Zum Wasserbau Im Mittelalter Beispiele Aus Südbaden

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Zum Wasserbau Im Mittelalter Beispiele Aus Südbaden 01_nb108_01_64.qxd:Nabla 19.02.2008 12:51 Uhr Seite 40 Zum Wasserbau im Mittelalter Beispiele aus Südbaden 15 km nördlich von Freiburg befinden sich das Glottertal und das Suggental. Hier existierte im 13. Jahrhundert eines der wichtigsten Silberbergwerke des Schwarzwaldes. Besondere Beachtung verdient ein 25 km langer Hangkanal, der das Wasser zu Wasserhebeanlagen führte. Diese Anlagen wurden am Ende des 13. Jahrhunderts errichtet und sind die ältesten, die in Europa be- kannt sind. Am Erhalt dieses einzigartigen Ensembles besteht aus technik - geschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Andreas Haasis-Berner Bergbau im Suggental und Glottertal Schließlich lässt die mittelalterliche Bezeichnung dieses Bergwerkes „herzogenberg“ den Bezug Die Erzlagerstätten am Ausgang des Glotter- und zu den Zähringern offenkundig werden. Hier ent- Suggentales wurden bereits in römischer Zeit ge- stand im Laufe der Zeit ein Bad, dessen jüngster nutzt. Im 12. Jahrhundert lässt sich die Nutzung Bau durch die Fernsehserie „Die Schwarzwaldkli- der Blei-Silbererze und ihre Verhüttung nahe dem nik“ bekannt wurde. 918 gegründeten Kloster St. Margarethen von Bei den Bergwerken, deren Reste noch heute in Waldkirch nachweisen. Das Suggental gehörte Form von Verhauen, Pingen (trichterförmige Ver- zum Besitz des Klosters St. Margarethen. Als tiefungen über eingestürzten Schächte) und Hal- Vögte des Klosters haben im Jahre 1290 die Her- den (z.B. die Liegewiese des Freibades im Glot- ren von Schwarzenberg das Verfügungsrecht tertal), im Suggental auch durch ein Besucher- über die mineralischen Rohstoffe ihres Herr- bergwerk sichtbar sind, bildeten sich große schaftsbereiches. Dagegen gehörte das benach- Bergleutesiedlungen. Im Suggental sind sogar barte Glottertal im 13. Jahrhundert den Grafen noch die Reste einer Kirche des 13. Jahrhunderts von Freiburg. Sie hatten es als Erben der 1218 vorhanden. 1 In der Bildmitte zeigt ausgestorbenen Herzöge von Zähringen erhal- Ab etwa 1200 wurde die Energie der Glotter für sich der Verlauf des Urgrabens als deutlicher ten. Und deren Herrschaftszentren, das Kloster die Aufbereitung und Verhüttung genutzt. Als Absatz im Hang. Er St. Peter, die Burg Zähringen und die Stadt Frei- Belege hierfür dienen Bruchstücke von Erzmahl- wurde später als Weg burg liegen alle nur wenige Kilometer südlich steinen, die in Denzlingen, Gewanne „Luckhau- genutzt. bzw. östlich von diesen Bergwerken entfernt. fen“ und „Schweizermatten“, sowie im Glotter- tal, Gewann „Glotterrain“, gefunden wurden. Nachweise für eine Verhüttung mit wasserkraft- betriebenen Blasebälgen finden sich entlang der Glotter zwischen dem „herzogenberg“ (Eich- berg) und Denzlingen. Anhand der zusammen mit den Schlacken entdeckten Keramik lassen sich diese Plätze gut datieren. Sie bestanden zwi- schen dem späten 12. Jahrhundert und späten 13. Jahrhundert. Nur ein Platz enthält Keramik des 14. Jahrhunderts. Anhand mineralogischer Untersuchungen konnte G. Goldenberg die Er- zeugung sehr hoher Verhüttungstemperaturen nachweisen, wie sie nur durch den Einsatz was- serkraftbetriebener Blasebälge entstehen. Die ausgedehnten Bergbauspuren und umfang- reichen Verhüttungsreste lassen auf einen ent- sprechend ertragreichen Bergbau schließen. Auf- grund der Lagerstättenstruktur konnte das Was- ser aus den tieferen Sohlen nicht mehr von selbst abfließen, sondern musste gehoben werden. 40 01_nb108_01_64.qxd:Nabla 19.02.2008 12:51 Uhr Seite 41 Der Urgraben Dies führt uns unmittelbar zu einem der ältesten und größten Technikdenkmäler, die in Baden- Württemberg bekannt sind. Denn anstelle einer manuellen Wasserhebung erbaute man im 13. Jahrhundert eine Maschine, die mithilfe von Wasserkraft das in dem unter der Talsohle liegen- den Stollen vorhandene Wasser hob. Hierfür konnte aus topografischen Gründen nicht das Wasser der nahen Glotter genutzt werden, son- dern nur das ihrer Zuflüsse. Und das machte – wiederum aus topografischen Gründen – den Bau eines Hangkanales notwendig. Ein Glücksfall ließ die Urkunde, die über den Bau der imposanten, 25 km langen Anlage Auskunft gibt, die Zeiten überdauern. Am 2. Mai 1284 wurde folgende Urkunde ausgefertigt (in Über- setzung): „Wir, Graf Egino von Freiburg, verkünden allen ... dass wir Burkart dem Turner, Heinrich Wolleben, Cunrat Ederlin, Meister Cunrat Rotermellin und allen ihren Gesellen (= Mitgewerken) von den Sil- berbergen in Suggental und am Herzogenberg, und allen, die in diesen Bergwerken arbeiten und ihren Erben, dass sie nach ihrem Willen einen Wassergraben zu diesen Bergen bauen dürfen (und zwar) von den Gütern des Klosters St. Peter und über alle Güter, über die wir als Vogt verfü- gen dürfen.“ Die Ausfertigung der Urkunde wurde notwendig, ser Stelle ließ man dem Wasser freien Lauf, um es 2 In felsigen Partien da das Wasser vom Besitz des Klosters St. Peter 120 m tiefer wieder zu fassen und mittels eines musste dem Urgraben ein ins Glottertal und ins Suggental geleitet werden Grabens mit 0,7% Gefälle durch teilweise extrem Weg gebahnt werden. sollte. Heute ist dieser Wassergraben als „Urgra- felsiges Gelände (Abb. 2) bis zum Luser, einem Schießpulver gab es da- ben“ (von Wuhr = Kanal/Wassergraben) bekannt. Berg zwischen Suggental und Glottertal, zu füh- mals nicht. Die Abtretung der Wassernutzung war für die ren. Dort befindet sich ein Stollen, durch den man Ausfertigung der Urkunde maßgeblich. Graf das Wasser ins Suggental leitete (Abb. 3). Ein Be- Egino tritt in zweierlei Beziehung auf. Zum einen cken unterhalb des Lusers, etwa 500 m vor dem ist er als Vogt des Klosters St. Peter für die weltli- Stollen, diente zur Ableitung des Wassers zum chen Belange des Klosters zuständig. Zum ande- „herzogenberg“. ren war er Besitzer der Bergwerke im Glottertal Im Urkundentext ist nicht von Wasserhebung die und somit lebhaft an einem erfolgreichen Abbau Rede. Doch gibt es eine Reihe von Argumenten, interessiert. Zwar findet das Glottertal in der Ur- die keinen anderen Schluss zulassen. Von jünge- kunde keine explizite Erwähnung, doch ist der ren Bergwerken im Harz und im Erzgebirge wis- Eichberg im Glottertal mit dem „herzogenberg“ sen wir, dass derartige Hangkanäle aus einem zu identifizieren. einzigen Grund errichtet wurden: um eine Was- Der Urgraben weist eine Gesamtlänge von 25 km serhebeanlage zu betreiben. Im Suggental sind auf. Das einzige in der Nähe liegende Gebiet, das Spuren dieser Anlage heute zwar nicht mehr vor- genügend Wasser zu bieten hatte, befand sich handen, doch hat sie der vorderösterreichische auf einer 1000 m hoch gelegenen Ebene am Bergbausachverständige von Carato noch Ende Kandel, heute „Platte“ genannt. Hier wurde der des 18. Jahrhunderts dort gesehen und darüber Zweribach abgeleitet und über die Wasserschei- berichtet. Davon abgesehen finden sich noch de zum oberen Glotterbach geführt. Ein Stück weitere Hinweise. Seit einiger Zeit werden die weiter talabwärts wurde das Wasser wiederum Stollen und Schächte des Suggentales wieder auf der Nordseite des Tales (Abb.1) über mehrere freigelegt, wobei man feststellte, dass es unter Bäche hinweg ca. 6 km weit bis zum Rohr – einer den heute zugänglichen Stollen noch weitere schon 1112 erwähnten Siedlung an der Straße gibt, die ohne großen technischen Aufwand, zwischen Schwarzwald und Tal – geleitet. An die- sprich Wasserhebung, nicht zugänglich sind. Da 41 01_nb108_01_64.qxd:Nabla 19.02.2008 12:51 Uhr Seite 42 der Talbach zu keiner Zeit genügend Wasser Vergleich mit den anderen in Europa bekannten führt, um eine Maschine zu betreiben, die das in Anlagen zeigt, dass es in Mitteleuropa bislang den Stollen vorhandene Wasser heben kann, ist keine ältere gibt. Die Wasserhebeanlagen im Sug- eine künstliche Wasserzufuhr unerlässlich. Als gen- und Glottertal sind die ältesten derzeit be- drittes Argument muss schließlich auf Conrat Ro- kannten in Europa! termellin selbst und zwei weitere Träger dieses Die drei Abschnitte des Grabens können in einem Nachnamens verwiesen werden, die stets als Er- Arbeitsgang errichtet worden sein, müssen aber bauer von Wasserhebewerken auftreten. nicht. Es ist durchaus vorstellbar, dass der untere Wir kennen nur jüngere Hinweise, wie die Tech- Teil (vom Lindelesdobel zum Becken am Luser) zu- nik zur Wasserhebung wohl beschaffen war. erst errichtet wurde, um die im Badbächle (Sei- Höchstwahrscheinlich dürfte es sich um eine tental des Glottertales am „herzogenberg“) lie- Eimerkette gehandelt haben (Abb. 5). Denn bis genden Bergwerke mit Antriebswasser zu versor- 1430 ist keine andere Technik im Bergbau be- gen. Erst als der Wasserbedarf weiter gestiegen kannt. Mit ihrer Hilfe konnte Wasser aus maximal war, kann es zur Verlängerung des Grabens bis 40 m Tiefe gehoben werden. In Städten kennt zur „Platte“ gekommen sein. Hierfür spricht, dass man Pumpen ab dem frühen 15. Jahrhundert. man die Wasserscheide zum Suggental mit einem Doch erst mit der Erfindung der Gestängepumpe Stollen überwunden hatte, und nicht durch ein um 1500 konnte diese Technik auch im Bergbau oberirdisches Gerinne (Abb. 3). Denn die Vermes- eingesetzt werden. Nun war das Problem zwi- sung ging sicherlich von der Oberfläche aus. schen obertägigem Antrieb und Förderung von Wenn aber der untere Teil des Grabens schon be- 3 Die Wasserscheide unter Tage überwunden. standen hat, war man bezüglich der Höhe ge- zwischen dem Glottertal bunden. Sollte das Wasser vom erwähnten Be- und Suggental wurde cken am Luser ausgehend ins Suggental geleitet mit einem 70 m langen Älteste Wasserhebeanlage Europas Stollen unterquert. Hier werden, blieb gar nichts anderes übrig, als einen das
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