Minderheiten Als Mehrwert
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Minderheiten als Mehrwert Schriften des Collegium PONTES Band 6 Herausgeber: Matthias Theodor Vogt, Jan Sokol, Dieter Bingen, Jürgen Neyer, Albert Löhr Peter-Lang-Verlag Bern, Berlin, Bruxelles, Frankfurt am Main, New York, Oxford, Wien [15.10.2009] IMPRESSUM Schriften des Collegium PONTES Die Reihe wird herausgegeben von Matthias Theodor Vogt (Görlitz), Jan Sokol (Prag), Zbigniew Kurcz (Breslau) Jürgen Neyer (Frankfurt an der Oder), Beata Mikołajczyk (Posen) Band V Der Fremde als Bereicherung Herausgegeben von Matthias Theodor Vogt, Jan Sokol, Dieter Bingen, Jürgen Neyer, Albert Löhr Redaktion: Matthias Theodor Vogt, Joanna Urbanowicz, Dorothée Hanke, Judit Sauer Büroleitung: Dorothea Boutin, Manuela Kaffka Satz und Layout: Frank Vater, Chichinebs Verlag Görlitz Umschlagentwurf: Lutz Kühne, Agentur Die Partner Görlitz nach einer Idee von Philipp Bormann und Vladimir Kreck Die Entstehung des vorliegenden Bandes wurde ermöglicht durch Eigenbeiträge des Instituts für kulturelle Infrastruktur Sachsen und der Stiftung für das sorbische Volk sowie durch Zuwendungen der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung zugunsten der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst zugunsten der Hochschule Zittau/Görlitz und Eigenmitteln der Hochschule, des Sächsischen Staatsministerium des Innern, des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien, der Stadt Görlitz, der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien und zahlreichen Spenden. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien 2010 Inhaltsverzeichnis Matthias Theodor Vogt Mehrwert durch Minderheiten? Zu einer Forschungsfrage des Collegium PONTES Görlitz-Zgorzelec-Zhořelec.....................................................................9 I. Grundsatzfragen Wolfgang Schulze Sprache – Kultur – Ethnie: Eine kritische Reflexion.........................................................................23 Jurko Prochasko Mehrwert durch Metapher Ein Umformulierungsangebot an Deutsche, Sorben, Polen, Tschechen, Schlesier , Böhmen, Wenden, Preußen und die Sachsen.....................................................................................37 Reetta Toivanen Mehrwert durch Minderheiten und die Konstruktion von Ethnizität............................................................47 Gunnar Heinsohn Von der Vertreibung nationenfremder Eliten zum Krieg um ausländische Talente.......................................................53 Rupert Graf Strachwitz Bürgerengagement: ein politisches Konzept?......................................... 63 Eduard Werner Über die politische Verantwortung der modernen Philologie..............109 Vladimir Kreck Vom ökonomischen Mehrwert von Minderheiten - Thesen, Fakten, Fragen?.......................................................................141 II. Modelle der Minderheitenförderung in Europa und Japan Kimura Goro Christoph Minderheitenförderung in Japan am Beispiel der Stiftung zur Förderung der Ainu-Kultur.........................151 Anton Sterbling Kulturelle Identitätsfragen und Minderheitenlagen. Das Beispiel der Banater Schwaben in Rumänien...................................157 Gerhard Besier Brücken durch Religion? Migration – Religion – Integration – Partizipation..............................201 Ralf Thomas Göllner Minderheitenschutz als Kooperationsstrategie.....................................217 Christoph Pan Südtirols Regionalentwicklung als Erfolgsbilanz. Vom Konfliktfall durch Minderheitenschutz zum Mehrwert...............225 Karl Rainer Regionale Selbstverwaltung und Minderheitenpolitk Das Fallbeispiel Südtirol......................................................................249 Thede Boysen Minderheitenförderung als Teil der Grenzlandpolitik Dänen, Deutsche und Friesen im sogenannten Minderheitenmodell Schleswig............................................................267 Jan Diedrichsen Von der Belastung zum Mehrwert Die deutsche Minderheit in Nordschleswig / Dänemark.....................287 Joseph Dries Die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien– ein zeitgemäßes Modell der Minderheitenförderung?..........................313 Monika Ambach Die Förderung der Ungarndeutschen und das Ungarndeutsche Kultur und Informationszentrum........................329 Heinrich Kroll Die deutsche Minderheit in Polen und deren Förderung.................... 335 Ewa Chylinski Effektivität in der Minderheitenverwaltung.........................................343 Steffen Reiche Für einen frischen Wind der Offenheit und der Wahrhaftigkeit..........343 III. Überlegungen zu einer Politik im Interesse der sorbischen Zivilgesellschaft Maria Michalk Za małeho su małe wěcki wulke wěcy. Das Ringen um die Bundeszuständigkeit für die Förderung der sorbischen Kultur seit der Wiedervereinigung............................... 335 Ludwig Elle Sorben - demographische und statistische Aspekte..............................343 Jens Baumann Der Raum des Minderheitenschutzes Parameter in Regionalwissenschaft und Regionalverwaltung...............343 Martin Walde Wie man seine Sprache hassen lernt Überlegungen zum deutsch-sorbischen Konfliktverhältnis in Schule, Kirche und Meden.............................................................343 Susanne Hose, Herbert Schirmer, Katharina Elle Kulturelle Kompetenz im Ehrenamt Über Akteure der sorbischen Zivilgesellschaft......................................343 Jana Schulz Mehrwert durch Minderheiten? Aktuelle Probleme des sorbischen Bildungswesens..................................343 Stefan Oeter Konzeptpapier zur Frage der Neuordnung von Forschung und Lehre zu Sprache und Kultur der Sorben......................................343 Peter Pernthaler Über die Errichtung einer Körperschaft als öffentlichrechtliche Vertretung der Sorben (Wenden).....................343 Gunnar Heinsohn Ein kanadischer Joker im Ärmel der Sorben........................................343 Die Praxis der Idee Europa Zur Schriftenreihes des Collegium PONTES im Peter Lang Verlag....... 335 Immaterielle Deutungswelt und materielles Substrat Zur Edition kulturelle Infrastruktur im Peter Lang Verlag...................343 Matthias Theodor Vogt, Görlitz Mehrwert durch Minderheiten? Zu einer Forschungsfrage des Collegium PONTES Görlitz-Zgorzelec-Zhořelec Die Europäische Union und ihre Europäische Wertegemeinschaft bedeckt seit ihrer Erweiterung 0,780635% der Erdoberfläche. Nennenswerte Energie- und andere materielle Ressourcen gibt es kaum. Unter dem Namen Lissabon-Prozeß hat sich die EU vorgenommen, auf diesem Raum zu der Welt führender Wirtschaftsmacht aufzusteigen. Dies Vorhaben kann ausschließlich durch die Befähigung breitester Bevölkerungsschichten zu komplexem Denken geschehen, wie es seit längerem Deutschlands Maschinenbau oder Umwelttechnologie den entscheidenden Standortvorteil verschafft. Die Forschungsfrage „Mehrwert durch Minderheiten?“ läßt sich gedank- lich umkehren: Gibt es einen ›Minderwert‹ für die Mehrheitsbevölkerung gegenüber ihren Minderheitsbevölkerungen? Die Antwort ist ausweislich jüngerer Studien ein klares Ja. Die Witaj-Kinder der Klasse 2 in der brandenburgischen Grundschule Sielow hatten im Schuljahr 2007/2008 mehr schnelle Rechner (40%) als der Landesdurchschnitt (34%). Gut, vielleicht Mathematik, mag man nun denken, aber was ist mit der deutschen Sprache? Und dies ist die eigentliche Überraschung. Die Witaj-Kinder haben ein 30% größeres Leseverständnis als der Landesdurchschnitt, also bei der Mehrheitsbevölkerung (9,5 zu 7,8 Punkte von max. 12). Ebenfalls ist ihre Lesegeschwindigkeit in der deutschen Sprache signifikant höher als der Landesdurchschnitt (64,6 zu 60,7 von 100 max. Wörtern). Die parallele Immersion (das Eintauchen) in zwei Sprachsysteme in früher 1 Vgl. Schulz, Jana: Mehrwert durch Minderheiten? Aktuelle Probleme des sorbischen Bil- dungswesens. Im vorliegenden Band. 2 Immersive Learning, CLIL = Content and Language Integrated Learning. 12 Collegium PONTES: Minderheiten als Mehrwert Kindheit erschließt – ähnlich dem Musikunterricht - auch Gehirnareale, die bei einem Aufwachsen allein in der Muttersprache weniger stark ausgebildet werden. Immersion ist ein Plus für Abstraktionskompetenzen. Man muß sich dies vorstellen wie in der Erzählung von Obelix, der als Kind in den Zaubertrank fiel und davon lebenslang stark blieb. Eltern, die ihre Vorschulkinder in zweisprachige Kindergärten geben, legen damit einen wichtigen Grund für deren späteren Berufs- und Sozialerfolg. Bei sorbischen Kindern inmitten einer deutschen Mehrheitsbevölkerung ist die Immersion ohnehin der Normalfall. Die Historiker sprechen vom Langen 19. Jahrhundert, da der Zeitraum 1798 bis 1917 eine relative Einheit bildet. Blickt man aber auf aktuelle Parteiprogramme quer durch Europa und deren häufige Fixierung auf den Begriff der Nation, erhebt sich die Frage, ob das 19. Jahrhundert tatsächlich schon zu Ende ist. In Frankreich steht das Bretonische zwar seit immerhin 1950 nicht mehr unter Verbot, aber nach wie vor unter dem 1798 erhobenen Verdikt der Konterrevolution. In Ungarn ist das ›Trauma von Trianon‹ auch nach achtzig Jahren Grundlage des Staatsverständnisses und Auslöser für den Marsch ungarischer Extremisten über die Staatsgrenze zur Slowakei. In der Autobiographie von Eduard Schewardnadse sucht man eine Auseinandersetzung mit den 26 Volksgruppen auf dem Gebiet der Republik Georgien ebenso vergeblich wie in der Gamsachurdia-Biographie dessen Sohnes. Haben die Wähler bzw. deren Parteiprogramm-Mentoren geistig schon