SWR2 Musikpassagen Inland, Ausland, Neuland Die musikalische Welt des Pyrolator

Von Thomas Groetz

Sendung: Sonntag, 6. Januar 2019 Redaktion: Anette Sidhu-Ingenhoff Produktion: SWR 2019

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Autor 1: Das Stück Minimal Tape1/2.3, das wir soeben hörten, stammt aus dem Jahr 1979. Zu finden ist es auf einer LP mit dem Titel Inland, die selbst entwickelt, gespielt und produziert hat. Man könnte behaupten, dass sich seine musikalische Laufbahn schon 1969 anbahnt. Da ist Kurt Dahlke elf Jahre alt und findet unter dem Weihnachtsbaum nicht nur ein Akkordeon vor, sondern auch einen Spielcomputer namens Logikus, eine frühe digitale Lernstation.

Kurt Dahlke: Ich wollte immer einen Synthesizer haben. Ich konnte mir aber keinen leisten, und hab dann einfach meinen Eltern gesagt: Ich komm dieses Jahr nicht mit in Ferien. Ich hab (...) bei einer Warenhauskette (…) im Versand Waren ausgezeichnet und mir davon meinen ersten Synthesizer (...) leisten können. (…) Und später dann konnte ich mir einen weiteren Synthesizer kaufen, und (…) mit dem ist dann auch (…) meine erste Platte entstanden.

Autor 2: Seine Platte veröffentlicht Kurt Dahlke unter einem Pseudonym: Pyrolator steht auf dem grauen Cover, auf dem auch ein Foto eines Anzugträgers zu sehen ist, der auf einer Rolltreppe abwärts fährt.

Kurt Dahlke: Ich wollte gerne eine Instrumentalmusik machen, die trotzdem die Form eines Protestsongs hat. (…) Für mich ist das eigentlich ein Abbild dieser Situation in Deutschland – wie man heute diese Zeit bezeichnet: Deutschland im Herbst, also die Zeit des Nato-Doppelbeschlusses, der Stationierung der Pershing- Raketen, die Berufsverbote, das war alles so eine (…) graue, bleierne Zeit, und die habe ich versucht, mit dieser Platte auch darzustellen.

Autor 3: Kurz vor Fertigstellung der LP stieß Kurt Dahlke in Wuppertal, wo er in einem heruntergekommenen Industrieviertel lebt, auf eine Initiative namens Art Attack. Diese erste Punk- bzw. New Wave-Galerie Deutschlands wurde von Frank Fenstermacher und Moritz Reichelt betrieben.

Kurt Dahlke: Ich war von der ganzen Atmosphäre und von dem Ganzen, was da passierte in der Galerie so begeistert, dass sich daraus ne Freundschaft entwickelt hat. Ich hab zum Beispiel schon am ersten Tag gemerkt, die haben eine Band, damals hießen die Karman Ghias. (…) Und das Instrument hieß Micky-Orgel, das war so ne orangene Billig-Orgel, die sie gespielt haben mit Rhythmusgerät. Und gesungen haben sie über eine Gegensprechanlage. Und das fand ich so faszinierend, da habe ich gedacht: Wow, das möchte ich auch, da möchte ich auch Teil davon sein. Und so habe ich mich an beiden angeschlossen und daraus ist dann Der Plan geworden.

Autor 4: Art Attack und Der Plan sind ohne die Aufbruchstimmung, die mit Punk und New Wave einher ging, nicht vorstellbar. Der aus England und Amerika stammende Punk war ein Signal der Selbstermächtigung – jeder konnte musizieren und Platten machen. Da sich Düsseldorf neben und als Zentrum der Szene herausbildete, zog Der Plan in die Rhein-Metropole um. Dort gründeten die drei ein Plattenlabel, das in Abwandlung von Art Attack den Namen Ata Tak erhielt. Schon bald erschien die erste LP des Plan mit dem Titel Geri Reig.

Kurt Dahlke: Moritz reiste als erster von uns dreien in die USA und kam völlig 2 begeistert aus Kalifornien wieder. Und letztlich ist der Titel Geri Reig von Der Plan in Kalifornien entstanden, nämlich to jerry reeg, aus wenig etwas machen, also beispielsweise wenn ein Auspuff kaputt geht, das man den einfach mal schnell mit Gaffer Tape klebt, das ist to jerry reeg.

Autor 5: Musikalische Basis der LP war Kurt Dahlkes Synthesizer Korg MS 20, ein damals neues und vor allem erschwingliches Gerät, das bereits im ersten Stück der Platte mit dem Titel Adrenalin lässt das Blut kochen zu hören ist.

Kurt Dahlke: Dieser MS 20 hatte die Möglichkeit, dass man mit äußeren Signalen, (…) zum Beispiel mit ner Gitarre oder mit irgendwelchen anderen Sounds in den Synthesizer rein ging, und dann den Synthesizer in seinen Möglichkeiten des Filters und der Modulation benutzen konnte. Und so ist dieses Stück auch entstanden, indem nämlich die (…) Rhythmusmaschine, die in dieser Micky-Orgel drin war, in den MS 20 umgeleitet wurde, und dadurch eben so ein Rhythmus entstanden ist.

Musik 2: Der Plan: Adrenalin lässt das Blut kochen ( 0:00 – 3:11 )

Autor 6: Bald schon arbeitete Der Plan an einer zweiten LP, die den französischsprachigen Titel Normalette Surprise trägt. Der groteske Song Renate schildert brenzlige Situationen.

Kurt Dahlke: Es gibt eine Textzeile in dem Stück, die heißt: Renate, im Toaster britzelts so komisch, oder so ähnlich. Und wir wollten dieses Britzeln nachstellen und irgendwie haben wir es nicht geschafft, (...), so, dass ich gesagt habe: Ach, guck mal, ich hab noch so einen alten Trafo von meiner Modelleisenbahn, und wenn ich da einfach einen Kurzschluss erzeuge, das britzelt wirklich schön! (...) Und wir kommen also dann mit den Bändern zum Überspielen in das Überspiel-Studio. (...) Und in dem Moment, wo dieser Sound – es britzelt so komisch im Toaster kommt, bricht dem armen Überspieler der Stichel ab, und er schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: „Her Dahlke, was haben sie da wieder gemacht?“

Musik 3: Der Plan: Renate ( 0:00 – 2:13 )

Autor 7: Nach Veröffentlichung der LP Normalette Surprise entstand die zweite Soloplatte des Pyrolator. Sie verhält sich antithetisch zur ersten: Nach dem Inland geht es jetzt ins Ausland.

Kurt Dahlke: Wir haben dann Geld in die Hand genommen und haben ein Studio gemietet. (…) In diesem Studio habe ich dann alle möglichen Freunde eingeladen, eben Sänger, Frank singt ein paar Stücke, (…) Eberhard Steinkrüger, der kam damals gerade frisch aus Südamerika zurück, und sang dann über seine Erfahrungen (...). Es gibt eine Französin, die singt ein Lied in Französisch, es gibt ein Stück in Holländisch. (…) Und eben zum Beispiel der Fredric Nilsen von der Los Angeles Free Music Society. (…) Also, das war ein Anspruch, ne möglichst internationale Platte zu machen.(…) Also ich hab da versucht, so ein bisschen funky zu sein, und eben diese ganz stringente Synthesizer-Ästhetik aufzubrechen.

Autor 8: Die LP Ausland dokumentiert nicht nur Einflüsse des Funk, der ab ca. 1981 in der internationalen New Wave eine Rolle spielt – zugleich finden sich Rap- Elemente. 3

Kurt Dahlke: Man sagt ja immer, der Rap hätte in den 80er Jahren so 82 / 83 erst stattgefunden, aber ich wage zu behaupten, (…) meine Platte ist ja 1981 rausgekommen, und (...) die beiden Stücke Max und auch Bacano Brothercito sind natürlich auch vom Elektrosound New Yorks beeinflusst, und auch von dem Hip Hop, den ich damals (…) in New York gehört habe.

Musik 4: Pyrolator: Max ( 0:00 – 3:14 )

Autor 9: Mit der international ausgerichteten LP Ausland thematisiert Kurt Dahlke das Verhältnis zwischen Einheit und Vielfalt, und damit auch die Frage nach der Identität. Ein Pseudonym kam dabei wie gerufen.

Kurt Dahlke: Als Pyrolator habe ich das tatsächlich so gemacht, dass ich den Namen mehr oder minder angenommen habe, weil ich selber nur schwerlich am Telefon sitzen (…) und sagen konnte: Ja, guten Tag, hier ist Kurt Dahlke, ich hab da ne ganz neue tolle Platte gemacht. Habt ihr die nicht Lust, in euren Laden aufzunehmen. Das klingt ziemlich doof. Insofern hab ich dann gedacht, ich bräuchte nen Künstlernamen, insofern kann ich mich einfach besser vertreten, wenn ich über ne dritte Person spreche.

Autor 10: Identität in der Form von kultureller Identität wurde wiederum für den Plan und sein Label bedeutsam.

Kurt Dahlke: Wir hatten damals Besuch von Boyd Rice. Boyd Rice ist ein ganz heftiger Avantgarde-Noise-Künstler aus Kalifornien gewesen (...). Und der hat uns damals gesagt: Mensch, ihr Deutschen habt ja echt ein Problem mit eurer Geschichte, ihr verweigert euch den großen Musikern eurer Vergangenheit nur aufgrund dieser ganzen Nazi-Geschichte. Es gibt doch so phantastische Operetten, Komponisten wie Robert Stolz, es gibt Hindemith, es gibt den deutschen Schlager, es gibt diese ganze Musik der 20er / 30er Jahre. Warum beruft ihr euch eigentlich immer nur auf (…) das Anglo-Amerikanische und diese ganze Pop- und Rockmusik, die aus England und den USA kommt, ihr habt doch selber so ne tolle Musiktradition!

Autor 11: Ein weiterer Besucher im Ata Tak-Studio war ein Sechzehnjähriger, der spontan aus dem Norden der Republik angereist war.

Kurt Dahlke: Ein junger Schüler aus Hamburg, der wiederum die Idee hatte, auf jedem deutschen Label ne Single zu machen (...) spielt uns ein Stück vor, und das heißt Fred vom Jupiter, (...) das war Andreas Dorau. Und mit diesem Ding im Hinterkopf von Boyd Rice, wir sollten doch mal uns dem deutschen Schlager auch öffnen, haben wir gesagt: Das ist eine gute Idee, das ist ein tolles Stück, das bringen wir jetzt einfach raus! (...) Und dass das so reinknallen würde und letztlich – kann man fast sagen die Neue Deutsche Welle ausgelöst hat,(...) das konnten wir damals natürlich nicht ahnen.

Autor 12: Fred vom Jupiter wurde ein Hit, sodass man durch die Einnahmen eine LP mit Andreas Dorau planen konnte – doch der hatte noch nicht einmal ein Stück für die Rückseite seiner Single.

Kurt Dahlke: Da hat Frank gesagt: Komm, wir gehen mal eben nach hinten und 4 machen mal schnell ein Stück! Und die haben einfach die Rhythmusmaschine angemacht. (…) Und dazu wurde noch ein bisschen geklingelt und auf Kaffeedosen rumgetrommelt. Und dieses Stück hieß: Auch in der Heimat ist es nicht mehr schön. Und wenn man sich überlegt, dass natürlich die GEMA für so eine Single, für jede gepresste Platte bezahlt werden muss, zur Hälfte an diese B-Seite gegangen ist, und Frank nahezu ebenso reich gemacht hat wie Andreas, mit einem Aufwand, der gerade mal fünf Minuten gekostet hat, da muss ich sagen, da war ich dann doch ein bisschen neidisch, dass ich das nicht gemacht habe.

Musik 5: Andreas Dorau: Auch in der Heimat ist es nicht mehr schön ( 0:00 – 2:49 )

Autor 13: Außer Andreas Dorau produzierte Kurt Dahlke eine Reihe weiterer internationaler Musiker und Gruppen. Doch bald musste das Label seine Aktivitäten zurückschrauben. Bei den großen Musikfirmen hatte es sich herumgesprochen, dass man mit der Neuen Deutsche Welle Geld verdienen konnte. Viele Bands und Musiker wurden abgeworben, was zum Niedergang der Independent-Szene führte. Pyrolators neue Solo-LP Traumland hatte 1987 einen schweren Stand. Ships Without Sails heißt einer der Titel, der thematisch um ein ernstes Thema kreist.

Kurt Dahlke: Ich mag das besonders gerne (...). Es geht um den Tod eines Menschen, beziehungsweise um den Sterbemoment, wo er auf dem Sterbebett liegt, und eben sagt: Das letzte Schiff, was ich besteige, hat keine Segel.

Musik 6: Pyrolator: Ships Without Sails ( 0:00 – 3:59 )

Autor 14: Bei der Pyrolator-LP Traumland geht es um eine Übertragung traumartiger Zustände in Musik.

Kurt Dahlke: Ich wollte alle meine Platten ja sehr programmatisch angehen. (...) Ich hab selber versucht, Traumforschung zu betreiben, und hab verschiedene Traumtechniken (...) bis hin zur indianischen Traumtechnik, ich hab alles Mögliche versucht, mir anzueignen, um an die Inhalte meiner Träume ranzukommen.

Autor 15: Kurt Dahlke versank durch den drohenden Bankrott des Labels Ata Tak nicht in Träumerei, sondern erweiterte seinen Handlungsraum. Im Auftrag des Goethe-Instituts verwirklichte er eine Reihe internationaler Projekte. Zum Beispiel entstand 1990 in Buenos Aires eine futuristische Diskothek.

Kurt Dahlke: Ich hatte mir damals überlegt, was ist für mich so die Zukunft der Diskothek, und das war für mich die Verknüpfung der E-Musik mit der Tanzmusik. Und hab versucht dann Stücke zu schreiben, die sich mehr an klassischen Themen orientieren. Und mich hat dann damals der Musikreferatsleiter des Goethe-Instituts (...) auf Paul Valéry aufmerksam gemacht, und hat dann auch tatsächlich (...) die Erlaubnis bekommen, dass ich Originaltexte von Paul Valéry verwenden dürfte dafür. Und das war für mich natürlich ganz großartig.

Musik 7: Pyrolator: Ficción Disco ( 0:00 – 5:50 )

Autor 16: Ein weiteres Projekt mit dem Goethe-Institut führte Kurt Dahlke nach Afghanistan. Er kümmerte sich in Kabul nach der Vertreibung der Taliban im Jahr 5

2002 um den Aufbau von Musikschulen.

Kurt Dahlke: Dann gab es eine (...) Frau in diesem Institut of Learning Music, die unbedingt Schlagzeug lernen wollte. (...) Saskia, die Schlagzeugerin, mit der ich da unterwegs war (...), hat ihr da Schlagzeugunterricht gegeben. (...) Daraus hat sich dann eine Girl-Group gebildet in Afghanistan.

Autor 17: Kurt Dahlke produzierte mit der gerade entstandenen Burka Band Aufnahmen, die in Deutschland 2003 veröffentlicht wurden. In dem dazugehörigen Musik-Video sind die Musikerinnen unter himmelblauen Burkas verborgen – als Vorsichtsmaßnahme, denn Frauen war es in Afghanistan eigentlich strikt verboten, Musik zu machen.

Musik 8: Burka Band: Burka Blue ( 0:00 – 3:08 )

Autor 18: Die Gründung der Burka Band zog große mediale Aufmerksamkeit nach sich.

Kurt Dahlke: Die Sache ist aber so uns aus dem Ruder gelaufen, dass unser Telefon tatsächlich nicht mehr still stand und weltweit mediales Interesse entstanden ist, von BBC India bis hin zu irgendwelchen kanadischen Fernsehstationen (...). Und dann bekam ich plötzlich einen Anruf vom Außenministerium, und da wurde mir dann klar gemacht, bitte stellen sie die Promotion für diese Platte ein, wir haben hier diplomatische Verwerfungen gerade.

Autor 19: Im Anschluss an seine Tätigkeit für das Goethe-Institut fand Kurt Dahlke Zeit für eine neue Solo-Veröffentlichung, die 2011 unter dem Titel Neuland erschien. Das auf dieser Platte enthaltene Stück Hamtramck knüpft an seine frühe Beschäftigung mit der Industriearchitektur an.

Kurt Dahlke: Ich bin damals mit dem Auto durch Detroit gefahren, (...) durch die Gegenden, die (...) von den Arbeitern, den ehemaligen Arbeitern der Autoindustrie verlassen war. (...) Also, ich mag diese Form der Industrie-Romantik, diese (...) verfallenen Häuser, und daneben ist wieder ein Neubau, und daneben ist ne immer noch bewohnte Wohnung und so (...). Und dieser Stadtteil, in dem das am extremsten zur Geltung kommt, ist eben Hamtramck. Das ist ein Stadtteil, der von Arbeitern von GM bewohnt war, und jetzt nicht mehr, und man fährt wirklich durch wie so eine Geisterstadt, und es gibt nur noch ganz wenige Einwohner da.

Musik 9: Pyrolator: Hamtramck ( 0:00 – 4:35 )

Autor 20: Neben der Wiederaufnahme seiner Soloarbeit engagiert sich Kurt Dahlke im neuen Jahrtausend auch als Musiker und Produzent in der wiedervereinigten Band Fehlfarben. Des Weiteren kam im Jahr 2014 auch Der Plan wieder zusammen.

Kurt Dahlke: Es ergab sich, dass Andreas Dorau 50 wurde und Geburtstagskonzerte machen wollte und dann hat der Labelchef angefragt, ob wir als Der Plan nicht einen spontanen, geheimen Auftritt machen könnten, da würde sich Andreas sehr freuen drüber. Und dann haben wir uns tatsächlich wieder (...) zusammengerauft und haben gesagt, dann machen wir ein paar Stücke und spielen aber auch eben Stücke von Andreas, zum Beispiel (...), was er niemals live spielen 6 würde, nämlich Fred vom Jupiter. (...) Das hat so einen Spaß gemacht, und wie sich das dann backstage nach den Konzerten ergibt, der Label-Manager und alle sind bester Laune und sagte: Jetzt, wo ihr schon mal zusammen seid, (...) habt ihr nicht Lust, ne neue Platte zu machen?

Autor 21: Die neue, gemeinsam erarbeitete Platte erschien 2017 unter dem Titel Unkapitulierbar auf dem Hamburger Label .

Kurt Dahlke: Gerade bei dem Stück ´Wie der Wind weht´ ist es so, dass sich da tatsächlich zeigt, dass Der Plan nicht nur jeder für sich ein Stück machen kann, sondern dass man da zusammenarbeiten kann. (...) Die Grundidee war, dieser grundsätzliche Synthesizer, der da (...) fast die ganze Zeit des Stückes zu hören ist, den hatte ich, und dann hatte ich die Zeile: „wie der Wind weht“, das hätte ich gerne gehabt so. Dann habe ich das den anderen beiden vorgespielt. Ja, dann war innerhalb von einer Stunde Brainstorming und zusammen Einspielen (...) das Stück dann da.

Musik 10: Der Plan: Wie der Wind weht ( 0:00 – 1:53 )

Autor 22: Neben der Mitwirkung an den Bands Der Plan und Fehlfarben ist Kurt Dahlke weiter als Produzent aktiv und realisiert Soloprojekte, die auch als Klanginstallationen zu erleben sind.

Kurt Dahlke: In Düsseldorf wurden sechs neue U-Bahn-Stationen geplant. (...) Das ist glücklicherweise in die Hand eines Architekturbüros gekommen, die die Idee hatten, alle sechs U-Bahn-Stationen von Künstlern gestalten zu lassen. (...) Ich hatte das große Glück, dass (...) der Eingang Königsallee / Heinrich Heine-Station, das ist die längste Rolltreppe der Düsseldorfer U-Bahn, die geht über zwei Etagen runter in den Keller (...) mit einer Installation von einem Künstler namens Stoya und mir gestaltet werden konnte.

Autor 23: Aus 48 Lautsprechern, die in die Decke der U-Bahnstation eingelassen sind, ertönen elektronische Klänge – bearbeitete Vogelstimmen, die der Künstler Stoya direkt im Wald aufgezeichnet hatte.

Kurt Dahlke: Was ich vermeiden möchte ist, dass jemand, der diese U-Bahn betritt und jeden Morgen zur Arbeit fährt beispielsweise, darf nicht jeden Morgen dasselbe hören. Das ist eben, in der Dauerinstallation, die ich dort habe, so gelöst, dass das insgesamt 40 Module, die alle Klang erzeugen und alle mit sehr vielen Zufallsparametern versehen sind, was Datum, Uhrzeit, und so weiter angeht, und auch Jahreszeit. Insofern wird man nie, aber auch wirklich nie im Leben dasselbe hören, wenn man da hinkommt.

Autor 24: Die endlos mäandernde Klanginstallation wurde Ende 2018 von einem anderen Konzept unterbrochen. Dahlke entwickelte für den Monat Dezember eine Komposition, die auf einem vierstimmigen Satz basiert, der an das Formschema eines Madrigals angelehnt ist.

Kurt Dahlke: Die Komposition, die ich jetzt erstellt habe, ist ne feste Komposition. Da wird man dann tatsächlich die Struktur der Komposition immer wieder erkennen, aber die ist in insgesamt 13 oder 14 verschiedenen Variationen zu hören. Also, das ist 7 auch eine Strecke von ungefähr dreieinhalb Stunden, die ich dann (...) den Tag über so immer wieder wiederhole und verteile.

Autor 25: Durch die Klanginstallation The Endless Christmas Carol konnten täglich tausende Passanten in eine Art Parallel-Welt eintauchen, während sie auf der Rolltreppe in die Tiefe fuhren. Damit schließt sich der Kreis zu Kurt Dahlkes erster LP Inland von 1979, die bereits einen unaufdringlichen Klanghintergrund zur Verfügung stellte, um dem prosaischen Leben eine ästhetische Dimension hinzuzufügen.

Musik 11: Pyrolator: The Endless Christmas Carol ( 0:00 – 3:30 )

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Musikliste 1. Komponist Pyrolator Titel Minimal Tape 1/2 .3 Entstehungsjahr 1979 Besetzung Interpreten Kurt Dahlke, Synthesizer Tonträger CD Ata Tak – WR 79, LC 8372, Track 1 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Aufnahmedatum Dauer 02:47:00

2. Komponist Der Plan Titel Adrenalin lässt das Blut kochen Entstehungsjahr 1979 Besetzung Frank Fenstermacher, Kurt Dahlke, Moritz Reichelt, alle: Elektronik und Stimme Interpreten Tonträger CD Ata Tak – WR 67, LC 8372, Track 1 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Dauer 03:11:00

3. Komponist Der Plan Titel Renate Entstehungsjahr 1981 Besetzung Frank Fenstermacher, Kurt Dahlke, Moritz Reichelt, alle: Elektronik und Stimme Interpreten Tonträger CD Ata Tak – WR 67, LC 8372, Track 17 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Dauer 02:13:00 9

4. Komponist Pyrolator Titel Max Entstehungsjahr 1981

Interpreten Kurt Dahlke, Synthesizer, Eberhard Steinkrüger, Gesang, Frank Samba, Drums Tonträger CD Ata Tak – WR 87, LC 8372, Track 1 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Aufnahmedatum Dauer 03:14:00

5. Komponist Andreas Dorau, Frank Fenstermacher Titel Auch in der Heimat ist es nicht mehr schön Entstehungsjahr 1981 Besetzung Interpreten Andreas Dorau, Frank Fenstermacher, Stimme, Elektronik Tonträger Single Ata Tak – WR 9, Track B-Seite (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Aufnahmedatum Dauer 02:49:00

6. Komponist Pyrolator Titel Ships without sail Entstehungsjahr 1987 Besetzung Interpreten Kurt Dahlke, Synthesizer, Jörg Kemp, Gesang Tonträger CD Wave – 29EVA 2001, Track 9 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder 10 privater Mitschnitt Aufnahmedatum Dauer 03:59:00

7. Komponist Pyrolator Titel Narziss Entstehungsjahr 1992 Besetzung Interpreten Kurt Dahlke, Synthesizer Tonträger Single Ata Tak – WR S 001, LC 8372, Track der B-Seite (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Aufnahmedatum Dauer 05:50:00

8. Komponist Burka Band Titel Burka Blue Entstehungsjahr 2004 Besetzung Interpreten Burka Band Tonträger CD Ata Tak – WR 90, LC 8372, Track 1 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Aufnahmedatum Dauer 03:08:00

9. Komponist Pyrolator Titel Hamtramck Entstehungsjahr 2011 Besetzung Interpreten Kurt Dahlke, Synthesizer Tonträger CD Bureau B BB084, LC 18375, Track 2 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Aufnahmedatum 11

Dauer 04:35:00

10. Komponist Der Plan Titel Wie der Wind weht Entstehungsjahr 2017 Besetzung Frank Fenstermacher, Kurt Dahlke, Moritz Reichelt, alle: Elektronik und Stimme Interpreten Tonträger CD Bureau B BB266, LC 18375, Track 1 (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Dauer 01:53:00

11. Komponist Pyrolator Titel The Endless Christmas Carol Entstehungsjahr 2018 Besetzung Interpreten Kurt Dahlke, Synthesizer Tonträger Privater Mitschnitt (Label/Bestellnummer/LC oder Archivnummer) Radiosender oder privater Mitschnitt Aufnahmedatum Dauer 03:30:00

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