Titelbild: Verkleinertes Detail (Maßstab 1 : 10 000) aus der Geologischen Karte des zentralen Stadtgebiets von Freiburg i. Br. (Ausschnitt aus Beilage 1 dieses Heftes)
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Freiburg im Breisgau – Geologie und Stadtgeschichte
ECKHARD VILLINGER
Freiburg i. Br. 1999 Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Informationen 12
ISSN 0940-0834
Herausgeber: Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg Albertstraße 5, D-79104 Freiburg Telefon: (0761) 204-4375, Fax (0761) 204-4438 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.lgrb.uni-freiburg.de
Redaktion: Priv.-Doz. Dr. DIETHARD H. STORCH
Bildnachweis: Photos von E. VILLINGER (Okt./Dez. 1998), soweit nicht anders angegeben
Satz, Gestaltung: HEIKE MERKT
Druck: Poppen & Ortmann KG, Unterwerkstraße 5, D-79115 Freiburg
September 1999 Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Informationen 12
Vorwort
Freiburg im Breisgau liegt in einer geologisch höchst bemerkenswerten Landschaft – im Span- nungsfeld tektonischer Großstrukturen von kontinentaler Bedeutung und lebendiger Erdgeschichte. Darüber hinaus bietet die Stadt eindrucksvolle archäologische und baugeschichtliche Besonder- heiten, deren geologische Bezüge bisher nur wenig Beachtung fanden.
Die geologischen Verhältnisse im Freiburger Raum sind das Ergebnis erdgeschichtlicher Vorgän- ge der vergangenen 500 Millionen Jahre. Prägend, auch für das heutige Landschaftsbild, waren jedoch die letzten 50 Millionen Jahre, während denen der Oberrheingraben eingesunken ist – ein Vorgang, der bis zum heutigen Tage weitergeht und Auswirkungen auf das Stadtgebiet hat. Die östliche Hauptverwerfung dieser Großstruktur, die Schwarzwaldrandverwerfung, zieht mit einer Sprunghöhe von 1000–1500 m mitten durch Freiburg und trennt den Oberrheingraben vom Schwarzwald.
Die Vorgänge im jüngsten Abschnitt der Erdgeschichte, dem bis heute dauernden Quartär, führ- ten zu den geologischen und landschaftlichen Strukturen, die für die Entstehung Freiburgs und seine Weiterentwicklung bestimmend waren. Dank der Gunst der geologischen Situation konn- ten z. B. in unmittelbarer Nähe der Stadt geeignete Bausteine für den Bau des Münsters und der Stadtbefestigung sowie die Errichtung anderer Bauwerke gewonnen werden. Gutes Trink- und Brauchwasser ließ sich, die gleichmäßige Oberflächenneigung des Mündungsschwemmkegels der Dreisam nutzend, mit freiem Gefälle in die Stadt leiten und dort verteilen. Die finanziellen Mittel für diese Unternehmungen stammten aus den Erlösen des Silberbergbaus im Schwarz- wald, der jahrhundertelang Wohlstand in die Stadt brachte.
Solche und andere Zusammenhänge verdeutlichen die engen Beziehungen zwischen der Geolo- gie und der Freiburger Stadtgeschichte. Einige Aspekte hierzu sind Gegenstand des vorliegen- den Heftes. Mögen die Ergebnisse dieser Untersuchungen auch zur Klärung strittiger Fragen im gegenwärtigen archäologischen Diskurs über die Stadtgeschichte Freiburgs im Hochmittelalter beitragen.
Prof. Dr. H. Schneider Präsident des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Informationen 12
Zum Geleit
Die geologischen Besonderheiten unserer Region am Oberrhein haben maßgeblich den Weg beeinflußt, den die Stadtentwicklung eingeschlagen hat. Das Landschaftsbild zwischen Rhein und Schwarzwald, wie es sich weit vor jedem menschlichen Leben geformt hat, umfaßt u. a. den südlichen Schwarzwald, den Oberrheingraben, den Tuniberg und – als Rudiment einstiger vulka- nischer Aktivität – den Kaiserstuhl. Als prägende Merkmale geben sie unserer Region ein einzig- artiges Bild und bestimmen das Gesicht der Stadt.
Zu den geologischen Bedingungen gehören auch jene Bodenschätze, die über Jahrhunderte hin- weg Grundlage des städtischen Reichtums und einer wirtschaftlich starken Bürgergesellschaft waren. Der Schauinsland trägt noch heute den Namen "Erzklasten"; er erinnert an den Erz- und Silberbergbau im Schwarzwald. MATTHÄUS MERIAN schreibt in seiner "Topographia Alsatiae" 1644 über Freiburg:
"...ist etwan ein herrlich Dorff gewesen / so hiebevor von viele der Bergleuten / unnd Ertzknappen dersel- bigen Gegend erbawet worden. Dann ein Meil Wegs von Breysach vor Zeiten ein gut Bergwerck gewe- sen / dessen Einkommen zu Erbawung dieses Orts / auch desselben Klöster unnd Kirchen / meistentheils geholffen hat. Es wurden die Burger auch also reich / daß sie sich adlen liessen..."
Bis vor wenigen Jahrzehnten ist Erz im Schauinsland gewonnen worden. Heute erinnert das dank privater Initiative wieder zugängliche Besucherbergwerk an dieses wichtige Kapitel der Stadtge- schichte; das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat beim Auf- bau und in der fachlichen Beratung wertvolle Beiträge geleistet. Auch am Schönberg im heutigen Stadtteil St. Georgen und in vielen anderen Regionen des südlichen Schwarzwalds war über Jahrhunderte der Bergbau beheimatet und schuf die Grundlage für eine gute wirtschaftliche Ent- wicklung und ein selbstbewußtes, starkes Bürgertum.
Mit dem Heft "Freiburg im Breisgau – Geologie und Stadtgeschichte" legt das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau nun eine Publikation vor, die einen tiefen Blick in die geologi- schen Verhältnisse und erdgeschichtlichen Vorgänge erlaubt, die wiederum Grundlage unserer heutigen Landschaft sind. Damit dokumentiert das Landesamt ein Stück Stadtgeschichte, die im wahren Wortsinn "fundamental" zu nennen ist.
Ich danke dem Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau für die Herausgabe dieser Schrift und wünsche ihr eine gebührende Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.
Freiburg, im August 1999
Dr. Rolf Böhme Oberbügermeister Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Informationen 12
Inhalt
Seite 1 Einleitung ...... 6
2 Abriß der erdgeschichtlichen Entwicklung ...... 8 2.1 Vorbemerkungen ...... 8 2.2 Präkambrium und Paläozoikum...... 8 2.3 Mesozoikum...... 9 2.4 Känozoikum ...... 11 2.4.1 Entwicklung des Oberrheingrabens ...... 11 2.4.2 Tertiär ...... 13 2.4.3 Quartär...... 14
3 Tektonischer Bau ...... 21 3.1 Bruchstrukturen ...... 21 3.2 Erdbeben ...... 25
4 Mündungsschwemmkegel der Dreisam ...... 31 4.1 Entstehung und Aufbau ...... 31 4.2 Erosionsränder der Niederterrasse ...... 34
5 Grundwasserverhältnisse ...... 38 5.1 Vorbemerkungen ...... 38 5.2 Grundwasser in den Schottern der Dreisam ...... 38 5.3 Grundwasser im Kristallinen Grundgebirge...... 40
6 Zur Entstehung von Freiburg aus geologischer Sicht ...... 42 6.1 Natürliche Voraussetzungen...... 42 6.2 Flußübergang und Dreisambett ...... 44 6.3 Quellfassungen und Brunnen ...... 47 6.4 Bächlesystem und Straßenaufschüttung ...... 48 6.5 Baumaterial der Stadtmauer ...... 54
Zusammenfassung ...... 55
Literatur...... 56 Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Informationen 12
1 Einleitung
„So berühmt wie die Stadt ist der Ausblick von ihrem welcher sich hier – abstrahieren wir von den Alpen Schloßberg: Dunkel und steil wächst hinter uns der – zu wahrhaft imposanten Gebirgsmassen erhebt, Schwarzwald. Aber mitten in die Flut der Berge und wie diese nur vereinzelt wieder in Deutschland auf- Wälder bricht hell das Tor und Tal der Dreisam hinein treten“ (SCHILL 1862: 1). Dieser Gegensatz wird in und führt die Heiterkeit der Niederung in den schönsten Teilen des Gebiets gemildert durch die dem Schwarz- Ernst des Gebirges. Draußen aber, welch festlicher Tanz! Da flutet ein Meer aus Feldern und Wiesen, die Ebene.“ wald randlich vorgelagerten Höhen der Vorbergzone. Ähnlich verhält es sich am Westrand des Oberrhein- So faßte der bekannte Geologe HANS CLOOS in sei- grabens, wo die Vogesen als „Zwillingsbruder“ des nem Buch „Gespräch mit der Erde“ überwältigt sei- Schwarzwalds jenseits der westlichen Hauptverwer- ne Eindrücke von der Freiburger Umgebung in Wor- fung das Randgebirge bilden. Dazwischen, mitten te (CLOOS 1947: 260). In der Tat zählt das Gebiet um im Oberrheingraben gelegen und mit diesem ursäch- Freiburg im Breisgau aus der Sicht des Geologen lich verknüpft, bietet das Vulkanmassiv des Kaiser- zu den interessantesten und vielfältigsten Gebieten stuhls weitere geologische und landschaftliche Hö- Deutschlands. Die geradezu spektakulären geolo- hepunkte. Auf die Detailgliederung dieser Groß- gischen Verhältnisse sind nicht nur Ursache für den einheiten wird im Kap. 3.1 eingegangen. außergewöhnlichen landschaftlichen Reiz dieses Raums. Sie bedingen auch die besonderen Sied- Südlich von Freiburg, bei Müllheim, treffen die Struk- lungsgrundlagen, die der (?mittel-)paläolithische turen einer weiteren geologischen und tektonischen Mensch bei seinem Erscheinen im Breisgau ange- Besonderheit, der sogenannten Badenweiler–Lenz- troffen hat und die schließlich für die Entstehung und kirch-Zone (BLZ), auf den Oberrheingraben (vgl. Abb. Entwicklung Freiburgs von Bedeutung waren und 10). Sie teilt als etwa West–Ost verlaufende schma- sind. le Verwerfungs- und Faltenzone mit kompliziertem Bau den Südschwarzwald und setzt sich jenseits des Nähert sich der aufmerksame Beobachter aus west- Oberrheingrabens nach Südwesten wahrscheinlich licher Richtung, d. h. von der Rheinebene bzw. der bis in die französischen Cevennen fort. Die BLZ wird Freiburger Bucht her der Stadt, dann wird ihm auf- heute als Überbleibsel der Kollision zweier Krusten- fallen, daß der als dunkelgrünes Gebirge im Osten platten im Erdaltertum (= Paläozoikum, s. Abb. 2) majestätisch aufsteigende Schwarzwald mit den gedeutet, die im Zuge der variszischen Gebirgs- manchmal bis in den Frühsommer schneebedeck- bildung im Unterkarbon gewissermaßen als Vorläu- ten Gipfeln des Feldbergmassivs gegen das Tief- fer von Afrika und Europa hier miteinander „ver- land wie mit dem Messer abgeschnitten erscheint. schweißt“ worden sind. Ein dazwischen liegendes Verursacht wird dies durch den bis heute aktiven Ozeanbecken wurde dabei subduziert, d. h. von den Ostrand des Oberrheingrabens, einer tektonischen beiderseitigen Krustenplatten überschoben und „ver- Großstruktur von kontinentaler Bedeutung (zum Be- schluckt” (LOESCHKE et al. 1998). griff Tektonik s. Kap. 3.1). Der Oberrheingraben ist der zentrale Teil eines quer durch Europa, vom Mit- Die faszinierenden und mannigfaltigen Untergrund- telmeer über das Rhônetal bis in die Nordsee und verhältnisse im Freiburger Raum haben die Geolo- nach Skandinavien, verlaufenden sogenannten Rift- gen seit über 160 Jahren beschäftigt, denn hier bie- systems, d. h. eines Systems weitreichender, gro- tet nicht nur der geologische Bau Besonderes, son- ßer Grabenbrüche in der Erdkruste, an denen sich dern es treten auch Gesteine aus fast allen Peri- Krustenbereiche bis zum heutigen Tage verschie- oden der Erdgeschichte auf. Nach frühen „geogno- ben und mit denen zeitweise auch vulkanische Akti- stischen“ Übersichtsbeschreibungen in den 1830er vitäten verbunden waren. Jahren (MERIAN 1831, FROMHERZ 1837) wurde die erste, noch sehr einfache geologische Karte der Frei- Der Ostrand dieses Systems, die sogenannte Haupt- burger Umgebung (Maßstab 1 : 50 000) von JULIUS verwerfung (oder Schwarzwaldrandverwerfung) mit SCHILL im Jahre 1862 veröffentlicht. Wesentliche Fort- einer Sprunghöhe1 von etwa 1000–1500 m, verläuft schritte brachte dann 1890 der Geologische Führer entlang dem Schwarzwaldrand und mitten durch der Freiburger Professoren STEINMANN und GRAEFF, Freiburg (Abb. 1). Sie ist verantwortlich für den auf- der tektonische Darstellungen und eine erste geolo- fälligen landschaftlichen und geologischen Gegen- gische Übersichtskarte des Kaiserstuhls im Maß- satz zwischen der Rheinebene mit ihren Schotter- stab 1: 300 000 enthält. Bis zur modernen geologi- fluren und dem Schwarzwald mit seinem „Gneise..., schen Karte von Freiburg und Umgebung, die –
1 Sprunghöhe – vertikaler Versetzungsbetrag zwischen den beiderseits der Verwerfung angrenzenden Schichten bzw. Gesteinen
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Abb. 1: Blick von der Eichhalde oberhalb von Herdern nach Süden Die Hauptverwerfung durchzieht das Stadtgebiet entlang dem Fuß des Schloßbergs (links), zerschneidet den Lorettoberg (im Mittel- grund, links des Münsters) und trennt den Schönberg (im Hintergrund, hinter dem Münster) vom Schwarzwald. In der Ferne ist der Blauen zu erkennen. ebenfalls im Maßstab 1:50 000 – erstmals 1977 er- sche Karten dieses Raums sind im Rahmen des Kar- schienen ist (SCHREINER 1977; 3. Aufl. 1996) und dem tenwerks “Geologische Karte von Baden-Württem- zugehörigen, ausführlichen Erläuterungsband (GRO- berg 1 : 25 000" in den letzten Jahren erschienen: SCHOPF et al. 1977; 3. Aufl. 1996) war es aber noch ein weiter Weg. Die Darlegungen des vorliegenden 7912 Freiburg i. Br.-NW (FLECK & HERRGESELL 1997) Beitrags stützen sich großenteils auf dieses Werk, 7913 Freiburg i. Br.-NO (GROSCHOPF & SCHREINER sind jedoch durch neuere, im Text jeweils genannte 1994, 1996) Forschungsergebnisse modifiziert oder ergänzt. 8012 Freiburg i. Br.-SW (HERRGESELL & FLECK 1996) 8013 Freiburg i. Br. [-SO] (WIMMENAUER & HÜTTNER Die geologischen Verhältnisse des Freiburger Raums 1968 sowie HÜTTNER & WIMMENAUER 1967) behandelten in neuerer Zeit auch die ausführlichen Geologische Exkursionskarte des Kaiserstuhls Übersichtsdarstellungen von SAUER (1965) und z. T. (WIMMENAUER 1956 sowie HASEMANN et al. von SCHREINER (1991). Folgende detaillierte geologi- 1959).
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2 Abriß der erdgeschichtlichen Entwicklung
2.1 Vorbemerkungen 1 :1 000 000 (GROSCHOPF 1998). Dabei ist zwischen zwei großen Gesteinsgruppen zu unterscheiden: Die Das nachstehende Kapitel gibt einen knappen Über- Gesteine des Kristallinen Grundgebirges (sogenann- blick über die geologischen Entwicklungen und Er- te Kristallingesteine, landläufig auch als „Urgestein“ eignisse der Erdgeschichte in ihrer zeitlichen Rei- bezeichnet) haben sich aus verschiedenartigen äl- henfolge, soweit sie für den Freiburger Raum von teren Gesteinen durch Metamorphose oder aus auf- Bedeutung sind. Die im Verlauf dieses langen Zeit- gestiegenem Magma gebildet. Sie stellen den Kern raums aus Sedimenten oder bei magmatischen Vor- beider Gebirge dar, der durch Jahrmillionen andau- gängen entstandenen Schichten und Gesteinskom- ernde Abtragung weithin freigelegt wurde. Dieser plexe werden in der Aufeinanderfolge ihrer Bildung, enthält auch zahlreiche, häufig im Oberkarbon ent- d. h. vom Älteren zum Jüngeren beschrieben. Dies standene Mineralgänge (mit Quarz, Schwerspat, entspricht in der Regel auch ihrer Abfolge in der Natur Flußspat usw.) und Erzgänge, vor allem die bis in von unten nach oben. Die erdgeschichtliche Gliede- die Neuzeit wirtschaftlich wichtigen Blei-Zink-Erz- rung mit den wichtigsten geologischen Ereignissen gänge mit ihrem Silbergehalt. Den bei ihrem Abbau in Südwestdeutschland zeigt Abb. 2. (z. B. im Schauinsland bis 1954) erzielten hohen Er- lösen verdankt Freiburg seinen Aufstieg und Reich- Die Bezeichnung der Schicht- und Gesteinseinheiten tum im Mittelalter (STEUER & ZETTLER 1996 und an- folgt der aktuellen, beim Landesamt für Geologie, dere Autoren). Auch im Sternwald wurde mindestens Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg verbind- seit dem 12. Jahrhundert Bergbau betrieben. Davon lichen Nomenklatur (Symbolschlüssel 1995, 1999). zeugen nicht nur die Bergbauspuren bei dem in Beil. Sie weicht teilweise von der in früheren Publikatio- 1 eingezeichneten Erzgang, sondern auch neuer- nen verwendeten ab. Soweit notwendig, sind ältere dings entdeckte Pingen weiter östlich. Der Fund rö- Bezeichnungen in Klammern genannt. Für die Ein- mischer Scherben wirft die Frage auf, ob sogar schon zelbeschreibung der verschiedenen Gesteinsarten die Römer hier Erz gewonnen haben (PAUSE 1996). sei auf GROSCHOPF et al. (1996) sowie die Erläute- Römischer Silberbergbau wird schon länger u. a. im rungen zu den oben genannten geologischen Kar- Suggental bei Waldkirch und im Münstertal vermu- ten 1 : 25 000 verwiesen. tet, bei Sulzburg ist er nachgewiesen (KIRCHHEIMER 1976, vgl. auch GROSCHOPF & SCHREINER 1996: 89).
Einer Anreicherung des Eisensulfiderzes Magnet- 2.2 Präkambrium und kies (bis 3 Vol.-%) in Paragneisen und Metatexiten des tieferen Untergrunds zwischen Stegen und Burg Paläozoikum verdankt die in Fachkreisen berühmte magnetische Anomalie Kirchzarten ihre Existenz. Diese unge- Im ältesten Abschnitt der Erdgeschichte, dem Prä- wöhnliche und starke Störzone im irdischen Magnet- kambrium (Erdur- und -frühzeit), das vor 545 Millio- feld erstreckt sich im Bonndorfer Graben (s. Kap. nen Jahren zu Ende ging, liegen die geologischen 3.1) und hängt möglicherweise mit einem im Tertiär Verhältnisse in Südwestdeutschland noch weitge- aufgestiegenen, jedoch im Untergrund steckenge- hend im Dunkeln. Möglicherweise sind gegen Ende bliebenen Magmakörper zusammen. Zur Untersu- des Präkambriums die Sedimente abgelagert wor- chung der Anomalie wurde 1981 eine 999 m tiefe 2 den, aus denen später durch Metamorphose ein Forschungsbohrung abgeteuft (HAHN et al. 1985). Teil der Gneise des Schwarzwalds und der Vogesen entstanden ist. Über dem Kristallinen Grundgebirge liegen paläo- zoische Sedimentgesteine, die aus festländischen Gesteine des Paläozoikums (Erdaltertums) sind da- oder marinen Ablagerungen hervorgegangen und nur gegen im Schwarzwald wie in den Vogesen weit ver- in relativ kleinen Bereichen überliefert sind. Gestei- breitet, vgl. Geologische Übersichtskarte von Baden- ne des Paläozoikums (Schiefer, Grauwacken, Vul- Württemberg 1:500 000 (BRUNNER et al. 1998) oder kanite usw. aus dem Silur bis Karbon) treten z. B. in Geologische Schulkarte von Baden-Württemberg der weiteren Umgebung von Freiburg auf, so vor al-
2 Metamorphose – Gesteinsumwandlung durch Versenken von Gesteinen in die Erdkruste, teilweise verbunden mit Durchbewegung unter hohen Temperaturen (bis über 700–800 °C) und hohen Drücken (um 60 000 t/m˝ oder mehr). Kristallingesteine ist ein Sammelbegriff für Gneise und vergneiste Gesteine (in der Freiburger Umgebung vor allem Paragneise, Flasergneise und Amphibolite), Migmatite (hier Metatexite und Diatexite), Granite, Porphyre, metamorphe Schiefer, magmatische Ganggesteine usw. Hinsichtlich näherer Beschreibung dieser Gesteine sei auf die Erläuterungen zu den oben genannten geologi- schen Karten verwiesen (HÜTTNER & WIMMENAUER 1967, GROSCHOPF et al. 1996, GROSCHOPF & SCHREINER 1996).
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Abb. 2: Zeittafel der Erdge- schichte und der großen geo- logischen Ereignisse in Süd- westdeutschland Nach GROSCHOPF & VILLINGER (1998: Abb. 2, ergänzt). Alters- daten im wesentlichen nach GRADSTEIN & OGG (1996) und MENNING (1995). Untergliederung des Pleistozäns s. Tab. 1. lem in der Badenweiler–Lenzkirch-Zone (vgl. Abb. tion im Freiburger Raum lediglich am Hornwald bei 10), wo sie Mächtigkeiten von mehreren tausend Me- Sexau erhalten geblieben (nur 10 m mächtig). tern aufweisen. Dort wurden sie durch tektonische Vorgänge bei der im Kap. 1 erwähnten Platten- kollision zusammengeschoben und stark verfaltet (variszische Gebirgsbildung). Aus dem jüngeren 2.3 Mesozoikum Paläozoikum sind vor allem Sedimente des Rot- liegenden (Sandsteine, Arkosen, Konglomerate) er- Am Ende des Paläozoikums war die zuvor in Rük- halten. Diese Gesteine treten mit Mächtigkeiten zwi- ken und Senken gegliederte Landoberfläche weitge- schen 10 m und über 100 m am Mauracher Berg bei hend eingeebnet, und von den heutigen Mittelgebir- Denzlingen, stellenweise in Herdern, im tieferen gen Schwarzwald und Vogesen war noch nichts zu Untergrund von Zähringen (113 m mächtig in der sehen. Während der nachfolgenden Ära des Meso- dortigen Thermalwasserbohrung, vgl. Abb. 12: zoikums (Erdmittelalter) wurden in Südwestdeutsch- Schnitt 2) und im Lorettoberg (Abb. 13) sowie bei land mächtige, teils festländische, teils marine Sedi- St. Peter auf. Während der Zeit ihrer Ablagerung mente der Trias und des Juras abgelagert, „neptuni- herrschte auch lebhafter Vulkanismus. Auf ihn ge- sche Formationen“, wie man früher sagte (FROMHERZ hen z. B. die bis 250 m mächtigen vulkanischen 1837: 1, 1838: 101). Sie stehen im Freiburger Raum, Gesteine des Münstertäler Deckenporphyrs und ein in der Vorbergzone zwischen Emmendingen und kleines Vorkommen von Porphyrit an der Ohmen- Staufen, heute noch zutage an, wenn auch nur in kirche bei St. Märgen zurück. Zechstein-Sedimente kleinen Vorkommen und z. T. unvollständig. Innerhalb sind dagegen in Gestalt der Tigersandstein-Forma- des Oberrheingrabens sind sie vor allem im Unter-
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grund erhalten, aber auch in einigen Bruchschollen Gegen Ende der Untertrias überflutete das Meer, an der Oberfläche (Nimberg, Marchhügel, Lehener von Norden her vordringend, auch Südwestdeutsch- Bergle, Hunnenbuck, Tuniberg, Biengener und land. Es hinterließ die im Freiburger Raum etwa 120 Schlatter Berg; Abb. 12: Schnitte 1–4). bis 180 m mächtigen Schichten des Muschelkalks aus überwiegend grauen Ton-, Mergel-, Dolomit- und Zunächst bildeten sich die im Stadtgebiet nur 100 Kalksteinen, im Mittleren Muschelkalk auch mit Gips- bis 150 m, in der Emmendinger Vorbergzone um 200 m bzw. Anhydritsteinen. Die verkarsteten Kalk- und mächtigen, vorherrschend rötlichen Schichten des Dolomitsteine des rd. 55 m mächtigen Oberen Mu- Buntsandsteins, hauptsächlich als Ablagerungen von schelkalks bilden im Freiburger Raum einen wichti- Gewässern bei z. T. wüstenhaftem Klima. Die dar- gen Grundwasserleiter, wenn sie in geringer Tiefe aus entstandenen Sandsteine waren früher begehr- im Untergrund liegen. So liefern sie im Gebiet zwi- te Werk- und Bausteine, mit denen u. a. auch das schen Nimburg, Emmendingen und Denzlingen gro- Freiburger Münster erbaut wurde. Das Material wur- ße Mengen an Trinkwasser (HGK Freiburger Bucht de vor allem in Steinbrüchen am Loretto- bzw. Schlier- 1979, WENDT in GROSCHOPF et al. 1996: 262 f.). Bei berg (Abb. 3 u. Taf. 1, Fig. 1) und im Raum Freiamt– größerer Tiefenlage enthält der Obere Muschelkalk Emmendingen gewonnen (zur Herkunft und Beschaf- Thermalwasser, das mit den Tiefbohrungen Zäh- fenheit der Bausteine des Freiburger Münsters s. ringen (1964), Freiburg II (1976) sowie III (1996) bei SAUER 1983). St. Georgen für das Thermalbad erschlossen wurde (Abb. 12: Schnitte 2 u. 4). Näheres dazu beschrieb SAUER (1979). Auch das Bad Krozinger Thermal- bad wird aus dem Oberen Muschelkalk gespeist.
Den Abschluß der Triasschichten bildet der 155 bis 175 m mächtige Keuper mit seinen überwiegend fest- ländischen bunten Ton-, Mergel-, Dolomit- und Sand- steinen sowie im tieferen Abschnitt Gips- bzw. Anhydritbänken (Gipskeuper). Während sich das Meer gegen Ende der Mitteltrias, als die Ablagerung des Keupers begann, wieder zögernd nach Norden zurückgezogen hatte, kehrte es am Ende der Ober- trias nach Südwestdeutschland zurück und bestimm- te fortan während der gesamten Jurazeit das Ge- schehen, vgl. Abb. 2.
Der etwa 80 m mächtige Unterjura (oder Schwarz- jura, Lias) besteht vorwiegend aus dunklen Ton- mergelsteinen mit einzelnen helleren Kalkstein- bänken (Vorkommen über Tage z. B. am Lehener Bergle und Schönberg). Darüber folgt der etwa 280 m mächtige Mitteljura (Braunjura, Dogger), der im un- tersten und obersten Abschnitt wiederum hauptsäch- lich aus dunklen Tonmergelsteinen aufgebaut ist (Vorkommen über Tage vor allem am Schönberg und bei Zähringen). Der mittlere Abschnitt des Mitteljuras enthält dunkelrote Eisenoolithbänke, die 1937–1943 im Schönberg zur Eisenerzgewinnung bergmännisch abgebaut wurden, vor allem aber die 55–70 m mäch- tigen, hellgrauen Kalksteine des Hauptrogensteins und Ferrugineusooliths. Sie bilden in der Landschaft Abb. 3: Mittelalterlicher Steinbruch am Schlierberg mit markante Steilstufen mit Felsen, z. B. am Schön- Westportal des Lorettotunnels (Höllentalbahn) berg und am Westrand des Tunibergs. Im Untergrund Der tiefe Einschnitt des ehemaligen Steinbruchs wurde beim Bau gelegen führen diese teils verkarsteten Schichten der Höllentalbahn 1928 für den Durchstich des Lorettobergs ge- wiederum Thermalwasser, das z. B. in der Bohrung nutzt. Im Portalbereich stehen die Bänke des Kristallsandsteins (Mittlerer Buntsandstein), weiter oben die der Plattensandstein- Freiburg I (1974) bei St. Georgen erschlossen wur- schichten an (Oberer Buntsandstein, vgl. Schnitt in Abb. 13). de. Die Schichten des Oberjuras (Weißjura, Malm),
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im wesentlichen dunkle Ton- und Tonmergelsteine Schild). Dabei bildeten sich im Scheitelbereich die- sowie darüber die hellgraue Korallenkalk-Formation ser weitgespannten Struktur im Oberrheingebiet in von zusammen um 120 m Mächtigkeit, kommen – NNE–SSW-Richtung verlaufende Bruchstrukturen, von unbedeutenden Resten als Sinkschollen in Vul- für die ältere Anlagen vermutet werden (HÜTTNER kanschloten am Schönberg abgesehen – nur noch 1991: 24 f.). Der Bereich zwischen den Brüchen fing im Untergrund des Oberrheingrabens vor. Einst über- an einzusinken, womit der Oberrheingraben erstmals deckten sie, zusammen mit den anderen Trias- und in Erscheinung trat. Dies war im Alttertiär, genauer Juraschichten, auch den Bereich, den heute die Mit- im mittleren Eozän, vor knapp 50 Millionen Jahren. telgebirge Schwarzwald und Vogesen einnehmen. Seither gingen Absenkung und Verbreiterung des Grabens, von einer zeitweiligen Hebungsphase im Gegen Ende der Jurazeit zog sich das Meer infolge Miozän und damit verbundener vulkanischer Aktivi- von Hebungsvorgängen in der Erdkruste aus Süd- tät abgesehen (Kaiserstuhl, s. unten), unter fort- westdeutschland zurück, weshalb die jüngsten Jura- schreitender tektonischer Zerstückelung durch im- schichten fehlen (außer im Untergrund des Allgäus). mer zahlreichere Verwerfungen bis zum heutigen Auch der Freiburger Raum wurde damit Festland und Tage weiter. zu einem über das Meer (das im Gebiet der heuti- gen Alpen stand) herausgehobenen Abtragungs- gebiet, in dem sich nach und nach eine relativ we- Beide Bewegungen des Grabens, die vertikale und nig akzentuierte Schichtstufenlandschaft herausbil- die horizontale, haben inzwischen jeweils Beträge dete. Dies blieb so bis über das Ende der Kreidezeit um 5000 m erreicht, woraus man – bezogen auf die hinaus, wobei allerdings in der Oberkreide das Meer Gesamtdauer der Bewegungen – Durchschnittsraten von Süden her möglicherweise nochmals bis ins von jeweils etwa 0,1 mm pro Jahr errechnen kann. heutige Oberrheingebiet vorstieß. Ablagerungen aus Zeitweilig waren diese sicher auch höher (Kap. 3.1). der Kreidezeit sind jedoch bisher nicht bekannt. Parallel zu diesen Vorgängen wurden (und werden Dagegen stiegen im Bereich der späteren Ränder heute noch) die beiderseitigen Grabenschultern im- des Oberrheingrabens während der Oberkreide ört- mer weiter angehoben, wodurch im Zusammenwir- lich Basaltmagmen in Gängen auf. Solche treten ken mit den Prozessen der Abtragung die heutigen auch im Freiburger Raum auf (Olivinnephelinite), Mittelgebirge Schwarzwald und Vogesen entstanden meist im Bereich des Kristallinen Grundgebirges sind. Auf deren kristallinem Kern liegen nur noch (z. B. Sternwald, Schloßberg, Hirzberg, Uhlberg, Reste der einstigen, bis 1500 m mächtigen Decke Attental; Abb. 10 u. Beil. 1). aus Schichtgesteinen des Paläo- und vorwiegend Mesozoikums. Durch die Erosionsvorgänge wurde sie vor allem im Tertiär und Quartär abgetragen und das Gesteinsmaterial von Flüssen größtenteils in den 2.4 Känozoikum Oberrheingraben verfrachtet und dort wieder abge- setzt (Sedimentmächtigkeiten 1800–3000 m). Im 2.4.1 Entwicklung des Oberrhein- Graben überlagern diese Sedimente die mit in die grabens Tiefe gesunkene und dort erhaltene prätertiäre Land- oberfläche, die in den beiderseitigen Hochgebieten Mit dem vor 65 Millionen Jahren begonnenen und längst abgetragen ist. Von SITTLER (1969: Abb. 3), bis heute dauernden Känozoikum (Erdneuzeit) kam PFLUG (1982: Abb. 23, wiedergegeben auch in GEY- die Zeit, in der nach und nach die Strukturen der ER & GWINNER 1991: Abb. 101) und HÜTTNER (1991: heutigen Landschaft entstanden. Im Zusammenhang Abb. 8) veröffentlichte, sogenannte abgedeckte geo- mit den tektonischen Vorgängen bei der Entstehung logische Karten der Tertiärbasis im Graben zeigen der Alpen3 wurde die Erdkruste im Bereich des heu- die Verbreitung der an der ehemaligen Landober- tigen Oberrheingrabens und des Rheinischen Schie- fläche anstehenden Schichten. Ein anschauliches fergebirges allmählich schildförmig gehoben und Bild der Entwicklung des Oberrheingrabens im Frei- gleichzeitig gedehnt (sogenannter Rheinischer burger Raum vermittelt Abb. 4.
3 Diese Vorgänge waren ihrerseits Folgen der schrittweisen Öffnung des Atlantiks beim Zerbrechen des alten Riesenkontinents Pangäa ab dem Mitteljura (vor 170 Mio. Jahren): Die dabei neu entstandenen Eurasische und (Afrikanisch-)Adriatische Kontinentalplatten driften seit der Oberkreide bis heute aufeinander zu und kollidieren, wobei die sich dazwischen erstreckenden Ozeanbecken und ihre Sedimentfüllungen zusammengeschoben und z. T. verschluckt (subduziert) wurden. Ein Ergebnis dieser Vorgänge sind die aufeinan- der getürmten Deckenstapel des Alpengebirges, die geotektonisch teilweise quasi zu Afrika gehören (z. B. das Matterhorn und die Ostalpin-Decken), weil sich die (Afrikanisch-)Adriatische Platte auf die Eurasische Platte schiebt. Näheres hierzu beschreiben z. B. FRISCH & LOESCHKE (1990: Kap. 10.3), LABHART (1998) und SCHÖNENBERG & NEUGEBAUER (1997: Kap. 5).
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Abb. 4: Tektonische und morphologische Entwicklung des Oberrheingrabens im Freiburger Raum Schematische Darstellung für sechs Zeitpunkte (nach SCHREINER in GROSCHOPF et al. 1996: Abb. 26, verändert); 1 Ma = 1 Million Jahre
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2.4.2 Tertiär Graben, also auch im Freiburger Raum, bereits wäh- rend des frühen, im nördlichen Graben während des Die Ablagerungen des Tertiärs sind in ihrer Ausbil- späteren Untermiozäns, was am Fehlen von Sedi- dung und Mächtigkeit durch diese tektonische Ent- menten aus dieser Zeit ablesbar ist. Der Graben war wicklung bestimmt. Während man aus dem Paläo- damals morphologisch gegenüber seinen beiden zän keine Sedimente – allenfalls Verwitterungsbil- Flanken nur wenig eingesenkt. dungen – kennt (dagegen im Südschwarzwald ein- zelne Tuffschlote aus dieser Zeit), sind die nachfol- Schon zuvor, mit der beginnenden Absenkung des genden Epochen, beginnend mit dem mittleren Eo- Oberrheingrabens im Eozän einhergehend, waren zän, durch teils mächtige Ablagerungen belegt. Die erneut vulkanische Aktivitäten aufgelebt. Davon zeu- Schichtenfolge besteht vorherrschend aus grauen gen zahlreiche basaltische Tuffschlote mit Durch- bis grünlichen, z. T. bunten Ton- und Mergelsteinen messern bis mehrere hundert Meter auch im Frei- und enthält im Grabeninneren (westlich der Inneren burger Raum, so am Schönberg und am Tuniberg Grabenrandverwerfung, Abb. 7) Anhydrit-, Gips-, (Abb. 11). Den abschließenden Höhepunkt des ter- Stein- und Kalisalzlager4 sowie Erdöl- und Erdgas- tiären Vulkanismus im Oberrheingebiet markierten vorkommen (PLEIN 1993), dagegen Kalk- und Sand- aber während der Hebungsphase im Unter- bis steineinschaltungen sowie Konglomerate in den Mittelmiozän die Eruptionen der Kaiserstuhl-Vulka- Randbereichen. Die Mächtigkeit dieser Schichten ne, die vor etwa 18 Millionen Jahren einsetzten und erreicht im südwestlichen Freiburger Raum (Griß- bis vor 13 Millionen Jahren andauerten (zur tektoni- heim–Hartheim) bis über 2000 m, nimmt aber ge- schen Situation s. Kap. 3.1). Nach heutiger Kennt- gen den Ostrand des Grabens auf wenige 100 m nis muß man sich den Kaiserstuhl zu dieser Zeit als ab. Abgelagert wurden sie vorherrschend in großen, Vulkangruppe aus einem größeren Stratovulkan im meist den gesamten, 300 km langen Graben erfül- Zentrum, der vermutlich einige hundert Meter hö- lenden Seen, in die das Abtragungsmaterial von den her als der Kaiserstuhl heute aufragte (WIMMENAUER umgebenden Hochgebieten durch Flüsse hinein- 1978: 42), und mehreren kleineren Vulkanen in der transportiert wurde. In deren Mündungsbereich ent- Umgebung vorstellen (Limberg, Sponeck, Breisacher standen im Obereozän und Unteroligozän große Münsterberg u. a.), die zeitlich abwechselnd Laven Schwemmkegel mit bis etwa 200 m mächtigen Kon- und Tuffe förderten. Diese entstammten hauptsäch- glomeraten, aus denen z. B. Gipfelregion und West- lich tephritischen, essexitischen und phonolithischen abhang von Schönberg und Hohfirst aufgebaut sind. Magmen, die aus dem Erdmantel (Kap. 3.1) aufge- Man kann sie dort als Hinterlassenschaften von Vor- stiegen sind. Im Zentrum des Kaiserstuhls drang der läufern der Dreisam bzw. Elz ansehen. weltberühmt gewordene Karbonatit auf, ein magma- tisches Kalkgestein. Neuere Gesamtdarstellungen Bereits im Obereozän hatte der Grabensee zeitwei- finden sich dazu bei KELLER (1984) und WIMMENAUER se Verbindung zum Meer im Süden; der Freiburger (1989), über Forschungsbohrungen berichtete zu- Raum gehörte damals zu einer langgestreckten letzt MAUS (1995). Meeresbucht, die fast bis Frankfurt reichte. Etwas später war es umgekehrt: Der Graben hatte erst- Geophysikalische Untersuchungen ergaben Hinwei- mals Verbindung zum Nordmeer (GRAMANN & KOCKEL se auf weitere, heute verdeckte Ausbruchsstellen 1988: 432–436, Kt. 3 und 4). Im Mittel- und Ober- des Vulkankomplexes im Untergrund der Umgebung oligozän wurde der Oberrheingraben vom Meer vor- des Kaiserstuhls. Durch die nach dem Erlöschen der übergehend durchgängig geflutet, so daß einige Vulkane einsetzende Erosion wurde der vulkanische Millionen Jahre lang eine 35–45 km breite Meeres- Oberbau weitgehend entfernt, so daß der heutige straße vom Molassemeer im Alpenvorland zum Zustand des kleinen Gebirges nicht dem ursprüng- Nordmeer bestand. Sie war zu beiden Seiten von lichen entspricht (Abb. 5). Zudem ist der Kaiserstuhl hohen Bergen gesäumt. Freiburg wäre damals, hätte größtenteils von einer mächtigen pleistozänen Löß- es die Stadt schon gegeben, an der Meeresküste und Schwemmlößdecke verhüllt (Kap. 2.4.3). Sie gelegen, eine ungemein reizvolle Vorstellung. Spä- verbirgt auch, daß sein östlicher Teil nicht von Vul- ter, gegen Ende des Oligozäns, herrschte im Gra- kaniten, sondern von oligozänen Sedimentgesteinen, ben wieder zunehmend Brack- und Süßwasserein- und der St. Michaelsberg im Nordostzipfel bei Rie- fluß vor, ehe das Land als Folge von Hebungen gel vom Hauptrogenstein des Mitteljuras aufgebaut weitgehend trockenfiel. Dies geschah im südlichen wird (Abb. 10).
4 Kalisalz wurde bis 1973 bei Buggingen bergmännisch gewonnen, heute wird es nur noch im Oberelsaß zwischen Mulhouse und Ensisheim abgebaut.
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Oberrheingrabens (z. B. Urfecht, Urkinzig) und strömten ab dem Mittelmiozän als neue Quellbäche des weiter im Norden schon vorher entstandenen Urrheins innerhalb des Grabens zur Nordsee (Kai- serstühler Rhein, SCHIRMER 1994: 183). Dies blieb so bis ins Unterpliozän vor etwa 4–5 Millionen Jah- ren.
Südlich der Kaiserstuhl-Wasserscheide entwässer- ten die aus den Südvogesen und dem Südschwarz- wald in den Graben gelangenden Flüsse im Mittel- bis Obermiozän (über den Bereich des noch nicht aufgefalteten Schweizer Juras hinweg) nach Süden ins schweizerische Molassebecken vor dem Alpen- nordrand. Im Zusammenhang mit dem Entstehen der Aare-Donau im ausgehenden Obermiozän in- folge erneuter tektonischer Bewegungen wandten sich diese Flüsse nach Südwesten in den Sundgau. Die Urelz und ihr Nebenfluß Urdreisam wurden so im Unterpliozän zu Quellbächen des Doubs und flos- sen zum Mittelmeer. In der Mitte des Pliozäns schloß sich die Aare an, die durch tektonische Vorgänge im Zusammenhang mit der Jurafaltung bei Waldshut von der Donau getrennt und nach Westen abgelenkt wurde. Dadurch entstand der Aare-Doubs, dessen Quellfluß Aare die oben genannten oberpliozänen Sundgauschotter aufschüttete.
Gegen Ende des Pliozäns kam durch das wieder Abb. 5: Der Kaiserstuhl mit dem Totenkopf als Kulisse einsetzende (und offenbar nach Norden kippende) jenseits der Freiburger Bucht, im Vordergund das aus Absinken auch des südlichen Oberrheingrabens ein- Buntsandstein erbaute Freiburger Münster, gesehen vom schließlich der Schwelle im Bereich des Kaiserstuhls Kanonenplatz auf dem Schloßberg eine neue, nach Norden gerichtete Tiefenlinie etwa in der Grabenachse zustande. Dadurch konnte die Aare mitsamt den Nebenflüssen aus dem Südgraben Die nachfolgende Zeit des Mittel- und Obermiozäns erneut abgelenkt werden und sich nun dem Urrhein ist im nördlichen Oberrheingraben nur wenig, im anschließen. Die Urelz dürfte zunächst noch weiter- südlichen Graben gar nicht durch Sedimente doku- hin (vielleicht bis ins Altpleistozän), der alten Rich- mentiert, was – wie schon erwähnt – auf überwie- tung folgend, an Freiburg vorbeigeflossen und mit gende Hebung und Abtragung zu dieser Zeit hin- der Urdreisam zusammen erst südwestlich des Tuni- weist. Auch aus dem Pliozän sind im Südgraben bergs in den neu entstandenen Aare-Rhein gemün- keine sicheren Zeugnisse nachgewiesen (abgese- det sein. hen von Verwitterungsbildungen und einzelnen rand- lichen Schotterresten), während im Nordgraben mächtige Fluß- und Seesedimente abgelagert wur- den. Oberpliozäne Schotter sind dagegen im Sund- 2.4.3 Quartär gau weit verbreitet erhalten. Damit und aus den re- gionalen Zusammenhängen heraus ist das damali- Gegen Ende des Tertiärs waren die Großformen ge Flußnetz einigermaßen rekonstruierbar (Abb. 6). Südwestdeutschlands sichtbar, die Landschaft er- Es zeigt sich, daß eine bei den erwähnten Krusten- hielt ihr heutiges Gesicht aber erst durch die geolo- bewegungen seit dem Untermiozän im Bereich Col- gischen und klimatischen Vorgänge im Quartär, der mar–Kaiserstuhl–Emmendingen entstandene, den letzten Periode der Erdgeschichte, und hier insbe- Oberrheingraben querende Schwelle als Wasser- sondere im Pleistozän. Diese auch als Eiszeitalter scheide wirkte. Nördlich davon sammelten sich die bezeichnete Epoche begann vor 2,6 Millionen Jah- Gewässer aus den beiderseitigen Randgebieten des ren und endete erst vor rund 12 000 Jahren (Unter-
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Abb. 6: Entwicklung des Flußnetzes im südlichen Oberrheingebiet während des Jungtertiärs und Pleistozäns Nach VILLINGER (1998: Abb. 5, verändert), Abkürzungen von Städtenamen: B – Belfort, BS – Basel, C – Colmar, FR – Freiburg, M – Mulhouse, S – Strasbourg, ZH – Zürich; a – Obermiozän bis Unterpliozän. Zuvor, im Mittel- bis Obermiozän, flossen die Urelz und ihre Zuflüsse nach Süden ins Molassebecken. Schweizer Jura und Aare-Donau gab es noch nicht; b – Mitte des Pliozäns, nach der Ablenkung der Aare bei Waldshut zum Doubs (Aare-Doubs); c – Oberpliozän, nach der Ablenkung der Aare in den Oberrheingraben (Aare-Rhein); d – Frühes Altpleistozän, nach dem im späten Eopleistozän erfolgten Anschluß des vorher zur Urdonau fließenden Alpenrheins an den Aare-Rhein. Kleinere Flußablenkungen geschahen auch noch später im Mittel- und Jungpleistozän. Die letzte war die der Feldbergdonau zur Wutach vor knapp 20 000 Jahren.
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Tab. 1: Gliederung des Quartärs in Südwestdeutschland Altersangaben in tausend Jahren (ka). In den schematisch als Kaltzeiten ausgewiesenen Phasen war das Klima überwiegend kühl bis sehr kalt, es gab darin jedoch auch wärmere Abschnitte (nach VILLINGER 1998: Tab. 1, verändert).
Epoche Alter 2 (ka) Sedimentkomplexe Ablagerungen und Vorgänge Subepoche Klima1 0
Bodenbildung, Hauptlage, Hochflut- sedimente, Schotter, Auensedimente, Torf, Kalktuff, Fließerden, Hangschutt, Holozän 1234 1234 12 Rutschmassen 1234
1234 1234 Spätwürm 1234
1234 Spät- 1234 1234 16 1234
1234
1234 1234 Niederterrassenschotter, Löss; 1234
1234 Würm- 1234 Hauptwürm im Alpenvorland u. Schwarzwald 1234
1234 Jung- Ober- 1234 kom- Moränen- u. Beckensedimente 1234
1234
1234
pleisto- Würm 25 plex 12345 Gossau-
zän 12345 M- 12345 Schotter, lokal Torf; 12345 Würm 12345 Älteres 70 im Alpenvorland Moränen- 1234 Würm 1234 Saulgau- 1234 u. Seesedimente
1234 U- 1234 Würm 115 Eem Bodenbildung, Seesedimente, lokal Torf
Eem 12345 12345 130 12345
12345 12345 Jungriß 12345 Hochterrassenschotter, Löss; 12345
12345 12345 Riß- im Alpenvorland 12345 Doppelwall- 12345 12345 Moränen- u. Beckensedimente 12345 riß 12345 kom- Riß Riß-Würm-Komplex 1234
1234
1234
Mittel- 1234 plex Älteres Riß Schotter; im Alpenvorland
1234 pleisto- 1234 Moränensedimente 1234 zän 1234 450 Bodenbildung, Holstein3 Hol-
stein 12345 Seesedimente, lokal Torf
12345
12345 500 12345 Tiefenerosion (Rinnen- u. Becken-
12345
12345 bildung); Moränensedimente im 12345 Cromerkomplex Alpenvorland, lokal Torf; 12345
12345 12345 790 Schotter im Oberrheingraben 12345 Cromer
12345 und z. T. in seinen Seitentälern
12345
12345 900 Mindel-
12345 12345 komplex Haslach- 12345
12345 Mindel-
12345 12345 Haslach- Komplex Jüngere, Mittlere und Ältere Alt- 12345 Mindel
1234 komplex Deckenschotter sowie Moränen- pleisto- 1234 1234 Pleistozän 1234 sedimente im Alpenvorland; 1234
zän 1234
Tiefenerosion; Schotter im Günz- Oberrheingraben lokal in der 12345
12345 12345 komplex Tiefe erhalten? 12345 Günz
12345
12345 12345 1770 12345
12345
12345 Donau- 12345
12345 12345 komplex Moränensedimente (nur lokal 12345 12345 Biber- erhalten) und Eo- Donau Älteste Deckenschotter im pleisto- 12345 Donau- 12345 Alpenvorland; 12345
12345 zän 12345 Sedimente im Oberrheingraben 12345 Komplex 12345 Biber- lokal erhalten? Deckenschotterkomplex komplex
Biber 12345
12345
12345
12345
12345 12345 2600
12345 1 12345 12345 Kaltzeit, meist mit zeitweiligen Vorlandvergletscherungen (Eiszeiten), schematisch; Warmzeit 2 Untergliederung entwickelt im Alpenvorland 3 Vertreten durch das sogenannte Samerberg-Holstein
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gliederung s. Tab. 1) mit dem Übergang zum Holo- oberfläche aus älteren Festgesteinen (Südgraben) zän, der Nacheiszeit. Das Pleistozän ist gekenn- bzw. auf pliozänen Lockersedimenten (Nordgraben) zeichnet durch drastische weltweite Klimaänderun- abgelagert. Nach BARTZ (1974: Abb. 1) sind die gen, deren Vorläufer sich schon im Miozän bemerk- Mächtigkeiten in drei Teilbecken mit stärkerer Sen- bar machten. In weiten Teilen der Erde, so auch im kungstendenz am größten: westlich und südwest- Freiburger Raum, sank die mittlere Jahrestemperatur lich des Kaiserstuhls im linksrheinischen Gebiet (bis während einiger Kaltzeiten in mehreren, jeweils etli- 250 m), westlich Offenburg (> 150 m) und im Raum che Jahrtausende langen und besonders kalten, Heidelberg–Mannheim (200–400 m). Nach neuesten sogenannten hochglazialen Phasen (den eigentli- Überlegungen könnten bei Heidelberg vielleicht so- chen Eiszeiten oder Glazialen) um 10–15°C ab. Dies gar >1000 m Quartär vorhanden sein. Die Schotter führte mehrfach zu Vorstößen der Hochgebirgs- des Oberrheingrabens enthalten heute die größten gletscher bis weit in die Vorländer hinaus (z. B. Al- Grundwasservorkommen Baden-Württembergs. penvorland). Dazwischen erwärmte sich das Klima wiederholt kurzfristig auf heutige Werte oder war Auch aus den Vogesen und aus dem Schwarzwald sogar wärmer (Warmzeiten oder Interglaziale). wurde reichlich Abtragungsschutt (entstanden bei eiszeitlicher Frostsprengung und Gletscheraktivität Zumindest während der beiden letzten Kaltzeiten sowie intensiver Tiefenerosion durch die Gewässer) (Riß, Würm) waren auch der Südschwarzwald und in den Graben verfrachtet. Durch die z. T. in Mün- die südlichen Vogesen mehrmals vergletschert. Die dungsschwemmkegeln (Kap. 4.1) abgesetzte Geröll- Ausdehnung dieser Vergletscherungen ist in den fracht von Dreisam, Elz und anderen Schwarzwald- Übersichtskarten von BRUNNER et al. (1998) und flüssen wurde das vor allem im Jungtertiär entstan- GROSCHOPF (1998) dargestellt (s. dazu auch ELL- dene Schollenmosaik der Freiburger Bucht (Kap. WANGER et al. 1995, SCHREINER 1997, GROSCHOPF & 3.1), bestehend aus alttertiären und mesozoischen VILLINGER 1998: Kap. 3.4.2 sowie LESER & METZ Gesteinen, großenteils verschüttet (größte Schotter- 1988). Im Freiburger Raum bedeckte das Eis den mächtigkeit 125 m in der Thermalwasserbohrung Schauinsland und den Hinterwaldkopf als nordwest- Freiburg II). Tuniberg, Nimberg, Lehener Bergle und liche Ausläufer einer Südschwarzwälder Eiskappe, andere Bruchschollenhügel erheben sich daher z. T. deren Zentrum das Feldbergmassiv war. Würmzeit- kaum noch über die heutige Ebene, die weitgehend liche Talgletscher stießen ins hinterste Bohrertal und der Aufschüttungshöhe der in der letzten Eiszeit Kappeler Tal, ins Zastlertal und im Rotbachtal bis entstandenen Niederterrasse entspricht. etwa zum Hirschsprung vor. In den vorangegange- nen hochglazialen Phasen des Riß reichten die Glet- Vor der Aufschotterung war das Relief wesentlich scher noch weiter talabwärts; das Günterstal und stärker, wie Abb. 7 zeigt. Die dort zu erkennenden das Zartener Becken oder gar das Dreisamtal ha- tiefen Rinnen sind vermutlich gegen Ende des Alt- ben sie aber nach heutigem Kenntnisstand nicht pleistozäns durch Zusammenspiel von tektonischen erreicht. Für noch ältere Vergletscherungen läßt sich Bewegungen und Flußerosion entstanden. In Ana- das jedoch nicht ausschließen, denn neuerdings gibt logie zum Alpenvorland und anderen Gebieten wa- es Anzeichen für besonders weite cromerzeitliche ren dabei wohl auch die klimatischen Umstellungen Vorstöße zumindest der Alpengletscher. im ausgehenden Altpleistozän mitbestimmend: Durch sie wurde eine Phase starker Erosion, vermut- Während des gesamten Quartärs wurden die Flan- lich verbunden mit weiten Gletschervorstößen, und ken des Oberrheingrabens, bis heute anhaltend, nachfolgender Aufschotterung ausgelöst (Cromer- stark herausgehoben. Dadurch entstanden Schwarz- komplex, Tab. 1, s. auch Kap. 4.1). Die in Abb. 7 dar- wald und Vogesen als Mittelgebirge, während der gestellte Basisfläche dieser Lockergesteine ent- Graben generell weiter absank und immer noch ab- spricht deshalb wohl etwa der ehemaligen Land- sinkt (Kap. 3.1). Nach dem Anschluß der großen al- oberfläche zu Beginn der Aufschüttung. Deutlich ist, pinen Flüsse Aare (im Pliozän) und vor allem Alpen- daß zu dieser Zeit die Entwässerung der Freiburger rhein an das Rheinsystem (Ende des Eopleistozäns, Bucht noch nach Südwesten durch die Urelz erfolg- VILLINGER 1986, 1989, 1998) gelangten im Laufe der te, die vielleicht im Raum Geiswasser den Rhein er- zahlreichen Kaltzeiten des Pleistozäns riesige Men- reichte. Im tiefer abgesunkenen Westteil der Gra- gen an Abtragungsmaterial aus den Alpen in den benrandzone (Kap. 3.1) bildet vor allem Tertiär die Oberrheingraben. Dort wurden sie in Form von z. T. Lockergesteinsbasis, während im stärker abgetra- mehrere hundert Meter mächtigen Sedimenten, genen Ostteil hauptsächlich Jura und Keuper im Lie- meist Schottern, auf der in die Tiefe sinkenden Land- genden anstehen (Abb. 12: Schnitte 1–4).
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Der wohl in den Cromerkomplex zu stellende unte- Abb. 16). Nachzuweisen ist dies durch alpin gepräg- re, meist mächtigere Abschnitt der quartären Schot- te Niederterrassenschotter von 10–25 m Mächtig- terfüllung ist reich an Schluff und verwittertem Ge- keit. Da der Mensch wohl spätestens im Mittel- röllmaterial, besonders dort, wo dieses aus dem paläolithikum (130 000–40 000 Jahre vor heute) auch Schwarzwald stammt. Diese durch sogenannten im Freiburger Raum anwesend war, wird er diese Faulen Kies charakterisierten Ablagerungen werden Entwicklungen wahrgenommen haben, womöglich neuerdings nach ihrem typischen Verbreitungsge- war er auch unmittelbar davon betroffen. Bei Hoch- biet als „Breisgauschichten“ bezeichnet. Vermutlich wasser ist vermutlich bis ins späte Mittelalter Rhein- lag das Material zuvor in Form mächtiger Verwitte- wasser durch die ehemalige Ostrheinrinne geflos- rungs- und Hangschuttdecken auf dem Kristallinen sen (BANGERT 1958, KAYSER & MÄCKEL 1994). Der Grundgebirge, wurde dort abgetragen und in die tie- Überlauf in die Ostrheinrinne erfolgte zwischen fen Erosionsrinnen verfrachtet. Durch fortschreiten- Grezhausen und Gündlingen. de, z. T. völlige Zersetzung eines Großteils der ver- witterten Kristallingerölle zu Grus, Sand und Schluff Während der hochglazialen Phasen wurde aus den entstand darin der Faule Kies. Der jüngere, obere weithin freiliegenden Schotterflächen des Oberrhein- Abschnitt der Schotterfüllung besteht aus „frischem“, grabens und anderer Gebiete durch den Wind Fein- d. h. unverwittertem und schluffärmerem Kies. Die- material ausgeblasen. Dieser Staub setzte sich in se „Jüngeren Schotter" sind nach neuester Ansicht windstillen Bereichen wieder ab, was z. B. im Kai- vermutlich ein Äquivalent des Riß-Würm-Komplexes serstuhl zu einer bis über 60 m mächtigen Decke im Alpenvorland (Tab. 1), sie enden oben mit den aus Löß und Schwemmlöß über den vulkanischen würmzeitlichen Niederterrassenschottern. Die Zwei- Gesteinen führte, wobei auch Dünen aufgeweht teilung in Breisgauschichten unten und Jüngere wurden (SCHÄDEL 1997). Aus noch mächtigeren Löß- Schotter oben gilt auch für die Schotterfüllungen des und Lehmablagerungen – und nicht aus präquartären Dreisamtals und des Zartener Beckens (Kap. 4), die Festgesteinen, wie man angesichts des Hügel- – von randnahen Bereichen abgesehen – jeweils charakters meinen könnte – besteht die Mengener Mächtigkeiten um 30–60 m erreichen (vgl. EHR- Brücke zwischen Tuniberg und Batzenberg (bei Mun- MINGER 1993: Abb. 4, GROSCHOPF & STENGER 1985: zingen 140 m erbohrt), durch welche Staufener und 79) und ebenfalls von bedeutenden Grundwasser- Freiburger Bucht morphologisch voneinander ge- mengen erfüllt sind (Kap. 5.2). Abb. 8 zeigt einen trennt werden. Eine ähnliche Lößbrücke könnte Schnitt durch die Schotterfüllung im Bereich des Nimberg und Marchhügel miteinander verbinden Wasserwerks Ebnet der Stadt Freiburg. (zwischen Neuershausen und Holzhausen, Abb. 7), doch ist hierüber nichts Konkretes bekannt. In der letzten Eiszeit, zur Zeit des Hauptwürms, über- flutete der Rhein eine flache Wasserscheide zwischen In der Endphase der letzten Kaltzeit, im Spätwürm, Kaiserstuhl und Tuniberg und umfloß fortan, wohl bis wurden bei Überschwemmungen örtlich noch gering- zum Beginn des Holozäns, den Kaiserstuhl auch auf mächtige Hochflutlehme und abschließend weitver-
der Ostseite (Ostrheinrinne, Abb. 12: Schnitte 1 u. 2, breitet eine dünne Lößlage (Haupt- oder Decklage ➔
Abb. 7: Karte der Lockergesteinsbasis im Freiburger Raum Die Konstruktion erfolgte nach Bohrergebnissen und mit Hilfe geophysikalischer Meßergebnisse (HOMILIUS & SCHREINER 1991: Taf. 4–6), im linksrheinischen Gebiet unter Verwendung der Angaben des BRGM (1977/78), im Zartener Becken unter Berücksichtigung von EHRMINGER (1993: Abb. 3) und FRIEG (1987: Abb. 13). Zur Verdeutlichung des Basisreliefs sind die 100-m-Höhenstufen farbig angelegt. In der Legende nicht aufgeführte Signaturen s. Abb. 11. Die Bezeichnung Lockergesteinsbasis anstatt Quartärbasis wurde gewählt, weil nicht auszuschließen ist, daß sich im basalen Teil der Lockergesteine örtlich auch Sedimente pliozänen Alters verbergen. Die ver- gleichsweise geringmächtigen Lockergesteine über den Kristallingesteinen des Schwarzwalds (quartäre Deckschichten usw.) sind nicht berücksichtigt.
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Abb. 8: Geologischer Schnitt (5fach überhöht) durch das Zartener Becken im Bereich der Fassungsanlagen des Wasserwerks Ebnet Nach HERDEG (1993: Abb. 8, verändert). Verlauf der Schnittlinie s. Abb. 11. Die Bezeichnung S II Nordstrang bezieht sich auf einen Grundwassersammler des Wasserwerks. Angaben zu den holozänen und spätwürmzeitlichen Deckschichten nach neuen boden- kundlichen Untersuchungen des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg der Jüngeren Dryas als Auftauboden am Ende ei- ner letzten, kurzen Permafrostphase) über dem Nie- derterrassenschotter abgelagert (Abb. 9). Als die eiszeitliche Schuttanlieferung allmählich aufhörte, begannen sich die Flüsse in die Niederterrassen unter Ausbildung von Erosionsrändern einzutiefen, was sich im Holozän verstärkte (Kap. 4.1). In den dabei entstandenen Auenbereichen lagerten sich schließlich im Holozän bis wenige Meter mächtige, kiesige bis lehmige, z. T. torfige Auensedimente ab, oft bis in jüngste Zeit durch anthropogene Eingriffe verstärkt (Rodung mit nachfolgender Abschwem- mung, vgl. BLUDAU & FELDHOFF 1997). Als jüngste geologische Einheit entstanden in historischer Zeit anthropogene Aufschüttungen (s. dazu Kap. 4.1 u. 6.4).
➔ Abb. 9: Übergang des Niederterrassenschotters (unten) in die darüber folgende verwitterte lehmige Decklage im Keller des Gebäudes Oberlinden 14 in Freiburg i. Br. Auf der Decklage gründet eine zum Komplex des ehemaligen Grafenhofs gehörende Wackenmauer, vermutlich aus der Zeit um 1000 n. Chr.
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3 Tektonischer Bau
3.1 Bruchstrukturen SCHREINER (1999), ist er in seinen wesentlichen Ele- menten heute zwar bekannt. Doch sind nach wie Wie schon in den vorangegangenen Kapiteln deut- vor viele Einzelheiten unklar, weil die Bruchstrukturen lich wurde, gibt es im Freiburger Raum spätestens und Schollen der präquartären Festgesteine im seit dem Tertiär enge Beziehungen zwischen der Grabenbereich weithin von mächtigen quartären jüngeren erdgeschichtlichen und der tektonischen Lockergesteinen verhüllt werden (Kap. 2.4.3). Die in Entwicklung5 . Der in der Oberkreide vor 100 Millio- solchen Fällen für Untersuchungen eingesetzten nen Jahren zögernd einsetzende und schließlich im geophysikalischen Meßmethoden sind überdies mit Miozän kulminierende Vulkanismus in diesem Raum Unsicherheiten behaftet. Im Kristallinen Grundge- (ebenso im Hegau und auf der mittleren Schwäbi- birge des Schwarzwalds ist die Identifizierung tek- schen Alb) hängt einerseits mit der im Kap. 2.4.1 tonischer Störungen zudem von vorne herein schwie- angesprochenen Entwicklung der Bruchstrukturen rig. Der heutige Kenntnisstand über die tektonische des Oberrheingrabens und andererseits mit einer Situation ist in Abb. 11 als Strukturkarte wiederge- ebenso spektakulären Aufwölbung des Erdmantels geben, wobei die Verhältnisse in der Realität noch zusammen. Deren Scheitel befindet sich bemerkens- weitaus komplizierter sind. Das räumliche Bild ver- werterweise nicht in der Mitte des erwähnten Rhei- deutlichen vier geologisch-tektonische Schnitte (Abb. nischen Schilds (Raum Frankfurt a. M.–Mainz), son- 12). dern im Raum Freiburg–Colmar, mit dem Kaiserstuhl im Zentrum und mit der höchsten Heraushebung der Die beherrschende tektonische Großstruktur des beiderseitigen Grabenschultern. Wie geophysikali- Freiburger Raums ist der tief eingesunkene und zer- sche Forschungen in den letzten Jahrzehnten erge- stückelte Oberrheingraben, dessen Ostrand gegen ben haben, liegt hier die Grenze zwischen Erdkru- den hoch herausgehobenen Schwarzwaldblock ste und Erdmantel in weniger als 24 km Tiefe, ge- durch die am Gebirgsfuß verlaufende und morpho- genüber mehr als 30 km in den Gebieten außerhalb logisch wirksame Hauptverwerfung markiert wird des Oberrheingrabens (Abb. 10). (auch als Äußere Grabenrand- oder Schwarzwald- randverwerfung bezeichnet, Sprunghöhe 1000 bis Offenbar spielt dabei eine Rolle, daß gerade im Frei- 1500 m). Das Ausmaß der Versatzbeträge der ein- burger Raum eine weitere große tektonische Struk- zelnen Schollen wird in Abb. 11 und 12 (Schnitte 1– tur, der vom Gebiet der Hegauvulkane her kommen- 4) durch die Höhen- bzw. Tiefenlage der Grenze Mu- de und den Schwarzwald durchquerende Bonndorfer schelkalk/Keuper verdeutlicht. Die unter den quar- Graben (Abb. 11), von Südosten her auf den Ober- tären Sedimenten verborgene Innere Grabenrand- rheingraben trifft. Im Vergitterungsbereich beider verwerfung (auch als Rheinverwerfung bezeichnet) Strukturen muß die Erdkruste, besonders im Ter- trennt mit einer Sprunghöhe bis über 2000 m die tiär, stark gedehnt worden sein, so daß basaltische besonders tief abgesunkene Innere Grabenzone im Magmen aus dem sich damals schon aufwölben- Westen (an der das Stadtgebiet von Freiburg süd- den Erdmantel leichter als anderswo zur Erdober- westlich von Munzingen noch Anteil hat, Abb. 12: fläche aufsteigen konnten. Verursacher der Krusten- Schnitt 4) von einem unübersichtlichen „Haufwerk“ dehnungen sind vermutlich Konvektionsströmungen aus zahlreichen, unterschiedlich tief abgesenkten im Erdmantel (FRISCH & LOESCHKE 1993: 44, vgl. ILLIES Schollen im Osten. 1981), die auch zu einem erhöhten Erdwärmestrom im Oberrheingraben beitragen. Zum Riftsystem des Diese Schollen wurden bisher zu drei Untereinhei- Oberrheingrabens ist eine Fülle von Literatur erschie- ten zusammengefaßt. Von Westen nach Osten sind nen, für die u. a. auf HÜTTNER (1991: Kap. 9) verwie- das Grabenrandscholle, Äußere Grabenzone und sen wird. Randliche Vorbergzone (vgl. SCHREINER in GRO- SCHOPF et al. 1996: Abb. 23, S. 229–232), wobei of- Als Ergebnis der in den letzten 50 Millionen Jahren fensichtlich alle drei Untereinheiten zusammen auch abgelaufenen tektonischen Bewegungen weist der als „Vorbergzone” verstanden werden, ein Begriff, Freiburger Raum einen außerordentlich komplizier- der in der Literatur recht unterschiedlich verwendet ten tektonischen Bau auf. Aufgrund neuerer Unter- wird (zu seiner Entstehung s. SAUER 1953). Auf der suchungen, vor allem von HOMILIUS & SCHREINER neuen Strukturkarte (Abb. 11) ist diese Untergliede- (1991), außerdem von GROSCHOPF (1988), GRO- rung nicht mehr ohne weiteres nachzuvollziehen. Es SCHOPF & SCHREINER (1996) und WIMMENAUER & wird daher vorgeschlagen, die drei genannten Un-
5 Tektonik ist die Lehre vom Bau der Erdkruste sowie den Bewegungen und Kräften, die diesen erzeugt haben.
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Abb. 10: Aufwölbung der Grenze Erdkruste/Erdmantel und Vorkommen junger Vulkanite im Raum Freiburg–Colmar Im Zentrum liegen die miozänen Kaiserstuhlvulkane, in deren Umgebung zahlreiche vulkanische Schlote und Gänge aus dem Zeitraum Oberkreide–Miozän (im wesentlichen nach ILLIES 1981: Abb. 10, verändert; zum gesamten Oberrheingraben s. ILLIES 1984: Abb. 3 u. SITTLER 1992: Abb. 6 u. 7). Verwerfungen und Badenweiler–Lenzkirch-Zone nach BRUNNER et al. (1998)
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tereinheiten zur „G r a b e n r a n d z o n e" zusam- lem der leichten Erodierbarkeit der tektonisch zer- menzufassen und innerhalb dieser außer der Rand- rütteten Kristallingesteine durch die Dreisamzu- lichen Vorbergzone (Emmendinger Vorberge, Mau- flüsse, vielleicht auch besonders weiten Vorstößen racher Berg, Vorhügel im Gebiet Gundelfingen–Her- der Schwarzwaldgletscher im älteren Pleistozän dern, Lorettoberg, Schönberg/Hohfirst, Batzenberg, (Cromerkomplex, Kap. 2.4.3). Das gleichmäßige Staufener Vorberge usw.) nur noch einzelne diskre- Abfallen der Schotteruntergrenze talabwärts auch te Schollen auszuscheiden und zu benennen. über Ebnet hinaus (Abb. 7) spricht für eine überwie- gende Ausformung des Beckens durch fließendes Die Grabenrandzone ist in einen westlichen, tiefer Wasser. Die südliche Randverwerfung des Drei- und einen östlichen, geringer abgesunkenen Teil samgrabens verläuft vermutlich nahe dem Südrand gegliedert. In letzterem ist im Gebiet Gundelfingen– des Zartener Beckens (Abb. 8 u. 11), ist aber in die- Zähringen randnah nur der schmale Zähringer Gra- sem Abschnitt nicht genau zu fassen. Sie tritt je- ben stärker eingesenkt (Abb. 12: Schnitte 1 u. 2). doch im Stadtgebiet von Freiburg, das sie vermut- Ob er sich nach Süden bis ins zentrale Stadtgebiet lich südlich der Dreisam etwa in West–Ost-Richtung fortsetzt (wie in Abb. 11 u. 12: Schnitt 3 gezeich- durchquert (Beil. 1, Abb. 20: Schnitte B u. C), als net), ist nicht gesichert. Im Osten wird er von schma- Verwerfung mit einer Sprunghöhe von etwa 400 m len Schollen der Randlichen Vorbergzone begleitet, in Erscheinung, indem sie den Buntsandstein des die bei Herdern–Zähringen etwas herausgehoben Lorettobergs gegen die oben erwähnte quartär- bedeckte Unterjura- bzw. Keuperscholle nördlich der sind (Abb. 12: Schnitt 2). Nördlich der Freiburger Altstadt verwirft. Der im Freiburger Stadtgebiet auf Altstadt wurde in drei Bohrungen unter nur 23,6 bis den Oberrheingraben treffende Dreisamgraben ist 37,4 m mächtiger quartärer Bedeckung Unterjura verantwortlich dafür, daß in diesem Abschnitt keine bzw. Keuper einer relativ hochliegenden Scholle an- Randliche Vorbergzone ausgebildet ist. getroffen (Bereich Stadtgarten–Karlstraße–Sautier- straße). Der Bau des Tunnels für die Höllentalbahn quer durch den Lorettoberg war ein Glücksfall für die Im westlichen Teil der Grabenrandzone sind der lang- Geologie, denn er erschloß 1928/29 in einmaliger gestreckte Tuniberg-Ostgraben und – westlich des Weise die Zone der Hauptverwerfung, die den Lo- herausgehobenen, tektonisch und geologisch zwei- rettoberg der Länge nach durchschneidet, nordöst- geteilten Tunibergs – die Gündlinger Scholle durch lich davon das Dreisamtal quert und am Schwaben- die große Tunibergverwerfung (Sprunghöhe um tor den Schloßbergfuß erreicht (Beil. 1, Abb. 8: 1000 m) stark abgesenkt. Diese zieht nach Norden Schnitt 4). Abb. 13 zeigt die intensive Zerrüttung der zum Kaiserstuhlzentrum und dürfte als Aufstiegs- Gesteine in der Zone beiderseits der Hauptver- struktur für das Magma im Miozän wirksam gewe- werfung im Lorettoberg, Abb. 14 die Situation an der sen sein. Nimberg und Marchhügel werden durch im Tunnel beim Ausbau freigehaltenen Hauptver- ein Verwerfungsbündel längs in mehrere Teilschollen werfung („Hauptspalte” nach BRILL 1933: 44). Die zerlegt, deren westliche Randverwerfung offenbar starke tektonische Beanspruchung des Buntsand- an Uffhausen vorbei bis zum Schönberg bei Merz- steins war mit ein Grund dafür, daß man beim Bau hausen verläuft. des Münsters die Werksteine vom Lorettoberg nur anfänglich verwendete und später andere Gewin- Im Bereich des Schwarzwaldblocks sind Verwerfun- nungsstellen suchte (HÜTTNER & WIMMENAUER 1967: gen, wie erwähnt, schwer zu fassen, weshalb nur 128). einige größere, einigermaßen sichere in Abb. 11 ein- getragen sind (Sprunghöhen mehrere hundert Me- Der Lorettotunnel ermöglichte in der Folgezeit ge- ter). Daneben gibt es unzählige kleinere Störungen. naue Nivellements zur Klärung der Frage, ob der Wichtig ist der schon erwähnte Bonndorfer Graben Oberrheingraben auch heute noch einsinkt. Diese mit dem zentral darin noch tiefer eingesenkten Drei- und andere Messungen haben belegt, daß Einsen- samgraben. In diesem erstreckt sich auch das mor- kung des Grabens und Hebung des Schwarzwald- phologisch so auffällige Zartener Becken (mit der blocks bis in die Gegenwart weitergehen, wobei sich magnetischen Anomalie Kirchzarten, Kap. 2.2). Es die einzelnen Schollen innerhalb der Großeinheiten ist ebenfalls durch tektonische Störungen (darunter unterschiedlich rasch senken oder heben. Die tek- wohl auch Horizontalverschiebungen6) vorgezeich- tonisch bedingten heutigen Bewegungsraten errei- net, verdankt seine tiefe Ausräumung aber vor al- chen im rechtsrheinischen Gebiet 0,1–0,6 mm/Jahr
6 Horizontalverschiebungen sind Brüche in der Erdkruste, an denen die Bewegungen der beiderseitigen Schollen nicht mehr oder weniger vertikal wie bei Verwerfungen, sondern überwiegend horizontal erfolgen.
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(SCHWEIZER 1992: Kap. 4.7, vgl. FECKER et al. 1999: ben in Deutschland (LEYDECKER 1986 sowie Daten 363) – Werte, die unbedeutend erscheinen, sich je- des Erdbebendienstes im Landesamt für Geologie, doch schon nach 10 000 Jahren auf 1–6 m summie- Rohstoffe und Bergbau, Freiburg i. Br.) weist auch ren. So ist der zwischen 2 und 22 m betragende zahlreiche, im weiteren Freiburger Raum lokalisier- Höhenunterschied zwischen den Oberflächen der bare Epizentren auf, in deren Bereich es örtlich zu Niederterrasse und der Aue entlang dem südlichen Schäden gekommen ist (Intensitäten7 im jeweiligen Oberrhein (ILIIES & MÄLZER 1981: 73) das Ergebnis Epizentralbereich I = ca. 5–8). Das erste und gleich- junger tektonischer Bewegungen seit dem Spät- zeitig stärkste Ereignis dieser Art ist vom 3.8.1728 würm, d. h. in den letzten 16 000 Jahren. Im Elsaß überliefert (I = 7 oder 8), sein Epizentrum wird heu- erreichen die Höhenänderungen gegenwärtig sogar te im Gebiet Kenzingen–Lahr angenommen (früher 0,7–1,8 mm/Jahr, gleichzeitig wird der Graben jähr- bei Rastatt). Das bisher letzte bedeutendere Beben lich um etwa 0,5 mm breiter. Die Vogesen werden ereignete sich am 19.9.1965 bei Neustadt/Schwarz- außerdem um 0,05 mm/Jahr nach Süden verscho- wald (I = 6). Dazwischen gab es mindestens 16 ben (SITTLER 1992: 267). Deren Verschiebungsbetrag weitere Beben dieser Kategorie (die meisten im 19. gegen den Schwarzwald ist bis heute auf 30–40 km Jahrhundert), wovon zwölf Epizentren im nördlichen angewachsen. Kaiserstuhl liegen (die beiden stärksten mit I = 7 am 14.2.1899 und 28.6.1926). Das einzige für Freiburg selbst gemeldete nennenswerte Beben (I = 5) er- eignete sich am 17.11.1891, wobei sein Epizentrum 3.2 Erdbeben ungefähr bei Opfingen angenommen wird.
Mit den anhaltenden tektonischen Bewegungen der Neben diesen im jeweiligen Epizentralbereich (je- Erdkruste hängen auch die im südlichen Oberrhein- doch nicht im Freiburger Stadtgebiet) Schäden ver- graben gehäuft auftretenden Erdbeben zusammen. ursachenden Beben gab und gibt es im Freiburger Damit sind Beben gemeint, deren Epizentren im Raum viele schwache Erdbeben, die allerdings meist Bereich des Grabens liegen. Davon zu unterschei- unter der Fühlbarkeitsschwelle bleiben. Durch Aus- den sind weiter entfernte Ereignisse, die sich infol- bau des seismologischen Meßnetzes in den letzten ge ihrer Heftigkeit bis in den Freiburger Raum aus- Jahrzehnten lassen sich aber auch diese Beben wirkten (nur spürbar oder auch Schäden verursa- heute genauer lokalisieren und auswerten (Abb. 15). chend). Der Katalog der etwa ab dem Jahr 1000 n. Die registrierten Magnituden8 waren alle kleiner als Chr. belegten oder identifizierbaren, weil mit über- Ml = 4. Erkennbar ist eine Häufung von Epizentren lieferten Schadensereignissen verbundenen Erdbe- innerhalb des südlichen Oberrheingrabens und sei-
7 Intensitäten I werden nach einer zwölfteiligen Skala angegeben, welche die Bebenstärke phänomenologisch nach spürbaren Auswir- kungen und Schäden klassifiziert. Dabei treten bis I = 4 keine Schäden auf. Die weitere Einteilung lautet (Beschreibung stark verkürzt): I = 5 allgemein sehr deutlich gespürt, Erschütterung des ganzen Hauses, Verputz bröckelt ab I = 6 erschreckend gespürt, Gegenstände fallen von Regalen, leichte Gebäudebeschädigungen (Risse im Verputz usw.) I = 7 viele Personen flüchten ins Freie, einige Möbel fallen um, mäßige Gebäudeschäden (teilweise kleine Risse im Mauerwerk, Dachziegel fallen ab usw.) I= 8 allgemein großer Schrecken, beträchtliche Gebäudeschäden, vor allem an Giebeln und Dächern (z. T. tiefe Risse im Mauer- werk, Schornsteine brechen ab usw.), Spalten im Boden I = 9 Panik, schwere bis totale Gebäudeschäden, verbreitet Erdrutsche I = 10 Katastrophe, viele Bauwerke total zerstört, Bergstürze I = 11 nur wenige Bauwerke halten stand, umfangreiche Veränderungen an der Erdoberfläche I = 12 totale Zerstörung aller Bauten, tiefgreifende Veränderungen der Erdoberfläche
8 Die heutige Klassifizierung von Erdbeben erfolgt meist nach der sogenannten RICHTER-Skala mit der Magnitude (Ml, Ms), die ein logarithmisches Maß für die freigesetzte Energie im Bebenherd ist und mit Messungen (Seismogrammen) recht genau bestimmt
werden kann. Die weltweit größten gemessenen Werte liegen bei 9. ➔
Abb. 11: Strukturkarte des Freiburger Raums Konstruktion im wesentlichen nach HOMILIUS & SCHREINER (1991: Taf. 3–7) sowie HÜTTNER & SCHREINER in GROSCHOPF et al. (1996: 199–241, Beil. 1), unter Einbeziehung von GROSCHOPF & SCHREINER (1996: Beil. 1), GROSCHOPF (1988: Beil. 1) und WIMMENAUER & SCHREINER (1999), im Grabenbereich z. T. etwas abgewandelt aufgrund neuer Bohrergebnisse Von den Vorkommen vulkanischer Gesteine außerhalb des Kaiserstuhls sind nur die Tuffschlote eingezeichnet, die zahlreichen kleinen Basaltgänge sind weggelassen. Ebenso sind zahlreiche kleine Verwerfungen aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht darge- stellt. Die Äußere Grabenrandverwerfung oder Hauptverwerfung wird auch als Schwarzwaldrandverwerfung bezeichnet. Abkürzun- gen: BB – Biengener Berg; H – Hunnenbuck; L – Lehener Bergle; N – Nimberg; M – Marchhügel; MB – Mauracher Berg; ME – Mengener Brücke; S – Schönberg; SB – Schlatter Berg
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Abb. 12: Geologische West–Ost-Schnitte 1–4 durch die Freiburger Bucht Konstruktion großenteils unter Zugrundelegung der geophysikalischen Ergebnisse von HOMILIUS & SCHREINER (1991: Taf. 5 u. 6) und nach neueren Bohrergebnissen. Verlauf der Schnittlinien s. Abb. 11. Die geringmächtigen holozänen und spätwürmzeitlichen Deck- schichten sind aus Maßstabsgründen weggelassen. Ebenso ist die Grundwasseroberfläche nur dort eingetragen, wo sie einen Flurab- stand von mehr als ca. 5 m hat (Niedrigwassersituation vom 9./10.9.1991, nach HGK Oberrheinebene 1995).
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ner Nachbarschaft, was vor allem im
nach größeren Überblick deutlich wird (BON- ° JER 1997: Abb. 7 u. a.). Dabei spielt auch der Bonndorfer Graben eine Rolle. Die Erdbebenherde liegen innerhalb des Oberrheingrabens in Tiefen von 2–12 km, im angrenzenden Schwarzwald bis estlich der mit 55 über 20 km tief.
Auswirkungen weiter entfernter Stark- beben auch auf den Freiburger Raum hat es zwar schon öfters gegeben, doch
scher Horizont [Unterer Buntsandstein]; ro neben Berichten der Lokalpresse über CK die Reaktionen der Bevölkerung haben ur Grabenrandzone, der Bereich östlich davon andsteinschichten [Oberer Buntsandstein]; VH2 solche Beben nur selten im Schrifttum uE – E und in Archivalien einen Niederschlag gefunden, vor allem, weil keine oder al- lenfalls geringfügige Schäden aufgetre- ten sind. Das gilt sogar für das katastro- phale Erdbeben am 18.10.1356, bei dem Basel in Schutt und Asche gelegt wurde (Epizentrum wahrscheinlich un- gefähr 10 km südlich der Stadt, I = 9 od. 10 bzw. Ms = 6,0–6,5, MAYER-ROSA & CADIOT 1979, WECHSLER 1987) und Schäden z. B. auch von Strasbourg über- liefert sind. Von Freiburg ist jedoch nichts dergleichen bekannt, wobei allerdings die Ratsprotokolle aus dem betreffen- den Zeitraum nicht mehr existieren (freundliche Mitteilung von Dr. U. P. ECKER, Stadtarchiv Freiburg i. Br.). Auf den ehemaligen Münsterbaumeister F. KEMPF geht die Vermutung einer Be- schädigung des Münsterturms durch ein Erdbeben 1433 zurück. Nach dem Ka- talog von LEYDECKER (1986) gibt es aber in der fraglichen Zeit kein Erdbeben, das in Freiburg Schäden verursacht haben könnte.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand Kristallines Grundgebirge] müßte das Baseler Erdbeben jedoch auch in Freiburg beträchtliche Erschüt- terungen der Stärke I = 7 oder 8 be- (1967: Beil. 2, verändert), Verlauf entlang der Trasse der Höllentalbahn (Lorettotunnel, s. Beil. 1: Schnitt D). Der Bereich w Trasse entlang der (1967: Beil. 2, verändert), Verlauf Paragneis [ wirkt haben. An dem um 1210 begon- nenen Münster wurde zu dieser Zeit noch gebaut: der Chor war gerade be-
IMMENAUER gonnen (1354), das Langhaus schon um 1300 und der große Westturm um 1330– & W & 1340 fertiggestellt (KOBLER in BECKSMANN et al. 1996: 352 ff.). Wenn hier und sonst ÜTTNER in der Stadt tatsächlich keine nennens- werten Schäden aufgetreten sein soll- – Oberrotliegend [Perm]; pg – – Oberrotliegend [Perm]; pg Abb. 13: Geologischer Schnitt durch die Zone der Hauptverwerfung des Oberrheingrabens im Lorettoberg Nach H zum Schwarzwaldblock. Kürzel der Geologischen Einheiten: yG –Auensedimente [Holozän]; gN – Niederterrassenschotter [Jungpleistozän]; sos Plattens Gesteinsschutt (anthropogen) und h – – Karneoldolomithorizont, smK Kristallsandstein und smg Geröllsandstein [Mittlerer Buntsandstein]; sus Bausandstein s Westen einfallenden Hauptverwerfung und der zugehörigen Ruschelzone (rd. 20 m breite Zone völliger Gesteinszerrüttung) gehört z Westen ten, wäre dies aus seismologischer
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Sicht erstaunlich. Denn von weniger starken und viel aus der Verteilung der beobachteten Intensitäten weiter entfernten Erdbeben bei Ebingen auf der west- damals abgeleiteten tektonischen Schlußfolgerun- lichen Schwäbischen Alb am 16.11.1911 (I = 8) und gen sind aus heutiger seismologischer Sicht nicht am 20.7.1913 (I = 7) sind einige kleinere Schäden haltbar, besonders hinsichtlich angenommener Ver- aus dem Freiburger Stadtgebiet beschrieben (Frei- werfungen im Stadtgebiet (vgl. auch NEUMANN & burger Zeitung, jeweils in den Ausgaben der auf die DEECKE 1912). beiden Beben folgenden Tage, sowie LAIS 1914). Die
Abb. 14: Östliche Hauptverwerfung des Oberrheingrabens im Lorettotunnel der Höllentalbahn Das “Fenster” in der Tunnelauskleidung zeigt den Ostrand der rd. 20 m breiten Ruschelzone (vgl. Schnitt in Abb. 13). Diese Zone besteht aus zerriebenem und gebleichtem Gneismaterial mit schwarzen, plastischen Lagen und Linsen (links oben). Sie wird durch eine scharfe Störungsfläche (graue mittlere Zone), die sogenannten Hauptspalte BRILLs (1933), von intensiv vererztem und verquarztem Paragneis (rechts unten) getrennt. Mit den eingebauten Meßgeräten werden seit 1995 nach der gleichen Methode wie schon seit 1993 im Wattkopf- tunnel bei Ettlingen (FECKER et al. 1999) Bewegungen des Gebirges in der Verwerfungszone registriert (Photo: R. SCHWEIZER, 22. Juni 1998).
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