Gottlieben : Ein Brennpunkt Geschichtlicher Ereignisse
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Gottlieben : ein Brennpunkt geschichtlicher Ereignisse Autor(en): Herdi, Ernst Objekttyp: Article Zeitschrift: Thurgauer Jahrbuch Band (Jahr): 24 (1949) PDF erstellt am: 27.09.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-699245 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Es hat ouch dieser bischoff ain hausen, Tannegg, Bischofszell (Name!), Schönenberg prugken bey Gottlieben über den Rhein gebuwen, sei- und Güttingen. nes vermuotens ain aignen zoll daselbst uffzerichten ; Was sollte aber hier eine Burg Zweifellos brauchte als aber der zoll den Kosten nicht ertragen mocht, sie Eberhard als Stützpunkt gegen die sich eman- brach er die prugk wider ab ; doch wurden lang her- zipierende Stadt Konstanz. Der dortige Rat hatte nach noch etliche pfêl gesehen.» So berichtet die Kon- nämlich von früheren Bischöfen so viele Ämter, Zoll- Stanzer Chronik des Christof Schulthaiß, und alle üb- rechte und sonstige Gerechtsame zu erbitten oder zu rigen Chronisten stimmen darin überein, daß Bischof erkaufen gewußt und hielt daran so hartnäckig Eberhard II. von Waldburg (1248-1274) «das veld fest, daß der Prälat der bisherigen Residenz über- Gottlieben» 1251 erworben, darauf eine Burg errichtet drüssig wurde und vor den Toren draußen gewisser- und über den Rhein eine Brücke erstellt habe. Nach maßen ein Konkurrenzunternehmen zu gründen be- Andeutungen älterer Urkunden gehörte der Boden schloß. Durch den Brückenbau, das heißt die Umleitung längst dem Domstift, war aber mit Burg Kastel und des Verkehrs an Konstanz vorbei, wollte er die Bürger- Dorf Tägerwilen zusammen als Lehen an die Herren schaft kirre machen. Die wirtschaftliche Spekulation von Kastel ausgegeben und mußte nun um teures Geld war freilich falsch, und die Brücke verlotterte rasch, zurückgelöst werden. Die einzige hiervon abweichende obwohl noch 1332 von einer Wiese «neben der Rhein- Überlieferung, wonach damals das Fischernest Gott- brücke in Gottlieben» die Rede ist. Wo sich übrigens lieben von der Abtei Reichenau an den Bischof abge- dieser Flußübergang befand, ist klar. Wer das Woll- treten worden sei, fällt kaum ins Gewicht. Eberhard matinger Ried kennt oder den Topographischen Atlas 5 zu Rate zieht, kann feststellen, daß die sogenannte erwarb, saß er zur Abwechslung einmal hinter Schloß Riedstraße von Wollmatingen her wie ein Stumpen- und Riegel. Papst Innozenz IV. tröstet in einem Bei- geleise an den Rhein führt und auf der Schweizerseite leidschreiben Bischof und Domkapitel, «quod nobilis im Wegstück Gottlieben - Tägerwilen ihre genaue Fort- vir Walterus de Clingen violentas manus in episcopum Setzung findet. Später besorgte zeitweilig eine Fähre iniecerit» (daß Freiherr Walter von Klingen gröblich die Verbindung. Schlugen auch die wirtschaftlichen Hand an den Bischof gelegt habe), und verspricht Hoffnungen fehl, so diente doch die Rurg den Bi- wirksame Gegenmaßnahmen. Gleichzeitig spielte sich schüfen einige Jahrhunderte lang als ein gegen den etwas noch viel Merkwürdigeres ab. Da nämlich der Übermut der Städter mehr oder weniger gesicherter Bischof von Konstanz und Abt Bertold von St. Gallen Sitz - wie Kastel ebenfalls dann und wann - und ge- im Kampfe zwischen Kurie und Kaisertum einträchtig- währte einen ungestörten Hofhalt und eine ruhige Ver- lieh auf Seite des Papstes standen, überhäufte dieser waltungstätigkeit. Übrigens bemühte sich Eberhard, beide mit Gunstbezeugungen, nur leider mit solchen, die Liegenschaft Gottlieben zu arrondieren,und tauschte die sich gegenseitig durchkreuzten und zum Teil auf- beispielsweise 1255 seinen bei Petershausen liegenden hoben. Der Bischof glaubte, den Abt fortan besteuern Karpfenteich — ein wichtiger Bestandteil geistlichen und dessen Kapitelsherren vor Gericht laden zu dürfen. Besitztums - gegen weitere Güter bei Gottbeben, Bertold zog vom Leder, und bald standen die zwei Prä- «ausgenommen Miihle und Leute daselbst». Während laten am Bodensee in einem frischfröhlichen Krieg. zweier Jahrzehnte urkundete nun der Erbauer un- Eberhard raste bis ins Appenzellerland hinauf, plün- gezählte Male in seiner Burg Gottbeben, die bald cas- derte Sakristeien, zertrümmerte Kirchenglocken und trum oder vesti, bald camera, also etwa Pfalz heißt. schlug überhaupt kurz und klein, was ihm unter die Einzelne Nachfolger hielten es ebenso, und jedesmal Hände geriet. Der andere ließ seine Mannen in den läßt sich mit mathematischer Genauigkeit errechnen, Thurgau herabstreifen und verfuhr hier ähnlich mit den daß die Summe der in Gottbehen ausgestellten Ur- bischöflichen Besitztümern. Nach dem verheerenden künden der Freundschaft zwischen Stadt und Bischof Gewitter herrschte vorübergehend wieder dicke Freund- umgekehrt proportional war. schaft, und 1255 ward dem Abte sogar die Ehre zuteil, Man ist versucht, anzunehmen, der Name Gott- als Schiedsrichter zwischen dem Bischof und der auf- beben sei erst 1251 aufgekommen und drücke irgend- lüpfischen Stadt Konstanz zu vermitteln, unter an- welche kirchliche oder moralische Beziehung zur bi- derem «umbe die fraeveli und den shadin, der beshach schöflichen Würde aus. Doch sprechen alle Anzeichen an dem grabin und der veste ze Gotbuben. » Offenbar dagegen. Das Feld trug offensichtlich schon vorher hatten die Konstanzer die Abwesenheit der bischöf- diesen Namen. Eher ließe sich vermuten, Gottbeben liehen Truppen ausgenützt, um über die verhaßte sei ein Wesfall und bezeichne den Hof eines Gottbeb, Nebenresidenz herzufallen. Der Abt verknurrte sie da- wie Lüscherz, Stachen, Ulrichen (im Wallis) den eines für zu einer Buße von hundert Mark Silbers. Saß zu- Lüscher oder Stach oder Ulrich. Dem widerspricht, fällig ein Konstanzer Burger auf dem Bischofsstuhl, daß der Personenname Gottbeb im Mittelalter gar dann war nach dem Spruch vom Propheten und seinem nicht bestand, sondern erst im siebzehnten Jahrhun- Vaterland erst recht nicht an friedliches Einvernehmen dert unter Pietisten üblich wurde. Man hat sich auch zu denken. So hören wir, daß unter Bischof Ulrich schon überlegt, ob Gottbeben nicht eine Gegend be- Pfefferhart um 1350 eines Tages der vorarlbergische nenne, wo gut leben sei oder, einleuchtender, wo - ent- Graf Hugo von Montfort-Tosters sämtliche Herbergen sprechend den besonders sächsischen Ortsnamen auf bei Gottbeben niederbrannte und daß dabei die kon- -leben, wie Fallersleben - ein Alamanne Goto gelebt stanzische Bürgerschaft große Genugtuung bewies, in- habe. Neuerdings vergleicht Hubschmid das Wort mit dem sie das Läuten der Sturmglocken verhinderte. Der den nicht seltenen französischen La Charité, was ur- Montforter forderte von Ulrich tausend Gulden, Ulrich sprünglich ein Armen- oder Krankenhaus meinte. Das ließ den Grafen im Kloster Münsterlingen verhaften würde zur christlichen Herkunft zurückführen, die und gab ihn erst wieder frei, als dessen Sippe einen eben doch nicht ganz außer Betracht fällt, zumal wenn zahmeren Friedensvertrag besiegelt hatte. Gottbeben man bedenkt, daß in Gottbeben 1830 eine vielleicht ur- muß damals bitterbös ausgesehen haben, da die Burg alte Kapelle abgetragen worden ist. Alles in allem kurz vorher auch noch per ignem proprium, durch stehen wir da vorläufig noch vor einem Rätsel. «eigenes»Feuer, ausgebrannt war. Ein teurer Spaß für Geistliche waren damals nicht nur tüchtige Geschäfts- den Kirchenfürsten. «Er buwt Gottbeben gar vest und leute, sondern vielfach auch ausgesprochene Kriegs- wol, dan (wie) es vor ouch buwen gwesen. Er buwte gurgeln. Während des Interregnums, also vor dem Re- den ainen turn fast höher, da die schib inen ist. » Ob es gierungsantritt