ENTWURF Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg

3-4521.0-MSPallgemein-21127/2020

Festsetzung des Überschwemmungsgebiets an der Lohr Gewässer II, Fluss-km 0,750 – 17,750 Gemarkungen: Lohr a. , , und Fram- mersbacher Forst

Erläuterungsbericht mit Anlagen

Inhalt

1. Anlass, Zuständigkeit ...... 2 2. Ziel ...... 3 3. Örtliche Verhältnisse und Grundlagen ...... 3 3.1 Hydrogeologische Situation ...... 3 3.2 Gewässer ...... 3 3.3 Hydrologische Daten ...... 4 3.4 Natur und Landschaft, Gewässercharakter ...... 5 3.5 Sonstige Daten ...... 5 4. Bestimmung der Überschwemmungsgrenzen ...... 5 5. Rechtsfolgen ...... 7 6. Vorschläge für weitere Regelungsgegenstände in der Überschwemmungsgebietsverordnung aus wasserwirtschaftlicher Sicht ...... 7 7. Sonstiges ...... 7

Anlagenverzeichnis

Anlage 1 1 Übersichtskarte, M = 1 : 25000 Anlage 2 8 Detailkarten (K1-K8), M = 1 : 2500

Standort Telefon / Telefax E-Mail / Internet Cornelienstraße 1 +49 6021 5861-0 [email protected] 63739 Aschaffenburg +49 6021 5861-840 www.wwa-ab.bayern.de

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Erläuterungsbericht

1. Anlass, Zuständigkeit Nach § 76 Abs. 2, 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) sind die Länder verpflichtet, in- nerhalb der Hochwasserrisikogebiete die Überschwemmungsgebiete für ein HQ100 und die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete durch Rechtsverord- nung festzusetzen bzw. vorläufig zu sichern. Ebenso sind Wildbachgefährdungsbereiche nach Art. 46 Abs. 3 Satz 1, Art. 47 Abs. 1 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) ver- pflichtend als Überschwemmungsgebiete festzusetzen bzw. vorläufig zu sichern. Zudem können nach Art. 46 Abs. 3 BayWG sonstige Überschwemmungsgebiete festgesetzt bzw. nach Art. 47 Abs. 2 Satz 4 BayWG vorläufig gesichert werden. Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayWG sind hierfür die wasserwirtschaftlichen Fachbehörden und die Kreisverwaltungs- behörden zuständig.

Nach Art. 46 Abs. 2 Satz 1 BayWG ist als Bemessungshochwasser für das Überschwem- mungsgebiet ein HQ100 zu wählen. Die Ausnahmen der Sätze 2 und 3 (Wildbachgefähr- dungsbereich bzw. Wirkungsbereich einer Stauanlage) greifen hier nicht.

Das HQ100 ist ein Hochwasserereignis, das mit der Wahrscheinlichkeit 1/100 in einem Jahr erreicht oder überschritten wird bzw. das im statistischen Durchschnitt in 100 Jahren einmal erreicht oder überschritten wird. Da es sich um einen statistischen Wert handelt, kann das Ereignis innerhalb von 100 Jahren auch mehrfach auftreten.

Der hier betrachtete Abschnitt der Lohr stellt als Teil der sogenannten „Risikokulisse“ der EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (2007/60/EG) ein Hochwasserrisikogebiet nach § 73 Abs. 1 WHG dar. Das gegenständliche Überschwemmungsgebiet ist daher nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WHG verpflichtend festzusetzen. Da das betrachtete Überschwemmungsgebiet ausschließlich im Bereich des Landkreises Main- liegt, ist für die Ermittlung des Überschwemmungsgebiets das Wasserwirt- schaftsamt Aschaffenburg und für das durchzuführende Festsetzungs- bzw. Sicherungsver- fahren das Landratsamt Main-Spessart sachlich und örtlich zuständig.

Die vorläufige Sicherung erfolgte mit Bekanntmachung des Landratsamtes Main-Spessart vom 27.02.2014 (Amtsblatt MSBl. Nr. 5/2014)). Mit Bekanntmachung vom 18.02.2019 (Amtsblatt MSBI. Nr. 6/2019) wurde diese vorläufige Sicherung um zwei Jahre bis zum 06.03.2021 verlängert.

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Mit den hier vorliegenden Unterlagen ist eine amtliche Festsetzung der Überschwemmungs- grenzen für ein HQ100 möglich.

2. Ziel Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten dient dem Erhalt von Rückhalteflächen, der Bildung von Risikobewusstsein und der Gefahrenabwehr.

Damit sollen insbesondere:

 ein schadloser Hochwasserabfluss sichergestellt werden,  Gefahren kenntlich gemacht werden,  freie, unbebaute Flächen als Retentionsraum geschützt und erhalten werden und  in bebauten und beplanten Gebieten Schäden durch Hochwasser verringert bzw. vermieden werden.

Die amtliche Festsetzung des Überschwemmungsgebiets dient zudem der Erhaltung der Gewässerlandschaft im Talgrund und ihrer ökologischen Strukturen. Dies deckt sich insbe- sondere auch mit den Zielen des Natur- und Landschaftsschutzes.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Überschwemmungsgebiet nicht um eine behördliche Planung handelt, sondern um die Ermittlung, Darstellung und rechtliche Festsetzung einer von Natur aus bestehenden Hochwassergefahr.

3. Örtliche Verhältnisse und Grundlagen

3.1 Hydrogeologische Situation

Nach der naturräumlichen Gliederung liegt das Flussgebiet der Lohr im „Sandsteinspessart“. Schichten des Unteren, Mittleren und Oberen Buntsandsteins bauen die Hauptbereiche des Einzugsgebietes auf. Im Mündungsbereich der Lohr in den Main sind die Buntsandstein- schichten durch quartäre Niederterrassenschotter überdeckt. Die Böden auf den Hoch- und Hangflächen sind lehmig – sandig, mit Sandsteinen durchsetzt, die Talböden werden von lehmig – tonigen Sandböden gebildet, die teilweise vernässt sind.

3.2 Gewässer

Die Lohr ist insgesamt rd. 23 km lang. Sie ist im Landkreis Main – Spessart ein Gewässer II. Ordnung von Fluss - km 0,000 bis 17,750 (hessische Landesgrenze). Das größte Nebenge- wässer ist der rd. 20 km lange Aubach mit einem ca. 118 km² großen Einzugsgebiet.

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Die Lohr entspringt bei Lohrhaupten, Hessen, am Fuße des Querbergs im Hochspessart auf ca. 360 müNN. Sie mündet in Lohr a. Main in den Main auf ca. 147 müNN.

3.3 Hydrologische Daten

Das Einzugsgebiet beträgt rd. 236 km², das entspricht rd. 1 % des Gesamteinzugsgebiets des Mains.

Das Klima ist der Mittelgebirgslage entsprechend rau und nach Lohr zu auch regenarm. Die mittleren Jahresniederschläge betragen bei Lohr ca. 700 mm/a, bei Frammersbach ca. 950 mm/a.

Folgende Abflusswerte liegen der Überschwemmungsgebietsermittlung im betrachteten Gewässerabschnitt zugrunde:

Abflüsse HQ10 HQ50 HQ20 HQ10 HQ5 HQ2 HQ1

[m³/s]: 0 Lohr 16,0 15,0 11,5 9,5 8,0 5,0 3,0 Rindersbach 3,0 2,0 2,5 1,5 1,0 1,0 1,0 Laubersbach 5,0 4,0 3,0 3,0 2,0 2,0 2,0 Roßbach 5,0 4,0 3,0 3,0 2,0 2,0 2,0 Aubach 36,0 29,0 22,0 17,0 12,0 9,0 4,0 Lehngrund- 10,0 8,0 6,0 4,0 5,0 1,0 3,0 bach Summe vor 75,0 62,0 48,0 38,0 30,0 20,0 15,0 Mainmün- dung

Am Pegel Partenstein (Fluss-km 5,5) liegt der mittlere Niedrigwasserabfluss MNQ bei ca. 0,64 m³/s, der Mittelwasserabfluss MQ bei ca. 3,01 m³/s. Am Pegel Frammersbach (Fluss- km 12,50) liegt der mittlere Niedrigwasserabfluss MNQ liegt bei ca. 0,18 m³/s, der Mittelwas- serabfluss MQ bei ca. 0,98 m³/s.

Hochwasser der Lohr entstehen meist als Folge winterlicher, langanhaltender Niederschläge. Die überwiegende Hochwasserzeit ist zwischen November und Februar. Hochwasserwellen bilden sich bei ungünstigen klimatischen Verhältnissen mit einem gewissen Vorlauf. Die Hochwasserwellen haben deutliche Spitzen. Hochwasser klingt relativ schnell wieder ab.

In der Übersichts- und in den Detailkarten sind nur die Flächen dargestellt, die bei einem HQ100 der Lohr betroffen werden. Die durch ein HQ100 der Seitengewässer betroffenen Flächen sind nicht dargestellt.

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3.4 Natur und Landschaft, Gewässercharakter

Nach der Landesgrenze bis zur Mündung in den Main, außerhalb bebauter Bereiche, durch- fließt die Lohr ein Wiesental. Nur wenige Bereiche sind zu Ackerland umgebrochen. Die Tal- hänge und Höhen sind im gesamten Lohrtal außerhalb der Ortsbereiche vorwiegend mit Laub- oder Mischwald bestanden.

Die größten Siedlungsbereiche entlang dieses Gewässerabschnitts im Amtsbereich des Wasserwirtschaftsamtes sind Lohr a. Main, Partenstein und Frammersbach. In diesen Sied- lungsbereichen, insbesondere in Lohr, wird in beträchtlichen Abschnitten ein Großteil des Lohrabflusses in Mühlkanälen abgeleitet.

Nach der EU – Wasserrahmenrichtlinie wird die Lohr (Flusswasserkörper UM219) als nicht erheblich veränderter Wasserkörper eingestuft. Sie ist ein grobmaterialreicher Mittelgebirgs- bach, der teilweise als fischfaunistisches Vorranggewässer anzusehen ist. Der chemische Zustand des FWK UM 219 wird mit „gut“, der ökologische Zustand mit „mäßig“ beurteilt. Um den guten ökologischen Zustand zu erreichen, sind insbesondere Maßnahmen zur Herstel- lung der linearen Durchgängigkeit an Stauanlagen sowie Maßnahmen zur Habitatverbesse- rung im Uferbereich (Gehölzentwicklung) erforderlich.

3.5 Sonstige Daten

Das digitale Geländemodell basiert auf der Grundlage einer Laserscanbefliegung im 1 m Raster, ausgedünnt mit Laser_AS-2d. Die Landnutzung wurde aus ATKIS-Daten (Amtliches Topographisches Informationssystem der Vermessungsverwaltung) abgeleitet. Im Bereich der Gewässer wurden die Informationen über den Böschungsbewuchs aus vorhandenen Fotodokumentationen, Orthophotos und aus Informationen der Ortsbegehungen abgeleitet.

Die Unterwasserprofile der Lohr (Querprofile), die Profile von Bauwerken (Durchlässe, Brü- cken, Wehranlagen) sowie die Böschungsoberkanten, Ufermauern und Hochwasserschutz- einrichtungen (Uferlinien) wurden terrestrisch vermessen und georeferenziert.

4. Bestimmung der Überschwemmungsgrenzen Die Ermittlung von Überschwemmungsgebieten in Bayern erfolgt nach einheitlichen Quali- tätsstandards der Bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung. Eine umfassende Beschrei- bung der fachlichen Grundlagen und detaillierte Informationen zur Vorgehensweise bei der Ermittlung von Überschwemmungsgebieten in Bayern enthält das „Handbuch hydraulische Modellierung“ des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU).

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Das Handbuch ist im Publikationsportal der Bayerischen Staatsregierung verfügbar (https://www.bestellen.bayern.de). Eine Zusammenfassung der grundlegenden Vorgehens- weise ist in Anlage 2 enthalten. Nachfolgend wird auf die Besonderheiten im vorliegenden Einzelfall eingegangen.

Die Ermittlung der Überschwemmungsgrenzen basiert auf einer stationären zweidimensiona- len Wasserspiegelberechnung (Programm SMS und Hydro_AS- 2D Version 2.1).

Der beantragten Festsetzung liegt die zweidimensionale Strömungsberechnung des Über- schwemmungsgebiets der Lohr zugrunde von Fluss – km 0,750 bis 17,750.

Bei der Berechnung wurden ca. 35 Bauwerke (20 Brücken, 4 Stege, 11 Wehre) berücksich- tigt.

Die gewählten Rauhigkeitsbeiwerte für die verschiedenen Flächen im Vorlandbereich sowie für den Flussschlauch entsprechen im Wesentlichen den Empfehlungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt.

Wasserspiegelfixierungen oder beobachtete Hochwasserereignisse standen zur Kalibrierung des Modells nicht zu Verfügung.

Eine Überprüfung der Rauhigkeitsbeiwerte erfolgte am Pegel Partenstein. Der Vergleich zeigt eine gute Übereinstimmung.

Die aus den hydraulischen Berechnungen gewonnenen Wasserspiegelhöhen für HQ100 wurden mit dem Geländemodell verschnitten und so die Überschwemmungsgrenzen ermit- telt, die in den Detailkarten M = 1: 2.500 flächig hellblau abgesetzt mit Begrenzungslinie dar- gestellt sind. Die festzusetzenden Bereiche sind dunkelblau schraffiert. Grundlage der Pläne sind aktuelle digitale Flurkarten. Alle vom Hochwasser ganz oder teilweise berührten Gebäu- de sind rosafarben hervorgehoben.

Das ermittelte Überschwemmungsgebiet (flächig hellblau) wird auch im Maßstab M = 1:25.000 zur Veröffentlichung im Kreisamtsblatt in einer Übersichtskarte dargestellt.

In den Detailkarten M = 1:2.500 werden in Abständen von 250 m in der Gewässerachse die maximal auftretenden Wasserstände des HQ100 als Höhenkoten dargestellt.

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5. Rechtsfolgen Nach der Festsetzung des Überschwemmungsgebiets gelten insbesondere die Regelungen nach §§ 78, 78a und 78c WHG, Art. 46 BayWG sowie §§ 46, 50 und Anlage 7 Nr. 8.2 und 8.3 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Zudem sind die Regelungen der Rechtsverordnung zur Festsetzung des Überschwem- mungsgebiets zu beachten (Überschwemmungsgebietsverordnung).

6. Vorschläge für weitere Regelungsgegenstände in der Überschwemmungs- gebietsverordnung aus wasserwirtschaftlicher Sicht

6.1 Einteilung in Zonen Eine Einteilung in Zonen (z.B. in Überschwemmungsgebiet-und Abflussbereich) wird für nicht erforderlich erachtet, da im vorliegenden Bereich bzgl. der rechtlichen Auflagen für die Be- troffenen keine fachlich signifikanten Unterschiede gegeben sind.

6.2 Regelungsvorschläge Aus fachlicher und wasserwirtschaftlicher Sicht sind keine über den §§ 78 ff. WHG hinaus- gehenden Regelungen in die Rechtsverordnung zur Festsetzung des Überschwemmungs- gebietes aufzunehmen. Ein Genehmigungsvorbehalt im Sinne von Art. 46 Abs. 4 BayWG für die Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland wird für nicht erforderlich gehalten. §78a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WHG (Verbot der Umwandlung von Grünland in Ackerland) ist gemäß Art. 46 Abs. 4 Satz 2 nicht anzuwenden.

7. Sonstiges Es wird darauf hingewiesen, dass die Nebengewässer (insbesondere Aubach und Laubers- bach) nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind. Die Überschwemmungsgrenzen dieser Ge- wässer wären- sofern noch nicht vorliegend- für ein HQ100 separat zu ermitteln. Sie können lokal größer als die hier für die Lohr berechneten, rückstaubedingten Überschwemmungsflä- chen sein (s. 3.3).

In der Übersichtskarte ist nur das hier betrachtete Überschwemmungsgebiet für ein HQ100 der Lohr dargestellt. In den Detailkarten sind zusätzlich auch – hier nicht gegenständliche – Überschwemmungsgebiete von Nebengewässern aus anderen Verfahren mit gesonderter Beschriftung nachrichtlich mit aufgenommen.

Zwischen der Mündung der Lohr in den Main (Fluss-km 0,000) und Fluss-km 0,750 wird in der Detailkarte K1 das vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiet des Mains dargestellt.

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Dieses ist hier maßgeblich, da es das vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiet der Lohr überlagert.

Um die betroffenen Bürger im Sinne der Hochwasservorsorge dafür zu sensibilisieren, dass im Überschneidungsbereich von Main und Lohr von beiden Gewässern Hochwassergefahren ausgehen können, sind beide Überschwemmungsgebiete festzusetzen (Die Festsetzung des Mains ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens).

Für die Festlegung von Regelungen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist die Fachkundige Stelle Wasserwirtschaft zu beteiligen.

Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg, den 04.11.2020

gez.

Christian Drautz BOR