Mili- tärdepartements betr. die Höchstpreise von Teigwaren und Hartweizengries, 18. Juni 1915 (AS 31/279); BRB über den Verkauf von Zucker, 27. November 1915 (AS 31/418); V des schweize- rischen Militärdepartements betr. den Verkauf von Getreide und Mahlprodukten, 19. Februar 1916 (AS 32/55); BRB über die Höchstpreise für Reis, 26. Februar 1916 (AS 32/63). 239 Vgl. Tanner, Alkoholfrage, S. 157 f.; Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 11 f. 240 BRB betr. die Beschaffung und den Vertrieb monopolisierter gebrannter Wasser, 27. August 1914 (AS 30/415). 241 BRB über die Sicherung der Lederversorgung des Landes und die Festsetzung von Höchstprei- zurückzurück 328 Anmerkungen zu Seiten 102–104

sen für Leder, 26. März 1915 (AS 31/83). Zu Schuh- und Lederpreisen im Ersten Weltkrieg vgl. Wild, Volksschuhe, S. 434 f. 242 Vgl. Die Höchstpreise für Leder in der Schweiz, 26. März 1915 (AS 31/88); Studer, Staat, S. 8 f.; BAR, E27#1000/721#12945*, Eduard Müller, An das Volkswirtschaftsdepartement, 23. Januar 1915. 243 Vgl. Wirz, Getreideproduktion, S. 155. 244 Vgl. BRB betr. Verkauf von Butter und Käse, 27. November 1915 (AS 31/414); BRB über den Verkauf von Getreide, 8. September 1914 (AS 30/469); Höchstpreise für Petroleum, 22. Feb- ruar 1916 (AS 32/58); Höchstpreise für Benzin, 11. März 1916 (AS 32/82); BRB betr. die Ver- sorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. März 1916 (AS 32/97). 245 Vgl. die Strafen bei Verstössen gegen die «Sicherung der Brotversorgung» des BRB vom 27. Au- gust 1914 (AS 30/417) mit denen des BRB vom 13. Dezember 1915 (AS 31/435). Ähnliche Ten- denzen lassen sich in den anderen oben beschriebenen Feldern feststellen. 246 Vgl. BRB betr. die Beschlagnahme von Lebensmittelvorräten, 18. Februar 1916 (AS 32/52). 247 Für die Fortsetzung dieser Praxis nach dem Weltkrieg vgl. Jost, Bedrohung, S. 773; Schumann, Regierungssystem, S. 134 f.; Neidhart, Plebiszit, S. 191–220. 248 Böschenstein, Bundesrat, S. 70; vgl. Käppeli, Lebensmittelversorgung, S. 15. 249 Hermann Böschenstein erwähnt die Konferenz in Urs Altermatts Lexikon der Schweizer Bun- desräte (S. 323) und seiner Schulthess-Biografie (S. 70). Die Bezeichnung «Industrieanwalt» hat ihren Ursprung in beruflichen Tätigkeiten für Fabrikbetriebe der Region Brugg vor der Wahl in den Bundesrat, vgl. Steigmeier, Schulthess, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D3791.php. 250 L’approvisionnement de notre pays, in: Journal de Genève, 6. August 1914, S. 4. 251 Vgl. BRB betr. die Beschaffung und den Vertrieb monopolisierter gebrannter Wasser, 27. Au- gust 1914 (AS 30/415); VO gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unent- behrlichen Bedarfsgegenständen, 10. August 1914 (AS 30/376). 252 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 988. Ernst Laur war ebenfalls eingeladen, nahm jedoch nicht teil, vgl. BAR, E9#1000/1173#791*, Hans Blau, Protokoll über die Verhandlungen, 5. August 1914; Suspension de la loi sur la faillite, in: Gazette de Lausanne, 6. August 1914, S. 2. 253 Vgl. BRB betr. Gewährung eines Rechtsstillstandes, 5. August 1914 (AS 30/358). 254 Ariadne, Vaterland, S. 4. Auch die Aufhebung des «Rechtsstillstands» und der darauf folgende Erlass wurden durch eine Konferenz vorbereitet, vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 994 f. 255 Vgl. K des schweizerischen Industriedepartements an sämtliche Kantonsregierungen betr. die Herabsetzung des Lohnes von Angestellten und Arbeitern in verschiedenen Erwerbsarten, 26. November 1914 (BBl. 1914/IV/545); Pflüger, Massnahmen, S. 33; 1. Neutralitätsbericht, S. 748. 256 Vgl. K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. schärfere Grenzkontrolle (BBl. 1915/III/299), 25. September 1915; 3. Neutralitätsbericht, S. 541; Burckhardt, Bundes- recht, Bd. 4, S. 434 f. 257 Vgl. BRB betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. März 1916 (AS 32/97); Brodbeck, Experiment, S. 69 f.; Scheurmann, Milchversorgung, S. 23. 258 Neidhart, Plebiszit, S. 49. 259 Vgl. Vatter, System, S. 234; Gruner, Wirtschaftsverbände, S. 106 f. 260 Als Beispiele aus der ersten Phase seien hier erwähnt die erfolglosen Versuche von SBV, SHIV und SGV zur Senkung der Zinsen gegen den Widerstand der Banken in BAR, E9#1000/1173#791*, Schweizerischer Gewerbeverein, An den h. Schweizerischen Bundesrat, 31. Oktober 1914; BAR, E9#1000/1173#792*, Paul Hafner, Protokoll über die vom Schweize- rischen Finanzdepartement einberufene Konferenz, 28. November 1914; Burckhardt, Bundes- recht, Bd. 2, S. 1003; vergebliche Anliegen von SP und Gewerkschaften in Pflüger, Massnah- men, S. 33 f., sowie die Ablehnung von Eingaben des Zürcher Mietervereins für eine Senkung der Mietzinse in BP, Mietzinsnachlass, 3. November 1914; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 1030 f. 261 Stämpfli, Politiknetzwerke, S. 331. 262 Neidhart, Plebiszit, S. 185. 263 Stämpfli, Politiknetzwerke, S. 334; vgl. Lüthi, Brotversorgung, S. 46; Schmid, Wirtschaft, S. 86; Anmerkungen zu Seiten 104–108 329 zurückzurück

Studer, Staat, S. 1–26. Zur Funktion von Expertenkommissionen im legislativen Prozess vgl. Eichenberger, Gewalt, S. 143 f. 264 Neidhart, Plebiszit, S. 206; vgl. Schumann, Regierungssystem, S. 134. 265 Vgl. Schmid, Wirtschaft, S. 88; Licke, Verein, S. 43. Für den Hinweis auf die Tätigkeiten des Büros danke ich Pierre Eichenberger. 266 Vgl. Pflüger, Massnahmen, S. 33 f.; Meier, Lebensmittelmarkt, S. 28; Lüthi, Brotversorgung, S. 48; Mesmer, Pflichten, S. 350; BAR, E1301#1960/51#176*, Robert Grimm, Protokoll der 5. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 9. März 1916. Erfolgreiche Vorstösse der Arbei- terorganisationen betont dagegen Erb, Vorgeschichte, S. 372 f. 267 Redaktion, Die Schweiz unter dem Einfluss des Krieges, S. 646 f.; vgl. Erb, Vorgeschichte, S. 372. 268 Vgl. BG über die Organisation der Bundesverwaltung, 26. März 1914 (AS 30/292); Beutler, Staatsschutz, S. 34; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 552 f.; Lüthi, Brotversorgung, S. 53. 269 Vgl. BRB betr. die Zuständigkeit der Departemente und der ihnen unterstellten Amtsstellen zur selbständigen Erledigung von Geschäften, 17. November 1914 (AS 30/602). 270 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. die Organisation der Bundesver- waltung, in: BBl. 65, Bd. II (1913), S. 17; vgl. Volkart, Organisationsgewalt, S. 40 f.; Lüthi, Brotversorgung, S. 46 f.; Neidhart, Plebiszit, S 205. 271 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. die Organisation der Bundesver- waltung, in: BBl. 65, Bd. II (1913), S. 20. 272 Böschenstein, Bundesrat, S. 70. Laut Neidhart, Plebiszit, S. 205, versuchte der SBV die Abtren- nung der Handelsabteilung vom EVD erfolglos zu verhindern. 273 Vgl. BRB betr. die Erledigung von Forderungen für Schaden an Land und für Inanspruchnahme von anderem beweglichem und unbeweglichem Eigentum anlässlich des aktiven Dienstes der Armee, 18. September 1914 (AS 30/479); BRB betr. Abänderung der VO über das militärische Automobilwesen, 10. November 1914 (AS 30/576); BRB betr. die provisorische Organisation des Militärflugwesens, 13. August 1915 (AS 31/307); BRB betr. die Militärsteuer mit Bezug auf den Aktivdienst, 15. Januar 1915 (AS 31/15). 274 Ruffieux, Suisse, S. 22; vgl. Cottier, Liberalismus, S. 40 f. 275 Vgl. BRB über die Abgabe von Heu und Stroh an die Armee, 21. August 1914 (AS 30/401); BRB über die Pikettstellung der Armee, der Pferde und Maultiere und betr. das Verbot der Ausfuhr von Pferden, Maultieren, Motorfahrzeugen, Getreide etc., 31. Juli 1914 (AS 30/335). Gemäss Artikel 213 der Militärorganisation 1907 trat mit der Pikettstellung von Pferden und Transportmitteln automatisch ein Verbot von Verkauf und Ausfuhr in Kraft, welches nach An- sicht des SMD jedoch kaum eingehalten wurde. Vgl. BBl. 68, Bd. II (1916), S. 572 f. 276 Vgl. Jahr/Kaufmann, Krieg, S. 172; Leonhard, Kriegswirtschaft, S. 260; Geyer, Militarization, S. 75–95; Kruse, Systementwicklung, S. 56; Roth, Staat, S. 57 f.; Purseigle, Fronts, S. 283. 277 Gygax, Wirtschaftspolitik, S. 188; vgl. Hardmeier, Frauenstimmrechtsbewegung, S. 167; El- sig, Schrapnells, S. 103; Fasel, Spionageverfolgung, S. 105; Kaestli, Selbstbezogenheit, S. 69; aus notrechtlicher Perspektive Folz, Staatsnotstand, S. 36. 278 VO betr. Strafbestimmungen für den Kriegszustand, 6. August 1914 (AS 30/370); vgl. Hafter, Kriegsstrafrecht, S. 239 f. Die schweizerische Militärjustiz im Ersten Weltkrieg ist Thema der Dissertation von Sebastian Steiner im Sinergia-Projekt. Sebastian Steiner: Unter Kriegsrecht. Die schweizerische Militärjustiz 1914–1921 (Die Schweiz im Ersten Weltkrieg, Bd. 4), Zürich 2018. 279 Vgl. Huber, Denkwürdigkeiten, S. 53; BP, Verordnung betr. Strafbestimmungen für den Kriegs- zustand, 6. August 1916. 280 Steiner, Militärgerichtsbarkeit, S. 3; vgl. Hafter, Kriegsstrafrecht, S. 237. 281 Vgl. Bundesgesez [sic] über die Strafrechtspflege für die eidgenössischen Truppen, in: Amt- liche Sammlung der Bundesgeseze und Verordnungen der schweizerischen Eidgenossenschaft, II. Band (1851), S. 606–742. 282 Hafter, Kriegsstrafrecht, S. 239 und vgl. S. 245. 283 Ebd., S. 248. 284 BRB über die Mobilmachung der Armee, 1. August 1914 (AS 30/339). Die Einzelheiten des zurückzurück 330 Anmerkungen zu Seiten 108–110

Kriegsbetriebs der Eisenbahnen waren in den Artikeln 217–220 der Militärorganisation von 1907 geregelt. Vgl. BBl. 59, Bd. II (1907), S. 1073. 285 Vgl. BRB betr. den Winterfahrplan 1914/15 der schweizerischen Eisenbahnen, 4. September 1914 (AS 30/464). 286 Vgl. Ruchti, Geschichte, Bd. 1, S. 15. 287 Vgl. BRB betr. Handhabung der Vorschrift von Art. 202 der Militärorganisation, 24. August 1914 (AS 30/403). 288 Vgl. VO betr. die Organisation der Heerespolizei, 5. August 1914 (AS 30/364); Hafter, Kriegs- strafrecht, S. 250. 289 Militärorganisation der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in: BBl. 59, Bd. II (1907), S. 1031. 290 Vgl. BRB betr. den Nachrichtendienst zugunsten fremder Mächte, 22. Februar 1916 (AS 32/60); K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. schärfere Grenzkontrolle, 25. Sep- tember 1915 (BBl. 1915/III/299). 291 Vgl. Wille/Sprecher, Bericht, S. 398. 292 Vgl. BP, Anwendung der V. O. über den Kriegszustand, 10. November 1914; Zürcher, Verordnungen, S. 258. Eine zu Beginn weite Auslegung bestätigt indirekt auch BAR, E27#1000/721#8831*, Max Huber, An das Schweiz. Militärdepartement, 11. Februar 1916. 293 BP, Anwendung der V. O. über den Kriegszustand, 10. November 1914; vgl. BRB über den Verkauf von Getreide, 8. September 1914 (AS 30/469). 294 Zoller, Notverordnung, S. 70; vgl. Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 187. 295 Vgl. Armeeauditor, Sammlung, S. 3 f. und 94 f.; Zürcher, Verordnungen, S. 258. 296 Wille/Sprecher, Bericht, S. 435; vgl. Steiner, Krieg, S. 33; 3. Neutralitätsbericht, S. 581. Die Be- gnadigung von militärgerichtlich Verurteilten durch den General untersucht Lea Moliterni Eberle in ihrem Dissertationsprojekt «Um Gnade bitten im Ersten Weltkrieg. Schweizer Mili- tärjustiz-Verurteilte und ihre Gesuche um Gnade». Vgl. dazu auch Moliterni Eberle, General, S. 34 f. 297 Vgl. BRB betr. Handhabung der Vorschrift von Art. 202 der Militärorganisation, 24. August 1914 (AS 30/403); BRB betr. Auslegung der Bundesratsbeschlüsse vom 27. August, 8. Septem- ber und 23. September 1914, 10. November 1914 (AS 30/592). 298 Vgl. BRB betr. Einschränkung der Militärgerichtsbarkeit, 9. Juli 1915 (AS 31/258). Der Militär- gerichtsbarkeit unterstellt blieben die von den Artikeln 41–98 des Militärstrafgesetzes genann- ten Vergehen sowie die in Artikel 1 der Militärstrafgerichtsordnung aufgeführten Personen. Vgl. Militärstrafgerichtsordnung, in: BBl. 41, Bd. III (1889), S. 1111 f. Zur Ausarbeitung des Erlasses vgl. Steiner, Krieg, S. 16 f. 299 Steiner, Krieg, S. 6. Vgl. ausserdem den Fall «Feller» ebd., S. 20 f. 300 Vgl. Steiner, Krieg, S. 12 und 21 f.; Jaun, Meuterei, S. 29. 301 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 969. Zur Todesstrafe im schweizerischen Strafrecht vgl. Geschwend, Todesstrafe, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9617.php; Kley, Verfassungsge- schichte, S. 253 und 284 f. Zur Anwendung im Zweiten Weltkrieg vgl. Jost, Bedrohung, S. 805. 302 Vgl. VO betr. Veröffentlichung militärischer Nachrichten, 10. August 1914 (AS 30/380). 303 Vgl. BAR, E27#1000/721#12846*, Max Huber, Entwurf zu einer Verordnung über die Presse- zensur, Juli 1914. 304 Vgl. BAR, E27#1000/721#13584*, Rudolf Lüdi, Brief an die Redaktionen, 1. August 1914. Laut Wille/Sprecher, Bericht, S. 486, waren davon 600 «Zeitungen und Zeitschriften» betroffen. 305 BAR, E27#1000/721#13578*, Welti/von Ernst/Merz, An den hohen Schweizerischen Bundes- rat, 12. August 1914; vgl. VO über das Verbot der Anlage und der Benützung von Stationen mit drahtloser Telegraphie, 2. August 1914 (AS 30/351); BRB betr. den interurbanen Telephonver- kehr, 7. August 1914 (AS 30/374). 306 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die schweizerische Pressepolitik im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen 1939–1945, in: BBl. 99, Bd. I (1947), S. 299. Der Be- richt, die erste amtliche Darstellung der Zensurmassnahmen im Ersten und Zweiten Weltkrieg, betont, dass trotz des formell rein militärischen Charakters der Verordnung immer mehr poli- tische Inhalte ins Visier der Kontrollbüros rückten. 307 VO betr. Veröffentlichung militärischer Nachrichten, 10. August 1914 (AS 30/380). 308 Vgl. Artikel 55 in Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 31. Anmerkungen zu Seiten 110–113 331 zurückzurück

309 Die «Präventivzensur» machte Publikationen von einer behördlichen Genehmigung abhängig und konnte darüber hinaus die Veröffentlichung bestimmter Inhalte erzwingen, vgl. Schudna- gies, Belagerungszustand, S. 84 f. 310 Vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 133. Zu Funktion und Methode der Zensur im Ersten Weltkrieg vgl. Demm, Censorship, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10725. 311 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die schweizerische Pressepolitik im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen 1939–1945, in: BBl. 99, Bd. I (1947), S. 303 f. 312 BP, Verletzung der Neutralität durch die Presse, 30. September 1914. 313 BRB betr. Ausschreitungen der Presse, 30. September 1914, in: Baer, Kriegs-Verordnungen, Bd. 1, S. 178. 314 Vgl. Eidgenossenschaft, in: NZZ, 5. Oktober 1914, Erstes Mittagblatt. 315 Vgl. Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 145 f.; BP, Verletzung der Neutralität durch die Presse, 30. September 1914. 316 Wille/Sprecher, Bericht, S. 491; vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die schweizerische Pressepolitik im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen 1939–1945, in: BBl. 99, Bd. I (1947), S. 301. Alexandre Elsig, dessen vor kurzem erschienene Dissertation sich der deutschen Propaganda in der Schweiz ausführlich widmet, beleuchtet die aussen- wie in- nenpolitischen Aspekte des Themas und die Reaktion der Bundesbehörden darauf. Elsig, Zwie- tracht, 75 f. und 85. 317 Obwohl er das Vorhandensein homogener Einstellungen in den Sprachregionen gegenüber den Kriegführenden in Abrede stellte, prägte Ruchti, Geschichte, Bd. 1, S. 99, das Bild einer «mit geringen Ausnahmen» mit der Entente sympathisierenden Romandie. Umgekehrt hielt Dumur, Deux Suisses, S. 12 f., 1917 fest, die «sphères dirigeantes» der Deutschschweiz und damit auch die Bundespolitik seien «immuablement germanophiles» gewesen. Ebenfalls 1917 schrieb Carl Albert Loosli, «die Mehrzahl der Deutschschweizer» sei zu Kriegsbeginn «ungemein deutsch- freundlich» gewesen. Loosli, Schweizer, S. 26. 318 Vgl. Kreis, Insel, 198 f.; Elsig, Schrapnells, S. 11 f. und 31 f.; Ruffieux, Suisse, S. 39. 319 Aufruf an das Schweizervolk, 1. Oktober 1914 (AS 30/510). 320 Vgl. Aufruf an das Schweizervolk, 5. August 1914 (AS 30/362). 321 Vgl. VO betr. Handhabung der Neutralität der Schweiz, 4. August 1914 (AS 30/353). Zur Frage der Waffenexporte vgl. Rossfeld, Kupferwaren, S. 518. 322 Vgl. Hafter, Kriegsstrafrecht, S. 242. 323 Aufruf an das Schweizervolk, 1. Oktober 1914 (AS 30/510). 324 Ebd.; VO betr. Handhabung der Neutralität der Schweiz, 4. August 1914 (AS 30/353); vgl. BP, Aufruf an das Volk, 30. September 1914. Der Begriff «moralische Neutralität» oder «Gesin- nungsneutralität» bezeichnete das in der öffentlichen Meinungsäusserung zum Ausdruck kom- mende Gegenstück zur staatlichen Neutralität und war wegen des Zusammenhangs mit der politischen Zensur seit Kriegsausbruch heftig umstritten, vgl. Dubois, Neutralité, S. 49; Neu- tres, non pas pleutres, in: Gazette de Lausanne, 23. August 1914, S. 1; Elsig, Schrapnells, S. 48 f.; Moos, Neutralität(en), S. 217. 325 Aus den Verhandlungen des Bundesrates, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 240; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 283 f. Bei den verwarnten Medien handelte es sich um die «Schaffhauser Zeitung» und «La Guerre mondiale», eine an die Franzosen in der Schweiz gerichtete Kriegs- chronik. Zu den beanstandeten Inhalten vgl. BP, Departemental-Vorträge, 7. Oktober 1914. «Guguss’» erschien allerdings schon kurze Zeit später unter dem Namen «Le petit Suisse» wie- der, vgl. Kaenel, Guguss’, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D27828.php, und Abb. 5, S. 195. 326 BP, Massnahmen gegen die Zeitung «Le Clairon», 16. Oktober 1914; vgl. Aus den Verhandlun- gen des Bundesrates, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 206. 327 K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. Massnahmen gegen neutralitätswid- riges Verhalten, 26. März 1915 (BBl. 1915/I/518). 328 Vgl. VO betr. Verwendung eines einheitlichen Passformulars, 27. November 1914 (AS 31/420); K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. schärfere Grenzkontrolle, 25. Sep- tember 1915 (BBl. 1915/III/299). 329 K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. schärfere Grenzkontrolle, 25. Sep- tember 1915 (BBl. 1915/III/299). zurückzurück 332 Anmerkungen zu Seiten 113–115

330 K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. Massnahmen gegen neutralitätswid- riges Verhalten, in BBl. 67, Bd. I (1915), S. 519; vgl. 3. Neutralitätsbericht, S. 545 f. und 571. Ob sich die Migrationspolitik während des Ersten Weltkriegs tatsächlich fundamental änderte, ist gegenwärtig Gegenstand der historischen Debatte. Über den kriegsbedingten Ausbau der rechtlichen und politischen Massnahmen zur Begrenzung und Überwachung der grenzüber- schreitenden Mobilität ist sich die Forschung aber weitgehend einig, vgl. Schrover, Migration and Mobility, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10332; Kury, Wendepunkt, S. 292 f. 331 Vgl. K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. schärfere Grenzkontrolle, in: BBl. 67, Bd. III (1915), S. 299. 332 BP, Massnahmen gegen neutralitätswidrige Publikationen, 19. März 1915; vgl. BP, Massnahmen gegen neutralitätswidriges Verhalten, 26. März 1915. Anlass der Besprechung mit Romberg wa- ren laut Protokoll Ausschreitungen in Freiburg und Lausanne am 15. und 16. März 1915 gegen die Durchfahrt der Züge mit Evakuierten aus den besetzten Gebieten Frankreichs. Vgl. dazu Die Durchfahrt der Interniertenzüge, in: NZZ, 18. März 1915, Erstes Mittagblatt. 333 BP, Verordnung betr. neutralitätswidriges Verhalten, 7. Juni 1915. Zu den parallelen Strukturen und «Missgriffen» in der Bundesverwaltung vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 131; Rochat, Guerre, S. 22. Eine Auflistung der Pressekontrollbüros und eine Darstellung der Probleme aus deren Sicht findet sich in: BAR, E27#1000/721#13589*, Karl Fisch, Konferenz der Chefs der Pressbu- reaus, 17. März 1915. Wille/Sprecher, Bericht, S. 487, nennt 17 territoriale Pressekontrollbüros. 334 BP, Massnahmen gegen neutralitätswidriges Verhalten, 26. März 1915. 335 Vgl. VO betr. die Beschimpfung fremder Völker, Staatsoberhäupter oder Regierungen, 2. Juli 1915 (AS 31/249); BRB betr. die Presskontrolle während der Kriegswirren, 27. Juli 1915 (AS 31/273); BP, Verordnung betr. neutralitätswidriges Verhalten, 7. Juni 1915; BP, Delegation der Presse, 15. Juni 1915. 336 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 527 f. Betroffen waren die Tessiner Satirezeitschrift «Il Ragno» und die Lausanner «Bibliothèque universelle». Um Letztere, deren Herausgeber und ein Urteil des Bundesgerichts entspann sich eine Kontroverse, vgl. Elsig, Mensonge, S. 444; BP, «Bibliothèque universelle» Strafverfolgung, 2. Oktober 1915; Küffer, liberale Kritik, S. 33 f., und Kapitel 6.3. 337 Vgl. BRB betr. die Presskontrolle während der Kriegswirren, 27. Juli 1915 (AS 31/273). 338 2. Neutralitätsbericht, S. 131. Die Befugnisse der Kommission wurden in einem Reglement festgelegt, vgl. BAR, E27#1000/721#13580*, Presskontrollkommission, Ordnung betr. die Massnahmen der Presskontrollkommission, 30. August 1915. 339 Vgl. BP, Verordnung betr. neutralitätswidriges Verhalten, 2. Juli 1915; Aus den Verhandlun- gen des Bundesrates, in: BBl. 67, Bd. III (1915), S. 68, zur Zusammensetzung der Kommission; 2. Neutralitätsbericht, S. 132; Rochat, Guerre, S. 35 f., als zeitgenössischer Bericht eines Mit- glieds. 340 Elsig, Willkür, S. 53; vgl. die Beschreibung der Arbeit der «Presskontrollkommission» in Elsig, Schrapnells, S. 111 f. 341 BAR, E27#1000/721#13589*, Karl Fisch, Konferenz der Chefs der Pressbureaus, 17. März 1915, S. 8; vgl. Wille/Sprecher, Bericht, S. 490. 342 Müller, Sicherheit, S. 208; vgl. Wille/Sprecher, Bericht, S. 526; 2. Neutralitätsbericht, S. 135 f. 343 BAR, E27#1000/721#13589*, Karl Fisch, Konferenz der Chefs der Pressbureaus, 17. März 1915, S. 6. 344 Ebd., S. 4. 345 Ebd., S. 6. 346 Rochat, Guerre, S. 20. 347 BAR, E27#1000/721#13589*, Karl Fisch, Konferenz der Chefs der Pressbureaus, 17. März 1915, S. 13. Im selben Protokoll wurden ausserdem Beschwerden festgehalten, die Romandie «erfreue sich» in Bezug auf die politische Zensur «einer grösseren Freiheit als die deutsche Schweiz», S. 15. 348 Die verschiedenen Erlasse fasste erstmals der BRB betr. Ausfuhrverbote, 18. September 1914 (AS 30/483), zusammen. Es folgten regelmässige Änderungen am Katalog der Güter, deren Ex- port nur noch mit Genehmigung des Bundesrats möglich war. 349 Zürcher, Verordnungen, S. 254. Anmerkungen zu Seiten 115–121 333 zurückzurück

350 Böschenstein, Bundesrat, S. 78; vgl. ABB Nationalrat 1915, S. 45. 351 Geering, Handel, S. 4. 352 Vgl. Strachan, Mobilization, S. 137 f.; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 11 f.; zur «shell crisis» Herwig, War, S. 55. 353 Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 222. Zur einsetzenden «Kriegskonjunktur» in der Schweiz vgl. Rossfeld, Anmerkungen, S. 146 f

Kapitel 4

1 2. Neutralitätsbericht, S. 124. 2 Vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 256 f. 3 Verein «Die Schweiz im Ersten Weltkrieg», 14/18, S. 12; vgl. Böschenstein, Scheurer, S. 154. 4 Zu den Bedrohungslagen während des Kriegs vgl. Schaltegger/Schmid, Anleihemarkt, S. 6; zur militärischen Lage bis zum Frühjahr 1916 Wille/Sprecher, Bericht, S. 151 f.; Fuhrer, Armee, S. 209 f. und 332; Ehrbar, Militärpolitik, S. 49 f.; Kreis, Insel, S. 116. Zur ökonomischen Ent- wicklung im Krieg vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 23 f. 5 Zur Frage der «Kriegsgewinne», ihrer Ursachen und Folgen vgl. Erb, Vorgeschichte, S. 360; Nachimson, Wirtschaftslage, S. 32 f.; Rossfeld, Anmerkungen, S. 146 f.; Kreis, Insel, S. 93 f. 6 Vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 31 f.; Auderset/Moser, Krisenerfahrungen, S. 135; Senglet, Preispolitik, S. 12; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 16. 7 Vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 11. 8 Vgl. Lambert, Armageddon, S. 181; Kramer, Blockade, S. 462 f.; Offer, Interpretation, S. 23 f.; Young, Freedom, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10293. 9 Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 30. 10 Vgl. Burckhardt, Wandlungen, S. 30; Jahr/Kaufmann, Krieg, S. 217 f.; die Abbildung in Weber, Amerikanische Verheissung, S. 49. 11 Vgl. Kramer, Blockade, S. 464 f. und 485; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 303; für einen Überblick Osborne, Warfare, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10333. 12 Vgl. Kruizinga, Neutrality, S. 558 f.; Rapold, Generalstab, S. 170. Zum Nutzen der neutralen Schweiz aus militärischer Sicht vgl. Fuhrer, Armee, S. 532. 13 Vgl. Kramer, Blockade, S. 467; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 371; für den schweizerischen Fall Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 33 f. 14 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 16. 15 Zitiert in Nauer/Bovet, Kriegszeit-Reden, S. 43 f. 16 BP, Trust, 22. September 1915; vgl. Weber, Société, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10678; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 85 und 234. 17 Dodis.ch, Proposition du chef du Département politique, 17. September 1915, http://db.dodis. ch/document/43426; vgl. BAR, E27#1000/721#13594*, Société suisse de surveillance écono- mique, Statuten, 27. Oktober 1915. 18 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 239 und 313 f.; Rossfeld/Straumann, Fron- ten, S. 34; Ruffieux, Suisse, S. 30; Obrecht, Überwachungsgesellschaften, S. 100 f.; BAR, E27#1000/721#13594*, SSS, Liste des contingents, November 1915. Die 1919 gesamthaft 51 Syndikate sind in Société suisse de surveillance économique, Tableau, S. 45–47, dargestellt. 19 Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 331; vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 45; Tanner, Geschichte, S. 138; Société suisse de surveillance économique, Tableau, S. 18; 2. Neutralitäts- bericht, S. 124. 20 Bis 1918 unter dem Namen «Treuhandstelle Zürich für die Einfuhr deutscher und österreichi- scher Waren in die Schweiz». 21 Vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 124; Pfister, Energiekrise, S. 118; Ochsenbein, Wirtschaftsfrei- heit, S. 204 f.; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 43 f. 22 Vgl. Cornaz, Wirtschaftsneutralität, S. 23; Pfenninger, Handelsbeziehungen, S. 41; 3. Neutra- litätsbericht, S. 561; Böschenstein, Bundesrat, S. 81; Burkhard, Milchpreisteuerung, S. 35. Zu einem zentralen Kompensationsgut wurde gegen Kriegsende die Gewährung von Krediten an die Handelspartner der Schweiz. zurückzurück 334 Anmerkungen zu Seiten 121–124

23 BP, Trust, 22. September 1915; vgl. Dodis.ch, Proposition du chef du Département politique, 17. September 1915, http://db.dodis.ch/document/43426; Obrecht, Überwachungsgesellschaf- ten, S. 192 f. 24 2. Neutralitätsbericht, S. 124; vgl. Matti, Rechtliche Natur, S. 149. 25 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 236 f. Zum Personal bei der Auflösung, darunter mit Jean-Marie Musy und Ernest Chuard zwei spätere Bundesräte, vgl. Société suisse de surveil- lance économique, Tableau, S. 29 f. 26 Wehrli, Geschichte, S. 52. 27 BAR, E27#1000/721#13594*, Société suisse de surveillance économique, Statuten, 27. Oktober 1915. 28 Vgl. Stucki, Kriegswirtschaft, S. 294; 3. Neutralitätsbericht, S. 560. 29 Vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 123; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 236; Kreis, Insel, S. 85. 30 Vgl. zur Prozedur eines Einfuhrgesuchs Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 241 f.; zum Ablauf eines Ausfuhrgesuchs BAR, E7350#1000/1104#247*, Ernst Muggli, Schema für den Gang der Gesuche, 1917. Ein Beispiel für eine Branche, die mit Rohstoffen aus der Entente für die Mit- telmächte produzierte, liefert Nef, Stickerei, S. 46. 31 Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 330. 32 BAR, E7350#1000/1104#247*, EVD, Wirkungen des Krieges auf den schweizerischen Import und Export, um 1917, S. 14. 33 Vgl. Kreis, Insel, S. 91; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 243; Gruner, Wirtschaftsverbände, S. 59. 34 Laur, Erinnerungen, S. 64; vgl. 7. Neutralitätsbericht, S. 225; Laur, Erinnerungen, S. 146 f.; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 29. Laur und Frey waren bereits vor dem Krieg an Handels- abkommen massgeblich beteiligt. Zum Verhältnis zwischen den beiden vgl. Baumann, Bau- ernstand, S. 283 f. 35 Vgl. Leonhard, Kriegswirtschaft, S. 264. 36 In Anlehnung an die Beschreibung der kriegswirtschaftlichen Entwicklung Grossbritanniens in Beveridge, Control, S. 5; vgl. Broadberry/Howlett, United Kingdom, S. 206. 37 Vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 21 f. 38 Rund ein Drittel aller Importe stammte 1913 aus Deutschland. Vgl. Schweizerischer Bankver- ein, Rückschau, S. 46 (Kohle) und 80 (Eisen und Stahl); Weber, Amerikanische Verheissung, S. 43; Bodenmann, Exporthandel, S. 20. 39 Vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 24; Cottier, Staatsintervention, S. 55; Fueter, Schweiz seit 1848, S. 262; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 45 f.; (aus deutscher Sicht) Kahl, Wirt- schaftskonferenz, S. 222 f., zur Verschärfung des Wirtschaftskriegs. Zu sinkenden Importen und Teuerung vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 154; Gautschi, Landesstreik, S. 31; Fueter, Die Schweiz, S. 262; Lüthi, Brotversorgung, S. 72 f.; Schweizerischer Bankverein, Rückschau, S. 138 f.; Ruoss, Geldpolitik, S. 38. 40 Von «Knappheit» und «Mangel» sprach der Bundesrat in den Neutralitätsberichten ab Früh- jahr 1916, vgl. 3. Neutralitätsbericht, S. 575 und 628; 4. Neutralitätsbericht, S. 544. Von «Not» in Bevölkerung und Wirtschaft war seit Frühling 1917 die Rede, vgl. 6. Neutralitätsbericht, S. 327 f. 41 Vgl. Kreis, Insel, S. 92 und 162; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 27; Auderset/Moser, Krisen- erfahrungen, S. 135. Zur Entwicklung der Munitionsexporte vgl. Casanova, Maschinenindus- trie, S. 94 f. Die Zeugnisse der sich seit Anfang 1916 verschärfenden Versorgungslage sind in den untersuchten Quellen zahlreich und aufgrund der nicht linear verlaufenden wirtschaft- lichen Entwicklung nicht immer widerspruchsfrei. Hinweise auf die Versorgungslage und die damit zusammenhängenden Noterlasse in der zweiten Phase finden sich beispielsweise in BP, Petroleum-Einkäufe in Rumänien, 26. Februar 1916; 6. Neutralitätsbericht, S. 347. 42 Zum Begriff vgl. Reichesberg, Wohnungsproblem, S. 34. 43 Vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 123; Böschenstein, Bundesrat, S. 70; Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 227 f.; Kreis, Insel, S. 92. 44 Vgl. die kritischen Urteile in Jost, Bedrohung, S. 133; Senglet, Preispolitik, S. 248. 45 In der ersten Phase standen 120 Erlassen des SMD (38 Prozent) noch 38 des EPD (12 Prozent) und 53 des EVD (17 Prozent) gegenüber, vgl. Grafik 5. Anmerkungen zu Seiten 124–127 335 zurückzurück

46 Lüthi, Brotversorgung, S. 117. 47 Senglet, Preispolitik, S. 82. 48 Bereits in der ersten Phase zeichnete sich diese Verschiebung ab. Es liessen sich bereits 62 Pro- zent aller Noterlasse als Interventionen in die Kriegswirtschaft im weitesten Sinn auffassen, während 25 Prozent im Zusammenhang mit der Landesverteidigung (ausgenommen die Ver- sorgung der Armee mit Lebensmitteln und Leder) standen, vgl. Böschenstein, Bundesrat, S. 70. 49 Vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 24. 50 Vgl. Jost, Bedrohung, S. 763; Mommsen, Weltkrieg, S. 87; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 31 f.; Keene, United States, S. 512. Die formelle Kriegserklärung der USA erfolgte allerdings erst am 6. April 1917. 51 Senglet, Preispolitik, S. 248. 52 Stucki, Kriegswirtschaft, S. 251; vgl. Boscovits, Flut, S. 9; Giacometti, Vollmachtenregime, S. 82. 53 Vgl. BRB betr. die Bestandesaufnahme und die Beschlagnahme von Waren, 11. April 1916 (AS 32/145). 54 Baer, Kriegs-Verordnungen, Bd. 2, S 71. Die Entscheide der Schätzungskommissionen waren einem Urteil des Bundesgerichts gleichgestellt, vgl. den für das Verfahren massgeblichen BRB betr. die Beschlagnahme von Lebensmittelvorräten, 18. Februar 1916 (AS 32/52). Das SMD er- hielt im BRB über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1916 (AS 33/46), und im BRB betr. Bestandesaufnahme, Veräusserungsverbot und Beschlag- nahme von Brieftauben, 4. Mai 1917 (AS 33/243), die Ermächtigung zur Beschlagnahmung der jeweiligen Waren. 55 Obwohl dies nun generell möglich war, ermächtigten einige Noterlasse noch einmal explizit zur Bestandsaufnahme und Beschlagnahmung. Verfügt wurde die Beschlagnahmung bis Juli 1917 (zeitweise) für Weissmehl und Gries, Zucker, Lumpen und Stoffabfälle, Heu und Stroh, Glyzerin, Altmetalle und Metallabfälle, Teer sowie Reis, vgl. dazu V des schweizerischen Mi- litärdepartements betr. die Beschlagnahme von Weissmehl und Gries in den Mühlen, 15. De- zember 1915 (AS 31/437); BRB über die Einfuhr und den Handel mit Zucker, 8. Februar 1916 (AS 31/15); Beschlagnahme von Waren, 1. April 1916 (AS 32/134); V des Schweizerischen Mi- litärdepartements betr. die Beschlagnahme von Heu und Stroh der Ernte 1916, 31. August (AS 32/324); V des Politischen Departements betr. den Handel mit Lumpen und neuen Stoffabfällen aller Art, 18. Oktober 1916 (AS 32/431); Bestandesaufnahme und Beschlagnahme von Glyze- rin, 29. November 1916 (AS 32/570); Handel mit Altmetallen und Metallabfällen, 23. Dezem- ber 1916 (AS 32/636); BRB betr. die Beschlagnahme und die Verwendung von Teer, 5. Januar 1917 (AS 33/44); A zum BRB vom 2. Februar 1917 über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1917 (AS 33/48) und Beschlagnahme von Heu und Emd der Ernte 1916, 16. März 1917 (AS 33/146). Weitere Beschlagnahmungen wurden im SHAB ausgesprochen. 56 BRB betr. die Beschlagnahme von Lebensmittelvorräten, 18. Februar 1916 (AS 32/52); vgl. Hu- ber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 163. 57 3. Neutralitätsbericht, S. 561 und 604; vgl. Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 161 f.; VO gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenstän- den, 10. August 1914 (AS 30/376). Die VO wurde denn auch im BRB betr. Abänderung und Er- gänzung von Art. 1 der VO vom 10. August 1914 gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen, 18. April 1916 (AS 32/165) um ein Verbot des Kaufs zu höheren als marktüblichen Preisen und mit betrügerischen Absichten erweitert. Zum Zusammenhang von Teuerung und Wucher vgl. Wild, Volksschuhe, S. 431 f. 58 Vgl. BRB betr. die Beschlagnahme von Lebensmittelvorräten, 18. Februar 1916 (AS 32/52). 59 Vgl. Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 35. 60 Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 4; aus Sicht eines anderen einflussreichen Experten vgl. So- mary, Erinnerungen, S. 138. Zur Person Rathenaus vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 217 f. 61 Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 12 und 29 f., zur Integration der besetzten Gebiete in die deutsche Kriegswirtschaft. Im Hinblick auf Ausbeutung und Zwangsarbeit vgl. hierzu Leon- hard, Kriegswirtschaft, S. 266; Passelecq, Déportation, S. 25 f. 62 Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 21; vgl. Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 38. zurückzurück 336 Anmerkungen zu Seiten 127–130

63 Vgl. Bekanntmachung über die Sicherstellung von Kriegsbedarf, in: Reichs-Gesetzblatt 1915, S. 357; Goebel, Rohstoffwirtschaft, S. 106; Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 37 f.; Roth, Staat, S. 176 f. 64 Die «Beschlagnahme» als behördliche Massnahme zur Versorgung der Armee wurde bereits vom BRB über die Abgabe von Heu und Stroh an die Armee, 21. August 1914 (AS 30/401), vorgesehen. Vgl. Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 166 f. 65 Vgl. Bekanntmachung über die Sicherstellung von Kriegsbedarf, in: Reichs-Gesetzblatt 1915, S. 357; BRB betr. die Beschlagnahme von Lebensmittelvorräten, 18. Februar 1916 (AS 32/52); BRB betr. die Bestandesaufnahme und die Beschlagnahme von Waren, 11. April 1916 (AS 32/145); in der deutschen Verordnung insbesondere die Paragrafen 3–6. Senglet, Preispolitik, S. 64, erwähnt ohne weitere Belege den Einfluss der deutschen Massnahmen auf die schweize- rische Kriegswirtschaftspolitik schon im August 1914. 66 Exemplarisch Rittler, Teuerung, S. 339; Wassermann, Kriegsgesetze, S. 184; Röthlisberger, Schicksale, S. 65; Gygax, Wirtschaftspolitik, S. 183. 67 Vgl. BP, Warenabteilung beim Volkswirtschaftsdepartement, 22. Februar 1916; BRB betr. die Einfuhr von Petroleum und Benzin, 12. Februar 1916 (AS 32/34); Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 580; 3. Neutralitätsbericht, S. 604 f. 68 BP, Bundesratsbeschluss über die Einkaufs- & Verkaufsorganisationen im schweizer. Volks- wirtschaftsdept., 14. April 1916. 69 Vgl. BP, Bundesratsbeschluss über die Einkaufs- & Verkaufsorganisationen im schwei- zer. Volkswirtschaftsdept., 14. April 1916; BAR, E7350#1000/1104#222*, Vorschläge an das Schweiz. Volkswirtschaftsdepartement betr. den Ausbau der Warenabteilung, 4. Dezember 1917. 70 3. Neutralitätsbericht; vgl. BP, Wahl des Vorstehers der Warenabteilung, 14. April 1916. 71 Vgl. BRB betr. das Verbot des Kartoffelaufkaufes und die Festsetzung von Höchstpreisen für Kartoffeln, 14. Juli 1916 (AS 32/244); Höchstpreise für Kirschen, 12. Juni 1917 (AS 33/365). 72 Vgl. Senglet, Preispolitik, S. 97; als Beispiel die Höchstpreise für Milchprodukte in BRB betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. März 1916 (AS 32/97), und V des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements betr. den Verkauf von Butter und Käse, 31. Mai 1917 (AS 33/329). Bis Kriegsende stieg die Zahl der Produktkategorien mit Höchst- preisen auf 61. Vgl. AS 33, Inhaltsverzeichnis, S. 21 f.; AS 35, Inhaltsverzeichnis, S. 56–59. 73 Vgl. Senglet, Preispolitik, S. 82; 7. Neutralitätsbericht, S. 242. 74 Vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 125; BAR, E1301#1960/51#176*, Arthur Hoffmann, Protokoll der 5. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 9. März 1916. 75 Michel, Kriegswucherstrafrecht, S. 275; vgl. Burkhard, Milchpreisteuerung, S. 5. 76 4. Neutralitätsbericht, S. 532. 77 BRB über die Brotversorgung des Landes und die Getreideernte des Jahres 1917, 21. August 1917 (AS 33/651); vgl. Errichtung einer eidgenössischen Zentralstelle für Butterversorgung, 1. Juni 1917 (AS 33/341). 78 De Reynold/Faesi/Gos, Soldat, S. 91. 79 Vgl. BP, Preise für Häute und Felle, 21. März 1916. Senglet verweist auf die wenig überzeu- genden Erfahrungen in den Kantonen, auf die im Frühjahr 1916 der Erlass von Höchstpreisen durch den Bund folgte, vgl. Senglet, Preispolitik, S. 87 f. Der deutsche Bundesrat verordnete bereits im Oktober 1914 erste landesweit gültige Höchstpreise; zuvor waren diese wie in der Schweiz noch regional festgesetzt worden, vgl. Skalweit, Kriegsernährungswirtschaft, S. 119. Zur Aushandlung des Milchpreises im Frühjahr 1916 vgl. SWA, HS 371 K 2.1.1, Schweize- risches Volkswirtschaftsdepartement, Kreisschreiben betreffend Milchversorgung, 28. März 1916. 80 Zitiert in Nauer/Bovet, Kriegszeit-Reden, S. 61. 81 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 901; Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Som- mer-Session 1916, S. 4. Höchstpreise wurden erstmals in der V des schweizerischen Volkswirt- schaftsdepartements, 15. Juli 1916 (AS 32/246), und in Höchstpreise für Schlachtkälber und Kalbfleisch, 31. August 1917 (AS 33/692), erlassen. Zum zweiten Postulat vgl. Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Winter-Session 1916, S. 4. 82 Vgl. Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 41. Anmerkungen zu Seiten 130–134 337 zurückzurück

83 Senglet, Preispolitik, S. 250. 84 Vgl. Rossfeld, Schokolade, S. 461; Moser, Stand, S. 15 f. 85 Vgl. Burkhard, Milchpreisteuerung, S. 89 f. 86 SWA, HS 371 K 2.1.1, Schweizerisches Volkswirtschaftsdepartement, Kreisschreiben betref- fend Milchversorgung, 28. März 1916. 87 Vgl. 11. Neutralitätsbericht, S. 312; Neidhart, Politik, S. 98 f. 88 11. Neutralitätsbericht, S. 213 f. Der Bundesrat musste sich im Verlauf des Kriegs immer wie- der für die Zulassung von Exporten rechtfertigen, vgl. dazu 1. Neutralitätsbericht, S. 723; 3. Neutralitätsbericht, S. 624; Edmund Schulthess zitiert in Nauer/Bovet, Kriegszeit-Reden, S. 64. Zum Kompensationshandel vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 47; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 183. 89 Vgl. Senglet, Preispolitik, S. 232 und Anm. 144, S. 340. 90 Senglet, Preispolitik, S. 250. 91 Vgl. BRB über die Sicherung der Milchversorgung des Landes, 9. November 1915 (AS 31/377). 92 6. Neutralitätsbericht, S. 340; vgl. 3. Neutralitätsbericht, S. 609 f. 93 3. Neutralitätsbericht, S. 612; BRB betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchpro- dukten, 25. März 1916 (AS 32/97); vgl. BRB betr. den Verkauf von Butter und Käse, 27. No- vember 1915 (AS 31/414); BRB betr. den Handel mit Milch und Käse, 25. Januar 1916 (AS 32/7); SWA, HS 371 K 2.1.1, Schweizerisches Volkswirtschaftsdepartement, Kreisschreiben be- treffend Milchversorgung, 28. März 1916. Hersteller von Milchprodukten verpflichteten sich ausserdem, einen Beitrag an die Subvention der Trinkmilch zu entrichten. 94 Vgl. V des Schweiz. Volkswirtschaftsdepartements betr. die Verarbeitung von Milch auf Zieger und Kasein, 3. Juni 1916 (AS 32/197); BP, Beiträge an die Konsummilchversorgung, 1. Septem- ber 1916; 4. Neutralitätsbericht, S. 558. Vom Verbot zunächst explizit noch ausgenommen wa- ren die Glarner Milchbauern, weitere Ausnahmen lagen im Ermessen des EVD. 95 4. Neutralitätsbericht, S. 559; vgl. BRB betr. die Ergänzung und Abänderung des BRB vom 25. März 1916 betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. August 1916 (AS 32/316). Die Strafkompetenz des EVD wurde damit gegenüber dem BRB betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. März 1916 (AS 32/97), ausgedehnt. 96 4. Neutralitätsbericht, S. 562; vgl. V des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements betr. die Milchversorgung des Landes, 12. Oktober 1916 (AS 32/419); V des schweizerischen Volks- wirtschaftsdepartements betr. den Verkauf von Butter und Käse, 15. September 1916 (AS 32/345); Brodbeck, Experiment, S. 79; zur Missernte 1916 Pfister, Auf der Kippe, S. 77. 97 6. Neutralitätsbericht, S. 342; vgl. Verarbeitung von Milch auf Weichkäse und einzelne Käsesor- ten, 22. Januar 1917 (AS 33/24); V des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements betr. die Weichkäserei, 21. Mai 1917 (AS 33/280). Ausnahmen wurden nur für Betriebe, die das Produkt bereits vor dem Krieg herstellten, bewilligt. 98 Vgl. BRB betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 18. April 1917 (AS 33/218); V des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements betr. die Milchpreise, 24. April 1917 (AS 33/223); K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an sämtliche Kantons- regierungen betr. die Milchversorgung, 28. April 1917 (BBl. 1917/III/28). 99 Zitiert in Nauer/Bovet, Kriegszeit-Reden, S. 66; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 927. 100 Vgl. 5. Neutralitätsbericht, S. 223; 8. Neutralitätsbericht, S. 66 und 133 f. 101 7. Neutralitätsbericht, S. 261; vgl. BP, Milch- und Fleischversorgung, 16. März 1917. 102 7. Neutralitätsbericht, S. 242. 103 9. Neutralitätsbericht, S. 646, im Fall des Veterinäramts. 104 Vgl. 5. Neutralitätsbericht, S. 223; 8. Neutralitätsbericht, S. 126 und 132; Frey, Fleischpreis- politik, S. 28; BP, Milch- und Fleischversorgung, 16. März 1917. 105 Vgl. Senglet, Preispolitik, S. 128; Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 84. 106 7. Neutralitätsbericht, S. 251; vgl. Tanner, Fabrikmahlzeit, S. 139; Meier, Lebensmittelmarkt, S. 31 f.; Senglet, Preispolitik, S. 11, zu den verschiedenen Methoden der Preiserhebung und ih- rer sozialpolitischen Bedeutung. 107 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Rechnungen und Bilanzen der Kriegsorganisationen für die Lebensmittelversorgung der Zivilbevölkerung, in: BBl. 73, Bd. III zurückzurück 338 Anmerkungen zu Seiten 134–136

(1921), S. 355; vgl. BAR, E27#1000/721#12937*, Schweizerisches Oberkriegskommissariat, An die Regierungen der Kantone, 21. September 1916. 108 BP, Lebensmittelversorgung, Notstandsaktion, 21. November 1916. Zur Notstandskommis- sion beziehungsweise zum Notstandskomitee der Arbeiterbewegung vgl. Redaktion, Die Schweiz unter dem Einfluss des Krieges, S. 646 f.; Erb, Vorgeschichte, S. 372. Die ersten Forde- rungen nach Verbilligung von Lebensmitteln für Arbeiterhaushalte wurden bereits im Sommer 1916 gestellt, vgl. BP, Eingabe der Notstandskommission der schweizerischen Arbeiterschaft, 15. August 1916. 109 Vgl. BAR, E27#1000/721#12937*, Verwaltungskommission des V. S. K., An den hohen Bun- desrat, 27. November 1916; BP, Notstandsaktion, 11. Dezember 1916; BP, Notstandsaktion, 5. Januar 1917; 6. Neutralitätsbericht, S. 328. 110 Vgl. Eingabe der Notstandskommission der schweizerischen Arbeiterschaft an den Bundes- rat, 14. Februar 1917, zitiert in Kurz, Dokumente, S. 250 f.; Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Winter-Session 1916/17, S. 10; BP, Lebensmittelverordnung, Notstandsaktion, 23. Februar 1917. Rechtliche Grundlagen für die Notstandsaktion wurden erst im BRB über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1917 (AS 33/46), aufgestellt. Die Kantone erliessen daraufhin eigene Vorschriften gemäss BAR, E27#1000/721#12937*, Camille Decoppet, An die Regierungen der Kantone, 6. Januar 1917. 111 7. Neutralitätsbericht, S. 252; vgl. BP, Abgabe von Konsummilch an Personen mit bescheide- nem Einkommen, 4. April l917; BAR, E27#1000/721#12937*, Abteilung für Landwirtschaft, An den Bundesrat, 3. April 1917; K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an sämtliche Kantonsregierungen betr. Abgabe von Konsummilch zu herabgesetztem Preise, 27. April 1917 (BBl. 1917/III/26); Floris, Lebensstandard, S. 113. 112 BP, Ueberwachung der Fürsorgetätigkeit der Kantone, 13. April 1917; vgl. BRB betr. die Ab- gabe von Konsummilch zu herabgesetztem Preise, 4. April 1917 (AS 33/173). 113 BP, Fonds für Arbeitslosenfürsorge, 13. März 1917; vgl. 7. Neutralitätsbericht, S. 263 f. Ein Vorschlag von Bundesrat Forrer, dem die Abgabe verbilligter Nahrungsmittel nicht weit genug ging, zur Gründung einer Zentralstelle für Fürsorge und einer «eidgenössischen Notstands- kommission» wurde indes abgelehnt. Arthur Hoffmann bestritt dabei die Existenz «eines wirk- lichen Notstandes, der zum Eingreifen nötigen würde». 114 AV des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements zum BRB vom 4. April 1917 betr. die Abgabe von Konsummilch zu herabgesetzten Preisen, 27. April 1917 (AS 33/237). 115 Vgl. Baumann, Bauernstand, S. 318, nach Zahlen des Zentralverbands schweizerischer Milch- produzenten; Eidgenössisches statistisches Bureau, Statistisches Jahrbuch der Schweiz, Jg. 27 (1918), S. 36. Laut 8. Neutralitätsbericht, S. 139, bezogen Ende Juli 1917 über 600 000 Personen vergünstigte Nahrungsmittel. 116 Vgl. BRB betr. die Abgabe von Brot zu herabgesetzten Preisen, 29. Mai 1917 (AS 33/315); K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an sämtliche Kantonsregierungen betr. die Ab- gabe von Petroleum zu reduziertem Preise an Bedürftige, 23. Februar 1917 (BBl. 1917/I/107); 8. Neutralitätsbericht, S. 139. 117 7. Neutralitätsbericht, S. 265. 118 Vgl. K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an sämtliche Kantonsregierungen betr. Abgabe von Konsummilch zu herabgesetztem Preise, 27. April 1917 (BBl. 1917/III/26); BP, Eingabe der Notstandskommission der schweizerischen Arbeiterschaft, 15. August 1916; Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Sommer-Session 1916, S. 4. 119 Zitiert in Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 5, S. 580 f.; vgl. hierzu BRB betr. den «Fonds für Arbeitslosenfürsorge», 24. März 1917 (AS 33/154); Dommer, Arbeitslosenfürsorge, S. 760; 4. Neutralitätsbericht, S. 554; Degen, Arbeitslosenversicherung, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/ D16613.php. Zur Person Howard Eugsters vgl. Specker, Gerechtigkeit, S. 27 f. 120 7. Neutralitätsbericht, S. 248; vgl. 6. Neutralitätsbericht, S. 336; BP, Fonds für Arbeitslosenfür- sorge, 13. März 1917. 121 Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 230. 122 6. Neutralitätsbericht, S. 337; vgl. Meili/Häusler, Embroidery, S. 38 f.; Tanner, Schiffchen, S. 130; Nef, Stickerei, S. 36 f.; 4. Neutralitätsbericht, S. 554 f. Anmerkungen zu Seiten 136–138 339 zurückzurück

123 BRB betr. die Gründung eines Notstandsfonds der Stickereiindustrie, 19. Dezember 1916 (AS 32/613). 124 Vgl. BRB betr. die Festsetzung von Mindeststichpreisen und von Mindeststundenlöhnen in der Stickereiindustrie, 2. März 1917 (AS 33/99); Nef, Fürsorgemassnahmen, S. 162 f.; 6. Neu- tralitätsbericht, S. 337 f. Zusätzlich wurden zum Schutz der Industrie Ausfuhrverbote für Sti- ckereien und Stickmaschinen erlassen in BRB betr. Ausfuhrverbote, 30. Juni 1917 (AS 33/459). Weitere Erlasse sowie Abkommen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden in Nef, Stickerei, S. 51, thematisiert. 125 Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 208; vgl. Reichesberg, Lage, S. 91; Tanner, Schiffchen, S. 184. 126 6. Neutralitätsbericht, S. 339; vgl. hierzu auch Meili/Häusler, Embroidery, S. 171; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 1054 f. 127 Vgl. BRB betr. Ausfuhrverbote, 25. April 1916 (AS 32/175); BRB betr. Bestrafung der Wider- handlungen gegen das Ausfuhrverbot, 11. August 1916 (AS 32/280). 128 Vgl. BRB betr. die Einfuhr von Kupfervitriol, 21. Juli 1916 (AS 32/247); BRB betr. die Kar- toffelversorgung des Landes, 11. August 1916 (AS 32/283); BRB über die Einfuhr von Futter- mitteln aller Art, 11. August 1916 (AS 32/285); Höchstpreise im Verkehr mit Eisen und Stahl, 9. Februar 1917 (AS 33/60). 129 Vgl. BRB über die Höchstpreise für Getreide, Futterartikel, Reis, Zucker und deren Mahl- und Umwandlungsprodukte, 8. August 1916 (AS 32/271); V des schweizerischen Volkswirtschafts- departements betr. den Verkauf von Käse, 5. September 1916 (AS 32/327); BRB betr. die Be- schaffung von Kälbermagen für die Käsefabrikation, 25. September 1916 (AS 32/381); BRB betr. die Versorgung der Papier- und Papierstoff-Fabriken mit Papierholz, 17. Oktober 1916 (AS 32/436); BRB betr. Verbot des Schlagens von Nussbäumen, 24. Oktober 1916 (AS 32/441); BRB betr. Verlauf von frischem Brot, 2. Februar 1917 (AS 33/42); BRB betr. Verwendung von Backmehl und Handel mit Backmehl, 2. Februar 1917 (AS 33/44); BRB betr. die obligato- rische Kontrollierung der Platinwaren, 2. Februar 1917 (AS 33/35); Herstellung und Verkauf von Kochgries aus Brotgetreide, 26. Februar 1917 (AS 33/95); Vermahlung von Maiskorn und Höchstpreise für Maismahlprodukte, 2. April 1917 (AS 33/168); BRB über die Verwendung und Vermahlung von Brotgetreide und über die Verwendung und den Verkauf der Mahlpro- dukte, 29. Mai 1917 (AS 33/317); BRB betr. die weitere Einschränkung des Vertriebes gebrann- ter Wasser durch die Alkoholverwaltung, 1. Juni 1917 (AS 33/337); BRB betr. Verwendung von Stärkezucker bei der Herstellung gewisser Sirupe, 9. Juni 1917 (AS 33/348). 130 Vgl. Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 44 f. 131 Vgl. Zoller, Notverordnungen, S. 24. 132 BRB betr. die Kartoffelversorgung des Landes, 13. September (AS 32/341); BRB betr. Papier- lieferungen, 19. Dezember 1916 (AS 32/619); vgl. BRB betr. die Ergänzung und Abänderung des BRB vom 25. März 1916 betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. August 1916 (AS 32/316). 133 Vgl. BRB betr. den Handel mit Altpapier, sowie Papier- und Pappeabfällen, 10. Juni 1916 (AS 32/201); BRB über die Sicherung der Lederversorgung des Landes und die Festsetzung von Höchstpreisen für Leder, 14. Juli 1916 (AS 32/231); V des Schweizerischen Militärdepartements betr. die Beschlagnahme von Heu und Stroh der Ernte 1916, 31. August 1916 (AS 32/324); Pflichtenheft über den Verkauf von Futterartikeln, 11. September 1916 (AS 32/365); BRB betr. die Obstversorgung des Landes, 6. Oktober 1916 (AS 32/402); BRB betr. den Handel mit Heu und Stroh, 6. Oktober 1916 (AS 32/405); BRB betr. den Handel mit Lumpen und neuen Stoff- abfällen aller Art, 17. Oktober 1916 (AS 32/429); BRB über die Sicherung der Lederversorgung des Landes und die Festsetzung von Höchstpreisen für Leder, 28. November 1916 (AS 32/501); BRB betr. den Handel mit Altmetallen und Metallabfällen, 23. Dezember 1916 (AS 32/634); BRB betr. Verwendung von Backmehl und Handel mit Backmehl, 2. Februar 1917 (AS 33/44); BRB betr. den Verkehr mit fossilen Brennstoffen, 13. Februar 1917 (AS 33/65); Höchstpreise für den Verkauf von Kohlen und Bestimmungen über den Verkehr mit fossilen Brennstoffen, 7. März 1917 (AS 33/135); BRB betr. den Verkehr mit Vieh, 13. April 1917 (AS 33/181); BRB betr. die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 18. April 1917 (AS 33/218); BRB betr. den Verkauf von Aluminium, Aluminium-Halbfabrikaten, Abfällen von Aluminium zurückzurück 340 Anmerkungen zu Seiten 138–139

und Altaluminium, 11. Mai 1917 (AS 33/265); Herstellung, Verwendung und Höchstpreise von Leder, 21. Mai 1917 (AS 33/288); Errichtung einer eidgenössischen Zentralstelle für Butterver- sorgung, 1. Juni 1917 (AS 33/341); Höchstpreise für den Verkauf von Kohlen und Bestimmun- gen über den Verkehr mit fossilen Brennstoffen, 4. Juni 1917 (AS 33/344); Obstversorgung und Obsthandel, 11. Juni 1917 (AS 33/355); BRB betr. den Handel mit Heu und Stroh, 18. Juni 1917 (AS 33/392); Ausbeutung von Torflagern und Handel mit Torf, 25. Juni 1917 (AS 33/415). 134 Stucki, Kriegswirtschaft, S. 261. 135 BRB über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1917 (AS 33/46); vgl. BRB betr. die Versorgung der Papier- und Papierstoff-Fabriken mit Papier- holz, 17. Oktober 1916 (AS 32/436); A zum BRB vom 2. Februar 1917 über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1917 (AS 33/48); Verkauf von Alu- minium, Aluminium-Halbfabrikaten und Abfällen von Aluminium, 11. Mai 1917 (AS 33/267); BRB über die Verwendung und Vermahlung von Brotgetreide und über die Verwendung und den Verkauf der Mahlprodukte, 29. Mai 1917 (AS 33/317). 136 BP, Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 14. März 1917; vgl. BRB betr. den Lebensmittelankauf, 2. Februar 1917 (AS 33/40). 137 Vgl. BRB betr. Verbot des Schlagens von Nussbäumen, 24. Oktober 1916 (AS 32/ 441); BRB betr. die Erhebung über die Kartoffelbestände und den Anbau von Kartoffeln im Jahre 1917, 4. Dezember 1916 (AS 32/573); Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 16; Frey, Rohstoffversorgung, S. 79. Zur Verwertung von Abfällen vgl. BRB betr. den Handel mit wollenen und halbwollenen Lumpen und Abfäl- len, 14. April 1916 (AS 32/161); BRB betr. den Handel mit Altpapier, sowie Papier- und Pappe- abfällen, 10. Juni 1916 (AS 32/201); BRB betr. den Handel mit Altmetallen und Metallabfällen, 23. Dezember 1916 (AS 32/634). 138 BRB betr. die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion, 16. Februar 1917 (AS 33/67); vgl. K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen, 16. Feb- ruar 1917 (BBl. 1917/I/94); 6. Neutralitätsbericht, S. 347; Auderset/Moser, Krisenerfahrungen, S. 138 f. Ein BRB mit vergleichbaren Kompetenzen zu zwangsweiser Pacht und Verpflichtung von Arbeitskräften wurde drei Monate später ebenso für Torf erlassen, vgl. BRB betr. die Aus- beutung von Torflagern und den Handel mit Torf, 24. Mai 1917 (AS 33/307). Durch den BRB betr. die Verwendung der Hülfsdienstpflichtigen zur Ausbeutung von Torf und Brennholz, 18. Juni 1917 (AS 33/387) konnten hierfür die Angehörigen des militärischen Hilfsdienstes her- angezogen werden. 139 Vgl. Anbau von Kartoffeln und Kartoffelhöchstpreise, 7. März 1917 (AS 33/131); Anbau von Tabak und andern nicht der Lebensmittelversorgung des Landes dienenden Pflanzen, 29. März 1917 (AS 33/164); BRB betr. temporäre Abänderung des Artikels 17 des BG über Jagd und Vo- gelschutz, 1. Mai 1917 (AS 33/241); BRB betr. die schweizerische Anbaustatistik für das Jahr 1917, 16. Mai 1917 (AS 33/269). 140 BRB betr. die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion, 16. Februar 1917 (AS 33/67). Laut dem 6. Neutralitätsbericht, S. 347, wurde bereits Mitte Februar 1917 mit der Schulung von 400 Kursleitern und Referenten begonnen. Vgl. in diesem Zusammenhang die privaten Initiativen zur Beratung von Frauen in Stämpfli, Grenzbesetzung, S. 376. 141 Vgl. Schweizerisches Volkswirtschaftsdepartement, Hebung der landwirtschaftlichen Produk- tion, S. 3 f.; 7. Neutralitätsbericht, S. 254; Geschäftsbericht 1917, S. 599 f.; Lüthi, Brotversor- gung, S. 98 f. 142 BRB betr. Einschränkung der Fahrpläne der Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen, 5. Januar 1917 (AS 33/13). 143 Vgl. BRB betr. Massnahmen zur Einschränkung des Gasverbrauchs, 23. Januar 1917 (AS 33/27). 144 Vgl. BRB betr. die Einschränkung der Lebenshaltung, 23. Februar 1917 (AS 33/83). Die «fleischlosen Tage» für Privathaushalte wurden im BRB betr. die Einschränkung der Lebens- haltung, 11. Juni 1917 (AS 33/353), wieder aufgehoben. Um den Brotkonsum zu senken, erliess der Bundesrat ausserdem den BRB betr. das Verbot des Verkaufs von frischem Brot, 18. Juni 1917 (AS 33/388). Anmerkungen zu Seiten 139–141 341 zurückzurück

145 Vgl. Rauchensteiner, Habsburgermonarchie, S. 212; Skalweit, Kriegsernährungswirtschaft, S. 36 f.; Zaitsev/Dolinsky, Organization, S. 167. 146 Vgl. 6. Neutralitätsbericht, S. 337 f.; Geschäftsbericht 1916, S. 656; BP, Fonds für Arbeitslosen- fürsorge, 13. März 1917; Bericht der Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1916, in: BBl. 69, Bd. III (1917), S. 388. 147 K des Schweiz. Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen betr. die Einschrän- kung der Lebenshaltung, 3. März 1917 (BBl. 1917/I/215); vgl. BP, Einschränkung der Lebens- haltung, 20. Februar 1917. 148 Vgl. 6. Neutralitätsbericht, S. 350 f. 149 K des Schweiz. Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen betr. die Einschrän- kung der Lebenshaltung, 3. März 1917 (BBl. 1917/I/215). 150 7. Neutralitätsbericht, S. 231. 151 Vgl. BRB betr. Schaffung einer Zentralstelle für die Leitung des Güterverkehrs vom Auslande nach der Schweiz, 21. Dezember 1915, in: BP, Schaffung einer Zentralstelle für die Leitung des Güterverkehrs vom Auslande nach der Schweiz, 21. Dezember 1915; BP, Schaffung einer Zentralstelle für die Leitung des Güterverkehrs vom Auslande nach der Schweiz, 2. Mai 1916; 3. Neutralitätsbericht, S. 633; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 910. 152 BRB betr. die Errichtung einer schweizerischen Zentralstelle für den Ein- und Ausfuhrtrans- port, 6. März 1917 (AS 33/123); vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 93 f. und 142 f. 153 Vgl. BRB betr. falsche Ursprungszeugnisse, 21. März 1916 (AS 32/96); BRB betr. Ursprungs- zeugnisse, 25. August 1916 (AS 32/312); VO II des Bundesrates betr. Ergänzung der VO vom 6. Mai 1890 über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt, 21. November 1916 (AS 32/485); K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. die VO II vom 21. Novem- ber 1916 zur Ergänzung der VO über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt, 21. No- vember 1916 (BBl. 1916/IV/279); BRB betr. die obligatorische Kontrollierung der Platinwaren, 2. Februar 1917 (AS 33/35); BRB betr. die Kontrollierung der zur Einfuhr gelangenden Gold-, Silber- und Platinwaren, 16. Juni 1917 (AS 33/378); Lüpold, Festung, S. 235. 154 BRB betr. Ursprungszeugnisse, 25. August 1916 (AS 32/312); vgl. 5. Neutralitätsbericht, S. 199. 155 Vgl. BRB betr. Schutz von Mietern gegen Mietzinserhöhungen und Kündigungen, 18. Juni 1917 (AS 33/397). 156 Vgl. das Urteil von Jost, Bedrohung, S. 118. 157 K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. Verwendung des Notstandsfonds für Hülfsbedürftige, 30. Juli 1915 (BBl. 1915/III/57); vgl. BP, Fonds für spezielle militärische Schenkungen, 1. Dezember 1914; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 3, S. 266 f. 158 BP, Verwendung des Notstandsfonds für Hülfsbedürftige, 20. November 1916. Der Betrag von 1,2 Millionen Franken errechnet sich aus mehreren Tranchen, bei denen der Bundesrat den Kantonen pro Kopf der Wohnbevölkerung (1910) eine feste Summe zur Verfügung stellte. Un- klar bleibt allerdings, in welchem Umfang diese den Notstandsfonds überhaupt in Anspruch nahmen und wie sie die Gelder verteilten. Die Gelder aus dem Notstandsfonds wurden auch zur Unterstützung von Auslandschweizern und bei Naturkatastrophen eingesetzt, vgl. BP, Prugiasco (Tessin, Lawinenunglück), 18. April 1917. 159 Zu den Beschwerlichkeiten des soldatischen Alltags vgl. Kreis, Insel, S. 182 f.; Steiner, Krieg, S. 7. 160 Jost, Bedrohung, S. 135; vgl. zur Unterstützung von Soldaten und deren Familien Leimgruber, Schutz, S. 78; Stämpfli, Grenzbesetzung, S. 375. 161 Vgl. Tanner, Fabrikmahlzeit, S. 276 f.; Gautschi, Landesstreik, S. 36, Joris/Schumacher, Helfen, S. 322 f. und 330; Mesmer, Pflichten, S. 351 f.; Stämpfli, Grenzbesetzung, S. 380. 162 9. Neutralitätsbericht, S. 600; vgl. BP, Subventionierung des Verbandes des Soldatenwohls aus dem Fonds für schweizerische Opfer des Krieges, 16. März 1917; BP, Finanzdepartement. Na- tionale Frauenspende, 23. Dezember 1916; V des Militärdepartements betr. die Abgabe von Schuhwerk an die Armee während des Aktivdienstes, 4. April 1916 (AS 32/140); BRB betr. Sammlung für kranke schweizerische Wehrmänner, 16. September 1916 (AS 32/369); BRB betr. eine besondere Soldzulage für die Dauer des gegenwärtigen Aktivdienstes (AS 33/865); Ak- tivdienst der Armee. Beurlaubungen mit Transportgutschein, 23. Oktober 1917 (AS 33/902); BRB betr. die Besserstellung des Wehrmannes im Aktiv- und im Instruktionsdienst, sowie bei zurückzurück 342 Anmerkungen zu Seiten 141–144

Krankheit und Unfall, und seiner Familienangehörigen in bezug auf Notunterstützung, 6. Ap- ril 1918 (AS 34/415); Mesmer, Staatsbürgerinnen, S. 46 f. 163 Vgl. BRB über Abänderung von Art. 3 der VO betreffend die Unterstützung der Angehöri- gen von Wehrmännern (Erhöhung der Notunterstützung), 11. Juni 1917 (AS 33/358); BP, Ver- band Soldatenwohl. Notunterstützung, 17. September 1917; BG über die Militärversicherung, 23. Dezember 1914 (AS 33/1097); Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 926; Mesmer, Staatsbür- gerinnen, S. 49. Nach Kriegsausbruch wurde angesichts der erwarteten finanziellen Belastung zunächst sogar noch eine Senkung der Notunterstützung diskutiert, vgl. dazu 1. Neutralitäts- bericht, S. 730 f. Laut Haas, Soldatenfürsorge, S. 816, wandten Bund, Kantone und private Or- ganisationen bis Kriegsende insgesamt 134 Millionen Franken für die Soldatenfürsorge auf. 164 Vgl. BRB betr. die Besoldung der im aktiven Militärdienst stehenden Beamten und Angestell- ten des Bundes, 5. September 1914 (AS 30/466); (AS 32/395); BRB betr. die Besoldung der eid- genössischen Beamten und Angestellten während des Militärdienstes, 17. November 1916 (AS 32/481); BB betr. die Ausrichtung von Kriegsteuerungszulagen, 3. Oktober 1916 (AS 32/395); BB betr. die Ausrichtung von ausserordentlichen Kriegsbeihülfen an das Bundespersonal für das Jahr 1917, 27. Juni 1916 (AS 33/433); Eidgenössische Staatsrechnung 1917, S. 169. 165 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 36 f. 166 3. Neutralitätsbericht, S. 606. 167 BRB betr. das Verbot des Verkaufs von frischem Brot, 18. Juni 1917 (AS 33/388); hierzu exem- plarisch BRB betr. den Vollzug der VO vom 10. August 1914 und des BRB vom 18. April 1916 gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenstän- den, 13. Juni 1916 (AS 32/202); BRB über die Verwendung und Vermahlung von Brotgetreide und über die Verwendung und den Verkauf der Mahlprodukte, 29. Mai 1917 (AS 33/317). 168 Vgl. BRB betr. die Ergänzung und Abänderung des BRB vom 25. März 1916 betr. die Versor- gung des Landes mit Milch und Milchprodukten, 25. August 1916 (AS 32/316); BRB betr. die Kartoffelversorgung des Landes, 13. September (AS 32/341); Obligatorische Kontrollierung der Platinwaren, 5. Februar 1917 (AS 33/53). 169 Vgl. insbesondere Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 42 f.; ausserdem Schoch, Massnah- men, S. 371; BP, Eingabe des Verbandes schweiz. Sägereibesitzer & Holzhändler, 29. Septem- ber 1917; Stucki, Kriegswirtschaft, S. 262; Waldkirch, Notverordnungen, S. 85; Landolt-Cotti, Wirkungen, S. 21 f.; Geschäftsbericht 1915, S. 68 f. Renggli, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 82 f., überspringt den Ersten Weltkrieg in seiner Darstellung des Themas in der Festgabe für Edmund Schulthess komplett. 170 Vgl. Die wirtschaftliche Lage der Schweiz, in: Berner Intelligenzblatt, 24. Januar 1916; Gruner et al., Wahlen, S. 785; HSSO, Tab. X.20. 171 Vgl. Walther, Aus schweren Tagen, S. 412; Neidhart, Politik, S. 26 f. 172 Herman Greulich, zitiert in Walther, Aus schweren Tagen, S. 412; vgl. Bundesversammlung, in: Berner Intelligenzblatt, 17. Dezember 1914; Voigt, Grimm, S. 116; Greter, Militärpolitik, S. 236 f. 173 Vgl. BB betr. Änderung des BG betr. das Tarifwesen der Schweizerischen Bundesbahnen vom 27. Juni 1901, 22. Dezember 1914 (AS 30/678); BB betr. Massnahmen zur sofortigen Vermeh- rung der Einnahmen des Bundes, 23. Dezember 1914 (AS 30/672). 174 Aus dem Nationalrat, in: NZZ, 25. Dezember 1914, Erstes Blatt. 175 Vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 132; Kurz, Dokumente, S. 93. 176 Vgl. Praz, Monde, S. 174; Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, in: NZZ, 15. Juni 1915, Zweites Abendblatt. 177 A l’assemblée libérale de Vevey, in: Gazette de Lausanne, 20. Oktober 1914. 178 Vgl. Paix durable, in: Gazette de Lausanne, 28. Mai 1915; Une mesure maladroite, in: Journal de Genève, 12. Juni 1915. 179 Conseil national, in: Gazette de Lausanne, 16. Juni 1915; vgl. Kurz, Dokumente, S. 93. 180 Aus den Verhandlungen der Bundesversammlung, in: NZZ, 15. Juni 1915, Zweites Abendblatt; vgl. Les libertés constitutionnelles au Conseil national, in: Journal de Genève, 17. Juni 1915. 181 Ador bezog sich hier wohl auf die Rechenschaftspflicht des Vollmachtenbeschlusses. Ein sol- cher Bericht wurde im Übrigen auch nach dem Krieg nie erstattet. Anmerkungen zu Seiten 145–148 343 zurückzurück

182 Conseil national, in: Gazette de Lausanne, 16. Juni 1915; vgl. Die Zensurdebatte im National- rat, in: NZZ, 16. Juni 1915, Erstes Morgenblatt; Neidhart, Politik, S. 43. 183 Vgl. Seippel, Wahrheiten, S. 39; Vallotton, Suisse, S. 7; Zurlinden, Der Weltkrieg und die Schweizer, S. 97; Elsig, Schrapnells, S. 107; Kreis, Insel, S. 199 und 282. 184 Redaktion, En Suisse: l’état de guerre, S. 118 f. 185 Redaktion, En Suisse: la question militaire, S. 311. 186 Die Zensurdebatte im Nationalrat, in: NZZ, 16. Juni 1915, Erstes Morgenblatt. 187 Un garde-à-vous, in: Journal de Genève, 15. Juni 1915. 188 Ebd. 189 Après la session, in: Gazette de Lausanne, 22. Juni 1915. 190 Die Zensurdebatte im Nationalrat, in: NZZ, 16. Juni 1915, Erstes Morgenblatt. 191 Vgl. Ruffieux, Suisse, S. 38 f. Der Antrag der Neutralitätskommission des Nationalrats zum 2. Neutralitätsbericht sowie verschiedene Wortmeldungen in der Debatte verweisen in diesem Zusammenhang explizit auf den Konflikt um den 1909 geschlossenen Gotthardvertrag. Vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Carl Spahn, Bericht zum Antrag der Kommission des National- rates, 3. März 1916; Bosshard, Gotthardvertrag, S. 156; Sprecher, Erstarken, S. 16. 192 Nach der Debatte, in: NZZ, 16. März 1916, Erstes Abendblatt. Zur Haltung der Westschweiz gegenüber der Armeespitze vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 55. 193 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 47; Greter, Militärpolitik, S. 238; Sozialdemokratische Partei des Kantons Bern, Burgfrieden, S. 2. Weitere Vorstösse zur Aufkündigung des Burgfriedens kamen aus Neuenburg und Zürich, vgl. Greter, Militärpolitik, S. 249. 194 Das Manifest von Zimmerwald, zitiert in Kurz, Dokumente, S. 187 f. Zu den Konferenzen von Zimmerwald und Kiental vgl. Kreis, Insel, S. 210 f.; Erb, Vorgeschichte, S. 440 f., und den von Bernard Degen und Julia Richers herausgegebenen Sammelband «Zimmerwald und Kiental» (2015). Bereits Ende 1914 hatte sich Charles Naine gegen Krieg und «despotisme» ausgespro- chen, Högger, Naine, S. 145. 195 Vgl. Redaktion, Der Kampf der Holzarbeiter, S. 3; Grimm, Wir müssen wagen, S. 69 f.; zum Konflikt zwischen Grimm und Greulich Voigt, Grimm, S. 120 f. 196 Wigger, Krieg, S. 77; vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 56; Schmid-Ammann, Generalstreik, S. 44 f.; Jost, Linksradikalismus, S. 66 und 190 f.; Erb, Vorgeschichte, S. 483; Engel, Festseuche, S. 23 f.; Bretscher, Wandlungen, S. 92; differenzierend Lezzi, Arbeiterbewegung, 192; Greter, Militärpolitik, S. 238 und 250. 197 Vgl. Erb, Vorgeschichte, S. 433; Gautschi, Landesstreik, S. 60. 198 Vgl. Grumbach, Irrtum, S. 67; Erb, Vorgeschichte, S. 370 f.; Burkhard, Milchpreisteuerung, S. 62 f.; Schmid-Ammann, Generalstreik, S. 22 f.; Baumann, Bauernstand, S. 333 f. Laut Voigt, Grimm, S. 113; Greter, Militärpolitik, S. 323, begann die Distanzierung von der Burgfriedens- politik und die Rückkehr zu einem dezidierten Antimilitarismus und Antiimperialismus bereits im Spätsommer 1914. 199 Vgl. Erb, Vorgeschichte, S. 376. 200 Zitiert in Voigt, Grimm, S. 133. 201 Zitiert in Erb, Vorgeschichte, S. 488. Mit 258 zu 141 Stimmen wurde ausserdem der nicht zu- letzt an die ausländischen Genossen gerichtete Aufruf zur «revolutionären Aktion der Arbei- terklasse» gutgeheissen. 202 Zur Militärjustiz-Initiative, die im August 1916 eingereicht wurde, vgl. Bericht des Bundes- rates an die Bundesversammlung über das Volksbegehren betreffend Aufnahme eines Artikels 58bis in die Bundesverfassung (Aufhebung der Militärjustiz), in: BBl. 68, Bd. IV (1916), S. 76; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 399; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 955 f.; Kurz, Doku- mente, S. 160; Germann, Vertrauensmissbrauch, S. 201. Zur im September 1917 eingereichten Initiative für eine direkte Bundessteuer vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversamm- lung über das Volksbegehren betreffend Aufnahme eines Artikels 41bis in die Bundesverfassung und Abänderung des Artikels 42, lit. f derselben (Einführung der direkten Bundessteuer), in: BBl. 69, Bd. IV (1917), S. 164; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 394 f.; Burckhardt, Bundes- recht, Bd. 4, S. 1033; Steinmann, Zeit, S. 191; Greter, Militärpolitik, S. 237; Greyerz, Bundes- staat, S. 1128; Neidhart, Plebiszit, S. 187; Wigger, Krieg, S. 110 f.; Tanner, Geschichte, S. 145. 203 Bretscher, Wandlungen, S. 92; vgl. Voigt, Grimm, S. 134. zurückzurück 344 Anmerkungen zu Seiten 148–151

204 Vgl. Erb, Vorgeschichte, S. 482; Bolliger, Arbeiterbewegung, S. 33. 205 Die Zahl nennt Erb, Vorgeschichte, S. 485, ohne Angabe einer Quelle. Vgl. Greter. Militärpoli- tik, S. 264; Voigt, Grimm, S. 131. 206 Flugblatt, Was die Masse der Parteigenossen denkt, zitiert in Erb, Vorgeschichte, S. 484. 207 Bolliger, Arbeiterbewegung, S. 33; vgl. Meier, Lebensmittelmarkt, S. 27 f.; Baumann, Bau- ernstand, S. 334; Frick, Klassenkampf, S. 56; Erb, Vorgeschichte, S. 490; Cottier, Liberalismus, S. 55 f.; Pfeifer, Frauen, S. 94. Wie die Erwähnung in Lorenz, Elemente, S. 132, zeigt, war es be- reits vor dem Krieg zu «grossen» Demonstrationen gegen die Teuerung gekommen. 208 Redaktion, Wuchergeschäfte, S. 76. 209 Vgl. Praz, Monde, S. 159 und 171; Schoch, Oberstenaffäre, S. 64; Devant le consulat allemand, in: Gazette de Lausanne, 28. Januar 1916; L’incident de Lausanne, in: Journal de Genève, 29. Januar 1916; Swiss Mob Rips Down German Consul’s Flag, in: The New York Times, 28. Januar 1916. 210 Vgl. Une grave affaire, in: Gazette de Lausanne, 13. Januar 1916; Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 374; 2. Neutralitätsbericht, S. 120. 211 Vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 15; Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 163; Mittler, Weg, S. 717 und 769 f. 212 Laut BAR, E1301#1960/51#176*, Carl Spahn, Bericht zum Antrag der Kommission des Natio- nalrates, 3. März 1916, handelte es sich sogar um die schwerste Krise seit der Französischen Revolution. 213 Vgl. Tagebuch Karl Scheurer, 8. Januar 1916, zitiert in Schoch, Oberstenaffäre, S. 31. 214 Vgl. BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Neutralitätswidriges Verhalten der Obersten Egli u. Wattenwil, 11. Januar 1916; Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 363; Steiner, Obers- tenaffäre, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10909. Mit der administrativen Voruntersuchung wurde der bei der Konzeption der Militärgerichtsbarkeit federführende Jurist Max Huber be- auftragt, vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 38, und Kapitel 2.6. 215 Le renvoi devant la justice militaire, in: Journal de Genève, 21. Januar 1916; vgl. La manifesta- tion de Neuchâtel, in: La Sentinelle, 19. Januar 1916; Mise en garde, in: La Revue, 17. Januar 1916; Schoch, Oberstenaffäre, S. 40. 216 Vgl. BAR, E27#1000/721#9514-2*, A. Marcuard, Die schweizerische Presse und die Obers- ten-Affäre, S. 7; Steinmann, Zeit, S. 136; Schoch, Oberstenaffäre, S. 43; zur Sicht des Auslands Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 393. 217 Vgl. Les manifestations de la rue Pichard, in: Gazette de Lausanne, 2. Februar 1916. 218 Une résolution de L’Union libérale romande, in: Journal de Genève, 4. Februar 1916. 219 2. Neutralitätsbericht, S. 121; vgl. La manifestation de Tavannes, in: La Sentinelle, 1. Februar 1916; Zur Generalsaffäre, in: Centralschweizerischer Demokrat, 5. Februar 1916; Kurz, Doku- mente, 136; Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 161. 220 L’affaire de l’Etat-Major, in: Gazette de Lausanne, 7. Februar 1916, übersetzt in Kurz, Doku- mente, S. 136; vgl. Redaktion, Resolution der Waadtländer Deputation, S. 434 f. Die Resolution entgegen nahmen die Bundesräte Decoppet, Motta und Hoffmann. 221 Vgl. Aus den Verhandlungen des Bundesrates, in: BBl. 68, Bd. I (1916), S. 101; 2. Neutralitäts- bericht, S. 120; Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 377; BAR, E1301#1960/51#176*, Camille Decoppet, Der schweizerische Bundesrat an die Mitglieder des National- und Ständerates, 22. Februar 1916. 222 BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Beruhigungs-Massnahmen. Ver- hältnis zwischen Militär- & Zivilgewalt, 8. Februar 1916; vgl. La délégation vaudoise à Berne, in: Gazette de Lausanne, 8. Februar 1916. 223 1. Neutralitätsbericht, S. 758. 224 Ebd., S. 707. 225 Vgl. BP, Berichte über die ausserordentlichen Massnahmen, 4. Januar 1916; Neidhart, Politik, S. 66 f. Über den Entstehungsprozess der Berichte sind nur noch aus dem SMD Unterlagen vorhanden, vgl. dazu BAR, E22#1000/134#816*, Theophil Sprecher, An das Schweizerische Militärdepartement, 25. Februar 1916. 226 2. Neutralitätsbericht, S. 133 f.; zum Entstehungsprozess vgl. BP, Verhältnis zwischen Zivil- & Militärgewalt, 11. Februar 1916. 227 2. Neutralitätsbericht, S. 121. Anmerkungen zu Seiten 152–155 345 zurückzurück

228 Ebd., S. 122, zitiert auch in Kurz, Dokumente, S. 138; vgl. Kälin, Aspekte, S. 96. 229 2. Neutralitätsbericht, S. 123. Dies war eine Entgegnung auf Zeitungsartikel, welche im Vorfeld die Notwendigkeit der Vollmachten infrage gestellt hatten, wie Les pleins pouvoirs, in: Le Pays, 8. Februar 1916. 230 2. Neutralitätsbericht, S. 134. 231 Zur Pressekontrolle im Frühjahr 1916 vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 61 f. 232 2. Neutralitätsbericht, S. 127. 233 Vgl. Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 382; BAR, E27#1000/721#9514-1*, Hans Bäschlin, Hauptver- handlung in der Militärstrafsache der Obersten i/G Egli und von Wattenwyl, 29. Februar 1916, S. 316; Entspannung?, in: Der Bund, 5. März 1916, Morgenblatt. 234 Vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 94; Sprecher, Generalstabschef, S. 397; Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 163; BAR, E27#1000/721#9514-1*, Hans Bäschlin, Hauptverhandlung in der Mili- tärstrafsache der Obersten i/G Egli und von Wattenwyl, 29. Februar 1916, S. 180. Die frag- lichen Aussagen sind auch zitiert in Kurz, Dokumente, S. 131 f. Der Ausgang des Prozesses fand im In- und Ausland grosse Beachtung, vgl. dazu Das Disziplinarurteil gegen die Obersten Egli und v. Wattenwyl, in: Berliner Tageblatt, 2. März 1916; L’effet du jugement sur le public suisse, in: L’Écho de Paris, 2. März 1916; The Two Colonels and Swiss Opinion, in: The Times, 10. März 1916; Edouard Secretan, L’acquittement de Zurich, in: Gazette de Lausanne, 1. März 1916; Nouveaux héros, in: Le Grutléen, 3. März 1916; Après le verdict de Zurich, in: La Suisse, 4. März 1916; Die Stimmung in der Westschweiz, in: Berner Tagwacht, 3. März 1916; Das Er- gebnis, in: Volksrecht, 2. März 1916. 235 Zitiert und übersetzt in BP, Strafrechtliche Verfolgung Ferraris, 4. März 1916; vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 99; Politicus, Ferraris, S. 2. 236 Vgl. BP, Zweiter Bericht über die ausserordentlichen Vollmachten. Art der Beratung, 22. Feb- ruar 1916. 237 Vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Carl Spahn, Bericht zum Antrag der Kommission des Natio- nalrates, 3. März 1916. 238 BAR, E1301#1960/51#176*, Neutralitätskommission des Nationalrats, Antrag der Kommis- sion, 3. März 1916; vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 102 und 138; Die Beschlüsse der Kommis- sionen zur Behandlung der Neutralitätsmassnahmen, in: NZZ, 3. März 1916, Erstes Abendblatt; Entspannung?, in: Der Bund, 5. März 1916, Morgenblatt und Résolutions gouvernementales, in: Le Temps, 5. März 1916. 239 Vgl. Die Neutralitätskrisis vor dem Nationalrat, in: Berner Tagwacht, 7. März 1916. Wie zur Oberstenaffäre stellte das Pressebüro des Armeestabs im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit auch zur Neutralitätsdebatte eine umfangreiche Sammlung von rund 400 Zeitungsausschnitten aus dem In- und Ausland zusammen, die einen wertvollen Einblick in die verschiedenen Stand- punkte der Debatte bietet: BAR, E27#1000/721#9514-4*, Verbotener Nachrichtendienst der Obersten Egli und von Wattenwyl [Oberstenaffäre], 1916. 240 Zu Arthur Eugster vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 41 f. 241 Schweizerische Bundesversammlung, in: BBl. 68, Bd. I (1916), S. 429 f. 242 Ebd., S. 432. 243 BAR, E1301#1960/51#176*, Carl Spahn, Bericht zum Antrag der Kommission des National- rates, 3. März 1916. 244 Vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Edouard Secretan, Protokoll der 1. Sitzung des Schweizeri- schen Nationalrates, 6. März 1916; zur «Affäre Sprecher» Sprecher, Generalstabschef, S. 399; Schoch, Oberstenaffäre, S. 104 f. Secretans Haltung im Parlament deutete sich bereits in einem Kommentar zum Oberstenprozess an, vgl. Edouard Secretan, L’acquittement de Zurich, Ga- zette de Lausanne, 1. März 1916. 245 Aus dem Nationalrat, in: NZZ, 7. März 1916, Erstes Abendblatt. 246 BAR, E1301#1960/51#176*, Ernest Chuard, Protokoll der 2. Sitzung des Schweizerischen Na- tionalrates, 7. März 1916; vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 102; Kurz, Dokumente, S. 139. Die FDP-Fraktion hatte sich bereits vor der Debatte grundsätzlich auf die Zustimmung zum Neu- tralitätsbericht geeinigt, vgl. Eidgenossenschaft, in: NZZ, 6. März 1916, Abendblatt. 247 BAR, E1301#1960/51#176*, Giuseppe Motta, Auszug aus der Rede des Herrn Bundesrat Motta, 14. März 1916. zurückzurück 346 Anmerkungen zu Seiten 155–157

248 Vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Antrag der HH. Grimm und Mitunterzeichner, 7. März 1916. 249 BAR, E1301#1960/51#176*, Arthur Hoffmann, Protokoll der 5. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 9. März 1916. 250 Vgl. K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. die zeitweilige Zulassung von Ausnahmen zum Fabrikgesetz (BBl. 1914/IV/37). 251 BAR, E1301#1960/51#176*, Robert Grimm, Protokoll der 5. Sitzung des Schweizerischen Na- tionalrates, 9. März 1916. 252 Pleins pouvoirs et neutralité, in: Journal de Genève, 10. März 1916; vgl. Un gouvernement de force!, in: La Sentinelle, 28. Februar 1916. 253 BAR, E1301#1960/51#176*, Ernest Paul Graber, Protokoll der 6. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 10. März 1916. Der Bericht des «Journal de Genève» erwähnt diese Äusserungen nicht. 254 BAR, E1301#1960/51#176*, Charles Naine, Protokoll der 8. Sitzung des Schweizerischen Na- tionalrates, 13. März 1916. 255 BAR, E1301#1960/51#176*, Robert Grimm, Protokoll der 5. Sitzung des Schweizerischen Na- tionalrates, 9. März 1916. 256 Vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Postulat des Hrn. Fazy, 7. März 1916; BAR, E1301#1960/51#176*, Antrag der HH. Sigg-Zürich und Mitunterzeichner, 8. März 1916; BAR, E1301#1960/51#176*, Antrag der HH. Graber und Naine, 8. März 1916; vgl. Kurz, Doku- mente, S. 139. 257 Vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Giuseppe Motta, Auszug aus der Rede des Herrn Bundesrat Motta, 14. März 1916, S. 1, und Kapitel 1.1. 258 BAR, E22#1000/134#816*, Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, Bun- desbeschluss betr. Genehmigung des zweiten Berichtes des Bundesrates, 16. März 1916; zitiert in Kurz, Dokumente, S. 139; vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Neutralitätskommission des Na- tionalrats, Antrag der Kommission, 3. März 1916; Munzinger, Rede, S. 58; Burckhardt, Bun- desrecht, Bd. 2, S. 822. Wie zuvor der Oberstenprozess fand auch der Beschluss der Bundesver- sammlung im Ausland Beachtung; allerdings gab die «New York Times» den Sachverhalt nicht ganz korrekt wieder, wenn sie schrieb: «The military authorities should be permitted to retain in full the powers granted to them at the outbreak of the war.» Swiss Army to control, in: The New York Times, 16. März 1916; vgl. Swiss Neutrality, in: The Times, 16. März 1916. 259 Conseil national, in: Gazette de Lausanne, 15. März 1916; Millioud, Sommes-nous rassurés?, S. 181; Tingsten, Pleins pouvoirs, S. 82; vgl. BAR, E1301#1960/51#176*, Protokoll der 11. Sit- zung des Schweizerischen Nationalrates, 15. März 1916. Mit der Annahme des Kommissions- antrags wurde der Antrag Grimm verworfen. Die Anträge von Naine und Graber wurden ge- gen jeweils drei Stimmen (Graber, Naine und Willemin) abgelehnt. Vgl. dazu auch Schoch, Oberstenaffäre, S. 106. 260 2. Neutralitätsbericht, S. 122. 261 BB betr. Genehmigung des zweiten Berichtes des Bundesrates vom 19. Februar 1916 über die von ihm auf Grund des BB vom 3. August 1914 getroffenen Massnahmen, 16. März 1916 (AS 32/91). 262 Vgl. Jèze, Exécutif, S. 90 f.; Ruffieux, Suisse, S. 22 f. 263 La conclusion du Débat, in: Journal de Genève, 16. März 1916; vgl. den Vorschlag Mottas zur Schliessung eines «Berner Vertrags» in BAR, E1301#1960/51#176*, Giuseppe Motta, Auszug aus der Rede des Herrn Bundesrat Motta, 14. März 1916, S. 4. 264 Vgl. La commission de la neutralité, in: Journal de Genève, 25. Mai 1916; Jèze, Exécutif, S. 92; Neidhart, Politik, S. 66 f. Einen Überblick über die parlamentarische Behandlung der Berichte und eingereichte Anträge bietet Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 819–829. 265 Assemblée fédérale, in: Journal de Genève, 17. Dezember 1915; vgl. BAR, E22#1000/134#816*, Schweizerischer Nationalrat, Postulate des Nationalrates, 21. Juni 1916; Jèze, Exécutif, S. 91. 266 Nach der Debatte, in: NZZ, 16. März 1916, Erstes Abendblatt; vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 101; Kurz, Dokumente, S. 136. 267 Steinmann, Zeit, S. 135; vgl. Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 360. 268 Die Frage, inwiefern Oberstenaffäre und Parlamentsdebatte unter dem Einfluss des Auslands standen, kann hier nicht behandelt werden. Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 398, weist auf franzö- Anmerkungen zu Seiten 158–160 347 zurückzurück

sische Interessen bis zur Offensive bei Verdun und den Plan für eine Invasion der Schweiz im Winter 1915/16 hin. 269 Die Verteidigung von Verdun, in: NZZ, 15. März 1916, Zweites Mittagblatt; vgl. Prestige décli- nant, in: Gazette de Lausanne, 6. März 1916; L’attente, in: Journal de Genève, 9. März 1916; A propos de Verdun, in: Gazette de Lausanne, 15. März 1916; Zurlinden, Weltkrieg, Bd. 1, S. 25. Zur Schlacht um Verdun vgl. Krumeich, Verdun, S. 943 f.; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 437. 270 BAR, E1301#1960/51#176*, Jean-Marie Musy, Protokoll der 10. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 14. März 1916; vgl. Fuhrer, Armee, 533; Schaltegger/Schmid, Anleihemarkt, S. 6; Steiner, Oberstenaffäre, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10909. Laut Schoch, Obersten- affäre, S. 106, beabsichtigte Theophil Sprecher zurückzutreten, wenn das Parlament seinen Wil- len zur Verteidigung der Neutralität infrage stellen sollte. 271 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 820; vgl. Greyerz, Bundesstaat, S. 1132. 272 BAR, E1301#1960/51#176*, Ernest Daucourt, Protokoll der 4. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 8. März 1916; vgl. dazu Kurz, Dokumente, S. 137; vgl. Une protestation, in: Le Démocrate, 1. Februar 1916; La Crise, in: La Revue, 5. Februar 1916; Schoch, Obersten- affäre, S. 53 f. 273 Pleins pouvoirs et neutralité, in: Journal de Genève, 15 März 1916; vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 101, sowie die Äusserungen von Ulrich Wille, zitiert in Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 360 f. Vermutlich an die Adresse der Arbeiterzeitungen gerichtet, bezeichnete der Bundeshauskor- respondent der NZZ solche Befürchtungen indessen als «masslose Uebertreibungen» einer «Hetzpresse», um die Bevölkerung gegen Regierung und Armee aufzuwiegeln. Die Motive für diese Agitation nannte er allerdings nicht, vgl. Aus dem Nationalrat, in: NZZ, 9. März 1916, Erstes Morgenblatt. 274 Vgl. Rapold, Bewährung, S. 194; VonderMühll, Organisation, S. 141 f.; Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft, in: BBl. 59, Bd. II (1907), S. 1062. 275 Vgl. Au commissariat de l’armée, in: Gazette de Lausanne, 8. Februar 1916; Schoch, Obers- tenaffäre, S. 69. Schoch bezeichnet den verantwortlichen Offizier fälschlicherweise als «Rudolf Obrecht», vgl. dazu Wille/Sprecher, Bericht, S. 141. 276 Vgl. L’«affaire» du commissariat militaire, in: Journal de Genève, 12. Februar 1916; Luciri, Neutralité, S. 252. 277 Vgl. «Eine neue Affäre», in: Berner Intelligenzblatt, 9. Februar 1916. 278 Vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 70; Luciri, Neutralité, S. 162; Rapold, Bewährung, S. 329 f. Beim gravierendsten Fall handelte es sich um den Verkauf einer grösseren Menge Tuch für Ar- meeuniformen nach Österreich-Ungarn, von der die Schweizer Armee nur 10 Prozent erhielt. 279 Vgl. Laur, Erinnerungen, S. 147; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 716; Burckhardt, Bundes- recht, Bd. 4, S. 559; Steinmann, Zeit, S. 146, und die bei Weber, Amerikanische Verheissung, S. 79, erwähnten Fälle. Ohne Angabe von Gründen hatte das FZD schon im Juni 1915 die Revision der Rechnungen von OKK und AKK an externe Wirtschaftsprüfer übergeben, vgl. 3. Neutralitätsbericht, S. 598. 280 BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Verhältnisse des Armeekriegskom- missariates, 4. Februar 1916. 281 BP, Warenimport, 25. Mai 1915. 282 BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Verhältnisse des Armeekriegskom- missariates, 4. Februar 1916. 283 Vgl. BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Verhältnisse des Armeekriegs- kommissariates, 5. Februar 1916; BAR, E1301#1960/51#176*, Carl Spahn, Bericht zum Antrag der Kommission des Nationalrates, 3. März 1916. 284 BAR, E27#1000/721#9514-1*, Ulrich Wille, An Herrn Bundespräsident Decoppet, 17. Mai 1916; vgl. Fuhrer, Oberstenaffäre, S. 381; Kurz, Dokumente, S. 135; Schoch, Oberstenaffäre, S. 77; BAR, E27#1000/721#9514-1*, J. Zingg, An den Chef des Transportdienstes, 29. Februar 1916. 285 Vgl. Le texte de la commission, amendé, est adopté, in: Journal de Genève, 16. März 1916; Wag- nière, Suisse, S. 108. zurückzurück 348 Anmerkungen zu Seiten 160–163

286 Vgl. BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Vorbereitung zu Truppentrans- porten nach dem Welschland, 5. Juni 1916. 287 Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 168; vgl. Edouard Secretan, Une étrange doctrine, in: Gazette de Lausanne, 26. Januar 1916. 288 Mesures assurant la neutralité, in: Journal de Genève, 24. Juni 1916; vgl. Neutralitätskommis- sion, in: Berner Tagwacht, 6. Juni 1916. 289 Vgl. BAR, E27#1000/721#9514-1*, Theophil Sprecher, An den Chef des Schweiz. Militärdepar- tements, 30. Mai 1916; Schoch, Oberstenaffäre, S. 79. 290 Vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 44; Zeller, Ruhe, S. 7; Kurz, Dokumente, S. 137; Mül- ler, Sicherheit, S. 208 f.; Edouard Secretan, Un débat étouffé, in: Gazette de Lausanne, 26. Juni 1916. 291 BAR, E27#1000/721#9514-1*, Ulrich Wille, An Nationalrat Dr. Spahn, 13. Juni 1916; vgl. Neu- tralitätsbericht, in: Der Bund, 24. Juni 1916, Morgenblatt. Wille wiederholte diese Auffassung seiner Aufgaben nach Kriegsende in Wille/Sprecher, Bericht, S. 1 f. 292 BAR, E27#1000/721#9514-1*, Ulrich Wille, An Nationalrat Dr. Spahn, 13. Juni 1916; vgl. Instruktion für den General, zitiert in Kurz, Dokumente, S. 32. Die Instruktion folgte weit- gehend einem Entwurf Theophil Sprechers, vgl. Rapold, Bewährung, S. 182. 293 Vgl. Bonjour, Souvenirs, S. 238; Chuard, Centenaire, S. 146; Mittler, Weg, S. 780 f. In den Pro- tokollen des Bundesrats wird die Rücktrittsabsicht Decoppets nicht erwähnt. 294 Vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 81; Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 168; BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Vorbereitung zu Truppentransporten nach dem Welschland, 19. Juni 1916. 295 Aus der Bundesversammlung, in: NZZ, 24. Juni 1916, Erstes Morgenblatt; vgl. BP, Vorberei- tung zu Truppentransporten nach dem Welschland, 23. Juni 1916. 296 Aus der Bundesversammlung, in: NZZ, 24. Juni 1916, Drittes Mittagblatt. 297 Vgl. Mittler, Weg, S. 764. 298 Edouard Secretan, Un débat étouffé, in: Gazette de Lausanne, 26. Juni 1916. Zeller, Ruhe, S. 32 f., relativiert die Wirkung dieser Kompetenzabgrenzung zwischen Armeekommando und Bundesrat. 299 Vgl. Schoch, Oberstenaffäre, S. 83; Ernst, Ordnung, S. 113; Stämpfli, General, S. 421 f.; Müller, Sicherheit, S. 209 f.; Böschenstein, General, S. 527 f. 300 Vgl. BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Beruhigungs-Massnahmen. Verhältnis zwischen Militär- & Zivilgewalt, 8. Februar 1916; BP, Verhältnis zwischen Zivil- & Militärgewalt, 11. Februar 1916 und BP, Verhältnis zwischen Militär- und Zivilgewalt, 11. Feb- ruar 1916. 301 2. Neutralitätsbericht, S. 135 f. Weitaus kritischer äusserten sich die Bundesräte in BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Beruhigungs-Massnahmen. Verhältnis zwischen Militär- u. Zivilgewalt, 8. Februar 1916. 302 BRB betr. Einschränkung der Militärgerichtsbarkeit, 9. Juli 1915 (AS 31/258); vgl. Steiner, Krieg, S. 18. 303 BRB betr. Bestrafung der Widerhandlungen gegen das Ausfuhrverbot, 30. Dezember 1915 (AS 31/486). 304 BRB betr. Übertragung von Kompetenzen der Militärgerichte an die bürgerlichen Gerichte, 12. Februar 1916 (AS 32/44). 305 2. Neutralitätsbericht, S. 138. Laut Steiner, Krieg, S. 33, waren zwischen 1914 und 1915 rund 20 Prozent der durch Militärgerichte Verurteilten Zivilisten. 306 Wille/Sprecher, Bericht, S. 436. 307 Vgl. BRB betr. den Nachrichtendienst zugunsten fremder Mächte, 22. Februar 1916 (AS 32/60); Beutler, Staatsschutz, S. 38; Müller, Sicherheit, S. 200. Eine weitere Entlastung der Militär- gerichte bewirkte der BRB betr. Disziplinarkompetenzen gegenüber Zivilpersonen, 3. Novem- ber 1916 (AS 32/470), wodurch allerdings keine Übertragung an die zivile Justiz vorgenommen wurde, sondern die Territorialkommandanten (mildere) Strafen selbst verhängen konnten, vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 973 f. 308 Vgl. 2. Neutralitätsbericht, S. 136. 309 BAR, E27#1000/721#8831*, Ulrich Wille, An das Schweiz. Militärdepartement, 11. November Anmerkungen zu Seiten 163–166 349 zurückzurück

1915. Laut diesem Schreiben hatte das SMD ähnliche Anträge gestellt. Vgl. dazu auch Steiner, Krieg, S. 21 f. 310 BAR, E27#1000/721#8831*, Ulrich Wille, An das schweizerische Militärdepartement, 5. Juni 1915; vgl. BAR, E27#1000/721#8831*, Max Huber, An den Herrn General, 22. Dezember 1915. 311 Vgl. Steiner, Krieg, S. 22. 312 Vgl. BAR, E27#1000/721#8831*, Ulrich Wille, An das schweizerische Militärdepartement, 31. Dezember 1915. Wille und Huber beanstandeten insbesondere den BRB über die Siche- rung der Brotversorgung des Landes, 13. Dezember 1915 (AS 31/435), und die V des Schwei- zerischen Militärdepartements über die Beschaffenheit des Vollmehles, 15. Dezember 1915 (AS 31/439). 313 Vgl. hierzu die Erläuterungen im K des schweizerischen Justiz- und Polizeidepartements an die Regierungen der Kantone betreffend die Übertragung von Kompetenzen der Militärgerichte an die bürgerlichen Gerichte, 7. März 1916 (BBl. 1916/I/438). 314 Vgl. BAR, E6351B#1000/1040#15149*, Giuseppe Motta, An das Schweiz. Justiz- und Polizei- departement, 10. Februar 1916; BP, Kompetenzen der Militärgerichte und der bürgerlichen Ge- richte, 12. Februar 1916. 315 Vgl. BAR, E4110A#1000/1801#258*, Ulrich Wille, An den Herrn Bundespräsidenten, 12. Feb- ruar 1916. 316 BAR, E1005#1000/16#3*, Geheime Bundesratsprotokolle, Verhältnisse des Armeekriegskom- missariates, 4. Februar 1916. 317 BRB betr. Zuständigkeit für die Ausgaben der Armee während der Zeit der Kriegsmobil- machung, 12. Februar 1916 (AS 32/43); vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 1042; 2. Neu- tralitätsbericht, S. 136 f. 318 2. Neutralitätsbericht, S. 137; vgl. BRB betr. den Dienst der Heerespolizei, 12. Februar 1916 (AS 32/42). 319 Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft, in: BBl. 59, Bd. II (1907), S. 1073; vgl. BRB betr. Aufhebung des Kriegsbetriebes der Eisenbahnen und Dampfschiffunterneh- mungen, 16. Februar 1916 (AS 32/49); BRB betr. Aufhebung des Kriegsbetriebes der Trans- portanstalten, 29. Februar 1916 (AS 32/70). 320 Vgl. BP, Wiederherstellung des Zivilbetriebes der Eisenbahnen, 15. Februar 1916; BP, Wieder- herstellung des Zivilbetriebes der Eisenbahnen, 16. Februar 1916; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 911; Bolliger, Kriegsbetrieb, S. 116. 321 BRB betr. den Dienstverkehr zwischen dem Armeekommando und den schweizerischen Ei- senbahn- und vom Bunde konzessionierten Schiffahrtsunternehmungen, 20. Februar 1917 (AS 33/81). Durch den BRB betr. bewaffnete Bahnbewachung durch das Bahnpersonal im Frie- densbetrieb, 25. August 1916 (AS 32/314) konnte die Armee die Infrastruktur ausserdem wei- terhin durch Angestellte der Eisenbahnen bewachen lassen. 322 BAR, E1301#1960/51#176*, Camille Decoppet, Protokoll der 3. Sitzung des Schweizerischen Nationalrates, 8. März 1916. 323 BP, Verhältnisse zwischen der Armee und Zivilgewalt, 4. Februar 1916; vgl. Rapold, Bewäh- rung, S. 188; Stämpfli, General, S. 422; Schoch, Oberstenaffäre, S. 82. 324 BAR, E1301#1960/51#176*, Paul Maillefer, Protokoll der 3. Sitzung des Schweizerischen Na- tionalrates, 8. März 1916. 325 Vgl. Neidhart, Politik, S. 70. 326 Zum Beginne der Session, in: NZZ, 5. Juni 1916, Erstes Morgenblatt; vgl. Neidhart, Politik, S. 67. 327 Nach der Session, in: NZZ, 28. Juni 1916, Erstes Abendblatt. 328 Conseil national, in: Gazette de Lausanne, 15. Juni 1916; vgl. Jèze, Exécutif, S. 98 f. Im Sep- tember 1916 reichten die Nationalräte Louis Willemin und Emilio Bossi eine Motion zur Ein- schränkung der Vollmachten «auf das wirtschaftliche Gebiet und die allgemeine Versorgung des Landes» ein, die allerdings bis zur Hoffmann-Grimm-Affäre nicht behandelt wurde (siehe Ka- pitel 5.3), Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Sommer-Session 1916, S. 11; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 806; Manuel, Pleins pouvoirs, S. 27. 329 Der Schlusspunkt, in: Der Bund, 25. Juni 1916. 330 Kurz, Dokumente, S. 152. zurückzurück 350 Anmerkungen zu Seiten 166–171

331 BAR, E21#1000/131#9832*, Camille Decoppet, An die Kantonsregierungen, 30. August 1916; vgl. BP, Massnahmen zur Aufrechthaltung von Ruhe und Ordnung, 29. August 1916; Müller, Sicherheit, S. 214; Kurz, Dokumente, S. 149; Erb, Vorgeschichte, S. 491; Greter, Militärpolitik, S. 287; Zeller, Ruhe, S. 35. 332 Steinmann, Zeit, S. 146.

Kapitel 5

1 BAR, E7800#1000/1961#1885*, Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Uebersicht der in die schweizerische Gesetzsammlung aufgenommenen kriegswirtschaftlichen Massnahmen der Bundesbehörden, 1918–1921. 2 Vgl. Tooze, 1917, www.prospectmagazine.co.uk/magazine/1917-year-shook-the-world-russi- an-revolution-united-states. 3 Leonhard, Büchse der Pandora, S. 706; vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 4; Kurz, Dokumente, S. 195. 4 Vgl. Hobsbawm, Extremes, S. 54 f. 5 Vgl. Dahlmann, Russland, S. 94. Der «Steck-» oder «Kohlrübenwinter» 1916/17 führte auch bei den Zentralmächten zu einer Ernährungskrise und Protesten, vgl. dazu Kruse, Systement- wicklung, S. 77; Kocka, Klassengesellschaft, S. 41. 6 Vgl. Rede des Herrn Bundespräsidenten Motta zur Eröffnung der ersten Tagung der Völker- bundsversammlung in Genf am 15. November 1920, in: BBl. 72, Bd. V (1920), S. 413. 7 Vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 637 und 654; Strachan, Financing, S. 205; Becker, Frank- reich, S. 40. 8 Vgl. Diner, Jahrhundert, S. 81; Kocka, Klassengesellschaft, S. 42; Rauchensteiner, Habsburger- monarchie, S. 765; Segesser, Herausforderungen, S. 49 f.; Horne, Opinion, S. 289; aus Schwei- zer Sicht Zanoli, Klassenkampf, S. 82; Steinmann, Zeit, S. 185 f. 9 Vgl. Tanner, Bundeshaushalt, S. 36. Wie dies bei kriegführenden wie neutralen Staaten durch den Einsatz der Zivilbevölkerung in Industrie und Landwirtschaft versucht wurde, illustriert Wingen, Problem, S. 415–450. 10 Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 222; vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 761; Balderston, Mo- bilization, S. 225 f.; Turner, Challenge, S. 177 f. Frey, Neutrals, S. 5, stellt diese neuartige Ko- operation zwischen Staat und Wirtschaft auch für die Neutralen fest. 11 Vgl. Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 44. 12 Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 24; vgl. Roth, Staat, S. 104; Kruse, Systementwicklung, S. 57; Maier, Recasting, S. 57. 13 Zitiert in Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 112; vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 60. Der Begriff «Zwangswirtschaft» wurde bereits zeitgenössisch verwendet, unter anderem in Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegs- wirtschaft, Bd. 1, S. 197. 14 Kruse, Systementwicklung, S. 88. 15 Vgl. Roth, Staat, S. 309; Goebel, Rohstoffwirtschaft, S. 82; Mommsen, Weltkrieg, S. 48; Kruse, Weltkrieg, S. 34. 16 Vgl. Butschek, Organization, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10835; Rauchensteiner, Habs- burgermonarchie, S. 213 f. und 674; Riedl, Industrie, S. 47. 17 Blum/Eloranta/Osinsky, Organization, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10407; vgl. zum Fall Russlands Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 223; Zagorsky, State Control, S. 266. 18 Vgl. Anizan, Gouvernement, S. 4. 19 Vgl. Hautcœur, Watershed, S. 192; Becker, Frankreich, S. 34; Renouvin, Gouvernement, S. 71; Kruse, Systementwicklung, S. 79 und 81. 20 Blum/Eloranta/Osinsky, Organization, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10407; vgl. Fairlie, Administration, S. 100; Baker, Control, S. 31 f.; Broadberry/Howlett, Business, S. 223 f. 21 Vgl. Rockloff, Until it’s over, S. 327 f.; Berdahl, War Powers, S. 170 f.; Kennedy, Over Here, S. 132 f.; Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 223 f.; Keene, United States, S. 512 f.; Beede, War In- Anmerkungen zu Seiten 172–178 351 zurückzurück

dustries Board, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10263; Baker, Control, S. 30. Zur Rezeption in der Schweiz vgl. zudem Amerika im Kriegszustand, in: Grütlianer, 29. Juni 1917. 22 Tanner, Geschichte, S. 155; vgl. Förster, Totaler Krieg, S. 925; Balderston, Mobilization, S. 224 f. 23 Leonhard, Büchse der Pandora, S. 789. 24 Vgl. Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 222; Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 187; Kerkhof, Part- nership, S. 118; Roth, Staat, S. 35. 25 Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 225. 26 Zu den Verbesserungen der Lebensumstände durch staatliche Interventionen im Ersten Welt- krieg vgl. Kruse, Systementwicklung, S. 85. 27 Vgl. Balderston, Mobilization, S. 226 f.; Münkler, Krieg, S. 587; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 769; Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 227 f.; Kruse, Systementwicklung, S. 77 f. «Mangelwirt- schaft» ist kein spezifisch für den Ersten Weltkrieg eingeführter Begriff, sondern geht auf Ar- beiten des Ökonomen Janos Kornai zur Planwirtschaft im Kalten Krieg zurück, vgl. Hobs- bawm, Extremes, S. 480. 28 Vgl. 8. Neutralitätsbericht, S. 106; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 286; Rossfeld/Strau- mann, Fronten, S. 40 f.; Calonder, Lage, S. 9. 29 Vgl. Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, Bericht (1919), S. 19; Weber, Wirtschaftsdiplomatie, S. 557; Ritzmann-Blickenstorfer, Statistik, S. 722 f.; Bodenmann, Ex- porthandel, S. 20 f.; für den Handel vor dem Krieg Société suisse de surveillance économique, Tableau, Carte 13. 30 Die Vollmacht zur Einschränkung des Handels mit feindlichen Staaten liess sich der US-Präsi- dent mit dem «Trading with the Enemy Act» im Oktober 1917 geben, vgl. Cornell University Law School, Regulation of transactions in foreign exchange of gold and silver; property trans- fers; vested interests, enforcement and penalties, S. 1. 31 Weber, Amerikanische Verheissung, S. 82; vgl. Rappard, Mission, S. 13; 8. Neutralitätsbericht, S. 61; Burckhardt, Jahresbericht 1916/17, S. 505; Whitehouse, Agent, S. 42; Cornaz, Wirt- schaftsneutralität, S. 73; Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 238 f. Sowohl die Berufung Sulzers zum Gesandten wie auch die «Swiss Mission» waren allerdings noch von Aussenminister Hoffmann selbst vor seinem Rücktritt vorgeschlagen worden, vgl. BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsprotokolle, Verhältnisse bei der Gesandtschaft in Washington, 9. Mai 1917; BP, Be- ziehungen zu den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas, 1. Juni 1917. 32 Leonhard, Kriegswirtschaft, S. 276. 33 Förster, Totaler Krieg, S. 925; vgl. zu den Ausprägungen des kontroversen Begriffs Segesser, Total War, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10315. 34 Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 75; vgl. Lüthi, Brotversorgung, S. 44. 35 Böschenstein, Bundesrat, S. 67; vgl. BRB betr. die Errichtung eines eidgenössischen Ernäh- rungsamtes, 13. September 1918 (AS 34/939). 36 Dieses Verhältnis entspricht recht genau demjenigen, das Roth, Staat, S. 35, für die rund 1600 Noterlasse des Deutschen Reichs ermittelt hat. 37 Die Einteilung der Noterlasse in verschiedene Warengruppen orientiert sich an der Kategori- sierung, die in den notrechtlichen Sammlungen vorgenommen wurde. Vgl. hierzu Anm. 143, S. 323. Die Ausfuhrverbote, die im Juni 1917 mit der Übernahme der Handelsabteilung durch das EVD in dessen Zuständigkeitsbereich übergingen, betrafen weitaus mehr Produkte und Branchen. Vgl. hierzu den alle zu Beginn der dritten Phase geltenden Ausfuhrverbote zusam- menfassenden BRB betr. Ausfuhrverbote, 30. Juni 1917 (AS 33/459). 38 Vgl. Amtliche Sammlung 34 (1918), Inhaltsverzeichnis, S. 36–38. 39 Vgl. Aufruf an alle Papierverbraucher des Landes zur freiwilligen Papiereinsparung, 1. August 1918 (BBl. 1918/IV/380). 40 Baer, Kriegs-Verordnungen, Bd. 4, S. III. 41 Burckhardt, Jahresbericht, S. 655; vgl. Giacometti, Vollmachtenregime, S. 83. 42 Frey, Rohstoffversorgung, S. 7 und vgl. S. 44 f., für die Entwicklung des Baumwollhandels im Weltkrieg. 43 Vgl. Amtliche Aufnahme der Baumwollvorräte, 27. November 1915 (SHAB 1915/278/1585); Studer, Staat, S. 75. Im Oktober 1915 verhängte das EPD zudem ein Ausfuhrverbot für Garn, vgl. BP, Ausfuhrverbot für Baumwollgarn, 19. Oktober 1915. zurückzurück 352 Anmerkungen zu Seiten 178–180

44 Mit der Schweizerischen Rohproduktenkontrolle in Basel bestand bereits seit April 1916 eine Zentralstelle für die Kontrolle des Handels mit Stoffabfällen, vgl. BRB betr. den Handel mit wollenen und halbwollenen Lumpen und Abfällen, 14. April 1916 (AS 32/161). 45 BRB betr. den Verkehr in Rohbaumwolle, Baumwollgarnen, Baumwollzwirnen und Baum- wollgeweben, 30. September 1916 (AS 32/391); vgl. Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, Bericht (1916), S. 336; 5. Neutralitätsbericht, S. 198 f. 46 Höchstpreise für den Verkauf von Rohbaumwolle, Baumwollgarnen, Baumwollzwirnen und Baumwollgeweben in der Schweiz, 17. Februar 1917 (AS 33/71). Zu den Tätigkeiten der SBZ vgl. Redaktion, Zoll- und Handelsberichte, S. 205 f.; Eidgenössisches Volkswirtschaftsdeparte- ment, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 80 f. 47 Vgl. Riedl, Industrie, S. 340, für den Fall der «Baumwollzentrale A. G.». 48 Studer, Staat, S. 75. 49 Vgl. BRB betr. Abänderung der Organisation des Politischen und des Volkswirtschafts- departements, 26. Juni 1917 (AS 33/419); Verkehr in Rohbaumwolle und Baumwollprodukten, 8. April 1918 (AS 34/429); Höchstpreise für Baumwollgarne, Baumwollzwirne und Baumwoll- gewebe, 11. Mai 1918 (AS 34/534); Verkehr in Baumwollgarnen, Baumwollzwirnen und Näh- faden, 5. August 1918 (AS 34/815). 50 Vgl. 11. Neutralitätsbericht, S. 251; Schweizerischer Bankverein, Rückschau, S. 105; BP, Ver- handlungen mit der Entente, 22. Mai 1918. Das EVD erliess angesichts der Rohstoffknappheit parallel ähnliche Vorschriften für den Handel mit Schafwolle sowie zur Ausfuhr von Sticke- rei in die Zentralmächte, vgl. BRB betr. Wollversorgung des Landes. Wollzentrale, 18. Ja- nuar 1918 (AS 34/103) und Stickereiausfuhr nach den Zentralmächten, 4. März 1918 (SHAB 1918/52/341). 51 BRB betr. Baumwollversorgung des Landes, 4. Oktober 1918 (AS 34/987). 52 Vgl. Geering, Handel, S. 365; Studer, Staat, S. 75. 53 11. Neutralitätsbericht, S. 251 f. 54 BRB betr. Baumwollversorgung des Landes, 4. Oktober 1918 (AS 34/987). 55 Vgl. BRB betr. die Strafbarkeit der fahrlässigen Widerhandlungen gegen die Kriegsverordnun- gen des Bundesrates und seiner Departemente, 26. Dezember 1917 (AS 33/1122). 56 Vgl. Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 222. 57 Baumwollversorgung des Landes (Organisation der Baumwollzentrale), 4. Oktober 1918 (AS 34/1032). 58 Vgl. Studer, Staat, S. 138; Paquier, Energieabhängigkeit, S. 139. Die Mitglieder der Kommission sind verzeichnet in Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 107 f. 59 Baumwollversorgung des Landes (Organisation der Baumwollzentrale, V des Volkswirt- schaftsdepartements), 4. Oktober 1918 (AS 34/1032). 60 Vgl. BRB betr. die Einsetzung einer Strafkommission des schweizerischen Volkswirtschafts- departements, 17. Mai 1918 (AS 34/538); Fritz Fleiner, Bundesverwaltung und Rechtsschutz, in: NZZ, 10. Juni 1918, Zweites Mittagblatt; zur Zusammensetzung BP, Strafkommission des Volkswirtschaftsdepartementes, 22. Mai 1918. 61 Vgl. Baumwollversorgung des Landes, 5. Oktober 1918 (AS 34/1034); Höchstpreise für Baum- wollzwirne, 1. November 1918 (AS 34/52); Bestandesaufnahme über Wolle, Baumwolle und Produkte daraus, 7. November 1918 (AS 34/1183); Bestandesaufnahme über bestickte Baum- wollwaren und Plattstichgewebe, 21. November 1918 (AS 34/1209); Eidgenössisches Volks- wirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 81. 62 Reichesberg, Mitteilungen, S. 60; vgl. XIII. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914 und 3. April 1919 ge- troffenen Massnahmen, in: BBl. 71, Bd. V (1919), S. 514. 63 Beispiele hierfür sind Höchstpreise im Verkehr mit Eisen und Stahl, 5. September 1917 (AS 33/712); Brot und Mehlrationierung, 10. Dezember 1917 (AS 33/1043). 64 Exemplarisch BRB betr. die Versorgung des Landes mit Speiseölen und Speisefetten, 15. Ja- nuar 1918 (AS 34/93); K des schweiz. Volkswirtschaftsdepartementes an sämtliche Kantons- regierungen betr. die Versorgung des Landes mit Speiseölen und Speisefetten, 17. Januar 1918 Anmerkungen zu Seiten 181–182 353 zurückzurück

(BBl. 1918/I/144); Versorgung des Landes mit Speiseölen und Speisefetten, 31. Januar 1918 (AS 34/183). 65 Vgl. BRB betr. Förderung und Überwachung der Herstellung und des Vertriebes von Dünge- mitteln, Futtermitteln und andern Hülfsstoffen der Landwirtschaft und deren Nebengewerbe, 22. Dezember 1917 (AS 33/1069). 66 Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 214. 67 Vgl. Berghoff, Rationierung, S. 788 f.; Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 227 f. 68 Vgl. Loewenfeld-Russ, Volksernährung, S. 328; Zaitsev/Dolinsky, Organization, S. 161; So- mary, Erinnerungen, S. 137; Skalweit, Kriegsernährungswirtschaft, S. 154. 69 BAR, E27#1000/721#12935*, Schweizerisches Militärdepartement, An den Schweizerischen Bundesrat, 17. August 1917; vgl. BAR, E27#1000/721#12935*, Otto Zuber, An das Schweize- rische Militärdepartement, 20. Februar 1917; Lüthi, Brotversorgung, S. 39; Die falsche Auffas- sung über die Nahrungsmittelversorgung im Kriege, in: Berner Intelligenzblatt, 26. Juli 1916; La disette de lait, in: Journal de Genève, 5. November 1916. 70 Aus der Bundesversammlung, in: NZZ, 21. September 1916, Zweites Abendblatt. 71 Vgl. Der Handelskrieg und die Schweiz, in: Berner Intelligenzblatt, 3. Februar 1917; BAR, E27#1000/721#12935*, Schweizerisches Militärdepartement, An den Schweizerischen Bun- desrat, 17. August 1917; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 154. Im 6. Neutralitätsbericht, S. 326, sah sich der Bundesrat zu diesen Massnahmen explizit durch den «von den Mittelmäch- ten erklärten Blockadekrieg» gezwungen, ein Zeichen für die zunehmende Ablehnung der deutschen Aussenpolitik. 72 Vgl. La réglementation des denrées, in: Gazette de Lausanne, 29. November 1916; Shafer, Ratio ning, http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10476. 73 Vgl. BRB betr. die Einschränkung der Lebenshaltung, 23. Februar 1917 (AS 33/83); BRB betr. Verkauf von frischem Brot, 2. Februar 1917 (AS 33/42); BAR, E27#1000/721#12935*, Schweizerisches Militärdepartement, An den schweizerischen Bundesrat, 27. Januar 1917; BAR, E27#1000/721#12935*, Otto Zuber, An das Schweizerische Militärdepartement, 9. Juni 1917; Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 61; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 902; BRB betr. den Lebensmittelankauf, 2. Februar 1917 (AS 33/40); 6. Neutralitätsbericht, S. 347; Schweizerisches Volkswirtschaftsdepartement, Hebung, S. 34. Böschenstein, Bundesrat, S. 101, betont die geringe Wirksamkeit dieser Massnahmen. 74 BRB über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1917 (AS 33/46). 75 Vgl. Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 61; BRB über die Verteilung der Teigwaren durch Vermittlung der Kantone, 9. August 1917 (AS 33/606); Verteilung der Hafer- und Gers- tenprodukte durch die Vermittlung der Kantone, 26. Januar 1918 (AS 34/152). 76 BRB über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1917 (AS 33/46); vgl. A zum BRB vom 2. Februar 1917 über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone, 2. Februar 1917 (AS 33/48); 6. Neutralitätsbericht, S. 326; zur Um- setzung im Kanton Bern Glossen zur Ernährungssituation, in: Berner Intelligenzblatt, 18. Feb- ruar 1917. 77 Vgl. BRB betr. die Verteilung der für den Verbrauch bestimmten Milch, 4. April 1917 (AS 33/171); Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 220 f. 78 Vgl. BAR, E27#1000/721#12935*, Otto Zuber, An das Schweizerische Militärdepartement, 20. Februar 1917; BAR, E27#1000/721#12935*, Schweizerisches Militärdepartement, An den Schweizerischen Bundesrat, 17. August 1917; 7. Neutralitätsbericht, S. 240, und die Beurtei- lung in Senglet, Preispolitik, S. 234 f. 79 BRB betr. die Abgabe des Brennstoffes für Motorfahrzeuge, 14. Juli 1917 (AS 33/512). Die Ra- tionierung von Benzin für alle Konsumenten erfolgte später in Abgabe von Petrol, Benzin und Benzol, 25. April 1918 (AS 34/473). 80 BRB betr. Zählung der Motorfahrzeuge, 30. September 1916 (AS 32/394); vgl. VO betr. die Meldepflicht der Besitzer von Motorwagen und Motorrädern, 23. Februar 1917 (AS 33/90). 81 Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 19; vgl. K des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements betr. die Abgabe von Brennstoff an Motorfahrzeuge, 17. Juli 1917 (BBl. 1917/III/612). 1918 erteilte die Warenabtei- zurückzurück 354 Anmerkungen zu Seiten 182–185

lung laut dem 10. Neutralitätsbericht, S. 153, bei 6908 Gesuchen nur 2055 Personenwagen eine Fahrbewilligung, dagegen wurden fast alle Gesuche für Lastwagen bewilligt. 82 10. Neutralitätsbericht, S. 153. 83 K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen betreffend die Kontrollierung der Motorfahrzeuge, 27. September 1917 (BBl. 1917/IV/216). 84 9. Neutralitätsbericht, S. 649; vgl. BRB betr. Ergänzung des BRB vom 14. Juli 1917 über die Abgabe des Brennstoffes für Motorfahrzeuge, 12. Oktober 1917 (AS 33/847). 85 10. Neutralitätsbericht, S. 156; vgl. Geering, Handel, S. 163. Der Anteil von Erdölprodukten am gesamten Energieverbrauch der Schweiz betrug 1917 weniger als 0,5 Prozent. Der Anstieg bis zu einem Anteil von mehr als 75 Prozent zu Beginn der Siebzigerjahre begann erst nach dem Ersten Weltkrieg, vgl. hierzu HSSO, Tab. J.1. 86 10. Neutralitätsbericht, S. 153 f. und 157. 87 Ruchti, Geschichte, S. 256; vgl. Hohl, Energiewirtschaft, S. 143 f. 88 Wille/Sprecher, Bericht, S. 384 und vgl. S. 379 f.; VO über den militärischen Motorwagen- dienst, 17. Oktober 1916 (AS 32/447) zum Aufbau des ursprünglich auf der Einberufung von zivilen Autos und Mannschaften basierenden militärischen «Motorwagendienstes». 89 Vgl. Lüthi, Brotversorgung, S. 37. 90 BAR, E27#1000/721#12935*, Schweizerisches Militärdepartement, An den Schweizerischen Bundesrat, 17. August 1917; vgl. 8. Neutralitätsbericht, S. 76 f. 91 Vgl. BRB betr. die Getreideernte des Jahres 1917, 2. August 1917 (AS 33/589); BRB betr. Er- richtung eines eidgenössischen Brotamtes, 10. August 1917 (AS 33/617); BRB über die Brot- versorgung des Landes und die Getreideernte des Jahres 1917, 21. August 1917 (AS 33/651); V des Militärdepartements betr. Verwendung und Enteignung des beschlagnahmten Getreides und Selbstversorgung der Getreideproduzenten, 25. August 1917 (AS 33/682); Die Brotkarte, 14. September 1917 (AS 33/745); Brot- und Mehlrationierung, 9. November 1917 (AS 33/942); Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 62; ausführlich Lüthi, Brotversorgung, S. 82 f. 92 Lüthi, Brotversorgung, S. 43. 93 Vgl. BRB betr. die Versorgung des Landes mit Speiseölen und Speisefetten, 15. Januar 1918 (AS 34/93); Versorgung des Landes mit Speisefetten und Speiseölen. Die Fettkarte, 16. Februar 1917 (AS 34/218); BRB betr. die Verteilung von Milch und Milcherzeugnissen, 19. April 1918 (AS 34/448); Die Käsekarte, 14. Mai 1918 (AS 34/523); Kartoffelversorgung 1918/19, 16. Juni 1918 (AS 34/634); Milchversorgung im Winter 1918/19, 2. Oktober 1918 (AS 34/1000). Vgl. ausser- dem die Übersicht über die Rationierung von Lebensmitteln mit Erlass- und Aufhebungsdaten in Ruchti, Geschichte, Bd. 2, S. 242 f. 94 Vgl. Kohlenversorgung des Landes. AB betr. die Einfuhr von Kohle, die Kohlenverteilung und den Verkehr mit Kohle, 6. Oktober 1917 (AS 33/835); Einschränkung des Papierverbrau- ches, 26. November 1917 (AS 33/982); Bestandesaufnahme und Rationierung von Kartoffeln, 22. Dezember 1917 (AS 33/1063); Abgabe von Petrol, Benzin und Benzol, 25. April 1918 (AS 34/473). 95 Vgl. Lüthi, Brotversorgung, S. 81 und 92; 10. Neutralitätsbericht, S. 95; 11. Neutralitätsbericht, S. 312. Zu den Erfahrungen mit der Rationierung in der Stadt Basel sei auf die Dissertation von Maria Meier im Sinergia-Projekt verwiesen. 96 11. Neutralitätsbericht, S. 320b. 97 Vgl. Bundesamt für Statistik, Energieverbrauch, www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/info- thek/lexikon/lex/2.Document.48790.pdf. 98 Vgl. Schweizerischer Bankverein, Rückschau, S. 48; Pfister, Energiekrise, S. 119; 8. Neutrali- tätsbericht, S. 100 f.; Frey, Rohstoffversorgung, S. 75 f. 99 Vgl. BRB betr. Einschränkung der Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen, 5. Januar 1917 (AS 33/17); BRB betr. Massnahmen zur Einschränkung des Kohlenverbrauchs, 28. Juli 1917 (AS 33/576); BRB betr. weitere Einschränkung der Fahrpläne der Eisenbahn- und Dampf- schiffunternehmungen, 28. Juli 1917 (AS 33/577); BRB betr. Einführung des fünften einge- schränkten Fahrplanes, 22. November 1918 (AS 34/1185). Zur Einschränkung des Betriebs der SBB im Kriegsverlauf vgl. Pfister, Energiekrise, S. 123. 100 BRB betr. weitere Verkehrseinschränkungen der Postverwaltung, 19. Oktober 1917 (BBl. 1917/ IV/338). Anmerkungen zu Seiten 185–188 355 zurückzurück

101 Vgl. BRB betr. die Elektrizitätsversorgung des Landes, 7. August 1918 (AS 34/824); Elektrizi- tätsversorgung des Landes (AB zum BRB vom 7. August 1918), 15. August 1918 (AS 34/861); 11. Neutralitätsbericht, S. 239; Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 25; Paquier, Energieabhängigkeit, S. 140 f. Auf dem re- gulären parlamentarischen Weg beschlossen wurde in diesem Zusammenhang das BG über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte, 22. Dezember 1916 (AS 33/189). 102 Zur Verteilung von Kohle durch die AIK ab Mai 1918 vgl. Eidgenössisches Volkswirtschafts- departement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 10; Schweizerischer Bank- verein, Rückschau, S. 48. 103 BRB betr. Massnahmen zur Einschränkung des Verbrauches an Kohlen und elektrischer Ener- gie, 21. August 1917 (AS 33/665); vgl. BP, Einführung der Sommerzeit, 24. März 1917. Mit der Einsparung und Kontingentierung des aus Kohle hergestellten Gases wurden mit dem BRB betr. die Kohlenversorgung des Landes, 8. September 1917 (AS 33/717) die lokalen Gaswerke in Absprache mit den Kantonen beauftragt. 104 BRB betr. Massnahmen zur Einschränkung des Verbrauches an Kohlen und elektrischer Ener- gie, 21. August 1917 (AS 33/665). 105 9. Neutralitätsbericht, S. 627 f.; vgl. 8. Neutralitätsbericht, S. 114. 106 Vgl. BRB betr. Ergänzung des BRB vom 21. August 1917 über die Einschränkung des Verbrau- ches an Kohle und elektrischer Energie, 9. Oktober 1917 (AS 33/840); K des schweiz. Volks- wirtschaftsdepartementes betr. Ergänzung des BRB vom 21. August 1917 über die Einschrän- kung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie, 12. November 1917 (BBl. 1917/ IV/575). 107 K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartementes betr. Ergänzung des BRB vom 21. Au- gust 1917 über die Einschränkung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie, 11. Ok- tober 1917 (BBl. 1917/IV/266). Bereits der nach Konferenzen mit Kantonen und Fachleuten erlassene BRB betr. Ergänzung des BRB vom 21. August 1917 über die Einschränkung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie, 10. November 1917 (AS 33/943) gestaltete die Vorschriften flexibler, erleichterte die Bewilligung von Ausnahmen und hob einige umstrittene Verbote wie jenes von warmen Getränken nach 21 Uhr wieder auf. 108 BRB betr. Ergänzung des BRB vom 21. August 1917 über die Einschränkung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie, 9. Oktober 1917 (AS 33/840). 109 K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartementes betr. Ergänzung des BRB vom 21. Au- gust 1917 über die Einschränkung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie, 11. Ok- tober 1917 (BBl. 1917/IV/266). 110 BP, Schliessung der Kinematographentheater, 13. Oktober 1914; vgl. Wigger, Krieg, S. 186; En- gel, Festseuche, S. 29 f.; Zoller, Notverordnung, S. 31. 111 K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartementes betr. Ergänzung des BRB vom 21. Au- gust 1917 über die Einschränkung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie, 11. Ok- tober 1917 (BBl. 1917/IV/266). 112 Vgl. BRB betr. Laden- und Wirtschaftsschluss, sowie Einschränkung des Betriebes von Ver- gnügungsetablissementen, 12. April 1918 (AS 34/431). 113 10. Neutralitätsbericht, S. 168; vgl. Redaktion, Generalversammlung des Bundes schweiz. Frauenvereine, S. 87. 114 10. Neutralitätsbericht, S. 169 f.; vgl. BP, Betrieb der Kursäle, 17. Mai 1918. 115 Engel, Festseuche, S. 49. Zu weiteren, zum Teil freiwilligen Sparmassnahmen in der Papierver- sorgung vgl. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegs- wirtschaft, Bd. 1, S. 155 f. 116 BRB über Massregeln zur Einschränkung des Papierverbrauches, 27. Oktober 1917 (AS 33/884); vgl. Bodenmann, Exporthandel, S. 26 f., und 9. Neutralitätsbericht, S. 634, zum An- stieg des Holzexports während des Weltkriegs. Der Entscheid über Ausnahmen vom Erschei- nungsverbot lag beim Bundesrat, der sich von einer Kommission aus Pressevertretern und Par- lamentariern beraten liess. Zu deren Zusammensetzung vgl. BP, Papierversorgung des Landes, 17. Dezember 1917; Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 115. Ein erstes Verbot wurde Ende November 1917 ausgesprochen, vgl. BP, Verbot der «Elsass-Lothringischen Blätter», 27. November 1917. zurückzurück 356 Anmerkungen zu Seiten 188–190

117 Die in Zürich verlegte pazifistische Zeitung «Die Rote Flut» erklärte in der ersten Ausgabe, dass ihre Vorgängerin wegen Papiermangels verboten worden sei und sie deshalb auf rotem Papier gedruckt würde, das «niemand zu verwenden weiss», BAR, E21#1000/131#12056*, Die Rote Flut. Blatt für gewaltige Reform ohne Gewalt, 1918. Der BRB betr. die Papierversorgung des Landes, 16. September 1918 (AS 34/937), ermöglichte eine Erhöhung der Kontingente, wenn der Bedarf einer Publikation nicht «auf eine aussergewöhnliche Propaganda zurückzuführen» war. 118 Vgl. BP, Zollreduktion für Zeitungsdruckpapier, 13. Februar 1917. Laut Aussagen von Edmund Schulthess an dieser Sitzung hatte der Bedarf an Zeitungspapier seit Kriegsausbruch um 30 bis 40 Prozent zugenommen. 119 Vgl. Papierversorgung des Landes. Fabrikation von Kriegssorten, Papierpreise, Papierzentrale, Handel, 26. Juni 1918 (AS 34/703); Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 168. 120 Vgl. BRB betr. die Papierversorgung des Landes, 10. Dezember 1917 (AS 33/1028); Feststel- lung des Papierverbrauchs für Zeitungen, Zeitschriften und andere Publikationen, 10. Dezem- ber 1917 (AS 33/1035). 121 Auer, Zeitungsverlegerverein, S. 83; vgl. BP, Kohlemangel; Einschränkungsmassregeln, 19. Ok- tober 1917; Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 226. 122 BRB betr. die Papierversorgung des Landes, 10. Dezember 1917 (AS 33/1028). 123 Vgl. 11. Neutralitätsbericht, S. 256. 124 Bis Ende 1918 wurden von insgesamt 53 Gesuchen 43 abgewiesen, vgl. Eidgenössisches Volks- wirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 170. 125 BP, Neugründung «Bulletin paroissial de Moutier», 27. April 1918. 126 BP, Bulletin des internat. Verbandes zum Studium der Verhältnisse des Mittelstandes, 18. Ja- nuar 1918. 127 Vgl. BP, Einschränkungen im Papierverbrauch der Zeitungen, 11. März 1918; Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 164; BP, Fa- brikzeitung der C. F. Bally A. G., 18. Januar 1918. 128 Vgl. Redaktion, In eigener Sache, S. 7; Riesenberger, Emigration, S. 137; Korol, Dada, S. 302; Elsig, Schrapnells, S. 377; insbesondere Whitehouse, Agent, S. 194 f. 129 Vgl. Einschränkung des Papierverbrauches der Zeitungen, Zeitschriften und andern periodi- schen Publikationen, 3. Januar 1918 (AS 34/40). 130 Vgl. Le seul journal républicain allemand serait supprimé, in: La Sentinelle, 19. August 1918; La censure hypocrite, in: Le Confédéré, 24. August 1918; «La Freie Zeitung», in: Gazette de Lau- sanne, 18. August 1918; Korol, Dada, S. 299. Zum Ablauf der Erscheinungsverbote vgl. Eid- genössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 165 f. und 168. Demnach stellte die AIK bis Kriegsende gesamthaft 13 Publikationen wegen Überschreitung ihres Kontingents ein, bis auf drei «Reklamezeitungen» allerdings nur tem- porär. 131 Vgl. BP, Verwarnung der «Gazzetta Ticinese», 18. Januar 1918; BP, Verwarnung des «Courrier de Vevey», 4. Februar 1918; BP, «Le Document». Einstellung des Erscheinens, 1. Mai 1918; BP, Einschreiten gegen die Druckschrift «Deutschlands Gegenwart und Zukunft» von S. Balder, 10. Juni 1918; BP, «La Sentinelle». Verwarnung, 7. Mai 1918. Nicht aktiv wurde der Bundesrat dagegen in BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Artikel in der Gazette de Lausanne gegen den deutschen Gesandten, 2. November 1918. 132 Vgl. Korol, Dada, 405; Elsig, Schrapnells, S. 332. 133 Vgl. Riesenberger, Emigration, S. 138 f.; Redaktion, In eigener Sache, S. 9 f.; BP, Haussuchung bei der «Freien Zeitung», 14. August 1917. Laut Protokoll geschah die Durchsuchung ohne Wissen des neuen Aussenministers Gustave Ador, was dieser kritisierte. 134 Massnahmen gegen die «Freie Zeitung», in: BBl. 70, Bd. IV (1918), S. 394. Vgl. dazu die Argu- mentation in: Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegs- wirtschaft, Bd. 1, S. 153. 135 Vgl. BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Einstellung der Zeitungen In- dépendance Helvétique & Freie Zeitung, 7. August 1918; Korol, Dada, S. 313; Elsig, Schrapp- nells, S. 410; Whitehouse, Agent, S. 197. Anmerkungen zu Seiten 190–192 357 zurückzurück

136 Zitiert in Weber, Amerikanische Verheissung, S. 188. 137 Vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 188 f. 138 Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 153. 139 Vgl. Wipf, Massnahmen, S. 208; Aeby, Missernte, S. 11, der als erschwerende Faktoren in der Getreideproduktion den Mangel an Arbeitskräften und die ungünstige Witterung erwähnt. 140 Vgl. 10. Neutralitätsbericht, S. 93 f.; Baumann/Moser, Bauern, S. 18 f. 141 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 810; vgl. Egli, Getreideversorgung, S. 158; Eidgenössisches Ernährungsamt, Brotversorgung, S. 208; Geschäftsbericht 1917, S. 598; Jöhr, Volkswirtschaft, S. 137; Baumann, Bauernstand, S. 296; Cottier, Liberalismus, S. 39. Zu den Gefahren einer «weitgehenden Vernachlässigung der schweizerischen Getreideproduktion» aus zeitgenös- sischer Sicht vgl. Wirz, Getreideproduktion, S. 3. 142 Vgl. Laur, Erinnerungen, S. 142; Baumann, Bauernstand, S. 293; Wipf, Massnahmen, S. 196. 143 Geschäftsbericht 1917, S. 599; vgl. Geschäftsbericht 1914, S. 665 f.; BAR, E27#1000/721#12935*, Otto Zuber, An das schweizerische Militärdepartement, 21. August 1914; 1. Neutralitäts- bericht, S. 720; Lüthi, Brotversorgung, S. 93. 144 Vgl. Landwirtschaftliche Kommission zur Begutachtung von Fragen betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues und das Getreidemonopol, Protokoll, S. 329. 145 ABB Nationalrat 1915, S. 29; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 810; Eidgenössisches Er- nährungsamt, Brotversorgung, S. 209. 146 3. Neutralitätsbericht, S. 609. 147 Vgl. Wipf, Massnahmen, S. 198; Lüthi, Brotversorgung, S. 95; Ruchti, Geschichte, Bd. 2, S. 191. Der Mangel an Daten über die Lebensmittelproduktion im Ersten Weltkrieg erschwerte so- wohl dem Bund als auch der historischen Forschung eine Quantifizierung, vgl. Eidgenössisches statistisches Bureau, Statistisches Jahrbuch der Schweiz, Jg. 28 (1919), S. 95, wo nur mit Durch- schnittswerten aus zehn Jahren operiert wird. Zahlen für Getreide bietet Aeby, Missernte, S. 181. 148 Geschäftsbericht 1917, S. 599; vgl. BRB betr. die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion, 16. Februar 1917 (AS 33/67). Die Verwendung von Getreide ausserhalb der Lebensmittelpro- duktion verbot parallel der BRB über die Verwendung und Vermahlung von Brotgetreide und über die Verwendung und den Verkauf der Mahlprodukte, 29. Mai 1917 (AS 33/317). 149 Vgl. Anbau von Tabak und andern nicht der Lebensmittelversorgung des Landes dienenden Pflanzen, 29. März 1917 (AS 33/164). 150 Vgl. BRB betr. die schweizerische Anbaustatistik für das Jahr 1917, 16. Mai 1917 (AS 33/269); Eidgenössisches Statistisches Bureau, Anbaustatistik, S. 2. Für Kartoffeln hatte bereits der BRB betr. die Erhebung über die Kartoffelbestände und den Anbau von Kartoffeln im Jahre 1917, 4. Dezember 1916 (AS 32/573), eine Erfassung der Produktion angeordnet. 151 Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 45; vgl. BRB betr. die Ausdehnung des inländi- schen Getreidebaues, 3. September 1917 (AS 33/699); BRB betr. die Verwendung von Land- sturm und Hülfsdienstpflichtigen zu landwirtschaftlichen Arbeiten, die durch den BRB vom 3. September 1917 betr. die Ausdehnung des inländischen Getreidebaues verursacht werden, 27. Oktober 1917 (AS 33/886); Lüthi, Brotversorgung, S. 101; 10. Neutralitätsbericht, S. 94; Baumann, Bauernstand, S. 298, der auf Parallelen zu Vorschlägen Ernst Laurs hinweist. 152 Vgl. BRB betr. die Getreideernte des Jahres 1917, 2. August 1917 (AS 33/589). 153 10. Neutralitätsbericht, S. 93 f. 154 Vgl. 10. Neutralitätsbericht, S. 94; BRB über die Brotversorgung des Landes und die Ge- treideernte des Jahres 1918, 24. Mai 1918 (AS 34/556); Baumann, Bauernstand, S. 298 f. Lüthi, Brotversorgung, S. 103 f., betont zudem die Fallstricke und Widerstände bei der Durchführung in Kantonen und Gemeinden. 155 Vgl. Baumann, Bauernstand, S. 299; Wipf, Massnahmen, S. 195; Käppeli/Riesen, Lebensmittel- versorgung, S. 52, wo der Deckungsgrad verschiedener Nutzpflanzen für 1918 verzeichnet ist. 156 Laur, Erinnerungen, S. 142; vgl. die Urteile in Casanova, Maschinenindustrie, S. 62; Wipf, Massnahmen, S. 207. Kritisch dagegen Lüthi, Brotversorgung, S. 110; Senglet, Preispolitik, S. 186. Eine zeitgenössische Schätzung der Erträge verschiedener Nutzpflanzen im Krieg bietet zurückzurück 358 Anmerkungen zu Seiten 192–193

Eidgenössisches statistisches Bureau, Statistisches Jahrbuch (1922), S. 108 f. Zum Abkommen zwischen der Schweiz und den USA vgl. Weber, Wirtschaftsdiplomatie, S. 579. 157 Vgl. Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 52; Scheurmann, Milchversorgung, S. 7. Für die Armee stellte die Zunahme des Ackerbaus zusammen mit dem «Überhandnehmen von Stark- und Schwachstromanlagen» ein Hindernis bei der Suche nach Flugplätzen für die wäh- rend des Kriegs aufgebaute Luftwaffe dar, Wille/Sprecher, Bericht, S. 393. Ebenso lehnten Sport- verbände die Benutzung ihrer Plätze als Anbauflächen ab, vgl. BAR, E27#1000/721#12943*, Schweizerischer Fussball- und Athletik-Verband, An das Militärdepartement, 30. April 1919. 158 Baumann, Bauernstand, S. 299; vgl. Kreis, Insel, S. 107; Lüthi, Brotversorgung, S. 104. Eindrü- cke des Anbaus von Getreide in bislang nicht landwirtschaftlich genutzten Gegenden vermit- teln Ruchti, Geschichte, Bd. 2, S. 195; Baumann, Bauernstand, S. 299 f.; Labhart, Krieg, S. 214 f. 159 Vgl. Vermehrung der Buttererzeugung, 18. August 1917 (AS 34/636); Milchversorgung im Winter 1917/18, 18. Oktober 1917 (AS 33/857); BRB betr. die Bestandesaufnahme und den Anbau von Kartoffeln im Jahr 1918, 17. Dezember 1917 (AS 33/1057); BRB betr. die Vermeh- rung der Lebensmittelproduktion, 15. Januar 1918 (AS 34/83); BRB über die Brotversorgung des Landes und die Getreideernte des Jahres 1918, 24. Mai 1918 (AS 34/556); Obstversorgung und Obsthandel, 10. August 1918 (AS 34/837); BRB betr. die Versorgung des Landes mit Feld- erzeugnissen und Gemüse, 21. August 1918 (AS 34/871); Versorgung des Landes mit Früchten und andern Produkten der Waldbäume, 5. September 1918 (AS 34/926). 160 Vgl. BRB betr. die fremden Deserteure und Refraktäre, 14. November 1917 (AS 33/947); BRB betr. die Vermehrung der Lebensmittelproduktion, 15. Januar 1918 (AS 34/83); Bekämpfung des Kohlweisslings, 18. Juni 1918 (AS 34/655); BRB betr. den land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaftsverkehr, 23. September 1918 (AS 34/959). Zur Beschäftigung von Internierten in der Landwirtschaft und im Torfabbau vgl. 8. Neutralitätsbericht, S. 63; 11. Neutralitätsbericht, S. 163; Arnold, Kriegsgäste, S. 44. 161 Vgl. Ermächtigung des Volkswirtschaftsdepartements zur Förderung von Saatgutgenossen- schaften und für die Beschaffung von Saatgut, 6. Juli 1917 (BBl. 1917/III/570); BRB betr. För- derung und Überwachung der Herstellung und des Vertriebes von Düngemitteln, Futtermit- teln und andern Hülfsstoffen der Landwirtschaft und deren Nebengewerbe, 22. Dezember 1917 (AS 33/1069); K des schweiz. Volkswirtschaftsdepartementes betr. betreffend Beiträge für Pflanzland, Saatgut, landwirtschaftliche Maschinen und Vorschüsse für Bodenverbesserungen, 6. Juli 1918 (BBl. 1918/III/557). 162 Vgl. BRB betr. die Ausbeutung von Torflagern und den Handel mit Torf, 24. Mai 1917 (AS 33/307); BRB betr. die Versorgung des Landes mit Brennholz, 14. Juli 1917 (AS 33/509); BRB betr. die Ausbeutung von Lagerstätten mineralischer Rohstoffe, 18. Januar 1918 (AS 34/105); BRB betr. die Elektrizitätsversorgung des Landes, 7. August 1918 (AS 34/824); BRB betr. die Versorgung der Papier- und Papierstoff-Fabriken mit Papierholz, 3. September 1918 (AS 34/917). Zum Abbau von Kohle und Erzen im Weltkrieg vgl. insbesondere Fehlmann, Bergbau, S. 301 f. 163 BRB über Massnahmen betr. industrielle und gewerbliche Produktion, 22. Dezember 1917 (AS 33/1089). Gestützt darauf wurden erlassen: Verbot betr. das Reissen von Lumpen und neuen Stoffabfällen aller Art, 3. Januar 1918 (AS 34/39); Versorgung des Landes mit technischen Fet- ten, Ölen, Harzen und Wachsarten, 30. April 1918 (AS 34/500); Verbot betr. das Reissen von Säcken und Packtüchern, 4. September 1918 (AS 34/936); Karbidproduktion, 9. November 1918 (AS 34/1170). Die VO betr. Sicherung des Materialbedarfes des Heeres, 4. Juni 1917 (AS 33/339), übertrug bereits zuvor dem SMD ähnliche Kompetenzen in Bezug auf die Bedürfnisse der Armee. 164 K des schweiz. Volkswirtschaftsdepartementes an sämtliche Kantonsregierungen betr. die Ver- mehrung der Lebensmittelproduktion, 16. Januar 1918 (BBl. 1918/I/138); vgl. Käppeli/Rie- sen, Lebensmittelversorgung, S. 49; 11. Neutralitätsbericht, S. 299; BRB betr. die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion, 16. Februar 1917 (AS 33/67); Handel mit Lumpen und neuen Stoffabfällen aller Art, 3. Januar 1918 (AS 34/13); BRB betr. den Handel mit Alteisen, Altguss, Abfällen von Neueisen und mit Gussspänen, 18. Januar 1918 (AS 34/112); Handel mit Alt- papier, Papier- und Pappenabfällen, 19. Januar 1918 (AS 34/147); BRB betr. den Handel mit Knochen und deren Verwertung, 8. März 1918 (AS 34/338); Sammlung und Verwertung der Anmerkungen zu Seiten 193–196 359 zurückzurück

Maikäfer, 25. März 1918 (AS 34/379); Lederabfälle, 21. Juni 1918 (AS 34/747); Abfall-Verwer- tung, 25. Juni 1918 (AS 34/673); K des schweiz. Volkswirtschaftsdepartementes an sämt liche Kantonsregierungen betr. Abfall-Verwertung, 25. Juni 1918 (BBl. 1918/III/473); BRB betr. den Kauf, den Verkauf und die Abgabe von getragenen oder alten Schuhen, Kleidern und Wä- schestücken, 9. August 1918 (AS 34/827); Beschlagnahme und Ablieferung von Rosskastanien, 27. August 1918 (AS 34/898). 165 Vgl. Wipf, Massnahmen, S. 202; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 146; Käppeli/Riesen, Lebensmittelversorgung, S. 47. Zu den von den Nationalräten Gelpke, Rochaix, Ryser, Stuber, Graber und Greulich eingereichten Postulaten und Motionen vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 895, 902 f. und 966. 166 Leonhard, Büchse der Pandora, S. 761. 167 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 894; vgl. K des schweiz. Volkswirtschaftsdepartementes an sämtliche Kantonsregierungen betr. die Vermehrung der Lebensmittelproduktion, 16. Januar 1918 (BBl. 1918/I/138), sowie die Beurteilungen in Grimm, Landesgeschichte, S. 35; Stucki, Kriegswirtschaft, S. 298. 168 BRB betr. die Vermehrung der Lebensmittelproduktion, 15. Januar 1918 (AS 34/83). Nicht nä- her behandelt werden können an dieser Stelle die privaten Bestrebungen, die Landwirtschaft zu modernisieren, beispielsweise in Form der Schweizerischen Vereinigung für Innenkolonisation und Industrielle Landwirtschaft. Vgl. hierzu Auderset/Moser, Krisenerfahrungen, S. 142; Tan- ner, Geschichte, S. 209. 169 K des schweiz. Volkswirtschaftsdepartementes an sämtliche Kantonsregierungen betr. die Ver- mehrung der Lebensmittelproduktion, 16. Januar 1918 (BBl. 1918/I/138). 170 La crise au jour le jour, in: Le Confédéré, 6. Juni 1917. 171 BAR, E7350#1000/1104#307*, Kommission für wirtschaftliche Fragen, Protokoll, 15. April 1918. 172 Vgl. Geschäftsbericht 1914, S. 86 f.; Geschäftsbericht 1918, S. 261; Geschäftsbericht 1919, S. 337. Die detaillierten Berichte mit den einzelnen Gesuchen wurden im «Bundesblatt» pu- bliziert. Zum Begnadigungsrecht im Bund vgl. Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 180; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 599 f. 173 Vgl. BRB betr. die Arbeit in den Fabriken, 30. Oktober 1917 (AS 33/897); Dienstschreiben des BR betr. Sparmassnahmen im Papierverbrauch, 8. Juni 1918 (BBl. 1918/III/438); K des schwei- zerischen Volkswirtschaftsdepartements betreffend Papiereinsparung an die selbständigen eid- genössischen Behörden, die Armee, die eidgenössischen Stände zuhanden ihrer kantonalen, kommunalen und privaten Verwaltungen und an die schweizerische Presse, 10. August 1918 (BBl. 1918/IV/379); BRB betr. Baumwollversorgung des Landes, 4. Oktober 1918 (AS 34/987). Die Hersteller von Kriegsmaterial waren von den Sparvorschriften nicht betroffen, da für deren Energie- und Rohstoffversorgung spezielle Abkommen mit den Ausland geschlossen worden waren, vgl. Rossfeld, Kupferwaren, S. 526 f. 174 Rechenschaftsbericht des Regierungsrates des Kantons Zürich (1918), S. 96, zitiert in Engel, Festseuche, S. 118. 175 Vgl. Julian Grande, Pro-German Swiss Mourn Hoffmann, in: The New York Times, 22. Juli 1917. Zu den Tätigkeiten des Journalisten in der Schweiz vgl. Elsig, Schrapnells, S. 183; Heise, Entente-Freimaurerei, S. 74, aus Sicht des deutschen Esoterikers Karl Heise. 176 Gemeint war vermutlich die Affäre um Ernst Mühlemann, der sich als Angestellter der Han- delsabteilung zur Erteilung von nach Ansicht des Bundes den Handelsabkommen nicht wi- dersprechenden Ausfuhrgenehmigungen nach Deutschland bestechen liess. Das Bundesstraf- gericht verurteilte den Beamten zu einem Jahr Gefängnis und 5000 Franken Busse, vgl. BP, Ueberweisung der Strafsache Mühlemann & Konsorten an das Bundesgericht, 9. März 1917; Schweizerisches Bundesgericht, Entscheidungen (1917) Teil I, S. 220; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 559 f. 177 Julian Grande, Pro-German Swiss Mourn Hoffmann, in: The New York Times, 22. Juli 1917. Der Artikel verfehlte seine Wirkung beim Bundesrat nicht. Der Pressedienst des SMD bezich- tigte Grande in einem Schreiben der irreführenden Darstellung der Angelegenheit, was der Journalist allerdings vehement bestritt. Grande wurde daraufhin vom Bundesrat trotz Pro- tests des britischen Gesandten ausgewiesen. Vgl. BAR, E27#1000/721#13901*, E. Schaeppi, zurückzurück 360 Anmerkungen zu Seiten 196–200

An Julian Grande, 4. Oktober 1917; BP, J.-J. Grande. Ausweisung, 27. November 1917; BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsprotokolle, Ausweisung Grande, 30. November 1917. 178 Vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 83, zum zunehmend gespannten Verhältnis zwi- schen den USA und der Schweiz. 179 Vgl. Stauffer, Affäre, S. 5; Gautschi, Landesstreik, S. 64; Mittler, Weg, S. 819; Senn, Revolution, S. 228. 180 Telegramm übersetzt und zitiert in 8. Neutralitätsbericht, S. 58 f. Vgl. dazu Swiss Agent Expel- led from Russia, in: The Times, 18. Juni 1917. 181 Vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 756; Ragaz, Lebensfrage, S. 318. 182 BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsprotokolle, Depeschenwechsel mit Petrograd, 18. Juni 1917; vgl. Kurz, Dokumente, S. 214; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 68 f. 183 Zitiert in Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 65. Zu den Motiven Hoffmanns und Grimms und zu ihren Absprachen vor der Affäre vgl. Stauffer, Affäre, S. 4 f. und 19; Moos, Neutralität(en), S. 230 f. 184 Vgl. BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsprotokolle, Depeschenwechsel mit Petro- grad, 18. Juni 1917; BP, Demission des Herrn B. R. Hoffmann; Erklärung des Bundesrates, 19. Juni 1917; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 71; Mittler, Weg, S. 823 f.; Stauffer, Affäre, S. 2. 185 Zitiert in Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 65. 186 Dies nach eigener Aussage in ABB Ständerat 1919, S. 177. 187 Vgl. Kurz, Dokumente, S. 208; Weber, Wirtschaftsdiplomatie, S. 582. Ador verantwortete auch die offizielle Untersuchung der Affäre, deren Ergebnisse im 8. Neutralitätsbericht, S. 57–61, und als Gegendarstellung zu Grandes Artikel auch in der «New York Times» veröffentlicht werden sollten. Vgl. BAR, E27#1000/721#13901*, E. Schaeppi, An Herrn F. Dosenbach, 5. Ok- tober 1917. 188 Der Neuenburger war ab 1887 der erste Bundesrat, der dem EPD länger als ein Jahr vorstand. Nach seinem Rücktritt 1892 kehrte die Regierung allerdings zum Rotations- prinzip zurück, vgl. Kley, Verfassungsgeschichte, S. 262; Altermatt, Bundesrat, S. 33; Fueter, Schweiz, S. 211 f. 189 Mittler, Weg, S. 808; vgl. Moos, Neutralität(en), S. 231; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 74; Swiss Condemnation of Herr Hoffmann. Dangers of Secret Diplomacy, in: The Times, 23. Juni 1917; Otfried Nippold, Die Abschaffung des Systems Droz, in: NZZ, 7. November 1917, Erstes Morgenblatt. 190 Motta und Hoffmann wurden 1911 in die Regierung gewählt, Schulthess und Decoppet 1912 und Calonder 1913, vgl. Altermatt, Bundesräte, S. 626 f. 191 Schmid, Wie es gekommen ist, S. 490. August Schmid trat als Autor der offen germanophi- len, vom Pfarrer Eduard Blocher herausgegebenen Schriftenreihe «Stimmen im Sturm aus der deutschen Schweiz» in Erscheinung, vgl. hierzu Mittler, Weg, S. 666; Elsig, Schrapnells, S. 162; Zurlinden, Weltkrieg, Bd. 1, S. 453 f. Das «System Hoffmann» erwähnt überdies auch Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 208, und Mittler, Weg, S. 830, spricht von der «Ära Hoffmann». 192 Zitiert in Böschenstein, Bundesrat, S. 91; vgl. Volksversammlung in Genf, in: Grütlianer, 20. Juni 1917. 193 L’affaire Grimm-Hoffmann, in: Gazette de Lausanne, 20. Juni 1917. 194 Lettre de Berne, in: Gazette de Lausanne, 20. Juni 1917. 195 Des mesures qui s’imposent, in: La Sentinelle, 21. Juni 1917. 196 Vgl. Assemblée populaire à Locarno, in: Gazette de Lausanne, 22. Juni 1917; La déclaration de Bellinzone, in: Gazette de Lausanne, 26. Juni 1917; Echos de la Presse, in: Le Confédéré, 27. Juni 1917. 197 Vgl. L’assemblée jeune-radicale, in: Gazette de Lausanne, 24. Juni 1917. 198 Vgl. Anm. 176, S. 359. 199 Zu Ragaz und zum religiösen Sozialismus vgl. Spieler/Howald/Brassel-Moser, Freiheit, S. 27; Mattmüller, Ragaz, S. 421. 200 Ragaz, Lebensfrage, S. 315 f. 201 Union libérale romande, in: Gazette de Lausanne, 4. Juni 1917. 202 Rede des Herrn Bundespräsidenten Schulthess, in: Berner Intelligenzblatt, 29. Juni 1917. Anmerkungen zu Seiten 200–204 361 zurückzurück

203 Vgl. Turner, Challenge, S. 172. 204 Den Ausdruck hat der deutsche Innenminister Gerhard Schröder 1960 in einer Parlaments- debatte um die Notstandsgesetzgebung der Bundesrepublik geprägt, vgl. Gedämpfte Notstands- debatte im Bundestag, in: Die Tat, 30. September 1960; Benda, Notstandsverfassung, S. 61. 205 Rede des Herrn Bundespräsidenten Schulthess, in: Berner Intelligenzblatt, 29. Juni 1917; vgl. Aus der Bundesversammlung, in: NZZ, 28. Juni 1917, Zweites Abendblatt, wo dieser Teil der Rede nicht wiedergegeben wurde, sowie Böschenstein, Bundesrat, S. 93. 206 Vgl. Conseil national, in: Gazette de Lausanne, 23. Juni 1917; Postulat Willemin-Bossi, in: Gazette de Lausanne, 27. Juni 1917; Les pleins-pouvoirs, in: Journal et feuille d’avis du Va- lais, 29. Juni 1917; Aus der Bundesversammlung, in: Grütlianer, 29. Juni 1917; Des mots!, in: Gazette de Lausanne, 1. Juli 1917; Kurz, Dokumente, S. 214; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 66; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 806 f. 207 Vgl. Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 569; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 536. 208 Vgl. Neidhart, Politik, S. 77. 209 Vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 44. 210 Fritz Fleiner, Der organisatorische Fehler, in: NZZ, 26. Juni 1917, Zweites Mittagblatt; vgl. zu den Besonderheiten der schweizerischen Verwaltung Fleiner, Beamtenstaat, S. 53 f. 211 Fritz Fleiner, Der organisatorische Fehler, in: NZZ, 26. Juni 1917, Zweites Mittagblatt; vgl. zur Entwicklung der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit Moor, Verwaltungsrecht, www.hls-dhs- dss.ch/textes/d/D9660.php; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 255; speziell zur Rolle Fleiners Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 857. 212 Vgl. BB betreffend die Erwahrung der Volksabstimmung vom 25. 0ktober 1914 über die Revi- sion von Art. 103 der Bundesverfassung und Aufnahme eines Art. 114bis in dieselbe (eidg. Ver- waltungsgericht), 23. Dezember 1914 (AS 30/659). 213 Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 859. 214 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Revision des Art. 95 der Bun- desverfassung, in: BBl. 69, Bd. III (1917), S. 649. 215 Vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Revision des Art. 95 der Bundesverfassung, in: BBl. 69, Bd. III (1917), S. 654 f.; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 537 f. 216 Conseil national, in: Gazette de Lausanne, 26. Juni 1917. 217 Nach der Session, in: NZZ, 2. Juli 1917, Erstes Morgenblatt. 218 Pleins pouvoirs, in: Le Confédéré, 20. Juni 1917; vgl. Jèze, Exécutif, S. 103. 219 BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsprotokolle, Demission des Herrn Bundesrat Hoffmann, 20. Juni 1917. 220 Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 208; vgl. BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsproto- kolle, Bundesratswahl, 23. Juni 1917; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 75 f. 221 Vgl. Tagebuch Eugen Huber, zitiert in Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 200. Dagegen Böschen- stein, Bundesrat, S. 95 f. 222 Vgl. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirt- schaft, Bd. 1, S. 1; BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsprotokolle, Demission des Herrn Bundesrat Hoffmann, 20. Juni 1917. Diese Lösung wurde dadurch wesentlich erleich- tert, dass Ador von Beginn weg selbst eine Übernahme der Handelsabteilung abgelehnt hatte. Äusserungen deutscher, österreichisch-ungarischer und britischer Diplomaten nach der Wahl Adors machten deutlich, dass der Ausgang der Hoffmann-Grimm-Affäre letztlich einen deut- lichen Rückgang des Einflusses der Mittelmächte in der Schweiz nach sich zog, vgl. Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 209 f.; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 79 f.; Mittler, Weg, S. 824. 223 BAR, E1005#1000/16#4*, Geheime Bundesratsprotokolle, Demission des Herrn Bundesrat Hoffmann, 20. Juni 1917; vgl. BP, Delegation für Auswärtige Angelegenheiten, 26. Juni 1917; Geschäftsbericht 1918, S. 28; Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 200. Erstes Traktandum der neuen «Delegation» war die Erneuerung des Handelsabkommens mit Deutschland Anfang Juli 1917, vgl. BP, Handelsübereinkommen mit Deutschland, 10. Juli 1917. 224 Vgl. BP, Bundesratswahl, 25. Juni 1917; BRB betr. Abänderung der Organisation des Politi- schen und des Volkswirtschaftsdepartements, 26. Juni 1917 (AS 33/419). 225 8. Neutralitätsbericht, S. 56. zurückzurück 362 Anmerkungen zu Seiten 204–207

226 Leonhard, Büchse der Pandora, S. 498; vgl. Böschenstein, Bundesrat, S. 84; Ruffieux, Suisse, S. 48. 227 Vgl. BRB betr. die Kompetenzen des Politischen Departements und des Volkswirtschafts- departements, 30. Juni 1917 (AS 33/441). Mit dem BRB betr. Ausfuhrverbote, 30. Juni 1917 (AS 33/459) wurden gleichzeitig die Handelsbeschränkungen überarbeitet. 228 BRB betr. die Organisation des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements, 17. Juli 1917 (AS 33/549); vgl. BG über die Organisation der Bundesverwaltung, 26. März 1914 (AS 30/292). 229 BRB betr. die Organisation des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements, 17. Juli 1917 (AS 33/549). Die Definition des Beamtenstatus geschah gemäss Burckhardt, Jahresbericht, S. 654, zur Verhinderung von Missbräuchen durch die Angestellten der kriegswirtschaftlichen Organisationen. Demselben Zweck diente die Vorschrift, Ausfuhrbewilligungen in Zukunft mit zwei Unterschriften zu versehen. Böschenstein, Bundesrat, S. 103, vermutet, Schulthess habe Personal mit höheren Löhnen als beim Bund üblich in die kriegswirtschaftlichen Institu- tionen locken wollen. 230 BRB betr. die Organisation des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements, 17. Juli 1917 (AS 33/549); für einen Überblick Frey, Rohstoffversorgung, S. 20; BAR, E7350#1000/1104#95*, Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Kompetenzen der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft und ihres Chefs, 10. Juli 1917. Die Versorgung mit Torf und Holz blieb Auf- gabe des EDI. 231 Vgl. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirt- schaft, Bd. 1, S. V f.; Studer, Staat, S. 136; Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 31. 232 In der schweizerischen Literatur und in der politischen Sprache der Nachbarländer war der Be- griff bereits vorher in Gebrauch, so als «Kriegswirtschaftspolitik» in Gygax, Wirtschaftspolitik, S. 185, und Landmann, Geldmarkt, S. 301, sowie im deutschen Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst in Reichs-Gesetzblatt, Nr. 276 (1916), S. 1333. Nach dem Vorbild anderer Staaten schlug das EVD im Januar 1917 die «Errichtung kriegswirtschaftlicher Abteilungen» bei den schweizerischen Gesandtschaften im Ausland vor, BAR, E7350#1000/1104#95*, Schweizeri- sches Volkswirtschaftsdepartement, An den Bundesrat, 4. Januar 1917. 233 Heusler, Rechtsgesetzgebung 1917, S. 179. 234 Beveridge, Control, S. 38. 235 BAR, E7350#1000/1104#96*, Heinrich Wagner, An den Vorsteher des Volkswirtschaftsdeparte- ments, 20. August 1918. 236 BAR, E7350#1000/1104#95*, Edmund Schulthess, An den Bundesrat, 12. Juli 1917; vgl. BP, Reorganisation der Handelsabteilung, 10. Juli 1917; Redaktion, Wagner, S. 206 f. Zur sozialen Lage der Schweizer «Techniker» im Ersten Weltkrieg und ihrem Verhältnis zum Staat vgl. Kö- nig/Siegrist/Vetterli, Warten und Aufrücken, S. 354 und 409 f. 237 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 237 und 304; Studer, Staat, S. 146. Ebenfalls in beiden Organisationen präsent waren Ernst Laur. Alfred Frey sowie der Ostschweizer Industriever- treter Karl Emil Wild. 238 BAR, E7350#1000/1104#95*, Edmund Schulthess, An den Bundesrat, 12. Juli 1917; vgl. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirt- schaft, Bd. 1, S. 2; BP, Lokale für Unterbringung eidg. Verwaltungen, 3. August 1917; BAR, E7350#1000/1104#95*, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Unterbringung der Ge- schäftsräume in Bern, 18. Mai 1918. Wagner verlangte für seine Tätigkeit vom Bund 1800 Fran- ken Monatsgehalt, vgl. BAR, E7350#1000/1104#95*, Heinrich Wagner, An das Schweizerische Volkswirtschaftsdepartement, 11. Juli 1917. 239 Vgl. BAR, E7350#1000/1104#95*, Heinrich Wagner, An den Vorsteher des Schweiz. Volkswirt- schaftsdepartements, 31. Oktober 1917; Organisation der Abteilung für industrielle Kriegs- wirtschaft, 3. November 1917 (AS 33/938); Angliederung einer Sektion für Lederindustrie an die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, 4. Januar 1918 (AS 34/18). 240 Redaktion, Wagner, S. 207; vgl. BAR, E7350#1000/1104#156*, Heinrich Wagner, An den Vor- steher des Schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements, 12. September 1917; Studer, Staat, S. 61. Erste Konzepte zu Struktur und Aufgaben der AIK stammten vom späteren Leiter ihrer Chemie-Sektion, vgl. BAR, E7350#1000/1104#95*, Bernardo Diethelm, Vorschläge für die Or- Anmerkungen zu Seiten 207–210 363 zurückzurück

ganisation der Kriegsdienste, 4. Juli 1917. Zu den Besonderheiten der Nekrologe für Ingenieure und Techniker vgl. König/Siegrist/Vetterli, Warten und Aufrücken, S. 381 f. 241 Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 3; vgl. BAR, E7350#1000/1104#95*, Edmund Schulthess, An den Bundesrat, 12. Juli 1917. 242 Über die kriegswirtschaftlichen Tätigkeiten der Handelsabteilung geben die Geschäftsberichte des Bundesrats nur sehr knapp Auskunft, zuletzt der Geschäftsbericht 1916, S. 45. 243 BP, Reorganisation der Handelsabteilung, 10. Juli 1917; vgl. zur Person Eichmanns Zimmer- mann, Wirtschaftspolitik, S. 64; Wehrli, Geschichte, S. 40; Staatskalender 1893, S. 20. 244 8. Neutralitätsbericht, S. 87. 245 BAR, E7350#1000/1104#95*, Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Pressemitteilung: Die Organisation des Volkswirtschaftsdepartements, 12. Juli 1917; zum Kompensationsbüro vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 186; Tanner, Geschichte, S. 141. 246 Vgl. BP, Untersuchung der Angelegenheit Nationalrat Schmidheiny, 25. Oktober 1917; Staub, Schmidheiny, S. 47 f. 247 Vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 192; Studer, Staat, S. 141 f.; Weber, Amerikanische Ver- heissung, S. 79 f. 248 Vgl. Studer, Staat, S. 146. 249 Vgl. Herzog, Friedensarbeit, S. 14; Studer, Staat, S. 126. 250 BRB betr. die Organisation des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements, 17. Juli 1917 (AS 33/549). Zum früh verstorbenen und im Vergleich mit Walter Stucki weitaus weniger be- kannten Bleuler vgl. Prof. Werner Bleuler, in: NZZ, 22. Oktober 1928, Morgenausgabe. Bleuler war ab Mai 1916 als Vertreter der Handelsabteilung Mitglied der SSS-Ausfuhrkommission, vgl. Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 255. 251 BAR, E7350#1000/1104#95*, Edmund Schulthess, An den Bundesrat, 12. Juli 1917. 252 Vgl. BRB betr. Errichtung eines Generalsekretariats für wirtschaftliche Angelegenheiten beim schweizerischen Militärdepartement, 4. Mai 1918 (AS 34/511); zu den Funktionen des EVD-Generalsekretariats 8. Neutralitätsbericht, S. 88; Stamm, Stucki, S. 39 f.; Schumann, Re- gierungssystem, S. 199; Vatter, System, S. 228. 253 Vgl. BAR, E7350#1000/1104#307*, Kommission für wirtschaftliche Fragen, Zusammenfassung über die Tätigkeit im Jahre 1917, etwa Januar 1918. Besprochen wurden unter anderem Ge- suche der Neuen Helvetischen Gesellschaft, der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft oder des Oltener Aktionskomitees. 254 Vgl. BAR, E7350#1000/1104#307*, Kommission für wirtschaftliche Fragen, Protokoll, 28. Ja- nuar 1918; BAR, E7350#1000/1104#307*, Kommission für wirtschaftliche Fragen, An die Her- ren Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements und des Militärdepartements, 9. Februar 1918. Von der «für die Bewahrung der Unabhängigkeit und das Überleben der Schweiz vermutlich wichtigsten Kommission», deren Beschlüsse «vom Bundesrat meist schlankweg durchgewinkt wurden», spricht dagegen Stamm, Stucki, S. 40 und 42. 255 Vgl. BAR, E7350#1000/1104#191*, Ernährungskonferenz, Protokoll, 21. März 1918; Lüthi, Brotversorgung, S. 57. Von der Kommission sind bis Mai 1918, von der Konferenz bis April 1918 Protokolle erhalten. Die Ernährungskonferenz der Bundesverwaltung ist nicht zu ver- wechseln mit der Ernährungskommission, die als externer Beirat für das EEA fungierte und an der auch Delegierte der Arbeiterorganisationen teilnahmen, vgl. hierzu Kübler, Integration, S. 70; Gautschi, Landesstreik, S. 52, und Kapitel 6.1. 256 Eine Zusammenfassung der beim EVD gebildeten Kriegswirtschaftsbehörden und ihrer Finan- zen in BAR, E7350#1000/1104#95*, Berichte No. 1–3 des Abteilungssekretärs für das Rech- nungswesen, April 1918. 257 Vgl. Studer, Staat, S. 124. 258 Vgl. Schätti, Bundesratsbeschlüsse, S. 49; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 250; Floris, Le- bensstandard, S. 105; Cottier, Liberalismus, S. 52 f.; Studer, Staat, S. 54. Beispiele sind die auf deutschen Druck hin gebildete Zentralstelle für die Kohlenversorgung der Schweiz (1915, teil- verstaatlicht 1917, später Kohlenzentrale A. G.) und die Schweizerische Zentralstelle für den Bezug von Stahl und Eisen aus Deutschland (1916, teilverstaatlicht 1917), die Schweizerische Zuckerzentrale (1915), die Zentralstelle der Häute- und Felllieferanten-Genossenschaft (1915) zurückzurück 364 Anmerkungen zu Seite 210

oder die Zentralstellen für Obstversorgung (1916). Auch wenn sie nie als Zentralstelle galt, trug auch die private GSK mit dem Ausfuhrmonopol auf Käse und der Verpflichtung einer Verbil- ligung der Milch Züge dieser Organisationsform. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang auch SSS, STS und ihre Syndikate, denn auch bei ihnen handelte es sich um private Gesell- schaften, die mit Bundesauftrag regulatorische Aufgaben zu erfüllen hatten. Die SSS wurde von Bundesrat Schulthess explizit als «Zentralstelle» bezeichnet, vgl. Obrecht, Überwachungs- gesellschaften, S. 14 und 26. 259 Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, S. 83; Kerkhof, Partnership, S. 119; Kocka, Klassengesell- schaft, S. 112; Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 47 f.; Roth, Staat, S. 411; Leonhard, Kriegswirt- schaft, S. 273; Wixforth, Kriegsgesellschaften, S. 90 f.; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, S. 49. Dem Typus der schweizerischen Zentralstelle am nächsten kamen die von Walther Rathe- nau angeregten «Rohstoffgesellschaften» beziehungsweise «Kriegsverbände», vgl. Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 24; Rittler, Teuerung, S. 368; Stolleis, Entstehung, S. 144. Vergleichbare Funktionen erfüllten ausserdem die kriegswirtschaftlichen «Zentralen» Österreich-Ungarns, vgl. Riedl, Industrie, S. 31. 260 Studer, Staat, S. 78. 261 Vgl. Stucki, Kriegswirtschaft, S. 266 f.; zu den ebenfalls als «Zentralstellen» bezeichneten Behörden in Österreich-Ungarn und Deutschland Riedl, Industrie, S. 115 und 235; Löwen- feld-Russ, Volksernährung, S. 340; Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 90; Roth, Staat, S. 235. 262 Die verschiedenen Kompetenzen der Zentralstellen wurden bereits erwähnt und sollen hier nur noch einmal summarisch aufgelistet werden: Erteilung von Handelskonzessionen, Einfuhr-, Ausfuhr-, Transport-, Lager-, Produktions- und Verwendungsbewilligungen; Einfuhr-, Ein- kaufs- und Verkaufsmonopole; Zwangsweiser Ankauf und Anordnungen zum Verkauf von Produkten; Beantragung von Beschlagnahmungen, Höchstpreisen und Vorschriften beim zu- ständigen Departement; Durchführung von Bestandsaufnahmen und Beschlagnahmungen un- ter Mitwirkung der lokalen Behörden; Verteilung, Kontingentierung und Rationierung; Er- stellung von Statistiken zu Handel, Produktion und Verbrauch; Einsicht in Geschäfts- und Buchführung sowie Lager der betroffenen Unternehmen; Erlass, Umsetzung und Über- wachung spezifischer Vorschriften; Einleitung von Strafuntersuchungen unter Mitwirkung der kantonalen Polizeibehörden; Verhängung und Ausführung von Strafmassnahmen; Aufhebung und Vermittlung von Vereinbarungen zwischen Privaten; Entgegennahme von Beschwerden; Schlichtung von Streitfällen; Abschluss von Vereinbarungen mit Produzenten, Händlern und Verbrauchern; Übertragung von eigenen Kompetenzen an Verbände, Kantons- und Gemeinde- behörden; Genehmigung kantonaler Vorschriften; Errichtung von lokalen Zentralstellen; Erhe- bung von Gebühren. 263 Vgl. Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 147; Eidgenössisches Volkswirtschaftsdeparte- ment, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 103. 264 BRB betr. den Handel mit wollenen und halbwollenen Lumpen und Abfällen, 14. April 1916 (AS 32/161); vgl. BRB betr. die Kartoffelversorgung des Landes, 11. August 1916 (AS 32/283); BRB betr. den Verkehr in Rohbaumwolle, Baumwollgarnen, Baumwollzwirnen und Baum- wollgeweben, 30. September 1916 (AS 32/391); BRB betr. die Versorgung der Papier- und Pa- pierstoff-Fabriken mit Papierholz, 17. Oktober 1916 (AS 32/436); BRB betr. Papierlieferun- gen, 19. Dezember 1916 (AS 32/19); BRB betr. den Handel mit Altmetallen und Metallabfällen, 23. Dezember 1916 (AS 32/634); BRB betr. den Verkauf von Aluminium, Aluminium-Halb- fabrikaten, Abfällen von Aluminium und Altaluminium, 11. Mai 1917 (AS 33/25); Errichtung einer eidgenössischen Anstalt für Schlachtviehversorgung, 18. Mai 1917 (AS 33/277); Errich- tung einer eidgenössischen Zentralstelle für Butterversorgung, 1. Juni 1917 (AS 33/341); BRB betr. Errichtung eines eidgenössischen Brotamtes, 10 August 1917 (AS 33/61); Eidgenössische Zentralstelle für Milch und Milcherzeugnisse, 18. August 1917 (AS 33/635), übernimmt die Zentralstelle für Butterversorgung; BRB betr. die Ausdehnung des inländischen Getreidebaues, 3. September 1917 (AS 33/699); BRB betr. die Kohlenversorgung des Landes, 8. September 1917 (AS 33/717); Verkehr in Eisen und Stahl, 12. September 1917 (SHAB 1915/214/1472); Überwachung der Herstellung und des Vertriebes von Düngemitteln, Futtermitteln und an- dern Hülfsstoffen der Landwirtschaft und deren Nebengewerbe, 7. Januar 1918 (AS 34/4), die Organisation bestand bereits vor 1914; BRB betr. die Versorgung des Landes mit Speiseölen Anmerkungen zu Seiten 211–214 365 zurückzurück

und Speisefetten, 15. Januar 1918 (AS 34/93); BRB betr. Wollversorgung des Landes, 18. Ja- nuar 1918 (AS 34/103); BRB betr. den Handel mit Knochen und deren Verwertung, 8. März 1918 (AS 34/338); Versorgung des Landes mit Früchten und andern Produkten der Waldbäume, 5. September 1918 (AS 34/926); Versorgung mit Weisskraut und Weissrüben, 9. September 1918 (AS 34/929); BRB betr. die Versorgung des Landes mit Seifen und Waschmitteln, 18. Oktober 1918 (AS 34/1049). 265 Vgl. BRB betr. die Zentralstelle für technische Fette, Öle, Harze, Wachsarten, 23. Dezember 1916 (AS 32/632); Versorgung des Landes mit technischen Fetten, Ölen, Harzen und Wachs- arten, 30. April 1918 (AS 34/500); Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 2, S. 215; Studer, Staat, S. 69. Die Zentralstelle wurde bereits im Mai 1916 gegründet, aber erst im Dezember 1916 per Noterlass bestätigt. 266 11. Neutralitätsbericht, S. 243; vgl. Versorgung des Landes mit technischen Fetten, Ölen, Har- zen und Wachsarten, 19. August 1918 (AS 34/881). 267 Vgl. Wild, Volksschuhe, S. 437. Mit der Entwicklung der Schuh- und Lederindustrie wäh- rend und nach dem Ersten Weltkrieg befasst sich das Dissertationsprojekt von Roman Wild: «Der Fussabdruck der unsichtbaren Hand. Die Geschichte des schweizerischen Schuhmark- tes, 1918–1948». Ihm sei für die Hinweise auf die Entstehungszusammenhänge der Volks- schuh-Zentrale gedankt. 268 Vgl. Angliederung einer Sektion für Lederindustrie an die Abteilung für industrielle Kriegs- wirtschaft, 4. Januar 1918 (AS 34/18); Zahner, Leder- und Schuhversorgung, S. 128; 9. Neu- tralitätsbericht, S. 609 f. Wie die Volksschuh-Zentrale ohne Noterlass, aber unter Aufsicht des Bundes operierten als halbstaatliche Zentralstellen die Schweizerische Torfgenossenschaft, die Hausbrandzentrale, die Farbstoffkontrolle, die Kontrollstelle für Alteisen, das Zentralbüro für Garnvermittlung, die Stickereiausfuhrzentrale, die Schweizerische Teerkommission sowie die Volkstuch AG, vgl. Volkart, Organisationsgewalt, S. 76; Reichesberg, Amtsstellen, S. 62 f. 269 9. Neutralitätsbericht, S. 640. 270 Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 191; vgl. Zahner, Leder- und Schuhversorgung, S. 128; Studer, Staat, S. 18; Geering, Handel, S. 779. 271 Bally, Tagebuch, 13. Dezember 1918; vgl. Wild, Volksschuhe, S. 438. Bally begründete seine Kritik nicht nur mit dem Misserfolg des «Volksschuhs», sondern verwies auch auf die Wirkun- gen der Kohleeinsparung bei den SBB. 272 Redaktion, Literaturanzeigen, S. 534. 273 Vgl. 7. Neutralitätsbericht, S. 265; V betr. die Grenzpolizei und die Kontrolle der Ausländer, 21. November 1917 (AS 33/959); Kurz, Dokumente, S. 82; BRB betr. die Errichtung einer schweizerischen Zentralstelle für den Ein- und Ausfuhrtransport, 6. März 1917 (AS 33/123). Pentmann, Normen, S. 213, bezeichnet generell alle «mit handelspolitischen Funktionen» aus- gestatteten Behörden und Organisationen als «Zentralstellen». 274 BRB betr. die Vermehrung der Lebensmittelproduktion, 15. Januar 1918 (AS 34/83); vgl. Be- standesaufnahme und Rationierung von Kartoffeln, 22. Dezember 1917 (AS 33/1063); Milch- versorgung im Sommer 1918, 22. April 1918 (AS 34/450); für einen Überblick Volkart, Organi- sationsgewalt, S. 97. 275 8. Neutralitätsbericht, S. 70. Ob die Kantone zur Umsetzung der Noterlasse berechtigt waren, spielte auch bei der Planung von Armeeeinsätzen gegen Unruhen im Innern ab 1916 eine zen- trale Rolle, vgl. hierzu Zeller, Ruhe, S. 35; Müller, Sicherheit, S. 221. 276 BRB betr. kantonale AV zu den ausserordentlichen Erlassen des Bundes, 2. August 1917 (AS 33/596); vgl. Heusler, Rechtsgesetzgebung 1917, S. 179 f. 277 Vgl. BP, Requisition von Lokalen und Einrichtungen für Massenspeisungen, 11. Oktober 1918; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 817 f. 278 Eine Übersicht bis 1925 bietet BAR, E7350#1000/1104#95, Eidgenössisches Volkswirtschafts- departement, Kriegswirtschaftliche Bureaux, Februar 1927. 279 Studer, Staat, S. 78. 280 Lederer, Soziologie, S. 383. 281 Köng, Aera, S. 330; vgl. Gygax, Wirtschaftspolitik, S. 186; Baker, Control, S. 21 f.; Nachim- son, Wirtschaftslage, S. 53; Stucki, Kriegswirtschaft, S. 304 f.; Creveld, State, S. 235; Gruner, zurückzurück 366 Anmerkungen zu Seiten 214–220

Wirtschaftspolitik, S. 36; Kley, Geschiche, S. 57; Tanner, Staat, S. 241; Tanner/Groebner/Guex, Kriegswirtschaft, S. 14; Lanter, Finanzierung, S. 63; Stolleis, Entstehung, S. 144 f.; Turner, Challenge, S. 178. 282 Vgl. Staatssozialismus, in: NZZ, 3. April 1918, Abendblatt; Neidhart, Politik, S. 99; Böschen- stein, Bundesrat, S. 103 f.; zum Begriff Huber, Verfassungsgeschichte, S. 76; Kästli, Selbstbezo- genheit, S. 22. 283 Staatssozialismus, in: NZZ, 3. April 1918, Abendblatt. 284 Ebd.; vgl. Studer, Staat, S. 125. Das liberale Ideal eines «freien Spiels der Kräfte» hatte Rathenau, Rohstoffversorgung, S. 27, im Kriegszustand explizit für ausser Kraft gesetzt erklärt. 285 Staatssozialismus, in: NZZ, 3. April 1918, Abendblatt. 286 Vgl. ebd. 287 Vgl. Cottier, Staatsinterventionismus, S. 187 f. 288 Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 153; zur «paradoxen Selbstverlängerung des Krieges durch sich selbst» bei den Krieg- führenden Leonhard, Büchse der Pandora, S. 805. 289 Vgl. 11. Neutralitätsbericht, S. 207. 290 Ebd., S. 232; vgl. BAR, E7350#1000/1104#301*, Literarisches Bureau, Wirtschaftliche Nach- richten, 1. Juni 1918. 291 Vgl. 11. Neutralitätsbericht, S. 233; Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 1, S. 5. 292 Vgl. BAR, E7350#1000/1104#95*, Heinrich Wagner, An den Vorsteher des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements, 3. Dezember 1918, S. 2 f.; vgl. BAR, E7350#1000/1104#95*, Protokoll der Besprechungen über die Neugestaltung von Einfuhr und Ausfuhr, 7. Januar 1919; Studer, Staat, S. 135 f. 293 Vgl. Böschenstein, Bundesrat, S. 122. 294 Heusler, Rechtsgesetzgebung 1917, S. 179. 295 Péquignot, Homme d’Etat, S. 49. Zentral hierbei Böschenstein, Bundesrat, S. 75–110, der mit dem Untertitel «Krieg und Krisen» die zentralen Bewährungsfelder Schulthess’ definiert hat, vgl. insbesondere S. 103. 296 Vgl. Lauchenauer, Herkunft, S. 19; Jost, Bedrohung, S. 731. In abgewandelter Form war von der «Aera Schulthess-Laur» die Rede, vgl. Oprecht, Arbeiterschaft, S. 214. 297 Köng, Aera, S. 332. 298 Altermatt, Bundesrat, S. 23. 299 Eigene Berechnungen auf der Grundlage von Schweizerische Bundeskanzlei, Departements- vorsteher, www.admin.ch/gov/de/start/bundesrat/geschichte-des-bundesrats/schweizer-regie- rung-zusammensetzung-seit-1848/departementsvorsteher-liste.html. Wenn nur der Zeitraum zwischen 1918 und 1945 betrachtet wird, betrug der Verbleib im gleichen Departement sogar elf Jahre. 300 Altermatt, Bundesrat, S. 23; vgl. Neidhart, Plebiszit, S. 207 f. 301 Vgl. BRB betr. Abänderung der Organisation der Bundesverwaltung (Leitung des Politischen Departements), 16. Dezember 1918 (AS 34/1225); Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 544; Greyerz, Bundesstaat, S. 1148. 302 Tanner, Bundeshaushalt, S. 34; vgl. Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 226. 303 Bertrand Russel, zitiert in Ullmann, Finance, S. 16. Einer zeitgenössischen Schätzung zufolge beliefen sich die nominalen Kosten des Kriegs für Entente und Mittelmächte auf insgesamt 208 Milliarden Dollar, vgl. Bogart, Costs, S. 267. Kreis, Insel, S. 59, beziffert die Kriegskosten für die Schweiz auf 1,9 Milliarden Franken, Tanner, Geschichte, S. 142, allein die ausserordent- lichen Militärausgaben bis 1920 auf 2,3 Milliarden Franken. 304 Vgl. Guex, Politique, S. 186; Tanner, Bundeshaushalt, S. 62; Ullmann, Finance, S. 428. 305 Vgl. Mauro et al., Fiscal Prudence, S. 7; Broadberry/Harrison, Economics, S. 15. Für einen Ver- gleich der Ausgaben europäischer Staaten in einer breiteren Perspektive vgl. Flora et al., State, S. 348–354. 306 Für eine ausführlichere Analyse vgl. Guex, Politique, S. 184 und 328. 307 Vgl. HSSO, Tab. U.7 und U.45; Guex, Finanzen, S. 1079; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 37; Tanner, Bundeshaushalt, S. 58 f. Anmerkungen zu Seiten 221–224 367 zurückzurück

308 Vgl. Mötteli, Militärausgaben, S. 83 f. und 87; Guex, Finanzen, S. 1095. 309 Als Überblick vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 1042–1046. 310 Vgl. HSSO, Tab. U.7. 311 Ohne Zoll- und Postverwaltung, Regiebetriebe und SBB. Die Zahl sämtlicher Angestellten des Bundes stieg zwischen 1913 und 1920 von 66 756 auf 74 373, um dann im Verlauf der Zwanzi- gerjahre wieder auf rund 66 000 zurückzugehen, vgl. Eidgenössisches statistisches Bureau, Sta- tistisches Jahrbuch 1936, S. 341. 312 Vgl. ebd. 313 Vgl. HSSO, Tab. U.7. 314 Vgl. Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 228 f.; Lanter, Finanzierung, S. 84 f.; Tanner, Geschichte, S. 141 f. 315 Vgl. Guex, Finanzen, S. 1092. 316 Ebd., S. 1091; vgl. Fueter, Schweiz, S. 263. 317 Vgl. BRB betr. die Ausgabe von 20-Franken-Banknoten und den gesetzlichen Kurs der Bank- noten der schweizerischen Nationalbank, 30. Juli 1914 (AS 30/333); Tanner, Geschichte, S. 142. 318 Vgl. 12. Neutralitätsbericht, S. 142; Statistisches Bureau der Schweizerischen Nationalbank, Bankwesen, S. 536. 319 Vgl. Merz, Kreditoperationen, S. 49; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 1003 f. Zur Finan- zierung mittels Schatzanweisungen im Deutschen Reich vgl. Rohlack, Kriegsgesellschaften, S. 22 f. 320 So das Direktorium der SNB gegenüber dem Bundesrat im Herbst 1914, zitiert in Bordo/ James, Nationalbank, S. 44. Vgl. ausserdem Jöhr, Volkswirtschaft, S. 236 f.; Hoefliger, Kriegs- bereitschaft, S. 12; Guex, Politique, S. 166; Tanner, Geschichte, S. 143. 321 Vgl. BG betr. Abänderung des BG vom 6. Oktober 1905 über die schweizerische National- bank, 24. Juni 1911 (AS 27/744); Tanner, Bundeshaushalt, S. 234. 322 Vgl. Jöhr, Kreditanstalt, S. 314; Merz, Kreditoperationen, S. 90; Schaltegger/Schmid, Anleihe- markt, S. 6. Zur ersten Anleihe im August 1914 vgl. den Aufruf An das Schweizervolk, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 31. Dazu kam Ende Oktober 1918 noch die Ausgabe von kurzfristi- gen «Kassascheinen» für die Lebensmittelversorgung, die bis Januar 1919 186 Millionen Fran- ken einbrachte, vgl. 12. Neutralitätsbericht, S. 192; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 1002 f. 323 Vgl. Kellenberger, Kapitalexport, S. 12 und 102; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 52. Die dritte Anleihe sollte offiziell der Elektrifizierung der SBB zugutekommen, fand aber laut Merz, Kreditoperationen, S. 113, anderweitige Verwendung. Sie wurde zudem nicht mehr auf der Grundlage der Vollmachten, sondern vom Parlament beschlossen. Zum Umrechnungskurs vgl. Schweizerische Nationalbank, Devisenkurse, https://data.snb.ch/de/topics/ziredev#!/cube/ devkum. 324 Vgl. Guex, Politique, S. 219 f. Zu den Folgen dieser Finanzpolitik für die Preisentwicklung in der Schweiz vgl. Guex, Finanzen, S. 1094. 325 Vgl. Guex, Finanzen, S. 1093; Freudiger, Einkünfte, S. 18. 326 Vgl. Bundesgesez betr. den Militärpflichtersaz, 28. Juni 1878 (AS 3/565). Die auf 1914 und 1915 beschränkte Verdoppelung wurde in den folgenden Kriegsjahren wiederholt. 327 Vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betr. Massnahmen zur sofortigen Vermehrung der Einnahmen des Bundes, in: BBl. 66, Bd. IV (1914), S. 605; BB betr. Massnah- men zur sofortigen Vermehrung der Einnahmen des Bundes, 23. Dezember 1914 (AS 30/672); BB betr. Änderung des BG betr. das Tarifwesen der Schweizerischen Bundesbahnen vom 27. Juni 1901, 22. Dezember 1914 (AS 30/678). 328 Vgl. BRB betr. die Taxen für Telephongespräche zur Nachtzeit, 29. Dezember 1914 (AS 30/680). 329 Vgl. Guex, Politique, S. 340; HSSO, Tab. U.10a. 330 BP, Perception d’un impôt de guerre direct et unique, 9. Oktober 1914. 331 Vgl. Steiger, Kriegssteuer, S. 1; Guex, Politique, S. 348; BAR, E6302A#1000/1037#2*, Jakob Steiger, An Bundesrat Dr. Motta, 5. Dezember 1914. 332 BP, Perception d’un impôt de guerre direct et unique, 9. Oktober 1914. 333 Steiger, Kriegssteuer, S. 3; vgl. Guex, Politique, S. 345. 334 Volksabstimmung vom 6. Juni 1915 über die Kriegssteuer, in: BBl. 67, Bd. II (1915), S. 1. Ed- zurückzurück 368 Anmerkungen zu Seiten 224–227

mund Schulthess schlug mit Verweis auf die sich abzeichnende lange Kriegsdauer dagegen ei- nen dringlichen Bundesbeschluss vor, vgl. BP, Vorlage betr. Erhebung einer Kriegssteuer, 5. Fe- bruar 1915. 335 BAR, E6302A#1000/1037#2*, Walther Burckhardt, An das eidgenössische Finanzdepartement, 13. November 1914, S. 10 f. 336 Guex, Politique, S. 349. 337 BAR, E6302A#1000/1037#2*, Hans Blau, Protokoll der Konferenz über die Frage der Er- hebung einer einmaligen, eidgenössischen Kriegssteuer, 13. Januar 1915, S. 4. 338 Vgl. Nauer/Bovet, Kriegszeit-Reden, S, 5; Kley, Demonstration, S. 205 f. 339 Vgl. Tanner, Geschichte, S. 144; Schweizerische Bundeskanzlei, Volksabstimmung vom 6. 6. 1915, www.admin.ch/ch/d/pore/va/19150606/index.html. 340 Vgl. BAR, E6302A#1000/1037#2*, Hans Blau, Conférence de la commission d’experts invités à examiner les projets de formulaires de déclaration et l’ordonnance d’exécution de l’arrêté fédé- ral concernant l’impôt de guerre, 3. Dezember 1915; BB betr. die eidgenössische Kriegssteuer, 22. Dezember 1915 (AS 31/445). 341 Vgl. Vollziehungsverordnung zum BB vom 22. Dezember 1915 betr. die eidgenössische Kriegs- steuer, 30. Dezember 1915 (AS 31/467); BRB betr. die Organisation der eidgenössischen Steuer- verwaltung, 22. Januar 1918 (AS 34/121). 342 Vgl. Guex, Politique, S. 355; Berther, Kriegssteuer, S. 4; Eidgenössische Kriegssteuerverwal- tung, Statistik, S. 50. 343 BP, Besteuerung der Kriegsgewinne, 17. August 1915; vgl. Guex, Politique, S. 362. 344 Diehl, Kriegsgewinnsteuer, S. 214. 345 Vgl. Bräuer, Kriegsgewinnsteuer, S. 971; Schweizer, Kriegsgewinnsteuer, S. 323 f.; Redaktion, Besteuerung, S. 150; Ullmann, Kriegswirtschaft, S. 229. 346 Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Sommer-Session 1916, S. 3; vgl. Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Winter-Session 1916, S. 7. 347 BP, Sicherung der Kriegsgewinnsteuer, 28. Juli 1916; vgl. Guex, Politique, S. 363. 348 Vgl. BRB betr. die Sicherstellung der Kriegsgewinnsteuer, 29. Juli 1916 (AS 32/257). 349 Vgl. BRB betr. die eidgenössische Kriegsgewinnsteuer, 18. September 1916 (AS 32/351). 350 Vgl. BRB betr. den «Fonds für Arbeitslosenfürsorge», 24. März 1917 (AS 33/154). 351 Vgl. BRB betr. Abänderung bzw. Ergänzung der Art. 5, 12 und 39 des BRB vom 18. September 1916 betr. die eidgenössische Kriegsgewinnsteuer, 9. November 1917 (AS 33/935). 352 Vgl. Guex, Politique, S. 365 f. 353 Vgl. Eidgenössische Kriegsgewinnsteuer, 3. Juli 1918 (AS 34/763). 354 Vgl. Guex, Finanzen, S. 1096. 355 12. Neutralitätsbericht, S. 165. 356 Zitiert in Guex, Politique, S. 362; vgl. Tanner, Geschichte, S. 144. 357 Vgl. Neidhart, Plebiszit, S. 187; Lohner, Rede, S. 7 f. 358 Vgl. BG über die Stempelabgaben, 4. Oktober 1917 (AS 34/59); Vollziehungsverordnung zum BG vom 4. Oktober 1917 über die Stempelabgaben, 20. Februar 1918 (AS 34/247). 359 Vgl. Tanner, Geschichte, S. 144 f.; Guex, Finanzen, S. 1096. 360 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Volksbegehren betr. Aufnahme eines Artikels 41bis in die Bundesverfassung und Abänderung des Artikels 42, lit. f derselben (Einführung der direkten Bundessteuer), in: BBl. 70, Bd. I (1918), S. 173; Tanner, Geschichte, S. 145. 361 Vgl. Ritzmann-Blickenstorfer, Statistik, S. 1062; Kreis, Votes, S. 25. 362 Vgl. Laur, Erinnerungen, S. 141; Lustenberger, Organisation, S. 34; Burkhard, Milchpreisteue- rung, S. 81. 363 Vgl. Freudiger, Einkünfte, S. 42. 364 Vgl. VO betr. die Grenzpolizei und die Kontrolle der Ausländer, 21. November 1917 (AS 33/959). 365 Vgl. Eidgenössische Staatsrechnung 1917, S. 250; Eidgenössische Staatsrechnung 1918, S. 248; Eidgenössische Staatsrechnung 1919, S. 250. 366 Vgl. Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 66. 367 Vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Rechnungen und Bilanzen der Anmerkungen zu Seiten 227–231 369 zurückzurück

Kriegsorganisationen für die Lebensmittelversorgung der Zivilbevölkerung, in: BBl. 73, Bd. III (1921), S. 347–414; BAR, E7350#1000/1104#190*, Bundesrat, Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Rechnungen und Bilanzen der kriegswirtschaftlichen Dienst- zweige des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements aus den Jahren 1915–1918 (inbegrif- fen die kriegswirtschaftlichen Dienstzweige des Politischen Departements bis zum Jahre 1917), 19. April 1921 (Auszug in BBl. 73, Bd. III [1921], S. 415–428); Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Rechnungen und Bilanzen des eidgenössischen Ernährungsamtes für 1919 und 1920, in: BBl. 73, Bd. V (1921), S. 311–397. 368 Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 670. 369 Stucki, Kriegswirtschaft, S. 293. 370 BRB betr. die Strafbarkeit der fahrlässigen Widerhandlungen gegen die Kriegsverordnungen des Bundesrates und seiner Departemente, 26. Dezember 1917 (AS 33/1122). Es handelte sich um die Fälle «Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt gegen Hasler» (Schweizerisches Bun- desgericht, Entscheidungen, Bd. 43:1 [1917], S. 229) und «Schweiz. Bundesanwaltschaft gegen Böhi» (Schweizerisches Bundesgericht, Entscheidungen, Bd. 43:1 [1917], S. 321). Vgl. dazu Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 917; Küffer, Kritik, S. 38; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 265; Kiener, Notrecht, S. 461 f. 371 Vgl. K des Bundesrates an die Kantonsregierungen über den BRB vom 26. Dezember 1917 betr. die Strafbarkeit der fahrlässigen Widerhandlungen gegen die Kriegsverordnungen des Bundes- rates und seiner Departemente, 26. Dezember 1917 (BBl. 1917/IV/1012); Zoller, Notverord- nung, S. 17. 372 Vgl. Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 419; Küffer, Kritik, S. 39. 373 Giacometti, Verfassungsrechtsleben, S. 342. 374 Vgl. Stockar, Bundessteuer, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D13768.php; Guex, Finanzen, S. 1098. 375 Vgl. Guex, Finanzen, S. 1092 f. Ein Nebeneffekt dieser Finanz- und Geldpolitik bestand in der Teuerung, die durch die Kreditvergabe der SNB befeuert wurde, vgl. hierzu Ruoss, Geldpolitik, S. 35; Tanner, Geschichte, S. 143 f.; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 27 f. 376 Zitiert in Guex, Finanzen, S. 1098; vgl. Jöhr, Volkswirtschaft, S. 235; Tanner, Geschichte, S. 202.

Kapitel 6

1 Zitiert in Oltener Aktionskomitee, Landesstreik-Prozess, Bd. 1, S. 480. 2 Neidhart, Plebiszit, S. 27. 3 Ebd., S. 189; vgl. Tanner, Geschichte, S. 159; Wild, Volksschuhe, S. 444. 4 Dieser Aspekt wurde vor allem von Leonhard Neidhart in seiner Untersuchung «Plebiszit und pluralitäre Demokratie» (1970) herausgearbeitet, vgl. dort S. 27 und 185–192. 5 Zu Armut, Sozialpolitik und zur Verschlechterung der Lebensumstände im Ersten Weltkrieg vgl. Floris, Lebensstandard, S. 109; Schneider, Volksernährung, S. 7; Ruffieux, Suisse, S. 31–36; Gautschi, Landesstreik, S. 32; Bolliger, Arbeiterbewegung, S. 2 f.; Kreis, Insel, S. 171; Pfister, Auf der Kippe, S. 80; Jost, Bedrohung, S. 765 f.; Albertin, Massnahmen, S. 217; Auderset/Mo- ser, Krisenerfahrungen, S. 135; Tanner, Fabrikmahlzeit, S. 36 f.; Baumann, Bauernstand, S. 307; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 41 f.; Fueter, Schweiz, S. 262 f.; Kurz, Dokumente, S. 269; Jaun/Straumann, Generalstreik, S. 23; Burkhard, Milchpreisteuerung, S. 46 f., sowie das Dis- sertationsprojekt von Maria Meier zur Lebensmittelversorgung der Stadt Basel. 6 Jost, Stellenwert, S. I; vgl. Koller, Landesstreik, S. 33. 7 Vgl. Degen, Sozialdemokratie, S. 22 f.; Ruffieux, Suisse, S. 43; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 43 f. 8 Vgl. Jaun/Straumann, Generalstreik, S. 36; Ernste Dinge, in: NZZ, 25. Januar 1918, Erstes Abendblatt; Revolution?, in: Basler Nachrichten, 1. Februar 1918, Erstes Blatt. 9 Grimm, Landesgeschichte, S. 32; vgl. Müller, Sicherheit, S. 225. Auf solche widersprüchlichen Haltungen gegenüber den Vollmachten weist auch Kuhn, Spuren, S. 204, hin. 10 Ariadne, Trugbild, S. 4; vgl. Studer, Sicherheit, S. 172 f. 11 Vgl. Stucki, Gewerkschaftsbund, S. 71; Huggler, Bericht, S. 121. zurückzurück 370 Anmerkungen zu Seiten 231–233

12 Vgl. Eingabe der Notstandskommission der schweizerischen Arbeiterschaft an den Bundes- rat, 14. Februar 1917, zitiert in Kurz, Dokumente, S. 250; vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 92; Lezzi, Arbeiterbewegung, S. 180 f.; Nicolò, Sozialpolitik, S. 42 f. Die Notstandskommission hatte bereits im August 1916 ein 21 Aufgaben für Bund und Kantone umfassendes Aktionspro- gramm aufgestellt, dem mit Demonstrationen Nachdruck verliehen werden sollte, vgl. Stucki, Gewerkschaftsbund, S. 74 f. 13 Vgl. BRB betr. die Einschränkung der Lebenshaltung, 23. Februar 1917 (AS 33/83); Verarbei- tung von Milch auf Weichkäse und einzelne Käsesorten, 22. Januar 1917 (AS 33/24); BRB betr. die Abgabe von Brot zu herabgesetzten Preisen, 29. Mai 1917 (AS 33/315); BRB betr. Schutz von Mietern gegen Mietzinserhöhungen und Kündigungen, 18. Juni 1917 (AS 33/397); BRB betr. den «Fonds für Arbeitslosenfürsorge», 24. März 1917 (AS 33/154); AV des schweizeri- schen Volkswirtschaftsdepartements zum BRB vom 4. April 1917 betr. die Abgabe von Kon- summilch zu herabgesetzten Preisen, 27. April 1917 (AS 33/237); BRB über Abänderung von Art. 3 der VO betr. die Unterstützung der Angehörigen von Wehrmännern (Erhöhung der Notunterstützung), 11. Juni 1917 (AS 33/358). An der «Notstandsaktion» des Fürsorgeamts wirkte die Kommission direkt mit, vgl. 7. Neutralitätsbericht, S. 263. 14 Vgl. Lezzi, Arbeiterbewegung, S. 183 f. 15 Oltener Aktionskomitee, Landesstreik-Prozess, Bd. 1, S. 480. 16 Grimm, Revolution, S. 9. Noch schärfer das Urteil 35 Jahre später in Grimm, Landesgeschichte, S. 32. 17 Vgl. Degen, Theorie, S. 59. 18 Vgl. Bolliger, Arbeiterbewegung, S. 90; 9. Neutralitätsbericht, S. 589; Lezzi, Arbeiterbewe- gung, S. 184; Erb, Vorgeschichte, S. 374. 19 Vgl. BP, Fonds für Arbeitslosenfürsorge, 13. März 1917; Kübler, Integration, S. 61. 20 Vgl. Stucki, Gewerkschaftsbund, S. 78. 21 Vgl. Kurz, Dokumente, S. 272; Gautschi, Landesstreik, S. 93. 22 BRB betr. die Vermehrung der Lebensmittelproduktion, 15. Januar 1918 (AS 34/83). 23 K des schweiz. Volkswirtschaftsdepartementes an sämtliche Kantonsregierungen betr. die Ver- mehrung der Lebensmittelproduktion, 16. Januar 1918 (BBl. 1918/I/138); vgl. BRB betr. die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion, 16. Februar 1917 (AS 33/67); Die Zivildienst- pflicht in der Schweiz, in: Berner Intelligenzblatt, 18. Februar 1917. 24 Vgl. BRB betr. die fremden Deserteure und Refraktäre, 14. November 1917 (AS 33/947); BRB betr. die Verwendung von Landsturm und Hülfsdienstpflichtigen zu landwirtschaftlichen Ar- beiten, die durch den BRB vom 3. September 1917 betr. die Ausdehnung des inländischen Ge- treidebaues verursacht werden, 21. Oktober 1917 (AS 33/886); Stucki, Gewerkschaftsbund, S. 84; XIII. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914 und 3. April 1919 getroffenen Massnahmen, in: BBl. 71, Bd. V (1919), S. 449. 25 Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Winter-Session 1917, S. 14 f. 26 Vgl. BAR, E21#1000/131#9869*, Marie Hüni, Protokoll der 34. Sitzung des Gewerk- schafts-Ausschusses mit der Geschäftsleitung der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, 15. Januar 1918; K des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregie- rungen betreffend die Arbeitslosenfürsorge und die Ausführung von Bodenverbesserungen, 7. März 1918 (BBl. 1918/I/366). Laut Steinmann, Zeit, S. 189, ging der Zivildienst auf einen Vorschlag Josef Käppelis zurück. 27 Obwohl keine direkten Bezüge gefunden werden konnten, muss in diesem Zusammenhang auf das ähnlich gelagerte, Ende 1916 in Deutschland in Kraft getretene «Hilfsdienstgesetz» verwie- sen werden, das in Schweizer Arbeiterkreisen auf scharfe Ablehnung gestossen war, vgl. Zina, Zivildienstpflicht, S. 5 f.; Wingen, Problem, S. 448; Huber, Verfassungsgeschichte, S. 101–115. 28 Vgl. BAR, E27#1000/721#12943*, Schweiz. Militärdepartement, Entwurf des BRB betr. die Ar- beitsorganisation für die Urproduktion für die Ausführung von Bodenverbesserungen, Januar 1918. Ein weiterer, unter BAR, E21#1000/131#9868* archivierter Entwurf des Erlasses enthielt die Bestimmungen über den Zivildienst noch nicht oder nicht mehr. 29 Vgl. BAR, E21#1000/131#9869*, Marie Hüni, Protokoll der 34. Sitzung des Gewerk- Anmerkungen zu Seiten 233–236 371 zurückzurück

schafts-Ausschusses mit der Geschäftsleitung der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, 15. Januar 1918; Redaktion, Nahrungsmittelproduktion, S. 10 f.; Kübler, Integration, S. 61. 30 Die Zivildienstpflicht, in: Berner Tagwacht, 17. Januar 1918; vgl. Contre le service civil, in: La Sentinelle, 2. Februar 1918. 31 BAR, E27#1000/721#12943*, Louis Zigerli, Protestresolution der Arbeiterschaft von Ligerz zu Handen des schweizerischen Bundesrates, 3. Februar 1918. 32 BAR, E21#1000/131#9872*, Theophil Sprecher, Instruktion für die Vertreter der Armee bei der Besprechung der Zivildienstpflicht, 19. Januar 1918. Sprecher arbeitete gleichzeitig an der Ant- wort des Bundes auf die von der SPS im Dezember 1917 eingereichte Zivildienstmotion, die er grundsätzlich befürwortete, vgl. Sprecher, Generalstabschef, S. 73 f. 33 Zitiert in Oltener Aktionskomitee, Landesstreik-Prozess, Bd. 1, S. 480; vgl. Kübler, Integra- tion, S. 62. 34 Die Zürcher Arbeiterunion zur Zivildienstpflicht, in: Berner Tagwacht, 31. Januar 1918. Zum Januar- beziehungsweise Jännerstreik vgl. Krumeich, Januarstreiks, S. 591; Wehler, Gesell- schaftsgeschichte, Bd. 4, S. 140; Kocka, Klassengesellschaft, S. 48; Rauchensteiner, Habsbur- germonarchie, S. 908; aus Sicht der Schweizer Arbeiterpresse Der Massenstreik in Deutschland, in: Basler Vorwärts, 31. Januar 1918. 35 BP, Truppenaufgebot, 31. Januar 1918; vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 89. 36 Vgl. BAR, E21#1000/131#9877*, Josef Belina, Protokoll der 35. Sitzung des Gewerk- schafts-Ausschusses in Verbindung mit der Geschäftsleitung der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, 4. Februar 1918; BAR, E21#1000/131#9878*, Regierungsrat des Kantons Zürich, An den Schweizerischen Bundesrat, 9. Februar 1918; Gautschi, Landesstreik, S. 94. Zur perso- nellen Zusammensetzung des OAK vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 369 f. 37 Vgl. BAR, E21#1000/131#9877*, Josef Belina, Protokoll der 35. Sitzung des Gewerk- schafts-Ausschusses in Verbindung mit der Geschäftsleitung der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, 4. Februar 1918. 38 Vgl. Grimm, Revolution, S. 10; BAR, E21#1000/131#9883*, Oltener Aktionsausschuss, Karl Dürr, Protokoll der 2. Sitzung, 16. Februar 1918; Gautschi, Landesstreik, S. 97. 39 Vgl. BAR, E21#1000/131#9886*, Josef Bellina, Protokoll der 3. Sitzung des Gewerkschafts-Aus- schusses in Verbindung mit der Geschäftsleitung der sozialdemokratischen Partei der Schweiz und dem Bureau der Nationalratsfraktion, 3. März 1918; BAR, E7800#1000/1961#1885*, Ol- tener Aktionskomitee, An die eidgenössische Notstandskommission, 8. März 1918; Kurz, Do- kumente, S. 272 f. 40 BAR, E21#1000/131#9886*, Josef Bellina, Protokoll der 3. Sitzung des Gewerkschafts-Aus- schusses in Verbindung mit der Geschäftsleitung der sozialdemokratischen Partei der Schweiz und dem Bureau der Nationalratsfraktion, 3. März 1918. 41 BAR, E21#1000/131#9895*, Karl Dürr, Protokoll der 6. Sitzung des Aktionskomitees, 6. April 1918; vgl. BP, Milchversorgung, 3. April 1918; Baumann, Bauernstand, S. 319. Die Preiserhö- hung wurde zunächst durch Stichentscheid Felix Calonders beschlossen und später zurück- gezogen. 42 Vgl. BP, Milch-Versorgung, 11. April 1918; Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Milchversorgung, in: BBl. 70, Bd. II (1918), S. 784. Ende Februar 1918 hatte das EVD die Erhebung einer «Spezialsteuer» für die allgemeine Verbilligung von Lebensmitteln vor- geschlagen, die vom FZD ebenfalls zurückgewiesen wurde, vgl. BAR, E21#1000/131#9891*, Edmund Schulthess, An den Bundesrat, 25. Februar 1918. 43 Neidhart, Politik, S. 98. «Milchkriege» wurden bereits vor und auch nach dem Weltkrieg ge- führt, vgl. dazu Moser/Brodbeck, Milch, S. 54. 44 Zitiert in Baumann, Bauernstand, S. 317 f.; vgl. Aus der Bundesversammlung, in: NZZ, 18. Ap- ril 1918, Erstes Morgenblatt. 45 Vgl. Baumann, Bauernstand, S. 320; BRB betr. die Gewährung von Beiträgen zur allgemeinen Verbilligung der Konsummilch, 1. Mai 1918 (AS 34/481); AV des schweizerischen Volkswirt- schafts-Departements zum BRB vom 1. Mai 1918 betr. die Gewährung von Beiträgen zur all- gemeinen Verbilligung der Konsummilch, 8. Mai 1918 (AS 34/517). 46 Was nun?, in: Volksrecht, 20. April 1918. 47 An die Arbeiter!, in: Volksrecht, 13. April 1918; vgl. BAR, E21#1000/131#9902*, Josef Bel- zurückzurück 372 Anmerkungen zu Seiten 236–238

lina, Protokoll der 5. Sitzung des Gewerkschafts-Ausschusses in Verbindung mit dem Partei- vorstand der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, 22. April 1918; Gautschi, Landesstreik, S. 122. 48 Fünf Unruhen oder Streiks mit Truppenaufgeboten im Sommer 1918 sind verzeichnet in BAR, E21#1000/131#9841*, Daten betr. Bereitstellung von Truppen für Ordnungsdienst, um 1919. Vgl. ausserdem Redaktion, Generalstreik, S. 65; Buomberger, Landesstreik, S. 342; Gautschi, Landesstreik, S. 128; Jost, Linksradikalismus, S. 160. 49 Gautschi, Landesstreik, S. 131. 50 Aus den Verhandlungen des Bundesrates, in: BBl. 70, Bd. III (1918), S. 732. 51 Unionsdruckerei Bern, Protokoll, S. 76. 52 Unionsdruckerei Bern, Protokoll, S. 95. 53 Vgl. BP, Eingabe des Schweiz. Gewerkschaftsbundes, 26. Juli 1918; BP, Basler Versammlung der Arbeitervereinigungen, 27. Juli 1918; BAR, E21#1000/131#9989*, Heinrich David, Kon- ferenz der Delegation des Bundesrates mit dem sozialistischen Oltener Aktions-Komitee, 31. Juli 1918. 54 Die Resultate der Verhandlungen fasste ein offener Brief des Bundesrats an das OAK zusam- men, vgl. BAR, E21#1000/131#9989*, Hans Schatzmann, An das Oltener Aktionskomitee, 3. August 1918; Die Antwort des Bundesrates an das Oltener Aktionskomitee, in: NZZ, 5. Au- gust 1918, Erstes Morgenblatt. 55 Oltener Aktionskomitee, An die Arbeiterschaft!, in: Berner Tagwacht, 10. August 1918. 56 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 146; Moser, Ernährungsfrage, S. 97; zur Kriegslage Leonhard, Büchse der Pandora, S. 849. 57 BAR, E21#1000/131#9994*, Karl Dürr, Protokoll der 14. Sitzung des Aktionskomitees, 7. Au- gust 1918; vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 140; zur Reaktion des SBV Erklärung des Schweiz. Bauernverbandes zum Generalstreik, in: Der Bund, 13. August 1918. Für die Wahrnehmung in Armeekreisen zentral BAR, E21#1000/131#10023*, Claude de Perrot, An den Herrn General- stabschef, 31. Juli 1918. 58 Das erste von mehreren Gesprächen zwischen Bundesrat und OAK fand bereits am 13. Feb- ruar 1918 statt, vgl. BP, Konferenz mit einer Delegation der Arbeiterschaft, 9. Februar 1918. 59 Vgl. BP, Massnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, Notstandsarbeiten, 20. Februar 1918; BAR, E27#1000/721#12943*, Schweiz. Militärdepartement, An das schweiz. Finanzdepartement, 16. Januar 1918. 60 Vgl. BAR, E7350#1000/1104#193*, Heinrich David, Konferenz der Delegation des Bundes- rates mit den Vertretern der Behörden des Kantons Zürich über die Lebensmittelversorgung, 1918; BAR, E21#1000/131#9999*, Adolf Steiger, Konferenz zwischen einer Vertretung des Bundesrates und einer Delegation des Zentralverbandes christlich sozialer Arbeiterorganisa- tionen, 13. September 1918. 61 Neue Angriffe auf das Staatspersonal, in: Berner Tagwacht, 27. August 1915. Zitiert in Erb, Vorgeschichte, S. 363. 62 Zitiert in Gautschi, Landesstreik, S. 149. 63 Vgl. beispielsweise die Forderungen in BAR, E7350#1000/1104#193*, Regierungsrat Ba- sel-Stadt, Ratschlag betreffend Massnahmen zur Verbesserung der Ernährungsverhältnisse, 4. Juli 1918. 64 Die Zahl der Bezugsberechtigten für Milch, Brot, Kartoffeln, Petroleum, Kohlen und Gas er- reichte im Juni 1918 mit 692 325 das Maximum, vgl. 11. Neutralitätsbericht, S. 320. 65 Vgl. BRB betr. Erhöhung der Militärpensionen und Aufstellung weiterer Stufen des Kranken- geldes, 4. Januar 1918 (AS 34/1); AV des schweiz. Militärdepartements und des schweiz. Volks- wirtschaftsdepartements zu den BRB vom 4. April 1917 und 23. November 1917 über die Ab- gabe von Konsummilch und Brot zu ermässigtem Preise, 24. Januar 1918 (AS 34/140); BRB betr. die Errichtung von Einigungsstellen, 1. Februar 1918 (AS 34/190); BRB über die Leistung von Bundesbeiträgen an die Kosten der Abgabe von Brennmaterialien zu ermässigtem Preise, 1. Februar 1918 (AS 34/178); BRB betr. die Besserstellung des Wehrmannes im Aktiv- und im Instruktionsdienst, sowie bei Krankheit und Unfall, und seiner Familienangehörigen in bezug auf Notunterstützung, 1. April 1918 (AS 34/415); AV des schweiz. Militärdepartements und des schweiz. Volkswirtschaftsdepartements zu den BRB vom 23. November 1917 über die Ab- Anmerkungen zu Seite 239–241 373 zurückzurück

gabe von Brot zu ermässigtem Preise und vom 22. April 1918 über die Abgabe von Konsum- milch an Personen mit bescheidenem Einkommen, 24. Mai 1918 (AS 34/547); Mindeststich- preise und Mindeststundenlöhne in der Stickereiindustrie, 23. Juli 1918 (AS 34/787); BRB betr. die Fürsorge bei Arbeitslosigkeit in industriellen und gewerblichen Betrieben, 5. August 1918 (AS 34/805); BRB betr. Mieterschutz, 5. August 1918 (AS 34/811); BRB betr. die Abgabe von Kartoffeln an Personen mit bescheidenem Einkommen, 23. Oktober 1918 (AS34/ 1061); BRB betr. die Abgabe von Brot zu ermässigtem Preise, 23. Oktober 1918 (AS 34/1059); BRB betr. die fremden Deserteure und Refraktäre, 29. Oktober 1918 (AS 34/1080); BRB betr. die Leis- tung von Bundesbeiträgen zur Verbilligung von Hausbrandkohlen und Kochgas an Notstands- berechtigte, 29. Oktober 1918 (AS 34/1085); BRB betr. Bekämpfung der Wohnungsnot durch Beschränkung der Freizügigkeit, 29. Oktober 1918 (AS 34/1090); BRB betr. Inanspruchnahme unbenutzter Wohnungen, 8. November 1918 (AS 34/1144). 66 Vgl. Eidgenössisches statistisches Bureau, Statistisches Jahrbuch 1936, S. 341. Das Bundes- personal machte 1918 etwas weniger als die Hälfte des gesamten öffentlichen Personals der Schweiz aus, vgl. Durrer, Entwicklung, S. 18. 67 Vgl. An die Arbeiterschaft!, in: Berner Tagwacht, 10. August 1918; Stucki, Gewerkschaftsbund, S. 93. Die soziale Lage der im dritten Wirtschaftssektor Berufstätigen und speziell des Bun- des-, Kantons- und Gemeindepersonals während des Ersten Weltkriegs ist noch kaum unter- sucht. Die Klage einer «Verarmung des Beamtenstandes», wie sie 1916 der Berner Stadtstatisti- ker Hans Freudiger, zitiert in Steinmann, Zeit, S. 143, formulierte, müsste noch genauer geprüft werden. Hinweise bieten Gmür et al., Verband, S. 23; Wullschleger, Vorgeschichte, S. 33 f.; Kö- nig/Siegrist/Vetterli, Warten und Aufrücken, S. 130 f.; Gautschi, Landesstreik, S. 36. 68 Vgl. BRB betr. die Ausrichtung von Kriegsteuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1918, 11. Januar 1918 (AS 34/51); BB betr. die Ausrichtung von Nachteuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1918, 30. September 1918 (AS 34/985); BRB betr. die Ausrich- tung einer II. Nachteuerungszulage an das Arbeiterpersonal der eidgenössischen Militärwerk- stätten, 29. Oktober 1918 (AS 34/1089); BB betr. die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal für das Jahr 1919, 4. Februar 1919 (AS 35/106); BRB betr. die Ausrichtung von Konjunkturzulagen an das Arbeiterpersonal der eidgenössischen Militärverwaltung für das Jahr 1919, 14. März 1919 (AS 35/208). Zu den Verhandlungen über die Kriegsteuerungszulagen 1919 während des Landesstreiks vgl. Greyerz, Bundesstaat, S. 1137; zu den Teuerungszulagen der Kantone für ihre Angestellten vgl. Steiger, Finanzstatistik, S. 158. 69 Vgl. BB betr. die Ausrichtung einer Kriegsteuerungszulage an die pensionierten ehemaligen Beamten, ständigen Angestellten und Arbeiter der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1918, 27. September 1918 (AS 34/982). 70 Grimm, Revolution, S. 12. Als zeitgenössische Vergleiche der Lohnentwicklung in Staat und Privatwirtschaft vgl. Rast, Stellung, S. 89; Steinmann, Zeit, S. 147. 71 Vgl. Eidgenössische Staatsrechnung 1916, S. 275; Eidgenössische Staatsrechnung 1917, S. 231; Eidgenössische Staatsrechnung 1918, S. IV; Eidgenössische Staatsrechnung 1919, S. 241. 72 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 545. 73 BRB betr. die Errichtung eines eidgenössischen Ernährungsamtes, 13. September 1918 (AS 34/939). 74 Zum deutschen Kriegsernährungsamt (1916) vgl. Skalweit, Kriegsernährungswirtschaft, S. 180; zum französischen Ministère de l’agriculture et du ravitaillement (1917) Pinot, Ravitaillement, S. 10; zum britischen Ministry of Food (1916) Beveridge, Food Control, S. 33; zum österrei- chisch-ungarischen Amt für Volksernährung (1916) Lowenfeld-Russ, Volksernährung, S. 56; zum italienischen Commissariato generale per gli approvvigionamenti e consumi alimentari (1917) Bachi, Alimentazione, S. 204 f.; zu den kantonalen Ämtern Statistisches Amt der Stadt Zürich, Festsetzung von Höchstpreisen, S. 10*; Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 44; Labhart, Krieg, S. 205; Lüthi, Brotversorgung, S. 64; Redaktion, Hilfskommission, S. 285; Gautschi, Landesstreik, S. 40. 75 Vgl. Baumann, Bauernstand, S. 312; Lüthi, Brotversorgung, S. 62. 76 Baumann, Bauernstand, S. 341; vgl. Redaktion, Notstandsaktion, S. 33. 77 Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Winter-Session 1917, S. 17. 78 BAR, E7350#1000/1104#194*, Josef Käppeli, Mitbericht der Abteilung für Landwirtschaft, zurückzurück 374 Anmerkungen zu Seiten 242–244

10. Januar 1918. Zu Käppeli, der bis 1942 auch Chef des Kriegsernährungsamts im Zweiten Weltkrieg war, vgl. Le directeur Käppeli prend sa retraite, in: Journal de Genève, 23. März 1942; Scherer, Käppeli, www.hls-dhs-dss.ch/textes/i/I17388.php. 79 BAR, E7350#1000/1104#194*, Josef Käppeli, Mitbericht der Abteilung für Landwirtschaft, 10. Januar 1918. 80 Zitiert in Lüthi, Brotversorgung, S. 60; vgl. dagegen den Vorschlag zur Schaffung einer «Zen- tralstelle für Warenverteilung» in BAR, E27#1000/721#12939*, Emil Richner, An den Herrn Oberkriegskommissär, 27. Dezember 1917. 81 Vgl. BAR, E7350#1000/1104#307*, Kommission für wirtschaftliche Fragen, An die Herren Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartement und des Militärdepartements, 9. Februar 1918. 82 Conseil National, in: Gazette de Lausanne, 13. März 1918. 83 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 585. 84 Vgl. Redaktion, Generalstreik, S. 65. 85 11. Neutralitätsbericht, S. 27; vgl. BP, Entlastung des Volkswirtschaftsdepartementes, 9. Juli 1918; BP, Organisation des Ernährungsamtes, 21. August 1918; BAR, E7350#1000/1104#191*, Schweizerisches Volkswirtschaftsdepartement, An den Bundesrat, 8. Juli 1918; 11. Neutrali- tätsbericht, S. 267. 86 Zu Struktur und Personal des EEA vgl. BAR, E2001B#1000/1501#47*, Eidgenössisches Ernäh- rungsamt, Januar 1919; Lüthi, Brotversorgung, S. 63. Weiterhin zuständig blieb das SMD für die Versorgung der Armee. 87 BRB betr. die Errichtung eines eidgenössischen Ernährungsamtes, 13. September 1918 (AS 34/939); vgl. BRB betr. Abänderung des BRB vom 13. September 1918 betr. die Errichtung ei- nes eidgenössischen Ernährungsamtes, 11. Oktober 1918 (AS 34/1016). 88 Redaktion, Der eidg. Ernährungsdirektor Ed. von Goumoëns. 89 Vgl. BAR, E21#1000/131#9991*, Hans Schatzmann, An das Oltener Aktionskomitee, 3. Au- gust 1918, S. 1. 90 BP, Ernährungsamt, 29. Juli 1918; vgl. Huber, Denkwürdigkeiten, S. 240; BP, Ernährungs- amt, 27. Juli 1918; Böschenstein, Scheurer, S. 75. Zu Goumoëns vgl. Studer, Goumoëns, S. 73; Rapold, Bewährung, S. 297. 91 Vgl. BP, Ernährungsamt, 1. August 1918. Schulthess berief sich auf den Präsidenten der Neu- tralitätskommission, der ihm gegenüber erklärt hatte, dass eine Wahl Goumoëns’ «durchaus nicht günstig aufgenommen würde». 92 BP, Ernährungsamt. Wahl des Leiters, 5. August 1918. 93 Vgl. BP, Direktion des eidgen. Ernährungsamtes, 11. April 1919; Lüthi, Brotversorgung, S. 63. Wenig vorteilhaft ist das Zeugnis über Goumoëns in Laur, Erinnerungen, S. 145. 94 Vgl. BP, Ernährungsamt: Wahl des Direktors, 2. Juni 1919; Studer, Staat, S. 144; Studer, Gou- moëns, S. 75. Gemeinsam mit Max Riesen, der im EEA 1920 das Büro für Ausfuhr leitete, publizierte Käppeli 1925 den ersten Versuch einer Gesamtdarstellung der Schweizer Ernäh- rungssituation und -politik während des Ersten Weltkriegs, vgl. Käppeli/Riesen, Lebensmittel- versorgung, S. 76. 95 Vgl. BP, Eidg. Ernährungskommission, 13. September 1918. Schürch war auf der vom Bundes- rat genehmigten Liste noch nicht aufgeführt, tauchte aber in der offiziellen Bekanntmachung der Kommission im «Bundesblatt» auf. Ursprünglich waren nur sechs bis acht Mitglieder vor- gesehen, vgl. BP, Kommission für das Ernährungsamt, 13. August 1918; Aus den Verhandlun- gen des Bundesrates, in: BBl. 70, Bd. IV (1918), S. 589 f. 96 Vgl. BP, Ernährungskommission, 21. September 1918; BAR, E21#1000/131#10009*, Oltener Aktionskomitee, An das Eidgen. Ernährungsamt, 23. September 1918. 97 BAR, E21#1000/131#10000*, Karl Dürr, Protokoll der 15. Sitzung des Aktionskomitee, 22. August 1918. 98 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 152. 99 Vgl. BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Ernährungskommission, 23. November 1918; 11. Neutralitätsbericht, S. 267, wo von wöchentlichen Sitzungen die Rede ist. 100 ABB Nationalrat 1918, S. 462. Nach dem Landesstreik wurde die EEA-Kommission auf 15 Mitglieder vergrössert, wobei Grimm austrat und Albert Naine aus Genf, Otto Lang aus Zü- Anmerkungen zu Seiten 244–247 375 zurückzurück

rich sowie Ernest Paul Graber für ein stärkeres Gewicht der SPS und der Westschweiz sorgten, vgl. Aus den Verhandlungen des Bundesrates, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 696. 101 BAR, E21#1000/131#9994*, Johann Jenny/Ernst Laur, An den Bundesrat, 12. August 1918. 102 Erklärung des schweiz. Bauernverbandes zum Generalstreik, in: Der Bund, 13. August 1918; vgl. Baumann, Bauernstand, S. 347. 103 Vgl. BP, Aufhebung des eidg. Ernährungsamtes, 3. November 1922; Käppeli/Riesen, Lebens- mittelversorgung, S. 77. 104 Gautschi, Landesstreik, S. 174; vgl. Wigger, Krieg, S. 139 f.; Ruffieux, Suisse, S. 58 f. Zimmer- mann, Klassenkampf, S. 197, betont eine Mischung aus «repressiven und integrativen Elemen- ten» in mehreren europäischen Staaten bei Kriegsende. 105 Gast, Kontrolle, S. 34; vgl. VO betr. die Grenzpolizei und die Kontrolle der Ausländer, 21. No- vember 1917 (AS 33/959); Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 451. Weitere Verschärfungen im Zusammenhang mit Ausweisungen und Grenzübertritt folgten in K des Bundesrates an sämt- liche Kantonsregierungen betr. die Handhabung der Fremdenpolizei im Innern des Landes, 22. Februar 1918 (BBl. 1918/I/298), und kurz vor dem Landesstreik in BRB betr. Grenzpoli- zei und Quarantäne-Massnahmen gegenüber entlassenen Soldaten der kriegführenden Armeen, 10. November 1918 (AS 34/1163). 106 10. Neutralitätsbericht, S. 83. 107 Geschäftsbericht 1917, S. 237; vgl. Bürgisser, Gäste, S. 7; Müller, Sicherheit, S. 218; Korol, Dada, S. 243; Kury, Fremde, S. 108. Verschiedene Massnahmen zur Eindämmung «fremder» und als schädlich wahrgenommener Einflüsse vor allem durch Ausweisungen und die Verwei- gerung der Einbürgerung tauchten im Bundesrat ab Herbst 1917 auf, vgl. hierzu BP, Frem- der Einfluss in der schweizerischen Presse, 9. Oktober 1917; BP, Truppenaufgebot, 31. Januar 1918; BP, Analphabeten als Einbürgerungsbewerber, 15. Juni 1918. Der am meisten Resonanz erzeugende Fall war der sich über ein Jahr hinziehende Versuch, den in der Zürcher Arbeiter- bewegung engagierten deutschen Sozialisten Willi Münzenberg auszuweisen, vgl. Niemeyer/ Strupp, Urkunden, S. 341; Gautschi, Landesstreik, S. 273; BP, Ausweisung Münzenberg, 20. November 1917. 108 Vgl. Gast, Kontrolle, S. 38; Kury, Wendepunkt, S. 310. 109 Diese Verknüpfung von Kriegswirtschaft, Systemerhalt und Migration zeigte sich augenfällig in einem Kreisschreiben, mit dem der Bundesrat im Februar 1918 die Kantone aufforderte, «ausländische Elemente […], die die öffentliche Ordnung gefährden und die den Lebensmittel- verbrauch erhöhen und belasten, ohne dass sich ihr Aufenthalt in der Schweiz genügend recht- fertigen lässt», auf der Grundlage der neuen Verordnung auszuweisen, K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. die Handhabung der Fremdenpolizei im Innern des Lan- des, 22. Februar 1918 (BBl. 1918/I/298). 110 Vgl. BRB zur Ergänzung des BRB vom 27. Juli 1915 betr. die Presskontrolle während der Kriegswirren, 22. Januar 1918 (AS 34/139). 111 BP, Einstellung der «Forderung», der «Freien Jugend» und der «Jugend-Internationalen», 1. März 1918; vgl. 10. Neutralitätsbericht, S. 86; zu den Zeitschriften und ihren Redaktoren Gautschi, Landesstreik, S. 55; Jost, Linksradikalismus, S. 155 f. 112 Vgl. BP, Strafverfolgung Emil Arnold und Genossen, 6. April 1918. Exemplare der erwähnten Zeitschriften sowie ihrer Nachfolgepublikationen finden sich im Bundesarchiv, vgl. zum Bei- spiel BAR, E21#1000/131#12074*, Genfer Volks-Zeitung, 8. Mai 1918. 113 Vgl. BAR, E21#1000/131#9850*, Hermann Reiser, Bekanntmachung, 18. November 1917; zur strafrechtlichen Verfolgung BP, Zuständigkeit anlässlich der Zürcher-Unruhen, 27. November 1917. Zu den Zürcher Unruhen vgl. Jost, Linksradikalismus, S. 148 f.; Rossfeld, Schweigen ist Gold, S. 307 f.; aus Sicht der Kantonsregierung BAR, E21#1000/131#9855*, Oskar Wettstein/ Paul Keller, Bericht und Antrag des Regierungsrates, 16. Januar 1918. 114 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 181. Für den Hinweis auf den Einsatz der Armee zur Grenz- sicherung gegen Schmuggel in der Nordwestschweiz danke ich Maria Meier. Vgl. hierzu BRB betr. Bestrafung der Widerhandlungen gegen das Ausfuhrverbot, 12. April 1918 (AS 34/467); Wille, Recht, S. 317 f. 115 Vgl. BAR, E27#1000/721#13458-5*, Ulrich Wille, An den hohen Bundesrat, 21. Januar 1918; Jost, Linksradikalismus, S. 156. Wille beschwerte sich verschiedentlich über armeekritische zurückzurück 376 Anmerkungen zu Seiten 247–248

Zeitungsartikel, etwa in der «Sentinelle», in deren Fall der Bundesrat allerdings von einer In- tervention absah, vgl. BP, Einschreiten gegen «La Sentinelle» und «Feuille centrale de la Société suisse de Zofingue», 15. Februar 1918. 116 In der Bundesverfassung von 1874 ist «Handhabung von Ruhe und Ordnung im Innern» glei- chermassen als Aufgabe des Bundes (Art. 2), der Bundesversammlung (Art. 85) und des Bun- desrats (Art. 102), in der MO 1907 als Aufgabe der Schweizer Armee (Art. 195) definiert. Vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 5, 39 und 44; Militärorganisation der schweizerischen Eid- genossenschaft, in: BBl. 59, Bd. II (1907), S. 1015. 117 Vgl. BP, Unruhen in La Chaux-de-Fonds, 22. Mai 1917; BAR, E21#1000/131#9838*, Fritz Hodler, An die obersten Polizeibehörden der Kantone, 13. Juni 1917. Zu den Ereignissen vgl. Journées d’insurrection, in: La Sentinelle, 21. Mai 1917; Die Vorfälle in La Chaux-de-Fonds, in: NZZ, 22. Mai 1917, Erstes Abendblatt. 118 BP, Bomben- & Revolverfund in Zürich, 29. Januar 1918. Wie sich später herausstellte, stamm- ten Waffen und Propaganda aus dem deutschen Generalkonsulat in Zürich und waren für den militanten Widerstand gegen die italienische Regierung und Armee bestimmt, vgl. hierzu BP, Bombenfund in Zürich, 4. Mai 1918; Vuilleumier, Espionnage, S. 61 f.; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 220 f. 119 BAR, E21#1000/131#9955*, Schweizerische Bundesanwaltschaft, An die obersten Polizei- behörden sämtlicher Kantone, 26. Januar 1918. 120 BP, Truppenaufgebot, 31. Januar 1918. 121 So die Anklage, die der Bundesrat während des Landesstreiks zur Eröffnung einer (letztlich ergebnislosen) gerichtlichen Untersuchung «über das gegen die innere und äussere Sicherheit und die verfassungsmässige Ordnung des Landes gerichtete Treiben der Bolschewiki und ihrer Anhänger», erhob. Vgl. hierzu BP, Gerichtliche Untersuchung wegen Verbrechen gegen die in- nere und äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft, 12. November 1918; Die Sanktionen gegen Anstifter und Führer, in: Berner Intelligenzblatt, 16. November 1918; Schmid-Ammann, Gene- ralstreik, S. 327. 122 Vgl. beispielsweise Bekanntmachung des Bundesrates an das Schweizervolk, 7. November 1918 (AS 34/1135); BP, Abberufung der Sovjetmission in Bern, 7. November 1918, wo «ein Zusam- menhang» zwischen der Tätigkeit der sowjetischen Gesandtschaft und den «revolutionären und anarchistischen Umtrieben» in den Kreisen der Arbeiterbewegung für bewiesen erach- tet wurde. Gegen die Aktivitäten der Gesandtschaft hatte sich Frankreich mit der Drohung beschwert, die Schweiz «für den Fall, dass der Bolschewismus […] sich weiterverbreite, […] durch einen Kordon abzusperren», BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Bolschewiki in der Schweiz, 4. November 1918. Zu den Befürchtungen einer Ententeinterven- tion in der Schweiz vgl. Müller, Sicherheit, S. 224 f.; Gautschi, Landesstreik, S. 213; Fuhrer, Ar- mee, S. 519 f.; verschiedene Meldungen in BAR, E21#1000/131#10274*. 123 Jaun/Straumann, Generalstreik, S. 23; vgl. zur Frage von Landesstreik und Revolution Jost, Stellenwert, S. I; Gautschi, Landesstreik, S. 380; Gautschi, General, S. 357; Ilg, Gewerkschaf- ten, S. 496; Weber, Amerikanische Verheissung, S. 224; Müller, Sicherheit, S. 223 f.; Baumann, Bauernstand, S. 345 f.; Schmid-Ammann, Generalstreik, S. 153. Besonders greifbar ist die Er- wartung einer Revolution in BAR, E2001B#1000/1503#1*, Ulrich Wille, An Bundespräsident Calonder, 15. April 1918; BAR, E21#1000/131#10033*, Theophil Sprecher, Aufgaben und Vor- kehrungen der Armee in Hinblick auf einen Landesstreik & revolutionäre Unruhen, 31. Au- gust 1918; BAR, E21#1000/131#10056*, Ulrich Wille, An Bundesrat Decoppet, 4. November 1918; BP, Truppenaufgebot, 6. November 1918. 124 Auf notrechtlicher Ebene bestand die erste Vorbereitung auf einen Generalstreik im BRB betr. die Abänderung der Vorschriften des Dienstreglements über den Waffengebrauch, 22. Februar 1918 (AS 34/308), der den Einsatz von Waffen durch das Militär im Ordnungsdienst auch bei bloss «ernster Gefahr» regelte, vgl. hierzu Müller, Sicherheit, S. 219. Eine Neuregelung des Waffengebrauchs für die Schmuggelbekämpfung war zuvor vom Sohn des Generals, Oberst- leutnant Ulrich Wille, gefordert worden, vgl. Wille, Recht, S. 318. 125 Vgl. Wille/Sprecher, Bericht, S. 214; Gautschi, Landesstreik, S. 245. Für den Hinweis auf diese Zahlen danke ich Roman Rossfeld. Anmerkungen zu Seiten 248–250 377 zurückzurück

126 BP, Truppenaufgebot, 1. Februar 1918. Böschenstein, Bundesrat, S. 106, hält Schulthess für den gegenüber der Arbeiterbewegung am stärksten zu Konzessionen bereiten Bundesrat. 127 Zitiert in Gautschi, Landesstreik, S. 172; vgl. Böschenstein, Bundesrat, S. 107. 128 Gautschi, Landesstreik, S. 175. 129 Vgl. BP, Truppenaufgebot, 31. Januar 1918. 130 BRB betr. Massnahmen der Kantonsregierungen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ord- nung, 12. Juli 1918 (AS 34/761); vgl. Theophil Sprecher, Allgemeiner Befehl an die Platzkom- mandanten für den Ordnungsdienst, 8. Juli 1918, zitiert in Sprecher, Schriften, S. 446 f.; Zeller, Ruhe, S. 43 f.; Müller, Sicherheit, S. 220 f. Dem BRB gingen verschiedene Entwürfe voraus, die teilweise wesentlich restriktivere Bestimmungen vorsahen, vgl. BAR, E21#1000/131#9962*, Schweizerische Bundesanwaltschaft, Bundesratsbeschluss betr. die Aufrechterhaltung von Ruhe & Ordnung, Juni 1918. 131 K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen zum Beschluss vom 12. Juli 1918 betr. Massnahmen der Kantonsregierungen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung, 16. Au- gust 1918 (BBl. 1918/IV/373); vgl. Die Provokation des Bundesrates, in: Neue Freie Zeitung, 16. Juli 1918. 132 BRB betr. Bekämpfung der Influenza, 18. Juli 1918 (AS 34/776); vgl. BP, Bekämpfung der Grippe-Epidemie, 17. Juli 1918. Zur «spanischen Grippe» in der Schweiz und zur «Affäre Hau- ser» vgl. BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Demission des Generals, 7. August 1918; Sonderegger/Tscherrig, Grippepandemie, S. 280; Sprecher, Generalstabschef, S. 474. Kurz vor dem Landesstreik besprach der Bundesrat, «ob nicht wegen der Grippe ein all- gemeines Versammlungsverbot eingeführt werden sollte», BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Truppenaufgebot für Zürich, 1. November 1918. Engel, Fest seuche, S. 50, vermutet, die Massnahmen gegen die Grippe hatten zum Ziel, Versammlungen der Ar- beiterorganisationen zu verhindern. 133 Gautschi, Landesstreik, S. 188. 134 Vgl. BP, Massnahmen gegen den Generalstreik, 9. August 1918; zu den Tätigkeiten der Kom- mission Zeller, Ruhe, S. 54 f.; Gautschi, Landesstreik, S. 190 f. 135 Vgl. BAR, E21#1000/131#10039*, Protokoll der 3. Sitzung der Generalstreikkomm., 3. Okto- ber 1918; BAR, E21#1000/131#10043*, Justiz- und Polizei-Departement, Bericht über Mass- nahmen für den Fall eines Landesstreiks, 7. Oktober 1918. 136 Fritz Fleiner, Sünden unsrer Demokratie, in: NZZ, 20. Oktober 1918, II. Sonntagsausgabe; vgl. BAR, E21#1000/131#10056*, Ulrich Wille, An Bundesrat Decoppet, 4. November 1918. Flei- ner verlieh seinen Mutmassungen einer bolschewistischen Verschwörung auch in einem Brief an Calonder Nachdruck, vgl. E21#1000/131#10019*, Fritz Fleiner, An Bundespräsident Dr. Ca- londer, 25. Oktober 1918. Zum Bankpersonalstreik vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 225 f.; Mül- ler, Sicherheit, S. 225. 137 Vgl. BAR, E21#1000/131#10014*, Adolf Steiger, Konferenz mit dem Oltener Aktionskomitee, 10. Oktober 1918. 138 BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Massnahmen für den Fall eines Lan- desstreikes, 29. Oktober 1918. 139 Vgl. BAR, E21#1000/131#10037*, Landesstreik-Kommission, Entwurf für eine Verordnung betreffend Massnahmen gegen die Gefährdung und Störung der innern Sicherheit der Eid- genossenschaft, September 1918. Ein militärstrafrechtliches Streikverbot für die Angestellten von Militärwerkstätten und Eisenbahnen hatte Generalstabschef Sprecher schon im Herbst 1917 und erneut im Juni 1918 gefordert, vgl. BAR, E21#1000/131#9839*, Theophil Sprecher, An das schweiz. Militärdepartement, 1. September 1917; BAR, E21#1000/131#9960*, Theophil Sprecher, An das schweizerische Militärdepartement, 18. Juni 1918. 140 BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Massnahmen für den Fall eines Lan- desstreikes, 29. Oktober 1918. Entwürfe befinden sich in BAR, E21#1000/131#10042*. 141 BAR, E21#1000/131#10043*, Justiz- und Polizei-Departement, Bericht über Massnahmen für den Fall eines Landesstreiks, 7. Oktober 1918; vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 193; BRB betr. Verstärkung der Heerespolizei, 23. Juli 1918 (AS 34/794). Besagte Listen waren im untersuch- ten Quellenmaterial nicht mehr auffindbar. zurückzurück 378 Anmerkungen zu Seiten 250–253

142 BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Massnahmen für den Fall eines Lan- desstreikes, 29. Oktober 1918. 143 Vgl. Müller, Sicherheit, S. 225. 144 Vgl. BAR, E21#1000/131#10043*, Justiz- und Polizei-Departement, Bericht über Massnahmen für den Fall eines Landesstreiks, 7. Oktober 1918; BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundes- ratsprotokolle, Vorkehren im Falle eines Landesstreiks, 2. November 1918. 145 BP, Eidg. Intervention, 16. August 1918; vgl. die Erläuterungen dazu in BAR, E21#1000/131#10031*. Zur «Bundesintervention» nach Art. 16 der Verfassung vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 8; Wili, Bundesinterventionen, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D26427. php. 146 BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Massnahmen für den Fall eines Lan- desstreikes, 29. Oktober 1918; vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 196. 147 BAR, E21#1000/131#10070*, Oltener Aktionskomitee, Heraus zum Protest-Streik, 7. Novem- ber 1918; vgl. BP, Truppenaufgebot, 6. November 1918; Gautschi, Landesstreik, S. 208. 148 Zu Beteiligung, Ablauf und Reichweite des Streiks vgl. Buomberger, Landesstreik, S. 350 f. 149 Vgl. Müller, Sicherheit, S. 228 und 244 f.; Gautschi, Landesstreik, S. 239 und 298. 150 Vgl. VO betr. Massnahmen gegen die Gefährdung und Störung der innern Sicherheit der Eid- genossenschaft, 11. November 1918 (AS 34/1161); Sprecher, Generalstabschef, S. 478. Ein im Entwurf noch vorgesehenes Versammlungsverbot wurde gestrichen. 151 Vgl. BAR, E21#1000/131#10086*, Bundeskanzlei, Aufruf an die Beamten, Angestellten und Arbeiter des Bundes, 11. November 1918. 152 Bekanntmachung des Bundesrates an das Schweizervolk, 7. November 1918 (AS 34/1135); vgl. Bekanntmachung des Bundesrates an das Schweizervolk, 11. November 1918 (AS 34/1165); Gautschi, Landesstreik, S. 300. 153 Neben den bekannt gewordenen neun Forderungen verlangte der Aufruf des OAK auch eine Neuwahl des Bundesrats, vgl. Buomberger, Landesstreik, S. 348. 154 BAR, E21#1000/131#10077*, Oltener Aktionskomitee/Geschäftsleitung der sozialdem. Partei der Schweiz/Bundeskomitee des schweiz. Gewerkschaftsbundes/Sozialdemokratische Natio- nalratsfraktion, An das arbeitende Volk der Schweiz, 11. November 1918. 155 Müller, Sicherheit, S. 225, hält fest, die Vollmachten hätten den Bundesrat «erpressbar» ge- macht. 156 Vgl. BP, Vorlage an die Bundesversammlung betr. Landesstreik, 11. November 1918; Bericht des Bundesrates an die eidgenössischen Räte betreffend das Truppenaufgebot und die Streik- unruhen, 12. November 1918, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 70. 157 Grimm wiederholte hier den Wortlaut des bereits zitierten «Tagwacht»-Artikels vom August 1918, siehe S. 372, Anm. 55. 158 Zitiert in Oltener Aktionskomitee, Landesstreik-Prozess, Bd. 1, S. 483 f.; vgl. Grimm, Kampf- tag, S. 58; Jost, Stellenwert, S. XII. Grimm bezog sich hier auf Aufrufe wie die des «Nationa- len Blocks», die der SPS undemokratische Methoden vorwarfen, vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 291. 159 Ilg, Gewerkschaften, S. 496. 160 Robert Grimm, zitiert in Oltener Aktionskomitee, Landesstreik-Prozess, Bd. 1, S. 505; vgl. BP, Truppenaufgebot, 6. November 1918; Zimmermann, Klassenkampf, S. 170; Gautschi, Landes- streik, S. 247; Kübler, Integration, S. 68. Zu bürgerlichen Reaktionen auf den Landesstreik vgl. Mattioli, Demokratie, S. 109; Böschenstein, Bundesrat, S. 108 f.; Gautschi, Landesstreik, S. 304. Zum Kriegsende vgl. Leonhard, Büchse der Pandora, S. 915 f. 161 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 312; Buomberger, Landesstreik, S. 355; Gautschi, Aargau, S. 234; Mattioli, Demokratie, S. 109; Müller, Sicherheit, S. 235 f.; Münger, Reden, S. 50 f. Laur erwähnte Pläne zur Bildung von Bürgerwehren im SBV bereits Ende August 1918, war aber selbst dagegen, vgl. BAR, E21#1000/131#10032*, Ernst Laur, An Herrn Oberstkorpskomman- dant von Sprecher, 24. August 1918. 162 Zitiert in Gautschi, Landesstreik, S. 310. 163 Vgl. beispielsweise zur Forderung nach bewaffneten Bürgerwehren in Luzern StALU, AKT 44/729, Neue Helvetische Gesellschaft Ortsgruppe Luzern, An den h. Regierungsrat, 14. No- vember 1918; Schneider, Knüppelgardisten, S. 65 f. Anmerkungen zu Seiten 253–255 379 zurückzurück

164 Vgl. Abbruch des Streiks beschlossen, in: Der Bund, 14. November 1918; Buomberger, Landes- streik, S. 350. 165 Vgl. Oltener Aktionskomitee, Landesstreik-Prozess, Bd. 1, S. 22; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 978; Buomberger, Landesstreik, S. 358; Gautschi, Landesstreik, S. 357 f. Laut Gautschi wurden gegen mehr als 3500 Personen militärgerichtliche Untersuchungen eingeleitet. Ein zi- viles Verfahren der Bundesanwaltschaft gegen das OAK wegen «Verbrechen gegen die innere und äussere Sicherheit des Landes» wurde 1920 ergebnislos eingestellt, vgl. Geschäftsbericht 1920, S. 342. Die militärgerichtlichen Prozesse sind Teil des Dissertationsprojekts von Sebastian Steiner. Sebastian Steiner: Unter Kriegsrecht. Die schweizerische Militärjustiz 1914–1921 (Die Schweiz im Ersten Weltkrieg, Bd. 4), Zürich 2018. 166 Über Sanktionen gegen streikende Bundesangestellte informierten die Departemente in BP, Aussetzen der Arbeit durch Beamte während des Landesstreiks, 10. Februar 1919. 167 Ruffieux, Suisse, S. 85; vgl. Ernst, Parteiensystem, S. 238. 168 Vgl. Tanner, Geschichte, S. 162 f.; Mattioli, Demokratie, S. 110 f.; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 266; Wigger, Krieg, S. 133; Kübler, Integration, S. 69; Schmid, Krieg, S. 52; Thürer, Verband, S. 43–74; Engeler, Grosser Bruder, S. 61; Kuhn, Spuren, S. 306 f.; Dubach, Strizzis, S. 82 f.; Gautschi, Landesstreik, S. 362; Jost, Stellenwert, S. IV; Jost, Bedrohung, S. 769; Schmid, Wirt- schaft, S. 140; Guex, Politique, S. 259; Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 80; Kury, Fremde, S. 144 f.; Zimmermann, Klassenkampf, S. 202; Degen, Mitregieren, S. 151 f.; Zimmermann, Landesstreik, S. 484. Mit der Kooperation zwischen dem Bund und antikommunistischen Or- ganisationen in der Zwischenkriegszeit befasst sich die Dissertation von Dorothe Zimmer- mann: «Antikommunisten als Staatsschützer. Der Schweizerische Vaterländische Verband, 1930–1948» (2016). 169 Vgl. Gruner, Nationalratswahlen, S. 797; Gruner, Parteien, S. 156; Degen, Theorie, S. 61; Ruf- fieux, Suisse, S. 75; Aubert, Bundesversammlung, S. 95; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 267; Jost, Bedrohung, S. 739 f.; Gilg, Wahlsysteme, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D26454.php; Vat- ter, System, S. 78 und 206. 170 Cottier, Liberalismus, S. 76. 171 Greminger, Ordnungstruppen, S. 39; vgl. Aubert, Bundesversammlung, S. 144; Kölz, Verfas- sungsgeschichte, S. 666; Vatter, System, S. 265. 172 Kury, Fremde, S. 108. 173 Greyerz, Bundesstaat, S. 1162. 174 Labhart, Krieg, S. 245. 175 Stämpfli, General, S. 419 f. 176 Neidhart, Plebiszit, S. 27. 177 Gruner, Wirtschaftsverbände, S. 106 und vgl. S. 98; Kley, Geschichte, S. 119 f.; Schumann, Re- gierungssystem, S. 134. 178 Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 20. 179 Als Überblick vgl. Kälin, Aspekte, S. 103–112. 180 Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 666. 181 Kley, Verfassungsgeschichte, S. 279; vgl. Kull, Notrecht, S. 39; Zoller, Notverordnung, S. 10; Tanner, Geschichte, S. 32. 182 Giacometti, Vollmachtenregime, S. 34. Zum Begriff «kommissarische Diktatur» vgl. Schmitt, Diktatur, S. 130; Agamben, Ausnahmezustand, S. 42; Voigt, Ausnahmezustand, S. 85. 183 Kley, Geschichte, S. 117. 184 Kägi, Entwicklung, S. 201; vgl. Giacometti, Verfassungsrecht, S. 63. 185 Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 61. 186 Giacometti, Verfassungsrecht, S. 46. 187 Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 218 und vgl. 417 f.; Giacometti, Verfassungsrechtsleben, S. 342 f.; Suter, Notrecht, S. 151. 188 Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 20 und vgl. S. 786 f. sowie 789. 189 Giacometti, Vollmachtenregime, S. 83; vgl. zu den wechselnden Haltungen Giacomettis Casa- nova, Diktatur, S. 158; Küffer, Kritik, S. 59; Kley, Stampa, S. 269; Unabhängige Expertenkom- mission Schweiz – Zweiter Weltkrieg, Schlussbericht, S. 409 f. zurückzurück 380 Anmerkungen zu Seiten 255–258

190 Zu Lili Zoller, Tochter des Journalisten und Anwalts Otto Zoller, vgl. ihren Eintrag in der Ma- trikel-Datenbank der Universität Zürich unter www.matrikel.uzh.ch/active/static/28399.htm. 191 Zoller, Notverordnung, S. 1. 192 So die Bezeichnung bei Manuel, Pleins pouvoirs, S. 177. 193 Zoller, Notverordnung, S. 121 f. Zollers Darstellung weist hier Parallelen zu dem von Ernst Fraenkel beschriebenen «Massnahmenstaat» auf, vgl. Fraenkel, Doppelstaat, S. 113; zum völ- kerrechtlichen Aspekt Reber, Notrecht, S. 61 f. 194 Zoller, Notverordnung, S. 112. 195 Vgl. Kley, Geschichte, S. 118; Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 667 f.; Jèze, Exécutif, S. 73. 196 Jèze, Exécutif, S. 82; vgl. Hoerni, État, S. 18. Einen singulären Standpunkt vertritt Zürcher, Bemerkungen, S. 69, indem er die Gesetzgebung im Krieg mit dessen psychischen Wirkungen verbindet. Derselbe Autor hielt die Noterlasse in Zürcher, Verordnungen, S. 259, für potenziell verfassungswidrig und für einen Entscheid darüber das Bundesgericht für zuständig. 197 Jaeger, Kommentar, S. 105. 198 His, Frage, S. 295; vgl. Müller, Sicherheit, S. 196 f. Unterstützung bekam His von Stucki, Kriegswirtschaft, S. 256. 199 Waldkirch, Notverordnungen, S. 22 f.; vgl. Casanova, Diktatur, S. 143; Manuel, Pleins pou- voirs, S. 100; Suter, Notrecht, S. 5 f.; Schneider, Übertragung, S. 391. 200 Burckhardt, Protokoll, S. 131. Die Rede wurde ebenfalls publiziert in Burckhardt, Konzentra- tion, S. 259–263. 201 Burckhardt, Protokoll, S. 131 f. 202 Geyer, Grenzüberschreitungen, S. 349, weist darauf hin, dass der Begriff «Ausnahmezustand» zu Kriegsbeginn erstmals im Kontext der deutschen Kolonialverwaltung auftauchte, worauf sich Burckhardt möglicherweise bezog. 203 Burckhardt, Protokoll, S. 135. 204 Ebd., S. 140; vgl. die ähnliche Haltung in Jaeger, Kommentar, S. 105. Laut Suter, Notrecht, S. 8 f. änderte Burckhardt später seine Meinung gegenüber dem Vollmachtenregime und zwei- felte dessen Verfassungsmässigkeit an. Vgl. dazu ausserdem Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 668; Manuel, Pleins pouvoirs, S. 95; Müller, Sicherheit, S. 195 f.; Kley, Geschichte, S. 118. 205 Burckhardt, Gedanken, S. 11; vgl. Kapani, Pouvoirs, S. 56. 206 Stapfer, Leçons, S. 481. 207 Vgl. BP, «Bibliothèque universelle». Strafverfolgung, 2. Oktober 1915; Ruffieux, Suisse, S. 40; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 527 f. Burckhardt hatte bereits vor der Behandlung im Bun- desrat die Beschlagnahmung der betreffenden Exemplare der «Bibliothèque universelle» und Untersuchungen durch die Waadtländer Polizei angeordnet. 208 Vgl. Stooss, Entscheidungen, S. 120; Le procès de la Bibliothèque universelle, in: Journal de Genève, 16. Dezember 1915; Steinmann, Zeit, S. 116. 209 Maurice Millioud, A New View of What Impelled Germany to War, in: The New York Times, 24. Januar 1915. 210 Vgl. Zürcher, Millioud, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D44345.php; Küffer, Kritik, S. 34; Jèze, Exécutif, S. 64. 211 Le procès de la «Bibliothèque universelle», in: Gazette de Lausanne, 14. Dezember 1915. 212 Das Bundesgericht stützte sich hierbei auf den Artikel 113 der Bundesverfassung, laut dem Be- schlüsse der Bundesversammlung für das Bundesgericht «massgebend» waren, vgl. Wiesmann, Bundesverfassungen, S. 48. 213 Eine vom Gericht geäusserte Ansicht, die kein tragendes Element des eigentlichen Urteils ist, vgl. Küffer, Kritik, S. 34. 214 Schweizerisches Bundesgericht, Entscheidungen, Bd. 41:1 (1915), Arrêt de la Cour pénale fédé- rale des 13–14 décembre 1916 dans la cause Ministère public fédéral contre Millioud, S. 553 f. 215 Zu weiteren Urteilen des Bundesgerichts im Kontext des Vollmachtenregimes vgl. Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 938; Marti, Verordnungsrecht, S. 28; Küffer, Kritik, S. 38; Kölz, Verfas- sungsgeschichte, S. 670; Casanova, Diktatur, S. 139; Kiener, Notrecht, S. 461; Stucki, Kriegs- wirtschaft, S. 291; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 264 f.; Wolf, Vollmachten, S. 10. 216 Küffer, Kritik, S. 34; vgl. Kälin, Aspekte, S. 95 f.; Müller, Sicherheit, S. 193 f.; Jèze, Exécutif, Anmerkungen zu Seiten 259–263 381 zurückzurück

S. 68; Marti, Verordnungsrecht, S. 28; Favre, Droit, S. 28 f.; Giacometti, Vollmachtenregime, S. 64. 217 2. Neutralitätsbericht, S. 122. 218 Vgl. Rossiter, Dictatorship, S. 12; Giacometti, Vollmachtenregime, S. 44; Agamben, Ausnahme- zustand, S. 33. 219 Kiener, Notrecht, S. 466. 220 Vgl. Kley, Geschichte, S. 197; Schweizerisches Bundesgericht, Entscheide, 126 II 145, http:// relevancy.bger.ch/php/clir/http/index.php?lang=de&zoom=OUT&type=show_docu- ment&highlight_docid=atf%3A%2F%2F126-II-145%3Ade. 221 Vgl. Gruner, Führungsgruppen, S. 83. 222 Vgl. Gygax, Wirtschaftspolitik, S. 200; Schoch, Massnahmen, S. 374; Maday, Betrachtungen, S. 33. 223 Vgl. Ragaz, Schweiz, S. 138; Bally, Tagebuch, S. 1095; Hefti, Gedanken, S. 232. 224 Vgl. Blankart, Devisenpolitik, S. 237, und Abb. 8, S. 261. 225 Vgl. Geering, Wirtschaftsjahr, S. 2. 226 Vgl. Eduard Blumer, zitiert in ABB Nationalrat 1918, S. 7; Hauser, Bericht, S. 268. 227 Zur Verwendung dieser Begriffe teilweise bereits vor 1914 vgl. Neidhart, Plebiszit, S. 83; Mitt- ler, Weg, S. 848; Baumann, Bauernstand, S. 175; Jost, Avantgarde, S. 84; Kley, Geschichte, S. 123; Schüepp, Diskussion, S. 13; Studer, Sicherheit, S. 166. 228 Stucki, Kriegswirtschaft, S. 250; vgl. Kuhn, Spuren, S. 202. 229 Stucki, Kriegswirtschaft, S. 251. 230 BAR, E2001B#1000/1503#1*, Postulat des Herrn Peter und Mitunterzeichner, 1918; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 807 f.; Uebersicht der Verhandlungen, I. Fortsetzung der ordentlichen Winter-Tagung 1918, S. 15. Es handelte sich bei diesen Forderungen um diejeni- gen, die Peter im Juni 1918 formulierte, nachdem der Nationalrat sein ursprüngliches Postulat vom März nicht mehr behandeln konnte. 231 Vgl. Aus der Bundesversammlung, in: Berner Intelligenzblatt, 28. März 1918; BP, Motion de Meuron, 25. März 1918. 232 Uebersicht der Verhandlungen, Ordentliche Sommer-Tagung 1918, S. 16; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 808. 233 Vgl. Huber, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 37 f. 234 Zum Entstehungsprozess der Neutralitätsberichte waren nur noch vom SMD Dokumente auf- findbar, die allerdings wertvolle Einblicke in die notrechtliche Tätigkeit der Militärbehörden bieten, vgl. beispielsweise BAR, E22#1000/134#818*, Emil Sonderegger, Berichterstattung über ausserordentliche Massnahmen, 9. August 1917. 235 Vgl. BP, Postulate Peter und de Meuron, 17. Juni 1918. 236 BAR, E7800#1000/1961#1885*, Schweizerisches Volkswirtschaftsdepartement, An das Eid- genössische Ernährungsamt, 27. September 1918. 237 BAR, E22#1000/134#810*, Schweizerisches Militärdepartement, An den schweiz. BRat., 26. Juni 1918. 238 Zum Verhältnis zwischen Wille und dem Parlament vgl. Röthlisberger, Standort, S. 104; Stämpfli, General, S. 424. 239 BAR, E2001B#1000/1503#1*, Ulrich Wille, An Bundespräsident Calonder, 15. April 1918. 240 Ebd. 241 Vgl, BP, Postulate Peter und de Meuron, 28. Juni 1918; BP, XI. Neutralitätsbericht, 15. Oktober 1918; BP, Postulate de Meuron und Peter betr. ausserordentl. Vollmachten, 26. November 1918. 242 Vgl. BP, Motion de Meuron und Postulat Peter (Beschränkung der Vollmachten), 18. Dezem- ber 1918. 243 BAR, E22#1000/134#814*, Schweizerisches Justiz- und Polizeidepartement, An die Departe- mente, 16. Januar 1919; vgl. BAR, E22#1000/134#814*, Schweizerisches Justiz- und Polizei- departement, Noterlasse des Bundesrates und seiner Departemente, Januar 1919. Laut Aussage von Marc Peter wurde die Liste den Neutralitätskommissionen gezeigt, danach aber vom Bun- desrat unter Verschluss gehalten, vgl. ABB Nationalrat 1919, S. 140. 244 BAR, E22#1000/134#814*, Eduard Müller, An die Departemente, September 1918. zurückzurück 382 Anmerkungen zu Seiten 263–266

245 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Motion de Meuron und das Postulat Peter, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 721. 246 Antworten waren nur noch vom SMD (BAR, E22#1000/134#814*) sowie teilweise von EPD (BAR, E2001B#1000/1503#1*); EVD (BAR, E7350#1000/1104#65*, E7800#1000/1961#1885*) auffindbar, zeigen aber, dass sich eine grosse Zahl nicht publizierter oder verzeichneter Not- erlasse auf die Vollmachten stützte. Vgl. beispielsweise BAR, E22#1000/134#814*, Kommissa- riatsabteilung Armeestab, Zusammenstellung derjenigen Noterlasse, welche in der Zusammen- stellung des Militärdepartementes nicht aufgeführt sind, September 1918. 247 Vgl. BAR, E2001B#1000/1503#1*, Julius Goebel, Increase and Development of Executive Power in the United States 1914–1918, etwa Juni 1918. Zum Verfasser vgl. Smith, Goebel, S. 1372 f. Der «Trading with the Enemy Act» und der «Espionage Act» wurden dem EPD vom in Bern stationierten US-Diplomaten und späteren CIA-Direktor Allen Dulles ausgehändigt, vgl. BAR, E2001B#1000/1503#1*, Allen Dulles, An Charles Lardy, 1. Juni 1918. 248 Vgl. BAR, E2001B#1000/1503#1*, Eidgenössisches Politisches Departement, An den Bundes- rat, September 1918. 249 BAR, E2001B#1000/1503#1*, Eidgenössisches Politisches Departement, An die schweizerische Gesandtschaft in Washington, 20. Juli 1918. Im Januar 1919 gab das EPD seinerseits dem Ver- treter Schwedens in Bern eine kurze Auskunft über die Tätigkeiten der Neutralitätskommis- sion, vgl. BAR, E2001B#1000/1503#1*, Eidgenössisches Politisches Departement, An Patrick Adlercreutz, 21. Januar 1919. 250 BAR, E2001B#1000/1503#1*, Eidgenössisches Politisches Departement, Bericht des Politi- schen Departementes betreffend die Vollmachten, 25. Juli 1918. 251 BAR, E7800#1000/1961#1885*, Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Uebersicht der in die schweizerische Gesetzsammlung aufgenommenen kriegswirtschaftlichen Massnahmen der Bundesbehörden, 1918–1921. An anderer Stelle war ein drittes, ebenfalls Cicero zugeschrie- benes Zitat von Hand ins Verzeichnis geschrieben worden: «Silent leges inter arma» – «Wenn die Waffen sprechen, schweigen die Gesetze». 252 Vgl. Sei hilfreich Deinem Nächsten! – Das Vaterland darf jedes Opfer fordern!, in: Histo- rische Bildpostkarten, www.bildpostkarten.uni-osnabrueck.de/displayimage.php?pos=-7518; Aufruf!, in: Bildarchiv Austria, www.bildarchivaustria.at/Pages/ImageDetail.aspx?p_iBil- dID=14293366. 253 BAR, E7800#1000/1961#1885*, Schweizerisches Volkswirtschaftsdepartement, An das Schwei- zerische Justiz- und Polizeidepartement, Oktober 1918. 254 Dies waren auch die Bereiche, in denen der Bundesrat an seinen Vollmachten festhalten wollte, vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Motion de Meuron und das Postulat Peter, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 71. 255 Vgl. Sprecher, Generalstabschef, S. 482 f. 256 Zeller, Ruhe, S. 103; vgl. Müller, Sicherheit, S. 238 f. 257 Vgl. Müller, Sicherheit, S. 240; Rapold, Bewährung, S. 376; Engel, Festseuche, S. 26 f.; Gast, Kontrolle, S. 123 f.; Greminger, Ordnungstruppen, S. 87. Im Gegensatz zum OAK setzte auch die «Landesstreik-Kommission» ihre Arbeit fort, vgl. Zeller, Ruhe, S. 84. Zu den turbulenten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg vgl. Gerwarth, End, S. 304; Gatrell, War, S. 562; Diner, Jahr- hundert, S. 79; Cabanes, Aftermath, S. 186; Greminger, Ordnungstruppen, S. 37; Leonhard, Büchse der Pandora, S. 939; Gerwarth, Violence, S. 660; Tooze, Deluge, S. 353 f.; Maier, Recas- ting, S. 3 f.; Bessel, Revolution, S. 134 f. 258 BAR, E1005#1000/16#5*, Geheime Bundesratsprotokolle, Vollmachten an die Heereseinheits- kommandanten, 7. Dezember 1918; vgl. BAR, E21#1000/131#11889*, Felix Calonder, Voll- macht und Auftrag für die Kommandanten der Heereseinheiten und ihre Unterführer, 9. De- zember 1918; Zeller, Ruhe, S. 105; Greminger, Ordnungstruppen, S. 71. Parallel wurden die Befugnisse der Platzkommandanten bei Ordnungsdiensteinsätzen weiter ausgebaut, vgl. Zel- ler, Ruhe, S. 90 f.; BAR, E21#1000/131#11900*, Camille Decoppet, Befehl für den Ordnungs- dienst, 27. Februar 1919. 259 Vgl. BP, Zweite Verordnung betr. Massnahmen gegen die Gefährdung & Störung der innern Sicherheit der Eidgenossenschaft, 7. Januar 1919; Zeller, Ruhe, S. 88 f.; Greminger, Ordnungs- truppen, S. 64. Anmerkungen zu Seiten 266–270 383 zurückzurück

260 VO betr. die Gefährdung der militärischen Ordnung, 4. März 1919 (AS 35/170); vgl. BAR, E21#1000/131#10056*, Ulrich Wille, An Bundesrat Decoppet, 4. November 1918; Bretscher, Wandlungen, S. 135; Bonjour, Neutralität, Bd. 2, S. 266; Gautschi, Landesstreik, S. 82; Burck- hardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 297 f.; Greter, Militärpolitik, S. 368. Zur Entstehung der Verord- nung vgl. Zeller, Ruhe, S. 93 f. 261 Vgl. BRB betr. Verbot der Einfuhr von Kriegsgerät, 26. November 1918 (AS 34/1197); BRB betr. Verbot der Einfuhr von Sprengstoffen und Zündmitteln, 7. Dezember 1918 (AS 34/1217); Greminger, Ordnungstruppen, S. 86. Anfang 1919 sprach sich das SMD explizit gegen die Auf- hebung des Einfuhrverbots aus, «da es auf Grund revolutionärer Umtriebe erlassen wurde, die sich wiederholen könnten», BAR, E22#1000/134#814*, Schweizerisches Militärdepartement, An das Justiz- und Polizeidepartement, 4. Februar 1919. 262 BRB betr. Verbot des Handels mit Ordonnanzmunition und betr. Verbot der Anlage von Mu- nitionsvorräten, 24. Januar 1919 (AS 35/69). 263 Vgl. VO betr. den Besitz, die Aufbewahrung und den Verkehr mit Sprengmaterial (Sprengstof- fen und Zündmitteln), 20. Mai 1919 (AS 35/322). 264 12. Neutralitätsbericht, S. 144; vgl. BRB betr. das Verbot der Einfuhr und Ausfuhr von russi- schem Papiergeld, sowie der Einfuhr von russischen Wertpapieren, 7. März 1919 (AS 35/183); BRB betr. das Verbot der Einfuhr von österreichisch-ungarischem Papiergeld, 7. März 1919 (AS 35/181). 265 Vgl. BRB betr. die Organisation der Bewachungstruppe, 7. Januar 1919 (AS 35/5). 266 12. Neutralitätsbericht, S. 130; vgl. Gast, Kontrolle, S. 124; Thürer, Verband, S. 359; Richter, Bewachungstruppe, S. 82; Müller, Sicherheit, S. 241 f. 267 VO betr. die Organisation der Heerespolizei, 15. November 1918 (AS 34/1177); vgl. Burck- hardt, Bundesrecht, Bd. 4, S. 898; Beutler, Staatsschutz, S. 65; Wille/Sprecher, Bericht, S. 399 f. 268 Vgl. 12. Neutralitätsbericht, S. 132; Rapold, Bewährung, S. 381. 269 Vgl. Zur Totalrevision der Bundesverfassung, in: NZZ, 22. Dezember 1918, 1. Sonntagsaus- gabe; Feinstein/Temin/Toniolo, Economy, S. 20–25. 270 Vgl. Eidgenössisches statistisches Bureau, Statistisches Jahrbuch 1919, S. 282 f.; Geering, Wirt- schaftsjahr, S. 7; Rossfeld/Straumann, Fronten, S. 46 f.; Müller/Woitek/Hiestand, Wohlstand, S. 133; Casanova, Maschinenindustrie, S. 297; Sieveking, Kriegswirtschaft, S. 123; Jöhr, Kre- ditanstalt, S. 245 f.; Bolliger, Arbeiterbewegung, S. 148; Teuscher, Arbeitslosenunterstützung, S. 39; Schmid, Wirtschaft, S. 53. Zur im Frühjahr 1921 folgenden «Nachkriegskrise» vgl. Tan- ner, Geschichte, S. 172 f. 271 Stucki-Harger, Finanzjahr, S. 36; vgl. Siegenthaler, Entscheidungshorizonte, S. 420; Mattioli, Demokratie, S. 111 f.; Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 117; Jost, Bedrohung, S. 770 f.; Tooze, Deluge, S. 232. Als Beispiel mag die Wahrnehmung Traugott Geerings im Sommer 1919 die- nen, der neben einem Zerfall der politischen und wirtschaftlichen Ordnung auch den Verlust von Arbeitsmoral und Pflichtbewusstsein sowie die «Gewöhnung der Massen an den Staats- zuschuss als öffentliche Pflicht» konstatierte, Geering, Wirtschaftsjahr, S. 12. 272 Vgl. Ruoss, Geldpolitik, S. 39. 273 12. Neutralitätsbericht, S. 172. 274 Ebd., S. 193. 275 Vgl. Brot- und Mehlrationierung, 24. Januar 1919 (AS 35/75). 276 BRB betr. Einführung des fünften eingeschränkten Fahrplanes, 22. November 1918 (AS 34/1185); vgl. BRB betr. die Wiederaufnahme des Personenverkehrs auf den mit Dampf betrie- benen Eisenbahnstrecken an Sonn- und allgemeinen Feiertagen, 22. April 1919 (AS 35/286). 277 12. Neutralitätsbericht, S. 231; vgl. BRB betr. fleischlose Tage und Einschränkung des Fleisch- verbrauches, 4. März 1919 (AS 35/173); vgl. BRB betr. weitere Einschränkungen des Fleisch- genusses und der Schlachtungen, 29. März 1919 (AS 35/241); Verbot der Schlachtungen zum Zwecke der Herstellung von Fleischkonserven und Dauerwürsten, 31. März 1919 (AS 35/246); BRB betr. weitere Einschränkungen des Fleischgenusses und der Schlachtungen, 25. April 1919 (AS 35/293). 278 Vgl. BP, Fleischkarte, 23. November 1918; 11. Neutralitätsbericht, S. 307; Käppeli/Riesen, Le- bensmittelversorgung, S. 66 f. 279 Vgl. BRB betr. die Versorgung des Landes mit Sodaprodukten, 25. Februar 1919 (AS 35/165); zurückzurück 384 Anmerkungen zu Seiten 270–273

Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft, Bd. 2, S. 93 f. 280 Vgl. Anm. 68, S. 373. 281 Vgl. BRB betr. die Fürsorge bei Arbeitslosigkeit in industriellen und gewerblichen Betrie- ben, 5. August 1918 (AS 34/805); BRB betr. die Fürsorge bei Arbeitslosigkeit von Angestell- ten, 14. März 1919 (AS 35/212); Nef, Fürsorgemassnahmen, S. 205; Nicolò, Sozialpolitik, S. 86; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 5, S. 583 f. 282 Vgl. BRB betr. die Fürsorge bei Arbeitslosigkeit von Angestellten und Arbeitern der eidgenös- sischen Verwaltungen und Betriebe, 15. April 1919 (AS 35/263); Teuscher, Arbeitslosenunter- stützung, S. 56. 283 12. Neutralitätsbericht, S. 247; vgl. BRB betr. Ergänzung des Art. 1 des BRB über die Abgabe von Kartoffeln an Personen mit bescheidenem Einkommen, 21. Dezember 1918 (AS 34/1235); Ausführungsvorschriften des Ernährungsamtes für die eidgenössische Notstandsaktion auf Grund der BRB vom 18., 23., 29. Oktober und 21. Dezember 1918 über die Abgabe von Brot und Konsummilch, Kartoffeln und Brennmaterialien zu ermässigtem Preise an Personen mit bescheidenem Einkommen, 21. Dezember 1918 (AS 34/1237); BRB betr. Ergänzung des Art. 1 des BRB über die Leistung von Bundesbeiträgen zur Verbilligung von Hausbrandkohlen und Kochgas an Notstandsberechtigte, 21. Dezember 1918 (AS 34/1236). 284 Vgl. BP, Unterstützung arbeitsloser Auslandschweizer, 31. März 1919; Arbeitslosenfürsorge, 5. April 1919 (BBl. 1919/IV/311); 12. Neutralitätsbericht, S. 188; BRB betr. Förderung der Hochbautätigkeit, 23. Mai 1919 (AS 35/335); BRB betr. die Behebung der Arbeitslosigkeit durch verschiedene Arbeiten, 23. Mai 1919 (AS 35/338). 285 BP, Arbeitslosenfürsorge, 18. Februar 1919; vgl. BRB betr. die Errichtung eines eidgenös- sischen Amtes für Arbeitslosenfürsorge, 21. März 1919 (AS 35/223). 286 BRB betr. die Fürsorge bei Arbeitslosigkeit von Angestellten, 14. März 1919 (AS 35/212); vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 5, S. 552; Teuscher, Arbeitslosenunterstützung, S. 62; Zimmer- mann, Klassenkampf, S. 265. Per Beschluss vom 29. Oktober 1919 gab der Bundesrat der Ar- beitslosenunterstützung eine breitere, bis 1924 wirksame Grundlage und verpflichtete die Kan- tone zur Schaffung von Zentralstellen für die Arbeitsvermittlung, vgl. Gast, Kontrolle, S. 206 f.; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 5, S. 587 und 604. 287 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 584; Jost, Zahlen, S. 62; Kübler, Integration, S. 79; Grimm, Landesgeschichte, S. 42; Kury, Fremde, S. 107; Tanner, Tatsachenblick, S. 105; Greyerz, Bundesstaat, S. 1170 f. 288 Vgl. Weber, Amerikanische Verheissung, S. 239; Ochsenbein, Wirtschaftsfreiheit, S. 312. 289 12. Neutralitätsbericht, S. 214. 290 Vgl. BRB betr. Aufhebung der VO vom 2. Juli 1915 über die Beschimpfung fremder Völker, Staatsoberhäupter oder Regierungen und betr. Abänderung des BRB vom 27. Juli 1915 über die Presskontrolle während der Kriegswirren, 2. Dezember 1918 (AS 34/1211); BRB betr. Auf- hebung der politischen Presskontrolle, 1. Februar 1919 (AS 35/93). 291 12. Neutralitätsbericht, S. 122; vgl. BRB betr. Aufhebung von Noterlassen, 31. März 1919 (AS 35/248). Von der Aufhebung der Noterlasse waren darauf gestützte Strafverfahren explizit aus- geschlossen. Sie liefen auch in der Nachkriegszeit weiter, vgl. etwa BRB betr. den Handel mit Altpapier, sowie mit Papier- und Pappeabfällen, 27. Januar 1919 (AS 35/65). 292 12. Neutralitätsbericht, S. 214. 293 Ebd., S. 194. 294 Ebd., S. 214. 295 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Motion de Meuron und das Postulat Peter, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 709. 296 Vgl. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für industrielle Kriegswirt- schaft, Bd. 1, S. 2. 297 Vgl. 12. Neutralitätsbericht, S. 232 f. 298 Vgl. etwa 11. Neutralitätsbericht, S. 188. 299 12. Neutralitätsbericht, S. 212. 300 K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. die zur Zeit geltenden, auf den ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates beruhenden Bestimmungen, 23. Mai 1919 Anmerkungen zu Seiten 273–282 385 zurückzurück

(BBl. 1919/III/461); vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Motion de Meuron und das Postulat Peter, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 721. 301 BAR, E4321A#1990/271#39*, Liste II der Noterlasse (rosa), 1947. 302 Vgl. Germann, Aufkleben, S. 116; zum Abbau der Vollmachten nach dem Zweiten Weltkrieg Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 780; Küffer, Notrecht, S. 174; Reich, Demokratie, S. 263; Casa- nova, Diktatur, S. 155 f.; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 296 f. 303 Diese machten mit 1447 Noterlassen bereits fast 90 Prozent sämtlicher Noterlasse aus. 304 Vgl. hierzu den Abschnitt des EVD im 12. Neutralitätsbericht, S. 169–226, der mehr als ein Drittel des gesamten Dokuments ausmacht. 305 8. Neutralitätsbericht, S. 87. 306 Vgl. ebd., S. 105 f. 307 Vgl. BB betr. Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, 3. April 1919 (AS 35/255). 308 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Motion de Meuron und das Postulat Peter, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 711. 309 Ebd., S. 712. 310 Ebd., S. 713. 311 Ebd., S. 715 f. 312 Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 671. 313 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Motion de Meuron und das Postulat Peter, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 716. 314 Ebd., S. 717. 315 Ebd. 316 Schliesslich vorgelegt mit K des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betr. die zur Zeit geltenden, auf den ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates beruhenden Bestimmun- gen, 23. Mai 1919 (BBl. 1919/III/461). 317 Entwurf zum Bundesbeschluss betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, in: BBl. 70, Bd. V (1918), S. 724. 318 Vgl. BP, Postulate de Meuron und Peter betr. ausserordentliche Vollmachten, 22. November 1918; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 810. 319 Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 671. 320 Conseil national, in: Gazette de Lausanne, 21. Dezember 1918; vgl. Uebersicht der Verhand- lungen, Ordentliche Winter-Tagung 1918, S. 18–20; Postulats des libéraux bâlois, in: Journal de Genève, 20. Dezember 1918. 321 Vgl. M. Ador à Genève, in: Gazette de Lausanne, 23. Dezember 1918. 322 ABB Nationalrat 1919, S. 126 f.; vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 811. 323 Im Juni 1919 wurde von Genfer Freisinnigen noch einmal ein Versuch der Aufhebung der Voll- machten durch ein Plebiszit unternommen, der allerdings über die Unterschriftensammlung nicht hinauskam, vgl. hierzu BAR, E4110A#1000/1804#94*, Comité de l’initiative contre les pleins pouvoirs dictatoriaux, A Monsieur le Président du Département Fédéral de Justice et Police, 16. Juni 1919; Une initiative maladroite, in: Journal de Genève, 8. Juni 1919. 324 ABB Nationalrat 1919, S. 141. 325 Ebd., S. 135. 326 Ebd., S. 149. 327 Ebd., S. 150. 328 Ebd., S. 151. Dem entgegengestellt wurde, dass auch Frankreich, Grossbritannien und die USA während des Kriegs und bereits das antike Rom auf notrechtliche Politik zurückgegriffen hät- ten, vgl. ABB Ständerat 1919, S. 155. 329 Eine Ausnahme stellte der Berner Gewerkschafter August Huggler dar, der durch ein Festhal- ten am Ausnahmezustand eine Untergrabung der demokratischen Kultur und die Bestätigung der bürgerlichen Wirtschaftspolitik befürchtete, vgl. ABB Nationalrat 1919, S. 195. 330 ABB Nationalrat 1919, S. 149. 331 Ebd., S. 154 f. 332 Ebd., S. 142. Graber hatte bereits nach Arthur Hoffmanns Rücktritt 1917 ein Postulat zur Auf- zurückzurück 386 Anmerkungen zu Seiten 282–285

hebung der Vollmachten im Nationalrat eingereicht, das allerdings abgelehnt wurde, vgl. hierzu Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 807. 333 ABB Ständerat 1919, S. 165. 334 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 811 f.; ABB Ständerat 1919, S. 157 f. 335 ABB Ständerat 1919, S. 154. 336 Vgl. BP, Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, 27. Januar 1919. 337 Vgl. insbesondere die sehr unterschiedlichen Stellungnahmen von Müller, Schulthess und Ador in ABB Nationalrat 1919, S. 159 und 184; ABB Ständerat 1919, S. 170 und 177. 338 Vgl. BB betr. Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, 3. April 1919 (AS 35/255); ABB Ständerat 1919, S. 188; ABB Nationalrat 1919, S. 405. 339 Vgl. ABB Nationalrat 1919, S. 189. 340 ABB Nationalrat 1919, S. 187. Den letzten Versuch, unter Umgehung der parlamentarischen Blockade zur vollständigen Aufhebung der Vollmachten zu gelangen, unternahm am 25. März 1919 der Grosse Rat des Kantons Genf mit einem Antrag an die Bundesversammlung nach Artikel 93 der Verfassung. Da die Meinungen zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits gemacht waren, blieb er chancenlos, vgl. ABB Nationalrat 1919, S. 397. 341 Vgl. BB betr. Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, 3. April 1919 (AS 35/255). 342 BAR, E22#1000/134#818*, Bundesbeschluss betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, 3. April 1919; vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 672. 343 Wohl um ähnliche Konflikte zu verhindern, war dieses Vetorecht von Beginn weg im Vollmach- tenregime des Zweiten Weltkriegs vorgesehen, vgl. BB über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität vom 30. August 1939, in: Schweizerische Bundeskanzlei, Eidgenössische Gesetzsammlung 55 (1939), S. 770. Die Pflicht des Bundesrats zur Berichterstat- tung über neue «Massnahmen» beschränkte sich auf die Winter- und Sommersessionen. 344 ABB Ständerat 1919, S. 183. 345 Ebd., S. 157. 346 Der Bundesrat wurde verpflichtet, auf jede Session ein Verzeichnis aller geltenden Notverord- nungen vorzulegen, damit die Bundesversammlung diejenigen bestimmen konnte, «deren Auf- hebung durch den Bundesrat sie verlangt». 347 ABB Ständerat 1919, S. 187. 348 ABB Nationalrat 1919, S. 402. Zu diesem Urteil gelangten auch Zoller, Notverordnung, S. 7; Kuhn, Spuren, S. 205. 349 Vgl. Kley, Geschichte, S. 52. 350 Vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 675; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 494; Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 708; zum politischen Hintergrund Scherrer-Füllemanns Tanner, Ge- schichte, S. 36 f.; Schüepp, Diskussion, S. 13; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 5, S. 809; Gautschi, Landesstreik, S. 305. Für eine grundlegende Revision der Verfassung hatte sich Scherrer-Fülle- mann zusammen mit Carl Hilty bereits vor dem Krieg ausgesprochen, vgl. Schüepp, Diskus- sion, S. 13 f.; Hilty, Legislaturperiode, S. 5. 351 Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Winter-Tagung 1918, S. 13. 352 Vgl. Hodel, Ausnahmegesetze, S. 283; Kley, Geschichte, S. 119; Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 117. 353 So Robert Grimm während der Landesstreikdebatte im Nationalrat, ABB Nationalrat 1918, S. 418. Für den Hinweis danke ich Roman Rossfeld. 354 Vgl. Ragaz, Neue Schweiz, S. 11 und in Bezug auf die Vollmachten des Bundesrats S. 54. Vgl. zudem Mattioli, Demokratie, S. 112; Ernst/Wigger, Einleitung, S. 7 f.; Hardmeier, Frauen- stimmrechtsbewegung, S. 188 f. 355 Zitiert in Neidhart, Politik, S. 88. Welti hatte diese Forderung in der NZZ bereits vor 1914 und im Kriegsverlauf wiederholt gestellt, vgl. Gisi, Jahresbericht, S. 449; Schüepp, Diskussion, S. 13. 356 Steinmann, Zeit, S. 295 f.; vgl. Wigger, Zukunftserwartungen, S. 180 f.; Ernst/Wigger, Innova- tion, S. 162. 357 Vgl. Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Winter-Tagung 1919, S. 17 f.; Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 692; Gautschi, Landesstreik, S. 272; Mattioli, Demokratie, S. 113. Anmerkungen zu Seiten 285–288 387 zurückzurück

358 Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Winter-Tagung 1919, S. 17; vgl. Kaiser, Musy, S. 71 f.; Stadler, Totalrevision, S. 79. 359 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 495. 360 Vgl. ABB Nationalrat 1919, S. 251. Frauenvereine unterstützten die Motion Scherrer-Fülle- mann deshalb, vgl. Hardmeier, Frauenstimmrechtsbewegung, S. 195 f.; Escher, Frauenbewe- gung, S. 249. 361 ABB Ständerat 1919, S. 24. 362 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 495; vgl. BAR, E2001B#1000/1501#34*, Eduard Leupold, Bericht betreffend die Frage einer Totalrevision der Bundesverfassung, 28. November 1918. 363 Vgl. ABB Nationalrat 1918, S. 481–488; ABB Nationalrat 1919, S. 224–295; ABB Ständerat 1919, S. 1–32; Neidhart, Politik, S. 112; Die Motion Usteri im Ständerat, in: NZZ, 30. Januar 1919, Erstes Abendblatt. 364 Vgl. BP, Revision der Bundesverfassung, 22. Juli 1919. 365 Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 1, S. 498; vgl. Zur Revision der Bundesverfassung, in: NZZ, 16. August 1919, Erstes Morgenblatt. 366 Vgl. Brassel-Moser, Dissonanzen, S. 124 f.; Jost, Avantgarde, S. 78; Ernst/Wigger, Einleitung, S. 12 f.; Wigger, Krieg, S. 221. 367 Vgl. Geschäftsbericht 1946, S. 8; Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 677; Kley, Einleitung, S. 14; Horber, Politik, S. 206 f. Zur «Schubladisierung» vgl. Kley, Stampa, S. 282; Lezzi, Arbeiterbe- wegung, S. 271; Zimmermann, Klassenkampf, S. 184. Einen weiteren Anlauf zur Totalrevision der Bundesverfassung unternahm die «Frontenbewegung» in den Dreissigerjahren, vgl. hierzu Tanner, Geschichte, S. 223; Kley, Geschichte, S. 165 f.; Stadler, Totalrevision, S. 101. 368 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 813 f. und 825 f.; Marti, Verordnungsrecht, S. 31. 369 12. Neutralitätsbericht, S. 122. 370 Vgl. BP, Gegenstandsloserklärung und Aufhebung von Noterlassen, 1. Oktober 1920. 371 Uebersicht der Verhandlungen, Fortsetzung der ordentlichen Sommersession 1920, S. 4 und vgl. S. 17. 372 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 814. 373 XV. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund der Bun- desbeschlüsse vom 3. August 1914 und 3. April 1919 getroffenen Massnahmen, in: BBl. 72, Bd. IV (1920), S. 581. 374 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Aufhebung der ausser- ordentlichen Vollmachten, in: BBl. 73, Bd. III (1921), S. 221. 375 Diese bestanden hauptsächlich in einer anderen Formulierung in Bezug auf die Kompetenz zur Änderung der bestehenden Noterlasse, vgl. ABB Ständerat 1921, S. 348. 376 Vgl. XX. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914, 3. April 1919 und 19. Oktober 1921 getroffenen Mass- nahmen, in: BBl. 75, Bd. II (1923), S. 352. 377 BB betr. die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, 19. Oktober 1921 (AS 37/741); vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 678; Giacometti, Verfassungsrechts- leben, S. 344; Zoller, Notverordnung, S. 8 f.; Rothenfluh, Notrecht, S. 31. 378 Vgl. BRB über Aufhebung des BRB vom 18. September 1916 betr. die eidg. Kriegsgewinn- steuer, 13. Februar 1933 (AS 49/71). 379 Vgl. Burckhardt, Bundesrecht, Bd. 2, S. 828; ABB Ständerat 1923, S. 149. 380 Vgl. BB über die Abänderung des BB vom 19. Oktober 1921 betr. die Aufhebung der ausseror- dentlichen Vollmachten des Bundesrates, 2. Oktober 1923 (AS 39/292); Pestalozzi, Notgesetz- gebung, S. 108; Geschäftsbericht 1924, S. 89. 381 Vgl. Geschäftsbericht 1945, S. 106 f. 382 Vgl. BRB betr. die Abänderung des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 in bezug auf den Umfang der Sicherung im Grundpfandrecht (Art. 818), 7. Juni 1920 (AS 36/309). Zur «bereinigten Sammlung» vgl. Germann, Aufkleben, S. 116 f. 383 Vgl. BRB betr. Aufhebung des BRB über die Abänderung des schweizerischen Zivilgesetz- buches in bezug auf den Umfang der Sicherung im Grundpfandrecht (Art. 818), in: Schweize- rische Bundeskanzlei, Sammlung der eidgenössischen Gesetze (1952), S. 205; Kley, Verfas- sungsgeschichte, S. 265. zurückzurück 388 Anmerkungen zu Seiten 289–301

Kapitel 7

1 Vgl. Kley, Macht, www.nzz.ch/mit-macht-durch-den-krieg-1.18534392. 2 Zitiert in Nauer/Bovet, Kriegszeit-Reden, S. 20. Im untersuchten Quellenmaterial handelte es sich hierbei um das erste Mal, dass ein Regierungsmitglied vom «Ausnahmezustand» sprach. 3 ABB Ständerat 1919, S. 187. 4 Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 787. 5 Den mehr als 1600 Noterlassen der Exekutive standen im Krieg nur rund 220 Bundesgesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse gegenüber, vgl. Aubert, Bundesstaatsrecht, S. 733. 6 12. Neutralitätsbericht, S. 212; vgl. Rossiter, Dictatorship, S. 313 f. 7 Laur, Mitarbeit, S. 264. 8 Agamben, Ausnahmezustand, S. 14; vgl. Hobsbawm, Empire, S. 55. 9 Vgl. Stucki, Kriegswirtschaft, S. 267; Gast, Kontrolle, S. 43. 10 Labhart, Krieg, S. 205; vgl. Baumann, Bauernstand, S. 295. 11 Vgl. Meier, Lebensmittelmarkt, S. 28. 12 Vgl. hierzu die Dissertation von Sebastian Steiner im Sinergia-Forschungsprojekt. Sebastian Steiner: Unter Kriegsrecht. Die schweizerische Militärjustiz 1914–1921 (Die Schweiz im Ersten Weltkrieg, Bd. 4), Zürich 2018. 13 Ernst, Krise, S. 226; vgl. Neidhart, Plebiszit, S. 205. 14 Vgl. Gautschi, Landesstreik, S. 377; Gruner, Einbau, S. 77; Neidhart, Plebiszit, S. 202; Linder, Entwicklung, S. 289; Tanner, Geschichte, S. 233 f. Verfassungsrechtlich institutionalisiert wur- den die Mitarbeit der Interessenverbände und die konjunkturpolitischen Interventionen des Bundes mit den neuen «Wirtschaftsartikeln» nach dem Zweiten Weltkrieg, vgl. hierzu Linder, Entwicklung, S. 286; Gruner, Wirtschaftsverbände, S. 130; Kley, Verfassungsgeschichte, S. 297; Tanner, Geschichte, S. 314 f.; Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 281–302. 15 Vgl. Zoller, Notverordnung, S. 121. 16 Vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 674; Jost, Bedrohung, S. 738. 17 Vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 823. 18 Vgl. Rossiter, Dictatorship, S. 8. 19 Vgl. Hobsbawm, Age of Empire, S. 332. 20 Rossiter, Dictatorship, S. 313 f. 21 Giacometti, Verfassungsrecht, S. 47; Burckhardt, Krisis, S. 425; Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 767. Vgl. zudem Kley, Verfassungsgeschichte, S. 275; Reber, Notrecht, S. 9; Neidhart, Ple- biszit, S. 231; Suter, Notrecht, S. 151 f.; Rothenfluh, Notrecht, S. 32 f.; Wackernagel, Staatsnot- stand, S. 169 f. Bühler, Droit, S. 71; Marti, Verordnungsrecht, S. 32 f. 22 Vgl. Schweizerische Bundeskanzlei, Bundesbeschlüsse, www.admin.ch/ch/d/pore/vr/ vor_2_2_6_5_01.html; Tanner, Geschichte, S. 225 f. 23 Vgl. Marti, Verordnungsrecht, S. 39; Giacometti, Verfassungsrecht, S. 63. 24 BB über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, 14. Oktober 1933 (AS 49/811); vgl. Giacometti, Verfassungsrecht, S. 79. 25 Vgl. Marti, Verordnungsrecht, S. 37; Rothenfluh, Notrecht, S. 35 f.; Kull, Notrecht, S. 41; Tan- ner, Geschichte, S. 225; Jost, Bedrohung, S. 738 f.; Greyerz, Bundesstaat, S. 1193 f.; Casanova, Diktatur, S. 145 f. 26 Schulthess, Lebensfragen, S. 9; vgl. Kley, Verfassungsgeschichte, S. 271; Gruner, Wirtschafts- politik, S. 57; Böschenstein, Bundesrat, S. 175 f. 27 Vgl. Kley, Verfassungsgeschichte, S. 282; Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 773; Casanova, Dikta- tur, S. 149; Rothenfluh, Notrecht, S. 45 f. 28 Vgl. Kölz, Verfassungsgeschichte, S. 678; Rothenfluh, Notrecht, S. 52; Casanova, Diktatur, S. 154 f.; Reich, Demokratie, S. 132; Küffer, Kritik, S. 171; Linder, Entwicklung, S. 285; Tanner, Geschichte, S. 300 f. Die Dringlichkeitsklausel für Bundesbeschlüsse war bereits 1939 einge- schränkt worden, was das Parlament allerdings für das Vollmachtenregime des Zweiten Welt- kriegs durch die Einführung eines «Notrechtsbeschlusses» umging, vgl. Rothenfluh, Notrecht, S. 45. 29 Vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die wirtschaftlichen Notmass- nahmen vom 12. November 1935, in: BBl. 87, Bd. II (1935), S. 547. Anmerkungen zu Seite 301 389 zurückzurück

30 Vgl. Küffer, Kritik, S. 11; differenzierend Tanner, Geschichte, S. 559 f.; Kölz, Verfassungsge- schichte, S. 823; Casanova, Diktatur, S. 197 f.; Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 536 und 604 f. Vgl. dort auch S. 584 zu den notrechtlichen Instrumenten in der aktuellen Bundes- verfassung, die nach wie vor keinen speziellen Notstandsartikel beinhaltet. 31 Vgl. Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 605. 32 Botschaft zu einem Massnahmenpaket zur Stärkung des schweizerischen Finanzsystems vom 5. November 2008, in: BBl. 160 (2008), S. 8977. 33 Vgl. Kley, UBS-Rettung, S. 133; Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 606 f. Die Auto- ren weisen darauf hin, dass es sich bei den genannten Verfassungsartikeln streng genommen nicht um Notrecht handelt, da sie nicht zum Bruch des Verfassungsrechts berechtigen. 34 Vgl. Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 607; Kiener, Notrecht, S. 471 f.; Kley, UBS-Rettung, S. 137.

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8 Anhang

8.1 Abkürzungen

AB Ausführungsbestimmung ABB Amtliches stenographisches Bülletin der schweizerischen Bundesversammlung AV Ausführungsvorschriften AKK Armeekriegskommissariat AIK Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft AS Amtliche Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen BAR Schweizerisches Bundesarchiv BB Bundesbeschluss BBl. Schweizerisches Bundesblatt BG Bundesgesetz BGB Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei BP Beschlussprotokolle des Bundesrats BRB Bundesratsbeschluss DORA Defence of the Realm Act DP Demokratische Partei EDI Eidgenössisches Departement des Innern EEA Eidgenössisches Ernährungsamt EFA Eidgenössisches Fürsorgeamt EPD Eidgenössisches Politisches Departement EPKK Eidgenössische Presskontrollkommission ETH Eidgenössische Technische Hochschule Zürich EVD Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement FDP Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz FERO Zentralstelle für den Ein- und Ausfuhrtransport FZD Finanz- und Zolldepartement GSK Genossenschaft schweizerischer Käseexportfirmen HSSO Historical Statistics of Switzerland Online IKRK Internationales Komitee vom Roten Kreuz JPD Justiz- und Polizeidepartement K Kreisschreiben KK Katholisch-Konservative KTA Kriegstechnische Abteilung des SMD LPS Liberale Partei der Schweiz MO Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft NZZ Neue Zürcher Zeitung OAK Oltener Aktionskomitee OHL Oberste Heeresleitung OKK Oberkriegskommissariat PED Post- und Eisenbahndepartement zurückzurück 392

SBB Schweizerische Bundesbahnen SBV Schweizerischer Bauernverband SBZ Schweizerische Baumwollzentrale SGB Schweizerischer Gewerkschaftsbund SHAB Schweizerisches Handelsamtsblatt SHIV Schweizerischer Handels- und Industrieverein/Vorort SMD Schweizerisches Militärdepartement SNB Schweizerische Nationalbank SPS Sozialdemokratische Partei der Schweiz SSS Société suisse de surveillance économique STS Schweizerische Treuhandstelle für Überwachung des Warenverkehrs StALU Staatsarchiv Luzern SWA Schweizerisches Wirtschaftsarchiv SZV Schweizerischer Zeitungsverlegerverein V Departementsverfügung VO Bundesratsverordnung VSK Verband schweizerischer Konsumvereine

8.2 Abbildungen

Abb. 1: Vollmachtenbeschluss des Nationalrats, mit dem am 3. August 1914 die Grundlagen für den Ausnahmezustand gelegt wurden 77 Abb. 2: Die Beziehungen zwischen Militär- und Zivilverwaltung waren während des ganzen Weltkriegs konfliktreich: Büro des Quartiermeisters des Armeestabes, um 1914 89 Abb. 3: Die Vielzahl vor allem kriegswirtschaftlicher Noterlasse ab dem Frühjahr 1917 stellte die Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden vor bislang ungekannte Herausforderungen 125 Abb. 4: Ein «Schattendasein» führte die Legislative nach Ansicht des «Nebelspalters» im Ausnahmezustand, das sich selbst dann in schlecht besuchten Sitzungen äusserte, wenn es um die Einschränkung der Vollmachten ging 167 Abb. 5: Mit vereinten Kräften hindert eine Basler Familie einen Polizisten an der Kontrolle der «fleischlosen Tage» 195 Abb. 6: Stärker als in den Jahren zuvor versuchte das EVD ab 1917 die Kriegswirtschaft zu koordinieren und kontrollieren. Inspektoren der AIK erhielten deshalb Sonderbefugnisse zur Durchsetzung der Noterlasse in der Privatwirtschaft 205 Abb. 7: Im Spätsommer 1918 wird auf Druck der Arbeiterorganisationen das «Eidgenössische Ernährungsamt» gegründet, dessen Leitung der Bundesrat dem Berner Industriellen Eduard von Goumoëns überträgt 243 Abb. 8: Eine Flut von Noterlassen ergiesst sich in diesem satirischen Kommentar des «Nebelspalters» aus dem Bundeshaus über die Schweiz 261 393 zurückzurück

8.3 Grafiken

Grafik 1: Bundesausgaben in Millionen Franken, 1849–1913 (nominale Werte) 43 Grafik 2: Sitzverteilung der Parteien im Nationalrat, 1848–1919 49 Grafik 3: Organigramm der Bundesverwaltung, Anfang 1914 50 Grafik 4: Vollmachtenbeschlüsse, Bundesinterventionen und dringliche Bundesbeschlüsse, 1848–1909 57 Grafik 5: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 31. März 1916 nach Monaten 90 Grafik 6: Organigramm der Bundesverwaltung, Anfang 1915 106 Grafik 7: Neue Noterlasse zwischen dem 1. April 1916 und dem 30. Juni 1917 nach Monaten 118 Grafik 8: Durch Noterlasse festgesetzte Höchst- und Verkaufspreise ausgewählter Produkte (in Franken) und durchschnittliche monatliche «Lebenshaltungskosten» für eine Familie mit fünf Mitgliedern nach Berechnungen der Liga für die Verbilligung der Lebenshaltung (Dezember 1915 = 100), 1916/17 129 Grafik 9: Durchschnittliche Preise verschiedener Milchprodukte (in Franken) nach Berechnungen des Verbands schweizerischer Konsumvereine, 1915–1917 133 Grafik 10: Neue Noterlasse zwischen dem 1. Juli 1917 und dem 31. Oktober 1918 nach Monaten 175 Grafik 11: Nominale Staatsausgaben (1913 = 100 Prozent), 1913–1920 219 Grafik 12: Prozentualer Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, 1913–1920 219 Grafik 13: Bundesausgaben in Millionen Franken, 1913–1920 221 Grafik 14: Organigramm der Bundesverwaltung, Anfang 1919 240 Grafik 15: Geltende Noterlasse, die bei Verstössen ein militärgerichtliches Verfahren vorsehen, 1914–1918 247 Grafik 16: Neue Noterlasse zwischen dem 1. November 1918 und dem 23. Mai 1919 nach Monaten 267 Grafik 17: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren, aufgehobene Noterlasse bis 1946 272 Grafik 18: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren und eidgenössischen Departementen 273 Grafik 19: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Monaten 276 zurückzurück 394

8.3 Tabellenverzeichnis

Tab. 1: In Kraft gesetzte Noterlasse des Vollmachtenregimes nach Politikbereichen, 30. Juli 1914 bis 23. Mai 1919 27 Tab. 2: Neutralitätsberichte des Bundesrats, 1914–1919 152 Tab. 3: Neue Noterlasse in den zwölf mengenmässig grössten wirtschaftlichen Sachbereichen zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren 176 Tab. 4: Regulierung von Warengruppen durch Noterlasse (ausgenommen Ausfuhrverbote), 30. Juli 1914 bis 23. Mai 1919 177 Tab. 5: Sektionen und Bureaus der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft 206 Tab. 6: Der Bundesverwaltung unterstellte und auf der Grundlage der Vollmachten gebildete kriegswirtschaftliche Zentralstellen, 1914–1919 212 Tab. 7: Zusammensetzung des Bundesrats, 1914–1920 216 Tab. 8: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren und grössten Politikbereichen 275 395 zurückzurück

8.4 Daten zu den Grafiken im Text

Grafik 5: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 31. März 1916 nach Monaten und eidgenössischen Departementen

Departe- 1914 1914 1914 1914 1914 1914 1915 1915 1915 1915 1915 1915 1915 1915 1915 1915 1915 1915 1916 1916 1916 Sum- ment 07 08 09 10 11 12 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 01 02 03 me

EDI 1 2 1 4

EPD 622 1332 152 222113 38

EVD 7223211211 141182158 53

FZD 1753 13121 42 4222 40

JPD 96122 11 11 113 31 33

PED 13131 11 1 2451 24

SMD 1 21 7 3 8 8 3 4 5 4 3 5 8 2 5 6 6 2 12 7 120

Summe 2 52 25 14 16 14 8 9 14 9 2 9 15 15 4 9 21 18 6 28 22 312

Grafik 7: Neue Noterlasse zwischen dem 1. April 1916 und dem 30. Juni 1917 nach Monaten und eidgenössischen Departementen

Departe- 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1916 1917 1917 1917 1917 1917 1917 Summe ment 04 05 06 07 08 09 10 11 12 01 02 03 04 05 06

EDI 1 3 1 2 1 2 1 4 15

EPD 514324746636243 60

EVD 7 1 3 6 8 8 7 9 8 3 6 7 12 12 16 113

FZD 1131 42161114 26

JPD 11313 1221 1112 20

PED 1 1 1 1 1 1 1 3 1 11

SMD 5 9 3 3 11 9 8 4 5 8 17 3 9 14 7 115

Summe 19 13 15 16 27 23 26 24 23 21 37 19 28 33 36 360 zurückzurück 396

Grafik 8: Durch Noterlasse festgesetzte Höchst- und Verkaufspreise ausgewählter Produkte (in Franken) und durchschnittliche monatliche «Lebenshaltungskosten» für eine Familie mit fünf Mitgliedern nach Berechnungen der Liga für die Verbilligung der Lebenshaltung (Dezember 1915 = 100), 1916/17

Leicht- Butter Formeisen Vollmehl Ruhr-In- Maiskorn Raffinierter Lebens- benzin 1. Qualität 100 kg 100 kg dustrie- 100 kg Kristall- kosten Detail 10 kg kohle 1 t zucker in- 100 l 250–1000 g 100 kg dexiert

1916/01 48.00 48.75 27.00 67.00 100.00

1916/02 52.50 28.00 90.00

1916/03 65.00 35.00 102.65

1916/04

1916/05 48.00 54.50 38.00 95.00

1916/06 67.00 110.70

1916/07

1916/08 54.50 38.00 95.00

1916/09 48.00 114.09

1916/10

1916/11 77.00

1916/12 53.00 59.00 40.00 117.35

1917/01

1917/02 57.00 65.25 105.00

1917/03 66.50 125.32

1917/04 62.00 48.00

1917/05

1917/06 100.00 78.50 141.86

1917/07 73.50 56.00 128.00

1917/08 59.00

1917/09 144.00 81.50 110.50 152.44

1917/10 62.00

1917/11

1917/12 144.00 62.00 81.50 73.50 110.50 56.00 128.00 156.68 397 zurückzurück

Grafik 10: Neue Noterlasse zwischen dem 1. Juli 1917 und dem 31. Oktober 1918 nach Monaten und eidgenössischen Departementen

Departe- 1917 1917 1917 1917 1917 1917 1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918 Summe ment 07 8 09 10 11 12 01 02 03 04 05 06 07 08 9 10

EDI 5253 1314224 132 15

EEA 3 21 60

EPD 1 1 1 1 1 113

EVD 15 19 25 24 25 18 27 18 20 22 25 25 14 30 19 21 26

FZD 2113222321236515 20

JPD 2 132121 1314 4 11

PED 21 3 1322321 2 115

SMD 9 13 16 16 14 10 13 12 5 4 10 5 8 9 4 5 360

Summe 33 38 47 51 44 34 50 38 35 32 42 42 30 51 30 58 655

Grafik 11: Nominale Staatsausgaben (indexiert 1913 = 100 Prozent), 1913–1920

Schweiz Deutsch- Italien Österreich- Frankreich Holland Grossbri- USA Russland land Ungarn tannien 1913 100 100 100 100 100 100 100 100 100 1914 209 274 96 205 199 153 291 102 170 1915 274 758 185 330 413 219 812 104 346 1916 304 817 400 439 555 234 1145 100 535 1917 420 1513 689 538 697 303 1404 273 905 1918 500 1293 845 827 463 1343 1773 813 1919 527 1558 1063 606 367 868 2586 1920 584 4125 887 555 403 619 889 zurückzurück 398

Grafik 12: Prozentualer Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, 1913–1920

Schweiz Spanien Gross- USA Italien Däne- Norwe- Schwe- Frank- Deutsch- britan- mark gen den reich land nien 1913 2,04 11,28 8,17 1,95 13,12 5,37 9,9 6,68 10 9,8 1914 4,55 11 24,58 2,12 23,74 4,39 6,41 6,94 22,3 23,9 1915 5,54 15,88 42,28 2,07 37,54 5,4 6,36 9,31 46,4 43,8 1916 4,92 11,42 68,42 1,6 39,95 4,91 4,08 7,79 47,2 50,3 1917 5,61 13,56 66,16 3,75 40,79 6,27 5,21 9,98 49,9 59 1918 5,52 9,88 52,51 18,97 36,61 7,74 9,94 18,18 53,5 50,1 1919 5,71 13,93 32,08 24,15 25,33 10,58 9,99 7,91 1920 5,58 12,12 20,96 7,3 18,79 7,21 8,64 7,63

Grafik 13: Bundesausgaben in Millionen Franken, 1913–1920

Verwaltungs- Mobilisations- Andere Verbilligung Bekämpfung Andere Neubauten rechnung kosten militärische der Lebens- der Arbeits- Hilfsaktionen Zwecke haltung losigkeit 1913 105,8 1914 101,3 108,9 7,5 0 0 0 3,4 1915 99,5 182,9 4,6 0 0 0 2,4 1916 110,1 206 4,2 0 0 0 1,6 1917 147,2 292,7 3 0 0 0 1,2 1918 170,7 286 66 0 0,7 0 4,2 1919 245,5 144,2 0,3 152,7 6 5,6 2,9 1920 276,9 114 74,8 107,6 17,2 25,1 2,2 399 zurückzurück

Grafik 16: Neue Noterlasse zwischen dem 1. November 1918 und dem 23. Mai 1919 nach Monaten und eidgenössischen Departementen

Departe- 1918 1918 1919 1919 1919 1919 1919 Summe ment 11 12 01 02 03 04 05 EDI 1 1 2 1 2 3 10 EEA 10 8 8 11 10 12 5 64 EPD 2 1 3 EVD 11 9 10 18 24 9 10 91 FZD 1 2 2 2 2 2 11 JPD 6 2 1 1 1 2 13 PED 2 1 3 6 SMD 7 3 7 6 3 3 5 34 Summe 38 27 31 39 42 30 25 232

Grafik 18: Neue Noterlasse zwischen dem 30. Juli 1914 und dem 23. Mai 1919 nach Jahren und eidgenössischen Departementen

1914 1915 1916 1917 1918 1919 Sonstige 10 5 3 18 14 3 EDI 3 1 4 27 24 8 EEA 42 46 EPD 9 23 41 25 6 1 EVD 16 23 71 181 241 71 FZD 17 17 18 26 32 8 JPD 20 9 19 14 25 5 PED 9 9 12 12 17 5 SMD 47 50 80 136 85 24 Summe 131 137 248 439 486 171

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9 Quellen und Literatur

9.1 Ungedruckte Quellen

Die vollständige Signatur und detaillierte Angaben zu den verwendeten Dossiers und Unterlagen befinden sich in den jeweiligen Anmerkungen.

Schweizerisches Bundesarchiv (BAR)

E9#02 Finanzpolitik E21#05 Sicherung der öffentlichen Ordnung E22#2 Grundlagen der Eidgenossenschaft E27#06 Stabsdienste, Dienstzweige, Hilfsdienste. Einsatz der Armee E1004.1* Bundesrat: Beschlussprotokolle E1005#4 Protokolle des Bundesrates E1301* Nationalrat: Verhandlungsprotokolle E1401* Ständerat: Verhandlungsprotokolle E2001B* Abteilung für Auswärtiges: Zentrale Ablage E2200.40-05* Schweizerische Vertretung, London: Zentrale Ablage E4110A* Eidgenössische Justizabteilung: Zentrale Ablage E4321A* Bundesanwaltschaft: Rechtsdienst E6302A* Eidgenössische Steuerverwaltung: Wehropfer und Wehrsteuer E6351B* Oberzolldirektion: Zentrale Ablage E7350* Sekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements: Teilregis- tratur Kriegswirtschaft Erster Weltkrieg

Schweizerisches Wirtschaftsarchiv (SWA)

HS 371 Privatarchiv Fritz Mangold

Staatsarchiv Luzern (StALU)

AKT 44 Polizeiwesen zurückzurück 402

9.2 Gedruckte Quellen und Literatur bis 1945

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9.4 Online publizierte Quellen und Periodika

Detaillierte Angaben zu den verwendeten Artikeln und Daten finden sich in den Anmer- kungen.

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9.5 Gedruckte Zeitungen

Detaillierte Angaben zu den verwendeten Artikeln befinden sich in den jeweiligen An- merkungen.

Basler Nachrichten Basler Vorwärts Berliner Tageblatt Berner Intelligenzblatt Berner Tagwacht Der Bund (Bern) Centralschweizerischer Demokrat (Luzern) Le Confédéré (Martigny) Le Démocrate (Delsberg) L’Écho de Paris Gazette de Lausanne Le Genevois Le Grutléen (Lausanne) Journal de Genève Journal et feuille d’avis du Valais (Sitten) Lenzburger Zeitung La Liberté (Freiburg) Neue Freie Zeitung (Olten) Neue Zürcher Zeitung The New York Times Le Pays (Pruntrut) La Revue (Lausanne) La Sentinelle (Neuenburg) La Suisse (Genf) Die Tat (Zürich) zurückzurück 418

Le Temps (Paris) The Times (London) Volksrecht (Zürich)

9.6 Literatur

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