Gottlieben : ein Brennpunkt geschichtlicher Ereignisse

Autor(en): Herdi, Ernst

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Thurgauer Jahrbuch

Band (Jahr): 24 (1949)

PDF erstellt am: 27.09.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-699245

Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber.

Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind.

Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch

http://www.e-periodica.ch .Das ScMo/J GoftZZeZ>en it/wZ cZie fnseZ ReicZienaii non der Morgenseite Gezeichnet von Spaeth

Gottliebeii

Em Eretmpim/cf gesc/uc/izEc/w>/" Ereignisse

Fore üZrnst Herdt

Es lohnt sich und macht keine besonderen Schw'ie- war, wie mancher seiner Nachfolger, überhaupt ein rigkeiten, der Vergangenheit Gottliebens nachzufor- kauflustiger Herr, sozusagen Güterhändler großen sehen; denn die Quellen fließen reichlich, was damit Stils, und es gab eine Zeit, wo das Domstift - die Bi- zusammenhängt, daß die Geschichte des Fleckens eng schofskirche - allein im außer Gottlieben und mit derjenigen der Konstanzer Bischöfe verknüpft ist. Tägerwilen folgende Gerichtssprengel in seiner Hand «Anno 1251 ist Gottlieben erstlich durch bischoff vereinigte : Arbon, Horn, Egnach, Engwilen, Siegers- Eberharden erhuwen. Es hat ouch dieser bischoff ain hausen, Tannegg, Bischofszell (Name!), Schönenberg prugken bey Gottlieben über den Rhein gebuwen, sei- und Güttingen. nes vermuotens ain aignen zoll daselbst uffzerichten ; Was sollte aber hier eine Burg Zweifellos brauchte als aber der zoll den Kosten nicht ertragen mocht, sie Eberhard als Stützpunkt gegen die sich eman- brach er die prugk wider ab ; doch wurden lang her- zipierende Stadt . Der dortige Rat hatte nach noch etliche pfêl gesehen.» So berichtet die Kon- nämlich von früheren Bischöfen so viele Ämter, Zoll- Stanzer Chronik des Christof Schulthaiß, und alle üb- rechte und sonstige Gerechtsame zu erbitten oder zu rigen Chronisten stimmen darin überein, daß Bischof erkaufen gewußt und hielt daran so hartnäckig Eberhard II. von Waldburg (1248-1274) «das veld fest, daß der Prälat der bisherigen Residenz über- Gottlieben» 1251 erworben, darauf eine Burg errichtet drüssig wurde und vor den Toren draußen gewisser- und über den Rhein eine Brücke erstellt habe. Nach maßen ein Konkurrenzunternehmen zu gründen be- Andeutungen älterer Urkunden gehörte der Boden schloß. Durch den Brückenbau, das heißt die Umleitung längst dem Domstift, war aber mit Burg Kastel und des Verkehrs an Konstanz vorbei, wollte er die Bürger- Dorf Tägerwilen zusammen als Lehen an die Herren schaft kirre machen. Die wirtschaftliche Spekulation von Kastel ausgegeben und mußte nun um teures Geld war freilich falsch, und die Brücke verlotterte rasch, zurückgelöst werden. Die einzige hiervon abweichende obwohl noch 1332 von einer Wiese «neben der Rhein- Überlieferung, wonach damals das Fischernest Gott- brücke in Gottlieben» die Rede ist. Wo sich übrigens lieben von der Abtei Reichenau an den Bischof abge- dieser Flußübergang befand, ist klar. Wer das Woll- treten worden sei, fällt kaum ins Gewicht. Eberhard matinger Ried kennt oder den Topographischen Atlas

5 zu Rate zieht, kann feststellen, daß die sogenannte erwarb, saß er zur Abwechslung einmal hinter Schloß Riedstraße von Wollmatingen her wie ein Stumpen- und Riegel. Papst Innozenz IV. tröstet in einem Bei- geleise an den Rhein führt und auf der Schweizerseite leidschreiben Bischof und Domkapitel, «quod nobilis im Wegstück Gottlieben - Tägerwilen ihre genaue Fort- vir Walterus de Clingen violentas manus in episcopum Setzung findet. Später besorgte zeitweilig eine Fähre iniecerit» (daß Freiherr Walter von Klingen gröblich die Verbindung. Schlugen auch die wirtschaftlichen Hand an den Bischof gelegt habe), und verspricht Hoffnungen fehl, so diente doch die Rurg den Bi- wirksame Gegenmaßnahmen. Gleichzeitig spielte sich schüfen einige Jahrhunderte lang als ein gegen den etwas noch viel Merkwürdigeres ab. Da nämlich der Übermut der Städter mehr oder weniger gesicherter Bischof von Konstanz und Abt Bertold von St. Gallen Sitz - wie Kastel ebenfalls dann und wann - und ge- im Kampfe zwischen Kurie und Kaisertum einträchtig- währte einen ungestörten Hofhalt und eine ruhige Ver- lieh auf Seite des Papstes standen, überhäufte dieser waltungstätigkeit. Übrigens bemühte sich Eberhard, beide mit Gunstbezeugungen, nur leider mit solchen, die Liegenschaft Gottlieben zu arrondieren,und tauschte die sich gegenseitig durchkreuzten und zum Teil auf- beispielsweise 1255 seinen bei Petershausen liegenden hoben. Der Bischof glaubte, den Abt fortan besteuern Karpfenteich — ein wichtiger Bestandteil geistlichen und dessen Kapitelsherren vor Gericht laden zu dürfen. Besitztums - gegen weitere Güter bei Gottbeben, Bertold zog vom Leder, und bald standen die zwei Prä- «ausgenommen Miihle und Leute daselbst». Während laten am Bodensee in einem frischfröhlichen Krieg. zweier Jahrzehnte urkundete nun der Erbauer un- Eberhard raste bis ins Appenzellerland hinauf, plün- gezählte Male in seiner Burg Gottbeben, die bald cas- derte Sakristeien, zertrümmerte Kirchenglocken und trum oder vesti, bald camera, also etwa Pfalz heißt. schlug überhaupt kurz und klein, was ihm unter die Einzelne Nachfolger hielten es ebenso, und jedesmal Hände geriet. Der andere ließ seine Mannen in den läßt sich mit mathematischer Genauigkeit errechnen, Thurgau herabstreifen und verfuhr hier ähnlich mit den daß die Summe der in Gottbehen ausgestellten Ur- bischöflichen Besitztümern. Nach dem verheerenden künden der Freundschaft zwischen Stadt und Bischof Gewitter herrschte vorübergehend wieder dicke Freund- umgekehrt proportional war. schaft, und 1255 ward dem Abte sogar die Ehre zuteil, Man ist versucht, anzunehmen, der Name Gott- als Schiedsrichter zwischen dem Bischof und der auf- beben sei erst 1251 aufgekommen und drücke irgend- lüpfischen Stadt Konstanz zu vermitteln, unter an- welche kirchliche oder moralische Beziehung zur bi- derem «umbe die fraeveli und den shadin, der beshach schöflichen Würde aus. Doch sprechen alle Anzeichen an dem grabin und der veste ze Gotbuben. » Offenbar dagegen. Das Feld trug offensichtlich schon vorher hatten die Konstanzer die Abwesenheit der bischöf- diesen Namen. Eher ließe sich vermuten, Gottbeben liehen Truppen ausgenützt, um über die verhaßte sei ein Wesfall und bezeichne den Hof eines Gottbeb, Nebenresidenz herzufallen. Der Abt verknurrte sie da- wie Lüscherz, Stachen, Ulrichen (im Wallis) den eines für zu einer Buße von hundert Mark Silbers. Saß zu- Lüscher oder Stach oder Ulrich. Dem widerspricht, fällig ein Konstanzer Burger auf dem Bischofsstuhl, daß der Personenname Gottbeb im Mittelalter gar dann war nach dem Spruch vom Propheten und seinem nicht bestand, sondern erst im siebzehnten Jahrhun- Vaterland erst recht nicht an friedliches Einvernehmen dert unter Pietisten üblich wurde. Man hat sich auch zu denken. So hören wir, daß unter Bischof Ulrich schon überlegt, ob Gottbeben nicht eine Gegend be- Pfefferhart um 1350 eines Tages der vorarlbergische nenne, wo gut leben sei oder, einleuchtender, wo - ent- Graf Hugo von Montfort-Tosters sämtliche Herbergen sprechend den besonders sächsischen Ortsnamen auf bei Gottbeben niederbrannte und daß dabei die kon- -leben, wie Fallersleben - ein Alamanne Goto gelebt stanzische Bürgerschaft große Genugtuung bewies, in- habe. Neuerdings vergleicht Hubschmid das Wort mit dem sie das Läuten der Sturmglocken verhinderte. Der den nicht seltenen französischen La Charité, was ur- Montforter forderte von Ulrich tausend Gulden, Ulrich sprünglich ein Armen- oder Krankenhaus meinte. Das ließ den Grafen im Kloster Münsterlingen verhaften würde zur christlichen Herkunft zurückführen, die und gab ihn erst wieder frei, als dessen Sippe einen eben doch nicht ganz außer Betracht fällt, zumal wenn zahmeren Friedensvertrag besiegelt hatte. Gottbeben man bedenkt, daß in Gottbeben 1830 eine vielleicht ur- muß damals bitterbös ausgesehen haben, da die Burg alte Kapelle abgetragen worden ist. Alles in allem kurz vorher auch noch per ignem proprium, durch stehen wir da vorläufig noch vor einem Rätsel. «eigenes»Feuer, ausgebrannt war. Ein teurer Spaß für Geistliche waren damals nicht nur tüchtige Geschäfts- den Kirchenfürsten. «Er buwt Gottbeben gar vest und leute, sondern vielfach auch ausgesprochene Kriegs- wol, dan (wie) es vor ouch buwen gwesen. Er buwte gurgeln. Während des Interregnums, also vor dem Re- den ainen turn fast höher, da die schib inen ist. » Ob es gierungsantritt Rudolfs von Habsburg, und weit von besonderem Geschmack zeugte, den Turm mit der darüber hinaus ging es unter ihnen recht derb und blut- Schib, dem Gefängnis, also den Westturm, gegenüber rünstig zu. Im gleichen Jahr, da Eberhard Gottbeben dem andern zu erhöhen, darüber läßt sich streiten. Doch

6 ist die Sache nicht so schlimm. Rahn, der die Burg genau ausmaß, macht die tröstliche Feststellung, daß beide Türme «annähernd die gleiche Höhe haben.» Ulrichs Nachfolger, Johann Windlock, war wieder Kon- Stanzer Burger. Rassig und unerhört schroff, stand er ebenfalls mit aller Welt ewig auf Kriegsfuß. Ihn be- lehnte König Karl IV. mit Einkünften in Markdorf, die deshalb ans Reich zurückfielen, weil das Geschlecht der bisherigen Inhaber im Mannesstamm erloschen war. Seine Majestät machte die Rechnung ohne den Wirt. Denn jetzt trat ein hadischer Ritter, Konrad von Horn- bürg, der eine Markdorferin zur Frau hatte, als Erbe auf den Plan. Dieser suchte im Frühjahr 1355 kurzer- band das Schloß Gottlieben, in dem sich der Bischof aufhielt, zu stürmen, mußte sich indessen damit be- die brandschatzen — selbstver- gnügen, Vorburg zu /Ins tcird rer&rannt bei wohlwollender der Stadt Kon- ständlich Neutralität Nach Richenthal, Concilium, 15. Jahrhundert stanz. Obwohl eine Aussöhnung zustande kam, waren Windloclss Tage gezählt. Er hatte nämlich noch wei- teres Werg an der Kunkel. Daß er den Reichenauer mit der Bürgerschaft, sondern sogar mit den eigenen Abt einsperrte, der nicht alle Wünsche auf Anhieb er- Domherren, seit einigen Monaten gemieden hatte. Hier, füllte und dann nach Gottliehen ritt, um sich zu recht- in der bischöflichen Pfalz, fiel er im folgenden Winter fertigen, spielt eine nebensächliche Rolle. Verhängnis- beim Nachtessen den Dolchen von erbosten Adeligen voller war sein Verhalten bei Zürich. Der Beitritt und Bürgern zum Opfer. Viel später, 1436. ist übrigens Zürichs zum Bunde der Eidgenossen im Jahre 1351 auch im Schloß Gottlieben ein Bischof, Friedrich von rief mehreren Belagerungen durch das Reichsoberhaupt Zollern, auf romantische Art gestorben. «Man sagt», und durch Herzog Albrecht den Lahmen, der die habs- erzählt darüber der Chronist geheimnisvoll, «ime und burgischen Interessen in der Schweiz verfocht. Bischof seinem schriher were zu essen geben von frowen. » Johann, der Albrechts Kanzler gewesen war, zog mit, Vielleicht wurden Fliegenpilze serviert! Daß bei der kehrte aber 1354 dem Belagerungsheer mit hundert Be- Ermordung Windlocks auch Konrad von Homburg im helmten den Rücken, weil ihm nicht erlaubt wurde, das Bilde war, läßt sich ausrechnen. Am eigentümlichsten Banner zu führen, unter dem die Schwaben nach altem aber berührt es, daß die Helden des Tages zu Abt heimischem Recht im Vordertreffen zu kämpfen be- Eberhard von Brandis, dessen Stammburg bei Lützel- anspruchten. Aus Furcht, wegen solcher Fahnenflucht fliih im Emmental stand, auf die Reichenau flüchteten durch Alhrechts Schergen in Gottlieben gepackt zu und daß nachher ein Vetter dieses Abtes, Heinrich von werden, ritt er im Oktober 1355 stumm in Konstanz Brandis, Bischof wurde. Der mochte die Konstanzer ein, das er wegen schlechten Einvernehmens nicht nur schon gar nicht leiden, hauste darum meist in Gott- lieben und soll dort einen üppigen und — wenn man dem Klatsch Gehör schenkt — nicht selten ziemlich un- klösterlichen Hofhalt geführt haben. Wir sind über diese Dinge durch die höchst gewissen- hafte Berichterstattung eines Zeitgenossen, des Dom- herrn Heinrich Truchseß von Dießenhofen, unterrichtet, der, wo nicht aus eigenem Augenschein, so doch aus ganz erster Hand schöpft. Um kurz auf die Geschäfts- tüchtigkeit der Bischöfe zurückzugreifen : Mochten sie sich noch so verbissen mit den Konstanzern herum- balgen, gelegentlich waren doch die Spießer gut genug, um angepumpt zu werden, wobei etwa Gottlieben als Pfand herhalten mußte. Erklärt doch Bischof Burkard 1390, er schulde dem Stadtbürger Harzer unter an- derem fünfzehnhundert Pfund Heller, die er benötigt habe, um die Feste Gottlieben von den Konstanzern sie Fier gefangene Priester JZie/ten ans dem ScWo/1 GottZieèen auszulösen, an welche einer seiner Vorgänger, Ni- Nach, einer Chronik um 1500 klaus Hofmeister von Frauenfeld, fünfzig Jahre früher

7 versetzt habe. Für die Gesamtschuld von zweitausend- Bischofsstadt das gegebene Ausfallstor. Hier sammel- siebenhundert Pfund verpfändet er gleich wieder Gott- ten sich kaiserliche Truppen aus allen Himmelsrich- lieben und betont drei Jahre später den festen Ent- tungen, unternahmen im März den ersten Angriff, in- Schluß, die Burg möglichst bald ans Hochstift zurück- dem sie die Vorwachen bei Tägerwilen und Gottlieben zubringen. Also die bekannte Methode, ein altes Loch überrumpelten. Jetzt behafteten die Eidgenossen den mit einem neuen zu verstopfen. Bischof Hugo von Hohenlandenberg — neckischer- Vorhin ist die Schib, der Kerker im einen Schloß- weise ein Züribieter aus dem Tößtal - bei der Ab- türm, erwähnt worden. Er war zeitweise namentlich machung, wonach Gottlieben für sie offenes Haus sei, mit Klerikern besetzt, die sich unzüchtige Vergehen zogen aber den kürzeren, weil die konstanzische Be- hatten zuschulden kommen lassen. Ganz außergewöhn- Satzung zuvorkam. Obgleich Hugo bestritt, daß dies liehe Leute beherbergte er im fünfzehnten Jahrhundert. mit seinem Willen geschehen sei, mußte er, statt einer So lag hier, in eisernen Fußschellen und nachts mit Antwort, seine Burg Kastel in Flammen aufgehen metallenem Armhand an die Wand geschmiedet, wäh- sehen. Das «Züslen» blieb an der Tagesordnung. Bei rend des Konstanzer Konzils 1415 einige Wochen lang Gottlieben scharmützelte man hin und her. Am 11. der Prager Reformator Jan Hus, um dann am 6. Juni April, wie einige Regimenter aus Konstanz hervor- den Scheiterhaufen zu besteigen; mit ihm für kurze brachen und die Posten in und Mannen- Zeit der entflohene, wieder eingebrachte und nachher bach zusammenhieben, lodern endlich die thurgauischen abgesetzte Papst Johann XXII. Dasselbe Schicksal Hochwachten auf. Zwar zählt das Gros in Schwader- wie Hus erwartete seinen Schüler Hieronymus, der im loh nur etwa 1500 Mann. Trotzdem marschieren sie folgenden Jahr verbrannt wurde. Später kam der gedeckt nach Wäldi, um sich alsbald, ohne der schwä- Zürcher Chorherr Felix Hämmerlin dran, ein hoch- bischen Artillerie Beachtung zu schenken, nordwärts gelehrter Mann, der ebenfalls kirchliche Mißbräuche über den Hang hinunter zu ergießen. Der Feind weicht abstellen wollte, sich besonders den Haß der Schwyzer ungeordnet, die Schweizer teilen sich. Ein Haufe ver- zuzog und 1454 dem Bischof zur Bestrafung ausgehe- folgt die Kavallerie, die im Schutze des bestückten fert ward. Der Ausdruck «Meister Hämmerli» wird ja Schlosses Gottlieben nach Konstanz zurückstrebt, der heute noch etwa zur Bezeichnung eines Tausendsassa andere Haufe nimmt sich der Infanterie an, die in verwendet. Sein Urbild, vor allem als Kirchenrechtler höchster Verwirrung dem Rheinufer zueilt oder von bekannt, ist kürzlich durch die Auffindung einer Triboltingen her über sumpfiges Gelände Gottlieben kultur- und naturgeschichtlich interessanten Schrift zu erreichen sucht. Dort sprangen viele in den Burg- «De balneis naturalibus» (Naturbäder) frisch in Er- graben und verfingen sich in den Fußangeln, welche innerung gerufen worden. eigentlich dem Gegner zugedacht waren. Hätten nicht Nach dem Übergang des Thurgaus an die Eidgenos- die Kanonen, die aus dem Burghof herauspfefferten, sen 1460 war mit dem Bischof ein Modus vivendi zu die Schweizer in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträch- suchen, wobei die Hirtenknaben alles andere als schlich- tigt, so wären die Verluste für die Schwaben sehr groß tern auftraten. Durch Vereinbarung vom Januar geworden; auch so blieben dreizehnhundert auf der 1477 erreichten die V katholischen Orte Uri, Schwyz, Walstatt liegen, und fast ebensoviele ertranken im Unterwaiden, Luzern, Zug, daß der Kirchenfürst eine Strom und im See. Durch die sogenannte Schlacht bei ganze Reihe seiner Städte und Herrschaften herwärts Schwaderloh, die richtiger das Treffen bei Tägerwilen des Rheins, zum Beispiel Gottlieben, Kastel, Arbon, oder Gottlieben heißen würde, und dadurch, daß sie Bischofszell, Tannegg, Kaiserstuhl und Klingnau, als ungesäumt den Stiel umkehrten und in den Hegau vor- der Eidgenossen offene Häuser bezeichnete. Und als stießen, erleichterten die Eidgenossen den Grauen Bischof Otto IV. zur Finanzierung des Kampfes mit Puren den Erfolg an der Calven und zwangen den kai- dem in Radolfzell residierenden Gegenbischof Ludwig serlichen Generalissimus, einen Grafen von Fürsten- von Freiberg — ein Schisma im kleinen! - 1485 mit Er- berg, soviele Truppen ostwärts zu verschieben, daß er laubnis des Reichsoberhauptes ein altes Zollrecht am bei Dornach von den Solothurnern vernichtend ge- Rhein zu Gottlieben aufwärmen wollte und selbst ein schlagen werden konnte. Der Friede von Basel, den der Viertel des Ertrages in Aussicht stellte, geboten sie Mailänder Herzog Lodovico Moro und sein Bevoll- Halt und verwahrten sich im übrigen entschieden da- mächtigter Galeazzo Visconti als Vermittler am 22. gegen, daß auf thurgauischem Boden kirchenrechtliche September 1499 fertigbrachten, verschaffte den Hei- und zivilrechtliche Angelegenheiten vermengt würden. vetiern, was sie gewollt hatten. Auch der Züribieter Der unhaltbare Zustand, daß seit 1460 hierzulande die Bischof merkte, daß mit seinen Landsleuten herzlich Schweizer durch einen Landvogt die Polizeigewalt aus- schlecht Kirschen essen sei, verlegte deshalb die Pfalz üben ließen, die hohe Gerichtsbarkeit über das gleiche außerhalb des Schußbereiches nach Meersburg, wes- Gebiet jedoch bei der Stadt Konstanz lag, fand 1499 halb fortan im Schloß Gottlieben nur noch ein Ober- im Schwabenkrieg ein Ende. Für die Schwaben war die vogt hauste. Als militärische Schlüsselstellung blieb

8 es weiterhin der Gegenstand eines regelrechten Tau- ziehens zwischen der Meersburger Kurie und den X oder XIII Orten. So oft am politischen Himmel Wolken aufstiegen, geriet es in den Vordergrund der beid- seitigen Interessen, und schließlich erreichten die Eid- genossen, daß sie einen herwärtigen Burghauptmann samt Mannschaft hineinstecken durften, was vor allem während der Aufregungen der Reformationszeit und des Dreißigjährigen Krieges wichtig wurde.

Die Sc/i/ac/it 6ei Sc/uoaderZo/i fini Hintergrund Sc/i/q/i Gott/ie&en und Konstanz,) Nach einer Chronik um 1500

Hatte sich die Schweiz 1499 praktisc/i vom Reich los- Kampfhandlungen vom Kloster aus ab- gelöst, so erfolgte die rec/ithc/ie Bestätigung dieser Tat- wickelten. Die fremde Soldateska bezog von Erma- sache erst im Westfälischen Frieden 1648. Die Ereig- tingen bis Münsterlingen Unterkunft, und die meisten nisse, die vorausgingen, brachten wieder Soldaten nach der eidgenössischen Postenkommandanten liefen, weil Gottlieben. Im Sommer 1633 wälzten sich die Heeres- überflüssig geworden, davon. Der Zürcher Hauptmann massen der Katholischen Liga und der Protestan- Grebel in Gottlieben freilich blieb als Beobachter und tischen Union, in der aucli Truppen des Schweden- hat uns wertvolle Berichte hinterlassen. Er war recht- königs Gustav Adolf mitfochten, nach Süddeutsch- zeitig im Bild, da einige Tage vor Horns Ankunft ein land, und anfangs September klopfte plötzlich der schwedischer Ingenieur-Offizier in Gottlieben bei ihm schwedische Marschall Horn, gefolgt von zahlreichen vorgesprochen und die militärische Lage begutachtet Schwadronen, an die Tore von Stein am Rhein, um, hatte. Die Sache dauerte nur dreieinhalb Wochen, da nach kurzer Erörterung mit dem dortigen Stadtrat, keine Fortschritte erzielt wurden. Ende September und über die Rheinbrücke und dem ganzen Untersee entlang anfangs Oktober häuften sich im Hauptquartier noble nach Gottlieben zu reiten. Hier wurde eine Schiffs- Besuche, der französische Gesandte Herzog von Rohan, brücke geschlagen, die bald vom Gleichtritt der aus Generalissimus Prinz Bernhard von Weimar, die Her- Wollmatingen auf die Riedstraße heranmarschierenden zöge von Württemberg und Holstein und andere große Infanterie erdröhnte. Auch schweres Geschütz fuhr auf. Tiere mehr; unmittelbar daraufverschwanden die Skan- Was wollte Horn? Konstanz von der scheinbar gün- dinavier auf den selben Wegen, auf denen sie gekommen. stigeren Schweizerseite her nehmen, um den Zuzug Kesselring war gewiß ein ehrlicher Protestant und biede- spanischer Mannschaften aus Italien zu unterbinden. rer Schreibstubenmaim, aber offensichtlich eine militäri- Und was taten die Eidgenossen Gar nichts, obschon sehe Niete, was man endlich einmal offen zugeben sollte, die Grenze besetzt war und Obristwachtmeister statt ewig über die Schindereien zu jammern, die ihm Kilian Kesselring aus Bußnang die Posten befehls- nachträglich die Innerschweizer angedeihen ließen. Das gemäß verteilt hatte. Schloß Gottlieben ward schwe- Defensionale, das auf Grund solcher Erfahrungen 1647 disches Hauptquartier, während sich die wichtigsten in Wil abgeschlossen wurde, übertrug die Burghut Gott-

9 Ende des siebzehnten Jahrhunderts durch die Eid- genossen das Marktrecht erhielt, daß nach weiteren hundert Jahren die große Straße Zürich - Konstanz und die Pfyner Brücke den Verkehr vermehrten. Da- durch verwandelte sich Gottlieben in einen wichtigen Stapelplatz mit Lagerhäusern und Speditionshrmen. Der Bischof half mit, indem er sogar einen Straßenzug durch sein Schloßgut bewilligte. An dem Wirtschaft- liehen Aufschwung hatten die Meyer einen wesentlichen Anteil. Ihre fast großstädtische Eisen- und Weinhand- lung betrieb in Österreich eigene Bergwerke. Solcher Gewerbefleiß befähigte Gottlieben, sich 1795 von den drückenden Lasten der Leibeigenschaft loszukaufen und während der napoleonischen Kriege gewaltige Ein- quartierungslcosten ohne Bundessubvention — zu Drac/ie/ièitrg - tragen. Von dieser Posperität Gottliebens zehrte noch Photo von Willy Müller, Gottlieben im vergangenen Jahrhundert der vorletzte Herr von Breitenlandenberg auf durch Beteiligung an liebens dem Stande Luzern. Nebenbei gesagt: «Defen- einem Speditionsgeschäft. Sein Sohn, Ultimus des Ge- sionale» ist ein schönes Wort, aber nicht gar so schön schlechtes, starb hier 1885 nach der Rückkehr aus fran- wie die neuestens grassierende « Gesamtkonzeption » zösischen Diensten. Wie der Name Breitenlandenberg Noch zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts war bei den gallischen Kommilitonen tönte, wagt man Gottlieben ein regelrechtes Weiherschloß und wies alles kaum auszudenken! Von einem Meyer stammt auch in allem die Formen auf, die ihm Bischof Otto gegen die Drachenburg, und zwar von einem Bockmeyer. 1500 gegeben hatte. Als es 1837 an Prinz Louis Na- Man unterschied nämlich nach dem Wappenbild Bock- poléon auf Arenenherg überging, ließ dieser den Was- meyer und Maierislimeyer. Daß hier ein Bockmeyer am sergraben ausfüllen und nahm - leider - am Gebäude Werk war, beweist das vielfach angebrachte Wappen- selber einschneidende, gotisch sein sollende Verände- tier, ein Schafbock. Das Innere des 1716 erstellten Ge- rungen vor, wobei aber wenigstens die Türme ziemlich bäudes verrät in der Raumeinteilung den selbstbe- ungeschoren blieben. Im Jahr 1842 ward ein Graf von wußten Bürgerstolz jener Zeit, während die Benennung Beroldingen Eigentümer, und seither befand sich die Liegenschaft wohl immer in der Hand von Beichs- deutschen. Gegenwärtig sucht man, soviel ich weiß, einen zahlungskräftigen Käufer. Nach dem Waffengetöse doch noch einige fried- lichere Betrachtungen. Gottliebcn war ja nicht nur Bischofsschloß, sondern von jeher auch eine bürger- liehe Siedlung. Vom dreizehnten Jahrhundert an be- gegnen wir in den Urkunden vereinzelten seiner Ein- wohner, vor dem Aufkommen der Geschlechtsnamen einem Meister Ulrich, einem Konrad, Lütfried, Damian, Nikiaus; später dem Hans Oeheim, Erhart Gerung und zumal der Familie Amstad. Die Burginhaber verhät- schelten das Nest, schon Konstanz zum Trotz, und die bischöfliche Amtei brachte mancherlei Vorteil und Be- schäftigung. Wenn 1273 einmal vom «oppidum Gotte- lubon» die Rede ist, so wird man annehmen dürfen, die ganze Ortschaft sei einigermaßen befestigt gewesen. Ihre Begönnerung durch den Kirchenfürsten lockte Zuzug von auswärts an, so die Engwiler Freisassen Meyer und Egloff, die heute noch unter den Bürger- geschlechtern nach den Hippenmeyer zahlenmäßig den Hauptrang einnehmen. Förderlich war, daß Konstanz 1548 an Österreich überging und von diesem kräftig unter dem Daumen gehalten wurde, daß Gottlieben Jo/icm/i Korerad ibsppenmeyer

10 ^ z//r/x*W • Z

GoîJ/ie&era 1831

« Drachenburg » eine spätere Erfindung bedeutet und und weitere Heimat hochherzig und stiftete beispiels- hoffentlich nicht mit irgendwelchen «verflossenen» weise zweitausend Gulden an die einst kommende Insassen oder Insassinnen, sondern mit den kühnen, Kantonsschule. Uberhaupt zeitigte die wirtschaftliche vorspringenden Wasserspeiern zusammenhängt. Ahn- Blüte Gottliebens auch kulturelle Früchte. Nach An- liehen Ursprungs wie Bock- und Maierislimeyer dürfte nähme der Reformation beschäftigte man hier schon Hippenmeyer sein, obwohl heute das Siegel Leu und 1580 einen weltlichen Schulmeister, und als mit der Laute, nicht etwa eine Hippe oder gar Hüppe auf- Zeit die Platzknappheit in der Kirche Tägerwilen zu weist. Dem zur Stunde noch verbreitetsten Bürger- lästig wurde, errichtete man 1735 ein eigenes Gottes- geschlecht der Hippenmeyer gehört ein Mann an, der haus. Den Prädikanten lieferte natürlich zunächst Zü- einen besonderen Hinweis verdient. Johann Konrad rieh; doch folgte 1754 das Recht der freien Pfarrwahl. Hippenmeyer, 1752 als Sohn eines Gastwirtes geboren, Leider hatte sich der österreichische Architekt beim kam nach kaufmännischer Lehrzeit in St. Gallen acht- Kirchenbau in den technischen Berechnungen ge- zehnjährig als Handlungsgehilfe nach Wien in eine täuscht, sodaß das Haus 1812 abgetragen und neu auf- Großfirma, an welcher sein Onkel mütterlicherseits, geführt werden mußte. David Meyer, beteiligt war. Nach des Onkels Tod Durch häufige Rheinüberflutungen im Anfang des wurde er Buchhalter und schließlich Teilhaber des Ge- verflossenen Jahrhunderts, durch Rückgang der Fisch- schäftes, und als 1816 die Wiener Großkaufmannschaft ausbeute, sicher auch durch das Verschwinden der bi- die österreichische Nationalbank gründete, deren erster schöflichen Herrlichkeit und wohl vor allem durch die Ge- Direktor. Ein reicher Junggeselle, für sich selber spar- burt der Eisenbahn verfiel Gottlieben allmählich dem tanisch einfach, aber für andere freigebig, war er vor Dornröschenschlummer. Fast tragisch berührt einen die allem den Kindern und der Schule zugetan. Immer Tatsache, daß der Flecken 1831 noch dreihundert- wieder besuchte er Gottlieben, kaufte 1808 nach der neunzehn, 1944 ganze hundertzweiundneunzig Seelen Aufhebung des Bistums Konstanz das Schloß, das dann zählte und damit wahrscheinlich die kleinste Muni- aus seinem Nachlaß an Louis Napoléon überging, er- zipalgemeinde der Schweiz geworden ist. Dem wird es warb zudem den Hof Unterkastel und den Freisitz zuzuschreiben sein, daß Gottlieben 1873 den Rang Hertier. Im Testament bedachte er 1832 seine engere eines Bezirlcshauptörtes an das unheimlich anwach-

11 sende Kreuzlingen abtreten mußte, genau wie das nach lieben vorüber;» 1368 quittiert Hans Ruober für ein dem Wegzug der Johanniter sozusagen verwaiste Tobel Sechstel der Tracht « Rünsswissen » unterhalb der an das Industriedorf Miinchwilen. Gottlieber Fachen. Wenn die Gangfische nach Mitte Gewaltige Aufregung erlebte Gottlieben im Februar November hinaufziehen, «fangen sie sich in den beim 1692. Damals versank bei Sturmwetter das hart am Einflüsse des Rheins in den Untersee bis auf den Grund Strande gelegene Wirtshaus «zum Aal» in den Fluten, eingesenkten Fachen oder Hürden in großer Zahl. Der weiter rückwärts entstand gleichzeitig ein Riß im Ge- 25. Wintermonat gab gewöhnlich den Fischern eine lände, sodaß auch die «Krone» mit ihrem Nachbar- besonders gesegnete Ernte; daher kam die Regel: Ka- gebäude ins Rutschen kam, diese beiden immerhin so thari jagt tausend dri. Eingemacht (mariniert) oder ge- langsam, daß die Fahrhabe vorher noch ausgeräumt dörrt bleiben die Gangfische ziemlich lange schmack- werden konnte. Ein viertes Haus mußte geschlissen haft» - berichtet Pupikofer. Kein Wunder, daß das werden. Die erste Hilfe leistete Konstanz, und bald Gewerbe immer wieder Rechtshändel heraufbeschwor; kamen Gaben aus allen Himmelsrichtungen. Der Ri- kein Wunder, daß die Gottlieber sozusagen sämtliche schof in Meersburg schickte hundertfünfzig Eichen- Steuern in Kaltblütern zu entrichten hatten; kein Stämme; Zürich, Rem und viele andere Schweizer- Wunder schließlich, daß man bei dem Unglück von Städte spendeten Unterstützungen in bar; die Nachbar- 1692 auf den Gedanken kommen konnte, die geplagten gemeinden sprangen bei mit Holz, Geld und Fron- Tiere, von denen alljährlich Tausende und aber Tau- arbeit, und schon übers Jahr war durch einen Rost und sende das Leben ließen, hätten sich gegen die grau- Damm aus mehr als siebenhundert Stämmen die noch samen Zweibeiner verschworen und deren Siedlung heute bestehende Uferwehr fertiggestellt, ohne daß unterhöhlt. Ein Dichter nahm sich des dankbaren Gottlieben selber mit Kosten allzusehr belastet war. Stoffes an, der Stuttgarter Oberstudienrat und Ober- Rei Erörterung der Schuldfrage wurde auch etwa die konsistorialrat Gustav Schwab, ein begeisterter Boden- Vermutung ausgesprochen, die Fische hätten das Ge- seefreund, aber vielleicht noch allgemeiner durch seine stade unterwühlt, und das gibt nun doch Gelegenheit, « Schönsten Sagen des klassischen Altertums » be- auch über das Wassergetier noch ein Wort zu sagen. kannt. Aus Schwabs Ballade «Des Fischers Haus» Es ist klar, daß der Rheinschlauch zwischen Rodensee zum Schluß einige Strophen: und Untersee eine ganze Menge Fischarten anzieht und Sein Haus hat der Fischer gebaut, seit alters eine reiche Ausbeute gewährt. Besonders er- Es stehet dicht an den Wellen, giebig war immer der Gangfischfang. Im Jahre 1290 In der blauen Flut sichs beschaut, verkauften drei Herren von Kastel fünfzehntausend Als sprach es: Wer kann mich fällen Gangfische Zins aus der sogenannten Gewällstatt ans Kloster Salem, und ein Jahrhundert bei genau darauf, Mit ausgeklügelten Kniffen überlistet der Mann seine der früher erwähnten Gottliebens durch Verpfändung Opfer. Rischof Burkard die Ver- an Harzer, betrug jährliche «Ich bin der Herrscher im See, sechzehntausendfünfhundert dürre gütung sogar Ein König im Reiche der Wogen!» « Gankvisch ». Die « Gewällstatt » ist eine den von So spricht er und schnellt in die Höh' zahlreichen Fischfallen, die hier und angebracht waren Den schweren Angel im Bogen. über die uns die Urkunden unterrichten. Magister Ul- rieh, Kustos Großmünster in Zürich, entschied am Nur von Fischmord und Reichtum träumt er. 1327 als vom Papst ernannter Richter zugunsten der Da sich das Leben im Grund, Altarpfrund St.Pelagi des Konstanzer Doms gegen regt Da wimmelt's von und Forelle, Albrecht Underschopf wegen der Fischereigerechtig- Krapf Da Mund keit «in loco videlicet, qui dicitur dü tüffe trachte, site nagt's mit geschäftigem Und Ufer im in Reno quasi in medio castri Gotlüben et loci, qui di- schlüpft unters Quelle. citur ze den vechern». Also die Fachen am Westende des Fleckens und die Tieftracht zwischen ihnen und Erbarmungslos wird jetzt Rache gebrütet. dem Schloß, beide sehr häufig genannt und lange Zeit Von Jahr zu Jahr sie nicht ruht, Eigentum der Pelagipfrund. Diese verpachtete sie, Die Alten zeigen 's den Jungen; bald gesamthaft, bald gestückelt, zum Beispiel 1335 an Bis daß die schweigende Flut eine einheimische Familie, 1339 an Stadtammann Ist unter das Haus gedrungen; Götzlin zu Uberlingen, 1370 an einen Konstanzer Bür- ger. Weiter hören wir von den Rysern, das heißt Rei- Bis daß bei sinkender Nacht, sern oder Fangkörben, Rüschen, und zwar «2 vor der Wo der Fischer träumt auf dem Pfühle, Burg an dem Weiher, 1 an den Gehegen, 1 an der Grube Das Haus, das gewaltige, kracht, an der Burg vorüber, 1 vor des Fürbels Haus, 1 an Gott- Versinkt in der Wogen Gewühle.

12 Aus gießt sich Korn und Wein, Sc/iri/itum. Regesta Episcoporum Constantiensium. - Thür- Es öffnet der Rhein den Rachen, gauisches Urkundenbuch. - Pupifeo/er, Geschichte des Thurgaus. - Es schlingt den Mörder herein, Thurgauisches Neujahrsblatt 1831 und 1834. - Stasger im Frei- Diözesanarchiv 10. Er hat nicht Zeit zum Erwachen. burger - X. Sc/iönen&erger, Das alte Bistum Konstanz. - Das Bürgerhaus in der Schweiz 19. - J. R. Ra/m, Die Die Gärten, die Bäume zugleich, mittelalterlichen Architektur- und Kunstdenkmäler des Kantons Sie schwinden, sie setzen sich nieder; Thurgau. - iL Herdt, Geschichte des Thurgaus; ebenso «Gott- Es spielen in freiem Reich lieben» im Historisch-biographischen Lexikon der Schweiz und Die Fische, die fröhlichen, wieder. bei E. Propst, Die Burgen und Schlösser der Schweiz, Thurgau I.

Alfred Huggenberger ffnsprac/ie von Fritz /'.Vider/m

Liebe-n-ond vereerte Alfred Huggebèrger, de Tööss ond de Murg, ô de Kchantonsgrènze gège 's Zöripiet, Puurelüüt öd z'verwèchsled mitlnerschwiizer- die Tuurgauer, wo liiit i dère Stöbe binenand send, wo oder Bèèrnerpuure, au öd emöl mit Obertuurgauer oder Öüen Name traat, hööd wele mit Öü för en Oöbed zème dene vom Seerugge. E ganzes Album vo trèèffe Mane- cho, da-n-Er seled sèche-n-ond mergge, da Öüi Lands- ond Frauechöpfe chönnt me us Öüne Büechcher zème- lüüt i de Stadt Zöri Öüi Pèrsoo-n-ond Öüe Dichter- stele, ond e-n-anders dezue mit Bildere vo Hööfli, Zeige wöört èschtimiered, wie sichs ghört, ond da mer Öü ond Waldig, aalte Puurehüser ond Stöbe, vo Döörf- Tangg wessed för aals, wa-n-Er üs ô Griimetem ond bröne, Puuregärtli, Chriesböm ond Chörnöpfelböm. Oogriimetem dor Öüe ganzes Lèbe dore z'ièsed ond I dem Fries vo Fraue-n-ond Mane, Poorschte-n-ond z'hööred gee hood. Maatli ischt ön Charakchterchopf öm andere : Do ischt Ganz oogsinet send Eer achzgi woörde. Wo meer da de wagger Chnècht Danieel Pfund, wo sim Mèischter vernoo hööd, hèt me sich öd lang psinet; 's hèt on zom mee z'Gfale lèbt as sim Schatz. Dö ischt de Fèrdi andere gsaat: die Glègehèit sell öd verbii go, ooni da- Kèmpf, wo lang gmueg waarte chönn, bis er uf de Hèrre- mer em Mèischter Huggebèrger, ond wènn 's au no im pünt en aagne Achcher ond die Frau, wo-n-em im Sinn chline Chrèis chö sii, üsen Tangg säged för die vile liit, öberchoot. Dö ischt de Zèigerhaniss, wo kchön chorzwilige Erzelige, för ali èèrnste ond hèitere Yèèrs, Schuelmèischter vo Prueff aber ön vo Göttesgnaade- wo-n-er is scho pôtte hèt. n-ischt; de Quèèrchopf, Hèieri Lènz, wo 's so rècht Eer hööd vil gschaffet i Öüem Lèbe. Eer hööd mit mèènt, aber ales so lètz öögriift, ond ander mee. Ond de Hènde vil ond mit em Chopf no vil mee vor I hère dènn da Gschäärli Müettere, Fraue-n-ond Maatli: Alne prôôcht. I muen I hüt Oöbed öd uufzele, wie vil Bènd veruus, d'Ane Wasme im Sibenachcher, wo för erni Erzelige Eer gschrebe hööd, öögfange mit em Buech Chend bèttet, si möged doch im strèngschte Schaffe «Vo de chline Lüüte» bis zo «Liebi uf em Land»; es kchön Finggeschlag öberhööre, ond wo, scho nüme rècht möged öppe anderhalb Tôtzet si. Ond wèn i ietz d'Nème zweg, nö sèlber gööt go luege, öb eren Bueb di rècht vo Öüne Gedichtbènd säg, so tueni 's no, will scho Bruut uusglèse hèi. Ond wa ischt die Ane Wasme erem d'Öberschrefte verrôôted, wohee Eer Öüi Léser wend schwachche Möö för e starchchi Hiilf gsi füere: «Hinterm Pflug», «Die Stille der Felder», Aber, gèled, Mèischter Huggebèrger, em mèischte «Lebenstreue», «Erntedank». Freud hööd Öü döch die gmögige junge Maatli gmach- Is Puureland wend Eer üs füere, ond wend üs zaage, chet, öni öömächcheliger als di ander, wo-n-Eerzwüsch- wa för en Sège ond wa för e «hèimlichi Macht» im sehet die Poorschte gstellt hööd, bald ase, da's enand Bode ond i der Aarbet mit em Bode liit. Aber öd vom öbercho hööd, bald wider soo, as enand verlööre, mèng- Puureland ond von Puure, wie-n-es si so get, reded Eer, mol aber au wider fonde hööd. Ine sone Häxli wie die nèi; Eer hööd Land ond Lüüt vo-n-ere Geged vor Sabine Buecher mit erem aagesinige Chruselhöör ond üs hère gstellt, wie-n-es si blos öömöl get i dère Wèlt; em Muettermööli uf em Bagge send öd blos de Hèieri es send Lüüt vo-n-ere abglègne Geged, zwüschschet Lènz ond sini Kchonkcherrènte verschöösse gsi; Eer

13