Tagungen & Arbeitsgemeinschaften

Der Archäologische Verein e.V.

Peter May

Die geringe personelle und finanzielle Ausstattung der Aus der Arbeit des AVG Archäologischen Landesämter hat zur Folge, daß gro­ ße Gebiete nur in geringem Maße fachlich betreut Der Schwerpunkt der Arbeit ist die archäologische werden können. Eine Möglichkeit, um diese nicht nur Prospektion von Oberflächenfundplätzen, d.h. die Su­ geografischen Lücken wenigstens teilweise zu schlie­ che nach Funden und Fundstellen auf Ackerflächen ßen besteht im Einsatz ehrenamtlicher Mitarbeiter d.h. und anderen Bodenaufschlüssen. Dabei werden die interessierter Laien. Dazu ist eine regelmäßige Anlei­ Fundstellen, die von einem Vereinsmitglied entdeckt tung und Betreuung durch die Fachämter nötig, die in oder regelmäßig abgesucht werden, von den anderen der Regel durch engagierte Archäologen neben ihren im Verein aktiven Sammlern respektiert. Das Eigen­ üblichen Aufgaben geleistet wird. Über eine derartige tumsrecht des Finders bleibt unberührt. Die Funde Aktivität in der , fernab von Universitätsinstitu­ verbleiben in aller Regel in den Privatsammlungen der ten und den Zentralen bzw. Außenstellen der archäo­ Vereinsmitglieder. logischen Landesämter, soll im folgenden berichtet Da die Suche nach archäologischen Funden nach werden. dem Denkmalschutz­ und Pflegegesetz genehmi­ gungsbedürftig ist, erhalten die aktiven Vereinsmit­ Der Heimatforscher Erich LIPINSKI konnte bei einer glieder von der zuständigen Denkmalbehörde eine der alljährlich stattfindenden Tagungen der ehrenamt­ amtliche Suchgenehmigung. Die Suchgenehmigung lichen Mitarbeiter des Rheinischen Landesmuseums ist mit verschiedenen Auflagen verbunden, wie z.B. Trier diejenigen, die im Raum Gerolstein tätig waren, die Anzeige der Funde an die offiziellen Stellen. Hob­ zu regelmäßigen Treffen und Erfahrungsaustausch byarchäologen, die ohne Suchgenehmigung nach Fun­ anregen. So wurde am 28. November 1986 der Ar­ den forschen, insbesondere "Sondengänger", die mit chäologische Verein Gerolstein, kurz AVG, gegründet Metalldetektoren unterwegs sind und auf der Suche und 1988 vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt. nach wertvollen Münzen oder Schmuck den Boden Satzungsgemäßes Ziel des AVG ist die Förderung aufwühlen, bewegen sich in einer rechtlichen Grauzo­ der archäologischen Wissenschaft und Forschung in ne. Der AVG distanziert sich von diesen Leuten. der Zentraleifel. Weiterhin bestimmen die Vereinssta­ Sobald eine neue Fundstelle von einem Mitglied tuten: "Der Satzungszweck wird verwirklicht insbeson­ des AVG entdeckt worden ist, wird sie auf einer Kar­ dere durch die Durchführung wissenschaftlicher Ver­ te, die die Zentraleifel um Gerolstein abdeckt, einge­ anstaltungen und Forschungsvorhaben, vor allem der tragen. So läßt sich nach und nach ein Bild der Be­ archäologischen Landesaufnahme der Zentraleifel mit siedlung der Zentraleifel in den verschiedenen Epo­ dem topographischen Mittelpunkt Gerolstein. " chen der Menschheitsgeschichte erstellen. Durch die Die Mitglieder des AVG sind vor allem interessier­ mittlerweile recht zahlreich entdeckten Fundstellen ist te Laien, die sich der Archäologie verschrieben haben bereits erkennbar, daß die Eifel seit der Altsteinzeit in und in ihrer Freizeit ehrenamtlich und unentgeltlich fast allen Bereichen und in fast allen Epochen besie­ tätig sind. Derzeit hat der Verein 24 Mitglieder. Ihre delt war. Leider wird dies in der ­ auch neueren ­ Funde und Forschungsergebnisse werden sowohl den Heimatliteratur noch häufig übersehen. Jede Fundstel­ staatlichen Stellen der Denkmalpflege zugeleitet als le erhält eine eigene Fundort­Nummer und jedes auch durch Veröffentlichungen, Vortäge und Ausstel­ Fundstück eine fortlaufende Fundnummer. Die einzel­ lungen der Allgemeinheit zugänglich gemacht. nen Fundstücke, z.B. Keramikscherben oder Steinar­ Die aktiven Mitglieder des AVG treffen sich regel­ tefakte, werden sodann auf einem Lageplan möglichst mäßig einmal monatlich. Dr. Hartwig LOHR vom genau eingetragen, so daß sie jederzeit ihrem Her­ Rheinischen Landesmuseum Trier und weitere bei den kunftsplatz zugewiesen werden können. Im Idealfall Treffen anwesende Archäologen begutachten und be­ wird ein begrenztes Gebiet so abgesucht, daß die Lage stimmen die von den Vereinsmitgliedern bei ihren Be­ aller Fundstücke einzeln und dezimetergenau einge­ gehungen gemachten Funde. messen wird. Aus dem so gewonnenen Kartierplan lassen sich Aussagen über die Größe und Struktur ei­ ner Siedlungsstelle oder der Dauer ihrer Belegung

Archäologische Informationen 23/1, 2000, 115­118 Tagungen & Arbeitsgemeinschaften

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Gerolstein Prüm

Daun 3-

5 km

Abbildung Kartierung der wichtigsten Fundstellen, die von Mitgliedern des AVG entdeckt worden sind bzw. betreut werden. M. 1:200.000.

gewinnen. Als Beispiel für die Arbeitsweise und die gehungen hatte Erich LIPINSKI Scherben und Kno­ möglichen Ergebnisse sei auf die Vorlage eines fund­ chen aufgelesen, die von zerpflügten Brandbestattun­ reichen mittelpaläolithischen Inventars aus Rockeskyll gen stammten. Es bestand die Gefahr, daß die Gräber verwiesen (LIPINSKI 1986). bei fortwährender Beackerung in einigen Jahren völlig verschwinden würden. Daher wurde von Studenten Ein besonderer Arbeitsschwerpunkt in den Anfangs­ und Studentinnen der Universität Münster unter Lei­ jahren des AVG war die Ausgrabung eines bronze­ tung von Prof. Dr. Albrecht JOCKENHÖVEL eine zeitlichen Gräberfeldes bei Rockeskyll. Bei Ackerbe­ Ausgrabung durchgeführt, um zu klären, ob und

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wieviele intakte Brandbestattungen noch vorhanden gebnisse und andere historisch interessante Themen in waren. An den Ausgrabungsarbeiten beteiligten sich verschiedenen Veröffentlichungen und Vorträgen (s. auch Mitglieder des AVG. Durch die exakte Kartie­ Liste ausgewählter Publikationen am Ende). Im Mit­ rung der von LIPINSKI oberflächlich aufgelesenen teilungsblatt der Verbandsgemeinde Gerolstein er­ verstreuten Scherben zeichnete sich die Lage der im schienen etliche Artikel über Funde, die Mitglieder Untergrund noch erhaltenen Urnengräber deutlich ab. des AVG entdeckt hatten. Natürlich sind auch in den Die gezielte Ausgrabung dieser Bereiche ergab dann Publikationen des RLM Trier, der "Trierer Zeitschrift" auch sieben Urnengräber. Sie enthielten die auf einem und "Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier" die Scheiterhaufen verbrannten Überreste der Toten, den Aktivitäten des AVG in den Fundberichten vertreten. Leichenbrand, sowie teilweise gut erhaltene Gefäße Über die monatlichen Vereinstreffen werden Proto­ mit typischer urnenfelderzeitlicher Form und Verzie­ kolle erstellt, in der die besprochenen Themen und die rung (WEBER 1993). Als wesentliches Ergebnis der vorgelegten Funde festgehalten werden. Ausgrabung blieb die Erkenntnis, daß die Eifel in der Weiterhin organisiert der AVG in Zusammenarbeit Urnenfelderzeit in den Sufen Ha AI und Ha 2 d.h. um mit der Volkshochschule öffentliche Vorträge durch etwa 1150 v.Chr. in Höhen um 500 m NN besiedelt Wissenschaftler und Fachleute über archäologische, war. Dies konnte bis zu der Ausgrabung noch nicht in historische und naturkundliche Themen. Die Vorträge dieser Deutlichkeit nachgewiesen werden. Die Aus­ werden in der Regel sehr gut besucht. grabung ist zugleich ein gutes Beispiel wie Laien­ und Einen informativen Überblick über die Steinzeit im Facharchäologen zusammenarbeiten und voneinander Gerolsteiner Raum gibt das gleichnamige Heft, das profitieren können. aus Beiträgen von Mitgliedern des AVG besteht. Das Heft enthält neben zahlreichen Artefakt­Abbildungen Die Eifel weist im 1997 erschienenen Geschichtlichen einige Beispiele für Fundkartierungen sowie Literatur­ Atlas der Rheinlande kaum Fundpunkte auf. Dieses hinweise zur lokalen und regionalen Archäologie. Bild ist u.a. durch die Auswahlkriterien für die Auf­ Im Jahr 1990 tagte die "Hugo­Obermaier­Gesell­ nahme der Fundorte in die Karte bestimmt und spie­ schaft für Erforschung des Eiszeitalters und der Stein­ gelt daher nicht den wirklichen Forschungsstand wi­ zeit e.V." in Trier. Eine Tagesexkursion sollte die Ge­ der. Mittlerweile sind von den Mitgliedern des AVG sellschaft zu den bekannten archäologischen und nat­ rund 240 Fundplätze entdeckt und gemeldet worden urkundlichen Sehenswürdigkeiten nach Gerolstein und werden teilweise seit mehreren Jahren betreut führen. Aus diesem Anlaß richtete der AVG eine klei­ (Abbildung). ne Sonderausstellung im Naturkundemuseum Gerol­ stein mit ausgewählten Fundstücken aus der Zentralei­ Neben der Geländeprospektion der einzelnen Mitglie­ fel ein. Diese Ausstellung bildete den Grundstock für der führt der AVG von Zeit zu Zeit auch gemeinsame die spätere Dauerausstellung im Naturkundemuseum Exkursionen zu archäologisch und naturkundlich in­ Gerolstein. Die Mitglieder des AVG stellen hervorra­ teressanten Zielen durch, etwa zu Ausgrabungsstätten gende bzw. ortstypische Fundstücke aus ihren Samm­ oder Museen. So führte eine Tagesexkursion in den lungen der Stadt Gerolstein zur öffentlichen Ausstel­ ­Odenwald, wo der AVG freundschaftliche Kontakte lung zur Verfügung. Heute können Eifeler Funde von zum Gernsheimer Arbeitskreis für Vor­ und Frühge­ der Altsteinzeit bis zur frühen Neuzeit, ansprechend schichte unterhält. Eine andere interessante Exkursion präsentiert und didaktisch aufbereitet, besichtigt wer­ ging nach Luxemburg. Dort ist die "Societe de Prehi­ den. Anhand einer Zeitschiene, die die Veränderungen storique Luxembourgeoise" (SPL) mit ähnlichen Zie­ von Kultur, Klima, Wald und Fauna zeigt, werden die len und Methoden wie der AVG in der Eifel tätig. Epochen von der Altsteinzeit bis in die Gegenwart Sehr beeindruckend war die Besichtigung einer Aus­ dargestellt. Zum vertiefenden Studium kann das o.g. grabung des Luxemburger Staatsmuseums in einer Heft "Steinzeit im Gerolsteiner Raum" erworben wer­ Spaltenhöhle des Luxemburger Sandstein, der Karels­ den. le Grotte. In mächtigen Ablagerungen fanden sich in fünf Schichten Funde der jungsteinzeitlichen Rössener Die guten Kontakte zwischen Laien und Archäologen Kultur, der Bronzezeit, der Eisenzeit, der Römerzeit zeigen sich auch in der Zusammenarbeit mit verschie­ und des Mittelalters. Im Gegenzug konnte der AVG denen Universitätsinstituten. Aus den Aktivitäten des bereits mehrere Gruppen zu Exkursionen in die histo­ AVG erwuchsen bisher drei Magisterarbeiten und risch und naturkundlich hochinteressante Gegend um zwei Dissertationen, die an den Universitäten Köln, Gerolstein begrüßen. Kiel und Münster betreut wurden. Allein durch die mittlerweile als falsch herausgestellte Ansicht der Ein eigenes Mitteilungsorgan besitzt der AVG nicht. "späten" Besiedlung der Eifel wurde es interessant, Dennoch berichtet der AVG über seine Forschungser­ das Fundmaterial verschiedener Perioden unter sied­

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lungsarchäologischen wie auch unter Gesichtspunkten LOHR, H. (1984) Zur mittleren Steinzeit im Trierer Land der überregionalen Beziehungen zu bearbeiten. Die II. Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 16, 1984, Bearbeitung des kleinen Gräberfeldes der Urnenfel­ 3-18. derzeit durch Gesine WEBER an der Universität LOHR, H. (1985) Sammeln oder Suchen? Anmerkungen Münster wurde schon erwähnt. Kürzlich schlössen zur archäologischen Feldbegehung. Arch. Inf 8/2, 1985, Oliver NAKOINZ (Kiel) und Lothar GIELS (Köln) 102-110. ihre Magisterarbeiten zur eisenzeitlichen Besiedlung im Umfeld des Holzmaares und zum mittelpaläoli­ LOHR, H. (1987) Suchen und Finden ­ bewußte Strategien thischen Fundplatz ab. Die Dissertation archäologischer Denkmalpflege. Funde und Ausgrabungen zum Spätpaläolithikum und Mesolithikum von Ingrid im Bezirk Trier 19, 1987, 18-28. KOCH (Köln) ist weit fortgeschritten und die Bear­ beitung von Fundstellen der Römerzeit im Rahmen LOHR, H., LIPINSKI, E., KOCH, I. & P. MAY (1990) einer Doktorarbeit hat gerade begonnen. Steinzeit im Gerolsteiner Raum. Begleitheft zur Ausstellung im Naturkundemuseum Gerolstein. Gerolstein 1990.

Ausgewählte Literatur NAKOINZ, O. (1999) Siedlungsarchäologische Untersuchungen im Umfeld des Holzmaares in der Eifel. Arch. Inf. 22/1, 1999, 125-128. KOCH, I. (1998) Das Mesolithikum im Trierer Land. Arch. Inf. 21/2, 1998, 387-391. NORTMANN, H. (1997) Funde und Fundstelle ­ Sammler und Behörde. Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 29, LIPINSKI, E. (1986) Eine mittelpaläolithische 7-16. Quarzindustrie von Rockeskyll, Verbandsgemeinde Gerolstein, Kreis Daun/Eifel. Arch. Korrbl. 16, 1986, WEBER, G. (1993) Das urnenfelderzeitliche Gräberfeld 223-234. von Rockeskyll, Verbandsgemeinde Gerolstein, Kreis Daun/Eifel. Trierer Zeitschrift 56, 1993, 7-27. LIPINSKI, E. (1986) Chorologische Erfassung von Oberflächenfunden. Arch. Inf. 9/1, 1986, 49-53.

LOHR, H. (1980) Zur mittleren Steinzeit im Trierer Land. Peter May Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 12, 1980, 3-9. Mainzer Str. 135 D - 56068 Koblenz

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