Wortprotokoll BildJugFam 16/61

16. Wahlperiode

Plenar- und Ausschussdienst

Wortprotokoll

Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie

61. Sitzung 24. Juni 2010

Beginn: 13.00 Uhr Ende: 16.04 Uhr Vorsitz: Christa Müller (SPD)

Punkt 1 der Tagesordnung

Aktuelle Viertelstunde

Siehe Inhaltsprotokoll.

Punkt 2 der Tagesordnung

Bericht des Senators aus der Kultusministerkonferenz bzw. der Jugendministerkonferenz

Siehe Inhaltsprotokoll.

Vorsitzende Christa Müller: Wir kommen zu

Punkt 3 der Tagesordnung

a) Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs "Aufarbeitung der Schicksale ehemaliger Heimkinder in " 0469 (auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) BildJugFam

b) Antrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion 0502 Aufklärung des Schicksals von ehemaligen Berliner Heimkindern, Fürsorge- zöglingen, Schülerinnen und Schülern – Benennung einer Anlauf- und Bera- tungsstelle für Opfer von Gewalt und Missbrauch Drs 16/3277

Dazu begrüße ich ganz herzlich unsere Gäste: Frau Ingrid Stahmer von Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen, Herrn Michael Piekara – ihn bräuchte ich gar nicht vorzustellen, er ist uns allen als Vorsitzender des Unterausschusses Hilfen zur Erziehung und Familienpolitik beim Landesjugendhilfeausschuss wohl bekannt

Redaktion: W. Schütz, Tel. 2325 1461 bzw. quer (99407) 1461

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 2 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

– und Herr Prof. Manfred Kappeler von der Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder. – Herzlich willkommen und herzlichen Dank, dass Sie uns mit Ihrer Fach- und Sachkenntnis zur Verfügung stehen!

Es wird die Begründung gewünscht, ist mir signalisiert worden. – Frau Dr. Barth, bitte!

Dr. Margrit Barth (Linksfraktion): Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Wir haben uns im Zu- sammenhang mit den Ereignissen am Canisius-Kolleg mit den Fällen befasst, und spätestens zu diesem Zeit- punkt ist uns klar geworden, dass wir bei diesem Thema auch auf die Geschichte der Heimkinder der 40er bis in die späten 70er zurückblicken müssen. Wir haben dazu in der letzten Plenarsitzung einen Antrag ein- gebracht, der Ihnen vorliegt. Wir sind als Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses von der Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder und Unterstützerinnen schriftlich auf die Notwendigkeit von Lö- sungsvorschlägen für die Rehabilitation und Unterstützung hingewiesen und gebeten worden, im zuständigen Ausschuss zu einer öffentlichen Anhörung aufzufordern.

Eine dritte Bemerkung: Wir sehen uns auch in der Pflicht, weil auf der Bundestagsebene mit der Gründung des Runden Tisches Heimerziehung die Länder aufgefordert wurden, sich der Verantwortung zu stellen, und in diesem Zusammenhang hat sich natürlich auch Berlin mit den ganz besonderen Bedingungen, die wir hier haben, zu befassen. Wir freuen uns schon heute sehr, dass wir mit der Gewinnung der Anzuhörenden Fach- leute aus der Jugendhilfe haben, die die besondere Situation in der Jugendhilfe gerade in dieser Zeit sehr genau analysieren können und kennen. Wir erhoffen uns heute von der Anhörung, dass wir für unseren An- trag, den wir im Plenum eingebracht haben, den einen oder anderen Hinweis weiterhin mitnehmen können. Die Fragen würde ich dann in der zweiten Runde stellen.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank, Frau Dr. Barth! – Frau Jantzen, bitte!

Elfi Jantzen (Grüne): Kurzer Hinweis: Bei der Begründung hätten Sie nach a) und b) vorgehen sollen, aber ich will hier nicht vor den Anzuhörenden streiten. Ich freue mich jedenfalls, dass es doch noch vor der Sommerpause gelungen ist, dass wir das Thema hier im Ausschuss auf der Tagesordnung haben und die Anhörung durchführen können, die ja auf unseren Antrag hin durchgeführt wird. Ich freue mich auch, dass die verschiedenen Aktivitäten auch der Gruppe um die ehemaligen Heimkinder dazu geführt haben, dass die Koalition einen Antrag zum nächsten Mal eingebracht hat, der zu beurteilen ist. Wie wir ihn qualifizieren können, darüber können wir sicherlich noch nach der Anhörung sprechen. Mich interessiert vor allem – ich denke, das gilt für uns alle –, was das Land Berlin inzwischen getan hat, um Akten sicherzustellen, um die Betroffenen zu begleiten und dabei zu helfen, ihre eigene Geschichte, die Wege ins Heim und die Erfahrun- gen in den Heimen aufzuarbeiten, wie weit Berlin die Ostperspektive schon einbezogen hat oder einbeziehen sollte und wie wir die Arbeit des Runden Tisches von Berlin aus besser Unterstützen können, obwohl da nicht mehr viel zu tun ist, weil es bis zum Jahresende den Abschlussbericht gibt, und inwieweit von hier aus Hinweise in die Beratung zum Runden Tisch oder zur Bundesebene gehen können, was die Entschädigung angeht. Dafür sind wir nicht direkt zuständig, aber ich denke, wir sollten uns im weiteren Verlauf der Dis- kussion dazu eine Meinung bilden. Ich bin sehr gespannt auf und dankbar für die Ausführungen, die die An- zuhörenden machen werden. – Vielen Dank!

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank, Frau Jantzen! – Bevor wir mit der Anhörung beginnen, noch mal die Feststellung, dass es bei Anhörungen üblich ist, ein Wortprotokoll zu fertigen. Ich gehe davon aus, dass das auf Ihre Zustimmung trifft. Das ist der Fall. – Dann bitte ich Sie, zu beginnen. Wenn Sie keine be- sonderen Vorlieben haben, möchte ich Herrn Prof. Kappeler bitten, die Runde zu eröffnen!

Prof. Manfred Kappeler (Institut für soziale Fragen): Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsit- zende! Ich bedanke mich für diese Einladung. Ich bin gern gekommen. Zunächst ein paar Sätze zu meinem Hintergrund: Ich bin 1960 als junger Erzieher in die Heimerziehung gegangen und habe mich in den 60er und 70er Jahren überwiegend mit der Heimerziehung befasst, als Gruppenleiter, als Heimleiter in einem Heim hier in Berlin, als Aus-, Fort- und Weiterbildner für Erzieher und Erzieherinnen. Ich habe die berufs- begleitende Erzieherausbildung des Berliner Senats in den Jahren 1968, 1969 geleitet. Ich habe in Berlin die Heimkampagne mit initiiert, die zur Skandalisierung und Veröffentlichung der Verhältnisse in den Heimen geführt hat, und ich habe später als Universitätsprofessor am Institut für Sozialpädagogik in diesem Bereich Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 3 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - auch gelehrt und geforscht. Ich blicke also auf eine fünfzigjährige Beschäftigung mit diesem Thema zurück. Ich bin seit fünf Jahren emeritiert und jetzt im Rahmen von bürgerschaftlichem Engagement in verschiede- nen Fachorganisationen tätig, aber auch in der Unterstützung der Initiative der ehemaligen Heimkinder, über die wir heute sprechen.

Ich habe mir überlegt, was ich in diesen fünf Minuten Sinnvolles sagen kann – vieles wird dann in der Frage- runde zur Sprache kommen –, und bin zu dem Schluss gekommen, Ihnen einige Zitate aus der Situation um 1969, 1970 vorzulesen, und zwar aus Berichten der damaligen Berliner Heimaufsicht des Senators für Ju- gend und Sport, wie die Behörde damals hieß, und aus einem Brief einer Ehemaligen, die hier in Berlin in einem staatlichen Kinderheim gelebt hat.

Ich beginne mit einem Zitat aus einem Bericht von Peter Wiedemann, der von 1969 bis 1975 in der Heim- aufsicht des Berliner Senats tätig war. Ich erinnere mich an große Festungen, an Mauern und an Stacheldraht, an Gitter, die regelmäßig nach- zusehen waren, ob sie noch haltbar sind. In allen Heimen gab es Pförtner, die ohne Nachweis keinen rein- oder rausließen. Da waren die Zellen, die Bunker, die zum Teil keine Toiletten hatten. Die Kin- der und Jugendlichen mussten sich durch Klingeln bemerkbar machen. Manche Heime waren in Bara- cken untergebracht. Schlimmer noch empfanden wir diesen riesigen Neubau des Hauptkinderheims, wo mehr als 400 Kinder, auch Säuglinge, untergebracht waren. Ein klinischer Bau, ein Labyrinth, wo man nicht so recht den Ein- und Ausgang fand, wo Sachbeschädigungen, Bambulen der Kinder keine seltenen Ereignisse waren. Fast überall waren die Bauten und Räume in einem furchtbaren Zustand. Es gab kaum Wohneinheiten. Die Versorgung war weitestgehend zentralisiert. Ich erinnere mich an die antiquierten Werkstätten, den 20-Pfennig-Stundenlohn, an die Macht der Diagnostiker und Gutachter, die tatsächlich glaubten, man könne die Kinder in eingesperrter Situation authentisch erleben und ih- nen näher kommen. Ich sehe vor mir unsichere, devote, distanzierte Erzieher im Büro sitzen, die vie- len Schlüssel, das Auf- und Zusperren, die Dienstbücher, Wäschebücher, Entweichungsbücher, Straf- bücher, die Bücher für besondere Vorkommnisse. Es gab auch blau-grüne Anstaltskleidung. Exempla- risch für dieses Zurichten in den Heimen waren Strafen wie Einsperren, Lohnentzug, Taschengeldent- zug, Ausgangssperre, zwangsweises Haarschneiden, Bartschneiden, der morgendliche Appell. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre nahmen die Sachbeschädigungen in den Heimen und die tätlichen Angriffe von Jugendlichen und Kindern auf Erwachsene zu. Ein furchtbares Kapitel waren die zwangsweisen Untersuchungen der entwichenen Mädchen auf Geschlechtskrankheiten. Im Hauptpfle- geheim stürzten sich verzweifelte Mädchen aus dem Fenster. Unsere Arbeitsbelastung war unbe- schreiblich. So weit Peter Wiedemann, stellvertretender Leiter der Heimaufsicht des Berliner Jugendsenats 1970/71.

Ich lese Ihnen jetzt ein Zitat aus dem Brief einer Ehemaligen aus einem staatlichen Berliner Kinderheim vor: Ich wurde 1956 in Berlin als Tochter einer Prostituierten geboren. Nur allein diese Tatsache bestimmte unmittelbar für 17 Jahre mein Schicksal in unterschiedlichen Heimen, mittelbar mein ganzes Leben. Mit der Heimeinweisung gleich nach meiner Geburt sind mir jegliche Möglichkeiten einer eigenstän- digen, chancengleichen Entwicklung als Säugling, Kleinkind und später als Jugendliche gerade in die- ser Zeit 1956 bis 1973 genommen worden. Im Wesentlichen kann ich mich an Aufenthalte in zwei Heimen erinnern: Kinder- und Erziehungsheim Schloss Ruhwald in Charlottenburg und Mädchen- wohnheim in der Königsallee in Grunewald. Bis zu meinem 13. Lebensjahr wurden mir die Haare ge- schoren. Kontakt zu anderen Kindern und Mitarbeitern wurde nicht nur untersagt, sondern durch diese besondere Kennzeichnung auch von vornherein so gut wie ausgeschlossen. Ich erinnere mich noch heute ganz genau an eine Reinigungskraft, für mich Tante Merse, die mir heimlich, eigentlich unter Strafandrohung, im Keller Häkeln und Lesen beibrachte. Leider war es nur eine sehr kurze Zeit, denn Tante Merse wurde entlassen. Natürlich gehe ich davon aus, dass es mit mir bzw. damit zu tun hatte, dass sie sich zu sehr um mich kümmerte. Zum Beispiel hat mir die Heimleitung sogleich eine Puppe und zwei Kleider von Tante Merse weggenommen, gehäkelte Kleider, ein rot-weißes und ein blau- weiß gestreiftes. Warum nur? Jahre später versuchte ich, sie ausfindig zu machen, um mich für und die Menschlichkeit, die ich so zuvor nie erlebt habe, zu bedanken. Es war nicht möglich, über Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 4 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

unterschiedliche Ämter ihren Namen und ihre Adresse herauszufinden, was mich bis zum heutigen Tag belastet.

Die Tage im Heim liefen immer gleich ab: Früh aufstehen, Tabletten einnehmen, für alle Frühstück machen, abwaschen, Schuhe putzen, Tisch decken, Kartoffeln schälen, mitunter abends den Erziehern Hähnchen vom „Wienerwald“ holen, das heißt zwei Kilometer hin und zwei Kilometer im Dunkeln durch einen Park zurücklaufen. Viele Nächte musste ich im Bad verbringen. Mir wurde der Schlaf entzogen. Oft saß ich im Isolierzimmer. Ich hatte kein Spielzeug, keine Kinderfotos von mir, keine Identität. Ich wurde nie mit meinem Namen angesprochen. Das erste Foto zeigt mich, als ich 17 war. Mein Leben davor ist ausgelöscht. An allen Feiertagen und besonders Weihnachten war es am schlimmsten für mich, denn ich war von allem ausgeschlossen. Andere Kinder bekamen Geschenke, durften verreisen, ich nicht. Ich wurde von vornherein auf eine Sonderschule geschickt und auch dort ausgeschlossen. Ich kam oft zu spät, da ich im Heim erst den Abwasch machen musste, bevor ich in die Schule durfte. Mit der 7. Klasse musste ich die Schule verlassen. Ich durfte nicht in die Kirche ge- hen, bin weder getauft noch konfirmiert. Mein Leben im Schloss Ruhwald war von Anfang bis zum Ende von Angst geprägt, nur immer Angst, da ich immer für alles die Schuld bekam. Es waren vier Erzieher, die besonders schlimm zu mir waren. Ich werde ihre Gesichter nie vergessen. Eine schuli- sche oder berufliche Ausbildung wurde mir nie ermöglicht.

Diese Frau berichtet in diesem Brief auch über die Folgen, die diese Erfahrungen für ihr weiteres Leben hat- ten. Das will ich jetzt nicht vorlesen. Wir werden in anderen Zusammenhängen sicher noch Gelegenheit ha- ben, uns diese Berichte genauer anzuhören.

Ich schließe mit einem Zitat von Martin Bonhoeffer, dem Leiter der Berliner Heimaufsicht. Er ist sicher ei- ner der wichtigsten Zeugen für die Verhältnisse in der Kinder- und Jugendhilfe in der Heimerziehung bis weit in die 70er Jahre. Er war Erziehungswissenschaftler, Sozialpädagoge im Range eines Regierungsdirek- tors und er war der Leiter der von den obersten Landesjugendbehörden der Bundesrepublik eingesetzten Kommission „Heimerziehung“, die in den 70er Jahren ihren wegweisenden Bericht veröffentlicht hat, der zur Reform des Kinder- und Jugendhilferechts Wesentliches beigetragen hat.

Vorsitzende Christa Müller: Vielleicht können Sie mit diesem Zitat die nächste Runde beginnen. Dann haben Sie in Ruhe Zeit, zu suchen, und ich möchte jetzt Frau Stahmer das Wort geben.

Ingrid Stahmer (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen): Herzlichen Dank, Frau Vorsitzende! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich dachte, es überbrückt die Ergriffenheit, die ich aus dem Bericht hatte, den ich auch nicht kannte. Aber es schafft es doch nicht ganz.

Ingrid Stahmer, seit 1965 in Berlin, 20 Jahre fachliche Sozialarbeit, Familienfürsorge, Kindertagesstättenar- beit und Ähnliches, dann 20 Jahre politische Arbeit, Sozialstadträtin in Charlottenburg, auf der Senatsebene zehn Jahre Bürgermeisterin und Senatorin für Gesundheit, Soziales, Schule, Jugend und Sport, aber nachein- ander in Abständen. Manche von Ihnen kennen mich noch.

Seit 1990 bin ich Vorstandsvorsitzende des DZI. Das kam mit dem Sozialsenatorinnenamt und wurde mir freundlich mitgegeben, als ich 2000 aus dem Senat ausschied, nicht ohne dass danach die Finanzierung die- ses Instituts infrage gestellt wurde. Aber es wurde dann doch noch mal gerettet. In dieser Eigenschaft bin ich wahrscheinlich in diese Position heute gekommen, denn ich habe im Februar ein Editorial für dieses Sonder- heft „Soziale Arbeit“ geschrieben, das vorbereitet war, bevor Canisius und die ganze Frage Internatserzie- hung – alles: katholisch, evangelisch, öffentlich bis Odenwaldschule – losbrach. Ich hatte damals, abgesehen davon, dass ich öfter schon mal ein Editorial für unsere Fachzeitschrift geschrieben habe, den absoluten Wunsch, hier etwas zu schreiben, weil ich fand, dass sich die Republik in einer Geschwindigkeit für Kinder und Jugendliche mit immerhin einem vorhandenen familiären Hintergrund – so will ich es mal sagen –, die Internate in Schulen und Ähnliches kamen –, in einer Lautstärke erregte, die, was den Heimkindern in den drei Jahren, die sie mit dem Petitionsausschuss des Bundestages und mit dem Durchringen, überhaupt etwas über ihre Zwangssituation zu sagen, verbracht hatten – – Ich fand, dazu mussten wir als ein Archiv der sozia- len Arbeit, das sich auch in seinen fast 120 Jahren Existenz als ein lebendiges Gewissen der sozialen Arbeit Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 5 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - verstanden hat, etwas sagen. Das habe ich in diesem Vorwort getan. Ich hatte auf die Anfrage, möchte ich Ihnen etwas schriftlich schicken, gesagt: Dieses Vorwort könnte eine Unterlage sein – und war dann auf die Idee gekommen zu fragen: Darf ich das Sonderheft mitbringen, damit Sie es alle in der Hand haben? – Das war eben ein bisschen unpassend, Frau Vorsitzende. Ich bitte um Vergebung, dass das so verteilt wurde. Ich wollte es eigentlich nur hinlegen, aber eine hilfreiche Hand hat es verteilt, was auch ganz schön ist. Aber ich hätte mir es als Vorsitzende nicht ganz so gewünscht. Deshalb sage ich das jetzt.

Das, was wir dort dokumentieren konnten, läuft immer wieder darauf hinaus, dass die Reaktion der Men- schen ist: Na ja, das sind diese bedauerlichen Einzelfälle, und im Übrigen sind wir in den 50er, 60er und 70er Jahren auch alle verkloppt worden, und die Autorität, auch die Missbräuche in den Familien sind immer noch beklagenswert. – Ich finde hier vor allen Dingen wichtig, dass wir sehen, dass die Jugendhilfe in der auch gesetzlich so vorgesehenen, geradezu grundgesetzlich so vorgesehenen staatlichen Gesamtverantwor- tung für die Jugendhilfe – – Das heißt, das staatliche Wächteramt nach Artikel 6 Grundgesetz hatte die öf- fentliche Jugendhilfe. Wir müssen in Berlin sehen, dass 70 Prozent der Einrichtungen öffentliche Einrichtun- gen waren, etwa 30 Prozent – nur grob gerechnet – Einrichtungen freier Träger. In den Flächenländern der Bundesrepublik, immer weiter nach Süden, wird es anders herum. Diese Gesamtverantwortung der öffentli- chen Jugendhilfe muss sich nun in eine Verantwortung für die Aufklärung dessen wandeln, was damals ge- schehen ist, und in eine Verantwortung für die Begleitung des Lebensweges dieser Menschen, die dieses erlitten haben. Die Jüngsten, soweit ich es gehört habe, sind zurzeit 45 und die Älteren 71. Die haben auch noch Leben vor sich, sie brauchen Hilfe. Das bewegt mich vor allen Dingen hier. Dass es einen autoritären Zeitgeist gab, dass Kinder keine eigenen Rechte im Gefühl der Menschen hatten, hat verwischt, dass die öffentliche Jugendhilfe durchaus nach 1945, insbesondere 1949 mit der Gründung der AGJ, den Auftrag hatte, die Kontinuität der KZs, der Heimerziehung, all dieser absoluten Menschenrechtsverletzungen für Erwachsene und für Kinder, die wir dort eben früher immer nicht gesehen haben, unterbrochen werden soll- te. Das war schon 1949 sehr klar, und dennoch entsprach die Praxis in den Erziehungsheimen, in diesen In- stitutionen keineswegs diesen Ansprüchen einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Ein weiterer Punkt, auf den ich aufmerksam machen möchte, ist, dass wir in Berlin die Einzigen sind, die gemeinsam mit den Ostberlinern und den Menschen aus der DDR dieses aufarbeiten; „zuu verantworten“ – da habe ich kurz gestoppt, da hat wahrscheinlich doch jeder seines zu verantworten. Aber die Aufarbeitung und das gemeinsame etwas für die Zukunft anders machen, obliegt uns hier in Berlin. Es gibt einen interes- santen Artikel von Manfred Kappeler vom vergangenen Jahr aus dem Forum „Erziehungshilfe“, wo er diese beiden Erziehungssysteme in ihren Menschenbildern vergleicht, wo er herausfindet: Es sind schließlich iden- tische Menschenbilder, die in dieser Zeit in den jeweils unterschiedlichen politischen Systemen gearbeitet haben. – Man hat bisher bei der DDR immer eher nur auf das politische Zwangssystem geguckt, nicht aber auch auf das unterschiedliche System in der Behandlung der Menschen, das sich dann in erschreckender Weise mit dem autoritären System in der freiheitlich-demokratischen Ordnung seit 1949 wiedertrifft. Das heißt also, Kindern und Jugendlichen ist Unrecht angetan worden, obwohl diese Häuser, zum Beispiel das von Wichern, Rettungshäuser hießen. Diese Kinder hatten ein ganz schwieriges Familienleben, Leben über- haupt, keine Anker, gar nichts, und sollten in Rettungshäusern gerettet werden. Das, was ihnen dort passiert ist, wird jetzt aufgeklärt, ist am Runden Tisch aufgeklärt worden, und ich denke, dass es gut ist, dass sich auch einzelne Länder wie Berlin jetzt überlegen, was sie tun können und Sie als Abgeordnete daran heftig mitarbeiten. Das DZI als dieses historische Institut für alle Sozialarbeit ist gern bereit, dabei mitzuhelfen.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank, Frau Stahmer! – Herr Piekara, bitte!

Michael Piekara (Vorsitzender des UA HzE im Landesjugendhilfeausschuss): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Vorsitzende! Ich denke, dem von Manfred Kappeler verlesenen Einzelschicksal ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Nichtsdestotrotz möchte ich gern versuchen, den derzeitigen Diskussions- stand zu dem Anliegen der Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder und Unterstützer zu beschrei- ben, aber auch kurz auf den vorliegenden Antrag der SPD- und der Linksfraktion eingehen.

Die Forderung der Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder nach Aufklärung der Westberliner Heimerziehung der 50er, 60er und auch 70er Jahre, nach Aktenbestandssicherung, nach Akteneinsicht zur Rekonstruktion der Biografien der Betroffenen und nach fachlicher Begleitung für die Betroffenen in Berlin Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 6 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - findet es sowohl die Zustimmung der öffentlichen als auch der freien Träger der Jugendhilfe. Ich denke, es ist wichtig, das auch hier in diesem Rahmen zu sagen, um in der nachfolgenden Diskussion konkret auf die Umsetzungsmöglichkeiten einzugehen.

Insbesondere die freien Träger der stationären Jugendhilfe in Berlin waren und sind über ihre Verbände in die Diskussionsprozesse des Runden Tisches bereits intensiv eingebunden und beteiligen sich auch an den weiteren Diskussions- und vor allen Dingen Umsetzungserfordernissen.

Konsens besteht auch in der Frage, dass dieses Anliegen auf für die betroffenen Einrichtungen des Ostteils der Stadt in der ehemaligen DDR gelten muss. Das heißt, wir können uns in Berlin nicht nur auf die Aufar- beitung der Westeinrichtungen beschränken.

Zu Fragen der konkreten Umsetzung wird der Landesjugendhilfeausschuss nach Möglichkeit die inhaltliche Abstimmung mit der Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder und ihrer Unterstützer noch vor der Sommerpause beginnen.

Nun zu dem vorliegenden Antrag: Ich denke, der vorliegende Antrag der SPD- und der Linksfraktion nimmt die bisherigen Forderungen auf. Bei der Einrichtung der geplanten zentralen Anlauf- und Beratungsstelle halte ich es für zwingend, einen besonderen Schwerpunkt auf die fachlich qualifizierte Begleitung Betroffe- ner zur Aufarbeitung ihres erlittenen Unrechts zu legen. Dies sollte durch entsprechend qualifiziertes Perso- nal erfolgen. Der im Antrag befindliche Ansatz der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Berliner Heimerzie- hung der 40er bis 70er Jahre unter dem Aspekt der Ermittlung von Bedingungszusammenhängen, welche Missbrauch und Gewalt unter institutioneller Aufsicht und Obhut erst möglich gemacht haben, ist für die Gestaltung der zukünftigen Hilfepraxis sehr zu begrüßen. Wichtig scheint mir, dass die bereits vorhandenen Ressourcen und vor allem Dokumente aus der Berliner Heimkampagne Ende der 60er, Anfang der 70er Jah- re hierfür genutzt werden. Ich denke, alle Ressourcen, die bereits existieren, sind hierfür zu nutzen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Ich freue mich auf Ihre Fragen.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank, Herr Piekara! – Ich eröffne die Aussprache, und Sie haben Ge- legenheit, Fragen zu stellen. Wie üblich erfolgt unsere Fraktionsrunde nach der Stärke der Fraktionen. – Bit- te, Frau Scheeres!

Sandra Scheeres (SPD): Vielen Dank! – Ich habe verschiedene Fragen. Zum einen ist angesprochen wor- den, dass es auf Bundesebene den Runden Tisch gibt. Der existiert schon seit über zwei Jahren, und der Grund war, dass vielfältige Petitionen von Betroffenen in den eingebracht worden sind. Gott sei Dank wurde so etwas eingerichtet, dass man sich auch damit befasst und darüber austauscht. Der Runde Tisch hatte bestimmte Zielsetzungen: Anlaufstelle zu sein, sich auszutauschen, über Entschädigungsleistun- gen zu diskutieren. – Der Runde Tisch hat den Ländern einen Auftrag gegeben, man muss auch in den Län- dern schauen.

Mich würde interessieren: Gibt es Punkte, die im Rahmen des Runden Tisches nicht geklärt worden sind, unabhängig davon, wenn man eine Evaluation im Land machen würde? Wo würden Sie sagen: Das wären Punkte, die man noch in Berlin diskutieren müsste, die dort nicht geklärt worden sind? Wie schätzen Sie insgesamt die Arbeit dieses Runden Tisches ein? Das würde mich auch interessieren. Da sind die unter- schiedlichen Institutionen – Länder, Betroffene usw. – vertreten. – Das ist der eine Punkt. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 7 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

Zu unserem Antrag: Herr Piekara hatte schon etwas dazu gesagt, eine Bewertung vorgenommen. Wir wollen hier eine Anlaufstelle einrichten. Wie finden Sie das? Wie sollte diese ausgestaltet sein?

Mich würde der Unterschied zwischen Frauen und Männern interessieren, die betroffen sind. Benötigt man unterschiedliche Herangehensweisen, was das Thema angeht?

Zum Thema wissenschaftliche Aufarbeitung sind schon Dinge angesprochen worden, die wissenschaftlich bearbeitet werden müssten. Wie stellten sich die Bedingungszusammenhänge dar? Das war auch ein Thema, und es ist ganz klar, dass das keine Entschuldigung für die Dinge ist, die passiert sind, aber dass eine Darstel- lung von Fällen stattfindet. Was ich wichtig finde und worauf Sie eben nicht eingegangen sind, sind die Fol- gen für die Betroffenen, denn das begleitet sie ihr ganzes Leben, und nicht nur für sie selbst, sondern auch wenn sie eine Familie gründen, begleitet das die Familie. Ich finde, dass man das im Blick haben muss, auch wenn man Bewertungen für die Zukunft vornimmt und für die Schlussfolgerungen für die Hilfen zur Erzie- hung und für die zukünftige Arbeit im Bereich Kinderschutz usw. Gibt es noch weitere Punkte, die Sie im wissenschaftlichen Bereich sehen, die man noch aufgreifen müsste? – Das war es jetzt erst mal.

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Frau Scheeres! – Wer spricht für die CDU? – Frau Demirbüken- Wegner, bitte!

Emine Demirbüken-Wegner (CDU): Es ist sehr schwer, zu diesem schwierigen Thema die richtigen Worte zu finden. Wir haben im Vorfeld Ihren Bericht, Herr Prof. Kappeler, gelesen. Auch da ist es sehr schwierig, nüchtern und sachlich zu bleiben. Viele Fragen hat man, aber ich würde gern von Ihnen erfahren: Das Spekt- rum ist inhaltlich sehr weit gefasst. Es greift bis ins 21. Jahrhundert, nur in einer unterschiedlichen Art und Weise, wie wir sie heute erleben. Können Sie vielleicht zu dem Entwicklungsstand der 50er, 60er, 70er, 80er, 90er Jahre sagen, wie die Entwicklung in den Dekaden gewesen ist? Gibt es in den Verhaltensweisen eine unterschiedliche Entwicklungsform? Hat sich etwas geändert, insbesondere nachdem diese ganze Schi- kane in die Öffentlichkeit geraten ist? Ist in den Dekaden etwas passiert, und welche strukturellen Verände- rungen hat das Ganze mit sich gebracht? Die Opfer auf der einen Seite, aber was ist im Bereich der Täter- schaft in den Strukturen passiert? Das würde mich interessieren.

Zu meinen Kollegen, zum Antrag, den wir selbstverständlich unterstützen, habe ich nur Verständnisfragen zu stellen. Ich würde gern von den drei Experten hören wollen: Wie ist dieser Antrag einzustufen? Ist das eine Aufarbeitung der Historie, was in den vergangenen Jahren so passiert ist? –, weil für uns alle – da bin ich mir sicher – der sexuelle Missbrauch als solcher ein sehr tiefes und umgreifendes Feld ist. Oder geht es auch um die Zielsetzung, die Situation der gesellschaftlichen Einstellung zu verändern, also auch in Bezug auf Kinder ohne Eltern, schwer erziehbare Eltern? Es gibt auch gesellschaftliche Einstellungen dazu, wie mit Kindern umgegangen wird, die keine Eltern haben, oder wie Herr Prof. Kappeler gesagt hat, ein junges Mädchen, das eine Prostituierte als Mutter hat. Ihre Situation ist ja in solchen Einrichtungen heute eine nicht gravierend andere als vor 40 Jahren. Wenn dem so sein sollte, würde ich mich sehr freuen, aber eine Abstempelung gibt es auf unterschiedliche Art und Weise.

Die dritte Frage für mich wäre in der Antragstellung: Wir behandeln hier im Ausschuss auch das Thema Kindesmissbrauch. Zielt dieser Antrag auch ein bisschen in die Richtung: Wie geht man mit Kindesmiss- brauch in Einrichtungen um, wo es diese sozialen Problematiken gibt, wie wir sie Gott sei Dank in nicht so extremster Form haben wie in den Jahren, aus denen Herr Prof. Kappeler berichtet hat? In welche Richtung geht der Antrag? Das ist für mich die Verständnisfrage, aber auch eine Verständnisfrage an die Experten, die diesen Antrag dementsprechend bewerten können.

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Frau Demirbüken-Wegner! – Frau Jantzen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen!

Elfi Jantzen (Grüne): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich möchte mich zunächst bei den Anzuhörenden bedanken und die Gelegenheit nutzen, mich bei den ehemaligen Heimkindern zu bedanken, die mit viel Mut und Engagement dafür gesorgt haben, dass dieses Thema in der Gesellschaft überhaupt den Stellenwert hat, Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 8 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - denn es jetzt hat. Das ist wichtig, denn es sind welche anwesend. Also, an Sie meine Hochachtung und herz- lichen Dank!

Die Schilderung des Einzelschicksals durch Herrn Kappeler hat auch mich sehr betroffen gemacht. Ich habe mich seit anderthalb Jahren sehr viel damit beschäftigt, auch schon mehrere Berichte gelesen und bin immer wieder entsetzt, dass das in einer Zeit vorkommen konnte, in der auch ich jung war. Also, uns allen hätte das passieren können, und ich habe Freundinnen, die in Heimen untergebracht waren. Sie haben das immer er- zählt, aber irgendwie hat man es nicht ernst genommen, was letztendlich wirklich dahinter steckt. Wir wissen alle, dass das Weißbeckerhaus da ist. Irgendwie macht es mich betroffen, wie man das ausblendet, wie es jeder Einzelne ausgeblendet hat und wie die Gesellschaft insgesamt das ausgeblendet hat. Die Schilderung hat mir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass wir diese traumatischen Folgen und die Erfahrungen ernst nehmen und den betroffenen Menschen bei der Bewältigung und bei der Aufarbeitung helfen.

Der Berliner Senat hat – was Aktensicherung angeht – bereits Maßnahmen ergriffen, und es gibt eine Stelle, die bereits die Betroffenen bei der Aufarbeitung ihrer individuellen Leben begleitet. So ist es uns jedenfalls vermittelt worden. Da geht meine Frage an die Anzuhörenden: Denken Sie, es reicht aus, was da passiert ist, soweit Sie das mitbekommen haben? Haben Sie Erfahrungen mit der Stelle, mit der Aufarbeitung, mit den Ämtern? Wird das so unterstützt, wie es wünschenswert ist? Wo sehen Sie hauptsächlich noch Handlungsbe- darf?

Herr Piekara hat darauf hingewiesen: Die Verbände und Träger der Einrichtungen sind am Runden Tisch beteiligt. Die Fragen der Rehabilitation und Unterstützung werden da meines Erachtens ganz gut aufgearbei- tet und geklärt werden, aber die ganze Frage der Entschädigung ist ein völlig offenes Feld. Wie stehen Sie dazu? Welche Vorschläge hätten Sie, auch wenn es nicht unser originärer Bereich ist – aber wir haben Kon- takte zu unseren Bundestagsfraktionen? Ich denke, was wirklich wichtig ist: Die Vorfälle am Canisius- Kolleg, der Odenwaldschule und anderen Einrichtungen haben sehr deutlich gezeigt, dass Machtmissbrauch und damit Gewalt und Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in geschlossenen Systemen nach wie vor möglich ist und auch passiert. Deswegen ist mir insbesondere der Aspekt wichtig: Welche Lehren ziehen wir daraus, um für die Zukunft besser zu verhindern, dass das passiert? Also, was Aufsicht und diese Sachen angeht. Der Blick zurück ist der eine, der ist wichtig, aber mir liegt sehr daran, wirklich zu verhindern, dass in Zukunft weitere Kinder und Jugendliche in welcher Form auch immer in solchen Einrichtungen das glei- che Schicksal erleiden.

Noch kurz zum Antrag: Es ist bereits deutlich geworden, dass wir den Ostteil einbeziehen müssen. Ich denke – was so im Antrag nicht steht –, wir müssen auch die Unterbringung in Heimen außerhalb einbezie- hen müssen, die von Berlin aus passiert sind. Das können wir schon mal festhalten, auch wenn wir heute sicher nicht darüber beschließen. Aber es wäre gut, beim Antrag zu gucken, ob es von Ihrer Seite noch Er- gänzungen gibt, die wir für die Beschlussfassung mit hinzunehmen können.

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Frau Jantzen! – Für die Linksfraktion Frau Dr. Barth, bitte!

Dr. Margrit Barth (Linksfraktion): Ich möchte mich auch bei Ihnen herzlich für die Worte, die Sie gespro- chen haben, bedanken, und ich möchte mich auch bei den ehemaligen Heimkindern bedanken, dass sie den Mut hatten, jetzt darüber zu sprechen und diese Dinge öffentlich zu machen!

Ein paar Fragen: Herr Prof. Kappeler! Ist es denn möglich, ein paar seriöse Zahlen zu bekommen? Bei den Heimen im West- und denen im Ostteil will ich gar keinen Unterschied machen. Ich nehme an, dass das zum jetzigen Zeitpunkt noch schwieriger ist. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie vielleicht etwas dazu sagen.

An alle im Podium die Frage: Welche Hilfestellungen müssten wir denn im Land Berlin weiterhin anbieten, um den Betroffenen zu helfen und ganz besonders, um den Betroffenen nach Ihren Akten zu helfen? Ich weiß nicht, ob sie alle irgendwo zentral lagern oder ob sie in den Bezirken sind. Vielleicht können Sie dazu etwas sagen.

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 9 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

Dritte Frage: Wir haben im Land Berlin eine ziemlich gute Struktur im Zusammenhang mit Kinderschutz. Frau Demirbüken-Wegner hat das Wort genannt. Diese Fragen spielen hier herein und bewegen uns sehr, weil es auch eine Frage des Kinderschutzes ist. Welche bestmögliche Hilfe- und Beratungsstruktur müssten wir denn im Land Berlin sichern, damit so etwas nicht mehr passiert?

An Frau Stahmer habe ich eine ganz besondere Frage. Sie haben in Ihrem Vorwort geschrieben, dass die Anerkennung der Misshandlung als systematische Menschenrechtsverletzung von Ihnen bezeichnet wurden. Ich frage Sie einfach mal: Welches Bewertungssystem haben Sie dazu ausgewählt?

An alle: Was müssen wir von den Strukturen her machen, dass diese Vorfälle, die sich nicht nur in Heimen, sondern auch in Schulen vollzogen haben, und was müssen wir politisch absichern, damit solche furchtbaren Sachen hier in Berlin nie wieder passieren?

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Frau Dr. Barth! – Frau Senftleben für die FDP!

Mieke Senftleben (FDP): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Auch vielen Dank an Sie, dass Sie uns heute berichtet haben. Auch mich hat der Bericht sehr berührt, Herr Prof. Kappeler.

Ich habe ein paar Fragen, will es aber kurz machen. Wir haben den Runden Tisch auf Bundesebene. Den haben wir seit Januar 2009, glaube ich, eingerichtet. Also gut anderthalb Jahre existiert er, glaube ich. Nach zweijährigem Hin und Her durch den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ist er endlich eingerich- tet worden. Klar muss man das hier sagen. Ist es absehbar, dass dieser Runde Tisch irgendwie mit Ergebnis- sen – Entschädigungen usw. – an die Öffentlichkeit tritt? Ist dieser Zeitpunkt in etwa absehbar, oder könnte sich das zu einer unendlichen Geschichte ausdehnen? Wenn es absehbar ist: Sollten wir nicht auf Berliner Ebene die Ergebnisse des Runden Tisches abwarten, um dies dann konkret auf Berlin herunterzubrechen? Oder macht es Sinn – Berlin und Bund – zweigleisig zu fahren? Das wäre meine erste Frage.

Die zweite Frage bezieht sich auf die Forschung. In dem Antrag wird gefordert: Eine wissenschaftliche Er- forschung der Verhältnisse in Berliner Heimen ist zu unterstützen. Soweit wir informiert sind, ist ja geforscht worden oder man ist dabei zu forschen. Was können Sie als Forscher mir noch sagen, was zusätzlich er- forscht werden muss?

Ich glaube, Frau Scheeres sagte es vorhin. Die Opfer: Frauen, Männer, Jungen, Mädchen. Wie ist es mit den Tätern? Das würde mich auch interessieren. Gibt es dazu Zahlen? Gibt es Aussagen zu Männern und Frauen?

Zum Thema Ost/West: Der Runde Tisch auf Bundesebene nimmt ja die Ostproblematik völlig heraus, soweit ich informiert bin, weil sie es damit begründen, dass es andere Verhältnisse sind. Sie sagen für Berlin: Wir betrachten beides. Können Sie uns sagen, warum der Bund hier anders agiert als Berlin? Das muss ja Gründe haben. Wo sehen Sie persönlich Unterschiede in der Ost- oder West-Heimerziehung in den 50er, 60er, 70er Jahren? – Das fände ich wichtig.

Als letzte Frage: Mich würde Ihre Positionierung zu diesem Sich-zurückgesetzt-Fühlen der Heimkinder im Vergleich zu den Missbrauchsfällen, was die Heimkinder jetzt beklagen, interessieren.

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Frau Senftleben! – Wir treten jetzt in die Antwortrunde ein. Gängige Praxis ist, das in umgekehrter Reihenfolge zu machen. – Herr Piekara, beginnen Sie bitte!

Michael Piekara (LJHA): Ich werde mich erst mal auf die Fragen beschränken, die nicht Herr Kappeler beantworten muss. Zur Frage der Einrichtungen außerhalb Berlins: Grundsätzlich halte ich es durchaus für sinnvoll, zumal die Zahl der Untergebrachten, zumindest, was den Westberliner Bereich betrifft, in dieser Zeit erheblich war. Die Schwierigkeit wird nur sein, wie man das strukturell sinnvoll aufarbeiten kann. Da habe ich im Moment noch keine Idee, aber grundsätzlich wäre das von der fachlichen Seite her sinnvoll.

Welche Hilfestellungen benötigen die Betroffenen? – Ich denke, bei der Aktensuche gibt es zwei Ebenen. Die eine Ebene ist die der Betroffenen selbst, und die andere ist die, die die Akten bereitstellen. Ich kann in Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 10 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - dem Fall im Wesentlichen nur für den Bereich der freien Träger sprechen. Die Schwierigkeit, die die freien Träger in dem Bereich hier in Berlin haben, ist, dass sich nur sehr wenige Aktenbestände aus dieser Zeit in deren eigenem Besitz befinden. Das hängt einfach mit der Entwicklung zusammen. Der größte Teil – das hatten Sie vorhin schon gesagt – ist in staatlichen Einrichtungen gewesen, sodass man nur sehr punktuell direkt dort, was die Aktensicherung und -suche betrifft, wirklich erfolgreich sein kann. Ich glaube, für alle Beteiligten hier in Berlin wäre es hilfreich, ein vernünftiges Aktensicherungssystem für alle Träger, sei es öffentliche als auch freie Träger zu entwickeln, die diesen Aktenbestand langfristig sichern.

Zum Zweiten, was die Betreuung betrifft: Diese Anlaufstelle, die in dem Antrag vorgesehen ist, hätte aus meiner Sicht genau diese Funktion, durch fachlich gut qualifiziertes Personal den Betroffenen wirklich Hil- festellung zu geben. Inwieweit die betroffenen Einrichtungen wirklich in der Lage sind, dies selbst zu leisten, hängt sicherlich auch von den örtlichen Rahmenbedingungen und auch von dem dort vorhandenen fachlichen Personal ab. Grundsätzlich halte ich es für besser, eine unabhängige Einrichtung zu haben, die diese Aufga- ben übernimmt.

Die letzte Frage, die ich in dem Zusammenhang noch beantworten möchte, ist die nach der Entschädigung. Ich denke, das ist eine sehr schwierige Debatte. Ich kann nur meine persönliche Haltung dazu sagen. Ich würde es eher befürworten, eine vorausschauende Entschädigung anzugehen. Das heißt, die Maßnahmen, die erforderlich sind, zum Beispiel in therapeutischen oder beraterischen Bereichen und auch die Kosten, die damit zusammenhängen, öffentlich durch einen Fonds oder etwas Vergleichbares zu finanzieren. Darauf, inwieweit es wirklich sinnvoll ist, Einzelentschädigungen an einzelne Betroffene auszuzahlen, wage ich im Moment noch keine Antwort. Ich halte es allerdings für äußerst schwierig. Ich würde es eher begrüßen, sehr bezogen auf die Betroffenen, die Dinge zu finanzieren, die für die Betroffenen notwendig sind, die dringen- den Unterstützungsbedarf haben.

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Herr Piekara! – Frau Stahmer, bitte!

Ingrid Stahmer (Deutsches Zenralinstitut für soziale Fragen): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich da gleich gern an, denn die erste Frage von Frau Scheeres war ja: Was ist vom Runden Tisch Heimerziehung des Bundes übrig geblieben, und worum muss sich Berlin kümmern? – Ich glaube, dass wir uns besonders darum kümmern sollten, auch als ein Land, in dem schon relativ früh durch die Heimreformbewegung jedenfalls Bewusstsein und Bewegung dafür da gewesen ist, dass da Unrecht ge- schieht, denn wenn ich das alles richtig weiß – das kann vielleicht Herr Kappeler noch mal bestätigen; er war ja dabei, ich habe nur davon gehört und gelesen –, ist die materielle Entschädigung sehr weit in den Hinter- grund gestellt worden. Man hat zwar gesagt: Ja, es könnte sein. Es könnte auch etwas Systemisches drange- wesen sein, nicht nur Einzelverfehlungen, aber materielle Entschädigung eher nach hinten, wenn schon nicht einfach nein. Das ist natürlich ein Stück dadurch befördert worden, dass es jetzt in der Frage der Internate, insbesondere sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen, offensichtlich leichter über die Lippen geht zu sagen: Es geht uns gar nicht ums Geld. Es geht uns um Entschuldigung, um Veränderung, um Ver- besserung! – Ich glaube, wir sollten darauf achten, dass es für Menschen mit solchen abgebrochenen, unter- brochenen und schwierigen Lebensläufen, wie sie dieses Heimsystem produziert hat – ganz grob gesagt –, erforderlich ist, über materielle Hilfen nachzudenken, und zwar so, wie Sie gesagt haben: Das, was nötig ist, was es therapeutisch nicht gibt, eine verständige Begleitung, nicht etwa fürsorgliches Düdüdü, sondern eben: Kann in diesem Leben noch eine wirkliche Selbstfähigkeit, mit diesen schrecklichen Traumata umzugehen, entstehen? Kann die Zukunft anders aussehen? –, und da gehen wir sehr schnell an die Rentenfrage heran. Nach allem, was ich gehört habe, sind diese Kinder und Jugendlichen zur Arbeit gezwungen worden, und zwar heftig und erheblich. Berlin und die Träger haben heftig und erheblich damit, dass die Kinder und Ju- gendlichen gearbeitet haben, diese Einrichtungen bezahlt. Dennoch hat unser Rentensystem keine Möglich- keiten, dafür einzutreten. Ich hatte als Sozialsenatorin ziemlich viel mit Renten zu tun, deshalb ist mir das sehr in Erinnerung. Das kann nicht funktionieren. Das heißt, dort müsste zum Beispiel ein solcher Fonds helfen. Wenn ganz dicht am Existenzminimum allenfalls Renten herauskommen, kann das keine Zukunft sein, wenn wir erkannt haben, was diese Menschen für eine neue, für eine andere Zukunft brauchen. Das gehört eigentlich zur gleichen Frage von Ihnen: Gibt es Darstellungen der Einzelfälle und ihrer Folgen? Al- so, nicht nur: Was war damals Furchtbares? –, sondern auch: Was ist daraus heute geworden? – Wenn wir da, wie bei den berufsgenossenschaftlichen und anderen Versicherungsangelegenheiten jahrelange Wahn- Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 11 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - sinnskämpfe bekommen: Was ist berufsbedingt? Was ist heimerziehungsbedingt, und was nicht? –, dann möchte ich das den Heimkindern nicht wünschen. Das heißt also, dort einen Zugang zu finden: Wie kann entschädigt werden, ohne dass jede einzelne Knochen- oder Seelentaxe gemessen werden muss? – Das fände ich ein wichtiges Anliegen.

Über die Entwicklung in den 60er und 70er Jahren kann Herr Kappeler sicher besser etwas sagen. Zu der Frage: In welche Richtung geht der Antrag? – kann ich zurzeit nur sagen – Frau Demirbüken-Wegner, da- nach hatten Sie gefragt –: Das ist meine Hoffnung, die ich aus dem Antrag lese. Die drücke ich mit in dem aus, was ich sage, nämlich auch das, was ich in meinem Vorwort geschrieben hatte. Wir haben zwar ein Stückchen Aufarbeitung in dem Heft gemacht, aber wir sollten als Praktiker und Theoretiker der sozialen Arbeit das Wissen über die Bedingungen, die Prozesse und die Systeme vermitteln, damit sie in Zukunft der gesamten Sozialarbeit und allen Menschen dort zur Verhinderung ähnlicher Angelegenheiten zur Verfügung stehen, denn – das hat schon jemand von Ihnen gesagt – abgeschlossene Systeme bringen solche Gewaltver- hältnisse hervor. Da können wir uns drehen und wenden. Wenn man da nicht ganz gewaltig aufpasst, dann ist es archaisch, dass diese Dinge passieren, und dieses Aufpassen hat seit 1949 gefehlt. Wie bekommen wir das in die richtige Richtung? Das hat gefehlt.

Über die Unterstützung durch eine unabhängige Beratungsstelle habe ich auch schon nachgedacht, weil ich sie auch für sehr wichtig halte. Öffentliche und freie Träger – das ist alles schwierig, denn alle stecken auch mit drin, vielleicht nicht für ihr eigenes Bewusstsein, aber doch auch für die Frage: Wie geht es denen, die Opfer geworden sind? Wen können die fragen, und zwar frei fragen? Das sind ja zwei verschiedene Wahr- nehmungsaspekte. Ich weiß aus unserer Archivarbeit, dass es zum Beispiel den Berliner Rechtshilfefonds „Jugendhilfe“ gibt, der seit etwa fünf Jahren Menschen unter dem Stichwort Beschwerdemanagement auf dem Weg in Beschwerden über Angelegenheiten der Jugendhilfe bei Jugendämtern, möglicherweise auch der Senatsverwaltung, das weiß ich nicht so genau – – Er ist auch als ein Träger anerkannt, und da sind Na- men im wissenschaftlichen Beirat, die mir sehr wohl bekannt sind: Reinhard Wiesner – ein bundesweit aner- kannter Jugendhilfemensch –, Johannes Münder, Münchmeier, Struck, ich glaube, auch Kappeler habe ich darin gelesen – jawohl! Also, können Sie vielleicht sogar gleich etwas dazu sagen. Also, die Idee war: Was kann denn so eine unabhängige Stelle sein, und wer könnte da wie etwas tun?

Meine Bewertungsskala, Frau Dr. Barth, für die Frage der systematischen Menschenrechtsverletzungen: Ich arbeite eigentlich bei meinen Gedanken lieber in Grundrechtsangelegenheiten. Es ist mir klarer: Was sind Grundrechtsverletzungen? – Hier sind ganz klare Grundrechtsverletzungen von Kindern und Jugendlichen. Es sind nicht nur die Erwachsenen, die unter dem Schutz unseres Grundgesetzes stehen, sondern Kinder haben eine eigene Rechtspersönlichkeit in ihrem Grundrecht, und das ist hier in gar keiner Weise befolgt worden. Ähnlich gilt auch die Menschenrechtskategorie – für mich jedenfalls –, dass es eben nicht etwas anderes ist, ob man unmündigen Kindern Unrecht antut, oder ob man es Erwachsenen antut. Deshalb habe ich diesen Begriff gewählt. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir tatsächlich die höchste Kategorie der Verletzung nehmen, die in Deutschland, international und europäisch gilt, weil es die Tiefe dessen, was hier geschehen ist, erfordert, sich klar und ehrlich und auch über die materiellen und inhaltlichen Folgen bewusst zu werden und dafür etwas zu tun. Verschiedenes kann man im Einzelnen nachschauen. Es ist nicht nur Frei- heit, es zum Beispiel auch rechtliches Gehör. Rechtliches Gehör haben diese Kinder und Jugendlichen nie gehabt. Auch die Richterschaft, die es eigentlich betrachten sollte, in welche Heime sie die Kinder bringen und was dort passiert, sind dem gesamten kollektiven – – Damals gehörte es sich das so: Die Kinder, die die Ordnung störten – ganz egal, ob die Eltern das verursacht hatten oder wer auch immer –, wurden in eine solche rigide Ordnung getan. Das ist genug für meine Kategorien zu dieser Frage.

Die seriösen Zahlen weiß Herr Kappeler. – Zur Suche nach den Akten: Ich bin froh, dass inzwischen etwas gefunden worden ist, wie ich gehört habe. Ich war ja selbst einige Jahre verantwortlich für diese Behörde, und wir haben immer gesagt: Was kommt ins Archiv und was nicht? –, und deshalb war ich sehr erschro- cken, dass in diesem Bereich, den ich nicht so genau kannte, wie die Kindertagesstätten und den übrigen Bereich, das wohl nicht geschehen ist, aber dass etwas da ist, ist richtig.

Zur Frage von Frau Senftleben, ob wir etwas zurückstellen sollten, bis der Runde Tisch – – Ganz platt: So viele, die inzwischen alles zurückstellen, bis der Runde Tisch – erstens Heimerziehung, zweitens Internate Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 12 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - und Ähnliches – etwas geboren hat, kann ich Berlin nur dringend davon abraten. Bitte nicht! Bitte das tun, was jetzt getan werden kann, denn das ist unendlich, und die Heimkinder haben es in den drei Jahren schon erfahren. Wenn es nicht diesen Riesenauflauf im Januar mit Canisius gegeben hätte, wären die immer noch nicht viel weiter. Das muss man so sagen, und man muss jetzt wirklich für ihre Rechte eintreten, und ich bitte sehr darum, dass das Parlament das tut! [Beifall bei den Zuhörern] Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 13 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Frau Stahmer! – Herr Prof. Kappeler, bitte!

Prof. Manfred Kappeler (Institut für soziale Fragen): Ich beginne mit Daten zur Information, damit auch die Größenordnungen deutlich werden. Es hat ja eine genaue landesspezifische Forschung für Berlin noch nicht gegeben, also müssen im Augenblick Vergleichs- und Hochrechnungen die Grundlage für solche In- formationen bilden. In – ein Stadtstaat wie Berlin – gibt es seit zwei Jahren eine Forschungsgruppe unter der Leitung meines Kollegen Glandow, und die haben herausgefunden, dass Bremen in der Zeit von 1945 bis 1975 9 000 Kinder und Jugendliche in die Heimerziehung gegeben hat, und Bremen hatte in diesen Jahren eine Einwohnerzahl von 605 000. Berlin hatte in diesem Zeitraum eine Zahl von 2 200 000 Ein- wohnern und Einwohnerinnen, und wenn man diese Verhältnisse ausrechnet, würden für Berlin ca. 35 000 Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung anzunehmen sein. Diese Zahlen habe ich noch mal mit den Forschungen, die Christian Schrapper und ich für den Runden Tisch gemacht haben, gegengecheckt. Wir sind dort übereinstimmend zu einer Zahl für das ganze Bundesgebiet – die westdeutsche Bundesrepublik – von 800 000 Kindern und Jugendlichen seit Gründung der Bundesrepublik bis Mitte der 70er Jahre gekom- men. Wenn man jetzt die Einwohnerzahlen der Bundesrepublik und die Westberlins miteinander in Bezie- hung setzt, kommt man – und das finde ich eine sehr gute Bestätigung – auch wieder auf diese 35 000, die der Vergleich mit Bremen annehmen lässt. Also, wir müssen ungefähr von dieser Größenordnung ausgehen. Man kann auch davon ausgehen, dass noch ein gewisser Prozentsatz dazukommt, weil es in Westberlin eine intensive Form der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Heimen gegeben hat, die sich bezogen auf andere Bundesländer über den ganzen Zeitraum immer als etwas stärker erwiesen hat. Also, auf 35 000 bis 40 000 Kinder und Jugendliche müssen wir uns einstellen.

Bezogen auf Ostberlin und die DDR: In der DDR sind seit Beginn ihrer Existenz bis 1989 ungefähr 37 000 Kinder und Jugendliche in Heimen der Jugendhilfe der DDR untergebracht gewesen. Ostberlin hatte eine Einwohnerzahl von 1,2 Millionen, die DDR insgesamt immer zwischen 17 Millionen und 18 Millionen. Wenn man diese Zahlen miteinander in Beziehung setzt, würde man auch zu einer Richtgröße kommen, wie viele Kinder und Jugendliche aus Ostberlin betroffen sein könnten. Auch dort müssten lokalspezifische Ge- sichtspunkte betrachtet werden. Ostberlin als Hauptstadt der DDR und der andere Teil der Frontstadt hat genau wie Westberlin besondere Bedingungen gehabt, auch bezogen auf die Kinder- und Jugendhilfe. Aber das wäre eine Frage, die in der Forschung für Berlin – West und Ost – noch genauer zu erhärten wäre.

Dann will ich versuchen, in Ihre vielen Fragen eine Struktur hineinzubringen. Ich möchte zunächst noch mal sagen, dass wir uns hier mit einem System der Jugendhilfe befassen, nicht mit einzelnen Heimen, sondern wir reden von einer Struktur, die in den kommunalen Jugendämtern beginnt. Dieser ganze Weg in das Heim – so auch die Überschrift beim Runden Tisch Heimerziehung – müsste genau betrachtet werden, denn wenn die Kinder und Jugendlichen in den Heimen ankamen, dann brachten sie bereits eine Akte mit, dann waren sie bereits klassifiziert, begutachtet, dann hatten sie ihr Stigma, und auf dieser Basis wurde dann in den Hei- men mit ihnen weitergearbeitet. Also, die Wege ins Heim, an denen die Jugendämter beteiligt waren, für den großen Anteil der nicht ehelich geborenen Kinder und Jugendlichen in jedem Fall die Amtsvormundschaft, die beim Jugendamt angesiedelt war. Ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen in den Heimen waren nicht- ehelich geboren. Für alle diese Kinder war das Jugendamt von Geburt an in Form der Amtsvormundschaft zuständig.

Dann müssen wir auch fragen: Wie haben die Vormundschaftsgerichte bei angeordneten Heimunterbringun- gen entweder bei der Einrichtung von Fürsorgeerziehung oder bei der freiwilligen Erziehungshilfe oder Un- terbringung nach § 1666 BGB eigentlich die Berichte, die die Jugendämter ihnen über die Kinder und Ju- gendlichen geliefert haben, geprüft? –, weil die Vormundschaftsgerichte die letzte Instanz waren, und sie hätten die Chance gehabt, dieses System, von dem ich hier spreche, zu durchbrechen. Wenn die Richter und Richterinnen ihre Aufgaben ernst genommen hätten, wie sie eindeutig im Gesetz formuliert waren, nämlich umfassend die Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen, für die sie zuständig waren, zu übernehmen, dann hätten sie überprüfen müssen, rückfragen müssen. Zum Beispiel steht im Gesetz, dass bei Anordnung von Fürsorgeerziehung eine persönliche Kontaktaufnahme des Richters, der Richterin mit den Jugendlichen vorgeschrieben war. Die ist so gut wie nie durchgeführt worden – man muss sich das vorstellen –, und die Richter und Richterinnen hätten auch in regelmäßigen Abständen überprüfen müssen, ob die einmal ange- ordnete Maßnahme – wie es immer hieß – auch noch gerechtfertigt und weiter durchgeführt worden ist. Das Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 14 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü - ist nie passiert, und insofern muss auch der ganze Bereich der Vormundschaftsgerichte in die Aufklärung und in die Verantwortung mit einbezogen werden. Es handelt sich hier um eine Verantwortungskette, wie am Runden Tisch Heimerziehung gesagt worden ist, in der es viele beteiligte Institutionen und Personen gege- ben hat. Also, dieser Weg ins Heim muss aufgeklärt werden und wird auch die Jugendämter in Berlin in so einer Aufgabe zentral mit einbeziehen müssen.

Der zweite Punkt ist, dass nach dem Aufenthalt im Heim eine Begleitung für die Kinder und Jugendlichen hätte erfolgen müssen. Wie ist die eigentlich durchgeführt worden? Was an Unterstützung hat es für Kinder und Jugendliche gegeben, die vor Erreichung des 21. Lebensjahres aus der Heimerziehung entlassen wur- den? Ganz viele von ihnen sind bis zum 21. Lebensjahr weiterhin Amtsmündel geblieben oder in der Zustän- digkeit der Jugendämter. Was ist da eigentlich passiert, um den Weg aus dem Heim heraus in das Leben zu begleiten und förderlich zu gestalten?

Also, wir haben die Wege ins Heim, wir haben den Aufenthalt im Heim, die alltägliche Erziehungspraxis dort und die Wege aus dem Heim, und das alles zusammen bildet ein System, dem wir uns hier annähern müssen. Es handelt sich nicht nur im organisationssoziologischen Sinn um ein System, das wäre ja banal. Jeder Organisationssoziologe würde Ihnen sagen: Selbstverständlich handelt es sich um ein System. Das ist gesetzlich geregelt worden, das hatte einen bestimmten finanziellen Rahmen, da waren Verantwortlichkeiten klargelegt, das hat in der Föderalismusstruktur ein System gehabt. – Also, das System Heimerziehung gab es zweifellos. Der Runde Tisch Heimerziehung hat sich lange damit schwergetan, von einem System Heimer- ziehung zu reden. Aber dass dieses System auch ein Unrechtssystem war – diese Qualifizierung ist bis heute auch am Runden Tisch Heimerziehung nicht erfolgt. Da wird von Unrecht in Einzelfällen gesprochen, von schlimmen Einrichtungen, aber diese Qualifizierung: Es handelt sich um ein Unrechtssystem innerhalb einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die sich als ein Rechtsstaat verstand, als gewollte Alternative zum Nationalsozialismus, dieser Punkt ist außerordentlich schwierig. Bezogen auf die DDR sagen Ihnen alle am Runden Tisch sofort: Kein Problem! Das war ja ein Unrechtssystem, also kann da auch die Jugendhilfe nur ein Teil eines Unrechtssystems gewesen sein. Aber für die Bundesrepublik ist es eine große politische Hürde, diesen Schritt der Anerkennung als Unrechtssystem zu machen, und das wird auch zum Schluss in der Endfassung des Berichts des Runden Tisches sicherlich eine große Rolle spielen.

Da schließe ich gleich zu Ihrer Frage an: Der Runde Tisch Heimerziehung wird im Dezember 2010 seinen Abschlussbericht vorlegen. Dieser Abschlussbericht wird dann dem Bundestag und der Bundesregierung vorgelegt. Er soll Lösungsvorschläge enthalten, wie man den Forderungen der ehemaligen Heimkinder ge- recht werden kann, und dann beginnt die eigentliche Arbeit. Der Runde Tisch ist kein Entscheidungsgremi- um, sondern ein Gremium, das Vorschläge erarbeitet. Dann beginnt die politische Arbeit im Bundestag, in der Bundesregierung und nicht zuletzt in den Länderregierungen, denn die Heimerziehung wurde nicht von der Bundesregierung, sondern in ihrer praktischen Ausgestaltung von den Ministerien in den Ländern. Und die Familien- und Jugendministerkonferenz, die vor zwei Wochen getagt hat – leider hat Herr Zöllner kein Wort dazu gesagt – hat dieses Thema als einen zentralen Tagesordnungspunkt auf ihrer Tagesordnung ge- habt, und es gibt inzwischen ein Protokoll über diese Sitzung, aus dem man einiges ersehen kann, wie die Tendenz in der Abstimmung zum Schluss laufen wird. Die Länder in Gestalt der Jugendministerkonferenz spielen bei der Umsetzung der Lösungsvorschläge, aber auch schon bei ihrer Erarbeitung, denn die Länder sind mit zwei hochrangigen Vertretern am Runden Tisch vertreten, eine ganz zentrale Rolle, und es gibt ein Protokoll einer Vorbereitungskommission der Jugendministerkonferenz, in dem empfohlen wird, sich bezo- gen auf die Fragen materieller Entschädigung außerordentlich zurückzuhalten, und es steht in diesem Proto- koll der Satz: Die Länder und auch die übrigen Vereinigungen am Runden Tisch haben kein Mandat, über materielle Entschädigung zu beraten. Wenn man das als Tendenzäußerung nimmt, ein halbes Jahr bevor der Abschlussbericht formuliert wird, dann kann man schon ahnen, was zum Schluss in diesem Bericht stehen wird. – [Ingrid Stahmer (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen): Der Auftrag des Petitionsausschusses lautete so!] – Der Auftrag des Petitionsausschusses lautet umfassend. Es gibt dort keine Frage, die ausge- klammert worden ist. – Wir werden sehen, dass sich am Schluss die Geister an der Frage der materiellen Entschädigung scheiden werden, und dann wir sich ein langer Weg der politischen Auseinandersetzung über diese Fragen anschließen.

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 15 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

An dem Punkt finde ich die Aufgabe der Landesparlamente – – Ich bin inzwischen in fünf oder sechs Lan- desparlamenten so wie heute als Sachverständiger bei solchen Anhörungen gewesen. Dieser Weg ist ent- scheidend davon abhängig, wie die Abgeordneten in den Landesparlamenten sich zu diesen Fragen stellen, weil es letztendlich darauf ankommen wird, dass Bundesregierung, Länderregierungen und die Spitzenverei- nigungen der freien Wohlfahrtspflege sich gemeinsam dieser Verantwortung stellen, und dabei kommt der Landesjugendministerkonferenz eine ganz entscheidende Rolle zu. Insofern haben Sie als Abgeordnete die Chance, den jeweiligen Regierungen Richtlinien mit auf den Weg zu geben, die Ihren politischen Willen ausdrücken. Deswegen finde ich auch diese Veranstaltung heute so wichtig. – [Ingrid Stahmer (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen): Sagen Sie doch mal zum Ansporn, in welchen Ländern Sie schon waren!] – In Bremen gibt es seit zwei Jahren so eine Initiative, in Nordrhein-Westfalen ebenfalls seit zwei Jahren, im Hessischen Landtag gab es vor einem Jahr eine große Anhörung. In Baden-Württemberg gibt es seit einem Jahr den Versuch, die Dinge aufzuklären. In Niedersachsen gibt es eine Initiative, und in all diesen Parla- mentsinitiativen sind konkrete Vorschläge gemacht worden, wie jetzt gearbeitet werden kann. Man muss dazu sagen, dass der Runde Tisch Heimerziehung in Berlin ein Gremium ist, das auf Bundesebene diese Heimerziehungsgeschichte aufklären soll und will, aber Sie müssen sich vorstellen: Es gibt hier so viele Bundesländer und es hat schon immer so viele unterschiedliche Ausführungsgesetze, zum Beispiel zum Ju- gendhilfegesetz, gegeben, und in jedem Bundesland gab es spezifische Verantwortungen für Jugendhilfe und Heimerziehung, und es gab auch unterschiedliche materielle Verhältnisse. In Bayern zum Beispiel gab es so gut wie überhaupt keine von öffentlichen Trägern veranstaltete Heimerziehung, sondern die Heimerziehung lag dort zu 90 Prozent in konfessionellen Händen, und zwar ganz überwiegend in katholischen Händen. In Berlin haben wir das Umgedrehte, nämlich 75 Prozent der Einrichtungen in staatlicher Trägerschaft, und da sehen Sie schon, wie unterschiedlich hier die Bedingungen sind, und deswegen muss es auch regionalspezifi- sche Forschung geben – das ist einer der wichtigen Punkte –, und ohne diese Forschung wird kein Gesamt- bild entstehen und wird es auch ganz schwierig sein, einen einheitlichen politischen Willen zustande zu be- kommen. Und deswegen plädiere ich sehr dafür, nicht zu warten, bis der Runde Tisch Ende Dezember seine Empfehlung auf den Tisch legt. Viel zu spät, muss ich dazu sagen, hat Berlin begonnen, sich dieser Aufgabe zu stellen, und wir sollten keinen Tag zögern, damit weiterzumachen. – Jetzt habe ich hier einen kleinen Vortrag gehalten, und eigentlich wollte ich Ihnen eine ganze Reihe von Fragen beantworten, die Sie gestellt haben. Frau Vorsitzende, Sie müssen jetzt mal sagen, wie Ihr Zeitplan ist und was ich hier und heute noch dazu beitragen kann.

Vorsitzende Christa Müller: Wir sind schon ganz knapp in der Zeit. Es gibt noch eine weitere Runde für die Abgeordneten, die ich jetzt aufrufen werden. Es ist sehr schwierig, bei diesem emotional sehr belasteten Thema, auch immer noch auf die Uhr gucken zu müssen, aber es gibt danach noch weitere Veranstaltungen, an die wir gebunden sind, und ich bedauere es sehr, so stringent auf die Zeit achten zu müssen. – Frau Jant- zen, bitte!

Elfi Jantzen (Grüne): Ein Hinweis: Eine Abordnung des Landesjugendhilfeausschusses trifft sich nächste Woche mit dem Verband, und im Herbst ist da auch ein Hearing geplant. Insofern wird das Thema uns wei- ter beschäftigen, und man muss vielleicht nicht alles heute klären.

Ich habe noch eine Frage. Frau Stahmer hat zu Recht darauf hingewiesen, dass, als Canisius und Odenwald, die eher bürgerlichen Kinder betroffen waren, die Politik sofort reagiert hat und bei den Heimkindern nicht. Nichtsdestotrotz denke ich, dass man die Aufklärungsarbeit und die Maßnahmen, die jetzt noch getroffen werden können auch in Bezug auf Anlaufstellen – wo gibt es Hilfe? – zusammendenken sollte. Dazu hätte ich gern von Ihnen eine Position. Dass es da jetzt zwei Runde Tische und dann noch vier Untergruppen usw. gibt, halte ich für ein bisschen überkandidelt. Wie kann man das zusammenführen? Wo muss aber auch die spezifische Aufarbeitung für die ehemals Betroffenen da sein? Mich interessiert auch – vielleicht auch die Gäste –, welche Position der Senat in dieser Arbeitsgruppe auf Bundesebene bisher zu den Fragen einge- nommen hat. Es gibt sicherlich auch Runden mit den zwei Vertretern der Länder. Wie sollen sich die Länder da verhalten? Das fände ich wichtig, wenigstens kurz zu wissen.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank, Frau Jantzen! – Frau Dr. Barth, bitte!

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 16 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

Dr. Margrit Barth (Linksfraktion): Ich will nur noch mal nachfragen. Frau Stahmer! Sie hatten den Vor- schlag für diese unabhängige Anlaufstelle gemacht, den Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe. – [Zuruf von Ingrid Stahmer (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen)] – Meine Frage an Prof. Kappeler: Was meinen Sie dazu, wo diese Stelle richtig angesiedelt sein sollte? Wir haben ja – das hatte ich ja schon ausgeführt – im Zusammenhang mit unserem gesamten Kinderschutzsystem schon Strukturen. Wo wäre diese Anlaufstelle richtig angesiedelt?

Vorsitzende Christa Müller: Frau Demirbüken-Wegner, bitte!

Emine Demirbüken-Wegner (CDU): In Anbetracht der Zeit kann ich sehr gut nachvollziehen, Herr Prof. Kappeler, dass Sie auf meine Frage nicht eingehen konnten. Vielleicht muss ich es nachlesen, um zu sehen, wie sich die strukturelle Veränderung im Bereich Zielgruppe der Täter der Dekaden in den vielen vergangenen Jahren geändert hat, denn ich wollte analog an diese Frage meine folgende Frage stellen: Wie schnell müsste jetzt der Senat handeln, um all die Bereiche Aufklärung, Aufarbeitung, Angebote für die Be- troffenen – – Wie schnell müssten wir jetzt reagieren, um all dies umzusetzen, um den Betroffenen ein Stück die Hand zu reichen – sage ich mal ganz vorsichtig, weil mir hier noch immer die richtigen Worte fehlen. Ich würde gern wissen, weil Herr Prof. Kappeler gesagt hat, 75 Prozent dieser Fälle sind in staatlicher Förde- rung. Sie haben die Zahlen der ein Drittel Kinder genannt, die bei den Amtsvormundschaften gelandet sind und wo eigentlich schon die Verwaltung oder die staatliche Förderung da Zuständigkeit hatte. Inwieweit hat denn der Senat bis jetzt Akteneinsicht über die Situation dieser Fälle vornehmen können? Auf welchem Ent- wicklungsstand befindet sich der Senat, und welche Handlungsschritte will er für sich daraus resultierend einleiten, um diesem Unrecht ein Stück entgegenzutreten?

Herr Prof. Kappeler Sie haben von dem Unrechtssystem gesprochen. Es sind keine Einzelfälle, es ist ein Unrechtssystem. Ich habe das als ein Stück Appell an uns Abgeordnete in diesem Haus verstanden. Können Sie mir bitte mit einem Satz sagen: Kann man dieses Unrechtssystem Aufforderung, das Sie hatten, auch ein Stück in dem Antrag bearbeitet wissen? Sollte das als ein Punkt da hinein? Denn das gibt natürlich eine an- dere Sichtweise der Dinge, als nur zu sagen – nicht „nur“, ich bewerte hier nichts als „nur“. Ich möchte das so nicht verstanden haben –, bei dieser wissenschaftlichen Forschung, Aufarbeitung, Entgegenkommen etc. pp: Es muss ein Paradigmenwechsel hier auch historisch und aktuell vollzogen werden. Deshalb würde mich insbesondere Ihr Appell in diese Richtung interessieren, inwiefern das ein Bestandteil eines solchen Antrages in einer erweiterten Form sein könnte.

Vorsitzende Christa Müller: Danke, Frau Demirbüken-Wegner! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann ist unsere Redeliste geschlossen, und Sie, unsere verehrten Gäste, haben noch mal die Gele- genheit – aber bitte in der gebotenen Kürze – auf die Fragen zu antworten bzw. Ihre Aussagen zu untermau- ern. – Bitte, Herr Prof. Kappeler!

Prof. Manfred Kappeler (Institut für soziale Fragen): Zunächst möchte ich auf Frau Barths Frage nach der unabhängigen Beratungs- und Anlaufstelle eingehen. Die ehemaligen Heimkinder – ich habe seit 2003, seit dem diese Initiative läuft, mit sehr vielen Kontakt – haben ganz große Probleme, Hotlines, Anlaufstellen, Beratungsstellen der Organisationen, die heute die Nachfolge der Organisationen darstellen, in denen sie gelitten haben, zu akzeptieren. Deswegen ist dieser Begriff „unabhängige Beratungsstelle“ sehr wichtig. Es geht darum, einen Träger zu finden, der in diese Geschichte, die wir hier aufklären wollen, selbst in keiner Weise verstrickt ist und auch keine eigenen Interessen zu vertreten hat, weil es zum Schluss tatsächlich auch um harte Forderungen geht, in denen zur Debatte steht: Wer beteiligt sich wie an der Finanzierung von Un- terstützung, an Entschädigungen usw.? Dafür brauchen wir eine unabhängige Beratungsstelle, und Frau Stah- mer hat eben den Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe ins Spiel gebracht. Sie haben gehört, dass ich dort im Wissenschaftlichen Beirat bin. Meines Erachtens wäre dieser Berliner Rechtshilfefonds, wenn er entspre- chend dafür unterstützt würde, ein adäquates Gremium. Besonders interessant ist, dass dieser Berliner Rechtshilfefonds über einen hochkarätigen wissenschaftlichen Beirat verfügt – Sie haben es eben gehört – mit den wichtigsten Kommentatoren unseres Jugendhilferechts, mit dem Vorsitzenden der Arbeitsgemein- schaft Jugendhilfe, mit dem ausgewiesenen Jugendforscher Richard Münchmeier – von mir will ich hier nicht sprechen – ist dieses Gremium in einer Weise ehrenamtlich besetzt – das muss ich dazu sagen. Der Wissenschaftliche Beirat arbeitet natürlich im Rahmen von bürgerschaftlichem Engagement. Alle Beteiligten Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 17 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

– mit Ausnahme von Norbert Struck – sind inzwischen pensioniert. Wir wären, glaube ich, schon ein Gremi- um, das sowohl, was die Geschichte als auch die Gegenwart und die Zukunft der Jugendhilfe anbetrifft, be- reit ist, den Berliner Rechtshilfefonds, für den sowieso wissenschaftlich im Beirat arbeiten, auch für so eine Aufgabe zu unterstützen. Johannes Münder und ich waren auch Experten, Gutachter im Petitionsausschuss des Bundestages und haben wesentlich dazu beigetragen, dass der Runde Tisch Heimerziehung auf den Weg gekommen ist. Ich glaube, das wäre ein interessanter Vorschlag.

Zu Ihrer Frage, Frau Demirbüken-Wegner: Zunächst einmal einen Satz, den ich nicht beantwortet habe. Die Heimkampagnen der späten 60er und 70er Jahre haben einen wesentlichen Anstoß zur Reform des Kinder- und Jugendhilferechts gegeben. Das hat allerdings fast 30 Jahre gedauert, und das jetzt geltende SGB VIII oder KJHG ist erst am 1. Januar 1992 in den westdeutschen Bundesländern, am 1. Oktober 1991 in den ost- deutschen Bundesländern in Kraft getreten, und in diesem Gesetz sind all diese Rechtsinstitute, die diese Praxis, über die wir heute reden, bewirkt haben, nicht mehr enthalten. Es gibt dort den Verwahrlosungsbe- griff nicht mehr, ein unbestimmter Rechtsbegriff, der den beteiligten Institutionen dazu gedient hat, jeweils gemessen an den normativen Erwartungen der Gesellschaft Verwahrlosung zu definieren und damit die Kin- der und Jugendlichen in die Maßnahmen einzuleiten. Diesen Begriff gibt es nicht mehr. Nach einer langen fachlichen Kritik wurde darauf verzichtet. Es gibt die Institute freiwillige Erziehungshilfen und Fürsorgeer- ziehung und auch die geschlossene Unterbringung als Regelangebot in den erzieherischen Hilfen nicht mehr.

Gleichzeitig hat sich in diesen 30 Jahren sehr viel in den Standards der Jugendhilfe geändert. Auch der Qua- lifikationsstand des Personals hat sich enorm verändert, und trotzdem bedeutet es nicht, dass die in 30 Jahren Jugendhilfereform erzielten Fortschritte ein für alle Mal auch gesichert werden. Gegenwärtig sind wir in einer Situation, wo sukzessive mühsam erarbeitete Standards und reformerische Praxis wieder bedroht sind, zurückgefahren werden, und auch über geschlossene Unterbringung und mit dem Verfahrlosungsbegriff wird heute wieder relativ unbedacht hantiert, auch bei den Trägern von Erziehungseinrichtungen. – Das vielleicht zu Ihrer Frage.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank, Herr Prof. Kappeler! – Frau Stahmer, bitte!

Ingrid Stahmer (Institut für soziale Fragen): Ich will nur kurz ergänzen, insbesondere für Frau Demirbüken- Wegner, die nach der zeitgeschichtlichen Ordnung dort gefragt hatte. In dem Heft meiner Institution, das ich verteilen ließ, gibt es einen Artikel von Manfred Kappeler zur zeitgeschichtlichen Einordnung der Heimer- ziehung, über die ganze Zeit. Darin steht auch, was in Berlin in welchen Jahrzehnten war und wo man an- knüpfen kann. Das möchte ich Ihnen nur empfehlen, anstatt dass er das alles erzählen muss.

Ich glaube, eine weitere Frage an mich gab es nicht. Ich weiß, wie es mit der Zeit der Abgeordneten ist, aber ich sage noch eines: Ich bin inzwischen Honorarprofessorin an der Alice-Salomon-Hochschule, und mir fällt seit Jahrzehnten auf, dass die Titel bei den Männern immer vorkommen und bei den Frauen nicht. Ich lege sonst überhaupt keinen Wert darauf, ich will auch nicht so angeredet werden, das wollte ich auch nicht als Senatorin, aber dass es „Prof. Ingrid Stahmer“ im schriftlichen Bereich heißt, wollte ich einfach gesagt ha- ben.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank für den netten Hinweis, Frau Prof. Stahmer! – [Zuruf von Ingrid Stahmer: Da können Sie es wieder lassen!] – Das müssen Sie mir jetzt gestatten! – Ich hörte gerade den Hinweis, dass es auf Ihrer Homepage nicht zu erkennen war, sicher aufgrund der Bescheidenheit, die uns Frauen eigen ist. Deswegen bitte ich für das Versäumnis um Entschuldigung! – Herr Piekara hat jetzt das Wort.

Michael Piekara (LJHA): Ich möchte kurz auf die Frage nach der Anlaufstelle eingehen. Ich halte es von dem Rechtshilfefonds grundsätzlich durchaus für denkbar. Allerdings die vorhin zitierte völlige Unabhän- gigkeit hat auch dieser Rechtshilfefonds nicht, weil es ein eingetragener Verein ist, der auch aus juristischen Personen besteht, und unter anderem sind auch große stationäre Träger Mitglied dieses Rechtshilfefonds , die selbst davon betroffen sein können. Insofern muss man das zumindest bei einer Entscheidung entsprechend beachten und bedenken. – [Ingrid Stahmer: Dann geht nur noch der liebe Gott!] –

Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 18 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/krü -

Zum Zweiten: Wie schnell ist zu reagieren? – Ich denke, was die Betroffenen betrifft, ist eindeutig, dass eine sehr schnelle Reaktion notwendig ist. Insofern wird sicherlich mit den jetzt beginnenden Gesprächen noch vor der Sommerpause auch mit dem Verein dem Rechnung getragen. Bezogen auf die jetzige Jugendhilfe- landschaft selbst hat sich strukturell schon Wesentliches verändert. Was die fachliche Qualifizierung der Heimerziehung betrifft, hat sich in den letzten Jahrzehnten Erhebliches geändert, und ich denke, da sollte man auch auf der fachlichen Ebene die verschiedenen Facetten weiter diskutieren, aber ich sehe da keinen sofortigen oder akuten Handlungsbedarf.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank! – Die noch offenen Fragen an die Senatsverwaltung wird jetzt Frau Staatssekretärin Zinke beantworten.

Staatssekretärin Claudia Zinke (SenBildWiss): Wir haben eigentlich erst beim nächsten Mal die Debatte, aber ein paar Dinge sind heute angesprochen worden, und deshalb möchte ich hier die Dinge sagen, die für Berlin jetzt schon relevant sind, zum Thema „Wie geht Berlin mit der ganzen Frage um? – Erst einmal ist es so: Es gibt diesen Runden Tisch Heimerziehung, und natürlich ist auch das Land Berlin eingebunden in die Ergebnisse, die in dieser Frage zu diesem Runden Tisch erzielt werden. Natürlich ist auch das, was auf der Jugendministerkonferenz dazu besprochen wurde, letztendlich mit eine Leitlinie für Berlin.

Ich will aber noch mal – weil das bei Herrn Prof. Kappeler etwas anders anklang – darstellen, wie und wo wir von den Daten und Fakten für Berlin stehen. Erst einmal muss man sagen: Dieser Runde Tisch Heimer- ziehung hat eine Beratungsstelle. Bundesweit sind bisher ca. 400 Anfragen eingegangen, davon zehn aus Berlin. Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 19 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/vo -

Zu den Fragen: Wie hat der Berliner Senat bisher reagiert? – Wir haben gleich zu Beginn der Arbeit des Runden Tisches ein Schreiben an alle Bezirke und auch an die Gerichte, also die Justizverwaltung, gerichtet und erst einmal dazu aufgerufen, dass hier Akteneinsicht möglich sein und gesichert werden und dazu die Zusammenarbeit und Unterstützung aller Behörden gesucht werden muss. Dieses haben wir schon am 20. Januar 2009 gemacht. Wir können sagen, dass wir für die Senatsverwaltung selbst einen umfangreichen eigenen Altaktenbestand gesichert haben. Es gibt hier 1 150 vollständige Vorgänge und eine Kartei, die so- genannte Schutzhilfekartei, mit ca. 20 000 personenbezogenen Karteikarten. Diese Sicherung der Dokumen- tationen und Fälle ist also bei uns gelaufen. Darauf haben wir größten Wert gelegt. Zusätzlich haben wir einen psychologisch geschulten Mitarbeiter, der in der Senatsverwaltung zur Verfügung steht, für den Ge- sprächsbedarf und die Anfragen Betroffener, die hier in Berlin eingehen. Bislang sind es eher wenig Anfra- gen und konkrete Anträge zu einzelnen Fällen. Wir haben ein Gespräch mit der Psychotherapeutenkammer geführt, weil es uns auch wichtig erscheint, hier entsprechende Beratungs- und Hilfsangebote im Verbund mit entsprechenden Fachleuten zur Verfügung zu stellen. Auch die Psychotherapeutenkammer ist sehr inte- ressiert daran, hier Unterstützung zu leisten und sieht ihre Arbeitsmöglichkeiten im Rahmen der bestehenden Krankenkassenfinanzierungen.

Ganz wesentlich – das ist in allen Beiträgen angeklungen, und ich habe das auch schon betont – ist die sys- tematische Wissenssicherung in Bezug auf das, was passiert ist, und auf das, was uns helfen kann, in der Zukunft Machtmissbrauch in geschlossenen Systemen zu vermeiden. Hier ist auch ein Kontakt mit dem Lan- desarchiv erfolgt. Des Weiteren wird es so sein, dass wir im Landesjugendhilfeausschuss die entsprechende Beratung am 2. Juli haben. Hier wird sich die Senatsverwaltung einbringen, um gemeinsam mit den Trägern und zusammen mit der Regionalgruppe, die sich hier gegründet hat, dann ein Projekt aufzulegen, wie man in Berlin mit den entsprechenden Fragen umgeht. Dazu gehört u. a. auch die Planung eines Workshops zum 1. September dieses Jahres, um für Berlin die entsprechenden Fragen zu beraten.

Es ist angesprochen worden: Inwieweit hat sich die Jugendministerkonferenz hier positioniert? – Es ist in dem Gespräch der Jugendminister eindeutig auch die Betroffenheit über die Vorgänge ganz klar Thema ge- wesen. Ich denke, es geht auch heute allen hier so, dass man fassungslos ist über die Tatsache, dass das in dem System der Heimerziehung so geschehen konnte. Deshalb gehen die Jugendminister davon aus, dass es einer systematischen Aufbereitung und Aufarbeitung der gesamten Thematik bedarf und insbesondere auch die Frage erörtert werden muss: Wie kann den Betroffenen mit immateriellen Hilfen geholfen werden? Wie kann man hier ein System aufbauen? Wie kann man auch die bestehenden Systeme, beispielsweise der Ren- tensystematik oder der Krankenkassenfinanzierungssystematik, entsprechend einbinden?

Bei der Frage: Sollte es im Einzelfall materielle Leistungen geben? – ist die Jugendministerkonferenz zu der Auffassung gelangt, dass dieses keine Frage im Zusammenhang mit dem Runden Tisch sein kann, sondern dass es gilt, die anderen Fragen in den Vordergrund zu stellen und zu prüfen, wie man hier Unterstützung gewähren kann. Ganz eindeutig ist, dass die Ländervertreter im Runden Tisch Heimerziehung auf Bundes- ebene nicht in dem Sinn als Ländervertreter gewertet werden können, dass sie etwa für einzelne Bundeslän- der sprechen, sondern letztendlich – das deckt sich auch mit den Aussagen, die Herr Prof. Kappeler hier ge- troffen hat – geht es darum, dass die einzelnen Jugendministerien auf Länderebene hierzu ihre jeweilige Hal- tung finden und dieses dann im Länderkonsens insgesamt abgestimmt wird.

Vorsitzende Christa Müller: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin! – Wir haben den Besprechungspunkt unter dem Tagesordnungspunkt 3 a) erledigt, wenn man das hier so sagen darf. Der Antrag der Koalitions- fraktionen wird beraten, wenn das Wortprotokoll vorliegt, also nach der Sommerpause. Ich möchte mich bei unseren Anzuhörenden ganz herzlich im Namen des Ausschusses bedanken. Sie haben mit Ihrem Wissen nicht nur zur Bereicherung unseres Verständnisses beigetragen, sondern uns alle sehr betroffen gemacht. Es war eine Sitzung, eine Thematik, wie wir sie noch nie in diesem Ausschuss hatten, glaube ich. Ich bin dank- bar, dass wir Sie als so verständnisvolle Gäste hatten, die uns dieses Thema noch mal so eindringlich nahe- bringen konnten. Ganz herzlichen Dank! Auch Sie werden selbstverständlich die Gelegenheit haben, das Wortprotokoll zu lesen, und erfahren, wann dieses Thema hier wieder aufgerufen wird, um, wenn Sie Zeit und Lust haben, dann der weiteren Debatte und der Abstimmung über den vorliegenden Antrag beizuwoh- nen. So schwer es auch fällt, wir müssen zur üblichen Tagesordnung zurückkehren. Sie können gern noch bis Abgeordnetenhaus von Berlin Seite 20 Wortprotokoll BildJugFam 16/61 16. Wahlperiode 24. Juni 2010 - stz/vo - zum Schluss der Sitzung unsere Gäste sein. Wenn Ihre Zeit das nicht erlaubt, noch mal herzlichen Dank und auf Wiedersehen bis zur nächsten Veranstaltung! – [Allgemeiner Beifall] –

Punkt 4 der Tagesordnung

Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Aktuelle Situation vor Schulbeginn, insbesondere Kooperation 0496 Schule/Jugendhilfe und Inklusion BildJugFam (auf Antrag aller Fraktionen)

Siehe Inhaltsprotokoll.

Punkt 5 der Tagesordnung

Antrag der Fraktion der CDU Statt Wanderzirkus: Kinderbetreuung bis zur Einschulung in der Kindertages- 0411 stätte ermöglichen BildJugFam(f) Drs 16/2267 +Recht

Siehe Inhaltsprotokoll.

Punkt 6 der Tagesordnung

Verschiedenes

Siehe Beschlussprotokoll.