Τ STUDIA H I S O R I C A

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DER HELLENISMUS

IN KLEINAFRIKA Ν DER GRIECHISCHE KULTUREINFLUSS IN DE ΝΖΕΝ RÖMISCHEN ΡROVI NORDWESTAFRIKAS

νοκ

WALTER THIELING D8 ρΗΙΙι

EDIZIONE ANASTATICA

"L'ERMA" dí BRETSCIINEIDER - ROMA

1964 HERRN

PROFESSOR DR B. KEIL

11 DANKBARER VERERRTJIG

ZIIGEEIGNET VORWORT.

Die Tatsache des griechischen Kultureinflusses in den romische πΡ:

Provinzen Nordwestafrikas en sich ist mehrfach in der modernen

Literatur über die nordafrikanischen Linder gestreift worden. Bisher

fehlte jedoch eine zusammenbiegende Betrachtung dieses Problems.

Ein Versuch, diese Lücke auszufüllen, ist das Ziel der vorliegenden

Arbeit. Sie baut sich im wesentlichen auf das Materi al der Inschril%en

Nordwestafrikas auf, von denen ich ausging. Da die Abschnitte über

die Literatur und Archiologie lediglich als absehlieBender Rahmen

für das Gesamtbild gedacht sind, habe ich dort auf eingehende eigene Untersuchungen verzichtet und mich im wesentlichen auf die vor-

handene oder erreichbare Literatur besebrinkt. Scheinbar berührt sich diese Arbeit in einigen Punkten sprach-

licher Untersuchung mit dem Buche von L. Bertholon „Origine et Ε. formation de la langue berbère ( Paris 1907, Leroux)" als zweiter

Teil von „Les premiers colons de souche européenne dans l'Afrique

du Nord." Aber das Ergebnis Bertholons klingt jedem Fachmanne unglaublich. Der heutige libysch-berbische Dialekt, der im wesent- δ lichen dem der r mischen Kaiserzeit noch entspricht, lißt sich nach ο ο Berth l n als urgriechischer, phrygischer Dialekt nachweisen. Darauf wird die Theorie von einer Ureinwanderueg giiechiseh-phrygischer

Stimme nach Nordafrika gegründet und deren Dialekte ein Einfluß auf die Grazisierung der lateinischen Sprache in der Provinz zu- gewiesen. Diese Auffassung wird aber hinfällig, sobald wir erkennen, seit wann sich griechischer KultureinfluB in Nordwestafrika bemerk- bar macht, und auf welche Kreise er sich vorzugsweise erstreckte.

Die Anregung zu diesem Thema verdanke ich Beau Prof. Dr. Lei!, dem ich ebenso wie Hem Prof. Dr. Reitzenstein für das lebhafte

Interesse, womit sie stets meine Arbeit begleitet haben, tief verpflichtet bin. Auskunft über einschlägige Fragen wurde mir von Herrn P rof.

Dr. Littmaun und Herrn Pro£ Dr. Winter in zuvorkommender Weise erteilt. Reiches Material aus sonst an der Straßburger Landesbibliothek nicht erreichbaren, meist französischen Zeitschriften und Publikationen machte mir S. Exzellenz Generalleutnant z. D. B. Rathgen (StraBburg)

in liebenswürdigster Weise zugänglich. A llen diesen meinen Beratern und Fδrderern spreche ich an dieser Stelle nochmals meinen auf- richtigsten Dank aua

Mülhausen i. Els., Februar 1911. IIqHgLT.

Stile Αbkiimmgen der gengraphischen Namen VIII -a Ν ο Mpbabetisches Verzeichnis der in den Wort,- nid amenlisέ n abgehfunten .Werke und Zeitscbrifiea Xi—XII ο τ τορο ο τ i Sleinafrika; ge g aphiscber, anth l giscbe und politischer $beτblick 1-8

Υ. Die kulturellen Schicksale Sleinafrikae . . . . _ . 9-16 III. Der griechische £ultureinfluB auch literarischen Quellen 17-22 IV. Die griechische Sprache in Kleinafrika 23-61 1. Die panache Zeit 23-25

2. Die rδmische Zeit 2553 A 13íl.dungemíttel: Unterricht, Studium und Theater _ . . . 25-30 Β. Die griechischen Weib- und Grabinschriften 30-43 Die Verllnch mgstafeln 43-48 Die Amnletàínsehriften 48-53 3. Die chτistlich-byτaatinísche Periode 53-61 V. Der griechische Wortschatz der lateinischen ln - schriften 62-77 L Die lnsεhτifteu $eτ rδmiseh-heidnischen Zeit 62-67

Die christlichen und jddischen Inschriften 67-68

Wortveizeiclmis zu 1 69-75

WaσtνeazβΡíehnis zu 2 75-77

IL Die griechischen Eigennamen der Insch τiften . . . . 78-149

Die allgemeine Entwicklung der Νamengebnag im rSmiischen

Zaiserreiche 78-82

Die griechischen Namen in iiuf'·ha 842-96

Verzeichnis der griechischen . Eigennamen 97-1 49

A. Die rbmiseben Cognomina aus dem griechischen Namenschatz 97-125 τ ο11 I. Die griechischen Personennamen gew ōhnlicbe Axt_ V - namen, 1 und lζòsenamen, Spitznamen, Tier- und

Ρßanzennamen, Namen unbelebter GegenstAnde . . 97-116 IL Die griechischen Personennamen, welche ana der Mythο- logie hergenommen sind, Heroen- und Gōtternamen, Namen abstrakter Begrife, Widmungsnamen, Monets-

nnd Festnamen 116-123 IlL Die griechischen PexsonPn innen welche von geographi-

schen und ethnographischen Namen hergenommen sind 123-125 S. Die rōmischen Cognomina, welche nach griechischer Art gebildet sind (Cognomina Graecanica) 126-128

C. la. Griechische Stämme mit lateinischen Endungen und

Sufäιen 128--130 Ιπ balt. VIF

eecte Ib. Die griechischen Stämme mit der lateinischen Endung

-Jus, die ans „Signa" entstanden oder nach deren Analogie in später Zeit gebildet sind 131-133 D. Lateinische Cognomina mit griechischen Suffixen . 134-144 III. Hybride Namen 144 Die vom Griechischen hergeleiteten Gentilnamen . . . . 144-146. Die „Signa". welche von griechischen Namen und Stämmen

gebildet sind 146-147 Anhang: Zusammenstellung der Eigennamen, bei welchen der Stamm von „Graecia" zur Namenbild ung verwendet ist 147 Anhang: Verzeichnis der auf Defiai οnstafeln und anderen

Inschriften belegten griechischen Pferdenamen 148 - 149 111. Die griechischen Einfliίsse in der Literatur 150-178 Die punische Zeit 160-164 Die römische Kaiserzeit und das ausgehende Altertum 154-178 A. Die Rhetorik und Grammatik 164-166

B Poesie 165-167

C. Historiker 167

D. Medizinische Literatur 168

E. Apologetik und Dogmatik 168-178 VID. Die archäologischen Einfl όsse 179-201 Die punische Zeit 179-186

Die élbergangsperiode zur römischen Kaiserzeit, Juba H. 186-189

Die Epoche der römischen Kaiserzeit 189-196

Die Frühzeit des Christentums und die byzantinische Periode 196-201

IX. Ergebnisse 202-204

Νaεhträge 205

Sachregister 206-208

Wortregister. . . 208-209

Namenregister 210-218

Berichtigungen 216

Aus folgenden Werken sind Karten über die kleinafrikanischen Provinzen zu benetzen:

CIL im, Bd. 2 (Berlin 1881) . ο ρ ο ρ Σ Tìrsot, Gé gra hie c m ar e de la province romaine d'Afrique, Atlas par

S. Reinach, Paris 1884.

Cagnat, L'armée romaine d'Afrique, Paris 1892.

Caggnat, Atlas archéologique de le Tunisie, Paris 1893 suie.

Diehl, L'Afrique byzantine (1896).

Cat, Essai sur la province romaine de Maurétanie Césarienne (Paris 1891).

Graham, Roman Africa (London 1902).

Toutain, Les cités romaines de la Tunisie (Paris 1896). ΒΚ ΖΤ Ν Ν Α Ρ ΚΗΕΝ ÚR J GE DER GEOGR ' Έ NAMEN.

Vorbemerkung: Die in den Abschnitten V und VI angeführten bloßen Zahlen verweisen auf das CIL 11II, die nebenstehenden Buchstaben sind die Ab- kürzungen fíir den Fundort. Zur Übersicht sind die Abkürzungen der geographischen

Namen im Folgenden zusammengestellt; die mit einem * versehenen Abkürzungen kommen bereits im Abschnitt V vor.

'A Αmmαedara ' *Bí Bimane (prou. Fa Wed-el-Fard Ab Abthugni Byzac.) j Fas Hr -el-Fasuar Ac Kberbet Achir ' `Bis Bisica (= Testur) *Fe Hr. Fella (Tune-

Ae Aebula Bo Botría sien) Ag Agbia ¡ Br Sidi Brahim Fr Kherbet Fraim 'Al Ala Miliaria Bu Bu Atfan (Maur. 3itíf.) Alm Almansurin (priv. Bur Saltus Burnitanus *Fu Fumi et Limisa α proc.) Fus PlanitiesFusch na

'Alt Altava ¡ *C Caesarea (Cher-

Alth Altbiburus chell) , G Gadiaufala• 'Am Sidi Amara ; *Ca Calame ' Ga Gales Ao Hr. Amin (Tυne- Cal Calcen Herculis ' Ge Gemellae

sien) (Numídíen) Gh Ghardiman Ap Aρina Maius l *Cap Capas ;*Ghe Kesur - el - Ghen- ηα α lq Aquae Calidae 1 Car Cartenna ί Ar cuitas Araditana `Cas Casse Gber Hr. Gber -Bird ο Arb Arbal Ce cuitas Celtienen- ! *Gh Aia Ghorab Ars Arsacal sium Ghor El-Ghorfa . As Assuras 1 Ch Chiba Gi Gibbs.

Au Aubuzza 1, Chi El-Chima (prou. *Gig Gightí

*Aur Mons Αurasius Byzac.) *Giu munícipium Giufl- *Ana Anzia Chu Chulln (Ñumidien) tanum (Giufi =

*Av AvittaBibba(prov. Ι Chus Chusira M'cherga)

prit.) j *Ci (Constantine) *Gl Hr. Ben Glaya

Az Αziz ben Tellis 1 Cil Cillium 'Go Gor

(Numidien) Cr Cry1ta el Zemma Gu Β η 'Cu Cuicul 'Iiie El - Guenana ( ί - sB Bulla Regis 'Cur Corabis mídíen) 'Ba Bagai (Numidien) *Gus El - Gussa Bat Batna *D Diana (Numidien) Ι *Bs Hr. Bedd *Di Br. Djebal *Η Hadrametum Bell Beled Belli Die Hr. Djenan Serir () Ben Sidi Benner. (Namidíen) 'Ha Wed-el-Hammam Bes Beseera (Numi- 'Ham Hammam-ElIif dien) _ Biskra F Fauwara (prou. Arec.) Abkiíτzungen der geographischen Namen. Ιχ Μ Hamm Hammam -N'beiI Mel Vaille Fl. elleg ~ 'Sal Saldae He Renmaya *Mem Membressa 'Ser Sarr& Hi Mes Meschera Sfa *Sat Satafis Hu Horrea Ceelia Mesc Meschta Nehar ~ Sb Ain Sbiba (lair. (Numidien) Caes.) I Mesh Meskiana Bld $r. Ain-el- Sbir Ig Igiigili *Mh M'hammedia Ι Sc Schauwascb *Mí Mididi Ι Se Segermes ek Karthage *111 uien *Ser munícipium Seres- El-Milia ι eitanum Ka Kabilia Major *Mili i (Maur. Caes.) Min Mina *θi Sicca (Venería) Kan El-Kantara Mie Misais *Sig Sigua *Kar Colonia Julia Kar- Mn mia Sil Sua pis (prov. proc.) *meo Mograwa (priv. *Sim Simitthus

Ke Kelbia Byzac.) Si Sliman *Kem Κemellel Mon Mons Su Sobratha *Κh Kbamissa (Νum. Mor La Μorière (Oran) Sol Kherbet - sin - Sol- pros.) clou Moazalvrne tan Kha El-Khab Ms ‚sad (Maur. Sitif.) Sr Sra Warta *Khi E1-Khima 'Wu Mustie Su Sua *Ks Am n Ksar (bei Tha- Muz Muzuc Suf Snfasar mugadi) Bufe Safes *N Naragarra (= Sidi *Sufet Sufetula

*L Lambaesie Tusef) Sul Su]lecthurn

Ν ον. e. L. caetre, Lambaesi- *Na Hr. Sidi arí (pr Sul Hr. Sula

tana proc.) *max faro *La Lamasba 'Τ Theveste Nat Νattabntes *Lam Lambirid.i Tak Taksebt

Ne Neferís Lar Laies Te Temda Novae .... Le Lemellef No Ten Tenelium Nu Numerus Syrornm *Lep Leptis Minus *Th Thamugadi (Tim- Lept gad) 0 lea Tha Thabraca (Tabas- *Or OrMansirne *Μ Masuela ka) Ma Macomades *ρ Thac Thacia Poma um *f laiterie ń Tire Thaenae Ph Phue, (Numidien) Mad Madaura *Thug Thagaste Po Partus Divini Madi Kherbet Madjuba Thago Thagora Por Partus Magnus 'Mag Villa Magna 'Thai Thais (Saint-Leu) Man Manliana (Muur. Pu colonia Puppita- 'Tham Thamalla Cues.) Tizap Thapsa norum Mas Mascalula The Thelepte Meek Maskera *Q Thíbica Quina 'lii Mass saltuslassipiasms *Thíb Thibilie *Massa Vαllis Wed Mas- *g, Rusicaile (Philip- A. Thíb Aquae Thibilitu

sudi paille) aas

Mast lastar 'Ru Ttueguniae Thig Thignìca

['Mc Riz M'eberga (Al- Rue Raspinue (, Thu Thuburnica,

gezien) = Giufij prov. Byzac.) 'Thub B Thubursicum

Me Medioerra Bure

Med Mediilua *5 Sítífie Thub Ν Thubursicum Nu-

Medi Bordi. Mediana Sa Saddens midarum

(Muur. Siti£) Se! Safer Thug Thugga (Dougga) Η Tbieling: Der eIIkmsmne ín Xleínafaäa. a" Abkiiτzangen der geographischen Namen.

*Thy Τbysdτus (priv ΙΙ Utica 1a1 colonialallis(prov.

Byz.) Uc Uccula proc.)

Ti Tiaret Ucu IIcubi lar Vazaivi (Num.)

*Tic Tichilla Ucub IIcubo Wi Aurelia Vina Tid Tiddis (Numidía) Ud Hx. Cdeka (prov. lo Volubilίs Tig Tigísís proc.)

Tigz Tigzirt Ui Uled Agla Sidi Vusef (pros. Tin Tingí *Up Upenna proc.) _ lara- *TiJ) Uz Uzelis garra ] *Τυ Tubursnc liza Uzuppa

Tue Tuccabor

Tun Tunes *Z Zarai

*Τυρ Tnpusnctu V Vereconda Za Zattara ρι ο Τυτ Turca Vα Vaga ( v pros.) ' Zam Regía ALPBABETISCBES VEBZEICBNIS DE R IlV DEN WORT- Ρ D NAMENLISTEN ABGEKCRZTEN WERIIE DND ZFIT-

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Erklärung der Zeichen: 'i bezeichnet christliche, jfidische Inschriften bei s ist die Lesung ungenau. I. KLEINAFRIKA; GEOGRAPHISCHER, AN1201300 ΒΕ Β Κ. LOGISCHER UND POLITISCHER i1 R LIC Der nordwestliche Teil des afrikanischen Erdteile, welcher in der römischen Kaiserzeit die afrikanischen Provinzen bildete, ist geog τa phisch und anthropologisch ein inselartiges Gebiet, das sich streng von dem übrigen Afrika abschließt. An der Westküste wird es vom Atlantischen Ozean, im Norden und Osten bis zur Syrte vom Mittel- meere bespült, im Süden durch die Wüste völlig vom úbrigen Kon- tinent getrennt. Mit seiner Fauna und Flora, sowie nach seinen kli- matischen Verhältnissen gehört das nordwestafrikanische Gebiet, im Gegensatz zu Kyrene und λgypten, ganz zu den europäischen Mittel- meerländern. Auch orographisch und geologisch steht es Südeuropa näher als seinem eigenen Hinterlande. Zwei Gebirgsketten ziehen von Osten nach Westen. Der „Kleine Atlas" bildet die steile, verkehrs- feindliche Längsküste im Norden, und nur we ńige Erosionstäler er- leichtern die Verbindungen mit dem Landiranern. An der östlichen Bruchlinie allein, wo das Meer bis an das Gebirge tritt, sind leichtere Verkehrsbedingungen durch eine reichere Küstengliederung ermöglicht sowie durch Längstäler, die das Land erschlíeBen. Para llel zum „Kleinen Atlas" verläuft weiter südlich der „GroBe Atlas" mit jähem Abfall zur Sahara. In ihrem Zuge durch das heutige Tunesien und Algerien schlieBen die beiden einander abgewandten Randgebirge das Hochland der Schotts mit seinen Salzseen ein. In Marokko gehen sie schlieBlich in das nördlich umbiegende Küstengebirge des Rif, im Süden in das marokkanische Hochland des „Hohen Atlas" über. Diese afrikanischen Gebirgszüge hingen einerseits durch Vermittlung Sizi- liens mit der italienischen Apenninkette, andererseits durch das Rif mit der spanischen Sierra Nevada zusammen und schließen so im Süden das westliche Becken des Mittelmeeres einheitlich ab. Es ist anzunehmen, daß weit vor jeder geschichtlichen Uherlieferung die Atlasketten mit den Gebirgszñgen Italiens und Spaniens in for έlaufen- Τ Ι τ Ηθ υ b iag: D fl m s ia steín14:0m 1 µι ρ τορο ο τ 2 L Sleins k&, geog bischer, anth ί giscbe u d politischer 'herblick. der Kette verbunden waren.') Nach K. Ritters treffendem Vergleiche schließt sich das nordwestafrikanische Gebiet genau wie das Plateau von Kleinasien an Europa an. Mit vollem Rechte bat Ritter dafür den Namen Kleinafrika geprägt, der aber leider nicht in entsprechender Weise die Geltung erlangt hat, welche dem Lande noch durch eine andere - kulturhistorische — Parallele gebührt. Denn mit Kleinasien teilt Kleinafrika die hohe Bedeutung in der Geschichte des Altertums, solange der Schwerpunkt jeder Entwicklung auf dem Mittelmeere lag: beide sind Kolonisationsgebiete hochentwickelter auswärtiger Völker gewesen. 2) Die Bewohner des Landes, welche noch heute den Grundstock seiner Bevölkerung bilden , sind die Libyer und Berber. 3) Sie sind vermutlich keine Autochthonen, sondern ein von Nordeuropa einge- wanderter Stamm 4), ein zähes Volk, das bis auf unsere Zeit seine Eigenart bewahrt, hat. .Diese ersten uns wirklich bekannten Ein- wohner, von den Alten mit verschiedenen Namen als Nnmider, G tuler und Mauren bezeichnet, gehören- nach anthropologischen Unter- suehmigen einer Völkermasse an, die eher mit den Ευrοpäern als mit den Semiten verwandt ist und demgemäß indogermanischen Ursprungs sein mυil.6) Je weiter wir nach Westen dringen, desto reiner hat sich die Rasse erhalten und fallt noch heute, besonders bei den Rifkabylen, mit ihren blondhaarigen und blauäugigen Typen aufs) Im übrigen bat der libysch-berbische Stamm trotz der Beeinflussung und Vermischung mit den verschiedensten Völkern, die er im Laufe der Zeit erfuhr, wie mit Negern, 9gyptern, Phönikern, Römern, Vandalen, Griechen und Arabern manche charakteristische Eigentümlichkeit bewahrt. So war die uralte Sitte der megalithíschen Gräber noch zur Zeit der

Araber in Nordwestafrika verbreitet, und teilweise hat sie sich bis jetzt

Th. Fischer, Mittelmeerbilder. N. F. (1908), S. 17 f. 21 ff. (2. Α. 1822), Karl Ritter, Erdkunde. 1. Bd. S. 886; Ch. Tissot, gé οgΤ. comparde de la province romaine d'Afrique (Paris 1884) I, S. 1f.; Th. Fischer,

I4littelmeerbilder (1906), S. 278 6'.; dare., Ν. F. (1908), S. 32 u. 37; Α. Philippeon, Des Mittelmeergebiet (1904), S. 37£ u. 91f., vgl. 8. 16; Meltzer, Creech. der Kar- thager 1, S. 41 f.

Sa1L Iug. 17-19; Vicies de St. Martin, le nord de l'Afrique S. 123g. u. 6. 411f.; Tissot, a. a 0. S. 414; Meltzer, a. a. 0. δ. 64.

Mehlís, Die Berber&age, Archiv £ Anthropologie (Braunschweig), Ν. F.

Plum (1909), s. 261g.

Mommsen, R. G. V e, S. 620-622; Collignon, étude sur 1'éthnοgraphíe générale de la Tunisie (Bull, de géogτ. descriptive 1887), S. 281; Bertholon, les origines des Berbères de souche européenne.

Axtbauer, Die Berber in den Bergen des Rif, Deutsche Rimdsch. f. -Geogr. u. Stat. 32 (1909), S. 68. — Vgl. schon Skylax, pe ńpl. 110 (p. 494). Die Bevölkerung und ihre Schicksale. Die Phöníker. 3 erhalten: zeitlos wie die Berber sind ihre Denkmäler.') Heute noch ist die libysche Sprache, wenigstens als gesprochene Sprache, im

Gebrauch. Eigentümlich ist für die Bevölkerung Kleinafrikas, wie ich kurz- weg das Gebiet der römischen Provinzen nennen darf, ihre Anpas- sungsfähigkeit an die zeitlich vorübergehenden Schicksale des Landes.

Erst bequemen sich die Liby-Berber der karthagisch-punischen Kultur an, tragen punische Namen und wenden sich der punischen Re ligion zu, dann öffnen sie der hellenistisch-römischen Zivilisation die Arme und erreichen dank ihr in der römischen Kaiserzeit die höchste Blüte ihres Landes. Vorübergehend wirkt nur die vandalische und byzan- tinische Eroberung ein, schließlich fügen sie sich der arabischen Kultur und werden fanatische Anhänger des muselmännischen Glaubens. Jetzt versucht die fraiizösische Kultur sie aufs neue nach dem Vorbild der römischen Kaiserzeit zu erziehen. Daß die Rasse zu eigener national- politischer Entwicklung und selbständiger Kulturarbeit nicht geeignet war, bat sich im Laufe dieser Jahrhunderte völlig erwiesen.

Bevor wir jedoch diese jeweiligen Kulturströmungen, denen die einheimische Bevölkerung im Altertume unterworfen war, näher ins Auge fassen, ist es zweckmäßig, dem Leser die für die kulturelle Ein- wirkung maßgebenden politischen Schicksale Kleínafrikas ins Gedächtnis zurückzurufen.

Die ersten tiefgreifenden Einflüsse gingen von den Puniern aus, und die libyphönikische Kultur bat die Physiognomie des Landes am nachhaltigsten beeinflußt. Die phönikiscbe Kolonisation setzt im 9. Tαhrhundert mit einzelnen Koloniegründungen und Handelsnieder- lassungen an der Küste ein. Städte wie Bizerta, Ūtika und Karthago blühen auf, und allmählich wird der beste Teil der afrikanischen Nord- küste phönikisch und somit der griechischen Kolonisation entzogen. 2)

Doch als die Expansion des Griechentums die phönikischen Kolonien an den Küsten und auf den Inseln des westlichen Mittelmeerbeckens zu bedrohen beginnt, weiß Karthago um 600 die Phöniker des

Westens unter seiner Führung zu sammeln, gründet ein Nordafrika,

Westsizilien und Südspanien umspannendes seemächtiges Reich und dringt sogar nach Sardinien und Korsika vor.ß) Die Rivalität zwi-

i λ. Schuiten, Gött. gel. Afz. 1902, S. 675$ (Res. v. Gsell, les monu-

antiques de l'Algérie).

Mommsen, R. G. V', S. 623; Beloch, Rhein.Mus. 49 (1884), S. 117 ff.;

E. Meyer, Gesch. d. Alt. I[, S. 143f:

E. Meyer a. a. O. S. 695 ff.

1` τ ο ο ο 4 L $leínafriεa, geographischer, snthrop l gíscher 'md p lítíscher Überblick. sehen Barthagen und Griechen ließ vor allem in dem Kontaktpunkte, auf Sizilien, die Flammen des Rassenhasses mit brutaler Vernichtungs- gewalt auflodern. Sie war f Γιr die kommenden Jahrhunderte das allein maßgebende Ρτinzíp fnr alle politischen Konstellationen, welche dann ihren Niederschlag auch im karthagischen Kulturleben gefunden haben. Ρ In der ersten Zeit, da die Feindseligkeiten zwischen hōnikern und Gτiechen einsetzen, sind noch die Etrusker die bedeutendste See- macht im westlichen Mittelmeer. Nichts liegt daher näher, als daB die noch schwachen Kaxt}iager sich mit ihnen gegen die immer weiter naçh

Westen vnrdrizigenden Hellenen verbinden. Sind doch in der Schlacht bei Alalia auf Korsike, etwa 540 v. Chr, die Phokäer durch die vereinigten Harthager und Etrusker znrüekgedrängt worden. 1) Ώber diese fremìdlichen Beziehungen zu den Tyrrhenem geben allerdings h δchstens archäοlοgische Reste einige Kunde. Sicherlich dauert diese politische Konjunktur nich so lange, bis im Jahre 474 v. Chr. die etruskische Seeherrschaft in der Niederlage vor Kumae durch Rieron von Syrakus ihr Ende Ρ erreicht.') Die sizilischen Kampfe zwischen húnikern und Griechen finden ihren ersten Abschluß nach der karthagischen Niederlage bei Rimera im Jahre 480 v. Chr.$) 1n der nun folgenden Friedensperiode arrondiert der punische Staat sein sizilisches Gebiet und macht bis Mitte des Jahrhunderts bedeutende Erwerbungen.;) Αber erst nach- dem die exzentrischen EroberungsplAise Athens vor Syrakus gescheitert Bind (413 v. Chτ.), greift die kárthagisehe Politik in die sizilischen Verhältnisse wieder aggressiv ein. 3) Ein Hilferuf der Segestäer gegen das mit Syrakus verbündete Selinus führt zu einem zweiten karth&- gischen Kriege auf Sizilien (410 ν. Chr.). Selinus wird von den Kar- thagern eingenommen, im folgenden Jahre Hímera, 406 v. Chr. wird Akragas erobert und zeτstδrt, 405 σ. Chr. freut Gela, und erst vor Syrakus findet der ph δnikische Siegeszug sein Ende. Himilko muß 405 v. Chτ. mit Dionys L Frieden schlieBen. Dionys erkennt die zum karthagischen Reich geh ōrigen Besitzungen in Westsizilien an, sowie die in dem letzten Feldzuge eroberten Gríechenstádte Selinus, Α grigent, Rimers, Gels, &amarina samt ihren Gebieten unter der Be..

Ε. Meyer α α. 0. ΙΙ, S. 709. Meltzer, Gesch. d. Karth. Ι, S. 170; Freeman, Gesch. Siziliens (Ohs. ν.

J. ßohrmoeer, 1895). S. 87; Ε. Meyer α. a. 0. III, S. 675$

Meitzer I, 8. 221. 4) llieltzeτ ζ S. 22δ. δ) Meltzer Ι, 8. 2δ5 $.; Freeman, S. 148 ff.; Ε. lever, Gesch. d_ Alt. Ο

(τ 903), S. 60€. Die Phóniker. Karthago. dingung, dd es den ehemaligen Bewohnern gestattet eel, sich dort. gegen Tributzahlung an Karthago wieder niederzulassen. Von dieser Erlaubnis machen die Griechen auch ausgiebigen Gebrauch, und die hellenische Rückwanderung in die nunmehr karthagischen Gebiete nimmt ó oßen Umfang an,1) Wie Meltzer ausführt, muß sich all- mählich in Griechenkreisen eine Partei gebildet haben, welche sich mit der phönikischen Fremdherrschaft aufrichtig befreundete, da die karthagisebe Verwaltung far Sicherheit und Eigentum bessere Gewahr zu leisten schien als die unruhigen Politien im Osten Siziliens. In der folgenden Friedenszeit nimmt der Handelsverkehr wieder an Leb- haftigkeit zu, sogar in Syrakus lassen sich Phöniker in unmittelbarer Berührung mit den Griechen nieder. 2) Deutlich tritt das hervor, als Τ. Dionys im Jahre 397 Cbr. mit dem Schlagworte „Sizilien den

Siziliern!" aufs neue den Kampf gegen die Karthager eröffnet und zu desscn Einleitung die zahlreichen Häuser und 1Varenlager der kartha- gischen Kaufleute in Syrakus pilindern läBt.$) Es folgen während Τ. der Dauer von Dionys' Tyrannis (bis 367 Chr.) eine Reihe von kriegen'), erst unter seinem Nachfolger Dionys II. bleibt Sizilien ver- hältnismäBig in friedlichem Zustande. Mit Timoleons Auftreten be- ginnen neue Unruhen. Nach entscheidendem Siege der Griechen am

Krimisus (343) rafft sich Karthago zu neuer Abwehr auf. Das Heer wird reorganisiert, es kommen jetzt keine Bürgertruppen mehr zur

Verwendung, sondern Söldner werden vorwiegend aus Griechenland angeworben.5) In dem Frieden, den 339 v. Chr. Timoleon schlieSt, wird der Halykus als Grenze vereinbart, Selinus jedoch und Herakleia den Karthagern iiberlassen. 6)

Eine neue Bedrohung Karthagos von Osten bringt Alexanders Eroberungszug, seitdem das Mutterland Phönikien und seine Haupt- stadt Tyrus im Besitz der Griechen ist. 7) Hätte der plötzliche Tod

Alexanders Pläne nicht vereitelt, würde er auch die Nordküste Afrikas von Agypten bis zu den Säulen des Herakles durchzogen und Klein- afrika der hellenischen Kultur mit einem Schlage erschlossen haben. 8)

Ι 1) Meltzer , S. 270. 2) Meltzer I, S. 280; Freeman S. 174.

Meltzer I, S. 281; Freeman a. a. 0. ; E. Meyer, Gesch. des Alt. V, S. 106 ff.

Meltzer ζ S. 313; E. Meyer a. a. 0. S. 1681f. 4971f.

δ) Meltzer ζ S. 333f. u. II, S. 130. 6) Freeman S. 235.

ϊ) Meltzer I, S. 346f.; Kaerst, Gesch. des hellenist. Zeitalters I, S. 416; Tissot a. a. O. Ι, S. 4 29. τ 8) lliod. XVIII 4, 4; A r. VII 1, 2: Meltzer 1, S. 348f.; Droysen, Gesch. 22 d. Heil. I. (1877), S. 316. 319f. 333; Iíaerst, Gesch. d. hellenist. Zeitalters 1,

δ. 416 f. τ L gleinaf hn, geographischer, anth opo1ogischer und politischer Überblick. ό ń Αber 14 Jahre später scheint ein derartiger Gedanke der Verwirk- lichung näher zu sein, als Ophellas von Kyrene, angestiftet von Aga-

thokles von Syrakus, mit diesem vereint gegen Karthago vorgeht.')

Allein der kühne Plan der Begründung eines griechischen Reiches in

Sizilien und Westphönikien sollte, trotzdem Agathokles den Krieg seit 310 v. Chr. nach Afrika selbst verlegt hatte, an Karthagos Wider- Τ. stand scheitern.) Im Jahre 306 Chr. muß Agathokles nachgeben und die Karthager im Besitz ihrer sizilischen Epikratie bestätigen. 3)

Die letzte Gefahr von griechischer Seite her bringt den Phöníkern

der Ερirοtenkönig Pyrrhos, welcher in zwei Jahren (277 und 276 v. Chr.) Ρ die Städte Siziliens befreit, aber vergebens die höniker ganz aus dem Westen der Insel zu verdrängen sucht. 4) Zu einer beabsichtigten Ver- legu.ng des Krieges nach Afrika, nach dem Vorbilde seines Schwieger-

vaters Agathokles, kommt Pyrrhos nicht mehr. Es bleibt Rom, der jetzt anfbl~íhenden Vormacht des Westens, vorbehalten, die Früchte der kaτthagisch-phönikischen Kulturarbeit in Sizilien, Spanien und zu- letzt in Kleinafrika zu ernten.

Mit der Zerstörung Karthagos fassen die Römer festen FuB in υ Kleinafrika, indem sie zn ächst das Gebiet von Karthago bis zur

kleinen Syrte als Provinz einrichten. Aber erst nach mehr als

zwei Jahrhunderten, durch tbernahme der westlichen Gebiete bis zum

Atlantischen Ozean in die römische Verwaltung, vollendet sich die Eroberung Nordafrikas, zu der sich die R ōmer seit der ersten Be- rührung mit den Karthagern auf Sizilien widerwillig durch die Macht der Verhältnisse gezwungen sehen, und bei welcher sie nur schritt- weise und zögernd vorgehen. Nach lugurthas Ende im Jahre 105 kommt zur konsularischen Provinz hinzu, Numidien wird einstweilen einheimischen Fürsten überlassen, indem sich Rom auf ein bloßes Protektorat beschränkt. Während der ganzen Zeit der römi- schen Repub lik bleibt Afrika für die Römer toter Besitz. Die Pro-

vinz war ja nach Mlommsens Worten 5) nur geschaffen worden, ,.um

die Leiche zu hüten, aus Furcht und Neid, um das Land nicht anderen zu gönnen". Als aber im Bürgerkńege zwischen Casar und den Pom- pejanern das seit Masiώssa relativ zivilisierte Gebiet Numidiens eine

bedeutendere Ro lle spielt, ändert sich die gesamte römische Politik in

Tissot a. a. 0. 1, S. 429.

Meltzer 1, S. 355ff. ; Freeman S. 243ff. 86τ Meltzer 1, S. Ώ. 410 ; Freeman S. 268

Meltzer II, S. 2298 ; Freeman S. 273-285.

Mommsen, R. G. Υ', S. 623. ι. Karthago. Entwicklung der rōanísdhen Hemeebef 7 Κleinafrika. Dadurch, daß sich hier ein ροmρejaníscher Anhang zum Widerstand organisiert, wird Casar zum Εingreifen veranlaßt, und nach Eroberung und Befriedung der Provinz sorgt er weiterhin fur das Wohl der verhältnìsmäßíg jungen und noch wenig ausgebeuteten Gebiete. Durch ihn wird die Zivilisierung und R οmanisieτnng Nordafrikas zur Aufgabe der Regierung gemacht, und die von ihm vorgezeichnete Richtung ist für die späteren Kaiser maßgebend geblieben. Nach Jubas L Tode im Jahre 46 v. Chr. fallt Numidien an Rom, wird aber vorläufig von Augustus dessen Sohne Juba 11 noch liber- lassen. Als jedoch kurz darauf König Bocchus von Mauretanien kinderlos stirbt, muß Juba sein Gebiet mit dessen Land vertauschen, von welchem die Römer sich keinen verlockenden Gewinn versprechen können. Numidien wird endgültig als Africa nova mit der alten Pro- vinz vereinigt. Erst nachdem Jubas IL Sohn und Nachfolger, Ptole- maeus, im Jahre 40 n. Chi. infolge launischer Anwandlung Kaligulas getötet ist, wird auch Mauretanien der direkten römischen Verwaltung unterstellt. Sofort nach Tiberius' Tode, noch im Jahre 37 n. Chr., tritt eine Neuordnung von Africa vetos und nova in der Weise ein, daß die einen militärischen Schutz nicht benötigenden Gebiete der Zivilverwaltung allein überwiesen, die übrigen, militärisch besetzten unter einem vom Kaiser abhängigen Kommandanten abgetrennt werden: Das Kostenland von Leptis Minor bis Hippo Regius bleibt als pro- vincía Africa unter einem Prokonsul; das westliche Gebiet mit dem Binnenlande bis zum Mons Aurasíus mid auch die mit Garnison be- legten Teile der Prοkοnsularprovinz werden dem Legaten der afrika- nischen Legion unterstellt. Die legio I11. Aug., von Augustus ins Leben gerufen, wird die ständige Besatzung der Provinz. Ihr Haupt- lager ist ursprünglich Theveste; Trajan verlegt sie wahrscheinlich nach Thamugadi, durch Hadrian wird ihr schließlich Lambaesis als festes Standquartier angewiesen. Mauretanien erhält ebenfalls ein starkes Okkupationskorps von Reichstruppen aus der Peregrínenklasse unter einem kaiserlichen Statthalter von ritterlichem Range. Eine verkleinernde Einteilung der Provinzen veranlaßt Diokietian im Zusammenhang mit seiner umfassenden Verwaltungsänderung des Reiches. Die prokonsulare Provinz zerfallt von jetzt an in die pro- vincia Tripolitana, die provincia Byzacena und die eigentliche pro- vincia proconsularis, Numidien bleibt unverändert, Mauretanien wird in die drei Bezirke Mauretania Sitifensis, Caes aríensís und Tingitanz geteilt. Davon wird Mauretania Tíngítana, das, heutige Rifgebiet, ρ τ, ορο ο 8 L flleínafrika, geοgra hische anthr l gisther und politischer $berblick. welches geographisch mehr auf dna gegenüberliegende Spanien ange- wiesen ist, nunmehr dem Verwaltungsbezirk der spanischen Baetiea einverleibt, Die militärischen und zivilrechtlichen Kompetenzen sind von da ab auch in Mauretanien und in der Tripo litana meist getrennt, indem die militärische Leitung einem dux anvertraut wird. Diese Provinzial- omdnung bleibt bis zur Zeit der Sandalen (429/39 n. Chr.) und wird noch von der byzantinischen Regierung während der Dauer ihrer Herrschaft in Afrika (seit 534 n. Chi.) nach Möglichkeit beibehalten 1), bis schließlieb die Araber um 700 n. (hr. auch Kleinafrika völlig überflutet haben.

ο ε 1) Ge rgíu Cyprins, 633—Gτ4 und die Bemerkungen von Gelze τ (ed. 1ß90). ΙΙ. DIE Kt'LTURELLEΝ SCHICKS.λLE KLEI-- AFRIKλS. Κ Wenn wir der inneren Geschichte leinafrikas seit der Kaiserzeit τ nähertreten, εo fällt uis auf, wie mühsam fiír die Röme die Erhaltung der afrikanischen Besitzung,n war. Fortwährend beschäftigten be- sonders in Numidien und ìíauretanien Grenzkriege und Unruhen die υρ ο ρρ Οkk ati nstru en. Kleinere und größere Einfälle , Erhebungen und Aufstiiude stellten wiederholt den römischen Besitz in Frage.') Der Κüstenstrich von Tripolis, welcher mit dem eigentlichen römischen Afrika nur lose zusammenhängt, ist nach dem W ιisten- und Steppen- land im Süden nur durch einen mäßigen Höhenzug geschützt und bedurfte stets eines starken militärischen Schutzes, zuweilen energischer Aufgebote gegen den unruhigen Nomadenstamm der Garamanten. 2)

Im Westen mußte sogar Juba II. vor seinen Nachbarn und eigenen

Untertanen durch römische Truppen geschützt werden. Im J. 17 n. Chr. braúhte der Aufstand des Takfarinas ganz Numidien und einen Teil ο Mauretaniens in Aufruhr, dehnte sich stwärts bis nach Tripolis aus und ergriff die Garamanten. Erst nach achtjährigem Krnnpfe erreichte die Erhebung mit dem Tode des Führers ihr Ende. Bald darauf er- hoben sich maurische Stimme zur Rache far ihren ermordeten 1öníg ο υ Pt lemaeus.$) Die fortwährenden Naurena fstände waren es auch, welche die Verlegung des Standquartiers weiter nach Südwesten, nach Lam- baesis notwendig machten.') Am gefährlichsten war der umfassende und langwierige Garamautenaufstand, welcher während der Regierungs- zeiten des Antoninus Pius und Mark Aurel ιοbte. 5) Auch an den Un- ruhen beim Kampfe zwischen Maximin und Gordian beteiligten sich λΡ lonceaux, les Africains S. 21-29.

Mommsen, R. G. V 9, S. 630 fl:

Monceau; les Africains S. 22.

Monceaux, les Africains S. 23; Spartían. Hadr. 5 n. 12; CIL VIII 2582; W. Weber, Inters. z. Gesch. d. Kaisers klad ńan (1907), S. 202. Capito]iu., Antonin. P. 5, 4; ders., Marc Anr. 21, 2; Ael. Spart., Sei. 2,4

Pausan. VIII 43, 3; Monceau; les Africains S. 23. ΚΣ =ηα. π ι lfl ΙΙ. Die kultuτellen Sclaícksale $ _ä-h die einheimischen Völkerstämme und benutzten die Gelegenheit der allgemeinen Verirrung zu Ρlünderungszügen bis tief in die pro- konsularische Provinz híneín. Daher wurde auch unter Vale ńan und Gallien die Wiederherstellung der Legion, die im J. 238 von Gor- dian HL zur Strafe fur die Begünstigung Maximins aufgehoben war, dringend notwendig (253). Es zeigt dies, wie unentbehrlich ein starker τ militiirische Schutz fur die afrikanische Provinz war. Die Unruhen setzten sich unter Auτelían und Diokletian fort; Kaiser µaτímían er- schien selbst in Afrika mit seinem Heere, um die Ruhe wiederher- zustellen (297). 1) Schließlich boten auch die sozialen und politischen

Unruhen, welche von den Anhängern christlicher Sekten ausgingen, vor allem die Kimpfe der Zirkumzellionen und Donatisten i n lumi- dien, den Liby-Berbern erwünschten Vorwand zu Einfällen und Ρlün- δ derυngszügen. 2) Als die kraft der r mischen Verteidigung erlahmte und schließlich die Provinz sich selbst überlassen werde ń mußte, er- gossen sich mit den Vandalen die bisher im Zaum gehaltenen Ele- mente der einheimischen Bewohner in das kultivierte Afrika, und in kurzer Zeit war die ganze Kulturarbeit der Römer im Atlasgebiete vernichtet. Κι κ Wenn die Reiebsverwaltung mit Aufbietung aller r fte und mit vielen Opfern ihre afrikanischen Besitzungen zu verteidigen ge- sucht hat, so mußte deren Wert f Υr Rom den Anstrengungen ent-

€prechen und andererseits der Reiz des blühenden Landes für die lachbarstimme außerordentlich verlockend gewesen sein. In der Tat lohnte sich die lūbe, wenn wir das Kulturwerk betrachten, das die τ Rōme in Afrika gescbaúen haben, sowie die Blüte und den Wohl- stand, welchen ihre Provinzialverwaltung diesen Gebieten gebucht bat Unter der praktischen Leitung und Anregung römischen Geistes wurden die schlummernden Kräfte der einheimischen, vorwiegend libyscb-berbischen Bevölkerung zu segensreicher Tätigkeit erweckt und glücklich zur Wirkung gebracht. Was die römische Technik für die systematische Hebung und wirtschaftliche Erschließung des Landes geleistet hat, zeigen jetzt noch die Reste des damaligen Straßennetzes und die bei dem Klima besonders wichtigen und wertvollen Anlagen kunstreicher Wasserleitungen, Stauweiher und Zisternen, welche eine intensive Kultur und die Entwicklung größerer Ansiedlungen in einem

11 ΜasiΥΙien zog dure>3 Spanien enter Bmpfen dorthin. Reitzenstein, Zwei religiοusgesch. Fragen S. 49 frgm. 1° Zeile 3; vgl. S. 50; Noneeaus. les A zi- caíns S. 24. 2) ffioneeaυa, lee Africains S. 25.