Was Der Gender Care Gap Über Geld, Gerechtigkeit Und Die Gesellschaft
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Was der Gender Care Gap über Geld, Gerechtigkeit und die Gesellschaft aussagt Einflussfaktoren auf den Gender Care Gap und Instrumente für seine Reduzierung Was der Gender Care Gap über Geld, Gerechtigkeit und die Gesellschaft aussagt Einflussfaktoren auf den Gender Care Gap und Instrumente für seine Reduzierung Der Bericht wurde im Rahmen des Gender Care Gaps Projekt erstellt. Das Projekt wird gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch geführt. Das Projekt wurde gefördert aus dem REC-Programme 2014–2020 der Europäischen Union (Grant Agreement Nr. 820308). Die dargestellten Ergebnisse stellen lediglich die Ansicht der Autorinnen und Autoren dar. Die Europäische Kommission ist nicht für den Inhalt und den Gebrauch dessen verantwortlich. Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 4 Tabellenverzeichnis 4 1 Einführung und Grundlagen 5 1.1 Gesellschaftspolitische Einordnung 5 1.2 Grundlagen 8 1.3 Statistische Ansätze zur Messung der Aufteilung von unbezahlter Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern in Deutschland und Europa 14 1.4 Politische Ansätze für eine geschlechtergerechte Aufteilung von unbezahlter Sorgearbeit in der Europäischen Union 25 2 Rahmenbedingungen der unbezahlten Sorgearbeit in Deutschland 29 2.1 Historische Entwicklung von Lebensmodellen und die darin vorgesehene Rolle unbezahlter Sorgearbeit 29 2.2 Aktuelle Rahmenbedingungen für Sorgeverantwortung tragende Menschen 34 2.3 Entscheidungen zur Verteilung unbezahlter Sorgearbeit bei Individuen und Paaren 44 2.4 Zusammenhänge zwischen den Gender Gaps 72 3 Modell zum Verständnis der Verteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen 75 3.1 Einflussebenen für die Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit 75 3.2 Themenbereiche mit Einfluss auf die Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit 78 3.3 Schlussfolgerungen für das Modell: die Waage 80 4 Handlungsoptionen für eine egalitäre Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit in der Gesellschaft 92 4.1 Themenbereich: Erwerbsarbeit 95 4.2 Themenbereich: Infrastruktur 98 4.3 Themenbereich: Staatliche Leistungen 101 4.4 Themenbereich: soziale Normen 102 5 Anlage – Beschreibung des Projekts und der Methodik 105 5.1 Projektbeschreibung 105 5.2 Forschungsdesign 106 6 Literaturverzeichnis 115 3 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Differenzierung der unbezahlten Sorgearbeit 10 Abbildung 2: Care-Arbeit und Gender Care Gap in Deutschland differenziert nach Ost und West 16 Abbildung 3: Care Arbeit und Gender Care Gap nach Haushaltstyp 18 Abbildung 4: Care-Arbeit und Gender Care Gap nach Siedlungsstruktur 19 Abbildung 5: Care-Arbeit nach Haushaltseinkommen differenziert nach Frauen und Männern 21 Abbildung 6: Einflussebenen auf die Entscheidung zur Verteilung unbezahlter Sorgearbeit 75 Abbildung 7: Ausgestaltung der unbezahlten Sorgearbeit des Haushalts unter Einfluss der Meso- und Makroebene 77 Abbildung 8: Zusammenhang zwischen Ebenen und Themenfeldern 80 Abbildung 9: Das Erwerb-und-Sorge-Modell 84 Abbildung 10: Die Waage: Struktur der Einflussfaktoren für eine egalitäre Verteilung unbezahlter Sorgearbeit 89 Abbildung 11: Projektdesign 105 Abbildung 12: Forschungsdesign des Gender Care Gap Projekts 106 Abbildung 13: Formel zu Berechnung des Gender Care Gap 110 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Bedeutung der Europäischen Säule sozialer Rechte für unbezahlte Sorgearbeit 26 Tabelle 2: Übersicht zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Pflege von Angehörigen 39 Tabelle 3: Konzeption des Ablaufs der Interviews mit den Expertinnen und Experten 107 Tabelle 4: Konzept für die Durchführung der lokalen Fokusgruppen 109 Tabelle 5: Ursachen des Gender Care Gap für die Gruppe der Erwerbstätigen 112 4 1 Einführung und Grundlagen „Im Ergebnis ist aber sicher, dass sich Gleichstellung nicht ohne die Umverteilung der unbezahl- ten Arbeit zwischen den Geschlechtern erreichen lässt.“ (Wersig 2012: 196) 1 In einem kostenlosen Familien-Wochenkalender eines großen Discounters in Deutschland sind auf der Titelseite exemplarisch Termine eingetragen. Der Vater hat am Samstag einen „Männerabend“. Die Mutter hat am Sonntag ein „Frühstück mit Ute“ und als zweiten Termin am Donnerstag einen „El- ternabend!!“. Bei den Kindern steht Turnen und Handball und ein Kindergeburtstag auf dem Pro- gramm. In diesem Bild konstituiert sich Familie: aus einen Mann mit einem „Männerabend“ und einer Frau, die wahrscheinlich mit ihrer Freundin zum Frühstück verabredet ist, werden ein Paar und über die Bezeichnung, die Termine der Kinder und über den Elternabend wird aus dem Paar eine Familie. Der Mann muss dafür keinen besonderen Termin wahrnehmen, die Frau hingegen schon. Sie muss zum Elternabend. Die exemplarischen Termine in diesem kostenlosen Familienplaner sind ein Beispiel für die Zuschrei- bung der Sorgearbeit. Und sie entspricht der traditionellen Rollenzuschreibung: Die Frau ist zustän- dig. Interessanterweise stehen bei beiden Erwachsenen bis auf den Elternabend keine Termine von Montag bis Freitag. Es ist also möglich, dass beide arbeiten gehen. Es findet keine Zuschreibung der Erwerbsarbeit statt. Es wird nichts darüber gesagt, wer wie viel Geld verdient, wer welche Jobs hat – es wäre theoretisch auch Tätigkeiten im Schichtdienst möglich. Es wird wenig darüber gesagt, wie alt die Kinder sind und wie sie extern betreut werden. Und es wird auch nichts darüber gesagt, ob und wie Aufgaben im Haushalt verteilt sind. Das alles bleibt offen. Aber die Sorgearbeit in Form der Ver- antwortung für den Elternabend, die wird der Frau zugeschrieben. Warum hat das eine solche Relevanz? Seit dem letzten Jahrhundert hat es eine Veränderung in der Rollenzuschreibung gegeben: Frauen „dürfen“ mittlerweile eigenes Geld verdienen. Es ist ihnen rechtlich erlaubt und es ist gesellschaftlich auch weitestgehend akzeptiert. Für dieses Recht haben viele Frauen lange gekämpft und tun es in Gemeinschaft mit progressiven Männer weiterhin. Veränderungen, wie in der Sphäre der Erwerbsar- beit, deuten sich langsam auch für die Sphäre der Sorgearbeit an. Männer „dürfen“ auch Sorgearbeit leisten. Sie tun es zwar nicht unbedingt und sie haben auch nicht lange dafür gekämpft. Aber seit kür- zerer Zeit fordern auch Männer öffentlich ein, Sorgearbeit tatsächlich übernehmen zu können (Bun- desforum Männer 2020). 1.1 Gesellschaftspolitische Einordnung „Wenn ich die Zeit für Care verbringe, dann kann ich nicht arbeiten gehen. Wenn ich nicht ar- beite, verdiene ich auch nichts.“ (EI 2: 20) Die Fürsorge für Kinder, die Pflege von Angehörigen, das Führen eines Haushaltes, das ehrenamtliche Engagement in einem Verein oder die Sorge für sich selbst sind elementare Tätigkeiten der täglichen Versorgung, die „die Gesellschaft in ihrem Ganzen“ (Gläser 2018: 28) zusammenhalten. Ohne die le- bensnotwendigen Tätigkeiten der Sorgearbeit wäre gesellschaftliches Leben und wirtschaftliches 1 Einige Abschnitte werden mit Zitaten aus der Literatur eingeleitet. Diese Zitate werden kursiv, eingerückt und in anderer Schriftfarbe dargestellt. Weiterhin werden Zitate aus den qualitativen Erhebungen ebenso kursiv, eingerückt und in anderer Schriftfarbe dargestellt. 5 Wachstum nicht möglich. Jeder Mensch ist mindestens ein Drittel im Leben von anderen Menschen abhängig, „weil er jung, krank oder alt ist“ (Schrader 2014: 58 zit. nach Knauthe/Deindle 2019: 81). Die Geburt oder Aufnahme eines Kindes oder die Pflege von Angehörigen sind dabei wichtige Aus- gangspunkte „für ein mit anderen eng und in gegenseitiger Verantwortung verbundenes Leben“ (Bundesregierung 2017: 87). An diesen Knotenpunkten im Lebensverlauf nimmt die unbezahlte Sorgearbeit – also zum Beispiel Kinderbetreuung, Kochen, Pflege, Putzen, Reparieren und Gartenarbeit (ausführlich Kapitel 1.2.1) – im Haushalt zu und die Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit wird bei Individuen und Paaren neu konfiguriert. Wie Menschen Erwerbs- und Sorgearbeit miteinander verbinden und untereinander aufteilen, ist jedoch nicht nur eine Folge individueller Präferenzen, sondern in soziale und institutio- nelle Beziehungen eingebettet und maßgeblich von den gesetzlichen, betrieblichen und infrastruktu- rellen Rahmenbedingungen abhängig. Zudem haben gesellschaftliche Wertvorstellungen Einfluss da- rauf, wie Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern aufgeteilt sein sollte. So hat Er- werbsarbeit einen herausragenden Stellenwert in dieser Gesellschaft eingenommen, der unbezahlter Sorgearbeit nie zugestanden wurde. Diese Rahmung führt in Deutschland weiterhin dazu, dass einer- seits Frauen mehr unbezahlte Sorgearbeit übernehmen sowie seltener einer Erwerbsarbeit nachge- hen, die sie bis ins Alter finanziell absichern wird. Andererseits übernehmen Männer mehr Erwerbs- arbeit mit der Folge, dass der Druck, für die Familie finanziell zu sorgen, überwiegend auf ihnen lastet und ihnen weniger Zeit für die Übernahme von Sorgeverantwortung bleibt. Die Verteilung von Er- werbs- und Sorgearbeit ist deshalb auch eine Aufgabe von Gleichstellungspolitik, die zum Ziel hat, Diskriminierungen, Ungleichheiten und Ausschlussmechanismen in der Gesellschaft abzubauen, um allen Menschen, unabhängig vom Geschlecht, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dabei geht es nicht nur um Familie oder Paare. Der Gender Care Gap zeigt deshalb die Verteilung der Sor- gearbeit zwischen Männern und Frauen in der Gesellschaft. Es geht dabei nicht nur um die Verteilung unbezahlter Sorgearbeit bei Paaren, sondern auch um die Verteilung über Haushalte hinweg. Der vorliegende Bericht ist im Projekt „Pay Gap, Care Gap, Pension Gap: Interlinking Key Gender Gaps for Germany for